© 2018 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 098/18 Die 50+1-Regel in der Deutschen Fußball Liga Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 098/18 Seite 2 Die 50+1-Regel in der Deutschen Fußball Liga Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 098/18 Abschluss der Arbeit: 28. Januar 2019 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 098/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Kontrolle über Fußballvereine vor dem Hintergrund der 50+1-Regel 4 3. Wesentliche Argumente: Pro und Contra 5 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 098/18 Seite 4 1. Vorbemerkung Dieser Sachstand enthält eine Übersichtsdarstellung über die sogenannte 50+1-Regel, die die Deutsche Fußball Liga (DFL)1 für die Bundesliga und 2. Bundesliga erlassen hat, sowie die wesentlichen Argumente für und gegen diese Regel. 2. Kontrolle über Fußballvereine vor dem Hintergrund der 50+1-Regel Nach Angaben der DFL erfolgte die Einführung der 50+1-Regel im Jahr 1998 „im Zuge der Öffnung des Spielbetriebs der Lizenzligen für Kapitalgesellschaften per Beschluss des DFB-Bundestags . Ziel dieser Öffnung war es, ‚Lizenzvereinen die Umwandlung ihres lizenzierten Spielbetriebs in eine Kapitalgesellschaft zu ermöglichen‘ und damit ‚Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt ‘ oder ‚die organisatorisch verbindliche Einbindung von Sponsoren und anderen Interessierten ‘ zu eröffnen. Als zentrale Ziele der zeitgleich beschlossenen 50+1-Regel hat der DFB formuliert, dass ‚die organisatorische Verbindung von Leistungssport (Lizenzmannschaften) und Breitensport gewährleistet‘ bleibt und ‚die Ausgliederung möglichst neutral für die Wettbewerbssituation der Bundesligen und der verbandlichen Strukturen‘ zu gestalten ist.“2 Die DFL definiert die 50+1-Regel dabei wie folgt: „Die 50+1-Regel ist Bestandteil der Satzung des DFL Deutsche Fußball Liga e.V. Sie bestimmt , dass eine Kapitalgesellschaft nur dann eine Lizenz für die Teilnahme an der Bundesliga oder 2. Bundesliga erwerben kann, wenn der jeweilige Mutterverein mehrheitlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, also mindestens 50% der Stimmanteile plus einen weiteren Stimmanteil in der Versammlung der an der Kapitalgesellschaft beteiligten Anteilseigner hält. Für den Bereich des DFB verwendet der DFB eine gleichlautende Regelung . Ist – wie im Fall vieler Bundesliga-Clubs – eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) Lizenznehmer, muss der Mutterverein (oder eine von ihm zu 100% beherrschte Tochter) 1 Offizieller Name: DFL Deutsche Fußball Liga GmbH. Diese ist die hundertprozentige Tochtergesellschaft der DFL Deutsche Fußball Liga e.V., in der sich die in den Männer-Fußballligen Bundesliga und 2. Bundesliga vertretenen deutschen Vereine und Kapitalgesellschaften zusammengeschlossen haben. Letztere stellt insbesondere gegenüber dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) die Interessenvertretung seiner Mitgliedervereine dar. Quelle: Deutschen Fußball Liga: Die Struktur des DFL Deutsche Fußball Liga e.V.; URL: https://www.dfl.de/de/ueber-uns/dfl-deutsche-fussball-liga-ev/struktur-des-dfl-deutsche-fussball-liga-ev/ (Zugriff : 21.01.2019). 2 Deutsche Fußball Liga: Fragen und Antworten zur 50+1-Regel; URL: https://www.dfl.de/de/aktuelles/fragenund -antworten-zur-50-plus-1-regel/ (Zugriff: 21.01.2019). Zitiert aus: Ständiges Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen: In dem Verfahren über die Klage der Hannover 96 GmbH & Co.KGaA gegen Die Liga-Fußballverband e.V. (Ligaverband) wegen § 8 Ziffer 2 der Satzung des Die Liga-Fußballverbandes e.V. (Ligaverband); S. 2 f.; URL: http://proverein1896.de/wp-content/uploads/2018/02/50plus1Spruchdes- Schiedsgerichts.pdf (Zugriff: 23.01.2019) mit Bezug auf: Deutscher Fußball Bund: Amtliche Mitteilung; Nr. 3 vom 31. März 1999. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 098/18 Seite 5 die Stellung des Komplementärs in der KGaA haben, kann aber nach Maßgabe der DFL- Satzung die Kommanditanteile auch mehrheitlich an Dritte veräußern.“3 Über Ausnahmen von dieser Regel entscheidet das Präsidium der DFL. Diese sind möglich, wenn ein „Rechtsträger seit mehr als 20 Jahren den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat“4. Beweggrund für diese Regelung waren insbesondere die bereits seit langer Zeit in der Bundesliga vertretenen Vereine Bayer 04 Leverkusen und VfL Wolfsburg. Als dritter Verein hat die TSG 1899 Hoffenheim 2015 eine Ausnahme von der 50+1-Regel erreichen können.5 In der Spielzeit 2017/2018 haben 22 Klubs mit in Kapitalgesellschaften ausgegliederten Lizenzspielerabteilungen am Spielbetrieb der Bundesliga und 2. Bundesliga teilgenommen.6 Grundsätzlich müssen also Vereine der Lizenzligen bzw. Kapitalgesellschaften mit den in sie ausgegliederten Lizenzspielerabteilungen bzw. weiteren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben den von der DFL aufgestellten Kriterien entsprechen, um als Mitglieder in die DFL aufgenommen zu werden und folglich am Ligawettbewerb teilzunehmen. Darüber hinaus können eingetragene Vereine im Rahmen der Vereinigungsfreiheit und des Vereinsrechts frei entscheiden, ob sie die durch die Vereinsmitglieder ausgeübte Kontrolle über ihre Fußballabteilungen behalten wollen oder im Rahmen einer mehrheitlichen Ausgliederung abgeben. Werden die eingangs beschriebenen Regelungen der DFL dabei jedoch nicht eingehalten, kann dies neben der Versagung der Liga-Lizenz ebenfalls eine Nicht-Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins und damit verbundene steuerliche Nachteile zur Folge haben. 3. Wesentliche Argumente: Pro und Contra Die Diskussion um die 50+1-Regel wird kontrovers geführt. Die nachfolgende Aufzählung stellt die wesentlichen Argumente für und gegen die Abschaffung der Regel dar: Pro – Hauptargument: Da die 50+1-Regel nur in Deutschland gilt, besäßen deutsche Klubs einen großen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen europäischen und internationale Fußballvereinen , die finanziell wesentlich besser ausgestattet seien. Bei Fortbestand dieser restriktiven Regel drohe dem deutschen (Vereins-)Fußball die internationale Bedeutungslosigkeit .7 3 Ebenda. Siehe § 8 Nr. 3, Satzung des DFL Deutsche Fußball Liga e.V. in der Fassung v. 24.10.2016. Der DFB hat diese Regelung in § 16c seiner Satzung übernommen (Fassung v. 04.11.2016). 4 § 8 Nr. 3, Satzung des DFL Deutsche Fußball Liga e.V. in der Fassung v. 24.10.2016. 5 TSG Hoffenheim: DFL-Genehmigung – „Dietmar Hopp hat Maßstäbe gesetzt“; URL: https://www.achtzehn 99.de/newsarchiv-2/newsarchiv-2014/dezember-2014/dfl-genehmigung-dietmar-hopp-hat-massstaebe-gesetzt / (Zugriff: 23.01.2019). 6 Deutsche Fußball Liga: Fragen und Antworten…, a.a.O. 7 Sauer, Timo: Ein Plädoyer für die 50+1-Regel: Wir müssen um unseren Fußball kämpfen!; URL: http://www.europapokal .de/fussballkultur/50-1-regel-bundesliga-pro-fuenfzig-plus-eins/ (Zugriff: 25.01.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 098/18 Seite 6 – Die Abschaffung der Regel biete folglich eine Möglichkeit, mehr Mittel und Investoren zu gewinnen, um die finanzielle Lücke zu den internationalen Topklubs zu schließen und den sportlichen Erfolg der deutschen Vereine zu unterstützen.8 – Kritiker ließen außer Acht, dass der internationale Profi-Fußball bereits weitestgehend kommerzialisiert sei, sodass Vereine, um dauerhaft höchste Leistung zu zeigen, auf Investoren angewiesen seien.9 Contra – Durch die Übernahme der Stimmenmehrheit durch Investoren und deren Interesse an wirtschaftlichem Erfolg richte sich das Vereinsgeschäft dann nur noch nach Renditestreben .10 – Es bestehe die Sorge um die deutsche Fußballkultur, insbesondere sei die enge Bindung von Fans und Mitgliedern an ihren Verein gefährdet.11 Die demokratische Kontrolle der Vereinsmitglieder würde geschwächt. Sie könnten keine Mehrheitsentscheidungen mehr über die ausgegliederten Lizenzspielerabteilungen treffen.12 – Die Fußballvereine Real Madrid, FC Barcelona und Bayern München seien auch mit der 50+1-Regel die international erfolgreichsten. Die Abschaffung der Regel könne also kein Argument für mehr sportlichen Erfolg sein.13 Vielmehr würden wahrscheinlich auch bei Wegfall der 50+1-Regel nicht alle Vereine die Stimmenmehrheit an Investoren abgeben, was die Schere zwischen wohlhabenden und finanzschwächeren Klubs erhöhen würde.14 – Die Ticketpreise würden steigen, die sich die Masse der Fans nicht mehr leisten könne, so, wie dies in England bereits geschehen sei. Dort besuchten nun immer häufiger viele finanzkräftige Touristen die Spiele.15 **** 8 Wallrodt, Lars: Nie war die Zerrissenheit des deutschen Fußballs größer; 26.03.2018; URL: https://www.welt.de/sport/fussball/article174895643/50-1-Regel-Nie-war-die-Zerrissenheit-des-deutschen-Fussballs -groesser.html (Zugriff: 25.01.2019). 9 Blancke, Lars; Begerow, Hans: Pro und Conta. Ist die 50+1-Regel gut für den deutschen Fußball? URL: https://www.nwzonline.de/werder-bremen/oldenburg-pro-und-contra-ist-die-50-1-regel-gut-fuer-den-deutschen -fussball_a_50,1,750896548.html (Zugriff: 25.01.2019). 10 Sauer, a.a.O. 11 Blancke, a.a.O. 12 Wallrodt, a.a.O. 13 Sauer, a.a.O. 14 Blancke, a.a.O. 15 Ebenda.