WD 2 - 3000 - 029/17 (15. März 2017) © 2017 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Endverbleibserklärung für Rüstungsexporte Für den genehmigungspflichtigen Export von gelisteten Kriegswaffen und Rüstungsgütern muss zusammen mit der Antragstellung grundsätzlich ein Endverbleibsdokument vorgelegt werden (vgl. § 21 Absatz 2 AWV). In der Endverbleibserklärung versichert der Empfänger schriftlich, dass er die betreffenden Güter nicht ohne Zustimmung der Bundesregierung an andere Staaten weiterverkauft. Die Endverbleibserklärung wird i.d.R. vom deutschen Hersteller der Rüstungsgüter beschafft und beim Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht. Die Erklärung ist Ausdruck der Verantwortung des Rüstungsunternehmers für das exportierte Rüstungsgut. 2. Post-Shipment-Kontrolle Am 9. März 2016 hat das Bundeskabinett die 6. Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) beschlossen.1 Damit werden sog. Post-Shipment-Kontrollen beim Export deutscher Rüstungsgüter eingeführt. Im Rahmen der Post-Shipment-Kontrollen wird überprüft, ob die gelieferten Waffen noch im Empfängerland bei dem in der Endverbleibserklärung angegebenen Endverwender vorhanden sind. Bisher wurde der Endverbleib von Rüstungsgütern im Vorfeld durch das Genehmigungsverfahren geprüft und die Ausfuhrgenehmigung im Zweifel nicht erteilt. Nun soll bei Rüstungsgütern eine Nachschau im Empfängerland erfolgen. Der Empfänger im Bestimmungsland muss dann bereits während des Genehmigungsverfahrens in der Endverbleibserklärung der Durchführung von Post-Shipment-Kontrollen zustimmen. 1 BT-Drs. 18/7992 v. 25.3.2016, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/079/1807992.pdf. Vgl. dazu auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE v. 9.5.2016, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/083/1808367.pdf. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Endverbleibserklärungen und Post-Shipment-Kontrollen bei Rüstungsexporten Kurzinformation Endverbleibserklärungen und Post-Shipment- Kontrollen bei Rüstungsexporten Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Tel: (030) 227-32444 Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Die Umsetzung der neuen Regelungen erfolgt zunächst im Rahmen einer voraussichtlich zweijährigen Pilotphase, welche den Export von „Kleinen und Leichten Waffen“ betreffen wird.2 Ob und inwieweit die Kontrollen im Abnehmerland erfolgreich sind, muss die Praxis noch erweisen. Als erster EU-Mitgliedsstaat erweitert Deutschland damit seine Rüstungsexportkontrollen auf einen Bereich, der über die Erteilung von Genehmigungen hinausgeht. Derartige Kontrollen werden außerhalb der EU beispielsweise auch durch die Schweiz und die USA durchgeführt.3 3. Haftungsregime Die Frage, ob das Rüstungsexportregime mit einer Haftung des Rüstungsexporteurs für den Endverbleib von Rüstungsgütern ausgestaltet werden kann, ist – soweit ersichtlich – noch nicht aufgegriffen worden. Ein Haftungstatbestand für den Endverbleib von Rüstungsexporten wäre verschuldensunabhängig auszugestalten und für den Exporteur wirtschaftlich letztlich unkalkulierbar . Eine rechtsverbindliche Haftung für den Endverbleib würde wirtschaftlich tief in das Dispositionsrecht der Rüstungsunternehmer eingreifen und wäre mit Blick auf Art. 12 GG verfassungsrechtlich bedenklich. Fraglich wäre auch, ob ein Haftungstatbestand, der immer an einen konkreten Schadensfall anknüpft, im Kontext von Rüstungsexporten überhaupt sinnvoll ist (wann würde der Haftungsfall eintreten?). Funde deutscher G-36-Gewehre, die nach Ägypten bzw. in die USA gelieferten wurden und dann in Libyen und Georgien auftauchten, machen die praktischen Probleme einer Kontrolle des Endverbleibs insbesondere von Kleinwaffen deutlich.4 Statt ein Haftungsregime zu etablieren, erscheint es vielmehr sinnvoller, zunächst die Kontrollmechanismen praxistauglich auszugestalten und rechtlich – z.B. in Form weitergehender Berichtspflichten etc. – weiterzuentwickeln. 2 Newsletter International 04/2016, https://www.bihk.de/newsletter/ihkaugsburg /NewsletterAussenwirtschaftsinfo/042016/Exportkontrolle-Einfuehrung-von-Post-Shipment- Kontrollen-bei-deutschen-Ruestung.html. 3 U.S. Defense Trade Controls and the Blue Lantern End-Use Monitoring Program, https://www.bis.doc.gov/index.php/forms-documents/update-2015-presentations/1375-civil-military-ddtc/file. 4 Vgl. Simone Wisotzki, Rüstungsexporte unter verschärfter Kontrolle?, HSFK-Report Nr. 6/2013, S. 10. https://www.hsfk.de/fileadmin/HSFK/hsfk_downloads/report0613_02.pdf. Kurzinformation Endverbleibserklärungen und Post-Shipment- Kontrollen bei Rüstungsexporten Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Tel: (030) 227-32444 Wissenschaftliche Dienste Seite 3 4. Europäische Angleichung des Rüstungskontrollregimes Überdies gilt es, Exportkontrollregelungen international (vgl. im Rahmen des sog. Arms Trade Treaty vom 2. April 20135) und europäisch anzugleichen.6 Rüstungsexportregime unterliegen nämlich bislang allein nationaler Verantwortung, da die EU – abgesehen von dem EU- Gemeinsamen Standpunkt zur Rüstungspolitik – keine Zuständigkeit für eine Harmonisierung im Bereich der Rüstungsexportkontrolle reklamieren kann.7 *** 5 Text verfügbar unter https://unoda-web.s3.amazonaws.com/wp-content/uploads/2013/06/English7.pdf. Die Regeln des Arms Trade Treaty (ATT) bleiben indes hinter den für Deutschland geltenden Bestimmungen aus Kriegswaffenkontrollgesetz, Außenwirtschaftsgesetz, AWV sowie des Gemeinsam Standpunkts der EU zur Frage von Rüstungsexporten zurück. 6 Rüstungsunternehmen könnten sonst strengere Exportregelungen in einem Staat über Tochterfirmen in anderen EU-Staaten „umgehen“. 7 EU-Regelungen zur Exportkontrolle ließen sich auch nicht auf Art. 215 AEUV stützen (so Kokott, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Kommentar, München, 2. Aufl. 2012, Art. 215 AEUV, Rdnr. 38).