Deutscher Bundestag Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft Herausforderungen und Chancen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 10 - 3000 - 111/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 2 Urheberrecht in der digitalen Gesellschaft Herausforderungen und Chancen Verfasserin: Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 111/10 Abschluss der Arbeit: 07. 12. 2010 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 3 1. Einleitung: Herausforderungen an das Urheberrecht durch Internet und Digitalisierung 5 2. Grundstrukturen des geltenden Urheberrechts 7 2.1. Gegenstand des Urheberrechts 7 2.2. Begründung und Legitimation des Urheberrechts 7 2.3. Rechtsnatur 9 2.4. Verfassungsmäßiger Rahmen 10 2.4.1. Persönlichkeitsrecht 11 2.4.2. Eigentumsgarantie 11 2.4.2.1. Der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums 11 2.4.2.2. Die Schranken des Eigentums 12 2.4.3. Art. 5 GG 13 2.5. Schrankenbestimmungen 13 2.5.1. Interesse der Öffentlichkeit 14 2.5.2. Kommunikationsfreiheit 15 2.5.3. Schul-, Bildungs- und soziale Zwecke 15 2.5.4. Individualinteressen 16 3. Neue Ansätze zur Inhaltsbestimmung und Neujustierung des Interessenausgleichs 16 4. Befristung des Urheberrechts 19 4.1. Schutzdauer 19 4.2. Rechtfertigung der Befristung 20 4.3. Ansätze für eine Verkürzung der Schutzdauer 20 4.3.1. Vorschlag von Hansen 21 4.3.2. Vorschlag von Kreutzer 21 5. Regelungsdichte - Offenheit für neue Nutzungsformen 22 5.1. Auf Seiten der Urheber 22 5.2. Auf Seiten der Nutzer 22 6. Verwertung - Lizenzierung des Urheberrechts 23 6.1. Private Lizenzverträge im Bereich digitaler Informationsgüter/Total Buy-out, angemessene Vergütung 24 6.1.1. Urhebervertragsrecht 24 6.1.2. Buy-out Verträge 24 6.1.3. Buy-out Verträge und Zweckübertragungstheorie 25 6.1.4. Buy-out Verträge und angemessene Vergütung 26 6.1.5. Rechteübertragung für noch unbekannte Nutzungsarten 27 6.2. Offene Lizenzen - Creative Commons 28 6.3. Open Access Verwertungsmodelle 30 6.3.1. Erklärung des Publikationsmodells Open Access 30 6.3.2. Das bisherige Publikationsmodell 30 6.3.3. Der Lösungsansatz von Open Access als Gegenmodell 31 6.3.4. Pro und Contra 32 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 4 6.3.5. Vorschläge für eine gesetzliche Verankerung des Open Access Prinzips 33 6.3.6. Anbietungspflicht 33 6.3.7. Zweitveröffentlichungsrecht 34 7. Digital Rights Management 34 7.1. Digital Rights Management (DRM) 34 7.2. Möglichkeiten durch Digital Rights Management 35 7.3. Einschränkungen durch Digital Rights Management 37 7.4. Resümee 39 8. Auswirkungen der Digitalisierung von Musik für die Musikwirtschaft 39 8.1. Problemstellung: Herausforderung an die Musikindustrie 39 8.2. Begriffliche Klärung: Musikwirtschaft - Musikindustrie 40 8.3. Typische Nutzungsformen von Musik im Internet 40 8.3.1. Download-Angebote 40 8.3.2. Abonnement-Angebote 41 8.3.3. Tauschbörsen 41 8.3.4. Internetradio 42 8.4. Konjunkturfaktoren 42 8.5. Zahlen zur Musikindustrie 44 8.5.1. Umsatz 44 8.5.2. Legale und illegale Musikkopien 45 8.5.3. Gesellschaftlicher Schaden illegaler Musikbeschaffung 46 8.5.4. Musikhandel übers Internet 46 8.5.5. Der deutsche Musikmarkt im internationalen Vergleich 47 8.6. Auswirkungen auf die Künstler 47 9. Literaturverzeichnis 48 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 5 1. Einleitung: Herausforderungen an das Urheberrecht durch Internet und Digitalisierung Das Urheberrecht hat in den vergangenen etwa zwanzig Jahren einen Bedeutungszuwachs erfahren wie kaum ein anderes Gebiet des Zivilrechts. Um seiner Aufgabe angesichts der tiefgreifenden technischen Veränderungen noch gerecht werden zu können, ist es seit dem Jahr 2003 mehrfach umfassend geändert worden. Im „analogen Zeitalter“ war das Urheberrecht für den einfachen Bürger von untergeordneter Bedeutung, denn die urheberrechtliche Vergütung war geregelt und der Konsum von urheberrechtlich geschützten Werken war damit über die verfügbaren Quellen frei. Das Lesen eines Buches ist im analogen Bereich ebenso wenig einem Verbotsrecht unterworden wie das Betrachten eines Filmes. Urheberrechte werden von den Verlagen und Verwertungsgesellschaften verwaltet und Vergütungen eingezogen: Die Nutzer wissen in der Regel nicht, dass sie nicht nur über die Preise der Bücher und Platten für angeschaffte Werke zahlen, sondern auch über die Abgaben, die für Erwerb und/oder Nutzung von Kopiergeräten aller Art erhoben werden.1 Der Bürger brauchte sich über die Wahrung von Rechten keine Gedanken zu machen. Durch das Aufkommen der Digitaltechnik und den verbreiteten Zugang zum Internet hat sich die Situation radikal geändert. Denn wenn dasselbe geschützte Werk mittels eines digitalen Datensatzes genutzt wird, liegen in den damit verbundenen Vervielfältigungshandlungen dem Urheber bzw. den Rechteinhabern vorbehaltene Nutzungen.2 Die Digitalisierung machte es möglich, Inhalte kostengünstig zu produzieren und über das Internet zu vertreiben. Viele Kreativschaffende und Wissenschaftler stellen ihre Werke frei ins Internet , um sie der Allgemeinheit ehrenamtlich zur Verfügung zu stellen oder nutzen neue Geschäftsmodelle zur urheberrechtlichen Abgeltung ihrer Arbeiten. Sie sind nicht mehr auf die Unterstützung etablierter Mediateure und Verwertungsgesellschaften angewiesen. Neue kommerzielle Anbieter vertreiben „stofflos“ bzw. „trägerlos“ äußerst erfolgreich und preiswert Kreativwerke wie beispielsweise Musikstücke über kostenpflichtige legale Downloadportale. Nun können allerdings auch urheberrechtlich geschützte Werke anderer praktisch kostenlos und ohne Qualitätsverlust mit wenigen Mausklicks illegal kopiert und über das Internet verbreitet werden. So entstanden Musiktauschbörsen, durch die geschützte Musik verbreitet und heruntergeladen werden kann. Sie wurden und werden in großem Umfang genutzt, häufig ohne dass den Nutzern die damit verbundene urheberrechtliche Problematik bewusst ist. Denn so einfach die Verarbeitungs- und Vermittlungstechnik zu handhaben ist, so kompliziert stellt sich diese in rechtlicher Hinsicht dar.3 Dies alles führt dazu, dass das Unrechtsbewusstsein bei Urheberrechtsverletzungen im Internet, insbesondere bei der jüngeren Generation der „Digital Natives“, gering ausgeprägt ist. Bemühungen der Inhaber um Wahrung ihrer Rechte sind im anonymen Internet wenig erfolgreich. Den erweiterten Möglichkeiten auf Seiten der Nutzer entspricht auf Seiten der Urheber und Rechteinhaber ein zunehmender Kontrollverlust. Diesem Kontrollverlust versuchen die Urheber und Rechteinhaber durch technische Schutzmechanismen (technical protection measures, TPM) zu begegnen, die ihre Inhalte gegen unerlaubten Zugang und unerlaubte Vervielfältigung schützen. Mit den §§ 95 a) und b) UrhG wurde ein Rechtsschutz gegen die unerlaubte Umgehung technischer Schutzmechanismen geschaffen. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz 1 Groß. Soziale Netzwerke und die Transformation des Urheberrechts. S. 203. 2 Vgl. Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 25. 3 Kreutzer. Das Spannungsfeld zwischen Wissen und Eigentum im neuen Urheberrecht S. 132. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 6 des sog. digitalen Rechtemanagements (digital rights management, DRM), individuelle Nutzungen automatisch und genau abzurechnen. Die Nutzer befürchten, dass hierdurch der Zugang zu geschützten Werken und Leistungen erschwert wird oder es zu einer Monopolisierung an sich freier Informationen kommt. Kritisiert wird, dass die Rechteinhaber zu defensiv auf eine Verteidigung des bestehenden Rechtszustandes fixiert seien, anstatt die Möglichkeiten des neuen Mediums für neue Geschäftsmodelle der Informationswirtschaft zu nutzen, wobei auf das Betriebssystem Linux und den Open-Source-Gedanken verwiesen wird.4 Der Gesetzgeber steht vor der schwierigen Aufgabe, das bestehende Urhebergesetz an die neuen Herausforderungen anzupassen. Dabei geht es nicht nur um die Anpassung der Gesetzesbegriffe, sondern auch um den angemessenen Schutz digitaler Schutzgegenstände und die adäquate rechtliche Behandlung neuer Formen der Werknutzung. Dabei schreitet die technische Entwicklung so rasch voran, dass Gesetzgebung und zunehmend auch Rechtsprechung kaum mehr Schritt halten können. Erschwert wird dadurch die vorausblickende Abschätzung der Folgen gesetzlichen Eingreifens wie auch der rückblickenden Evaluierung bestehender Gesetze. Da die Urheberrechtsgesetzgebung durch die Digitalisierung und das Internet heute für weitaus mehr gesellschaftliche Gruppen von Bedeutung ist, als im analogen Bereich ist die Konsensbildung erschwert, und es droht die Gefahr einer Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner ebenso wie der Verlust der Gesetzessystematik durch allzu problem- und interessenspezifische Regelungen.5 Trotz seines Bedeutungszuwachses erfährt das Urheberrecht in Teilen der Gesellschaft einen Akzeptanzverlust , der dazu führt, dass seine Legitimität in Frage gestellt wird. In der Wissenschaft wird daher von verschiedenen Autoren eine Neubegründung gefordert, die dem traditionell ganz auf die Belange des Werkschöpfers fokussierten Urheberrecht eine verstärkte gesellschaftliche Verantwortung und Offenheit auferlegt.6 Diese kritische Auseinandersetzung mit der Begründung des Urheberrechts fand jedoch in der Politik bislang kaum Resonanz. In ihrer Berliner Rede zum Urheberrecht bekräftigte die Bundesjustizministerin Leutheusser- Schnarrenberger vielmehr, dass der Kreative, der Werkschöpfer, im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen müsse.7 Diese Arbeit soll der Vorbereitung auf die Erörterung der Themen des 1. Abschnitts des Arbeitsprogramms der Projektgruppe Urheberrecht der Enquetekommission Internet und digitale Gesellschaft des Deutschen Bundestages8 dienen. 4 Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 25. 5 So Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 28. 6 Vgl. Lehmann. Die Krise des Urheberrechts in der digitalen Welt. S. 169. Becker. Das Urheberrecht vor einem 3. Korb: Ausgewählte Handlungsfelder. ZUM 2008, S. 363. Kreutzer. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept. S. 45ff. 7 Rede vom 14. Juni 2010, abrufbar unter http://www.bmj.bund.de/enid/0,33954a706d635f6964092d0936393139093a0979656172092d0932303130093a09 6d6f6e7468092d093036093a095f7472636964092d0936393139/Reden/Sabine_Leutheusser-Schnarrenberger _1mt.html 8 Arbeitsprogramm der Projektgruppe Urheberrecht (Stand: 06.09.2010). http://www.bundestag.de/internetenquete /Urheberrecht_Arbeitsprogramm/Arbeitsprogramm_Urheberrecht.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 7 2. Grundstrukturen des geltenden Urheberrechts 2.1. Gegenstand des Urheberrechts Das Urheberrecht ist das Recht zum Schutz der Urheber schöpferischer Werke auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Geschützt werden die Urheber nicht als Personen, sondern in Bezug auf ihre Werke (§ 1 UrhG). Voraussetzung des Schutzes ist, dass es sich bei den Werken um persönliche geistige Schöpfungen handelt (§ 2 Abs. 2 UrhG). Das Urheberrecht schützt den Urheber in seiner ideellen persönlichkeitsrechtlichen Beziehung zu seinem Werk wie auch seine wirtschaftlichen Interessen an einer Verwertung des Werkes (§ 11 UrhG). Neben den Urhebern sind auch Inhaber sog. verwandter Schutzrechte (bzw. Leistungsschutzrechte oder Nachbarrechte ) geschützt, die als ausübende Künstler interpretierend oder auf Grund ihrer kaufmännisch -organisatorischen Tätigkeit etwa als Tonträgerhersteller, Sendeunternehmen und Filmhersteller zum Kulturschaffen beitragen. Das Urheberrecht schützt nicht nur die Belange der individuellen Schöpfer gegenüber den Werkverwertern und gegenüber Dritten, sondern es regelt zugleich die Beziehung der Urheber und Rechteinhaber zu den Wettbewerbern und ist damit Teil des Wirtschaftsrechts. Auch das Allgemeininteresse, möglichst viele und möglichst schöpferische Werke und Leistungen zu erhalten, ist im Urheberrecht aufgehoben, ebenso wie das Interesse der Allgemeinheit an einem möglichst breiten Zugang zu den geschaffenen Werken und Leistungen.9 2.2. Begründung und Legitimation des Urheberrechts In der gegenwärtigen Diskussion um das Urheberrecht ist gelegentlich von einer „Legitimationskrise “ die Rede. Daher sollen hier zum besseren Verständnis der Problematik die bisherigen Gründe für das Urheberrecht dargestellt werden. Zur Begründung für den urheberrechtlichen Schutz werden vier Argumente vorgetragen, das philosophische, das wirtschaftliche, das kulturelle und das soziale Argument. Sie lauten: 1. Die geistige Schöpfung ist Ausdruck der Persönlichkeit ihres Urhebers und Ergebnis seiner geistigen Arbeit. Daher soll der Urheber über das Was und Wie ihrer Veröffentlichung entscheiden und die wirtschaftlichen Früchte ihrer Verwertung erlangen (nach der Arbeitstheorie von John Locke). 2. Für die Schaffung und Verbreitung geistiger Güter sind Investitionen erforderlich . Will man ein lebendiges Kulturleben, muss die Rentabilität dieser Investitionen gesichert sein (Amortisationsprinzip). 3. Durch die schöpferische Tätigkeit wird ein Beitrag zur Kulturentwicklung geleistet. Daher muss die Tätigkeit gefördert und belohnt werden (Vergütungs- oder Alimentationsprinzip). 4. Die Nutzung geistiger Schöpfungen verbindet die Menschen in der Gesellschaft über die Schranken von Rassen, Klassen, Generationen usw. hinweg. Die Schöpfer von Werken erbringen daher einen öffentlichen 9 So Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 8 Dienst, denn sie tragen zur Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenlebens bei. Für die Erfüllung dieser öffentlichen Aufgabe sind sie zu entlohnen.10 Die beiden heutigen Urheberrechtssysteme in Europa, nämlich das kontinental-europäische Droit d´ Auteur-System und das angloamerikanische Copyright-System, haben sich aus der unterschiedlichen Betonung dieser Argumente entwickelt.11 Das Droit d´ Auteur-System, auf dem auch das deutsche Urhebergesetz beruht, geht von einer naturrechtlichen Begründung des Urheberrechts aus. Es beruht auf der Idee vom geistigen Eigentum , das originär nur in der Person seines Schöpfers entstehen kann. Es wird als Naturgegebenheit und Menschenrecht verstanden, das durch die Gesetzgebung lediglich seine Anerkennung und Ausgestaltung findet. Demgegenüber sind die Befugnisse des Urhebers im anglo-amerikanischen Copyright -Rechtsystem nicht vorstaatliche Grundsätze, sondern vom Staat zur Verfolgung bestimmter wünschenswerter Ziele verliehene Rechte. Dem Urheberrecht kommt danach in erster Linie die Funktion zu, dem Allgemeininteresse am wirtschaftlichen, geistigen und kulturellen Fortschritt zu dienen. Nach diesem die wirtschaftlichen Aspekte betonenden, utilitaristischen Begründungsmuster soll durch Verleihung von Ausschließlichkeitsrechten dem Urheber ein Anreiz gegeben werden, zum Wohle der Allgemeinheit schöpferisch tätig zu werden.12,13 Die unterschiedlichen Begründungsansätze implizieren jedoch keine Position in der Auseinandersetzung um die Stärke des urheberechtlichen Schutzes oder seiner Beschränkung. Vielmehr finden sich Befürworter starker und möglichst umfassender Ausschließlichkeitsrechte sowohl unter denjenigen, die sich auf den naturrechtlichen Schutz des Urhebers berufen, wie auch unter denen, die das Urheberrecht rein utilitaristisch als ein Instrument der Wohlfahrtssteigerung sehen . Und umgekehrt finden sich Befürworter einer mehr oder minder weitgehenden Beschränkung des Urheberrechts sowohl unter denen, die mit kulturellen, außerökonomischen Erwägungen argumentieren, wie unter denjenigen, die einen Rückschnitt urheberrechtlicher Befugnisse mit rein ökonomischen Effizienzerwägungen zu begründen suchen.14Auch wenn das Urheberrecht als solches ökonomisch sinnvoll ist, so lässt sich die Frage, welches Maß an urheberrechtlichem Schutz aus ökonomischer Sicht optimal ist, nicht eindeutig beantworten.15 Dies bezieht 10 Vgl. Rehbinder. Urheberrecht, Rdn. 86. 11 Rehbinder Urheberrecht, Rdn. 87. 12 Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 10. Wandtke, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. Einl. Rdn. 25. 13 Umfassend zum Ganzen Stallberg. Urheberrecht und moralische Rechtfertigung. 14 So Dreier/Nolte. Einführung in das Urheberrecht S. 55 f. 15 Dreier/Nolte. . Einführung in das Urheberrecht S. 55. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 9 sich auch auf die Dauer des Urheberrechtsschutzes. So werden in der wissenschaftlichen Diskussion auch wesentlich kürzere Schutzfristen erörtert, als die derzeit geltenden.16 2.3. Rechtsnatur Das Urheberrecht ist Teil des Rechts des geistigen Eigentums- oder auch Immaterialgüterrechts, also des Rechts an unkörperlichen – „immateriellen“ – Werken. Hierzu gehören auch das Patentrecht , das Markenrecht, das Gebrauchsmusterrecht und weitere gewerbliche Schutzrechte. Im Unterschied zu diesen so genannten Registerrechten, deren Schutz eine Anmeldung und Eintragung bei der zuständigen Registerbehörde voraussetzt, entsteht das Urheberrecht in der Person des Schöpfers unmittelbar durch die Werkschöpfung.17Aufgrund der persönlichkeitsrechtlichen Prägung unseres Urheberrechts ist das Urheberrecht auch, anders als andere Immaterialgüterrechte , zu Lebzeiten des Urhebers nicht übertragbar.18 Zu unterscheiden ist zwischen dem immateriellen Schutzgegenstand und dessen materieller Verkörperung. Das Urheberrecht schützt allein das immaterielle Gut (den Text; das Bild; die Musik ), wie es in einem zumeist materiellen Träger oder Werkexemplar verkörpert ist (im Buch; in den Musiknoten, einer Aufführung oder CD). Beide Rechtsobjekte sind voneinander unabhängig und die Rechtsinhaberschaft fällt demensprechen oft auch auseinander. Wer ein Buch erwirbt, erwirbt damit Eigentum nach § 903 BGB an Papier, Einband, Druckerschwärze und Leim - also an der materiellen Verkörperung des Werkes in diesem Buchexemplar. Die immateriellen (Urheber -) Rechte am geschützten Schriftwerk hingegen erwirbt der Käufer eines Buches damit in der Regel nicht, denn dazu bedürfte es einer gesonderten Rechteinräumung. Das wird in der Praxis oft übersehen und führt – da ein gutgläubiger Erwerb urheberrechtlicher Berechtigungen anders als im Sachenrecht ausgeschlossen ist – oft zu Haftungsfällen.19 Das Urheberrecht wirkt absolut, d.h. es wirkt gegen jedermann. Daher stehen den Urhebern neben dem durch das Urhebergesetz gewährten Rechtsschutz ergänzend auch die nach BGB bei absoluten Rechten bestehenden Ansprüche zu, nämlich der Schadensersatzanspruch nach § 823 BGB und der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch analog § 1004 BGB.20 Das Urheberrecht erfasst als Teil des Immaterialgüterrechts sowohl die persönlichkeitsrechtlichen (ideellen) als auch die vermögensrechtlichen (materiellen) Interessen der Urheber, die in enger Beziehung zueinander stehen (vgl. § 11 UrhG; sog. monistische Theorie21). Der Wahrung 16 So Pollock. Forever Minus a Day? Calculating Optimal Copyright Term., der eine Größenordnung von 15 Jahren als optimal vorstellt. Vgl. zum Ganzen unter Gliederungspunkt 4.3. 17 Dreier/Nolte. Einführung in das Urheberrecht S. 43 f. Kritisch zum Begriff „geistiges Eigentum“ im Urheberrecht Rehbinder. Urheberrecht, Rdn. 97. 18 Wandtke, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. Einl. Rdn. 6. 19 So Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 7. 20 Vgl. Rehbinder. Urheberrecht, Rdn. 91. 21 Wandtke, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. Einl. Rdn. 5 f; § 11 Rdn. 1 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 10 des Urheberpersönlichkeitsrechts dienen das Veröffentlichungsrecht, das Recht auf Namensnennung und das Recht auf Werkintegrität sowie eine Reihe weiterer persönlichkeitsrechtlich geprägter Befugnisse. Zum Schutz der Verwertungsinteressen gewährt das Urhebergesetz ausschließliche Verwertungsrechte, die es dem Urheber vorbehalten, das geschützte Werk unter Ausschluss Dritter zu nutzen und Dritte von der Nutzung auszuschließen. Beschränkungen finden sich in den sog. Schrankenbestimmungen zum Schutz der Interessen der Allgemeinheit. Im Unterschied zum Sacheigentum ist der urheberrechtliche Schutz jedoch zeitlich begrenzt (§§ 64 ff UrhG: 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.) Auf Grund der Einheit persönlichkeits- und verwertungsrechtlicher Befugnisse ist das Urheberrecht selbst weder als solches noch in Teilen veräußerlich. Der Urheber kann sein Werk entweder selbst unter Ausschluss Dritter nutzen, oder aber Dritten an seinem Werk Nutzungsrechte einräumen , die von diesen ggf. auch weiterübertragen werden können. Nutzungsrechte können ausschließlich oder nicht ausschließlich eingeräumt werden und die Einräumung kann zeitlich, inhaltlich und räumlich beschränkt sein (§ 31 UrhG). Erteilt der Urheber Dritten eine Lizenz zur Nutzung (Vgl. § 11 Satz 2 UrhG) dienen seine Ausschließlichkeitsrechte nicht allein unmittelbar der Kontrolle über die Werkverwertung, sondern mittelbar der Erzielung von Erlösen durch die Werkverwertung.22 Als immaterielle Güter weisen die urheberrechtlichen Schutzgegenstände körperlichen Gegenständen gegenüber Besonderheiten auf, denn sie können gleichzeitig an mehreren Orten genutzt werden (sie sind ubiquitär), ohne dass sich die einzelnen Nutzungen gegenseitig ausschließen. Anders als beispielsweise bei einem Apfel, den immer nur einer essen kann, können immaterielle Güter gleichzeitig überall zugänglich sein und ihre Nutzung durch einen Akteur beschränkt nicht die Nutzung des anderen.23Daher handelt es sich um „öffentliche Güter“, wie die Ökonomen sagen. Niemand kann sich diese öffentlichen Güter allein aneignen und sie lassen sich in der Regel auch nicht auf einem Markt verwerten. Daher bedarf es der Herstellung ausschließlicher Nutzungsmöglichkeit, (die zunächst faktisch nicht besteht,) zumindest mit rechtlichen Mitteln um Anreize zur Investition in die Schaffung und Verbreitung immaterieller Güter zu geben.24 2.4. Verfassungsmäßiger Rahmen Das Grundgesetz schützt den geistig Schaffenden durch Art. 1, 2, 5 und 14 GG. Nach dem Grundsatz der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten sind diese Grundrechtsartikel bei der Auslegung und Anwendung der urheberrechtlichen Bestimmungen zu beachten.25 22 Wandtke, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. Einl. Rdn. 4. 23 So das Beispiel bei Dreier/Nolte. Einführung in das Urheberrecht S. 44. 24 Dreier/Nolte. Einführung in das Urheberrecht S. 44. Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 14. 25 Rehbinder. Urheberrecht, Rdn. 135. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 11 2.4.1. Persönlichkeitsrecht Das Urheberpersönlichkeitsrecht wird durch Art. 1 und Art. 2 GG garantiert. Während der Schutz der Menschenwürde durch Art. 1 GG absolut gilt findet die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte freie Entfaltung der Persönlichkeit ihre Grenzen in den Rechten anderer, der verfassungsmäßigen Ordnung und dem Sittengesetz. Eine staatliche Zwangsmaßnahme, durch die die Menschenwürde des Urhebers verletzt und dadurch in den Wesensgehalt des Urheberpersönlichkeitsrechts eingegriffen würde, ist danach überhaupt unzulässig. Andere Einschränkungen persönlicher Interessen sind dagegen erlaubt, soweit sie sich an die verfassungsmäßige Ordnung halten .26 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Interessen des Urhebers, und zwar – im Gegensatz zum Urheberpersönlichkeitsrecht – unabhängig von einem bestimmten Werk. Geschützt sind danach die Freiheit des Schaffens gegen rechtswidrige Beeinträchtigungen und Bindungen sowie die Urheberehre, unabhängig von einem bestimmten Werk. Bei Lücken des urhebergesetzlichen Schutzes kann das allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzend herangezogen werden.27,28 Das Urheberpersönlichkeitsrecht umfasst das Recht des Urhebers zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist (§ 12 UrhG), das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft (§ 13 UrhG) und das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten , die geeignet sind, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden (§ 14 UrhG). 2.4.2. Eigentumsgarantie Das Urheberrecht fällt mit seinen vermögenswerten Befugnissen, den Verwertungsechten der §§ 16 ff UrhG, unter den Schutz der Eigentumsgarantie der Verfassung (Art. 14 GG).29 2.4.2.1. Der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums Die Eigentumsgarantie in Art. 14 GG schützt gegen eine Enteignung. Eine Enteignung ist die vollständige oder teilweise Entziehung verfassungsrechtlich als Eigentum geschützter Rechtspositionen durch Gesetz oder Verwaltungsakt im öffentlichen Interesse.30Eine solche Enteignung ist durch Art. 14 Abs. 3 GG an besondere Voraussetzungen gebunden. Darüber hinaus schützt Art. 26 Rehbinder. Urheberrecht, Rdn. 136. 27 Vgl. zum Ganzen Rehbinder. Urheberrecht, Rdn. 137. 28 Zum Konflikt zwischen Urheberrecht und Allgemeinem Persönlichkeitsrecht anderer Wandtke, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. Einl. Rdn. 34. 29 BVerfGE 49, 382 (Kirchenmusik). 30 BVerfGE 58, 300, 331 (Naßauskiesung). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 12 14 GG gegen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums, die dem Betroffenen wesentlich mehr abverlangen als der Allgemeinheit und deshalb nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nur gegen Entschädigungsansprüche zulässig sind.31 2.4.2.2. Die Schranken des Eigentums Aufgrund der für alle vermögenswerten Rechte geltenden Sozialbindung des Eigentums ist auch das Urheberrecht im Interesse Dritter und der Allgemeinheit begrenzt (Art. 14 Abs. 2 GG). Dem Gesetzgeber obliegt bei der Erfüllung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrags, Inhalt und Schranken des Urheberrechts zu bestimmen, die Aufgabe, nicht nur die Individualbelange des Urhebers zu sichern, sondern auch für die individuellen Berechtigungen und Befugnisse die im Interesse des Gemeinwohls erforderlichen Grenzen zu ziehen. Er muss den verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf eine angemessene Nutzung der schöpferischen Leistung und die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen.32 Dabei hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Entscheidungsraum .33 Eingriffe in das Verwertungsrecht des Urhebers können jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur durch ein gesteigertes öffentliches Interesse gerechtfertigt werden, dem bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Vorrang vor den urheberrechtlichen Interessen gebührt.34 Die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie führt nicht zu einem absoluten Bestandsschutz des einmal erreichten Umfangs des gesetzlichen Schutzes. Allerdings verbietet das Verbot der Rückwirkung dem Gesetzgeber durch eine Neuregelung in subjektive Rechte der betroffenen Rechtsinhaber einzugreifen, die diesen nach dem zuvor geltenden Gesetz bereits erwachsen sind.35 Urheberrechtliche Schrankenregelungen enthalten die §§ 44 a ff und §§ 95 a ff UrhG.36 31 BVerfGE 58, 137, 150 (Pflichtexemplare). Vgl. Rehbinder. Urheberrecht, Rdn. 139 f. 32 So Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 39. Zum Interessenausgleich im Rahmen der Schrankenbestimmung ausführlich Nielen. Interessenausgleich in der Informationsgesellschaft. S. 153 ff. 33 Vgl. BVerfGE 21, 73, 83; 79, 29, 40. 34 Vgl. BVerfGE 31, 229, 243; 49, 382, 400; 79, 29, 41; sowie BVerfG Beschluss v. 30.08.2010, Beck-online, Gliederungs -Nr. 60. 35 Vgl. Dreier, der darauf hinweist, dass der Schutzumfang in den letzten Jahrzehnten vielmehr stetig erweitert worden sei, und zwar mit dem rechtspolitischen Argument der Stärkung der Position der Urheber und Rechteinhaber angesichts verbesserter Vervielfältigungs- und Kommunikationstechnologien wie auch im Glauben, ein starker Schutz sei besonders innovationsfördernd, sowie unter dem Druck der Rechtsinhaber, die den Gesetzgeber auf die gesamtwirtschaftlichen Verluste hinweisen, die durch unautorisierte Kopie und Nutzung geschützter Werke und Leistungen entstehen, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 40, 36 Zu den Schrankenbestimmungen nachfolgend unter 2.5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 13 Auch die zeitliche Begrenzung auf 70 Jahre nach dem Tod des Urheber (§ 64 UrhG) ist eine Beschränkung des Urheberrechts.37 2.4.3. Art. 5 GG Art. 5 Abs. 1 GG schützt das Recht des Urhebers, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei und unzensiert zu äußern und zu verbreiten. Dieses Recht findet nach Abs. 2 seine Grenzen in den allgemeinen Gesetzen, dem Jugendschutz und der Ehre der Mitmenschen. Nach Art. 5 Abs. 3 GG sind Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre frei, was nicht nur die Betätigung, sondern auch die Verbreitung ihrer Werke umfasst. Allerdings findet auch die Freiheit von Kunst und Wissenschaft ihre Begrenzung im Schutz der übrigen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter. Insbesondere sind die Persönlichkeit und Menschenwürde der Mitmenschen zu achten.38 2.5. Schrankenbestimmungen Die Schranken des Urheberrechts haben dem Ausgleich der Interessen der Urheber und Rechtsinhaber einerseits und der Werkvermittler und Endnutzer andererseits zu dienen. Als verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum im Sinne von Art. 14 GG unterliegt das Urheberrecht nach dessen Abs. 1 Satz 1 GG zum einen der Inhaltsbestimmung durch den Gesetzgeber, der dabei zum anderen der Sozialgebundenheit des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen hat. Der Gesetzgeber ist ferner an die Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts gebunden. Durch die Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG)39 wurden die Schrankenbestimmungen als mögliche Ausnahmen vom Vervielfältigungsrecht und dem Recht der öffentlichen Wiedergabe abschließend geregelt.40 Die Schrankenbestimmungen sind jedoch nicht obligatorisch (abgesehen von der Ausnahme des in § 44a UrhG umgesetzten Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie ).41 Daher sind die Mitgliedstaaten zwar einerseits nicht dazu verpflichtet, Schrankenbestimmungen zu gewähren, andererseits aber gehindert, notwendige oder gegebenenfalls aufgrund weiterer technischer Entwicklungen notwendig werdende Schrankenbestimmungen einzuführen, soweit sie von der Richtlinie nicht erfasst sind.42 Darüber hinaus muss eine Schrankenbestimmung dem Drei-Stufen-Test genügen: Schrankenregelungen sind auf bestimmte Sonderfälle zu begren- 37 Rehbinder. Urheberrecht. Rdn.104, spricht von der „bedeutsamsten Beschränkung“. 38 Grundlegend hierzu BGHZ 50, 133 (Mephisto). 39 Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2001:167:0010:0019:DE:PDF. 40 Eindeutig insoweit die Formulierung des 32. Erwägungsgrundes: “Die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Wiedergabe sind in dieser Richtlinie erschöpfend aufgeführt.“ 41 Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Vorbemerkung zu §§ 44a Rdn. 5, 21. 42 Vgl. Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen. S. 295 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 14 zen (Stufe 1), sie dürfen die normale Auswertung des Werkes durch den Urheber nicht beeinträchtigen (Stufe 2) und die berechtigten Interessen des Urhebers nicht unzumutbar verletzen (Stufe 3).43 Bestehende Schrankenregelungen sind nach bisher herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur als Einschränkung des ausschließlichen Verwertungsrechts und als Ausnahme grundsätzlich eng auszulegen. Dabei ist jedoch weder der von der seinerzeitigen Technologie geprägte Wortlaut entscheidend, noch die engst mögliche Auslegung, sondern vielmehr der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Regelung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und verfassungsrechtlich geschützten Rechte.44,45 2.5.1. Interesse der Öffentlichkeit Das Urheberrecht wird durch mehrere Regelungen im Interesse der Öffentlichkeit an Informationen eingeschränkt.46 So ist es etwa stets zulässig, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde herzustellen oder herstellen zu lassen (§ 45 UrhG).47 Im Interesse umfassender und rascher Berichterstattung 48 und schneller Unterrichtung49 wird das Urheberrecht an öffentlichen Reden (§ 48 UrhG) und Zeitungsartikeln und Rundfunkkommentaren (§ 49 UrhG) eingeschränkt. Im Rahmen der Berichterstattung über Tagesereignisse in Funk, Film und Zeitungen dürfen geschützte Werke in angemessenem Umfang vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden (§ 50 UrhG). Werke an öffentlichen Plätzen dürfen mit Mitteln der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film vervielfältigt werden und durch diese Mittel verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden (§ 59 UrhG). Typischerweise geschieht dies durch Fotografie. Voraussetzung dafür ist, 43 Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2001:167:0010:0019:DE:PDF. 44 BGH GRUR 2002, 963 (Elektronischer Pressespiegel). Weitere Nachweise bei Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz . Vorbemerkung zu §§ 44 a ff., Rdn. 7, sowie Nielen. Interessenausgleich in der Informationsgesellschaft . S. 272 FN 1370, der aber zu dem Ergebnis kommt, dass eine generell enge Auslegung der Schrankenregelungen nicht gerechtfertigt ist, S 271 ff und 299 f. 45 Vgl. hierzu unten unter Gliederungspunkt 5. Regelungsdichte - Offenheit für neue Nutzungsformen. 46 Die nachfolgenden Ausführungen unter den Gliederungspunkten 2.5.1 bis 2.5.4 sind im Wesentlichen der Arbeit von Trips-Hebert/Glatzel Grundstrukturen und –begriffe des geltenden Urheber- und Leistungsschutzrechts. (S. 10 ff.) entnommen. 47 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 45 Rdn. 1. 48 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 49 Rdn. 1. 49 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 48 Rdn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 15 dass sich das Werk bleibend im öffentlichen Raum befindet und es von öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen sichtbar ist.50 Nicht von einem öffentlichen Platz aus hergestellt ist eine Vervielfältigung , wenn ein Hilfsmittel wie eine Leiter herangezogen werden muss, um den Blick über eine Mauer oder Hecke zu gewährleisten, oder wenn z. B. von einem Nachbarhaus aus fotografiert wird.51 Die Verhüllung des Reichstages durch das Künstlerpaar Christo und Jean-Claude war z. B. nicht bleibend und damit insofern nicht frei verwertbar, da diese Installation von vornherein nur für eine Dauer von zwei Wochen geplant war.52 2.5.2. Kommunikationsfreiheit Im Interesse einer freien geistigen Auseinandersetzung wird ein Zitatrecht gewährt (§ 51 UrhG).53 Zulässig ist danach die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn – einzelne Werke nach der Veröffentlichung in ein selbständiges wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts aufgenommen werden, – Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden oder – einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden. Im Interesse der Kommunikationsfreiheit ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zudem zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind (§ 57 UrhG). Unwesentliches Beiwerk ist nach der gebotenen engen Auslegung nur, was in Bezug zum Hauptgegenstand so nebensächlich ist, dass es aufgrund seiner fehlenden Beziehung zum eigentlichen Gegenstand der Verwertung letztlich ausgetauscht werden könnte, ohne die Gesamtwirkung zu beeinträchtigen.54 2.5.3. Schul-, Bildungs- und soziale Zwecke Das Urheberrecht wird darüber hinaus eingeschränkt, um Nutzungen für bestimmte Schul-, Bildungs - und soziale Zwecke zu ermöglichen (§ 46 UrhG). So dürfen etwa, veröffentlichte kleine 50 Lüft, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht, § 59 Rdn. 3. 51 BGH, GRUR 2003, 1035, 1037. 52 BGH, GRUR 2002, 605, 605 f. 53 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 51 Rdn. 1. 54 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 57 Rdn. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 16 Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht an Schulen, Hochschulen, nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie an Einrichtungen der Berufsbildung ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern öffentlich zugänglich zugänglich gemacht werden, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist (§ 52a UrhG). In bestimmtem Umfang ist es ferner zulässig, veröffentlichte Werke aus dem Bestand öffentlich zugänglicher Bibliotheken, Museen oder Archive, die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgen, in den Räumen der jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen (§ 52b UrhG). 2.5.4. Individualinteressen Privilegierungen zu Gunsten der Vervielfältigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch – Privatkopie – finden sich in § 53 UrhG. Zulässig sind danach einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch, sofern sie keinen Erwerbszwecken dienen und soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird. Spezielle Schranken, die einem Individualinteresse dienen, sind außerdem für die Benutzung von Datenbankwerken (§ 55a UrhG) und für das Urheberrecht an Bildnissen (§ 60 UrhG) normiert . Auch für den Umgang mit Computerprogrammen wurden spezielle Schranken eingeführt (§§ 69d, 69e UrhG). 3. Neue Ansätze zur Inhaltsbestimmung und Neujustierung des Interessenausgleichs Trotz seines Bedeutungszuwachses erfährt das Urheberrecht in Teilen der Gesellschaft einen Akzeptanzverlust , der dazu führt, dass seine Legitimität in Frage gestellt wird. In der Wissenschaft wird daher von verschiedenen Autoren eine Neubegründung gefordert, die dem traditionell ganz auf die Belange des Werkschöpfers fokussierten Urheberrecht eine verstärkte gesellschaftliche Verantwortung und Offenheit auferlegt.55 In seiner Geschichte ist das Urheberrecht immer wieder an neue Technologien angepasst worden. Für alle technischen Neuerungen hat der Gesetzgeber Lösungen gefunden. Aufgrund der Herausforderungen durch Internet und Digitalisierung mehren sich in neuerer Zeit die Stimmen, die eine grundsätzliche Neubestimmung fordern, weil die einfache Übertragung der Regelungen aus der „analogen Welt“ auf das digitale Zeitalter den Anforderungen der Informationsgesellschaft nicht mehr gerecht werde.56 Der zu beobachtende Akzeptanzverlust des Urheberrechts in weiten 55 Vgl. Lehmann. Die Krise des Urheberrechts in der digitalen Welt. S. 169. Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen. Ders.. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept. S. 45ff. Hansen. Warum Urheberrecht? Die Rechtfertigung des Urheberrechts unter besonderer Berücksichtigung des Nutzerschutzes. Ders.. Das Urheberrecht in der Legitimationskrise – Ansätze für eine rechtstheoretische Neuorientierung. S. 57. 56 „Inhalt und Struktur des Eigentumsbegriffs und des Urheberrechts müssen auf den Prüfstand“, so Wandtke, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht, Einl. Rdn. 1. Kreutzer. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 17 Bevölkerungskreisen sei zugleich Folge und Ursache der urheberrechtlichen Legitimationskrise. Dies führe zu der Frage, wie das Urheberrecht ausgestaltet und besser begründet werden könne, damit es von den Mitgliedern der Gesellschaft wieder als richtig und notwendig akzeptiert werde.57 Das geltende deutsche Urheberrecht basiert auf einer rein individualrechtlichen Begründung: Im Mittelpunkt steht der Urheber/Schöpfer. Ihm sind danach die Früchte seiner geistigen Tätigkeit zuzuordnen.58 Das gilt sowohl persönlichkeitsrechtlich als auch vermögensrechtlich.59 Der Urheber erhält das ausschließliche Verwertungsrecht. Erfolgreich wäre das Urheberrecht auf Dauer aber nur, so die Kritik, wenn es neben den berechtigten Schutzinteressen der Urheber und Verwerter auch den Anliegen der werknutzenden Allgemeinheit in der Informationsgesellschaft angemessen Rechnung tragen würde.60 Die Überlegungen könnten von der Zielvorstellung einer „offenen Kultur“ getragen werden. Offene Kultur bedeutet nicht notwendig kostenfrei, sondern meint eine Kultur, in der möglichst viele Inhalte barriere- bzw. erlaubnisfrei zugänglich wären. Vor allem zwei umfangreiche Dissertationen haben in jüngerer Zeit Begründungsmodelle für eine grundsätzliche Neuregelung des Urheberechts geliefert, die Arbeiten von Till Kreutzer61 und Gerd Hansen.62,63 Kreutzer kritisiert, dass das Urheberrecht noch immer am Leitbild des freischaffenden Künstlers traditioneller Werkarten orientiert sei. Digitale Werke hätten zu einem Funktionswandel des Urheberrechts geführt, dem das auf dem Droit d´Auteur-System und der Theorie vom geistigen Eigentum basierende Urheberrecht nicht mehr gerecht werden könne. Auch die Ausdehnung des Schutzbereichs auf technisch-funktionale Werkformen sei mit diesem Begründungsansatz nicht mehr vereinbar. Die Schutzrechte seien immer weiter ausgedehnt worden, während die Schranken zurückgedrängt worden seien, so dass sich ein Regel-Ausnahme-Prinzip ergibt, bei dem der neues Urheberrechtskonzept. S. 45ff. Leistner/Hansen. Die Begründung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter. Versuch einer Zusammenführung von individualistischen und utilitaristischen Rechtfertigungsbemühungen. GRUR 2008, S. 479ff. Hansen. Das Urheberrecht in der Legitimationskrise – Ansätze für eine rechtstheoretische Neuorientierung. S. 56ff. 57 So Hansen. Das Urheberrecht in der Legitimationskrise – Ansätze für eine rechtstheoretische Neuorientierung. S. 57. 58 Zur Rechtfertigung des Urheberrechts siehe bereits oben unter 2.2. Sämtliche individualistischen Begründungsansätze für das Urheberrecht überprüft Stallberg. Urheberrecht und moralische Rechtfertigung. S. 57ff. Vgl. auch Leistner/Hansen. Die Begründung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter. Versuch einer Zusammenführung von individualistischen und utilitaristischen Rechtfertigungsbemühungen. GRUR 2008, S. 481ff. 59 Vgl. zum Ganzen Gounalakis. Urheberrecht im ideologischen Zangengriff. S. 217 f. 60 So Hansen. Das Urheberrecht in der Legitimationskrise – Ansätze für eine rechtstheoretische Neuorientierung. S. 58. 61 Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen (2008). 62 Hansen. Warum Urheberrecht? Die Rechtfertigung des Urheberrechts unter besonderer Berücksichtigung des Nutzerschutzes (2009). 63 Vgl. auch Nielen. Interessenausgleich in der Informationsgesellschaft (2009). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 18 Schutz des Urhebers die Regel, die Nutzung von Werken oder Wissen aber als Ausnahme angesehen wird. Dies entspreche aber nicht den Anforderungen einer Informationsgesellschaft. Kreutzer schlägt daher eine konzeptionelle Gleichwertigkeit von Schutzinteressen des Urhebers und Nutzungsinteressen vor, die in folgende Schutzzweckdefinition mündet: „Urheberrechte werden nur dann und insoweit gewährt, als sie die Erzeugung, Veröffentlichung und Nutzung von kreativen Schöpfungen fördern und keine höherrangigen widersprechenden Interessen beeinträchtigen. Regelungen des geschriebenen Rechts, die diesem Zweck zuwiderlaufen, sind unzulässig.“64 Mit Hilfe dieser Schutzzweckklausel will Kreutzer die vielen „prekären Baustellen des Urheberrechts “ wie unfaire Vertragspraktiken, unangemessene Ausschließlichkeitsrechte, verwaiste Werke und zu lange Schutzdauer ohne Systembrüche sinnvollen Lösungen zuführen.65 Darüberhinaus will er zwischen ideellem und materiellem Schutz systematisch unterscheiden, zwischen einem funktionsorientierten, auf das Produkt und dessen Schutzanforderungen abgestimmten „Werkschutzrecht“ und einem „Urheberschutzrecht“. Während dieses auf den Schutz der persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk begrenzt sei (z.B. Namensnennung, Schutz gegen Entstellungen), solle dem Werkschutzrecht der oben dargestellte geänderte Schutzzweck zugrunde gelegt werden. Damit ziele dieses Recht nicht in erster Linie auf einen möglichst umfassenden Schutz des Urhebers ab, sondern auf einen möglichst angemessenen Schutz des Erzeugnisses . Der Schutzumfang könne so nach Abwägung der Interessen möglichst optimal an die konkreten Belange des jeweiligen Werkes und dessen Nutzung angepasst werden.66 Bestünden damit für die jeweilige Nutzungsform überwiegende Interessen an freier Nutzung, würden diese schon von vornherein nicht dem Urheberrecht unterfallen bzw. nur in Form wirtschaftlicher Beteiligungsansprüche anstelle eines Ausschließlichkeitsrechts. Auf der Basis dieses Konzepts könne beispielsweise entschieden werden, dass die Archivierung von Werken durch Kulturinstitutionen , gleich mit welchen Mitteln, generell erlaubt sei. Auch könne man so – sofern man in einer Abwägung dazu komme, dass dies gerechtfertigt wäre – sämtliche Nutzungen zu privaten Zwecken oder generell den kreativen Umgang mit bestehenden Werken freistellen oder gegen Vergütung allgemein gestatten.67 Auch Hansen begründet im Rahmen seiner Dissertation68 einen neuen Rechtfertigungsansatz für das Urheberrecht, um eine stärker nutzerorientierte Ausgestaltung des Urheberrechts zu ermöglichen . Dieser Ansatz zieht neben dem auf der naturrechtlichen Idee vom geistigen Eigentum beruhenden Droit d´Auteur-System die gemeinwohlorientierten Begründungen des Urheberrechts 64 Kreutzer. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept. S. 50. Dieser kurze Beitrag basiert auf den in der Dissertation entwickelten Konzepten. 65 Kreutzer. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept. S. 51. 66 Vgl. Kreutzer. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept. S. 52. 67 Kreutzer. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept. S. 54. 68 Hansen. Warum Urheberrecht? Die Rechtfertigung des Urheberrechts unter besonderer Berücksichtigung des Nutzerschutzes (2009). Vgl. hierzu in kürzerer Form auch Leistner/Hansen. Die Begründung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter. GRUR 2008, S. 479 ff., sowie Hansen. Das Urheberrecht in der Legitimationskrise – Ansätze für eine rechtstheoretische Neuorientierung. S. 57. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 19 stärker heran und führt zu einer Synthese individualistischer und utilitaristischer Begründungsstränge .69 Auch Hansen schlägt eine Schutzzweckklausel vor, die als Präambel des Urhebergesetzes die Synthese aus individualistischen und kollektivistischen (utilitaristischen) Begründungsansätzen positivistisch ausgestaltet. Funktion einer solchen Schutzzweckbestimmung wäre zum einen die rechtstheoretische und rechtspolitische Gesetzesrechtfertigung und zugleich eine Grundlage für eine teleologische Auslegung des Gesetzes zu geben.70 Ferner wird vorgeschlagen, die enumerativen Schranken durch eine Generalklausel zu ergänzen, um angesichts des digitalen Wandels mehr Flexibilität zu gewinnen.71 Eine entsprechende Ausgestaltung des Urheberrechts wird für grundsätzlich vereinbar mit den Vorgaben der Verfassungsrechtsordnung gehalten .72 Voraussetzung für entsprechende Gesetze de lege ferenda wäre jedoch eine Überarbeitung der Informationsgesellschaftsrichtlinie mit ihrem starren, enumerativen Schrankenkatalog. Beide Autoren halten auf der Basis ihrer Konzepte eine Verkürzung der Schutzdauer für möglich .73 4. Befristung des Urheberrechts 4.1. Schutzdauer Der urheberrechtliche Schutz beginnt mit der Schöpfung des Werkes und endet gemäß § 64 UrhG 70 Jahre nach Tod des Autors (post mortem auctoris). Verschiedene Ausnahmen von dieser Regel sind in den §§ 65 – 67 UrhG geregelt. Die Leistungsschutzrechte genießen in der Regel eine niedrigere Schutzdauer. In Europa wurde die Schutzauer aufgrund der Richtlinie 93/98/EWG vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts einheitlich auf 70 Jahre angeglichen.74 Wenn nach Ablauf dieser Frist das Urheberrecht erlischt wird das Werk gemeinfrei , d.h. jeder darf es beliebig nutzen. Die zeitliche Begrenzung der Eigentümerrechte, die im Sachenrecht nahezu unbekannt ist, ist für die Immaterialgüterrechte typisch.75 Als bedeutsamste Beschränkung des Urheberrechts bedarf sie der Rechtfertigung.76 69 Vgl. auch Leistner/Hansen. Die Begründung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter. GRUR 2008, S. 479, 485, 490. 70 Leistner/Hansen. Die Begründung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter. GRUR 2008, S. 479, 486. 71 Leistner/Hansen. Die Begründung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter. GRUR 2008, S. 479, 487. 72 Leistner/Hansen. Die Begründung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter. GRUR 2008, S. 479, 480. 73 Vgl. hierzu noch nachfolgend unter Gliederungspunkt 4. 74 In den meisten Mitgliedstaaten der Revidierten Berner Übereinkunft (RBÜ) ist es bei der Schutzdauer von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers geblieben (Art. 7 RBÜ). Art. 12 TRIPS gewährleistet eine Mindestschutzdauer von 50 Jahren ab dem Ende des Kalenderjahrs der gestatteten Veröffentlichung. 75 Schack. Urheber- und Urhebervertragsrecht. Rdn. 515. 76 Rehbinder. Urheberrecht. Rdn. 104. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 20 4.2. Rechtfertigung der Befristung Auf Grund ihrer potentiellen Ubiquität kann der Allgemeinheit der Zugang zu Geisteswerken ermöglicht werden, ohne dass dem Urheber sein Gut entzogen werden muss. Dies kennzeichnet eine andere Interessenlage als beim Sacheigentum. Ferner haben schöpferische Werke die Tendenz , zum Kulturerbe der Gesellschaft zu werden; sie wandeln sich allmählich von der ureigenen Schöpfung des Urhebers zum Allgemeingut.77 Doch sollen der Urheber und seine Erben das Werk in der Zeitspanne des Schutzes verwerten und als Anreiz für kreatives Schaffen den verdienten Lohn für die geistige Schöpfung erhalten können. Die dogmatisch überzeugendste Begründung für eine zeitliche Befristung des Urheberechts liegt in seinem persönlichkeitsrechtlichen Bestandteil , dem ideellen Band zwischen dem Urheber und seinem Werk. Dieser direkte Bezug bewirkt , dass nach dem Tod der Bezugsperson notwendigerweise auch deren persönlichkeitsrechtliche Interessen nicht ewig fortbestehen können. Dem Wesen der persönlichkeitsrechtlichen Komponente des Urheberrechts ist damit eine zeitliche Schranke immanent. Dies trifft zwar auf die vermögensrechtliche Komponente des Urheberrechts nicht zu. Aufgrund der monistischen Auffassung des Urheberechts ist jedoch eine einheitliche Behandlung der beiden Komponenten und eine Befristung erforderlich.78 Hinsichtlich der Bemessung der Schutzdauer ist zu berücksichtigen, dass die Ausstrahlung der Persönlichkeit des Urhebers auch über seinen Tod hinaus fortbesteht. Das Urheberecht muss danach so lange bestehen, wie die Erinnerung an den lebenden Urheber reicht. Die heutige Schutzfrist von 70 Jahren wird damit begründet, dass danach in der Regel keine Erben mehr leben, die den Urheber noch persönlich gekannt haben.79 4.3. Ansätze für eine Verkürzung der Schutzdauer Die pauschale Schutzfrist von 70 Jahren p.m.a. unabhängig von der Schöpfungshöhe und für alle Werkkategorien gleichermaßen wird verschiedentlich als zu lang angesehen, um einen angemessenen Interessenausgleich zu gewährleisten. Dies gilt vor allem für technisch-funktionale Werke mit kurzen Entwicklungs- und Nutzungszyklen wie beispielsweise Computerprogramme, die auf Grund des geltenden Rechts wie die anderen Werke auch mehr als 100 Jahre Urheberrechtsschutz genießten können. Aber auch für die meisten Werke der Musik (Schlager und Hits), der Tagesberichterstattung und sogar für Filme geht die Schutzdauer weit über das hinaus, was zum Anreiz kreativer Leistungen erforderlich wäre.80 Außerdem wird die überwiegende Zahl der geschaffenen Werke in unserer schnelllebigen Medien- und Konsumgesellschaft tatsächlich nur für einen relativ kurzen Zeitraum kommerziell ausgewertet.81 Eine zu lang bemessene Schutzdauer kann 77 Vgl. Schack. Urheber- und Urhebervertragsrecht. Rdn. 515. Ausführlicher zur Rechtfertigung Rehbinder. Urheberrecht Rdn. 104 ff. 78 So Rehbinder. Urheberrecht Rdn. 109. 79 Schack. Urheber- und Urhebervertragsrecht. Rdn. 518. 80 Kreutzer. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept. S. 54. Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Vor §§ 64 ff. Rdn. 1. 81 Hansen. Warum Urheberrecht? S. 369. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 21 dazu führen, dass eine freie Nutzung erst möglich wird, wenn kein Nutzungsinteresse an dem Werk mehr besteht. Die beiden bereits genannten Autoren Hansen und Kreutzer haben in ihren Dissertationen (losgelöst von Europa- und völkerrechtlichen Vorgaben) differenzierende Konzepte für die Schutzdauer entwickelt.82 4.3.1. Vorschlag von Hansen Da sich empirisch nicht befriedigend ermitteln lasse, wie lang der urheberrechtliche Schutz bemessen sein muss, um die Schaffung und Verbreitung von Geisteswerken zu stimulieren, will Hansen die Marktteilnehmer selbst darüber entscheiden lassen, wie lange sie den urheberrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen wollen. Dies lasse sich durch eine radikale Verkürzung auf eine beispielsweise fünfjährige Schutzfrist ab Veröffentlichung mit anschließender, gebührenpflichtiger mehrmaliger Verlängerungsoption erreichen.83 Anknüpfung für den Schutzfristbeginn könne der Zeitpunkt der Veröffentlichung sein, oder aber der Schaffung oder einer Registrierung des jeweiligen Werks. Für veröffentlichte und unveröffentlichte Werke solle ein unterschiedliches Schutzfristregime gelten: Für veröffentlichte Werke soll die Schutzfrist fünf Jahre nach Erstveröffentlichung ablaufen, sofern der Urheber bzw. Rechteinhaber nicht von der Verlängerungsoption Gebrauch macht. Für unveröffentlichte Werke soll der ab Werkschöpfung gewährte Schutz erst mit Ablauf des Kalenderjahres auslaufen, in dem der Urheber verstorben ist.84 4.3.2. Vorschlag von Kreutzer Auf der Basis seines zwischen dem persönlichkeitsbezogenen Urheberschutz und den vermögensrechtlichen Werkschutzinteressen unterscheidenden Konzepts kommt Kreutzer zu dem Ergebnis , dass die Schutzdauer hinsichtlich der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Schutzpositionen an das geltende Urheberrecht angelehnt werden könne.85 Hinsichtlich des Werkschutzes seien die sich aus dem multipolaren Begründungsansatz ergebenden Partikular- und Kollektivinteressen angemessen ins Verhältnis zu setzen und zum Ausgleich zu bringen.86 Auch die Schutzdauer sei so auszugestalten, dass sie die zu berücksichtigenden Interessen in Einklang bringt. Daher sei ein Modell für eine flexible, an die Interessenlage angepasste Schutzdauerregelung zu finden . Ausgangspunkt von Kreutzers Überlegungen ist das Konzept der Urhebernachfolgevergütung .87 Danach werden die relevanten Rechtspositionen nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt 82 Hansen. Warum Urheberrecht? S. 368 ff. Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen S. 372 ff., 430, 478 ff. 83 Hansen. Warum Urheberrecht? S. 370 ff. unter Hinweis darauf, dass ein ähnlicher Ansatz bereits von Lessig angedacht worden war, S. 371 in FN 1433. 84 Hansen. Warum Urheberrecht? S. 374. 85 Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen S. 430. 86 Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen S. 478. 87 Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen S. 481 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 22 als Ausschließlichkeitsrechte und danach nur noch in Form wirtschaftlicher Beteiligungsansprüche gewährt, bevor die Verwendung frei wird.88 Differenzierungen nach Fallgruppen sind sowohl bei der Grundschutzdauer als auch bei der Nachfolgevergütung möglich. Als ergänzende Möglichkeit des Interessenausgleichs könne die Nachfolgevergütungspflicht insgesamt auf gewerbliche Nutzungen beschränkt werden.89 5. Regelungsdichte - Offenheit für neue Nutzungsformen 5.1. Auf Seiten der Urheber Die zur Zeit bekannten Verwertungsformen sind im Gesetz nur exemplarisch aufgeführt. Es sind also auch künftige, bisher unbekannte Verwertungsformen dem Urheber vorbehalten. 90 Die Aufzählung der Verwertungsrechte in § 15 Abs. 2 UrhG ist nur beispielhaft.91 Lässt eine tatsächliche oder rechtliche Entwicklung eine bis dahin eindeutige und vollständige Regelung lückenhaft, ergänzungsbedürftig und zugleich ergänzungsfähig werden und entsteht dadurch zu Lasten der Urheber eine absolute Schutzlücke, so ist diese Lücke nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch verfassungskonforme Auslegung zu schließen.92 5.2. Auf Seiten der Nutzer Die Nutzungen sind als Ausnahme und Einschränkung des umfassenden Urheberrechts abschließend in den Schrankenbestimmungen geregelt. Bei der Auslegung der Schrankenbestimmungen gilt daher bislang der Grundsatz der engen Schrankenauslegung.93 Der Bundesgerichtshof betont jedoch, dass weder der von der seinerzeitigen Technologie geprägte Wortlaut entscheidend sei, noch die engst mögliche Auslegung, sondern vielmehr der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Regelung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und verfassungsrechtlich geschützten Rechte.94 Der Grundsatz einer engen Auslegung von Schrankenbestimmungen stehe einer analogen Anwendung bestehender Schrankenbestimmungen nicht grundsätzlich entgegen sofern eine Regelungslücke bestehe und der Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung eine Analogie geboten 88 Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen S. 485. 89 Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen S. 487. 90 Rehbinder. Urheberrecht Rdn. 295. 91 Kreutzer. Den gordischen Knoten durchschlagen – Ideen für ein neues Urheberrechtskonzept. S. 53. 92 So jüngst BVerfG, Beschluss vom 30.08.2010 – 1 BvR 1631/08 („Drucker und Plotter“), zitiert nach Beck-online, Nr. 64. 93 Nachweise bei Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Vorbemerkung zu §§ 44 a ff., Rdn. 7. Hierzu bereits oben unter 2.5. Eine generell enge Auslegung der Schrankenregelungen hält Nielen für nicht gerechtfertigt, Interessenausgleich in der Informationsgesellschaft S. 271 ff, 299 f. Kritisch auch Raue/Hegemann, in: Hoeren /Sieber. Handbuch Multimedia-Recht. 7.3 Rdn. 12 ff. 94 BGH GRUR 2002, 963 (Elektronischer Pressespiegel). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 23 erscheinen lasse.95 Ein im Rahmen der Schrankenregelungen verwendeter Begriff könne infolge technischer Fortentwicklungen veralten und mithin zur Durchsetzung des mit der Schranke verfolgten Zweckes gegebenenfalls auch eine extensive Auslegung erforderlich sein. Dabei seien nicht nur die Interessen der Urheber und Rechteinhaber zu berücksichtigen, sondern zugleich die durch die Schrankenbestimmungen geschützten Interessen ihrem Gewicht entsprechend für die Auslegung der gesetzlichen Regelung heranzuziehen.96 Insgesamt wird eine vorsichtige Öffnung der Schrankenbestimmungen für ihre Anwendung auf neue technische Sachverhalte registriert, die jedoch die Grenzen der zulässigen Auslegung nicht überschreiten könne. Insoweit sei dann der Gesetzgeber gefragt.97 Aus Sicht der Nutzer führt dies zu dem Dilemma, dass die Verwertungsrechte im Zweifel jede neue technische Entwicklung ohne eine Änderung des Gesetzes erfassen, eine ausgleichende Berücksichtigung der Interessen der Nutzer aber nur über den Weg der Gesetzesänderung möglich ist.98 6. Verwertung - Lizenzierung des Urheberrechts Das Urheberrecht ist unübertragbar und unverzichtbar. Dies ist Ausdruck des Rechtsgedankens, dass sowohl persönlichkeitsrechtliche als auch vermögensrechtliche Interessen an dem Werk in unauflöslicher Verbindungzueinander und zum Urheber stehen. Das Urheberecht selbst verbleibt also stets beim Urheber oder seinen Erben.99 Der Werkschaffende hat ein Monopol auf die Verwertung seines Werkes. Auf Grund dieses Verwertungsmonopols kann der Urheber anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 UrhG). Die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten wird auch als Lizenzierung bezeichnet. Die wirtschaftliche Auswertung des Werkes erfolgt dann durch den Verwerter, der für das Werk mit einem Honorar bezahlt.100So kann der Urheber durch die Schöpfung eines Werkes Geld verdienen. Es ist jedoch nicht immer im Interesse des Urhebers, sein Werk über eine Lizenz zu monetarisieren . Stattdessen kann es auch in seinem Interesse sein, das Werk selbst direkt über das Internet weltweit kostenlos für jedermann zugänglich zu machen. Er kann hierbei aus reinem Altruismus 95 BGH GRUR 1987, 362, 363 (Filmzitat). 96 BGH GRUR 2002, 963, 964 f. (Elektronischer Pressespiegel). 97 So Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Vorbemerkung zu §§ 44 a ff., Rdn. 7 a. E.. 98 So Nielen. Interessenausgleich in der Informationsgesellschaft S. 274. Ähnlich Kreutzer. Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen S. 295. 99 Paul, in: Horen/Sieber. Handbuch Multimedia-Recht Teil 7.4 Rdn. 6. 100 Schack. Urheber- und Urhebervertragsrecht. Rdn. 1068. Paul, in: Horen/Sieber. Handbuch Multimedia-Recht Teil 7.4 Rdn. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 24 handeln, aber auch in dem Wunsch, sein Werk zu verbreiten und selbst bekannter zu werden oder auf diese Weise dazu beizutragen, dass durch einen freien Austausch von Wissen, Ideen und Informationen mehr neue Werke erschaffen und bestehende Werke weiterentwickelt werden. Die Freigabe eines Werkes erfolgt durch offene Lizenzen (hierzu unten unter 6.2), seine Vermarktung durch Lizenzverträge. 6.1. Private Lizenzverträge im Bereich digitaler Informationsgüter/Total Buy-out, angemessene Vergütung 6.1.1. Urhebervertragsrecht Auch im Urheberrecht herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit. Der Urheber kann (theoretisch) frei entscheiden, mit wem und zu welchen Konditionen er Nutzungsverträge abschließen will. Allerdings darf die Vertragsfreiheit nicht zur Diktierfreiheit des wirtschaftlich Stärkeren oder Erfahreneren pervertieren.101 Zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern wurden daher im Jahre 2002 zwingende Ansprüche auf angemessene Vergütung (§ 32 UrhG) und Nachforderung (§ 32 a UrhG) verankert. Hintergrund dieser Regelungen ist der das Urheberrecht prägende Beteiligungsgrundsatz. Danach sind Urheber an dem wirtschaftlichen Nutzen, der aus ihren Werken gezogen wird, zu beteiligen. Dieser Grundsatz wird nun in § 11 Satz 2 UrhG ausdrücklich hervorgehoben; danach dient das Urheberrecht auch der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes. Der vertragliche Anspruch der Urheber auf eine angemessene Vergütung oder Nachforderung ist beidseitig zwingendes Vertragsrecht (§ 32 Abs. 3 Satz 1 UrhG). 6.1.2. Buy-out Verträge Gemäß § 31 Abs. 1 UrhG kann der Urheber anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen. Dabei kann das Nutzungsrecht als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2). Überträgt der Urheber exklusive Nutzungsrechte (auch „ausschließliche Nutzungsrechte“ genannt) für bestimmte Nutzungsformen an einen Vertragspartner, kann er die Nutzung nicht mehr anderen gestatten und ist auch selbst nicht mehr berechtigt, sein Werk anders als zu privaten Zwecken zu nutzen.102 Der Verwerter verpflichtet sich im Gegenzug, dem Urheber eine Vergütung zu bezahlen. Sie besteht meist in einer prozentualen Beteiligung am Verwertungserlös , auf die ein eventuell gezahlter Vorschuss angerechnet wird. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit ein Pauschalhonorar zu vereinbaren.103 Lassen sich Verwerter von den Ur- 101 So Rehbinder. Urheberrecht. Rdn. 609. 102 Kreutzer. Vertragsrecht, Urheberrecht und kreative Arbeit. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 278. 103 Schack. Urheber- und Urhebervertragsrecht. Rdn. 1075. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 25 hebern sämtliche Nutzungsrechte gegen ein Pauschalhonorar einräumen so wird dieser Nutzungsvertrag als sog. Buy-out-Vertrag bezeichnet.104 Der Urheber profitiert bei solchen Vereinbarungen von seinem Urheberrecht nur in Form der Einmalzahlung. Der weitere wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg entzieht sich danach seinen Einfluss- und Partizipationsmöglichkeiten.105 Aufgrund der Marktverhältnisse können die meisten Urheber auf den Umfang der auf ihre Vertragspartner zu übertragenden Rechte oder ihr Honorar wenig bis gar keinen Einfluss nehmen, da die Verwerter im Verhältnis zu freischaffenden Kreativen zumeist sowohl Preise als auch Bedingungen diktieren. Wer diese Vertragsbedingungen nicht akzeptiert setzt sich der Gefahr aus, keine Abnehmer mehr für seine Werke zu finden.106 Buy-out-Verträge finden weit reichend Verwendung , vor allem in der Zeitungs- und Verlagswirtschaft, zwischen Filmschaffenden und Fernsehproduzenten, in der Musikbranche oder der Computerspielindustrie. Buy-out Verträge sind rechtlich unbedenklich, wenn der umfassenden Rechtseinräumung eine angemessene Vergütung gegenübersteht.107Ob dies der Fall ist, ist immer eine Frage der Umstände im Einzelfall.108 6.1.3. Buy-out Verträge und Zweckübertragungstheorie Die Zweckübertragungstheorie oder Vertragszwecktheorie gehört zu den grundlegenden Prinzipien des Urhebervertragsrechts und bedeutet, dass der Urheber keine weitergehenden Nutzungsrechte einräumt, als es der Zweck des Vertrages erfordert (§ 31 Abs. 5 UrhG). Auch dieses Prinzip hat zum Ziel, dem Urheber eine möglichst weitgehende Beteiligung an den wirtschaftlichen Früchten seines Werkes zu sichern. § 31 Abs. 5 UrhG kann als Auslegungsregel jedoch nur zum Zuge kommen, wenn die Nutzungsarten im Vertrag nicht ausdrücklich einzeln aufgeführt werden .109 Vielfach werden in Urheberrechtsverträgen aber umfassende Kataloge aller denkbaren Nutzungsarten aufgenommen, die zwar konkret die Nutzungsbefugnisse des Erwerbers bezeichnen , aber weit über den jeweiligen Vertragszweck hinausreichen und mit einer in Anbetracht dessen verhältnismäßig geringen Pauschalabgeltung an den Urheber vergütet werden. Diese Praxis widerspricht zwar dem Schutzzweck des § 31 Abs. 5 Satz 1 UrhG, wird aber wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit gleichwohl anerkannt.110 104 Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht Vormerkung vor §§ 31 ff Rdn. 92. 105 Kreutzer. Vertragsrecht, Urheberrecht und kreative Arbeit. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 272. 106 Vgl. Kreutzer. Vertragsrecht, Urheberrecht und kreative Arbeit. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 272, 275. 107 So Antwort der Bundesregierung, BT-Drucksache 14/4973 v. 12. 12. 2000. Schack. Urheber- und Urhebervertragsrecht . Rdn. 1075, 1096. Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht Vormerkung vor §§ 31 ff Rdn. 92. 108 Zur AGB-rechtlichen Überprüfbarkeit von Nutzungsrechtsklauseln Kreutzer. Vertragsrecht, Urheberrecht und kreative Arbeit. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 279 ff. 109 Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. § 31 Rdn. 40. 110 Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. § 31 Rdn. 42, sowie kritisch Rdn. 43. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 26 Auch die pauschale Einräumung unbekannter Nutzungsarten, die gemäß § 31 a Abs. 1 UrhG schriftlich möglich ist, ist nicht aufgrund der Regelung des § 31 Abs. 5 UrhG von vornherein unwirksam . Vielmehr ist jede konkrete nach der Rechtseinräumung bekannt werdende Nutzungsart gemäß § 31 Abs. 5 UrhG daran zu messen, ob diese Nutzungsart vom Vertragszweck umfasst ist.111 6.1.4. Buy-out Verträge und angemessene Vergütung Die Brisanz der Buy-out-Verträge hat sich durch die Einführung eines Anspruchs auf angemessene Vergütung (§ 32 UrhG) und einen erleichterten Nachforderungsanspruch („Bestsellerparagraphen “, § 32 a UrhG) entschärft.112 Der Urheber kann danach für die Zukunft eine Anpassung der im Buy-out-Vertrag vereinbarten Vergütung verlangen, wenn diese im Vergleich zu den durch den Verwerter gezogenen Nutzungen unangemessen ist (§ 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG), sowie für die Vergangenheit eine zusätzliche Vergütung verlangen, wenn die Erträgnisse aus der Werknutzung in einem auffälligen Missverhältnis zur Urhebervergütung stehen (§ 32 a UrhG). Angemessen ist eine Vergütung wenn sie nach einer gemeinsamen Vergütungsregel ermittelt wurde(§ 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG). Bislang gibt es jedoch nur eine einzige gemeinsame Vergütungsregel , nämlich zwischen dem Verband deutscher Schriftsteller und Verlagen.113 Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht , was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher - und redlicherweise zu leisten ist (§ 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG). In einem Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr für die Übersetzer dargelegt, wie diese Begriffe verstanden werden sollen.114 Eine branchenübliche Honorierung sei nicht notwendigerweise auch redlich. Eine Vergütung sei vielmehr nur dann redlich, wenn sie die Interessen des Urhebers neben den Interessen des Verwerters gleichberechtigt berücksichtige. Das sei nur dann der Fall, wenn der Urheber an jeder wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes angemessen beteiligt werde. Auch bei einer fortlaufenden Nutzung des Werkes könne eine Pauschalvergütung der Redlichkeit entsprechen. Dies setze jedoch voraus, dass die Pauschalvergütung – bei objektiver Betrachtung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – eine angemessene Beteiligung am voraussichtlichen Gesamtertrag der Nutzung gewährleiste.115 Da dies nicht der Fall war, konnte die klagende Übersetzerin eine zusätzliche Vergütung beanspruchen. 111 Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. § 31 Rdn. 39. 112 Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger. Urheberrecht. § 31 Rdn. 44. 113 Spielkamp. Totaler Rechte-Ausverkauf ? ein Scheinproblem? 114 BGH, Urteil vom 7.10.2009 – I ZR 38/07, GRUR 2009, 1148 ff. 115 BGH, aaO, Rdn. 18 – 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 27 Für den Nachforderungsanspruch nach § 32 a UrhG hat man sich daran zu orientieren, was in vergleichbaren Fällen zur Zeit des Vertragsschlusses bei einer Einbeziehung der gezogenen Nutzungen , redlicher- und üblicherweise vereinbart worden wäre.116 Auch die zur angemessenen Vergütung eines Drehbuchautors ergangene (nicht rechtskräftige) Entscheidung des Landgerichts Berlin geht davon aus, dass es bei Buy- out-Honoraren immer auf das konkrete Verhältnis zu einer angemessenerweise gezahlten Vergütung ankommt und Nachzahlungsansprüche nur geltend gemacht werden können, wenn das Pauschalhonorar die eigentlich aufgrund der Werknutzung zu zahlende Vergütung unterschreitet.117 Bei der Gesamtbetrachtung müsse auch berücksichtigt werden, dass dem Urheber die erlangten Zahlungen jeweils ohne jedes Risiko zugeflossen seien, während bei Vereinbarung gestaffelter Zahlungen je nach Wiederholungen, die Möglichkeit bestanden hätte, dass eben keine Wiederholung stattfindet und er nur ein deutlich geringeres Honorar erhalten hätte. Diese Risikolosigkeit stelle einen geldwerten Vorteil dar.118 6.1.5. Rechteübertragung für noch unbekannte Nutzungsarten Nach der bis Ende des Jahres 2007 geltenden Regelung des § 31 Abs. 4 UrhG a. F. war es nicht möglich, Rechte an noch unbekannten Nutzungsarten im Voraus zu übertragen. Dadurch sollten Buy-out-Verträge, deren wirtschaftliche Auswirkungen der Urheber bei Vertragsschluss noch nicht absehen konnte, verhindert werden. Der Urheber behielt dadurch die Entscheidungsmacht darüber, ob und an wen und zu welchen Konditionen er Rechte über später auftretende Nutzungsformen einräumen will. Das Internet etwa wurde erst ab ca. 1995 zu einer bekannten Auswertungsform . Hatte beispielsweise ein Autor zuvor alle Rechte an einen Verlag veräußert, war die Verwertung im Internet als neue Nutzungsart davon nicht umfasst. So entstand beispielsweise für wissenschaftliche Autoren – trotz der im wissenschaftlichen Publikationswesen verbreiteten Praxis, dem Verlag „alle“ Nutzungsrechte zeitlich unbegrenzt exklusiv zu überlassen – die interessante Möglichkeit, Altwerke im Wege des Open Access119 über das Internet zugänglich zu machen.120 Diese Regelung wurde durch den „Zweiten Korb“ der Urheberrechtsreform abgeschafft, um es den Rechteinhabern zu erleichtern, neue Auswertungsformen aufgrund der Entwicklung neuer Technologien und damit neue Märkte zu erschließen. Die Abschaffung macht es möglich, dass Urheber sämtliche Rechte an ihrem Werk auch hinsichtlich solcher Nutzungsformen exklusiv übertragen, die zum Zeitpunkt der Rechtseinräumung noch gänzlich unbekannt sind, vorausgesetzt dies geschieht schriftlich121 (§ 31 a Abs. 1 Satz 2 UrhG). 116 LG Berlin, Urteil vom 19. 5. 2009, ZUM 2009, 781, 786. 117 LG Berlin, Urteil vom 19. 5. 2009, ZUM 2009, 781, 786. 118 LG Berlin, Urteil vom 19. 5. 2009, ZUM 2009, 781, 786. 119 Vgl. hierzu nachfolgend unter 6.3. 120 Vgl. Kreutzer. Rechteübertragung für noch unbekannte Nutzungsarten: Total-buy-out für alle Zeiten? S. 306. 121 Eine Ausnahme hiervon besteht, wenn der Urheber sein Werk unter Open-Content-Lizenz veröffentlicht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 28 Um die hiermit einhergehende Beschränkung des Urheberschutzes auszugleichen wurden zwei neue Regelungen zur Rechteeinräumung für neue Nutzungsarten geschaffen: § 31 a UrhG gewährt dem Urheber ein Widerrufsrecht und für den Fall, dass er keinen Widerspruch gegen die Auswertung seines Werkes in einer neuen Nutzungsart erheben will, gewährt ihm § 32 c UrhG einen gesetzlichen, nicht verzicht- oder abtretbaren Vergütungsanspruch.122 Auch hier kommt es bei der Anwendung auf die Frage an, ob eine Nutzungsart zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannt war.123 Ist dies der Fall, ist die Rechtseinräumung nicht mehr unwirksam, sondern es geht für den Urheber um Widerspruch124 oder angemessene Vergütung. 6.2. Offene Lizenzen - Creative Commons Der Urheber Kann ein Interesse daran haben, sein Werk der Allgemeinheit unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, es freizugeben. In dieser Freigabe liegt in der Regel die Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts i. S. d. § 31 Abs. 2 UrhG. Das gesetzliche Verbot, im Vornherein auf eine angemessene Vergütung zu verzichten (§ 32 Abs. 3 Satz 1 und 2 UrhG) steht dem nicht entgegen, denn der Gesetzgeber hat mit § 32 Abs. 3 Satz 3 UrhG die Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts an jedermann ausdrücklich vorgesehen (sog. Linux-Klausel).125 Der Urheber kann sein Werk auch zur weiteren Bearbeitung freigeben, weil er selbst nicht über die Kapazitäten verfügt, das Werk zu vollenden, er aber ein Interesse an seiner Gebrauchsfähigkeit hat. Das klassische Beispiel hierfür ist der Software-Markt: Eine Software zu programmieren – was eine Werkschöpfung im Sinne des Urheberrechts darstellt – ist enorm zeitaufwändig. Auch sind bei komplizierten Programmen verschiedenste Wissenskomponenten erforderlich. Für eine Firma, die ein bestimmtes Programm entwickeln möchte, um es selbst zu nutzen, kann es daher sinnvoll sein, auf eine Monetarisierung durch Lizenzen zu verzichten und sich statt dessen mit außenstehenden Programmierern zusammenzutun. Diese erwerben ebenfalls Rechte an der Software , helfen aber ohne Bezahlung, das Programm fertigzustellen, wenn auch sie Interesse an der Nutzung des fertigen Programms haben. Solche kollaborativen Modelle, die eben nicht an den Restriktionen und Verwertungsmechanismen des Urheberrechts interessiert sind, sondern diese vielmehr zu überwinden versuchen, benötigen spezielle Lizenzen, die durch geschicktes Re-engeneering des Urheberrechts aus exklusiven Rechtsgütern inklusive Rechtsgüter formen. Das heißt, es soll eine Schutzqualität erreicht werden, die die Werke nicht schutzlos stellt, aber doch ein kollektives Zusammenwirken ver- 122 Zu der hieraus erwachsenden Schwächung der Rechtsposition von Urhebern Kreutzer. Rechteübertragung für noch unbekannte Nutzungsarten: Total-buy-out für alle Zeiten? S. 307 ff. 123 Hierzu Paul, in: Horen/Sieber. Handbuch Multimedia-Recht Teil 7.4 Rdn. 33 ff. Sowie kritisch Kreutzer. Rechteübertragung für noch unbekannte Nutzungsarten: Total-buy-out für alle Zeiten? S. 313 ff. 124 Kritisch hierzu angesichts der ungleichen Kräfteverhältnisse Kreutzer. Rechteübertragung für noch unbekannte Nutzungsarten: Total-buy-out für alle Zeiten? S. 309. 125 Paul, in: Horen/Sieber. Handbuch Multimedia-Recht Teil 7.4 Rdn. 7, 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 29 schiedener Urheber und einen – unter bestimmten Bedingungen stehenden – kostenlosen Gebrauch und eine Weiterentwicklung dieser Werke ermöglicht. Solche Lizenzen werden „offene“ Lizenzen genannt. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Lizenzen, insbesondere im Software-Bereich. wird heutzutage auf eine erhebliche Milliardensumme geschätzt. Dies ist primär darauf zurückzuführen, dass bedeutende Teile der Serverinfrastruktur auf offen lizenzierten Systemen laufen.126 Global Player wie IBM und Apache haben dort das innovative Potential der offenen Lizenzen entdeckt und nutzbar gemacht – auch etwa das moderne Betriebssystem Android, dass Google für den Mobiltelefonmarkt entwickelt hat, ist „offen“ lizenziert.127 Es gibt auf dem Markt eine Vielzahl an offenen Lizenzen, die jeweils für verschiedene Zwecke entwickelt wurden, teilweise ein unterschiedliches Schutzniveau aufweisen und auch ein unterschiedliches juristisches Niveau erreichen.128 Ein wichtiges Merkmal vieler offenen Lizenzen ist ihre so genannte virale Wirkung. Hier dürfen nur solche Nutzer das lizenzierte Werk nutzen, wenn sie das Ergebnis der Nutzung ebenfalls unter eine solche Lizenz stellen. Wer etwa eine derart lizenzierte Musikproduktion in seinen Film einbaut, muss auch den Film unter der identischen Lizenz freigeben. Hierdurch soll eine möglich große Verbreitung der Lizenzen gewährleistet werden. Grundsätzlich kann zwischen Open-Source- und Open-Content-Lizenzen unterschieden werden. Während Open-Source-Lizenzen sich auf Software beziehen („Source“ bezieht sich auf den Source Code, also Quellcode der Software), versuchen Open–Content-Lizenzen den beschriebenen Effekt auf die klassischen urheberrechtlich geschützten Werke zu übertragen, also etwa Musik , Text, Bild. Anders als im Software-Bereich haben allerdings Open-Content–Lizenzen bisher noch keinen außerordentlich starken Einfluss auf den Markt gehabt. Es gibt verschiedene Erfolgsgeschichten im Zusammenhang mit Open Content – Lizenzen. Wikipedia zum Beispiel ist auf einer solchen Lizenz aufgebaut, in Finnland ist ein kollaborativer Film entstanden, der der erfolgreichste Film aller Zeiten wurde, und Millionen von Bildern sind etwa auf der Plattform flickr offen lizenziert. Dennoch: Der große Marktdurchbruch ist open-content-Projekten noch versagt geblieben. Auch das Verhältnis zwischen den Open-Content-Bewegungen und den traditionellen Rechteverwertern wie der GEMA oder auch der Plattenindustrie muss als skeptisch beschrieben werden. So schließen sich die Mitgliedschaft bei der GEMA und eine Lizenzierung der Musik unter Creative Commons derzeit gegenseitig aus. 126 Vgl. European Commission, Study on the Economic impact of open source software on innovation and the competitiveness of the Information and Communication Technologies (ICT) sector in the EU, abrufbar unter http://ec.europa.eu/enterprise/sectors/ict/files/2006-11-20-flossimpact_en.pdf. 127 Unter einer Apache Software Licence 2.0, siehe http://source.android.com/source/licenses.html. 128 Vgl. http://www.ifross.org/ifross_html/lizenzcenter.html für eine umfangreiche Übersicht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 30 Unter den Open-Content-Lizenzen hat in der Öffentlichkeit insbesondere die Organisation Creative Commons („Kreatives Allgemeingut“) mit ihrer Baukastenlizenz von sich reden gemacht.129 Dies ist zum einen dem Talent für Öffentlichkeitsarbeit ihres Gründers Lawrence Lessig130 geschuldet , allerdings auch der Tatsache, dass die Lizenz es geschafft hat, sich zu globalisieren. In einer Vielzahl von Ländern gibt es mittlerweile durch Experten an nationale Gesetze angepasste „CC“-Lizenzen, was zu einer besonders hohen Rechtssicherheit führt.131 Auch die einfache Verständlichkeit sowie die Beweglichkeit des Baukastensystems garantieren der CC-Lizenz einen hohen Wert. Die zunehmende Popularität der CC-Lizenz hilft dabei, ein weiteres grundsätzliches Problem zu lösen: Die Lizenzen sind untereinander nicht kompatibel. Verschiedene offen lizenzierte Werke (z.B. Musik- und Filmaufnahmen) können daher nicht miteinander kombiniert werden . Hier hilft eine starke Marktdurchdringung der Lizenzen dabei, gemeinsame Standards zu setzen. 6.3. Open Access Verwertungsmodelle 6.3.1. Erklärung des Publikationsmodells Open Access Open Access bezeichnet ein Publikationsmodell, das den freien Zugang zu wissenschaftlicher Literatur im Internet ermöglicht. Publizieren Autoren ihre Arbeiten unter Open-Access-Bedingungen (z.B. unter Verwendung von CC-Lizenzen) geben sie damit jedermann die Erlaubnis, diese Texte lesen, herunterladen, kopieren, verteilen, drucken, in ihnen suchen, auf sie verweisen und sie auch sonst auf jede denkbare legale Weise nutzen zu können. Dies soll ohne finanzielle , gesetzliche oder technische Barrieren ermöglicht werden, bis auf solche, die mit dem Internet -Zugang selbst verbunden sind. In allen Fragen des Wiederabdrucks und der Verteilung und in allen Fragen des Copyright sollte die einzige Einschränkung darin bestehen, den jeweiligen Autorinnen und Autoren Kontrolle über ihre Arbeit zu belassen und deren Recht zu sichern, dass ihre Arbeit angemessen anerkannt und zitiert wird. Ziel der Open-Access-Bewegung ist es mithin , wissenschaftliche Literatur und wissenschaftliche Materialien für jedermann kostenlos im Internet verfügbar zu machen, um wissenschaftliche Informationen zu maximieren und zu verbreiten .132 6.3.2. Das bisherige Publikationsmodell Die Wissenschaft lebt von der Verbreitung und dem Austausch von Forschungsergebnissen, die zumeist als Aufsätze in Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Diese Fachzeitschriften werden von privaten gewinnorientierten Verlagen oder wissenschaftlichen Gesellschaften herausgegeben. Die Qualitätssicherung der eingereichten Manuskripte liegt in der Hand von externen Wissenschaftlern (Herausgebern), die zur Begutachtung der eingereichten Beiträge fachlich kompetente 129 Für ausführlichere Informationen zu Creative Commons siehe auch http://www.creativecommons.org. 130 http://www.lessig.org. 131 In Deutschland etwa ist die Lizenz in Zusammenarbeit mit dem Institut für Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes entstanden, siehe http://de.creativecommons.org/kontakt/. 132 Vgl. http://open-access.net/de/allgemeines/was_bedeutet_open_access/ (27. 10. 2010). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 31 Forscher als Gutachter heranziehen (Peer Review). Die Veröffentlichung von Beiträgen in solchen Fachzeitschriften ist für das wissenschaftliche Renommee der Autoren notwendig. Sie erhalten hierfür in der Regel kein Honorar und müssen in vielen Fällen den Verlagen die exklusiven Nutzungsrechte an ihren Artikeln abtreten. Daher können die Forscher ihre eigenen Beiträge anschließend nicht mehr an anderer Stelle veröffentlichen. Obgleich die Digitalisierung das Publizieren kostengünster gemacht hat, sind die Preise für Fachzeitschriften in den vergangenen Jahren gestiegen. Angesichts knapper Etats mussten Hochschulen und Bibliotheken Abonnements kündigen, was zur weiteren Konzentration auf dem Markt und zu wiederum gestiegenen Preisen geführt hat.133 Diese Entwicklung ist auch in fiskalischer Sicht bedenklich, wenn man sich vor Augen hält, dass die öffentliche Hand gleich dreifach zur Finanzierung der Forschungsergebnisse beiträgt: Indem sie die Gehälter von Autoren und Gutachtern finanziert, die Forschungseinrichtungen selbst zur Verfügung stellt, sowie dann in einem dritten Schritt die erworbenen Erkenntnisse von Verlagen in Form wissenschaftlicher Publikationen wiederum zurückkauft. 6.3.3. Der Lösungsansatz von Open Access als Gegenmodell Die Forderung der Open Access Bewegung nach einem möglichst freien und ungehinderten Zugang zu mit öffentlichen Geldern finanzierten Forschungsergebnissen folgt nicht allein dem Gebot der wirtschaftlichen Nutzung von Steuergeldern, sondern betrachtet Wissen als eine Art Allmende , als „Gemeindewiese“, die zwar noch zugeordnet sein soll, aber von jedermann entgeltfrei genutzt werden darf. Auf diese Weise soll der größtmögliche Nutzen aus der Forschung gewonnen werden.134 Nach dem Prinzip von Open Access übernehmen die Wissenschaftler selbst, respektive die Institutionen, bei denen sie beschäftigt sind, die Erstveröffentlichung nach Open Access Grundsätzen (Golden Road). Auch dies ist Verlagsarbeit, allerdings werden im Unterschied zum herkömmlichen Verlag keine Gewinne erwirtschaftet. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass auch hierbei Kosten entstehen, die entweder von den Nutzern oder den Trägerorganisationen getragen werden müssen, in diesem Fall also der öffentlichen Hand.135 Daneben gibt es noch das Modell der Green Road, das stets eine Erstveröffentlichung durch einen Verlag und erst eine Zweitveröffentlichung nach Open Access Grundsätzen durch den Autor selbst vorsieht. Das Urhebervertragsrecht lässt beide Wege zu. Voraussetzung hierfür ist, dass der Autor darauf verzichtet, ausschließliche Rechte an einen Dritten einzuräumen, denn Open Access funktioniert nur, wenn jedermann unentgeltliche Rechte eingeräumt werden können. Beim Weg der Green 133 Ausführlich zu Ganzen Hirschfelder. Anforderungen an eine rechtliche Verankerung des Open Access Prinzips. In Kürze Lübbert. Open Access: Freier Zugang zu wissenschaftlicher Information. 134 Peifer. Wissenschaftsmarkt und Urheberrecht: Schranken, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht. GRUR 2009, 22, 24. 135 Vgl. Peifer. Wissenschaftsmarkt und Urheberrecht: Schranken, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht. GRUR 2009, 22, 24. mit Hinweis darauf, dass es sich hierbei um öffentliche Aufgabenerfüllung handeln würde, wie wir sie vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk kennen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 32 Road kommt es daher darauf an, dass der Urheber in den Verhandlungen über die Erstveröffentlichung gegenüber dem Verlag ein Recht zur Zweitveröffentlichung behalten kann.136 Der Weg der Golden Road kann dazu führen, dass der gesamte Publikationsprozess vom kommerziellen Verleger auf die öffentliche Hand, insbesondere die Hochschule oder ein Netz von Hochschulen verlagert wird.137 6.3.4. Pro und Contra Verleger und Autoren befürchten, dass Wissenschaftler von ihren Hochschulen oder Wissenschaftsorganisationen zur Veröffentlichung unter Open Access gedrängt oder verpflichtet werden könnten. Dies führe zur Enteignung der Urheber.138 Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen hielt dagegen, dass von einem Zwang zur Open Access Publikation nicht die Rede sein könne. Es werde lediglich erwartet, dass die Autoren der Gesellschaft, die ihre Forschung durch Steuermittel möglich macht, einen einfachen Zugang zu ihren Publikationen eröffnen, der zudem die öffentliche Hand möglichst wenig finanziell belastet.139 Gleichzeitig muss gesehen werden, dass es zwischen Verlagen und Autoren auch ein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis zu Lasten der Autoren gibt. Würden Autoren an den Erträgen der Publikation durch die Verlage besser partizipieren wäre das Interesse an Open Access möglicherweise geringer. Die Verlage fürchten, dass Open Access ihre Existenz gefährdet. Ihre Rolle im gewachsenen System der wissenschaftlichen Qualitätskontrolle sei aber unentbehrlich, da sie mit ihrer Reputation für die Verlässlichkeit von Informationen bürgten. Dem ließe sich entgegnen, dass der Wert dieser Leistung sich im Wettbewerb behaupten müsse. Gegen die Verlagerung von Teilen des Publikationsprozesses in die Hochschulen und wissenschaftlichen Institute durch Open Access kann eingewendet werden, dass diese Veröffentlichungen professionelle Strukturen verlangen , die dort noch nicht vorliegen und darüber hinaus auch dann Geld kosten, wenn keine Gewinne erwirtschaftet werden. Peifer weist ferner auf noch nicht diskutierte wettbewerbsrechtliche Probleme der öffentlichen Finanzierung von Publikationsstrukturen hin. Es wird auch bezweifelt, dass diese Aufgaben im öffentlichen Bereich effizient 136 Peifer. Wissenschaftsmarkt und Urheberrecht: Schranken, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht. GRUR 2009, 22, 27. 137 Peifer. Wissenschaftsmarkt und Urheberrecht: Schranken, Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht. GRUR 2009, 22, 26. 138 So der Vorwurf im sog. Heidelberger Appell, abrufbar im Internet unter http://www.heise.de/newsticker/meldung /Heidelberger-Appell-gegen-Google-214340.html. 139 So gemeinsamen Erklärung Dagegen der Allianz der Wissenschaftsorganisationen vom 25. März 2009. Abrufbar im Internet unter http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/pi_allianz_open_access.pdf. Zustimmend Hansen. Für ein Zweitverwertungsrecht für Wissenschaftler – zugleich Besprechung von Marcus Hirschfelder: Anforderungen an eine rechtliche Verankerung des Open Access Prinzips. GRUR 2009, 799 f. Vgl. zum Ganzen auch Cloes/Schappert. Das Für und Wider der urheberrechtlichen Diskussion im Zusammenhang mit dem „Heidelberger Appell“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 33 geleistet werden könnten und dass Forschungsinstitutionen die nötige Infrastruktur hätten, um publizierte Artikel dauerhaft elektronisch zu archivieren und zugänglich zu halten.140 Untersuchungen der EU141 und der OECD142 bestätigen das Ergebnis einer wohlfahrtsökonomischen Studie über das wissenschaftliche Publikationswesen in Großbritannien: der volkswirtschaftliche Nutzen von Open Access übersteigt signifikant die Kosten.143 6.3.5. Vorschläge für eine gesetzliche Verankerung des Open Access Prinzips Da das Urhebervertragsrecht dem Urheber bislang keine zwingenden Restbefugnisse für eine eigene Verwertung belässt, wurden Vorschläge für eine gesetzliche Regelung des Open Access Prinzips gemacht. 6.3.6. Anbietungspflicht Ein Vorschlag sah vor, dass der an einer Hochschule beschäftigte Autor verpflichtet werden soll, ein im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit entstandenes urheberrechtlich geschütztes Werk der Hochschule zur Veröffentlichung anzubieten. Erst wenn das Werk nicht binnen einer Frist von der Hochschule zur Veröffentlichung angenommen worden ist, sollen dem Urheber die Verwertungsrechte unbeschränkt zustehen.144 Dieser Lösungsansatz wird nicht weiter verfolgt, weil er mit der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Wissenschaftsfreiheit und mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht kollidiert, das die Befugnis des Urhebers schützt, allein darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form er sein Werk veröffentlichen möchte. Darüber hinaus würde die vorgeschlagene Regelung einen neuen Schrankentatbestand schaffen, der aufgrund des abschließenden Charakters des Schrankenkatalogs in der Richtlinie 2001/29/EG unzulässig ist.145 140 In der Archivierung sieht Peifer das wichtigste Problem. Wissenschaftsmarkt und Urheberrecht: Schranken, Vertragsrecht , Wettbewerbsrecht. GRUR 2009, 22, 27. Vgl. zum Ganzen auch Lübbert. Open Access: Freier Zugang zu wissenschaftlicher Information. 141 Siehe http://ec.europa.eu/research/science-society/pdf/scientific-publication-study_en.pdf (02.11.2010) 142 Siehe http://www.oecd.org/document/0,2340,en_2649_34487_25998799_1_1_1_1,00.html und http://www.oecd.org/dataoecd/9/61/38500813.pdf (02.11.2010). Prinzipiell wird das Nutzen von Open Access von der OECD in den Deklarationen befürwortet 143 Spielkamp. Open Access: Der Heidelberger Appell. 144 Pflüger/Ertmann. E-Publishing und Open Access – Konsequenzen für das Urheberrecht im Hochschulbereich. ZUM 2004, 436 ff. 145 Hansen. Zugang zu wissenschaftlicher Information – alternative urheberrechtliche Ansätze. GRUR 2005, 378 379 ff. Hirschfelder. Open Access – Zweitveröffentlichungsrecht und Anbietungspflicht als europarechtlich unzulässige Schrankenregelungen? §§ 38 und 43 des lege ferenda im Lichte der RL 2001/29/EG. MMR 2009, 444 447 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 34 6.3.7. Zweitveröffentlichungsrecht Nachgedacht wird auch über eine Änderung des § 38 Abs. 1 UrhG. Diese Bestimmung sieht vor, dass das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung, das der Autor einem Verlag zur Veröffentlichung in einer Zeitschrift überlassen hat, im Zweifel nach einem Jahr an ihn zurückfällt. Diskutiert wird ein Vorschlag von Hansen. Er räumt Urhebern von wissenschaftlichen Beiträgen, die überwiegend im Rahmen einer mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden sind, ein Zweitverwertungsrecht ein. Der Urheber erhält auch bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts das unabdingbare Recht, den Inhalt längstens nach Ablauf von sechs Monaten seit Erstveröffentlichung anderweitig öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.146 Eine entsprechende Regelung wäre nach zutreffender Auffassung nicht als (europarechtlich unzulässige ) Schrankenbestimmung anzusehen147, sondern als urhebervertragsrechtliche Regelung. Sie würde daher auch nicht mit dem Europarecht in Konflikt geraten.148 7. Digital Rights Management 7.1. Digital Rights Management (DRM) DRM (digitale Rechteverwaltung) bezeichnet eine Technologie, die den Zugriff auf digitale Medieninhalte wie Grafiken, Musiktitel und Filme durch die Konsumenten wirksam regeln soll.149 Es steht für den Schutz und das Management der Rechte aller am elektronischen Handel und der digitalen Distribution Beteiligter. Insbesondere soll eine generelle unbeschränkte Verarbeitung von Daten verhindert oder eine bestimmte beschränkte Verarbeitungs- und Nutzungsart forciert werden. Erreicht werden sollen diese Ziele über Technologien, die die Möglichkeit der individuellen Nutzungskontrolle und Abrechenbarkeit bieten, also elektronische Lizensierungssysteme.150 Technisch handelt es sich bei DRM um ein kryptografisches Verfahren. Eine Datei wird durch den Einsatz einer elektronischen Verschlüsselung untrennbar mit einer Lizenz verbunden. Das 146 Hansen. Zugang zu wissenschaftlicher Information: alternative urheberrechtliche Ansätze. GRUR Int. 2005, 5, S. 387. Ders.. Für ein Zweitverwertungsrecht für Wissenschaftler – zugleich Besprechung von Marcus Hirschfelder : Anforderungen an eine rechtliche Verankerung des Open Access Prinzips. GRUR 2009, 802 f. Vgl. auch Empfehlung für einen Entschließungsantrag des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages, BT-Drucksache 16/5939, S. 26. 147 So aber Hirschfelder. Anforderungen an eine rechtliche Verankerung des Open Access Prinzips. Sowie ders. Open Access – Zweitveröffentlichungsrecht und Anbietungspflicht als europarechtlich unzulässige Schrankenregelungen ? §§ 38 und 43 des lege ferenda im Lichte der RL 2001/29/EG. MMR 2009, 444, 445 ff. 148 Hansen. Für ein Zweitverwertungsrecht für Wissenschaftler – zugleich Besprechung von Marcus Hirschfelder: Anforderungen an eine rechtliche Verankerung des Open Access Prinzips. GRUR 2009, 801 f 149 Weitzmann, Digital Rights Description als Alternative für Digital Rights Management? MMR 2007, Heft 10, S. X. 150 Arlt. Digital Rights Management Systeme, S. 12 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 35 Öffnen der Datei ist nur möglich, sofern der korrekte „Schlüssel“ eingesetzt wird. Um dies durchführen zu können, ist es in der Regel notwendig, sich mit dem Server des DRM-Anbieters zu verbinden , der die Daten abgleicht. DRM-Systeme können zur Kontrolle der Zugangsberechtigten, zur Nutzungskontrolle oder auch zur detaillierten Nutzungsüberwachung bis hin zu Bezahlsystemen (etwa pay-per-view) eingesetzt werden. Im weiten Sinne fasst man unter DRM die Verwaltung und die Vermarktung von Rechten an immateriellen Werken in ihrer digitalen Gestalt und deren Sicherung.151 Der Begriff bezeichnet also den Einsatz der zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Mittel durch die Rechteinhaber zum Schutz und der Verwertung ihres geistigen Eigentums über das Internet, Datenträger, mobile Abspielgeräte oder Mobiltelefone. Diese Maßnahmen und Mittel können rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein.152 Unter den engeren Begriff des DRM wird allein der Einsatz technischer Schutzmaßnahmen zur faktischen Sicherung der Verwertungsrechte summiert. Die hierzu angewendeten DRM-Systeme formen den Kern des DRM. Gemeinhin wird aber von einem weiten Verständnis solcher Systeme ausgegangen. Jegliche technische Mittel, die digitale Inhalte gegen unbefugten Zugriff schützen und/oder deren Gebrauch überwachen oder der Durchsetzung von Einschränkungen der eingeräumten Nutzerrechte dienen, zählen zu derartigen DRM-Systemen. 153 Es bieten sich, je nach angestrebtem Nutzen oder Zielen, verschiedenartigste Optionen für den Einsatz einzelner DRM-Komponenten. Die wichtigsten sind: - Zugangs- und Nutzungskontrolle - Identifizierung durch Metadaten - Kryptographische Sicherung für Daten - Integritäts- und Authentizitätskontrolle - DRM bei Soft- und Hardwarekomponenten - Kopierschutz- und andere Schutzmechanismen. 7.2. Möglichkeiten durch Digital Rights Management DRM stellt Funktionen zur Zugangs- und Nutzungssteuerung bereit. Im Rahmen der Zugangssteuerung gibt es die Möglichkeit, den vom Rechteinhaber nicht erlaubten Zugriff durch unberechtigte Nutzer sowie die sog. Schutzrechtspiraterie zu verhindern und als Nutzungssteuerung 151 Vgl. Schulz. Der Bedeutungswandel des Urheberrechts durch Digital Rights Management - Paradigmenwechsel im deutschen Urheberrecht? GRUR 2006, 470, 471. 152 Schulz. Der Bedeutungswandel des Urheberrechts durch Digital Rights Management - Paradigmenwechsel im deutschen Urheberrecht? GRUR 2006, 470, 471. 153 Arlt. Digital Rights Management Systeme. S. 12 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 36 schafft es eine fundierte Grundlage, um die individuelle Nachfrage effizient und nutzungsadäquat zu bedienen. Ermöglicht wird eine Vermarktung durch flexible Geschäftsmodelle, z. B. mit Hilfe individueller Vergütungssysteme und einer flexiblen Preisgestaltung. Preisdifferenzierungen können aufgrund dieses Systems vorgenommen werden, ob einzelne Musikstücke zum einmaligen Anhören in Form eines Streams, zum mehrmaligen Anhören ohne Kopiermöglichkeit, in Form einer kopiergeschützten CD oder auch in Form der bislang üblichen, beliebig oft hörbaren, nicht kopiergeschützten CD genutzt werden. Danach bietet sich die Option, unterschiedliche Preise der jeweiligen Nutzungsintensität entsprechen zu berechnen.154 Dies zeigt deutlich die Vorteile gegenüber dem analogen Bereich, in dem man angesichts des Defizits an Informationen, wer wann welches Werk auf welche Weise genutzt hat, auf mehr oder minder pauschalisierende Schätzungen angewiesen ist.155 Das DRM eröffnet weite Möglichkeiten der digitalen Individuallizensierung. Diese können beispielsweise so aussehen, dass der Hersteller eines Werkexemplars jede Nutzung davon abhängig machen kann, dass sich der Nutzer online registriert, dass der Nutzer für jede Nutzung eine besondere Vergütung zahlt, oder dass er das Werkexemplar ausschließlich in der Form nutzen kann, für die er sich beim Erwerb Nutzungsrechte hat einräumen lassen.156 Dadurch erledigt sich das aus Sicht der Rechteinhaber bestehende Problem der beliebigen millionenfachen verlustfreien Kopiermöglichkeit digitaler Werke. Zwar kann eine DRM-geschützte Mediendatei weiterhin binnen kürzester Zeit kopiert werden, aber nur die Nutzer, die mit den nötigen Abspiellizenzen ausgestattet sind, können mit ihr auch etwas Sinnvolles anfangen. Somit bleibt das Internet weiterhin als Verbreitungsweg nutzbar, ohne dass die Rechteinhaber damit zugleich jegliche Kontrolle über die Nutzung ihrer Medieninhalte verlieren.157 Ferner kann DRM in Unternehmen, Behörden und Organisationen nutzbar gemacht werden. Beispielhaft wäre da der Einsatz von DRM in Unternehmen zum effektiven Schutz von Kundendaten in Form einer kontrollierten Weitergabe vertraulicher Dokumente.158 Letztlich lässt sich festhalten, dass das offensichtlich festgelegte Ziel von DRM die allgegenwärtige Gewährleistung des Schutzes digitaler Inhalte vom Erwerb bis zur Nutzung ist. Dabei reihen sich folgende Vorteile und Errungenschaften auf: - Flexibilität und Mobilität, die dem Nutzer dadurch geboten wird, Daten überall frei nutzen zu können - Nachhaltige Kontrollmöglichkeiten digitaler Inhalte - Die Möglichkeit von Rechteinhabern ihre Werke direkt zu verkaufen 154 Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 24. 155 Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn. 24 156 Müller, in: Hoeren/Sieber. Handbuch Multimedia-Recht Teil 7.5 Rdn. 32. 157 Weitzmann, Digital Rights Description als Alternative für Digital Rights Management? MMR 2007, Heft 10, S. X. 158 Grassmuck. Wissenskontrolle durch DRM: von Überfluss zu Mangel. In: Hofmann, Jeanette (Hrsg.). Wissen und Eigentum - Geschichte, Recht und Ökonomie stoffloser Güter, S. 166. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 37 - Die Gelegenheit von Rechteinhabern Nutzungsbedingungen ganz nach Belieben festzulegen und zugleich durchzusetzen - Abgestufte Freigabe z. B. privater Daten - Insgesamt variablere Möglichkeiten bzgl. der Nutzungsfreigabe. 7.3. Einschränkungen durch Digital Rights Management Gegner des DRM sprechen kritisch von „Digital Restriction Management“, womit deutlich wird, dass diese Technologie Nutzungsrestriktionen erheblichen Ausmaßes einführt, wo andernfalls keine wären.159 DRM schaffe das Urheberrecht dadurch ab, dass es seinen Betreibern ein absolutes Recht über Werke einräumt, wo die gesetzlichen Rechte durch die Schranken des Urhebergesetzes begrenzt waren. War das Urheberrecht bislang ein von einem öffentlichen Gesetzgeber ausgehandelter Interessenausgleich, so tritt an dessen Stelle nunmehr ein privater Vertrag, dessen Einhaltung von DRM erzwungen wird. Kritiker sehen bei der Verwendung solcher DRM-Systeme eine erhebliche Ausdehnung des Urheberrechts in den bislang urheberrechtsfreien privaten Bereich hinein. Ein Spannungsfeld würde evoziert: einerseits verleiht das Urheberrecht zeitlich und nach Nutzungen beschränkte Eigentumsrechte, andererseits ermöglicht die Technologie den Verwertern, weit über diese Rechte hinausgehende Restriktionen zu verhängen.160 Die Aufgabe des Gesetzgebers reduziere sich bisweilen nur noch darauf, rechtlichen Flankenschutz i.S. einer urheberrechtlichen Einbettung im Falle der Umgehung von DRM-Technologien zu bieten.161 Dieser Entwicklung der Privatisierung und Absolutierung der Verfügungsgewalt über Werke wird mit Skepsis begegnet.162 Allerdings ist hervorzuheben, dass durchaus nicht alle Rechteinhaber ihre Werke mit DRM- Schutz versehen. Dies liegt darin begründet, dass die Anbringung eines DRM-System mit erheblichen Zeit- und vor allem Geldinvestitionen verbunden ist. DRM-Systeme müssen wirksam sein, damit Umgehungen verhindert werden können. Dadurch sind ständige Aktualisierungen oder eben auch Optimierungen und Neuentwicklungen zwingend erforderlich. Ein Urheber oder Hersteller wird Investitionen für ein DRM-System aber dann vermeiden wollen, wenn die Gefahr einer rechtswidrigen Nutzung des Werks oder aber der Nutzen von DRM als relativ gering anzusehen ist.163 159 Grassmuck. Wissenskontrolle durch DRM: von Überfluss zu Mangel. In: Hofmann, Jeanette (Hrsg.). Wissen und Eigentum - Geschichte, Recht und Ökonomie stoffloser Güter. S. 166. 160 Grassmuck. Wissenskontrolle durch DRM: von Überfluss zu Mangel. In: Hofmann, Jeanette (Hrsg.). Wissen und Eigentum - Geschichte, Recht und Ökonomie stoffloser Güter. S. 167. 161 Grassmuck. Wissenskontrolle durch DRM: von Überfluss zu Mangel. In: Hofmann, Jeanette (Hrsg.). Wissen und Eigentum - Geschichte, Recht und Ökonomie stoffloser Güter. S. 169. 162 Schulz. Der Bedeutungswandel des Urheberrechts durch Digital Rights Management - Paradigmenwechsel im deutschen Urheberrecht? GRUR 2006, 470, 475. 163 Vgl. Müller, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Rdn. 33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 38 Dieser Umstand könnte den Konflikt zwischen Individuallizensierung und kollektiver Rechtewahrnehmung verschärfen. Auf eine kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften zwecks bestehender Vergütungsansprüche sind dabei nur diejenigen Urheber bzw. Verwerter angewiesen, die vor den Investitionen für technische Systeme zurückschrecken. Urheber und Verwerter hingegen, die aufgrund hoher Verkaufszahlen ihrer Werke ohnehin in einer starken Position zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Interessen sind, können durch die Einführung von Schutzsystemen und dem DRM individuelle Lizenzen zu weitgehend von ihnen bestimmten Konditionen einräumen. Diese bedürfen daher keines Kollektivschutzes durch Verwertungsgesellschaften .164 Das Recht der Verwertungsgesellschaften zur kollektiven Rechtewahrnehmung wird weitergehend auf Rechte für Nutzungen beschränkt werden, die nicht durch Digitaltechnik individuell lizensiert werden können. Dabei dürften im Ergebnis nur noch die wirtschaftlichen Interessen derjenigen Urheber kollektiv vertreten werden, die ihre Rechte durch „technical licensing“ via DRM selbst aufgrund ihrer mangelnden Liquidität und Wirtschaftskraft nicht ausreichend durchsetzen können.165 Ein weiterer Nachteil von DRM liegt in der Inkompatibilität mit manchen Wiedergabegeräten, denn nicht alle Gerätehersteller produzieren DRM-kompatible Systeme. Es gibt außerdem auf dem Markt noch Tonträger und Endgeräte, die DRM nicht erkennen und nicht verwenden können .166Daher lässt sich eine DRM geschützte Mediendatei trotz erworbener Lizenz nicht auf allen Geräten wiedergeben. Manche der populären Programme zur Medienwiedergabe (z.B. der weit verbreitete Windows-Mediaplayer) erlauben bereits das Öffnen von DRM-gesicherten Dateien nur bedingt, was den Nutzer ohne Zweifel erheblich in seiner Freiheit einengt. Darüber hinaus sind DRM-Mechanismen teilweise so grundlegend und umfassend in die Software integriert, dass mitunter sogar handfeste Geschwindigkeitseinbußen entstehen.167 Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass Endnutzer befürchten, in Zukunft weiterhin mehr und mehr ihrer Rechte und Nutzungsmöglichkeiten beschnitten zu werden. Der Einsatz technischer Schutzmechanismen in Verbindung mit DRM erschwere den Zugang zu geschützten Werken und Leistungen (sei es nun Musik, Film, Literatur oder sonstiges) erheblich. Man spricht sogar von einer Monopolisierung an sich freier Informationen, da Rechteinhaber bestrebt sind, ganz nach eigenem Gutdünken einen faktisch übermäßigen Schutz ihrer Werke herzustellen. Derartige Monopole unbegrenzt zuzulassen, sei jedoch nicht im Sinne des Gesetzgebers.168 164 Müller, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 7.5 Rdn.34. 165 Vgl. Müller, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 7.5 Rdn. 34. 166 Schulz. Der Bedeutungswandel des Urheberrechts durch Digital Rights Management - Paradigmenwechsel im deutschen Urheberrecht? GRUR 2006, 470, 477. 167 Weitzmann, Digital Rights Description als Alternative für Digital Rights Management? MMR 2007, Heft 10, S. XI. 168 Dreier, in: Dreier/Schulze. Urheberrechtsgesetz. Einl. Rdn 25. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 39 7.4. Resümee Wenngleich wohl nicht übersehen werden sollte, dass die in das Internet kommerziell eingespeisten Informationen und Werke von irgend einer Seite finanziert werden müssen, so ist doch der Einschnitt in die Freiheit des Informationszugangs ein gewichtiges Argument gegen einen allzu umfänglichen Einsatz von DRM-Systemen. An dieser Stelle sollte aber ebenfalls erwähnt werden, dass DRM ein derzeit noch ausbaufähiges Projekt ist, was zurzeit bei weitem noch nicht ausgereift ist. Bisher haben sich kaum einheitliche Standards herauskristallisiert und es gibt nur wenige tragfähige Systeme, weshalb gerade die Systemintegration und die Standardisierung oberste Priorität genießen.169 Letztlich ist DRM als Selbsthilfe der Industrie gedacht, die einen optimalen Ausgleich zwischen der informationellen Selbstbestimmung und Informationsfreiheit von Nutzern und dem Schutz der Urheber und Verwerter vor Missbrauch ihrer Werke zu schaffen bemüht ist. Allein auf dem Wege der Herstellung eines Gleichgewichts zwischen den einzelnen Interessen kann DRM als eine zukunftsträchtige technische Errungenschaft betrachtet werden, die weiterer Entwicklung noch bedarf. 8. Auswirkungen der Digitalisierung von Musik für die Musikwirtschaft 8.1. Problemstellung: Herausforderung an die Musikindustrie Die Möglichkeiten der Digitalisierung von Medieninhalten haben einschneidende Veränderungen der Konsumgewohnheiten und Zahlungsbereitschaften für Musik nach sich gezogen. Die Digitalisierung ermöglicht ein qualitativ verlustfreies und unendlich häufiges Kopieren von Musik. Durch das Internet und neue Technologien wie MP3-Player und Smart-Phones wurde Musik darüber hinaus allgegenwärtig verfügbar. Dadurch steht die Musikindustrie vor der Herausforderung , ihre Geschäftsmodelle, die viele Jahre prächtig funktionierten, überdenken zu müssen.170 Seit dem Jahr 2000 sind ihre Umsätze um ungefähr 40 Prozent zurückgegangen.171 Diesen Rückgang führt die Musikindustrie zu großen Teilen auf Musikpiraterie zurück172, während ihr von anderer Seite vorgehalten wird, sie habe es schlichtweg versäumt, angemessen auf den technischen Wandel zu reagieren. Die Nutzer hätten sich selbst ein Angebot geschaffen, das ihnen seitens der Musikindustrie lange Zeit verwehrt wurde.173 Wissenschaftliche Untersuchungen haben bislang einen statistisch signifikanten, negativen Einfluss der Aktivitäten von Tauschbörsen auf 169 Schulz. Der Bedeutungswandel des Urheberrechts durch Digital Rights Management - Paradigmenwechsel im deutschen Urheberrecht? GRUR 2006, 470, 473. 170 So Cordes. Non- physische Tonträger im Verdrängungswettbewerb mit physischen Tonträgern. S. 1. 171 Westermann. Deutsche Musik auf der Überholspur. 172 Westermann. Deutsche Musik auf der Überholspur. 173 Clement/Schusser. Ökonomie der Musikindustrie. S. 3. Cordes. Non- physische Tonträger im Verdrängungswettbewerb mit physischen Tonträgern. S. 3, 48. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 40 den Absatz von Tonträgern nicht zweifelsfrei nachweisen können.174 Erforderlich sind neue Konzepte von Seiten der Industrie, denn wie der Erfolg allein eines Dienstes wie iTunes gezeigt hat, bieten die neuen technischen Möglichkeiten auch wirtschaftliche Chancen. 8.2. Begriffliche Klärung: Musikwirtschaft - Musikindustrie Die Begriffe Musikwirtschaft, Musikindustrie, Tonträgerindustrie und Musikbranche werden im täglichen Sprachgebrauch als Synonyme verwendet. Dabei umfasst der Begriff Musikwirtschaft die Gesamtheit aller wirtschaftlichen Aktivitäten, die mit Musik zu tun haben, nämlich Konzertveranstaltungen , Tonträger-, Musikalienherstellung und den Notendruck.175 Zum Kernbereich der Musikwirtschaft gehört der Tonträgermarkt, der auch als Musikindustrie bezeichnet werden kann. Urheber, Komponisten und Texter, übertragen beim herkömmlichen Verwertungsweg einem Tonträgerhersteller die Nutzungsrechte zur Vervielfältigung und Verbreitung. Dieser übernimmt dann die Abwicklung der Produktion, Distribution und Promotion des Tonträgers für den Zeitraum der ihm erlaubten Nutzungsdauer. Durch die zunehmende Digitalisierung und Verbreitung von Musik über das Internet sind physische Tonträger für die Verbreitung und für den Genuss von Musik keine Notwendigkeit mehr. Daher ist dieser Teil der Musikwirtschaft am stärksten bedroht.176 8.3. Typische Nutzungsformen von Musik im Internet 8.3.1. Download-Angebote Download-Angebote geben den Nutzern die Möglichkeit, die Datenbank des Anbieters nach Musiktiteln zu durchsuchen und einzelne Titel oder ganze Alben käuflich zu erwerben und auf ihren Computer zu übertragen. In diesen Bereich gehört der Online-Vertrieb von Klingeltönen für Mobiltelefone, der einen guten Teil des Internet-Musikgeschäfts ausmacht. Da die Nutzer aus einem bereit gestellten Repertoire interaktiv auswählen, werden Download- Angebote zu den sog. „Music on Demand“ – Diensten gerechnet. Aufgrund der beiden Charakteristika der Interaktivität und des dauerhaften Erwerbs sind Download-Dienste mit dem herkömmlichen Tonträgerabsatz vergleichbar und haben daher einen besonders starken Substitutionseffekt auf den traditionellen Vertrieb von Tonträgern. 174 Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 83, 87. 175 So Frahm. Die Zukunft der Tonträgerindustrie. S. 13. 176 Frahm. Die Zukunft der Tonträgerindustrie. S. 15 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 41 Die technischen Voraussetzungen für Download-Angebote bestehen etwa seit Mitte der 90er Jahre. Durch Verbesserung der Datenübertragungsverfahren und die Entwicklung digitaler Kompressionstechniken und Dateiformate, insbesondere des Audiostandards „MP3“, konnten Audiodateien in vertretbarer Geschwindigkeit über das Internet übertragen werden.177 8.3.2. Abonnement-Angebote Eine weitere Form von Music on Demand sind Abonnement-Angebote, die dem Nutzer gegen Zahlung eines monatlichen Entgelts (Musikflatrate) unbeschränkten Zugriff auf ihr Musikrepertoire anbieten. Dabei gibt es Anbieter, die dem Kunden das Herunterladen erlauben, während andere die Musik als Audio-Stream zeitgleich auf den heimischen Computer übertragen, ohne ein dauerndes Speichern zu ermöglichen. Es gibt jedoch auch Streaming-Angebote, die gegen einen Aufpreis erlauben, die Musik dauerhaft herunterzuladen. Sie kann dann allerdings nur so lange genutzt werden, wie der Kunde Abonnent ist und wird danach gesperrt. Die Musikplattform Simfy ist als neues Angebot in diesem Sektor seit Mai 2010 auf dem Markt. Über sechs Millionen Musiktitel stehen zum kostenlosen Streaming bereit – unterbrochen von Werbung. Simpfy bietet gleichzeitig an, gegen Zahlung von zehn Euro pro Monat mehr Titel ohne Werbung zu beziehen mit der Möglichkeit, die Musik auch auf Smartphones zu laden.178 Auch die Abonnement-Dienste haben einen Substitutionseffekt auf den Vertrieb von Tonträgern, weil die Nutzer die Musik frei wählen können und daher auf den Erwerb körperlicher Tonträger nicht mehr angewiesen sind. Gegenüber den Download-Diensten haben Abonnement-Dienste den Vorteil, dass sie den Nutzern den Aufwand der Verwaltung von Audiodateien auf ihren Rechnern ersparen und umgekehrt, die Rechteinhaber und Anbieter nicht zu befürchten brauchen, dass die Nutzer die erworbene Musik unautorisiert verwenden und beispielsweise in illegale Tauschbörsen einspeisen. Gleichwohl gibt es erst ein kleines Angebot von Abonnement-Diensten auf dem Markt.179 8.3.3. Tauschbörsen Internet-Tauschbörsen sind Plattformen zum Austausch von Dateien. Hierbei werden die Dateien im Unterschied zu den zuvor beschriebenen Diensten nicht auf einem zentralen Server bereitgehalten , sondern sind auf den Computern der Kunden verteilt. Als Vermittlungssystem zwischen den einzelnen Nutzern fungiert eine Software. Nutzer können nur auf Dateien anderer Nutzer zugreifen , wenn sie Dateien ihrer eigenen Festplatte für den Zugriff der anderen freigeben. Da alle mit dem Netzwerk verbundenen Rechner gleichrangig sind, bezeichnet man diese Tauschbörsen 177 Vgl. ausführlicher zum Ganzen Heine. Wahrnehmung von Online-Musikrechten durch Verwertungsgesellschaften im Binnenmarkt. S. 7 ff. 178 Kapalschinski. Die Welt der Musik – kostenlos und legal. Handelsblatt 07.09.2010. 179 Vgl. ausführlicher zum Ganzen Heine. Wahrnehmung von Online-Musikrechten durch Verwertungsgesellschaften im Binnenmarkt. S. 11 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 42 auch als „Peer.to-Peer“ – oder „P2P“-Netzwerke. Seit dem Jahr 1999, als die Tauschbörse Napster die erste Software hierfür eingeführt hatte, ermöglichen Tauschbörsen die illegale weil urheberrechtsverletzende Verbreitung von Musik über das Internet.180 In jüngerer Zeit sind auch legale Tauschbörsen entstanden, in denen Nutzer Musikdateien nur mit Zustimmung der Rechteinhaber und gegen Zahlung einer Vergütung austauschen können. Der Vorteil dieses Systems liegt in der Möglichkeit der Nutzer, sich über die gemeinsame Plattform über ihre musikalischen Vorlieben austauschen zu können. Auch die kommerziellen Tauschbörsen sind den Music on Demand-Angeboten zuzurechnen.181 8.3.4. Internetradio Internetradio, auch Webradio, ist das internetbasierte Angebot von Radiosendungen. Anders als bei Music on Demand bekommen die Nutzer hier ein vorgefertigtes Programm. Die Übertragung erfolgt in der Regel im Wege des „Audio-Stream“; das Programm kann also während der Übertragung gehört, aber nicht gespeichert werden. Da der Nutzer hier nicht bestimmen kann, welche Titel er zu welchem Zeitpunkt empfängt, gleicht das Internetradio dem klassischen Hörfunk und ersetzt den Vertrieb von Tonträgern nicht, sondern ergänzt ihn nur. Es besteht allerdings zunehmend auch die Möglichkeit für die Nutzer, gezielt in Programmarchiven auf bestimmte Musiktitel zuzugreifen, womit diese Dienste näher an den Bereich der on Demand Dienste heranrücken.182 8.4. Konjunkturfaktoren Die Musikwirtschaft ist in ihrer etwa 100-jährigen Geschichte immer wieder sowohl durch die allgemeine Wirtschaftslage als auch durch musiktechnologische und musikalische Innovationen sowie organisatorische Faktoren beeinflusst worden. Gewaltige Umbrüche und Reorganisationen waren die Folge. Eine Bewertung der Lage der Musikwirtschaft muss daher die Fülle der Einflussfaktoren berücksichtigen.183 Als eine der einflussreichsten Innovationen im Musikbereich gilt die Markteinführung des Walkman von Sony im Jahre 1979, mit der die individuelle, mobile Musiknutzung sich auf ganzer Breite durchsetzte. Im März 1983 erfolgte dann in den USA die Markteinführung der Compact Disc (CD), die zur Verdrängung analoger Tonträgermedien führte. Die CD war ein Preistreiber. 184 Labels kürzten die Vergütungen der Künstler, indem die Tantiemen aus CD-Verkäufen um 20 Prozent gegenüber denen aus Plattenverkäufen gekürzt wurden. Gleichzeitig wurde die vom 180 Cordes. Non- physische Tonträger im Verdrängungswettbewerb mit physischen Tonträgern. S. 12 f. 181 Heine. Wahrnehmung von Online-Musikrechten durch Verwertungsgesellschaften im Binnenmarkt. S. 13 f. 182 Vgl. Heine. Wahrnehmung von Online-Musikrechten durch Verwertungsgesellschaften im Binnenmarkt. S. 14 f. 183 Vgl. ausführlich zum Ganzen Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S.78 ff. 184 Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. S. 81. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 43 Künstler erhobene „Verpackungsabgabe“ für den Tonträger von 10-15 Prozent auf 20 Prozent erhöht . Das hochpreisige Premium-Produkt CD beherrschte den Gesamtmarkt; Käufer mit geringerer Kaufkraft oder Zahlungswilligkeit wurden ignoriert.185 Die Trendwende kam im Jahre 1999. Bereits 1997 war die digitale DVD auf den Markt gekommen . 1999 startete die Tauschbörse Napster. Zur gleichen Zeit begann die Etablierung des mobilen MP3-Players auf dem amerikanischen Markt. Im Oktober 2001 brachte Apple die erste Generation seines iPod-Musikplayers auf den Markt, im April 2003 eröffnete Apple den iTunes Store als Online-Musikshop, der Musik für Musikplayer der iPod-Reihe vermarktet, das erste wirklich benutzerfreundliche, kommerzielle Online-Musikgeschäft.186 Umstritten ist nach wie vor, ob illegale Tauschbörsen für die Krise der Musikwirtschaft verantwortlich sind. Obgleich der Einbruch im Jahr 1999 mit dem Start der Tauschbörse Napster zeitlich zusammen fällt, haben wissenschaftliche Untersuchungen einen statistisch signifikanten negativen Einfluss nicht zweifelsfrei nachweisen können.187 Eine Befragung von 1000 Konsumenten im Jahre 2002 ergab, dass es keine Anhaltspunkte dafür gäbe, dass Kunden, die häufig digitale Angebote nutzen, weniger CDs kaufen würden. Ferner wurde herausgefunden, dass File-Sharing für Newcomer einen Promotion-Effekt auslösen kann, der dazu führt, dass der negative Effekt der dadurch entgangenen Verkäufe geringer wiegt, als der positive der dadurch zusätzlich gewonnenen Käufer.188 Das starke Ansteigen der Musikpiraterie in den Jahren zwischen 1999 und 2003 und ihr stetiges Sinken seit 2004 zeigen allerdings deutlich, dass es in diesem Zeitraum eine Nachfrage nach digitalen Musikangeboten gab, die bis zur Einführung von Apples iTune Store legal nicht befriedigt werden konnte.189 Die Digitalisierung senkt die Kosten für Produktion und Vertrieb von Musikaufnahmen ganz erheblich . Daher haben die wenigen Großunternehmen der Branche ihre wichtigsten Wettbewerbsvorteile gegenüber den vielen kleinen Unternehmen fast vollständig eingebüßt und in der Folge stetig Marktanteile verloren. Dass die großen Unternehmen zugleich mit relativ großen strukturellen Kosten zu wirtschaften haben, macht die Anpassung an die neuen Markterfordernisse schwerer .190 Ein weiterer Konjunkturfaktor ist das veränderte Mediennutzungsverhalten der Menschen. Immer mehr unterschiedliche Medien und Wege der Mediennutzung stehen den Verbrauchern zur 185 Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. S. 82. 186 Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. S. 83, 86. 187 Vgl. die Übersicht der ausgewerteten Studien bei Oberholzer-Gee/Strumpf. File-Sharing and Copyright. S. 35 – 37. 188 Cordes. Non- physische Tonträger im Verdrängungswettbewerb mit physischen Tonträgern. S. 47 mit weiteren Nachweisen. 189 Cordes. Non- physische Tonträger im Verdrängungswettbewerb mit physischen Tonträgern. S. 51. 190 Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 88. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 44 Verfügung. Die Ausstattung der Haushalte mit Mobiltelefonen, Computern, mobilen Abspielgeräten für Musik und Internetzugängen ist eine deutliche Zunahme zu verzeichnen, die das geänderte Mediennutzungsverhalten widerspiegelt. Das gilt in besondere Weise für die Jugendlichen. Dabei stehen die unterschiedlichen Medienformate zumindest teilweise in Konkurrenz zueinander und zwar sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht, denn sowohl das Freizeitbudget als auch das finanzielle Budget der Nutzer ist begrenzt. Drastisch zugenommen hat unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Nutzung von Videospielen. Die dafür anfallenden vergleichsweise hohen Anschaffungskosten und der zum Konsum der Spiele nötige Zeitaufwand müssen unweigerlich zu Lasten anderer Medienformate gehen. Daneben sind auch die Ausgaben für die Handy-Nutzung in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Für die Musikwirtschaft bedeutet dies konkret, dass weniger Kaufkraft auf dem Markt für Musikprodukte aller Art vorhanden ist.191 8.5. Zahlen zur Musikindustrie 8.5.1. Umsatz Der Jahreswirtschaftsbericht des Bundesverbandes der Musikindustrie (BVMI) verzeichnet für das Jahr 2009 einen zwar langsamen, aber stetigen Wandel vom physischen zum digitalen Markt. Die physischen Tonträgerverkäufe machen zwar mit 78 Prozent immer noch mehr als drei Viertel der Umsätze aus und bleiben damit mit großem Abstand die wichtigste Einkommensquelle der deutschen Musikindustrie. Gleichzeitig wächst aber der Anteil an Einnahmen aus dem Download -Geschäft gegenüber dem Vorjahr von 6 auf 8 Prozent. 192 In absoluten Zahlen stieg der Umsatz mit Downloads von 87,9 Mio. Euro im Jahr 2008 auf 118,2 Mio. Euro im Jahr 2009 um 34,6 Prozent. Dies ist bei leicht sinkenden Download-Preisen darauf zurückzuführen, dass die Konsumenten häufiger zum höher bepreisten Album (sog. Bundles) statt zum Single-Download greifen (52 %: 40 % des Umsatzes).193Dieser Trend hat sich auch im Jahr 2010 fortgesetzt. Wie der Bundesverband im August 2010 mitteilte, stieg der Umsatz mit Musikdownloads in den ersten Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr erneut um fast 40 Prozent. Dabei stieg der Verkauf von Bundles von 27,57 Mio. Euro auf 41,55 Mio. Euro um über 50 Prozent und der Verkauf von Singles von 24,17 auf 30,42 Mio. Euro um rund 26 Prozent .194 191 Vgl. zum Ganzen Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 89 ff. 192 Vgl. Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). http://www.musikindustrie .de/uploads/media/Kap3_Umsatz.pdf S. 14. 193 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). S. 15. 194 Bundesverband Musikindustrie. Presseerklärung vom 18. August 2010. http://www.musikindustrie .de/fileadmin/news/presse/Pressemitteilungen_2010/100818_BVMI_Musikmarkt_digital_1_Hj_2010_FI- NAL.pdf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 45 Diese Zahlen werden durch die Studie des Instituts GfK für den Bundesverband Informationswirtschaft , Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) im Wesentlichen bestätigt. Hier werden für das Jahr 2009 Musikdownloads im Wert von 112 Mio. Euro und eine Steigerung von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr angegeben. Bei den Stückzahlen wird eine Steigerung von 27 Prozent festgestellt. 195 Während der durchschnittliche CD-Preis in den vergangenen fünf Jahren nahezu gleich geblieben ist, ist der Preis für digitale Musikangebote im selben Zeitraum um 17 Prozentpunkte gesunken. Dies wird auf den starken Wettbewerb in Deutschland mit über 40 Anbietern zurückgeführt.196 8.5.2. Legale und illegale Musikkopien Die im Auftrag des Bundesverbandes Musikindustrie erstellte Brennerstudie 2010197 kommt zu dem Ergebnis, dass die Zahl der illegalen Musikdownloads in Deutschland von 316 Mio. Songs in 2008 auf 258 Mio. in 2009 zurückgegangen ist. Da die Anzahl der legalen Online-Verkäufe erneut gestiegen ist, hat sich das Verhältnis von gekauften zu illegal heruntergeladenen Songs verbessert. Es wird davon ausgegangen, dass der stetige Ausbau des digitalen Angebotes hierzu beigetragen hat. Dennoch kommen auf einen legal erworbenen immer noch rund fünf bis sechs illegale Downloads.198 Im Zeitraum von 2005 bis 2009 ist die Zahl der Personen, die illegal Musik aus dem Netz heruntergeladen haben um rund ein Drittel zurückgegangen, während die Anzahl der Käufer von Musik im Internet von 3,03 auf 5,59 Mio. gestiegen ist.199 Die im Auftrag der Internationalen Handelskammer erstellte TERA-Studie200 rechnet dagegen damit , dass der Filesharing-Gebrauch im Zeitraum von 2008 bis 2015 in Europa jährlich um mehr als 18 Prozent zunehmen wird. Sollte dies zutreffen würden dadurch Umsatzverluste bei Musikaufnahmen , Spielfilmen, TV-Serien und Software in Höhe von annähernd 32 Milliarden Euro im Jahr 2015 entstehen. 201 Bei den „Internet-Musikdieben“ ist nach den Ergebnissen der Brennerstudie die Altersgruppe der 20-39jährigen Männer und Frauen mit 50 Prozent überproportional vertreten. Unter den 10- 19jährigen nutzt nicht mal jeder zehnte Jugendliche (9 Prozent) die illegalen Angebote. Dabei 195 Vgl. Presseinformation vom 18. Februar 2010. http://www.bitkom.org/de/presse/8477_62526.aspx 196 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). S. 16. 197 http://www.musikindustrie.de/uploads/media/Brennerstudie_2010_Presseversion_FINAL.pdf. 198 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). S. 28, 29. 199 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). S. 29. 200 http://www.iccwbo.org/uploadedFiles/BASCAP/Pages/Aufbau%20einer%20digitalen%20Wirtschaft.pdf 201 Zusammenfassung – März 2010. http://www.musikindustrie.de/fileadmin/piclib/presse/Dokumente _zum_Download/Building_Digital_Economy_German.pdf Kapitel 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 46 ergab sich auch, dass 90 Prozent der Befragten über Recht und Unrecht beim „Musiktausch“ im Internet gut informiert waren.202 Die Musik wird auf PCs und Laptops, MP3-Playern und MP3-Handys sowie externen Festplatten gespeichert. Diese Speichermedien lösen langsam die Musikkopien auf CDs und DVDs ab, deren Menge seit 2006 rückläufig ist. Das Verhältnis von gekauften zu gebrannten CDs liegt bei 1:2.203 8.5.3. Gesellschaftlicher Schaden illegaler Musikbeschaffung Den durch illegale Downloads, physische Piraterie sowie unrechtmäßige Privatkopien entstandenen Schaden kann auch der Bundesverband Musikindustrie nur schwer beziffern. Er geht davon aus, dass die heruntergeladene oder kopierte Musik nach Endverbraucherpreisen im Jahr 2009 einen Wert von rund vier Mrd. Euro gehabt hätte. Gehe man davon aus, dass nur 10 bis 25 Prozent dieser Musik gekauft worden wären, läge der Umsatz zwischen 400 Mio. und einer Mrd. Euro. Die hierdurch entgangenen Einnahmen treffen nicht nur die Musikfirmen und den Handel, sondern auch den Staat, dem Mehrwertsteuereinnahmen in Höhe von rund 80 bis 200 Mio. Euro entgehen.204 Die TERA-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Kreativwirtschaft in Deutschland aufgrund von Piraterie im Jahr 2008 1,2 Mrd. Euro sowie mehr als 34.000 Arbeitsplätze verloren gingen.205 Für alle 27 EU-Staaten errechnet die Studie für 2008 einen Verlust von 10 Mrd. Euro und 186.000 Jobs. Ohne konkrete Gegenmaßnahmen könnten diese Zahlen nach Angaben der Studie bis zum Jahr 2015 in der EU auf 56 Mrd. Euro und rund 1,2 Mio. Arbeitsplätze ansteigen.206 8.5.4. Musikhandel übers Internet Der Vertrieb von Musik übers Internet gewinnt für die Musikindustrie zunehmend an Bedeutung. 2009 wurden erstmals mit dem Versand von CDs, Musikdownloads und den mobilen Angeboten mehr Umsätze erzielt, als in einer der anderen Handelsformen. Fast jeder dritte Euro wird damit beim Musikverkauf über das Internet verdient. Auf die Internet-Versandhändler wie Amazon entfällt dabei der größte Umsatzanteil.207 202 Bundesverband Musikindustrie. Presseservice. http://www.musikindustrie.de/fileadmin /news/presse/100423_Brennerstudie_2010_FINAL.pdf. 203 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). S. 31. 204 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). S. 31. 205 Zusammenfassung – März 2010. http://www.musikindustrie.de/fileadmin/piclib/presse/Dokumente _zum_Download/Building_Digital_Economy_German.pdf Kapitel 2. 206 Zusammenfassung – März 2010. http://www.musikindustrie.de/fileadmin/piclib/presse/Dokumente _zum_Download/Building_Digital_Economy_German.pdf Kapitel 3. 207 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). S. 34. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 47 8.5.5. Der deutsche Musikmarkt im internationalen Vergleich Weltweit hatten fast alle Länder zweistellige Umsatzrückgänge zu verzeichnen, während die Einnahmen aus dem Verkauf von Musikprodukten in Deutschland 2009 nur um 3,3 Prozent auf jetzt 1,530 Mrd. Euro zurückgingen. Damit entwickelt sich Deutschland besser als der Rest der Welt und dürfte 2009 mit einem geschätzten Weltmarktanteil von 9 Prozent den höchsten Wert seit Langem erreicht haben. Da international vor allem die physischen Märkte einbrachen wird die positive Situation in Deutschland auf den stabilen Absatz von CDs und DVDs zurückgeführt.208 Die USA bleiben mit Abstand stärkster Musikmarkt, gefolgt von Japan. Deutschland konnte seine Position als viertgrößter Musikmarkt der Welt weiter ausbauen und lag zum Ende des ersten Halbjahres 2009 sogar noch vor Großbritannien.209 8.6. Auswirkungen auf die Künstler In einer aktuellen Studie wird festgestellt, dass zwar die Anzahl der verkauften Musikalben nach 2000 gesunken ist. Zugleich hat sich aber die Zahl der neu produzierten Alben in den USA aber mehr als verdoppelt.210 Auch in Deutschland gibt es für den Zeitraum zwischen 2000 und 2008 ein deutliches Ansteigen der Produktionszahlen.211Gehring meint, diese Entwicklung könne möglicherweise auch so interpretiert werden, dass Filesharing im Musikbereich sogar mittelbar Kultur fördernd wirken könne. Jedenfalls aber widersprächen die Zahlen aus den USA und Deutschland eklatant der im Rahmen der so genannten Anreiz- und Belohnungstheorien der Urheberrechtsforschung immer wieder vorgebrachten These, dass sich Einnahmen aus dem Tonträgergeschäft direkt auf die kulturelle Produktion von Musik auswirken würden.212 Die Umsätze und Preise im Konzertbetrieb sind in den Jahren seit 1982 stetig schneller als die Inflation gewachsen. Für Künstler sind Live-Konzerte inzwischen zur wichtigsten Einnahmequelle geworden. In den gestiegenen Preisen für Konzerttickets könnte der Versuch von Musikern gesehen werden, Mindereinnahmen aus dem Verkauf von Tonträgern durch Mehreinnahmen aus dem Live-Geschäft zu kompensieren, denn die Gestaltung der Verträge zwischen Musikinterpreten und Tonträgerherstellern beschert den Musikern erst ab sehr hohen Verkaufszahlen für ihre CDs lukrative Einnahmen.213Viele Musiker lösen sich daher aus den wenig attraktiven Verträgen und unterzeichnen Verträge mit Konzertveranstaltern, wie die Musikerin Madonna, die 2007 208 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). S. 56. 209 Jahreswirtschaftsbericht 2009 des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). http://www.musikindustrie.de/uploads /media/Kap3_Umsatz.pdf S. 57. 210 Oberholzer-Gee/Strumpf. File-Sharing and Copyright. S. 23. 211 Vgl. Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 83 f. 212 So Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 84. 213 Vgl. Gehring. Branchenportrait Musikwirtschaft. In: Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. S. 88. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 111/10 Seite 48 vom Tonträgerhersteller Warner Music zum Konzertveranstalter Live Nation wechselte und damit einen kleinen Wechselboom auslöste.214 Andere Musiker schlagen den Weg der Selbstvermarktung ein, über eine eigene Website direkt zum Hörer. Die Beispiele zeigen, dass dieser Weg sehr lukrativ sein kann.215 9. Literaturverzeichnis Arbeit 2.0: Urheberrecht und kreatives Schaffen in der digitalen Welt. Abschlussbericht. Eine Untersuchung zu urheberrechtlicher Erwerbsarbeit in fünf Schlüsselbranchen. Projekt der Humboldt -Universität Berlin in Zusammenarbeit mit iRights.info. Berlin 2009. (Zitiert: Bearbeiter, Titel . 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