Auswärtige Kulturpolitik der Europäischen Union Aktuelle Perspektiven - Ausarbeitung- © 2008 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 – 094/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Auswärtige Kulturpolitik der Europäischen Union Aktuelle Perspektiven Kurzinformation WD 10 - 3000 - 094/08 Abschluss der Arbeit: 14. Oktober 2008 Fachbereich WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Rechtliche Bedingungen der kulturellen Außenbeziehungen der Europäischen Union 3 3. Aktueller Stand der Debatte 6 4. Perspektiven 9 5. Literatur 11 - 3 - 1. Einleitung Von besonderer Bedeutung für die Auswärtige Kulturpolitik ist die fortschreitende europäische Integration. Die vertraglichen Regelungen – insbesondere Art. 151 EGV – betonen einerseits die kulturelle Diversität und die damit zum Ausdruck gelangenden kulturellen Interessen der Mitgliedstaaten und ihrer Regionen, formulieren aber andererseits den Anspruch, zur Entwicklung einer gemeinsamen kulturellen Basis beizutragen. Art. 151 Abs. 3 EGV verleiht der Gemeinschaft auch eine Kompetenz zur Zusammenarbeit mit Dritten Ländern und internationalen Organisationen. Zur Förderung dieser Zusammenarbeit sind Gemeinschaft und Mitgliedsländer gleichermaßen berufen, d. h. die Gemeinschaft besitzt im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen einen begrenzten und abgeleiteten Auftrag zur Außenkulturförderung (SINGER 2004: 39ff.; DODD u. a. 2006; MAX 2004). Jedoch wird der Vertrag von Lissabon die Bedingungen für die kulturellen Außenbeziehungen der EU verbessern.1 Die kulturpolitischen Regelungen bleiben gegenüber den bisherigen Verträgen weitgehend unverändert. Der neue Vertrag sieht ebenso wie die bestehenden Verträge vor, dass die Gemeinschaft nur innerhalb eines engen Rahmens zur auswärtigen Kulturpolitik befugt ist. Die Union kann auch künftig nur unterstützend tätig werden, da die Kompetenz im kulturellen Bereich weiterhin grundsätzlich den Mitgliedsländern zusteht. In diesem relativ engen Handlungsrahmen wird sich auch eine künftige Auswärtige Kulturpolitik der Europäischen Union befinden. Allerdings wird der Reformvertrag verbesserte Bedingungen für das auswärtige Handeln der Gemeinschaft schaffen. Dies soll durch eine Zusammenfassung aller außenpolitischen Instrumente der EU sowohl bei der Entwicklung neuer Strategien als auch bei der Entscheidungsfindung erreicht werden. Die Rolle der Kultur in den Außenbeziehungen der Europäischen Union wird auch in den aktuellen Beratungen auf europäischer Ebene betont. Die französische Ratspräsidentschaft hat dieses Thema zu einem zentralen Schwerpunkt der EU-Kulturpolitik erklärt. 2. Rechtliche Bedingungen der kulturellen Außenbeziehungen der Europäischen Union Zunehmend wird vor dem Hintergrund der immer größeren Vernetzung der Welt auch eine genuin europäische Außenkulturpolitik gefordert, die das Prinzip der Nationalstaatlichkeit in der Auswärtigen Kulturpolitik überwindet. So wird bereits in der „Kon- 1 Im Oktober 2007 haben sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf die Annahme des „Vertrags über die Europäische Union“ (EUV) und des „Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEUV) geeinigt (Vertrag von Lissabon). Damit der Vertrag wirksam werden kann, muss er in allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Mit dem negativen Votum in Irland ist der Vertragsreformprozess nach der Verfassungskrise im Jahr 2005 erneut ins Stocken geraten. - 4 - zeption 2000“ des Auswärtigen Amtes die europäische Dimension der Auswärtigen Kulturpolitik besonders betont (AUSWÄRTIGES AMT 2000: 18). Allerdings findet Kulturpolitik auf europäischer Ebene bisher vor allem als komplementäre Kulturpolitik statt. So hat seit Inkrafttreten des Maastrichter Vertrages am 1. November 1993 die Europäische Union eine durch die jeweils nationalen Kulturkompetenzen eingeschränkte kulturelle Förderkompetenz erhalten. Wesentliches Anliegen der Kulturförderung ist es, die Vielfalt kultureller Produktion und Präsentation in den Mitgliedstaaten zu fördern und ihre spezifischen Eigenheiten herauszustellen. Gleichzeitig will sie den in der Europäischen Union lebenden Menschen das gemeinsame Erbe aus allen Bereichen der Kultur ins Bewusstsein heben und zu seiner Erhaltung beitragen. Insbesondere der Artikel 151 EGV schuf die rechtliche Grundlage für die Programme, Aktionen und Initiativen der EU, die gezielt zur Förderung kultureller Aktivitäten im Gemeinschaftsgebiet aufgelegt werden. Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für Kulturpolitik, für die Gestaltung des kulturellen Lebens verbleiben freilich bei den Mitgliedstaaten und dort wiederum – wie im Fall der Bundesrepublik Deutschland – bei den Ländern und Kommunen (HOLTHOFF 2008; SINGER 2004). Der Kulturartikel sieht auch eine (ebenfalls eingeschränkte) gemeinschaftliche Kulturkompetenz nach außen vor: Art. 151 Abs. 3 verleiht der Gemeinschaft eine Kompetenz zur Zusammenarbeit mit Dritten Ländern und internationalen Organisationen .2 Absatz 3 betrifft die Kompetenzverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten in der kulturellen Kooperation mit dritten Staaten. Zur Förderung dieser Zusammenarbeit sind Gemeinschaft und Mitgliedsländer gleichermaßen berufen, d. h. die Außenzuständigkeit im Kulturbereich ist zwischen Gemeinschaft und Mitgliedsländern geteilt. Dies kommt auch durch den Wortlaut von Art. 151 Abs. 3 zum Ausdruck, der ein Zusammenwirken beider Ebenen vorsieht. Dafür spricht auch, dass sich die interne Regelungsbefugnis der Gemeinschaft im Kulturbereich auf eine Förderung beschränkt. Ihr kommt deshalb nur Ergänzungscharakter zu. Dies gilt entsprechend auch für den Außenbereich (LORENZ 2000: 83).3 Die Gemeinschaft ist zwar innerhalb des abgesteck- 2 In Abkommen mit Drittstaaten sind kulturelle Aspekte allerdings auch schon in der Vergangenheit eingeflossen (etwa in Lomé II und IV oder auch in die Abkommen mit den MOE). 3 Es handelt sich daher um eine Aufgabe, die von der EU und den Mitgliedstaaten gemeinsam zu gestalten ist. Völkerrechtliche Verträge im Kulturbereich sind insofern – infolge der fortbestehenden Außenkompetenz der Mitgliedstaaten – „gemischte Abkommen“ (BLANKE 2007), d. h. der Gemeinschaft kommt im Rahmen der ihr im Innenverhältnis eingeräumten Förderungs- und Unterstützungskompetenzen auch eine (geteilte) Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge zu. Zu unterscheiden sind freilich Verträge ausschließlich kulturellen Charakters, die im Rahmen des Art. 151 geschlossen werden und Abkommen anderer Natur mit kulturellen Aspekten, die nach den in den jeweiligen Sachgebieten vorgesehenen Regelungen geschlossen werden (z. B. Handelspolitik in Art. 133, Entwicklungszusammenarbeit in Art. 181, Assoziierung in Art. 310). In solchen Verträgen entfällt in der Regel der Zwang zur Einstimmigkeit (BERGGREEN-MERKEL 1995: 20). Bei der Handelspolitik nach Art. 133 sind jedoch auch die Änderungen durch den Vertrag von Nizza zu berücksichtigen: Wenn in den auf der Grundlage dieses Artikels abgeschlossenen - 5 - ten Rahmens ihrer Förderpolitik zu einer eigenständigen Auswärtigen Kulturpolitik befugt, allerdings kann sie auch hier nur unterstützend tätig werden, da die Kompetenz im kulturellen Bereich grundsätzlich den Mitgliedsländern zusteht. Die Gemeinschaft besitzt im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen nur einen begrenzten und abgeleiteten Auftrag zur Kulturförderung und damit auch zur Außenkulturförderung (MAX 2004; BLANKE 2007).4 Der im Oktober 2007 verabschiedete Vertrag von Lissabon baut in weiten Teilen auf dem Verfassungsvertrag auf, jedoch wurde er in die Struktur bestehenden Verträge (EUV/EGV) eingefügt.5 Kulturpolitische Aspekte und Regelungen bleiben gegenüber den bisherigen Verträgen weitgehend unverändert (wie auch schon der Verfassungsvertragsentwurf die Regelungen zum Kulturbereich des EG-Vertrages von Nizza übernommen hatte). Der Vertrag von Lissabon sieht ebenso wie die bestehenden Verträge vor, dass die Gemeinschaft nur innerhalb eines engen Rahmens zur auswärtigen Kulturpolitik befugt ist. Die Union kann auch künftig nur unterstützend tätig werden, da die Kompetenz im kulturellen Bereich weiterhin grundsätzlich den Mitgliedsländern zusteht . In diesem relativ engen Handlungsrahmen wird sich auch eine künftige Auswärtige Kulturpolitik der Europäischen Union befinden. Allerdings wird der Reformvertrag verbesserte Bedingungen für das auswärtige Handeln der Gemeinschaft schaffen. Dies soll durch eine Zusammenfassung aller außenpolitischen Instrumente der EU sowohl bei der Entwicklung neuer Strategien als auch bei der Entscheidungsfindung erreicht werden. So wird ein neuer Hoher Vertreter für die Europäische Union für die Außenund Sicherheitspolitik, gleichzeitig Vizepräsident der Europäischen Kommission, den Einfluss, die Stimmigkeit und die Wahrnehmbarkeit der Außenpolitik der EU erhöhen. Hinzu kommt ein neuer Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD), der den Hohen Vertreter in seiner Arbeit unterstützen soll. Es erscheint naheliegend, dass damit auch die institutionellen und personellen Bedingungen für eine Auswärtige Kulturpolitik der EU verbessert werden (LIEB / MAURER 2008; SINGER 2008).6 Verträgen kulturelle Aspekte enthalten sind, muss statt der Mehrheitsregel die im Kulturartikel vorgesehene Einstimmigkeitsregel angewendet werden. 4 Offen blieb jedoch zunächst, welche Ziele damit verfolgt werden sollen und wie das institutionelle Gefüge einer solchen Außenkulturpolitik aussehen soll. 5 Vgl. dazu die Verträge der Europäischen Union in der konsolidierten Fassung des Vertrages von Lissabon (www.consilium.europa.eu). 6 So schlägt etwa der European Council on Foreign Relations vor, als Teil des neuen Europäischen Auswärtigen Dienst auch eine Organisation für Bildung und Kultur („Alliance European“) nach dem Muster des British Council einzurichten (KORSKI 2008). Ein weiteres Ziel ist der Auf- und Ausbau eines Netzes von Kulturinstituten im Ausland vor dem Hintergrund des künftigen Systems der diplomatischen Vertretungen der Union. Vgl. dazu DODD; LYKLEMA; DITTRICH VAN WERINGH (2006), DUKE (2002) sowie LYNCH (2005). - 6 - Mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon7 werden sich deshalb die Bedingungen für das auswärtige Handeln der Gemeinschaft in einigen wesentlichen Punkten verändern . Vorgesehen ist eine Zusammenfassung aller außenpolitischen Instrumente der EU sowohl bei der Entwicklung neuer Strategien als auch bei der Entscheidungsfindung (JOPP; SCHLOTTER 2008).8 Gleichzeitig wertet der Reformvertrag neben dem Europäischen Parlament auch die nationalen Parlamente auf. Wie alle nationalen Parlamente der 27 EU-Mitgliedstaaten soll auch der Bundestag nach der künftigen Fassung des EU-Vertrags „aktiv zur reibungslosen Funktionsweise der Union“ beitragen (HOFMANN; WESSELS 2008: 16ff.). Auch für den Deutschen Bundestag ergeben sich hieraus – nicht zuletzt mit Blick auf das außenkulturelle Handeln der Union – neue Aufgaben und Herausforderungen.9 3. Aktueller Stand der Debatte Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben ihre Außenkulturpolitik bisher zu wenig auf eine europäische Konzeption für die kulturellen Außenbeziehungen der Union ausgerichtet. Nach wie vor dominiert auch innerhalb der Union das Prinzip des Kulturaustausches, das auch die Kulturbeziehungen mit Staaten außerhalb der EU kennzeichnet (ASSEMBLÉE NATIONALE/DEUTSCHER BUNDESTAG 2007).10Allerdings gibt es inzwischen eine Reihe von Ansätzen zur kulturellen Kooperation der Mitgliedstaaten in Europa, jedoch existiert bisher keine institutionelle Infrastruktur zur Gestaltung einer kohärenten Außenkulturpolitik der Union. Zu Recht rangieren die kulturellen Außenbeziehungen auf der Prioritätenskala der EU gegenwärtig weit oben. So sieht der Arbeitsplan des Rats im Kulturbereich (2008-2010) – im Rahmen der Umsetzung des Übereinkommens zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen11 – die Erarbeitung von Empfehlungen zur Förderungen der externen Kulturbeziehungen vor (Ratsdokument 9018/08).12 Ge- 7 Damit der Vertrag wirksam werden kann, muss er jedoch in allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. 8 Auch die „europäische Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung“ (KOM/2007/242) und die Schlussfolgerungen des Rats vom 16. November 2007 betonen die kulturellen Aspekte der internationalen Beziehungen der Europäischen Union. Vgl. dazu auch die Seite „Culture in European Union External Relations“, abrufbar unter http://ec.europa.eu/culture/index_en.htm (Stand 01.09.08). 9 Vgl. zur „Europäisierung“ des Bundestages ISMAYR (2007: 187ff.) sowie TÖLLER (2006) und FREUNDORFER (2008). 10 Vgl. dazu ausführlich ROSE (2008), FISKE DE GOUVEIA (2005) und EU-KOMMISSION (2004). Weitere aktuelle Informationen finden sich in INSTITUT FÜR AUSLANDSBEZIEHUNGEN/ROBERT- BOSCH-STIFTUNG (2007; 2008). 11 Vgl. dazu Beschluss 2006/515/EG des Rates vom 18. Mai 2006 über den Abschluss des Übereinkommens zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (ABl. L 201 vom 25.7.2006, S. 15). 12 Vgl. dazu die Schlussfolgerungen des Rates vom 21. Mai 2008 zum Arbeitsplan (ABl. C 143 vom 10.6.2008, S. 9). - 7 - rade die gegenwärtige französische Präsidentschaft will damit ein Thema weiterverfolgen , das bereits im Rahmen des informellen Kulturdirektorentreffens und auf einer Konferenz zur Rolle der Kultur in den EU-Außenbeziehungen im Mai 2008 in Ljubljana behandelt worden ist („Culture in the EU External Relations“).13 Auch die EU-Kommission hat – im Rahmen der in der neuen Kulturagenda14 genannten Zielsetzungen – im Frühjahr 2008 eine Mitteilung zur externen Dimension der EU-Politik in den Bereichen Erziehung, Bildung, Jugend und Kultur angekündigt. Die Mitteilung soll einen Politikrahmen für die externe Dimension der Politik in den Bereichen Bildung, Jugend und Kultur entwerfen und verdeutlichen, auf welche Weise der politische Dialog und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten auf diesem Gebiet zur Stärkung weltweiter Partnerschaften der EU beitragen können.15 Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch die angestrebte Kulturstrategie mit den Mittelmeerländern (Presseinfo IP/08/814 vom 29.05.08). Dazu haben sich Kulturminister und Vertreter der Zivilgesellschaft aus den 39 Mitgliedstaaten der Mittelmeerpartnerschaft am 29./30. Mai in Athen getroffen („Euro-Mediterranean Partnership“).16 Die Tagung soll dazu beitragen, kulturelle Aspekte – im Rahmen der „Europäischen Agenda für Kultur“ – stärker in den Außenbeziehungen der EU zu verankern. Gleichzeitig werden gegenwärtig auf Ratsebene „Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Förderung der kulturellen Vielfalt und des interkulturellen Dialogs in den Außenbeziehungen der Union und ihrer Mitgliedstaaten“ vorbereitet.17 Der aktuelle, überarbeitete Entwurf stützt sich auf Art. 151 EGV, das UNESCO-Übereinkommen vom 20. Oktober 2005 zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sowie die Entscheidung Nr. 1983/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zum Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs (Ratsdokument 11018/08).18 Gleichzeitig wird auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes zur 13 Vgl. www.eu2008.si/en/News_and_Documents/download_docs/May/0513_MZZ/Programme.pdf. 14 Der neue Ansatz wurde in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Eine europäische Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung“ (KOM/2007/242) erläutert und durch ein Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen (SEK/2007/570) ergänzt. Zum Stellenwert der Agenda vgl. auch CRAUFURD SMITH (2007). 15 Geplant war die Veröffentlichung für Juli 2008, jedoch ist bisher kein entsprechendes Dokument vorgelegt worden; auch ist die entsprechende Internetseite immer noch mit dem Label „under construction“ belegt (http://ec.europa.eu/culture/our-policy-development/doc1567_en.htm) [Stand 25.09.08]. 16 Vgl. dazu die Informationen unter http://ec.europa.eu/external_relations/euromed/index.htm. 17 In den vorbereitenden Debatten auf Ratsebene wurde der Titel verschiedentlich als zu schwerfällig eingestuft. Vgl. dazu den Entwurf der Schlussfolgerungen vom 17. September 2008 (Ratsdokument 13069/08). 18 Eine weitere Referenz ist außerdem das Weißbuch zum interkulturellen Dialog, das der Europarat am 7 Mai 2008 in Straßburg verabschiedet hat; der Text ist abrufbar unter www.coe.int/t/dg4/intercultural/Source/White%20Paper_final_revised_EN.pdf. Vgl. dazu auch WIESAND u. a. (2008). - 8 - Tagung des Europäischen Rates vom 19./20. Juni 2008 in Brüssel19 hingewiesen, denen zufolge die kulturelle Zusammenarbeit und der interkulturelle Dialog ein integraler Bestandteil aller entsprechenden Bereiche des außenpolitischen Handelns darstellt (Ratsdokument 11018/08). Auch hier wird Bezug genommen auf die Mitteilung der Kommission vom 10. Mai 2007 über eine europäische Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung und die diesbezügliche Entschließung des Rates vom 16. November 2007 (ABl. C 287 vom 29. 11.2007, S. 1). Im Entwurf der Schlussfolgerungen wird betont, dass der interkulturelle Dialog zur Annäherung der Menschen und der Völker, zur Verhütung von Konflikten und zum Aussöhnungsprozess insbesondere in Regionen in politisch fragilen Situationen beitragen könne und dass die Entwicklung interkultureller Kompetenzen ein wesentlicher Faktor für die Vertiefung dieses interkulturellen Dialogs sei. Kulturaustausch und kulturelle Zusammenarbeit – auch im audiovisuellen Bereich – könnten deshalb zur Förderung gemeinsamer Werte und zum Aufbau partnerschaftlicher Beziehungen, zur Stärkung des Stellenwerts und der Rolle der Zivilgesellschaft, zum Prozess der Demokratisierung und der verantwortungsvollen Staatsführung, zur Förderung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, insbesondere der freien Meinungsäußerung, der Informationsfreiheit und der Kommunikationsfreiheit, beitragen. In diesem Zusammenhang wird auch auf die wirtschaftlichen Potentiale der Kultur hingewiesen (Kultur- und Kreativwirtschaft, Kulturtourismus). Betont wird außerdem der kulturelle Austausch in künstlerischer, intellektueller und wissenschaftlicher Hinsicht. Das Papier verdeutlicht auch, dass mit der neuen Konzeption zur Gestaltung der kulturellen Außenbeziehungen der EU kein einseitiger europäischer Kulturexport angestrebt wird, das Ziel ist vielmehr ein wechselseitiger Kulturaustausch. Insgesamt geht es um die Stärkung des Stellenwerts der Kultur in den Politiken und Programmen im Rahmen der Außenbeziehungen der EU. Dies betrifft die Förderung der Zusammenarbeit mit Drittländern, aber auch die Kooperation mit den für den Kulturbereich zuständigen internationalen Organisationen (UNESCO und Europarat). Ziel ist die Förderung einer auswärtigen Kulturpolitik, die „auf Dynamik und Gleichgewicht beim Austausch von kulturellen Gütern und Dienstleistungen mit Drittländern ausgerichtet ist, um die kulturelle Vielfalt in der Welt zu erhalten und zu fördern“. Dabei geht es nicht zuletzt um die Stärkung des Beitrags der Kultur zur nachhaltigen Entwicklung und Förderung der kulturellen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern. Dazu müsse jedoch die Kultur kohärent und systematisch in die Außenbeziehungen der Union eingebunden werden. Zu beachten sei auch die Komplementarität der Maßnahmen der Union mit denen der Mitgliedstaaten. Erforderlich seien dazu auch spezifische 19 Vgl. Ratsdokument 11018/08. - 9 - Strategien mit Partnerregionen und -ländern der Union, um die jeweiligen Schritte im Einzelnen festzulegen. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf Analogien mit der Vorgehensweise im Rahmen der dritten Europa-Mittelmeer-Konferenz der Minister für Kultur (Athen, 29./30. Mai 2008). Folgende Bereiche werden im Einzelnen genannt: Analyse der Kultursektoren der Drittländer, einschließlich ihrer Entwicklungsperspektiven und ihres Ordnungsrahmens, um dazu beizutragen, dass die durchzuführenden Strategien und Maßnahmen besser formuliert werden können Unterstützung des kulturellen und künstlerischen Austauschs (auch im Rahmen von Koproduktionen), der Ausbildung und Mobilität von Künstlern und Kulturschaffenden ; zu beachten sei insbesondere das materielle und immaterielle Erbe sowie das zeitgenössische Kulturschaffen; Förderung von europäischen kulturellen Aktivitäten, Gütern und Dienstleistungen auf internationaler Ebene (einschließlich im audiovisuellen Bereich wie z. B. auswärtige Mediendienste) sowie die Förderung der Mobilität von europäischen Künstlern und Kulturschaffenden außerhalb der Union; Förderung der Mehrsprachigkeit, insbesondere durch den Ausbau von Sprachkenntnissen und die Förderung von Übersetzungen; Schutz des Urheberrechts und ähnlicher Schutzrechte; Bekämpfung von Nachahmung und Produktpiraterie auf internationaler Ebene im Rahmen der einschlägigen bilateralen und multilateralen Übereinkommen sowie im Rahmen des politischen Dialogs und der Zusammenarbeit mit Drittländern; Schutz, Erhaltung und Aufwertung des kulturellen Erbes und Maßnahmen gegen Diebstahl und illegalen Handel; Förderung einer engeren Zusammenarbeit zwischen den kulturellen Einrichtungen (insbesondere die Kulturinstitute) der EU-Mitgliedstaaten in Drittländern und mit ihren Partnereinrichtungen in diesen Ländern; besondere Betonung erhält dabei das Netz der nationalen Kulturinstitute in Europa (EUNIC). 4. Perspektiven Mit den Schlussfolgerungen des Rates – vorgesehen ist die Verabschiedung durch den Kulturministerrat am 20. November 2008 – soll die Schaffung einer globalen kultu- - 10 - rellen Strategie eingeleitet werden. Die einzelnen Maßnahmen sollen dabei im Rahmen der bestehenden Finanzinstrumente entwickelt und ausgeführt werden. Ziel ist die Festlegung operationeller Programme, die auf die besonderen Merkmale des Kultursektors , insbesondere auf die kleinen Produktions- und Vertriebsstrukturen, sowie auf die lokalen Besonderheiten in den Mitgliedstaaten und den Partnerländern abgestimmt sind. Gegenwärtig ist jedoch noch nicht abzusehen, wie die vorgesehenen regionalen Kulturstrategien, die in Anlehnung an den Euromed-Prozess ins Auge gefasst werden, im Einzelnen entwickelt und gestaltet werden können. Erkennbar ist indessen, dass die Diskussion über die Schaffung einer gemeinsamen Außenkulturpolitik der Europäischen Union nach wie vor durch die Betonung der jeweils nationalen Formen der Auslandskulturarbeit geprägt ist. Dies betrifft nicht allein die – unstrittige – Betonung der nationalen Kompetenzen und die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips im Bereich des Kulturellen. Der Geltungsanspruch der nationalen außenkulturellen Interessenverfolgung äußert sich vor allem in der Betonung der Sprachenvielfalt . So wird von einigen Mitgliedstaaten die kulturelle Bedeutung derjenigen europäischen Sprachen, die auch in Drittländern gesprochen werden, besonders hervorgehoben (insbesondere Frankreich, Spanien, Portugal). Dies zeigt, dass mit der Forderung nach einem entsprechenden Verweis auf die Bedeutung dieser Sprachen in den Schlussfolgerungen des Rates ein sprachenpolitischer Vorbehalt für die künftige Auslandskulturarbeit der EU formuliert wird. Dies hat möglicherweise auch Folgen für die Arbeitsweise eines künftigen Europäischen Auswärtigen Dienstes.20 ( 20 Wenn der Rat bereits jetzt offiziell feststellt, dass in der Außenkulturpolitik diejenigen Sprachen prioritär zum Zug kommen sollten, die in anderen Weltregionen gesprochen werden, wäre dies auch eine Vorwegnahme des Sprachenregimes im künftigen Europäischen Auswärtigen Dienst. - 11 - 5. Literatur ASSEMBLÉE NATIONALE/DEUTSCHER BUNDESTAG (2007). Zwischenbericht der Arbeitsgruppe des Deutschen Bundestages und der Assemblée Nationale zum Thema Kulturelle Vielfalt in Europa (14. Februar 2007), abrufbar unter http://www.assemblee-nationale.fr/europe/diversite_rapport_etape_allemand.pdf [Stand 29.09.08]. BERGGREEN-MERKEL, Ingeborg (1995). Die rechtlichen Aspekte der Kulturpolitik nach dem Maastrichter Vertrag (Vortrag vor dem Europa-Institut der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, 24. Oktober 1995). Saarbrücken: Europa-Institut der Universität des Saarlandes. 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