© 2021 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000 – 013/21 Internationale Konventionen zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangsarbeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 2 Internationale Konventionen zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangsarbeit Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 013/21 Abschluss der Arbeit: 16. Februar 2021 (zugleich letzter Zugriff auf Internetlinks) Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Menschenhandel 4 2.1. Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution vom 25. Juli 1951 4 2.2. Palermo-Protokoll vom 15. November 2000 5 2.3. Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels vom 16. Mai 2005 6 2.4. Vertragswerke zum Schutz von Frauen und Kindern 6 2.5. Vertragswerke zur Bekämpfung der Sklaverei 7 3. Zwangsarbeit 8 3.1. ILO-Übereinkommen 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit von 1930 9 3.2. ILO-Übereinkommen 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit von 1957 10 3.3. ILO-Übereinkommen 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte von 2011 10 3.4. Zusatzprotokoll zum ILO-Übereinkommen 29 von 2014 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 4 1. Einleitung Menschenhandel – die moderne Form des Sklavenhandels – ist ein weltweit stark verbreitetes und sehr komplexes Phänomen, welches mit wirtschaftlicher Migration und Ausbeutung sowie der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder anderer Merkmale eng verbunden ist. Schätzungen zufolge gehört er nach dem Waffen- und Drogenhandel zur drittgrößten Einnahmequelle der Organisierten Kriminalität. 1 Menschenhandel dient überwiegend der sexuellen Ausbeutung der Opfer. Andere damit verfolgte Zwecke sind Zwangsarbeit, Zwangsverheiratung, Betteltätigkeiten oder die Entnahme von Organen. Unter den Opfern sind überwiegend Frauen und Kinder. Dieser Sachstand enthält eine Übersicht der wichtigsten internationalen Konventionen gegen Menschenhandel und gegen Zwangsarbeit als einer Erscheinungsform davon. Es wird jeweils auf die aktuelle Geltung der Konventionen in Deutschland eingegangen. 2. Menschenhandel Auf internationaler Ebene gibt es eine Vielzahl von Verträgen, die Bestimmungen zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels enthalten.2 Ein Großteil davon betrifft einzelne Erscheinungsformen des Menschenhandels wie Prostitution, Kinderausbeutung und Sklaverei. 2.1. Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution vom 25. Juli 19513 Englischer Titel: Convention for the Suppression of the Traffic in Persons and of the Exploitation of the Prostitution of Others4 Diese Konvention wurde bisher nur von 82 VN-Staaten unterzeichnet und ratifiziert sowie von weiteren 25 nur unterzeichnet, nicht jedoch von Deutschland.5 Diese verhältnismäßig geringe Akzeptanz der Konvention liegt zum einen an der Einbeziehung des Internationalen Gerichtshofes (International Court of Justice, ICJ) und zum anderen an der vorgeschriebenen Strafbarkeit der 1 UN OC, Menschenhandel hat schreckliches Ausmaß erreicht, Meldung vom 15. März 2019, https://www.kinderaerzte -im-netz.de/news-archiv/meldung/article/kinder-und-menschenhandel-hat-schreckliches-ausmass-erreicht /; siehe hierzu Aktueller Begriff der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Nr. 1 vom 15. Januar 2010, https://www.bundestag.de/resource/blob/491692/f12f56b94ced952afdb4b34651221532/voelkerrechtliche -abkommen-menschenhandel-data.pdf. 2 Siehe hierzu auch die Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 21. August 2014, WD 2 – 3000 -139/14. 3 https://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar317-iv.pdf. 4 https://www.ohchr.org/en/professionalinterest/pages/trafficinpersons.aspx. 5 Siehe Liste der Ratifikationen und Unterzeichnungen der Konvention unter https://treaties.un.org/Pages /ViewDetails.aspx?src=IND&mtdsg_no=VII-11-a&chapter=7&clang=_en. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 5 freiwilligen Sexarbeit, die von vielen Ländern wie Deutschland sowie auch von vielen Menschenrechts -NGOs abgelehnt wird.6 2.2. Palermo-Protokoll vom 15. November 20007 Englischer Titel: Protocol to Prevent, Suppress and Punish Trafficking in Persons Especially Women and Children, supplementing the United Nations Convention against Transnational Organized Crime8 Dieses Protokoll zum Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (Palermo-Konvention)9 trat am 25. Dezember 2003 in Kraft. Deutschland hat es gemeinsam mit der Palermo-Konvention im September 2005 ratifiziert.10 Von zentraler Bedeutung ist Art. 3 des Palermo-Protokolls, in dem der Begriff des Menschenhandels definiert wird:11 „Menschenhandel ist die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung. Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen .“ Gemäß Art. 5 des Palermo-Protokolls verpflichten sich die Vertragsparteien, die Strafbarkeit des Menschenhandels in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen zu gewährleisten. 6 Siehe Amnesty International, Position von Amnesty International bezüglich der Verpflichtung von Staaten, die Menschenrechte von Sexarbeiter_innen zu achten, zu schützen und zu gewährleisten, Amnesty-Position-zum- Schutz-der-Menschenrechte-von-Sexarbeiterinnen-und-Sexarbeitern-Mai2016.pdf. 7 Deutsche Übersetzung: https://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar55025anlage2-oebgbl.pdf. 8 https://www.ohchr.org/en/professionalinterest/pages/protocoltraffickinginpersons.aspx. 9 https://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar55025anlage1-oebgbl.pdf. 10 Siehe Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 15. November 2000 gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität sowie zu den Zusatzprotokollen gegen den Menschenhandel und gegen die Schleusung von Migranten Vom 1. September 2005, http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&jumpTo=bgbl205s0954.pdf. 11 Hervorhebungen durch den Verfasser. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 6 2.3. Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels vom 16. Mai 200512 Englischer Titel: Council of Europe Convention on Action against Trafficking in Human Beings13 Deutschland hat dieses am 17. November 2005 unterzeichnet; es trat im April 2013 in Deutschland in Kraft.14 Artikel 4 lit. a) der Konvention übernimmt wörtlich die Definitionen des Menschenhandels und der Ausbeutung aus Art. 3 des Palermo-Protokolls.15 Kapitel II. der Konvention enthält einen umfassenden Katalog von Maßnahmen zur Verhütung, Eindämmung der Nachfrage, Sicherheitsmaßnahmen an den Grenzen etc. In Kapitel III. sind Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Rechte der Opfer des Menschenhandels enthalten . Kapitel IV. und V. enthalten Mindestanforderungen an Strafvorschriften und ihre strafprozessuale Durchsetzung. 2.4. Vertragswerke zum Schutz von Frauen und Kindern Die VN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979 enthält in Art. 6 eine ausdrückliche Verpflichtung von Mitgliedsstaaten, alle geeigneten Maßnahmen zur Abschaffung jeder Form des Frauenhandels und der Ausbeutung der Prostitution von Frauen zu treffen.16 Diese Konvention wurde durch die meisten VN-Staaten unterzeichnet und ratifiziert, wobei die USA bisher nicht ratifiziert haben.17 In Deutschland trat die Konvention nach der Ratifikation im Mai 1985 in Kraft.18 12 Siehe Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels vom 12. Oktober 2012 mit der amtlichen deutschen Übersetzung des Übereinkommens, https://www.bundesgerichtshof .de/SharedDocs/Downloads/DE/Bibliothek/Gesetzesmaterialien/17_wp/Menschenhandel /bgbl1221107.pdf;jsessionid=2B2BCC2564835F6D254CF82AF2DA090C.1_cid368?__blob=publication- File&v=1. 13 https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?document Id=090000168008371d. 14 Siehe Fn. 12. 15 Hervorhebungen durch den Verfasser. 16 Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women, CEDAW), auch VN-Frauenrechtskonvention genannt, https://www.frauenrechtskonvention.de/uebereinkommen-zur-beseitigung-jeder-form-von-diskriminierung-derfrau -cedaw-2234/#6-artikel-6-frauenhandel. 17 Siehe die Liste der Unterzeichnungen und der Ratifikationen unter https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails .aspx?src=TREATY&mtdsg_no=IV-8&chapter=4&lang=en#24. 18 Bundesgesetzblatt 1985 Teil II Nr. 17, S. 647, http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&jumpTo=bgbl285s0647.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 7 Ferner wurde durch die VN-Vollversammlung am 25. Mai 2005 das Zusatzprotokoll zur Kinderrechts -Konvention betreffend Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie verabschiedet .19 Dieses Protokoll trat in Deutschland nach der Ratifikation im November 2008 in Kraft.20 Darin wird in Art. 1 unter anderem der „Verkauf von Kindern“ verboten, der nach Art. 2 lit. a) folgendermaßen definiert wird: „jede Handlung oder jedes Geschäft, mit denen ein Kind gegen Bezahlung oder für eine andere Gegenleistung von einer Person oder Personengruppe an eine andere übergeben wird“.21 2.5. Vertragswerke zur Bekämpfung der Sklaverei Ferner wurde zur Sklaverei als einer Form des Menschenhandels durch den Völkerbund als Vorgängerorganisation der VN das Übereinkommen betreffend die Sklaverei im September 1926 in Genf unterzeichnet.22 Danach wird Sklaverei in Art. 1 folgendermaßen definiert:23 „Sklaverei ist der Zustand oder die Stellung einer Person, an der die mit dem Eigentumsrechte verbundenen Befugnisse oder einzelne davon ausgeübt werden. Sklavenhandel umfasst jeden Akt der Festnahme, des Erwerbes und der Abtretung einer Person, in der Absicht, sie in den Zustand der Sklaverei zu versetzen; jede Handlung zum Erwerb eines Sklaven, in der Absicht, ihn zu verkaufen oder zu vertauschen; jede Handlung zur Abtretung eines zum Verkauf oder Tausch erworbenen Sklaven durch Verkauf oder Tausch und überhaupt jede Handlung des Handels mit Sklaven oder der Beförderung von Sklaven.“ 19 Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children, child prostitution and child pornography vom 18. Januar 2002, https://www.ohchr.org/en/professionalinterest/pages/opsccrc.aspx. 20 Bundesgesetzblatt 2008 Teil II Nr. 29, S. 1222, https://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar54263anlage 2-dbgbl.pdf. 21 Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie, deutsche Fassung verfügbar unter: https://www.humanium .org/de/fakultativprotokoll-zum-ubereinkommen-uber-die-rechte-des-kindes-betreffend-den-verkauf-vonkindern -die-kinderprostitution-und-die-kinderpornografie/. 22 Slavery Convention, Signed at Geneva on 25 September 1926, https://www.ohchr.org/en/professionalinterest /pages/slaveryconvention.aspx. 23 https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/46/696_714_724/de, Hervorhebungen durch den Verfasser. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 8 Diese Konvention wurde durch das Protokoll vom 23. Oktober 1953 abgeändert und in das VN- Regelwerk überführt.24 Außerdem wurde ein Zusatzübereinkommen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken am 7. September 1956 in Genf unterzeichnet , welches dann am 30. April 1957 in Kraft getreten ist.25 Dieses Abkommen ist in Deutschland im Januar 1959 in Kraft getreten.26 In Art. 1 des Zusatzabkommens wird das Verbot der Sklaverei auf ähnliche Praktiken wie Schuldknechtschaft, Leibeigenschaft, Zwangsheirat, Verkauf einer Ehefrau durch Ehemann, Vererb von Ehefrauen ausgeweitet.27 3. Zwangsarbeit Der Einsatz von Zwangsarbeit wird durch die überwiegende Mehrheit von Staaten international geächtet. So enthält Art. 6 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte das Recht des Einzelnen, „seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenommene Arbeit zu verdienen“.28 Dieses Recht beinhaltet nicht nur die Möglichkeit zur freien Wahl einer Tätigkeit, sondern auch die Freiheit des Einzelnen von jeglichem Zwang zur Arbeit.29 Ferner spricht Art. 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von dem „Recht auf Arbeit , auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen“.30 Damit spiegelt sich im Recht auf Arbeit immer auch das grundsätzliche völkerrechtliche Verbot der Zwangsund Pflichtarbeit. 24 Protocol amending the Slavery Convention. signed at Geneva on 25 September 1926 New York, 7 December 1953, https://treaties.un.org/doc/Treaties/1953/12/19531207%2000-20%20AM/Ch_XVIII_1p.pdf. 25 Supplementary Convention on the Abolition of Slavery, the Slave Trade, and Institutions and Practices Similar to Slavery, https://www.ohchr.org/en/professionalinterest/pages/supplementaryconventionabolitionofslavery .aspx. 26 Bundesgesetzblatt 1959 Teil II Nr. 16, S. 407, http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&jumpTo=bgbl259s0407.pdf. 27 Zusatzübereinkommen über die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken, Art. 1, https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1965/135_138_138/de. 28 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (unterzeichnet am 19. Dezember 1966, in Kraft getreten am 3. Januar 1976), verfügbar unter: http://ohchr.org/EN/ProfessionalInterest/Pages /CESCR.aspx. 29 Siehe dazu den Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, Das völkerrechtliche Verbot der Zwangsarbeit und die Arbeit von Strafgefangenen während der Freiheitsentziehung von 26. Oktober 2016, WD 2 - 3000 – 132-16, S. 4. 30 Resolution 217 A (III) der Generalversammlung vom 10. Dezember 1948, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte , verfügbar unter https://www.ohchr.org/EN/UDHR/Documents/UDHR_Translations/ger.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 9 In ausdrücklicher Form ist das Verbot der Zwangsarbeit in Art. 4 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)31 und Art. 8 Abs. 3 lit. a) des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte32 sowie in Art. 5 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union33 enthalten. Die International Labour Organisation (ILO), der heute mit Deutschland insgesamt 187 Staaten angehören34, engagiert sich seit ihrer Gründung im Jahr 1919 durch Formulierung und Durchsetzung internationaler Arbeits- und Sozialnormen für die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen als eine zentrale Voraussetzung für die weltweite Armutsbekämpfung.35 Die Beseitigung der Zwangsarbeit ist dabei eines der vier zentralen Grundprinzipien der ILO. Hierzu wurden insbesondere folgende ILO-Übereinkommen geschlossen, die von der weit überwiegenden Mehrzahl der ILO-Mitgliedsstaaten ratifiziert worden sind und damit für diese völkerrechtlich bindend sind:36 3.1. ILO-Übereinkommen 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit von 193037 Das Übereinkommen trat für Deutschland nach der Ratifikation im Juni 1957 in Kraft.38 Darin haben sich alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, Zwangs- und Pflichtarbeit in allen Formen zu beseitigen . Als Zwangs- und Pflichtarbeit im Sinne des Übereinkommens gilt gem. Art. 2 Abs. 1: „jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat“. 31 Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten Rom, vom 4. November 1950, verfügbar unter: https://www.echr.coe.int/Documents/Convention_DEU.pdf. 32 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, verfügbar unter: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/IC- CPR/iccpr_de.pdf. 33 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2000/C 364/01) vom 7. Dezember 2000, verfügbar unter: https://www.europarl.europa.eu/charter/pdf/text_de.pdf, https://www.europarl.europa.eu/charter /pdf/text_de.pdf. 34 Liste aller 187 Mitgliedstaaten der ILO ist einsehbar unter https://www.ilo.org/public/english/standards /relm/country.htm. 35 ILO, Wir über uns, https://www.ilo.org/berlin/wir-uber-uns/lang--de/index.htm. 36 Eine umfassende Übersicht über die Ratifizierung der ILO-Abkommen ist verfügbar unter https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=1000:10011:0::NO:10011:P10011_DISPLAY_BY,P10011_CONVEN- TION_TYPE_CODE:2,F. 37 ILO Convention 29 Forced Labour Convention, https://www.un.org/ruleoflaw/files/ILO_Convention_29.pdf. 38 Bundesgesetzblatt 1956 Teil II Nr. 17, S. 640, http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&jumpTo=bgbl256s0640.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 10 Es werden jedoch auch zahlreiche Ausnahmen in Art. 2 Abs. 2 geregelt, wonach folgende Sachverhalte nicht unter das Verbot fallen: Militärdienstpflicht, übliche Bürgerpflichten, Arbeit nach einer gerichtlichen Verurteilung, Arbeit bei Unglücksfällen oder höherer Gewalt sowie kleinere Gemeindearbeiten. Diese Ausnahmen gelten jedoch im Rahmen von bestimmten Voraussetzungen , etwa nach der Anordnung der zuständigen Stelle (Art. 3 und 4), Einhaltung der Höchstdauer (Art. 12) etc. 3.2. ILO-Übereinkommen 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit von 195739 Dieses Übereinkommen verbietet gem. Art. 1 den Einsatz von Zwangs- und Pflichtarbeit zu bestimmten Zwecken, wie als Mittel des politischen Zwangs, als Methode für Rekrutierung und Verwendung von Arbeitskräften für Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung, als Maßnahme der Arbeitsdisziplin, als Strafe für die Teilnahme an Streiks oder als Maßnahme rassischer, sozialer, nationaler oder religiöser Diskriminierung40 Dieses Abkommen wurde durch insg. 174 Mitgliedsstaaten der ILO, nicht jedoch von China, Japan und Südkorea, ratifiziert und ist auch in Deutschland seit 1959 in Kraft.41 3.3. ILO-Übereinkommen 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte von 201142 In Art. 3 dieses Abkommens wird die Beseitigung aller Formen von Zwangs- und Pflichtarbeit für Hausangestellte explizit hervorgehoben. Deutschland hat das ILO-Übereinkommen 189 am 20. September 2013 als eines von 22 Ländern ratifiziert.43 3.4. Zusatzprotokoll zum ILO-Übereinkommen 29 von 2014 In diesem Zusatzprotokoll wurde in Art. 1 Abs. 3 die oben angeführte Definition der Zwangsund Pflichtarbeit bekräftigt. In Art. 2 sind die von den Mitgliedstaaten zur Verhütung von 39 C105 - Abolition of Forced Labour Convention, https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=NORMLEX- PUB:12100:0::NO::P12100_INSTRUMENT_ID:312250. 40 Internationale Arbeitsorganisation Übereinkommen über die Abschaffung der Zwangsarbeit, 1957, Art. 1, https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---normes/documents/normativeinstrument /wcms_c105_de.htm. 41 Ratifications of C105 - Abolition of Forced Labour Convention, 1957 (No. 105,Date of entry into force: 17 Jan 1959, https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=1000:11300:0::NO:11300:P11300_INSTRUMENT_ID:312250. 42 C189 - Domestic Workers Convention, 2011 (No. 189), https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=NORMLEX- PUB:12100:0::NO::P12100_ILO_CODE:C189. 43 ILO-Übereinkommen 189: Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte feiert fünften Jahrestag, https://www.ilo.org/berlin/presseinformationen/WCMS_491326/lang--de/index.htm. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 013/21 Seite 11 Zwangs- und Pflichtarbeit vorzunehmenden Maßnahmen konkretisiert worden. In Art. 4 sind weitere Schutzpflichten gegenüber den Opfern von Zwangsarbeit statuiert worden. Das Zusatzprotokoll trat in Deutschland nach der Ratifikation im Juni 2020 in Kraft.44 *** 44 Gesetz zu dem Protokoll vom 11. Juni 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28. Juni 1930 über Zwangs- oder Pflichtarbeit, Bundesgesetzblatt 2019 Teil II Nr.8, S. 437, http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl219s0437.pdf.