© 2021 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000 – 009/21 Bilaterale Kooperationen zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich im Bildungs-/Ausbildungsbereich nach dem Brexit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 2 Bilaterale Kooperationen zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich im Bildungs-/Ausbildungsbereich nach dem Brexit Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 009/21 Abschluss der Arbeit: 24. Februar 2021 (zugleich letzter Zugriff auf die Internetlinks) Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Vertragsabschlusskompetenz für bilaterale Abkommen 4 2.1. Deutschland 5 2.2. Vereinigtes Königreich 6 2.3. Fazit 8 3. Das britische „Turing Programm“ 8 4. Finanzierung von Bildungsaustauschprogrammen mit dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 4 1. Einführung Im Zuge des Brexits ist das Vereinigte Königreich auch aus dem Bildungsaustauschprogramm der Europäischen Union Erasmus+ ausgetreten. Eine Ausnahme gilt nur für Nordirland, das aufgrund einer Vereinbarung mit der Republik Irland voraussichtlich im Hochschulbereich weiter Zugang zum Erasmus+ Programm haben wird.1 Der Versuch Schottlands auch nach dem Brexit weiterhin Teil des Erasmus+ Programms bleiben zu können, blieb dagegen erfolglos. Eine entsprechende Forderung wurde von der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen abgelehnt , da eine Assoziierung an das Programm nur durch das Vereinigte Königreich als Ganzes möglich sei.2 Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage künftig eine bilaterale Zusammenarbeit im Bereich Bildung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich erfolgen kann. Dies betrifft sowohl die rechtliche Ausgestaltung als auch die Finanzierung von Bildungskooperationen im Bereich von Schule und Hochschule sowie Ausbildung. Im Kern geht es zunächst um die Vertragsabschlusskompetenz für Verträge mit auswärtigen Staaten. Auf Seiten der Bundesrepublik Deutschland muss dabei zwischen der Kompetenz des Bundes und der Bundesländer differenziert werden. Auf britischer Seite ergeben sich ebenfalls Besonderheiten mit Blick auf die britischen Teilnationen Nordirland, Schottland und Wales, obgleich die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge allein der Zentralregierung des Vereinigten Königreichs vorbehalten ist. Der zweite Teil der Arbeit enthält Hinweise zum britischen „Turing Programm“, das Studierenden/Lernenden aus dem Vereinigten Königreich künftig Auslandsaufenthalte ermöglichen soll. Schließlich gibt der dritte Teil der Arbeit Aufschluss über Haushaltsmittel des Bundes für die Finanzierung von Mobilitäten in das Vereinigte Königreich im Hochschulbereich und in der beruflichen Bildung nach dem Brexit. 2. Vertragsabschlusskompetenz für bilaterale Abkommen Die rechtliche Grundlage für eine bilaterale Zusammenarbeit im Bildungsbereich zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich kann mittels bilateraler Abkommen geschaffen werden. Als Vertragspartner für einen entsprechenden völkerrechtlichen Vertrag kommen auf deutscher Seite sowohl der Bund als auch die Bundesländer in Betracht. Im Vereinigten Königreich ergeben sich Besonderheiten mit Blick auf Nordirland, Schottland und Wales. 1 Forschung und Lehre vom 4. Januar 2021, „Was der Brexit ab 2021 für die Wissenschaft bedeutet“, https://www.forschung-und-lehre.de/politik/was-der-brexit-ab-2021-fuer-die-wissenschaft-bedeutet-3373/; BBC News vom 26. Dezember 2020, „Erasmus: NI students with British passports can access funding“, https://www.bbc.com/news/uk-northern-ireland-55455532. 2 Politico vom 16. Februar 2021, „EU rejects calls to readmit Scotland to Erasmus scheme“, https://www.politico .eu/article/ursula-von-der-leyen-rejects-calls-to-readmit-scotland-in-erasmus-scheme/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 5 2.1. Deutschland Kompetenz des Bundes: Art. 32 GG regelt die Abschlusskompetenz für völkerrechtliche Verträge . Zuständig für die Pflege der auswärtigen Beziehungen ist nach Art. 32 Abs. 1 GG der Bund. Die Abschlusskompetenz des Bundes gilt zunächst für Bereiche, in denen der Bund ohnehin die Gesetzgebungs- oder Verwaltungskompetenz innehat, sowie für Materien der konkurrierenden Gesetzgebung.3 Will der Bund einen völkerrechtlichen Vertrag abschließen, der die besonderen Verhältnisse eines Bundeslandes berührt, muss er dieses Bundesland rechtzeitig anhören, vgl. Art. 32 Abs. 2 GG. Kompetenz der Länder: In Deutschland liegt die Kulturhoheit jedoch weitgehend bei den Bundesländern (Art. 30, 70 GG). Nach Art. 32 Abs. 3 GG steht den Ländern die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge für die Materien zu, bei denen sie nach dem Grundgesetz eine Gesetzgebungskompetenz besitzen. Soweit es sich um eine Materie der konkurrierenden Gesetzgebung handelt, entfällt die Vertragsabschlusskompetenz der Länder jedoch, wenn und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat.4 Im Bildungswesen steht dem Bund beispielsweise nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse zu.5 Völkerrechtliche Verträge der Bundesländer mit auswärtigen Staaten bedürfen zudem der vorherigen Zustimmung der Bundesregierung. Kompetenz des Bundes bei Materien der ausschließlichen Ländergesetzgebung: Ist der Regelungsgegenstand eines völkerrechtlichen Vertrages dem Bereich der ausschließlichen Länderkompetenzen zuzurechnen, etwa wenn vorliegend Regelungen aus dem Bildungsbereich betroffen sind, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, ob der Bund daneben durch Art. 32 Abs. 1 GG ermächtigt wird völkerrechtliche Verträge in diesen Bereichen abzuschließen, oder ob den Ländern ein exklusives Vertragsabschlussrecht zusteht.6 Auch wenn dieser Meinungsstreit bis heute nicht entschieden ist, haben sich Bund und Länder in der Praxis mit dem sogenannten Lindauer Abkommen vom 14. November 1957 auf praktische Verfahrensregeln verständigt, an die sie sich seitdem in ständiger Staatspraxis halten.7 Mit den 3 Nettesheim, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, München: Beck, 92. EL 2020, Art. 32 Rdnr. 54. 4 Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar, München: Beck, 16. Aufl. 2020, Art. 32 Rdnr. 13. 5 Zu einem möglichen bilateralen Abkommen mit dem Vereinigten Königreich für den Hochschulbereich siehe auch: Matthias Bode, „Brexit“ und Hochschulzugang: Wie sich ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU auf die Migration von Bewerbern und Studierenden auswirken könnte, EuR 2017, 401-433 (429 f.). 6 Zu den unterschiedlichen Auffassungen siehe: Nettesheim, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, München: Beck, 92. EL 2020, Art. 32 Rdnr. 61 f. 7 Kempen, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, München: Beck, 7. Aufl. 2018, Art. 32 Rdnr. 60. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 6 Verfahrensregeln des Lindauer Abkommens wurde dem Interesse des Bundes an einem einheitlichen auswärtigen Auftreten Rechnung getragen und zugleich die Beteiligung der 16 Bundesländer sichergestellt.8 Ziffer 3 des Lindauer Abkommens bezieht sich auf völkerrechtliche Abkommen, die in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen und enthält hierzu Verfahrensvorgaben. Danach kann der Bund die Abschlusskompetenz auch in diesen Bereichen wahrnehmen, muss aber eine Zustimmung der Länder einholen, bevor der Vertrag völkerrechtlich verbindlich wird.9 Zudem sollen die Länder frühzeitig an den Vorbereitungen für den Vertragsabschluss beteiligt werden. In Ziffer 4 des Lindauer Abkommens wurde zudem unabhängig von Ziffer 3 vereinbart, dass bei Verträgen, die wesentliche Interessen der Länder berühren, die Länder möglichst frühzeitig über den beabsichtigten Abschluss derartiger Verträge unterrichtet werden. Die Beteiligung der sechzehn Bundesländer erfolgt über die Ständige Vertragskommission der Länder und dient dem Zweck, Differenzen zwischen den Ländern sowie zwischen dem Bund und den Ländern auszugleichen und die Umsetzung des völkerrechtlichen Vertrages durch die Landesgesetzgeber sicherzustellen.10 2.2. Vereinigtes Königreich Kompetenz der Zentralregierung des Vereinigten Königreichs: Im Vereinigten Königreich liegt die Verantwortlichkeit für auswärtige Beziehungen und den Abschluss völkerrechtlicher Verträge anders als in Deutschland allein bei der Zentralregierung des Vereinigten Königreichs .11 Zwar haben sich in den letzten Jahrzehnten im Rahmen der sogenannten Devolution (Regionalisierung) Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen von der Zentralregierung in London auf die gewählten Vertretungen Schottlands, Wales und Nordirlands verlagert. Die britischen Teilnationen (Devolved Administrations) verfügen aber nach aktueller Gesetzeslage über keine eigenen außenpolitischen Befugnisse und haben daher anders als die Bundesländer keine Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge.12 Auswärtige Beziehungen gehören zu 8 Heintschel von Heinegg/Frau, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), BeckOK Grundgesetz, 45. Ed. 2020, Art. 32 Rdnr. 11. 9 Wollenschläger, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Tübingen: Mohr-Siebeck, 3. Aufl. 2015, Art. 32 Rdnr. 40. 10 Kempen, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, München: Beck, 7. Aufl. 2018, Art. 32 Rdnr. 61; siehe auch: Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, „Fragen zum sog. Lindauer Abkommen und der Ständigen Vertragskommission der Länder“ WD 3 - 3000 - 240/16 vom 31. Oktober 2016, https://www.bundestag.de/resource/blob/484644/84bb1d2397de2a92dd4d3a3f485ad604/wd-3-240-16-pdfdata .pdf. 11 Billy A Melo Araujo, U.K. Post-Brexit Trade Agreements and Devolution, Legal Studies 2019, 1-24 (17), https://www.researchgate.net/publication/334096205_UK_post-Brexit_trade_agreements_and_devolution. 12 Speziell zu Schottland siehe: Sionaidh Douglas-Scott, Treaties, Devolution and Brexit, Briefing paper, European and External Relations Committee, 2016, http://www.parliament.scot/S5_European/General %20Documents/Treaties_Devolution_Brexit_briefing.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 7 den sogenannten reserved matters beziehungsweise excepted matters, die in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der britischen Zentralregierung fallen. Als devolved matters werden dagegen Bereiche bezeichnet, die in die Gesetzgebungs-, bzw. Verwaltungskompetenz der Regionalverwaltungen fallen.13 So heißt es im Scotland Act 1998 14: „International relations, including relations with territories outside the United Kingdom , the [European Union](and their institutions) and other international organisations , regulation of international trade, and international development assistance and cooperation are reserved matters.“ Gleichlautende Bestimmungen für Wales und Nordirland enthalten der Government of Wales Act 200615 sowie der Northern Ireland Act 199816. Zusammenarbeit in auswärtigen Angelegenheiten: Die Verhandlung und der Abschluss internationaler Abkommen kann jedoch vielfach Regelungsbereiche berühren, die in die Kompetenzbereiche der Devolved Administrations fallen, wie etwa der Bildungsbereich. Im sogenannten Concordat on International Relations haben sich die Zentralregierung des Vereinigten Königreichs und Schottland, Wales sowie Nordirland auf Richtlinien verständigt, die eine effektive Zusammenarbeit zwischen der Zentralregierung und den Teilnationen in auswärtigen Angelegenheiten sicherstellen sollen, wenn devolved matters betroffen sind.17 So ist beispielsweise ein Informationsaustausch zwischen der britischen Zentralregierung und den Regionalverwaltungen vorgesehen .18 Zudem soll die britische Regierung die dezentralen Verwaltungen in auswärtigen Angelegenheiten , die Einfluss auf devolved matters haben, konsultieren. Insgesamt handelt es sich bei dem Concordat on International Relations aber lediglich um eine politische Verständigung, die 13 Billy A Melo Araujo, U.K Post-Brexit Trade Agreements and Devolution, Legal Studies 2019, 1-24 (17), https://www.researchgate.net/publication/334096205_UK_post-Brexit_trade_agreements_and_devolution. 14 Scotland Act 1998, Schedule 5 Part I, https://www.legislation.gov.uk/ukpga/1998/46/schedule/5/part/I. 15 Government of Wales Act 2006, Schedule 7A, Part I, https://www.legislation .gov.uk/ukpga/2006/32/schedule/7A. 16 Northern Ireland Act 1998, Schedule 2, https://www.legislation.gov.uk/ukpga/1998/47/schedule/2. 17 Ausführlich dazu siehe: Billy A Melo Araujo, U.K. Post-Brexit Trade Agreements and Devolution, Legal Studies 2019, 1-24 (18), https://www.researchgate.net/publication/334096205_UK_post-Brexit_trade_agreements _and_devolution. Die Concordats ergänzen das Memorandum of Understanding zwischen der britischen Zentralregierung und den Regionalverwaltungen: Devolution, Memorandum of Understanding and Supplementary Agreements between the United Kingdom Government, the Scottish Ministers, the Welsh Ministers, and the Northern Ireland Executive Committee, Oktober 2013, https://www.gov.scot/binaries/content/documents/govscot/publications/agreement /2013/10/devolution-mou/documents/devolution-agreement-pdf/devolution-agreement-pdf/govscot :document/Devolution+Agreement.pdf. 18 Vgl. Caroline Göckle, Das Vereinigte Königreich post-Brexit: die Erforderlichkeit einer Neuausrichtung des nationalen Prozesses zum Abschluss von künftigen UK-Freihandelsabkommen, EuR 2020, 137-165 (147). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 8 keinerlei rechtliche Verbindlichkeit begründet.19 Zusätzlich ist in einem Agreement on the Joint Ministerial Committee ein Informationsaustausch auf Ministerialebene zwischen der britischen Zentralregierung und den Devolved Administrations vorgesehen.20 2.3. Fazit Es ist grundsätzlich denkbar, dass Deutschland eine Kooperation im Bildungsbereich mit dem Vereinigten Königreich mittels eines bilateralen Abkommens mit der britischen Zentralregierung vereinbart. Eigene Abkommen mit den Teilnationen Nordirland, Schottland und Wales kommen dagegen nicht in Betracht, da die Regionalregierungen nicht über eine entsprechende Vertragsabschlusskompetenz für völkerrechtliche Verträge verfügen. Denkbar sind allerdings Vereinbarungen auf Hochschulebene zwischen einzelnen Hochschulen oder Hochschulverbänden.21 3. Das britische „Turing Programm“ Nach dem Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus dem Erasmus+ Programm hat die britische Regierung am 26. Dezember 2020 ein weltweites Nachfolge-Austauschprogramm („Turing Programm “) angekündigt, das jedoch nur inländischen Studierenden zur Verfügung stehen soll.22 Dem britischen Unterhaus zufolge will die britische Regierung mit dem Programm“ im akademischen Jahr 2021-2022 rund 35.000 inländische Studierende mit rund 100 Millionen Britischen Pfund (£) fördern. Das „Turing-Programm“ soll Studierenden im gesamten Vereinigten Königreich zur Verfügung stehen. Es gab bereits Vorschläge den rechtlichen Rahmen des Programms an die Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung von Erasmus+ anzulehnen.23 Aktuell gibt es hierzu aber noch keine näheren Informationen. Die britischen Institutionen sollen jeweils eigene individuelle Rechtsvereinbarungen für entsprechende bilaterale Abkommen mit ihren Partnerinstitutionen treffen. Konkrete Vorgaben zum Inhalt entsprechender interinstitutioneller Vereinbarungen soll es dabei nicht geben. 19 Vgl. Caroline Göckle, Das Vereinigte Königreich post-Brexit: die Erforderlichkeit einer Neuausrichtung des nationalen Prozesses zum Abschluss von künftigen UK-Freihandelsabkommen, EuR 2020, 137-165 (147). 20 Nähere Informationen zum Joint Ministerial Committee liefert die Website des britischen Think Tanks Institute for Gouvernment, https://www.instituteforgovernment.org.uk/explainers/devolution-joint-ministerial-committee . 21 Siehe dazu: Matthias Bode, „Brexit“ und Hochschulzugang: Wie sich ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU auf die Migration von Bewerbern und Studierenden auswirken könnte, EuR 2017, 401-433 (430.). 22 Pressemitteilung des britischen Bildungsministeriums vom 26. Dezember 2020, „ New Turing scheme to support thousands of students to study and work abroad“, https://www.gov.uk/government/news/new-turingscheme -to-support-thousands-of-students-to-study-and-work-abroad. 23 Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013, http://www.europa-foerdert-kultur.info/fileadmin/7_Europa_foerdert_Kultur/EfK_Erasmus_/VO_Erasmus_.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 9 Das neue Programm soll gemeinsam vom British Council und dem holländischen Wirtschaftsforschungsunternehmen Ecorys verwaltet werden, die auch schon für die Durchführung von Erasmus + im Vereinigten Königreich zuständig sind. Die britischen Institutionen sind bereits in Gesprächen mit ihren europäischen Partnern, um auf die engen bestehenden Beziehungen aufzubauen.24 Zugleich will die britische Regierung für das „Turing Programm“ international gegenüber anderen Regierungen werben.25 4. Finanzierung von Bildungsaustauschprogrammen mit dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit Die folgenden Angaben zu der haushalterischen Planung sind der Antwort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) auf eine entsprechende Anfrage der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages entnommen. Differenziert wird dabei zwischen der Mobilität in der Berufsausbildung sowie der Studierendenmobilität: „Im Projekt AusbildungWeltweit, das [internationale Lernaufenthalte während der Berufsausbildung ermöglicht und] aus Titel 3002/68121 finanziert wird, sind für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 Mittel für Mobilitäten von Auszubildenden in Länder, die nicht an Erasmus+ teilnehmen, vorgesehen.26 Seit Anfang 2021 können demnach auch Mobilitäten in das Vereinigte Königreich gefördert werden.27 Im Jahr 2021 wird, bedingt durch die COVID-19 Pandemie und dem damit einhergehenden Rückgang von Mobilitäten, keine Steigerung des Gesamtmittelbedarfs erwartet. Im Jahr 2022 beläuft sich der Bedarf für Mobilitäten in das Vereinigte Königreich nach derzeitigen Prognosen auf rd. 1 Million Euro, die im Programm Ausbildung weltweit zur Verfügung stehen. Zudem können auch noch im Rahmen des abgelaufenen Erasmus+ Programmzyklus (2014-2020) bereits bewilligte Mobilitäten in das Vereinigte Königreich bis 2023 durchgeführt und abgerechnet werden . 24 Erasmus+ Programme, Department for Education written question – answered on 22nd January 2021, They work for you, https://www.theyworkforyou.com/wrans/?id=2021-01-13.137192.h. 25 Erasmus+ Programme, Department for Education written question – answered on 22nd January 2021, They work for you, https://www.theyworkforyou.com/wrans/?id=2021-01-13.137192.h. 26 Siehe dazu: Bundeshaushaltsplan 2020, Einzelplan 30, Bundesministerium für Bildung und Forschung, https://www.bundeshaushalt.de/fileadmin/de.bundeshaushalt/content_de/dokumente/2020/soll/epl30.pdf. 27 Siehe dazu auch die Mitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Großbritannien wird Zielland bei AusbildungWeltweit“, https://www.ausbildung-weltweit.de/de/grossbritannien-wird-zielland-bei-ausbildungweltweit .html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/21 Seite 10 Ab 2023 wird daher mit einem substantiellen Anstieg der Nachfrage für die Förderung von Mobilitäten in das Vereinigte Königreich gerechnet. Daraus sich ergebende Mehrbedarfe können aktuell noch nicht beziffert werden. In der Studierendenmobilität stehen deutschen Hochschulen auch nach dem Brexit zahlreiche Programme des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) offen , um mit Hochschulen aus dem Vereinigten Königreich zu kooperieren. Diese werden durch die Individualstipendienprogramme des DAAD ergänzt, die sowohl für deutsche als auch britische Studierende zugänglich sind. Zudem gilt auch für den Bereich der Studierendenmobilität, dass Mobilitäten aus dem vorherigen Erasmus+ Programm bis 2023 weitergefördert werden können. Für den künftigen Austausch mit Drittstaaten erarbeitet die Bundesregierung derzeit gemeinsam mit dem DAAD ein übergreifendes Konzept, dessen haushalterische Auswirkungen derzeit noch nicht bezifferbar sind.“28 *** 28 Das Zitat ist der Antwort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf eine entsprechende Anfrage der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages entnommen.