WD 10 - 3000 - 129/10 Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag Sachstand Die Rückgabe kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter Wissenschaftliche Dienste Sachstand Seite 2 WD 10 - 3000 - 129/10 Die Rückgabe kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter Verfasser: Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 129/10 Abschluss der Arbeit: 3. November 2010 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand Seite 3 WD 10 - 3000 - 129/10 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Die Rückführung kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter 4 3. Das Beispiel der Kirchenglocken 7 4. Literatur 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand Seite 4 WD 10 - 3000 - 129/10 1. Vorbemerkung Im Zeitraum zwischen 1933 und 1945 fand eine Verlagerung von Kulturgütern statt, welche in ihrem gesamten Ausmaß bis heute noch nicht restlos aufgearbeitet ist. Während des Zweiten Weltkrieges wurden Millionen von Kulturgütern entwendet und an andere Standorte verbracht. Gerade die nationalsozialistischen Besatzer raubten systematisch Kunstgegenstände vor allem in den mittel- und osteuropäischen Ländern und rissen viele Sammlungen auseinander. Zahlreiche Kunstschätze wurden zerstört. Dagegen geht es hier im Kern um die Rückgabe deutschen Kulturgutes , das nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion und in andere osteuropäische Staaten verlagert wurde. Dem Kunstraub unter dem Nationalsozialismus folgten die Aktivitäten der sowjetischen Trophäenkommissionen oder einzelner alliierter Soldaten. Weiterhin führte die Veränderung der Nachkriegsgrenzen dazu, dass viele zum Schutz vor Kriegseinwirkungen ausgelagerte Kulturgüter sich nun auf ausländischem Territorium befanden. Bei Kulturgüterrückführung geht es um die Rückgabe oder Wiedererlangung solcher Kulturgüter, die im Zweiten Weltkrieg widerrechtlich aus einem in ein anderes Land gelangt sind. Der Begriff der Kulturgüterrückführung erfasst aber auch die Rückgabe sonst widerrechtlich ins Ausland gebrachter Kulturgüter (Antikenraub , Kunstschmuggel). Auch Rückgaben rechtmäßig erlangter Kulturgüter aus kulturpolitischen Erwägungen im Rahmen von Schenkungen an das ursprüngliche Herkunftsland können unter den Begriff der Kulturgüterrückführung gefasst werden. 2. Die Rückführung kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter Kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter – auch als Beutekunst bezeichnet – sind Kulturgüter, die sich jemand in einem Krieg oder kriegsähnlichen Zustand widerrechtlich (entgegen Art. 56 der Haager Landkriegsordnung1) aneignet (Kunstraub).2 Beutekunst im Zweiten Weltkrieg umfasst zum einen das Thema des Raubs an Kulturgütern durch deutsche Stellen in den besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkriegs, und zum anderen den Kulturgutraub nach Kriegsende durch die alliierten Besatzungsmächte. Beutekunst ist ein kulturelles Phänomen, das es als Folge von Kriegen seit jeher gegeben hat. Dies geschieht gewöhnlich, um den Gegner zu demütigen, sich selbst, die eigene Partei oder den eigenen Staat zu bereichern. Oftmals ist der Kunstraub auch Ausdruck staatlicher Ideologie. Es geht dabei einerseits um die Restitution der Kulturgüter (dazu gehören auch Kirchenglocken), die während des Zweiten Weltkrieges aus den betroffenen Staaten geraubt und widerrechtlich nach Deutschland verbracht wurden. Der überwiegende Teil dieser Güter wurde bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit über so genannte Collecting Points in die Ursprungsstaaten zurückgebracht, ferner leistete die Bundesrepublik Deutschland 1 Vgl. dazu http://www.admin.ch/ch/d/sr/i5/0.515.111.de.pdf [Stand 28.10.10]. 2 Abzugrenzen ist hiervon der Begriff der Raubkunst: Unter Raubkunst versteht man ausschließlich Kulturverluste , die dadurch entstanden sind, dass das NS-Regime Sammler – also Privatpersonen – verfolgt, erpresst, ihres Besitzes beraubt und in vielen Fällen ermordet hat (O DENDAHL und WEBER 2010; GORNIG 2007). Wissenschaftliche Dienste Sachstand Seite 5 WD 10 - 3000 - 129/10 Entschädigungen nach dem Bundesrückerstattungsgesetz.3 Faktisch werden somit heute in Deutschland nur noch wenige Einzelstücke aufgefunden. Bei Kulturgüterrückführung geht es um die Rückgabe oder Wiedererlangung solcher Kulturgüter, die im Zweiten Weltkrieg widerrechtlich aus einem in ein anderes Land gelangt sind. Der Begriff der Kulturgüterrückführung erfasst aber auch die Rückgabe sonst widerrechtlich ins Ausland gebrachter Kulturgüter (Antikenraub, Kunstschmuggel). Auch Rückgaben rechtmäßig erlangter Kulturgüter aus kulturpolitischen Erwägungen im Rahmen von Schenkungen an das ursprüngliche Herkunftsland können unter den Begriff der Kulturgüterrückführung gefasst werden.4 Umgekehrt geht es auch um die Rückführung kriegsbedingt aus Deutschland verlagerter oder entwendeter Kulturgüter ein. Dies betrifft zum einen Kulturgüter, die zum Schutz vor Bombardierungen während des 2. Weltkriegs in Gebiete ausgelagert wurden, die nach Kriegsende anderen Staaten zufielen (Sowjetunion/Russland, Polen). Zum anderen handelt es sich um die Beschlagnahmeaktionen sowjetischer Stellen in ihrer Besatzungszone während und nach dem Krieg, die nicht vom Völkerrecht gedeckt sind („Beutekunst“). Nach Auflösung der Sowjetunion haben erfolgreiche Verhandlungen mit einigen Nachfolgestaaten (Armenien, Aserbaidschan, Georgien , Ukraine) stattgefunden. Schwieriger sind die Verhandlungen mit Russland.5 Hier sind etwa in Bezug auf die deutsch-russischen Verhandlungen auf der politischen Ebene Arbeitsgruppen eingerichtet worden. Daneben sind mit dem deutsch-russischen Museumsdialog und Kooperationsprojekten wie der Merowinger-Ausstellung 2007 wichtige Akzente auf der nationalen und internationalen Fachebene gesetzt worden. Hinzu kommen die Deutsch-Russischen Kulturbegegnungen , die dabei helfen sollen, in der Frage der Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter (Beutekunst) zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen.6 3 Der Begriff "Kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter" bezieht sich heute vor allem auf die deutschen Kunst- und Kulturgüter, die nach Ende des Krieges insbesondere von der sowjetischen Armee abtransportiert wurden und bis heute nicht zurückgegeben worden sind. Diese Zugriffe nach dem 8. Mai 1945 waren auch eine Reaktion auf die massiven Zerstörungen und Mitnahmen von Kunst- und Kulturgütern durch die Wehrmacht während ihres Angriffskrieges gegen die Sowjetunion. Entsprechende Beutezüge hat es in der Geschichte wiederholt gegeben, beispielhaft sind die Napoleonischen Kunstraubzüge zu nennen, und dennoch erreichte dieses Phänomen in der NS-Zeit eine bisher nicht gekannte Dimension (P ARZINGER 2009). 4 Grundprinzip ist dabei, dass Beutekunst, an ihre ursprünglich Berechtigten restituiert werden muss. Dabei genügt nicht die finanzielle Kompensation des ursprünglichen Kulturgutträgers als Ausgleich für seinen Verlust. Vielmehr kann nur die Inbesitzstellung des berechtigten Kulturgutträgers das Rechtswidrigkeitsverdikt des Entziehungsaktes – auch nach Ablauf einer längeren Zeitspanne – kompensieren. Vgl. dazu ausführlich A NTON (2010: 273ff.) sowie die verschiedenen Beiträge in einem Überblicksband DER KOORDINIERUNGSSTELLE FÜR KUL- TURGUTVERLUSTE (2007b). 5 So stellt etwa im Hinblick auf Russland die deutsche Seite auf die Haager Landkriegsordnung von 1907 bzw. die deutsch-russischen Vereinbarungen von 1990 und 1992 ab und fordert die Herausgabe der Kulturgüter, während Russland auf sein "Beutekunst-Gesetz" von 1998 hinweist, wonach die Objekte zu russischem Staatseigentum erklärt wurden (FRANZ 2007). 6 Die Bundesregierung unterstützt die von der Beutekunst betroffenen Museen, Archive und Bibliotheken beim Aufbau und Ausbau ihrer Beziehungen zu Russland. Vgl. dazu die Informationen unter http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Bundesregierung/BeauftragterfuerKulturundMedien/Kulturpoli tik/Rueckfuehrung/RueckfuehrungvonKulturguetern/rueckfuehrung-von-kulturguetern.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand Seite 6 WD 10 - 3000 - 129/10 Der überwiegende Teil der durch deutsche Stellen entwendeten oder widerrechtlich nach Deutschland verbrachten Kulturgüter wurde in der unmittelbaren Nachkriegszeit über alliierte Stellen (collecting points) zurückgeführt.7 Insgesamt befinden sich heute in Deutschland nur noch selten von deutscher Seite „erbeutete“ Kulturgüter. In gemeinsamen Konsultationen mit Russland, der Ukraine, Polen und anderen Ländern bemüht sich die Bundesregierung darum, die Folgen des Krieges auch in diesem Bereich zu überwinden. Die Bundesregierung und die Länder führen auf der Grundlage des allgemeinen Völkerrechts und vertraglicher Vereinbarungen zwischenstaatliche bilaterale Verhandlungen zur Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter . Innerhalb der Bundesregierung sind für die Verhandlungsführung das Auswärtige Amt, für die inhaltliche Vorbereitung und die Abstimmung mit den Ländern der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) zuständig. Auch die Federführung für die Verhandlungen über die Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter mit der Russischen Föderation liegt beim Beauftragten für Kultur und Medien. Parallel zu den Verhandlungen auf Regierungsebene wurde unter den Ländern als von Kulturgutverlusten Hauptbetroffenen die Notwendigkeit gezielter Recherche, Transparenz und Dokumentation erkannt.8 Um das Wissen über diese Kulturgutverluste zu dokumentieren, die Verluste der deutschen Institutionen zu erfassen und somit eine Grundlage für die Suche und Rückführung dieser Kulturgüter zu schaffen, gründeten die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen 1994 in Bremen die Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern . Seit 1998 beteiligen sich alle 16 Länder an der Koordinierungsstelle. Sie hat seitdem ihren Sitz beim Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg.9 7 Mehr als 500000 Objekte kehrten auf diese Weise zwischen 1945 und 1949 sowie 1952/53 nach Russland zurück . Umfangreiche Nachforschungen nach russischen Beständen gab es nach der Wiedervereinigung ab 1990. Die wenigen entdeckten Einzelstücke sind umgehend an die Russische Föderation zurückgegeben worden. Der größte Teil der heute von Russland vermissten Kunst- und Kulturgüter ist jedoch durch Zerstörung unwiederbringlich verloren gegangen (PARZINGER 2009). 8 Jedoch waren Kirchenglocken bisher kein Gegenstand der Rückführungsverhandlungen. Der Grund liegt wesentlich darin, dass sich die Kirchen außerhalb der politischen Rückführungsgespräche direkt verständigt haben und auf diesem Weg der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Rückführung der Kulturgüter nachkamen. Allerdings gab es in vereinzelten Fällen Vereinbarungen, wonach die Kulturgüter – bei denen das Eigentumstitel nicht eindeutig dem Alteigentümer zugeordnet werden konnte – aufgrund einer Vereinbarung zwischen der deutschen und der polnischen Kirchengemeinde als Dauerleihgabe an den ursprünglichen Ort in Politik zurückgebracht werden konnte. 9 Die Dokumentation und damit verbundenen Recherchen der heutigen Koordinierungsstelle Magdeburg dienen u.a. dem Ziel, national und international Transparenz herzustellen, Betroffene zu ermitteln, Ansprüche zu wahren oder geltend zu machen und zugleich die politische Ebene bei der Rückgabe vermisster Kulturgüter fachlich zu unterstützen. Weitere Informationen hierzu finden sich auf der "Lost Art Internet Database", abrufbar unter http://www.lostart.de. Jedoch ist die Recherchemöglichkeit zur kriegsbedingt verbrachten und verlagerten Kulturgütern („Beutekunst“) noch im Aufbau. Vgl. dazu www.lostart.de/Webs/DE/Provenienz/Beutekunst.html [Stand 28.10.10]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand Seite 7 WD 10 - 3000 - 129/10 3. Das Beispiel der Kirchenglocken Zu den kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern gehören auch Kirchenglocken, die von deutschen Stellen in den besetzten Gebieten geraubt oder beschlagnahmt worden sind. Ein besonderer Fall stellt sich mit dem Hamburger „Glockenfriedhof“, auch Glockenlager genannt, der während der Zeit des Nationalsozialismus in Hamburg eingerichtet wurde. Es handelte sich um ein großes Gelände in der Nähe des Hamburger Hafens, das zur Zwischenlagerung von Kirchenglocken aus dem gesamten Deutschen Reich und den damals besetzten Gebieten diente. Zwischen 1939 und 1945 wurden zahlreiche, zum Teil auch berühmte Glocken und Bronzedenkmäler eingeschmolzen und gingen damit für immer verloren. Nach Kriegsende lagerten auf dem Glockenfriedhof Hamburg sowie weiteren in Harburg, Oranienburg, Hettstett (Mansfelder Kupferschieferbergbau AG), Ilsenburg und Lünen (Hüttenwerke Kayser AG) noch rund 13 500 seit 1940 zur Verhüttung beschlagnahmte aber nicht eingeschmolzene Bronzeglocken. Nach aufwändigen, teilweise Jahre dauernden Identifizierungsmaßnahmen des Ausschusses für die Rückführung der Glocken wurden die meisten dieser Glocken Anfang der fünfziger Jahre wieder an ihre Heimatgemeinden zurückgegeben .10 Gleichzeitig wurden Glocken aus Kirchen in den für Deutschland verlorenen Ostgebieten Anfang der 1950er-Jahre an Kirchen in Westdeutschland verteilt.11 So befinden sich in westdeutschen Kirchen etwa 120 Glocken aus dem ehemaligen Ostpreußen. Vier gerettete Glocken aus Ostpreußen befinden sich als Leihgabe12 im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg, eine weitere ostpreußische Glocke klingt bis heute in der Kirche St. Martin in Augsburg-Oberhausen.13 Hinzu kommen die Glocken der Petri-Kirche in Lübeck. Die beiden vor dem Hauptportal stehenden Glocken14 gehörten ursprünglich Danziger Kirchen und waren im Zweiten Weltkrieg zur Rohstoffgewinnung auf den Hamburger Glockenfriedhof gekommen. Diese Glocken sind dem Einschmelzen entgangen. Nach 1945 wurden sie (wie auch die Glocken des Glockenspiels der Marienkirche und die Paramente der Danziger Marienkirche, die heute im St. Annen-Museum zu sehen sind) nach Lübeck gebracht, weil hier viele Flüchtlinge aus Danzig eine neue Heimat gefunden hatten. Die zuletzt diskutierte Rückführung scheiterte bislang nicht an der Haltung Lübecker Gremien, sondern an einer ausstehenden grundsätzlichen Einigung der Union Evangelischer Kirchen in Berlin mit den zuständigen Stellen in Polen. Die Union ist Rechtsnachfolgerin der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union durch Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 22. September 1970 für alle Vermögensangelegenheiten ehemaliger preußischer evangelischer Kirchengemeinden östlich der polnisch-deutschen Staatsgrenze für 10 Vgl. dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Glockenfriedhof [Stand 28.10.10]. 11 Der Ausschuss für die Rückführung der Glocken (kurz ARG) war eine Einrichtung zur Erfassung und Rückgabe der unter dem Nationalsozialismus zu Kriegszwecken beschlagnahmten deutschen Kirchenglocken. Der Ausschuss übernahm die Verhandlungen mit den alliierten Militärbehörden und den zuständigen Stellen der Landeskirchen und Diözesen. Bis 1953 wurden sämtliche Glockenlager geräumt und die Glocken soweit noch feststellbar an die früheren Gemeinden zurückgegeben (M AHRENHOLZ 1952). 12 Vgl. zu den rechtlichen Problemen hinsichtlich Besitz und Eigentum der ins Ausland verbrachten Kulturgüter die im Konferenzband der KOORDINIERUNGSSTELLE FÜR KULTURGUTVERLUSTE (2007a). 13 Vgl. dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Glockenfriedhof [Stand 28.10.10]. 14 Die Glocken stammen von Gerdt Benningk, einem Stück- und Glockengießer, der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Danzig tätig war. Vgl. dazu http://de.wikipedia.org/wiki/GerdtBenningk [Stand 28.10.10]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand Seite 8 WD 10 - 3000 - 129/10 zuständig erklärt worden, soweit es sich um bewegliche Vermögensstücke handelt, die sich nach dem 8. Mai 1945 auf deutschem Staatsgebiet befanden.15 Ein positives Beispiel ist die Rückführung der Glocke von Staraja Russa (Russland), die 1943 von deutschen Truppen – unter Verletzung auch des damals bestehendes Völkerrecht – beschlagnahmt wurde und dann nach Lübeck (wo die Glocke im Jahr 1672 gegossen wurde) verbracht wurde. Die Glocke wurde nicht in das städtische Glockenregister eingetragen und inventarisiert . Daraus folgte, dass sie durch die Wirren der Kriegs- und Nachkriegszeit in Vergessenheit geriet. Auch ist die Umsetzung der Glocke vom Heiligen-Geist-Hospital in die städtische Katharinenkirche nie dokumentiert worden. Aufgrund von eher zufälligen Kontakten zwischen einer Heimatforscherin aus Staraja Russa und einem deutschen Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg konnte die Herkunft der Glocke offengelegt werden. Nach ersten Kontakten zwischen der Verwaltung der Stadt Staraja Russa und der Stadt Lübeck erfolgten im Jahr 2000 die vorbereitenden Abstimmungen mit den erforderlichen Institutionen und Einrichtungen für die Rückgabe der Glocke. Aus Sicht der Bundesregierung war die Rückgabe der Glocke ein Beispiel für die Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Rückführung kriegsbedingt verschleppter Kulturgüter.16 15 Betont wurde insbesondere, dass keine Verhandlungen der unmittelbar Betroffenen stattfinden sollen, bevor nicht die Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten zu grundsätzlichen Ergebnissen geführt haben. Vgl. dazu http://www.initiativefortbildung.de/pdf/provenienz2004/walter.pdf [Stand 28.10.10]. 16 Vgl. dazu die Informationen unter http://www.initiativefortbildung.de/pdf/provenienz2004/walter.pdf [Stand 28.10.10]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand Seite 9 WD 10 - 3000 - 129/10 4. Literatur ANTON, Michael (2010): Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht. Berlin: de Gruyter. FRANZ, Michael (2007): „Folgen des Zweiten Weltkriegs für Kunst- und Kulturgüter.“ Aus Politik und Zeitgeschichte, 49 (2007), S. 27-32. GORNIG, Gilbert-Hanno (Hrsg.) (2007): Kulturgüterschutz. Internationale und nationale Aspekte . Berlin: Duncker & Humblot. KOORDINIERUNGSSTELLE FÜR KULTURGUTVERLUSTE (Hrsg.) (2007a): Im Labyrinth des Rechts? Wege zum Kulturgüterschutz. Eine Konferenz des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bonn, 9. bis 10. Oktober 2006. Magdeburg: Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste. KOORDINIERUNGSSTELLE FÜR KULTURGUTVERLUSTE (Hrsg.) (2007b): Kulturgüter im Zweiten Weltkrieg . Verlagerung - Auffindung - Rückführung. Magdeburg: Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste . MAHRENHOLZ, Christhard (1952): Das Schicksal der deutschen Kirchenglocken. Denkschrift über den Glockenverlust im Kriege und die Heimkehr der geretteten Kirchenglocken. Hannover: Ausschuss f. d. Rückführung d. Glocken. ODENDAHL, Kerstin; WEBER, Peter Johannes (Hrsg.) (2010): Kulturgüterschutz - Kunstrecht - Kulturrecht : Festschrift für Kurt Siehr zum 75. Geburtstag aus dem Kreise des Doktoranden- und Habilitandenseminars "Kunst und Recht". Baden-Baden: Nomos. PARZINGER, Hermann (2009): „Folgen des Zweiten Weltkriegs für Kunst- und Kulturgüter.“ Aus Politik und Zeitgeschichte, 36-37 (2009), S. 39-46.