© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 009/16 Entschädigung beim Widerruf von Rüstungsexportgenehmigungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/16 Seite 2 Entschädigung beim Widerruf von Rüstungsexportgenehmigungen Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 009/16 Abschluss der Arbeit: 26. Januar 2016 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Gesetzliche Vorgaben 4 1.1. Sonderregelung im Kriegswaffenkontrollgesetz 4 1.2. Allgemeine Entschädigungsregelungen 5 2. Ratio der Entschädigungsregelungen 5 3. Folgen für die Dispositionsbefugnis des Gesetzgebers 7 3.1. Vertrauensschutz (§ 49 Abs. 6 VwVfG) 7 3.2. Kompensation vergeblich getätigter Aufwendungen (§ 9 KWKG) 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/16 Seite 4 1. Gesetzliche Vorgaben 1.1. Sonderregelung im Kriegswaffenkontrollgesetz Der Handel mit Kriegswaffen1 steht gem. § 4 Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) unter Genehmigungsvorbehalt . Auf die Genehmigung besteht seitens des Rüstungsunternehmens kein Anspruch (§ 6 Abs. 1 KWKG); die Genehmigung kann aber nach pflichtgemäßem Ermessen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erteilt und jederzeit widerrufen werden (§ 7 Abs. 1 KWKG). § 9 KWKG regelt die Entschädigung im Falle des Widerrufs der Rüstungsexportgenehmigung: (1) Wird eine Genehmigung (…) ganz oder teilweise widerrufen, so ist ihr Inhaber vom Bund angemessen in Geld zu entschädigen. Die Entschädigung bemisst sich nach den vom Genehmigungsinhaber nachgewiesenen zweckentsprechenden Aufwendungen. (...) Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfall der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. (2) Der Anspruch auf eine Geldentschädigung entfällt, wenn der Inhaber der Genehmigung (…) durch ihr schuldhaftes Verhalten Anlass zum Widerruf der Genehmigung gegeben haben (…). Die Vorschrift stellt klar, dass der Begünstigte im Falle eines nachträglichen Widerrufs der Genehmigung Anspruch auf staatliche Entschädigungsleistungen hat. Beruht der Widerspruch auf Gründen, die in der Sphäre des Genehmigungsinhabers liegen, so scheidet ein Entschädigungsanspruch gem. § 9 Abs. 2 KWKG aus.2 Entschädigung i.S.d. § 9 KWKG ist weniger als Schadensersatz. Ersatzfähig sind grundsätzlich nur die nachgewiesenen, zweckentsprechenden Aufwendungen.3 Die Entschädigung umfasst – im Gegensatz zum Schadensersatz – nicht den entgangenen Gewinn oder den Ersatz von Vertragsstrafen , den der Genehmigungsinhaber (die Rüstungsunternehmen) an Dritte (ausländische Waffenimporteure) hat entrichten müssen, weil er den Vertrag mangels Exportgenehmigung nicht erfüllen konnte.4 1 Davon umfasst sind gem. § 1 Abs. 1 KWKG „die in der Anlage zu diesem Gesetz (Kriegswaffenliste) aufgeführten Gegenstände, Stoffe und Organismen.“ 2 So die amtliche Gesetzesbegründung zu § 9 KWKG (BT-Drs. 3/1589, S. 18 f. vom 3.2.1960). 3 Also die Aufwendung von Vermögenswerten wie die Anschaffung von Maschinen, Rohstoffen und Halbfertigerzeugnissen , ferner die Errichtung von Fabrikationshallen, Personalaufwendungen, Beratungsosten etc. 4 Pottmeyer, Klaus, Kriegswaffenkontrollgesetz. Kommentar, Köln u.a.: Heymanns, 2. Aufl. 1994, § 9, Rdnr. 10 und 18 m.w.N.; Pietsch, in: Hohmann/John (Hrsg.), Ausfuhrrecht. Kommentar, Teil 5, KWKG, § 9, Rdnr. 3. Vgl. dazu auch BT-Drs. 3/1589, S. 18. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/16 Seite 5 1.2. Allgemeine Entschädigungsregelungen § 9 KWKG schafft eine Sonderregelung (lex specialis)5 für das Kriegswaffenkontrollregime und den Bereich der Kriegswaffen.6 Alle anderen Rüstungsgüter sowie der gesamte Katalog an Waren , Technologien und Dienstleistungen und ihr Austausch mit fremden Wirtschaftsgebieten fallen unter das Außenwirtschaftsgesetz (AWG).7 Für das AWG gilt die spezielle Entschädigungsregelung nach § 9 KWKG nicht. Vielmehr richtet sich die Entschädigung im Falle des Widerrufs eines begünstigenden Verwaltungsakts (also hier: einer staatlichen Genehmigung) nach den allgemeinen Regelungen. Einschlägig ist hier § 49 Abs. 6 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), der besagt: Wird ein begünstigender Verwaltungsakt (…) widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet , dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. 2. Ratio der Entschädigungsregelungen Die Entschädigungsregelung des § 49 Abs. 6 VwVfG ist Ausdruck des Vertrauensschutzes des Bürgers und damit ein wesentlicher Baustein im gesetzlichen Regelungsmodell des Widerrufs von Verwaltungsakten. Der Entschädigungsvorschrift des § 9 KWKG liegt dagegen nach einhelliger Auffassung nicht der Vertrauensschutzgedanke zugrunde. Entschädigung für enttäuschtes Vertrauen könnte § 9 KWKG nur dann gewähren, wenn der Begünstigte der Genehmigung nach dem KWKG grundsätzlich auf deren Bestand vertrauen könnte. Aufgrund der Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs (§ 7 Abs. 1 KWKG) kann sich der Inhaber einer kriegswaffenkontrollrechtlichen Genehmigung hierauf gerade nicht verlassen. 8 Im Unterschied zu § 49 Abs. 6 VwVfG beruht die in § 9 KWKG gewährte Entschädigung auf dem Gedanken, dass der Widerruf einer Genehmigung in die Betätigungs- und Dispositionsfreiheit 5 BR-Drs. 191/59, S. 233; so auch OLG München, NStZ 1993, 243. 6 § 1 Abs. 1 KWKG legt fest: „Zur Kriegsführung bestimmte Waffen im Sinne dieses Gesetzes (Kriegswaffen) sind die in der Anlage zu diesem Gesetz (Kriegswaffenliste) aufgeführten Gegenstände, Stoffe und Organismen.“ 7 Vgl. zum Verhältnis von KWKG und AWG Pietsch, in: Hohmann/John (Hrsg.), Ausfuhrrecht. Kommentar, Teil 5, KWKG, Einführung, Rdnr. 35 ff. 8 Pottmeyer, Klaus, Kriegswaffenkontrollgesetz. Kommentar, Köln u.a.: Heymanns, 2. Aufl. 1994, § 9, Rdnr. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/16 Seite 6 des Begünstigten eingreift, wodurch für ihn eine materielle Einbuße entstehen kann.9 Der Genehmigungsinhaber soll also nach den Vorstellungen des Gesetzgebers dafür entschädigt werden, dass er materielle Aufwendungen auf sich genommen hat, die sich später aufgrund vorrangiger Interessen der Allgemeinheit, die zum Widerruf der Genehmigung führten, als nutzlos erwiesen haben.10 Als Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten: Ratio der Entschädigungsregelung in § 49 Abs. 6 VwVfG ist das enttäuschte Vertrauen; ratio der Regelung des § 9 KWKG ist die (bloße) Kompensation vergeblich getätigter Aufwendungen. Die unterschiedlichen Entschädigungsansätze im KWKG und im AWG sind Ausdruck der unterschiedlichen Gesetzeszwecke. Anders als das KWKG dient das AWG zuvörderst der Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung.11 So hat der Einzelne nach dem AWG (anders als nach dem KWKG) grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der erforderlichen Genehmigungen (§ 8 Abs. 1 AWG). Das KWKG ist dagegen nicht Ausdruck einer freien Marktwirtschaftsordnung, sondern erfüllt vielmehr einen Verfassungsauftrag aus Art. 26 Abs. 2 GG12 – nämlich die aus dem Umgang mit Kriegswaffen entstehenden Gefahren für das friedliche Zusammenleben der Völker abzuwehren . Vor diesem Hintergrund ist das KWKG strukturell als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt konzipiert: Danach ist der Handel mit Kriegswaffen grundsätzlich verboten, es sei denn, es liegt eine Genehmigung vor. Im Bereich der sonstigen (freien) Außenwirtschaft ist der Handel dagegen grundsätzlich erlaubt, es sei denn, er ist gesetzlich eingeschränkt. Ein Vertrauen des Unternehmers auf die Freiheit der Marktwirtschaft kann also beim Handel mit Kriegswaffen gar nicht erst entstehen . 9 So die Gesetzesbegründung zu § 9 KWKG (BT-Drs. 3/1589, S. 18); ebenso Pottmeyer, Klaus, Kriegswaffenkontrollgesetz . Kommentar, Köln u.a.: Heymanns, 2. Aufl. 1994, § 9, Rdnr. 3; ihm folgend Pietsch, in: Hohmann /John (Hrsg.), Ausfuhrrecht. Kommentar, Teil 5, KWKG, § 9, Rdnr. 1. 10 Pottmeyer, Klaus, Kriegswaffenkontrollgesetz. Kommentar, Köln u.a.: Heymanns, 2. Aufl. 1994, § 9, Rdnr. 3. In der Gesetzesbegründung zu § 9 KWKG (BT-Drs. 3/1589, S. 18 v. 3.2.1960) heißt es: „Der Genehmigungsinhaber muss beim Umgang mit Kriegswaffen mit dem besonderen Risiko rechnen, das auf der Abhängigkeit derartiger Handlungen von den jeweiligen politischen Konstellationen beruht. Daher erscheint es gerechtfertigt, die Entschädigung im Falle des Widerrufs einer Genehmigung auf die nachgewiesenen zweckentsprechenden Aufwendungen zu beschränken und einen etwa entgangenen Gewinn außer Acht zu lassen.“ 11 Nach dem AWG wird das Ziel der allgemeinen wirtschaftlichen Handlungsfreiheit und des ungehinderten Güter - und Dienstleistungsverkehrs mit dem Ausland (so § 1 Abs. 1 AWG) flankiert durch das Gebot, Beschränkungen so auszugestalten, das in die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung so wenig wie möglich eingegriffen wird. 12 Art. 26 Abs. 2 GG lautet: „Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/16 Seite 7 Die Verfassung ermöglicht damit in der Konsequenz, dass der Handel mit Kriegswaffen aus außenpolitischen Erwägungen stärker reglementiert wird (kein Anspruch auf Genehmigungen, verschärfte Genehmigungspraxis, strengere Restriktionen, kein Vertrauensschutz) als die (sonstige ) außenwirtschaftliche Betätigung. 3. Folgen für die Dispositionsbefugnis des Gesetzgebers Die dargelegten Unterschiede zwischen dem KWKG und dem AWG haben Auswirkungen auf die Dispositionsbefugnis des Gesetzgebers. Im Folgenden soll geklärt werden, ob und inwieweit die Entschädigungsregelungen in § 9 KWKG bzw. in § 49 Abs. 6 VwVfG (für das Außenwirtschaftsrecht) zur Disposition des Gesetzgebers stehen. Fraglich ist somit, ob eine „Streichung“ der genannten Vorschriften gegen die Verfassung verstoßen würde. Dies wäre dann der Fall, wenn eine Verpflichtung des Gesetzgebers zum Erlass einer Entschädigungsregelung verfassungsrechtlich vorgegeben wäre. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang also, ob eine Entschädigung (wegen Widerrufs staatlicher Genehmigungen) verfassungsrechtlich geboten ist oder (bloß) Ausdruck einer freien Entscheidung des (einfachen) Gesetzgebers ist. 3.1. Vertrauensschutz (§ 49 Abs. 6 VwVfG) Der Entschädigungsregelung in § 49 Abs. 6 VwVfG liegt – wie oben dargelegt – der Vertrauensschutzgedanke zugrunde. Dieser Vertrauensschutz des Bürgers hat nach einhelliger Auffassung von Literatur und Rechtsprechung Verfassungsrang13 – er wurzelt im Rechtstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), d.h. im rechtstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit und der Berechenbarkeit staatlichen Handelns.14 Nach Auffassung des BVerfG gebietet das Rechtsstaatsprinzip, dass bei Rücknahme / Widerruf eines Verwaltungsakts in jedem Fall auch der Gesichtspunkt des Vertrauens des Bürgers auf den Bestand des Verwaltungsaktes (sofern das Vertrauen gerechtfertigt ist) zu berücksichtigen sei.15 13 BVerfGE 36, 282 (293); E 58, 81 (120 f.). 14 Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG-Kommentar, München: Beck, 6. Aufl. 2011, Art. 20, Rdnr. 140 f.; Vgl. zum Vertrauensschutz Huster/Rux, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG. Kommentar, München: Beck, 2. Aufl. 2013, Art. 20, Rdnr. 184 ff. 15 BVerfGE 59, 128 (167). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/16 Seite 8 Die allgemeine Entschädigungsregelung beim Widerruf von Verwaltungsakten (§ 49 Abs. 6 VwVfG) ist dadurch der Dispositionsbefugnis des einfachen Gesetzgebers entzogen.16 3.2. Kompensation vergeblich getätigter Aufwendungen (§ 9 KWKG) Fraglich ist, ob dies auch für den § 9 KWKG gilt. Wie oben dargelegt, liegt § 9 KWKG kein Vertrauensschutzgedanke zugrunde. Die Norm ist vielmehr Ausdruck einer vom Gesetzgeber zugebilligten Kompensation vergeblich getätigter Aufwendungen. Ob diese Kompensation verfassungsrechtlich geboten ist oder auf der freien Entscheidung des (einfachen) Gesetzgebers beruht, hängt davon ab, ob sich eine Verpflichtung des Gesetzgebers, für den Fall des Widerrufs von Genehmigungen eine Entschädigung zu regeln, direkt aus der Verfassung ergibt. In den Blick gerät dabei die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG.17 Die Verfassung regelt die Frage von Entschädigungen vor allem in Zusammenhang mit Eigentumseingriffen (Enteignungen).18 Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG schreibt für den Fall einer Enteignung zwingend ein Gesetz vor, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt (sog. Junktimklausel). Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die Enteignung „auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Eigentumspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet“.19 Die Enteignung ist also ein rechtsentziehender Zugriff auf Vermögenspositionen, um übergeordnete Ziele des Gemeinwohls durchzusetzen .20 Staatliche Genehmigungen sind jedoch keine vom Eigentumsrecht umfassten (vermögenswerten ) Rechtspositionen; sie werden mangels eigener Leistung von Art. 14 GG nicht geschützt.21 Auch die Gesetzesbegründung zu § 9 KWKG (BT-Drs. 3/1589, S. 18) räumt ein, dass der Widerruf einer Rüstungsexportgenehmigung den Tatbestand einer Enteignung nicht erfüllt. 16 Gegen ein KWKG-Änderungsgesetz könnte ein Rüstungsunternehmen Verfassungsbeschwerde einlegen. 17 Nach der Gesetzesbegründung zu § 9 KWKG (vgl. BT-Drs. 3/1589, S. 18) wird dem Genehmigungsinhaber eine Entschädigung in Anlehnung an den Grundsatz des Art. 14 Abs. 3 GG zugebilligt. 18 Dazu näher Erbguth, Wilfried, Allgemeines Verwaltungsrecht, Baden-Baden: Nomos, 6. Aufl. 2014, § 39. 19 Vgl. BVerfGE 70, 191 (199 f.); E 72, 66 (76); E 102, 1 (15); ebenso Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, München: Beck 13. Aufl. 2014, Art. 14, Rdnr. 75. 20 So Wendt, in: Sachs (Hrsg.), GG-Kommentar, München: Beck, 6. Aufl. 2011, Art. 14, Rdnr. 78. 21 So die h. M.: Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, München: Beck, 13. Aufl. 2014, Art. 14, Rdnr. 12; Bryde, in: v.Münch/Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar, München: Beck, Bd. I, 6. Aufl. 2010, Art. 14, Rdnr. 28; Depenheuer, in: Mangoldt/Klein/Starck, GG-Kommentar, Bd. I, 6. Aufl. 2010, Art. 14, Rdnr. 171; Ossenbühl, AöR 124 (1999), S. 1 (8); ebenso BVerfG (Kammer-Entscheidung), NVwZ 2009, 1428; BGHZ 108, 364 (371) – Taxikonzessionen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 009/16 Seite 9 Art. 14 Abs. 3 GG ist damit nicht anwendbar. Liegt keine Enteignung vor, so ergibt sich aus Art. 14 GG regelmäßig auch kein Entschädigungsanspruch.22 Ein solcher besteht nur dann, wenn er einfachgesetzlich (wie z.B. in § 9 KWKG) vorgesehen ist.23 Daraus folgt, dass § 9 KWKG – anders als § 49 Abs. 6 VwVfG – zur Disposition des einfachen Gesetzgebers steht und damit auch gestrichen werden könnte. Dies entspricht im Ergebnis dem Willen der Verfassung (Art. 26 Abs. 2 GG), den Handel mit Kriegswaffen aus außenpolitischen Erwägungen stärker zu reglementieren als die außenwirtschaftliche Betätigung eines Unternehmers. Dessen Rechtsstellung ist beim Handel mit Kriegswaffen schwächer ausgestaltet als beim normalen Außenhandel. Diese Rechtsstellung könnte durch Streichung des § 9 KWKG noch weiter geschwächt werden, ohne dass verfassungsrechtliche Gründe dem entgegenständen. Für den Fall einer Streichung von § 9 KWKG bliebe zu prüfen, ob sich für das Rüstungsunternehmen ein Entschädigungsanspruch aus anderer Quelle ergeben könnte: Da kein nach dem KWKG Anspruch auf eine Rüstungsexportgenehmigung besteht, ergeben sich durch den Widerruf einer solchen Genehmigung auch keine Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG). Der sog. öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch würde nur für den Fall greifen, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen wird.24 Schließlich könnte man überlegen, ob im Falle einer „Streichung“ der speziellen Entschädigungsregelung in § 9 KWKG nicht die allgemeine Entschädigungsregelung des § 49 Abs. 6 VwVfG „aufleben“ und durch analoge Anwendung herangezogen werden könnte. Doch bedarf es für die Gesetzesanalogie einer planwidrigen – d.h. vom Gesetzgeber nicht willentlich herbeigeführten – Gesetzeslücke.25 Daran würde es bei der Streichung des § 9 KWKG jedoch fehlen, sodass eine analoge Anwendung des § 49 Abs. 6 VwVfG im Kontext des KWKG ausscheidet. Ende der Bearbeitung 22 BVerfGE 52, 1 (27 f.); E 58, 300 (320). 23 Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, München: Beck, 13. Aufl. 2014, Art. 14, Rdnr. 54. 24 So etwa die Regelung in § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG; zum Erstattungsanspruch generell Erbguth, Wilfried, Allgemeines Verwaltungsrecht, Baden-Baden: Nomos, 6. Aufl. 2014, § 42, Rdnr. 3. 25 Vgl. dazu allgemein Luther, Christoph, Die juristische Analogie, in: Juristische Ausbildung (JA) 2013, S. 449- 453.