Deutscher Bundestag Internationale Abkommen und Rechtsgrundlagen für die zivile und militärische Nutzung von Drohnen Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 2 – 3000 – 016/13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 016/13 Seite 2 Internationale Abkommen und Rechtsgrundlagen für die zivile und militärische Nutzung von Drohnen Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 – 3000 – 016/13 Abschluss der Arbeit: 8. April 2013 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 016/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Regelungsbereiche 4 2. Völkerrechtliche Regelungen betreffend die militärische Verwendung von Drohnen 5 3. Völkerrechtliche Regelungen betreffend die zivile Nutzung von Drohnen 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 016/13 Seite 4 1. Regelungsbereiche Unbemannte Luftsysteme (unmanned aerial systems) haben in letzter Zeit immer größere Bedeutung erlangt. Neben ihrer militärischen Verwendung bieten sich auch zivile Einsatzmöglichkeiten von Drohnen z.B. im Bereich der polizeilichen Aufklärung und Überwachung, beim Schutz kritischer Infrastruktur (Castor-Transporte oder Pipelines) sowie im Bereich des Katastrophenmanagements (z.B. Lageerfassung bei Waldbränden, Suche nach Verschütteten etc.). Neben luftverkehrsrechtlichen Fragen1 werfen zivile Einsätze von Drohnen etwa mit Blick auf polizeiliche Bildaufnahmen von öffentlichen Versammlungen vor allem polizei- und datenschutzrechtliche Probleme auf.2 Entwicklung, Beschaffung und Einsatz von Drohnen liegt in der Hand der Staaten. Die zivile Nutzung von Drohnen erfolgt – abgesehen von Einsätzen zur Grenzüberwachung3 – überwiegend im Innern, sodass vor allem nationale Gesetze zur Anwendung kommen. Mit der Änderung des LufVG4 hat der deutsche Gesetzgeber der zunehmenden Bedeutung unbemannter Luftfahrzeuge mit einer Gleichstellung von Drohnen als Luftfahrzeuge Rechnung getragen. Während auf europäischer Ebene zahlreiche Verordnungen zur Zivilluftfahrt und zum europäischen Luftraum Anwendung finden5, erscheint die Regelungsdichte auf internationaler Ebene für unbemannte Luftfahrzeuge doch eher gering. Viele der für die (zivile) Nutzung von Drohnen relevanten Regelungsmaterien wie das Polizei- und Datenschutzrecht existieren vor allem auf nationaler bzw. europäischer Ebene – ohne eine entsprechende Flankierung durch völkerrechtliche Verträge. Völkerrechtliche Relevanz entfalten allenfalls die internationalen Rüstungskontrollregime und das internationale öffentliche Luftrecht. 1 Giemulla, Elmar, Unbemannte Luftfahrzeuge – Probleme ihrer Einführung in das zivile und militärische Luftrecht , in: ZLW 56 (2007), S. 195-210; Stefan A. Kaiser, Legal Aspects of Unmanned Aerial Vehicles, in. ZLW 2006, S. 344 ff.; ein Überblick über die Regelungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene findet sich bei Kornmeier, Claudia, Der Einsatz von Drohnen zur Bildaufnahme, Berlin 2012, S. 43 ff. 2 Vgl. dazu Kornmeier, Claudia, Der Einsatz von Drohnen zur Bildaufnahme, 2012, S. 92 ff.; Roggan, Frederik, Der Einsatz von Video-Drohnen bei Versammlungen, in: NVwZ 2011, S. 590-595. 3 Gegenwärtig verwenden die USA und die Schweiz Drohnen zur Überwachung ihrer Grenzen (dazu Berglund / Kolev, The Potential of UAS for European Border Surveillance, in: UAS Yearbook 2009/2010, S. 45). 4 Luftverkehrsgesetz vom 1. August 1922 (RGBl. 1922 I S. 681), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2454). 5 Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) teilt unbemannte Fluggeräte in zwei „Gewichtsklassen“ ein: Bei einem Abfluggewicht von mehr als 150 kg unterfallen sie dien Regelungen der EASA; bei einem geringeren Gewicht (unter 150 kg, sog. leichte UAS) bleibt es bei der Zuständigkeit der nationalen Flugsicherheitsbehörden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 016/13 Seite 5 2. Völkerrechtliche Regelungen betreffend die militärische Verwendung von Drohnen Der militärische Einsatz von (Kampf)Drohnen ist völkerrechtlich nicht gesondert geregelt – insoweit gelten die allgemeinen Bestimmungen des humanitären Völkerrechts. Während der Einsatz bestimmter Waffen (Chemiewaffen, Streumunition, Landminen, Blendlaserwaffen) aufgrund ihrer unterschiedslosen bzw. grausamen Wirkung völkervertraglich geächtet ist, existiert eine entsprechende Regelung in Bezug auf Drohnen nicht, da Drohnen eben keine Waffen, sondern unbemannte Luftfahrzeuge (d.h. Trägersysteme für Waffen) sind. Das UN- Waffenregister kennt keine eigene Kategorie für unbemannte bewaffnete Luftfahrzeuge.6 Allerdings finden Abkommen zur Rüstungskontrolle auf unbemannte Waffentechnik Anwendung . So definiert Artikel 2 (K) des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa (sog. KSE-Vertrag7) als „Kampfflugzeug“ ein militärisches Luftgefährt, „das für die Bekämpfung von Zielen durch den Einsatz von gelenkten Flugkörpern, ungelenkten Raketen, Bomben, Bordmaschinengewehren , Bordkanonen oder anderen Zerstörungswaffen bewaffnet und ausgerüstet ist (...)“. Insoweit können sich auch für Drohnen (nach Maßgabe des Inspektionsprotokolls) Verpflichtungen zur Anzeige bzw. zur Zulassung von Inspektionen ergeben. 3. Völkerrechtliche Regelungen betreffend die zivile Nutzung von Drohnen Die zivile Nutzung von (Aufklärungs-)Drohnen unterliegt – abhängig von Gewicht, Größe und Einsatz – dem internationalen öffentlichen Luftrecht. Im Mittelpunkt steht dabei das Chicagoer Abkommen (CA).8 1944 schlossen 52 Staaten das Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt , das bis heute 190 Staaten (also fast die gesamte Staatengemeinschaft) ratifiziert haben . Mit dem Ankommen wurde eine Grundlage für die Vereinheitlichung des internationalen Luftverkehrsrechts geschaffen.9 Das Chicagoer Abkommen findet allerdings nur auf Staatsluftfahrzeuge (insb. des Militär-, Zoll- und Polizeidienstes) Anwendung, nicht dagegen auf Privatluftfahrzeuge (Art. 3 a CA). Art. 8 CA enthält eine spezielle Bestimmung zu unbemannten Luftfahrzeugen: 6 Das durch UN-Resolution 46/36 L vom 6.12.1991 geschaffene UN Register of Conventional Arms (UNROCA) dokumentiert den weltweiten Handel mit sogenannten Großkampfsystemen. Das Waffenregister soll dazu beitragen, exzessive und destabilisierende Ansammlungen einzelner Staaten von Waffen bzw. waffenfähigem Material zu dokumentieren. 7 KSE-Vertrag von 19. November 1990; Vertragstext verfügbar unter http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Friedenspolitik/Abruestung/KonvRueKontrolle/KSE-Vertrag_node.html. 8 Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (intern. Quelle: 15 UNTS 295), BGBl. 1956 II, S. 411 (in Kraft seit 4.4.1947). 9 Schladebach, Marcus, Luftrecht, Tübingen 2007, Rn. 67. Das Abkommen regelt vor allem Fragen des int. Luftverkehrs (Auskünfte und Berichte, Flughäfen, Einreise- und Abfertigung, Verhütung von Krankheiten, Gebühren, Untersuchung der Luftfahrzeuge, Kennzeichen, Zollabgaben, Untersuchung von Unfällen u.a.m). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 016/13 Seite 6 „Luftfahrzeuge, die unbemannt geflogen werden können, dürfen das Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats ohne Führer nur mit besonderer Ermächtigung dieses Staates und nur in Übereinstimmung mit den Bedingungen dieser Ermächtigung überfliegen. Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass Flüge solcher unbemannter Luftfahrzeuge in für Zivilluftfahrzeuge offen stehenden Gebieten so überwacht werden, dass eine Gefahr für Zivilluftfahrzeuge vermieden wird.“ So sehr es erstaunen mag, dass die Vertragsstaaten bereits 1944 unbemannte Luftfahrzeuge zum Gegenstand des Abkommens machten, enthält es doch nur zwei Selbstverständlichkeiten :10 Ein Überflug mit unbemannten Luftfahrzeugen bedarf der Erlaubnis des überflogenen Staates (vgl. auch Art. 6 CA) und eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist zu vermeiden. Art. 36 CA bestimmt weiter, dass jeder Vertragsstaat „die Benutzung von Lichtbildgerät in Luftfahrzeugen über seinem Hoheitsgebiet verbieten oder regeln“ kann. Damit verweist Art. 36 ohne weitere Einschränkungen auf das nationale Polizei- und Datenschutzrecht. Gem. Art. 20 CA hat jedes in der internationalen Luftfahrt verwendete Luftfahrzeug (also auch Drohnen) überdies die „vorgeschriebenen Staatszugehörigkeits- und Eintragungszeichen zu führen.“ Von Bedeutung ist schließlich die Frage der zivilen Haftung für Schäden, die durch den Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge entstehen können.11 Relevant ist hier – wenngleich eine ausdrückliche Regelung zu unbemannten Luftfahrzeugen fehlt – das in Rom unterzeichnete „Abkommen über Schäden, welche Dritten auf der Erde durch ausländische Luftfahrzeuge zugefügt werden“.12 Weitere, speziell auf unbemannte Luftfahrzeuge anwendbare Vorschriften wurden völkerrechtlich nicht vereinbart. Bei einem informellen Treffen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) wurde 2006 beschlossen, dass die ICAO zwar nicht der geeignete Rahmen sei, um technische Anforderungen für unbemannte Luftfahrzeuge zu formulieren; zwecks Koordination der Regulierungsbemühungen anderer Organisationen wurde jedoch eine Arbeitsgruppe eingesetzt, deren Ergebnisse (Stand 2012) aber noch nicht vorliegen.13 10 Giemulla, ZLW 2007, S. 195 (196). 11 Der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge wirft dabei u.a. Fragen nach der Identifikation der verantwortlichen Betreiber auf. 12 Abkommen über Schäden, welche Dritten auf der Erde durch ausländische Luftfahrzeuge zugefügt werden vom 7. Oktober 1952, ratifiziert derzeit von 49 Staaten (dt. Übersetzung des Vertragstextes verfügbar unter http://www.transportrecht.de/transportrecht_content/1153485603.pdf). 13 Air Navigation Commission, AN-WP/8221, zitiert bei Kornmeier, a.a.O. (Anm. 1), S. 44, Fn. 26.