© 2013 Deutscher Bundestag WD 10- 3000 - 084/13 Raubkunst und Restitution Der Fall Gurlitt und die Aufarbeitung der NS-Kunstpolitik Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 2 Raubkunst und Restitution Der Fall Gurlitt und die Aufarbeitung der NS-Kunstpolitik Verfasser: Aktenzeichen: WD 10- 3000 - 084/13 Abschluss der Arbeit: 11. Dezember 2013 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter („NS- Raubkunst“) 6 3. Die Aktion „Entartete Kunst“ und die nationalsozialistische Kunst- und Kulturpolitik 16 4. Die Rückführung kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter 25 5. Der Fall Gurlitt und seine Aufarbeitung 28 5.1. Einrichtung einer Task Force 30 5.2. Schwierige Rechtslage 31 5.3. Unklare Perspektiven 35 6. Literatur 38 7. Anlagen 44 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 4 1. Einleitung Am 4. November 2013 enthüllte das Magazin „Focus“, dass bei einer Wohnungsdurchsuchung im Rahmen eines Steuervergehens bei Cornelius Gurlitt etwa 1400 Bilder beschlagnahmt wurden. Es handelt sich hierbei um die sogenannte Sammlung Hildebrand Gurlitt. Hildebrand Gurlitt war einer von vier Kunsthändlern, die während der Zeit des Nationalsozialismus mit der Verwertung beschlagnahmter Kunstwerke beauftragt waren. Nach Feststellungen von Kunstsachverständigen war Gurlitt außerdem damit befasst, Kunstwerke für ein vorgesehenes „Führermuseum“ im österreichischen Linz zu beschaffen. Der Kunstfund in München wirft deshalb Fragen nach der Herkunft der Werke auf. Eine von Bund und Freistaat Bayern eingesetzte Taskforce aus Expertinnen und Experten für Provenienzrecherche ist gegenwärtig dabei, die Herkunft der Werke zu erforschen und zu überprüfen, bei welchen Kunstwerken es sich um NS-Raubkunst bzw. um beschlagnahmte Werke aus der NS-Aktion „entartete Kunst“ handelt.1 Wie sich nun immer deutlicher erweist, verkörpert der Fall Gurlitt in besonders deutlicher Weise ein bis heute weitgehend unbewältigtes Kapitel der nationalsozialistischen Verbrechen der Jahre 1933 bis 1945. Die Kunst- und Kulturpolitik im nationalsozialistischen Deutschland in der Zeit von 1933 bis 1945 ist eng verknüpft mit „NS-Raubkunst“, „Entartete Kunst“ und „Beutekunst“. Der Begriff „NS-Raubkunst“ steht für den massiven rechtswidrigen Entzug von Privateigentum im Kontext von Diskriminierung, Entrechtung, Verfolgung und letztlich Vernichtung durch das NS-Regime.2 Unter dieser Art von Raubkunst versteht man ausschließlich Kulturverluste, die dadurch entstanden sind, dass das NS-Regime Sammler – also Privatpersonen – verfolgt, erpresst, ihres Besitzes beraubt und in vielen Fällen ermordet hat. Anders sind die Eingriffe und Auswirkungen bei der Aktion „Entartete Kunst“ und bei der „Beutekunst“ (Kurzbezeichnung für „kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter“) zu betrachten, da in beiden Fällen vor allem staatliche Einrichtungen betroffen waren.3 Bei der Aktion „Entartete Kunst“ stand die Kunst selbst im Visier der staatlichen Verfolgung. Maler, Schriftsteller und Komponisten erhielten – soweit sie nicht emigriert waren – Arbeits- und Ausstellungsverbot. Besonders seit der Ausstellung „Entartete Kunst“ 1937 in München wurden alle dem Nationalsozialismus missliebigen und von ihm 1 Mitgeteilt wurde dazu, dass abzüglich beschlagnahmter Gegenstände, die eindeutig keinen Bezug zur sog. „Entarteten Kunst“ oder „NS-Raubkunst“ haben, etwa 970 Werke zu überprüfen seien. Bislang wurden 354 Kunstwerke auf www.lostart.de veröffentlicht (10.12.2013). Bei ihnen besteht ein begründeter Verdacht, dass es sich um NS-Raubkunst handelt. 2 Juristisch wird der Begriff mit „NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter" eingegrenzt. In Anlehnung an den englischen Ausdruck „nazi looted art“ wird der Begriff NS-Raubkunst jedoch auch für die Gesamtheit der von Nationalsozialisten geraubten Kunst verwendet (SCHNABEL und TATZKOW 2007). Er ist damit sowohl Teil der kriegerischen Beutekunst wie Oberbegriff für den Raub durch den deutschen Staat an seiner eigenen Bevölkerung und an seinen öffentlichen Sammlungen im Fall der sogenannten „entarteten Kunst". 3 Vgl. zu den begrifflichen Abgrenzungen ausführlich ODENDAHL und WEBER (2010), ANTON (2010a, 2010b, 2011), VOGEL (2010) sowie GORNIG (2007); Hinweise auf Literaturübersichten und Internetquellen finden sich beim schweizerischen Bundesamt für Kultur (BAK) unter www.bak.admin.ch/kulturerbe/04402/index.html?lang=de. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 5 bekämpften modernen Kunststile unter entartete Kunst zusammengefasst. Anders gelagert ist der Sachverhalt bei kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern (Beutekunst). Hier geht es um Gegenstände, die sich jemand in einem Krieg oder kriegsähnlichen Zustand widerrechtlich (entgegen Art. 56 der Haager Landkriegsordnung) aneignet. In dieser Hinsicht fand im Zeitraum zwischen 1933 und 1945 eine Verlagerung von Kulturgütern statt, die in ihrem gesamten Ausmaß ebenfalls noch nicht restlos aufgearbeitet ist. Insbesondere während des Zweiten Weltkrieges wurden Millionen von Kulturgütern entwendet und an andere Standorte verbracht. Die nationalsozialistischen Besatzer raubten systematisch Kunstgegenstände vor allem in den mittelund osteuropäischen Ländern und rissen viele Sammlungen auseinander. Dabei wurden zahlreiche Kunstschätze zerstört. Im Folgenden werden die Auswirkungen der NS-Kunst- und Kulturpolitik im nationalsozialistischen Deutschland dargestellt und im Hinblick auf die verschiedenen Bereiche von „NS-Raubkunst“, „Entartete Kunst“ und „Beutekunst“ erläutert. Am Beispiel der vor kurzem entdeckten Bilder-Sammlung Gurlitt lassen sich die wesentlichen damit verbundenen Problemstellungen genauer erfassen. Sichtbar wird mit dem Fall Gurlitt ein kaum zufriedenstellender Umgang mit dem viele Facetten aufweisenden Thema der NS-Raubkunst und der NS-Aktion „Entartete Kunst“. Bei letzterer wurden Kunstwerke aus öffentlichen Sammlungen beschlagnahmt und dann zu einem beträchtlichen Teil durch die 1938 vom Reichspropagandaminister Goebbels gegründeten Kommission zur Verwertung der beschlagnahmten Werke sogenannter „entarteter Kunst“ als Devisenbringer ins Ausland verkauft. Privateigentum war dann betroffen, wenn es sich als Depositum im Museum befand oder in öffentlichen Auktionen angeboten wurde.4 Mit dem Fall Gurlitt kann nun zugleich auch die NS- Vergangenheit des Kunstbetriebs genauer in den Blick genommen werden. Jenseits der Sammlung Gurlitt geht es dabei um viele weitere Kunstwerke, die bislang als verschollen gelten. Ein Teil dieser Objekte befindet sich mit großer Wahrscheinlichkeit im Besitz von Privatpersonen und Museen. Jedoch haben sich insbesondere die Museen in der Vergangenheit als wenig auskunftsbereit erwiesen. Vielfach werden deshalb Änderungen der rechtlichen Grundlagen gefordert. Ein Beispiel für eine rechtliche Anpassung ist etwa das österreichische Gesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen, das die staatlichen Museen dazu veranlasst, ihre Bestände nach unrechtmäßig erworbenen Objekten zu überprüfen. 4 Vgl. dazu etwa die Aufarbeitung der NS-Kunstpolitik am Beispiel einzelner Museen. Eine neuere Studie zur Rolle der Staatlichen Museen zu Berlin während der NS-Diktatur gibt einen guten Überblick über die einschneidende Maßnahmen, die sich nicht nur auf die durch die Aktion "Entartete Kunst" und die späteren Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges erlittenen Verluste beschränkten. Anhand exemplarischer Untersuchungen der Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit der Museen sowie ihrer Erwerbungen in dieser Zeit wird die Ambivalenz einer Museumspolitik deutlich, die sich zwischen Traditionsbewusstsein und aktiver Anpassung an die politischen Erfordernisse bewegte (GRABOWSKI/WINTER 2013). Ein weiteres Beispiel ist das Städel Museum in Frankfurt (FLECKNER/HOLLEIN 2010). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 6 2. NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter („NS-Raubkunst“) Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden zahlreiche Eigentümer von Kunstund Kulturgütern wegen rassischer, politischer oder weltanschaulicher Verfolgung enteignet. Viele mussten ihren Besitz veräußern oder konnten ihn bei Flucht und Emigration nicht mitführen . Hierbei geht es um den Raub vor allem an den jüdischen Mitbürgern und den als Juden Verfolgten, sowohl innerhalb des deutschen Reichs von 1933 bis 1945, wie in allen von der Deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs besetzten Gebieten. Der Raub fand auf der Grundlage einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen und unter Beteiligung diverser Behörden und eigens dafür eingerichteten Institutionen statt.5 Mit der Verfolgung und der Verdrängung der Juden aus der deutschen Gesellschaft wurde von Anbeginn auch deren Beraubung propagiert und durchgeführt. Berufsverbote, erpresste Geschäftsaufgaben, Kontrolle und spätere Beschlagnahme der Vermögen zerrütteten, neben der sozialen, die wirtschaftliche Existenz der Verfolgten. In enger Zusammenarbeit zwischen Finanzverwaltung, Devisenstellen und Gestapo wurden die Vermögen wohlhabender Juden erfasst, kontrolliert und die Verfügungsgewalt darüber beschränkt. Mit dem Generalverdacht der „Kapitalflucht" begründet, konnte der Zugriff auf das eigene Konto per Sicherungsanordnung gesperrt werden. Die Vermögensfreigrenzen wurden wiederholt gesenkt, so dass Emigranten durch die Reichsfluchtsteuer weitgehend enteignet wurden. Parallel dazu wurden Juden im konventionellem Steuerrecht benachteiligt: Man gruppierte sie in höhere Steuerklassen ein, strich ihnen Freibeträge und Kinderermäßigungen und versagte jüdischen Gemeinden die Anerkennung als „gemeinnützig“.6 Diese Eingriffe in das Vermögen betrafen von Anbeginn auch die Kunstwerke und Kunstsammlungen der Verfolgten. Zur Sicherung des Lebensunterhalts oder zur Finanzierung der Auswanderung haben Betroffene eine Vielzahl Gemälde, Zeichnungen, Grafiken und Skulpturen, aber auch Bücher und Antiquitäten verkauft oder in Auktionen gegeben. Vormals bedeutende Sammlungen wurden aufgelöst, Menschen, die wenige Jahre zuvor noch Wohltäter und Mäzene des kulturellen Lebens waren, unter Druck gesetzt, begehrte Kunstwerke der Verfügungsgewalt der Eigentümer entzogen. Jedoch bewirkten sowohl das Überangebot wie auch der Druck, unter dem die Verkäufer standen, einen Preisverfall, so dass 5 Er unterscheidet sich von dem Begriff der Beutekunst, der kriegsbedingt verbrachte Kulturgüter benennt, sich also auf die Beute eines Besatzers im Krieg bezieht. Der Begriff Raubkunst geht insofern über den der Beutekunst hinaus, da er den Kunstraub an Bürgern des eigenen Landes und vor dem Zweiten Weltkrieg einbezieht. In den Fällen des Raubs während des Kriegs in den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten an der dortigen jüdischen und verfolgten Bevölkerung liegt eine Überschneidung der Begriffe vor. Gemeinhin wird in diesem Fall von Raubkunst gesprochen und damit der Aspekt der Verfolgung in den Vordergrund gestellt (ANTON 2010a). 6 Vgl. dazu ausführlich STENGEL (2007), KULLER (2008), HOCKERTS u. a. (2004). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 7 viele Werke weit unter ihrem Wert verkauft wurden (FLECKNER 2007, 2009; HAUG und STEINKAMP 2010).7 Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs am 12. März 1938 wurden binnen weniger Tage gezielt die bekannten Kunstsammlungen beschlagnahmt und in einem zu diesem Zweck eingerichteten Zentraldepot in der Wiener Hofburg sichergestellt. Adolf Hitler sicherte sich den ersten Zugriff auf die hochwertigen Kunstschätze und Altmeister-Gemälde unter anderem der Sammlung Louis Rothschilds. Legitimiert wurde dies im Nachhinein am 26. April 1938 mit der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden.8 Hinter dem bürokratischen Titel verbergen sich Verfügungsbeschränkungen und die Möglichkeiten der Sicherstellung von Vermögenswerten . Dieses Gesetz, das zunächst für die sogenannte „Arisierungspolitik“ Österreichs9 gedacht war, wurde dann auch auf das gesamte Reichsgebiet ausgeweitet. Der Angriff auf das jüdische Eigentum wurde daraufhin mit der Annektierung und der Besetzung von Ländern im Zweiten Weltkrieg auf alle unter die Herrschaft des Nationalsozialismus geratenen Territorien übertragen und ausgeweitet. Während die Nationalsozialisten dem Kunstraub in Westeuropa noch äußerlich einen legalen Anstrich gaben, wurde im besetzten Osteuropa auf solche „Verrechtlichungen“ weitgehend verzichtet. Es wurden keine rechtsförmigen Verordnungen, sondern lediglich allgemeine Regelungen zur Enteignung der Juden erlassen. Von Beginn an erfolgten die willkürlichen wie systematischen Plünderungen und vorsätzlichen Zerstörungen, die in starkem Maße Juden, aber auch Nicht-Juden galten, nahezu zeitgleich mit den Deportationen und der Ghettoisierung der Bevölkerung, den Massenerschießungen und Massenmorden. Ein zentrales Ziel war es, alle Wurzeln der Kultur zu zerstören. Museumsbestände wurden geplündert, Kunstwerke aus privaten Sammlungen beschlagnahmt und von Personen geraubt, die aus politischen oder 7 Rechtlich wird unter verfolgungsbedingtem Entzug nicht allein die Wegnahme oder Beschlagnahme gefasst, sondern auch die Weggabe aus Verfolgungsgründen. Bereits in der direkten Nachkriegs- und Besatzungszeit in Deutschland trug die alliierte Gesetzgebung insbesondere mit dem Militärregierungsgesetz Nr. 59 dem Umstand Rechnung, dass verfolgte Personengruppen bereits ab 1933, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, in Zwangslagen gerieten und nicht frei über ihr Vermögen verfügen konnten. So kann auch der Verkauf von Kunstwerken zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nach Wegbrechen existentieller Grundlagen oder zur Finanzierung der Emigration, sogenannte Fluchtverkäufe, als Raubkunst bewertet werden (BERTZ/DORRMANN 2008). 8 Der Wortlaut findet sich unter http://www.verfassungen.de/de/de33-45/juden38-2.htm. 9 Unschwer ist zu erkennen, dass Österreich am NS-Kunstraub in sehr viel größerem Ausmaße beteiligt war als lange Zeit angenommen worden ist; zur Tatbestandsbeschreibung und Aufarbeitung vgl. etwa JABLONER et. al (2005) sowie ANDERL und CARUSO (2005). Im Jahr 1998 wurde in Österreich eine Kommission für Provenienzforschung eingesetzt, um systematisch die Sammlungen des Bundes zu überprüfen und entzogene Gegenstände aufzudecken. Gleichzeitig wurde das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Kunstrückgabegesetz, BGBl I 181/1998 idF BGBl I 117/2009) erlassen. Dieses Gesetz ermöglicht, entzogene Kunst- und Kulturgegenstände, die sich heute im Eigentum des Bundes befinden, an die ursprünglichen Eigentümer oder an deren Rechtsnachfolger zurückzugeben (2009 wurde das Gesetz novelliert). Informationen zu Regelungsumfang und Stand der Restitutionen finden sich unter www.bmukk.gv.at/kultur/rest/index.xml. Zur besonderen Rolle Wolfgang Gurlitts vgl. auch den Beitrag von SCHUSTER (2005). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 8 rassischen Gründen verfolgt wurden (STENGEL 2007; SCHNABEL und TATZKOW 2007; BERTZ und DORRMANN 2008).10 Die Zahl der bis heute nicht an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegebenen Kunstwerke, die weltweit verstreut in Privatbesitz, öffentlichen Sammlungen, Museen und Kunstausstellungen vermutet werden, lässt sich nicht genau beziffern. Über die Dimension der geraubten Güter, die nicht in die Depots gelangten, die entweder unwiederbringlich zerstört, anderweitig untergebracht oder privat verwendet wurden, können deshalb nur Spekulationen angestellt werden. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges konnten die alliierten Besatzungsmächte einen großen Teil zumindest jener geraubten Kunstwerke, die in Depots der Nationalsozialisten aufgefunden wurden, sicherstellen und an die jeweiligen Ursprungsländer restituieren. Gleichzeitig kamen aber auch viele Raubkunstwerke in den internationalen Kunsthandel oder in öffentliche Sammlungen (HARTUNG 2005; ANTON 2010a).11 Der größte Teil der aufgefundenen Kunstwerke befand sich in Bayern und damit in der amerikanisch besetzten Zone. Aus diesem Grund wurden die Grundsätze der Rückgabe stark durch US-amerikanisches Recht geprägt. Die vorgefundenen Kunstwerke wurden zunächst in sogenannten „Collecting Points“12 gesammelt und vorsortiert.13 Aus den örtlichen Gegebenheiten ergab es sich, dass im ehemaligen Verwaltungsbau der NSDAP und 10 Bei Zahlenangaben ist es zudem wichtig, zwischen Kunstwerken und Kulturgütern zu unterscheiden. Der Begriff des Kunstwerks wird allgemein für Produkte künstlerischen Schaffens verwendet und bezeichnet insbesondere Gemälde, Grafiken und bildhauerische Werke. Die Bezeichnung Kulturgüter als Ergebnisse künstlerischer Produktion ist weiter gefasst: Unter diesem Ausdruck werden auch Kunsthandwerk, Gold- und Silberschmiede, Porzellan und Fayence, Schmuck, Münzen, Bücher, Möbel, antike Kunst und vieles mehr verstanden. Da die Abgrenzung teilweise schwierig ist und zudem die Zählweisen verschieden sind (so wurden Grafikmappen zum Beispiel mancherorts mit den anteiligen Blättern gezählt und andernorts als einziges Konvolut), variieren die Zahlen selbst bei den wiederaufgefundenen Werken erheblich. 11 Die Probleme der Restitution wurden von Anbeginn durch den Kalten Krieg und die Grenzziehung zwischen Ost und West verschärft. In vielen Fällen haben die Regierungen der Staaten die Kunstwerke ungeachtet ihrer Herkunft in die eigenen Sammlungen aufgenommen, teilweise auch in späteren Jahren verkauft. Daraus sind bis zum heutigen Tage sehr verschiedene länderspezifische Probleme und Rechtssituationen entstanden. 12 Zum Hintergrund: Mit der alliierten Besetzung Deutschlands wurde die im August 1943 gegründete American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas (Amerikanische Kommission zum Schutz und zur Wiedergewinnung von Kunst und historischen Denkmalen in Kriegsgebieten) tätig. Ihr aktiver Arm war die Abteilung zum Schutz des Kunstguts Monuments, Fine Arts, and Archives Section. Die dort tätigen Kunstschutzoffiziere wurden als „Monuments Men" bezeichnet. Ihre Aufgabe war zunächst, Depots und Sammellager von verlagerter Kunst zu ermitteln. Vorgefunden wurden unter anderem die Bestände für das geplante Führermuseum in Linz, die teils im Führerbau in München zwischengelagert oder zum Schutz vor Kriegsschäden an anderen Orten untergebracht waren. Einen großen Teil der in Frankreich durch den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) konfiszierten Bestände fand man im Schloss Neuschwanstein, im Kloster Buxheim sowie im Kloster Herrenchiemsee. Weitere Lager bestanden in den Salzminen von Altaussee und im Salzberg von Bad Ischl. Hinzu kamen aus Schutz vor Kriegszerstörungen aus den deutschen Museumsbeständen in kleinere Ortschaften verlagerte Kunstwerke. Die meisten Depots fand man in der US-amerikanischen Besatzungszone. Vgl. dazu ausführliche Informationen unter http://www.dhm.de/datenbank/ccp/prj_dhm_ccp/ccp_einleitung_de.pdf. 13 Auch Hildebrand Gurlitt musste sich der Befragung der „Monuments Men“ stellen (EDSEL/WITTER 2013); der gleichnamige Film wird im offiziellen Programm der 64. Internationalen Filmfestspiele Berlin im Februar 2014 präsentiert werden (CLOONEY 2013); vgl. dazu http://www.berlinale.de/de/presse/pressemitteilungen/alle/Alle- Detail_19860.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 9 im Führerbau am Königsplatz in München der bedeutendste Sammelpunkt für Raubkunst, der „Central Art Collecting Point" entstand.14 Die Alliierten legten 1952 mit dem Überleitungsvertrag die Restitutionen in deutsche Verantwortung unter den Vorgaben, dass sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtete, diejenigen Personen, die aus rassischen, politischen oder religiösen Gründen verfolgt worden waren, wirksam zu entschädigen. Im Rahmen der daraus folgenden Wiedergutmachungspolitik wurde eine Reihe von Gesetzen erlassen, die die Rückgaben von Eigentum und die Entschädigung der Verfolgten behandelten. Dazu gehört insbesondere das Luxemburger Abkommen von 1952 (Reparations Agreement between Israel and West Germany)15, mit dem sich die Bundesrepublik verpflichtete, Entschädigungsgesetze zu schaffen und insgesamt 3,5 Milliarden DM als globale Erstattung für Verfolgung, Sklavenarbeit und geraubtes jüdisches Eigentum an Israel und die Jewish Claims Conference (JCC) zu leisten. Diese Mittel sollten unter anderem zur Eingliederung der nach Israel ausgewanderten mittellosen, vor allem osteuropäischen Juden eingesetzt werden. Hinzu kam das Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BergG) von 1953; das Gesetz sah die Entschädigung der an Leben, Körper und Gesundheit, Freiheit, Eigentum und Vermögen erlittenen Einbußen vor. Es bezog auch die während der NS-Zeit erlittenen Abgabeschäden z. B. durch die Reichsfluchtsteuer oder die Judenvermögensabgabe mit ein. Antragsberechtigt waren deutsche Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in Westdeutschland haben mussten. Das Bundesentschädigungsgesetz (BEG)16 von 1956 erweiterte den Kreis der Personen, die als Verfolgte angesehen wurden, und umfasste weitere Tatbestände, schloss allerdings Ansprüche von Personen mit Wohnsitz im Ausland weiterhin aus. Russische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Kommunisten, Roma, Jenische, Euthanasieopfer, Zwangssterilisierte, „Asoziale" und Homosexuelle blieben unberücksichtigt. Mit dem Bundesrückerstattungsgesetz (BRüG) von 1957 verpflichtete sich die Bundesrepublik, Schadenersatz für entzogene und nicht mehr auffindbare Vermögenswerte zu leisten, soweit diese Gegenstände auf das Gebiet der Bundesrepublik gelangt waren. Es bezog somit ausdrücklich die Rückerstattung des Vermögens ein, das in West- und Osteuropa geraubt worden war, 14 Der Central Collecting Point, auch Central Art Collecting Point genannt, war die in der Nachkriegszeit von der US-Militärregierung in München eingerichtete zentrale Sammelstelle für aufgefundene Kunstwerke des nationalsozialistischen Kunstraubs. Im Central Collecting Point in München wurde hauptsächlich Raubkunst zusammen getragen, die die Nationalsozialisten in ganz Europa konfisziert und nach Deutschland geschafft hatten. Er bestand bis zum September 1949. Die Datenbank des Deutschen Historischen Museums zum „Central Collecting Point München" findet sich unter www.dhm.de/datenbank/ccp/dhm_ccp.php?seite=9. Weitere bedeutende Collecting Points gab es in Wiesbaden und Offenbach. Im Wiesbadener Collecting Point befanden sich auch einige Bilder von Hildebrand Gurlitt, die ihm fünf Jahre später zurückgegeben wurden; Informationen hierzu unter http://de.wikipedia.org/wiki/Hildebrand_Gurlitt. 15 Das Luxemburger Abkommen ist ein am 10. September 1952 geschlossenes Übereinkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland auf der einen Seite sowie Israel und der Jewish Claims Conference (JCC) auf der anderen. Vgl. dazu www.auswaertiges-amt.de/DE/AAmt/PolitischesArchiv/AusstellungTagDerOffenenTuer/ LuxemburgerAbkommen_node.html [Stand 06.06.12]. 16 Das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, wurde am 29. Juni 1956 rückwirkend zum 1. Oktober 1953 in der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet, nachdem die ursprüngliche Vorlage vom 18. September 1953 keine Berücksichtigung gefunden hatte. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 10 wenn der Nachweis erbracht werden konnte, dass das Raubgut nach Westdeutschland verschleppt wurde. Die Frist zur Anmeldung der Ansprüche nach diesem Gesetz endete am 31. März 1959. Das BEG-Schlussgesetz von 1965 schließlich sollte ausdrücklich die „nationale Ehre" wiederherstellen und einen „würdigen Schlussstrich" setzen, es enthielt zahlreiche Verbesserungen , Verlängerungen von Fristen und Ausnahmen für Härtefälle. Abschließend wurde damit festgelegt , dass nach dem 31. Dezember 1969 keine Anträge mehr eingereicht werden konnten.17 Sowohl die alliierten Maßnahmen wie auch die Restitutionen der Bundesrepublik Deutschland in den 1950er und 1960er Jahren wurden vielfach als unzureichend angesehen. Nur wenige Kunstwerke wurden in der frühen Nachkriegszeit restituiert. Die Rückerstattungsgesetze mit ihren knappen Fristen griffen zu kurz, außerdem lebten von den ehemaligen Eigentümern nur wenige noch in Deutschland. In der sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR hingegen fanden nur wenige Rückerstattungen statt, da nach der damaligen Geschichtsschreibung „die faschistische Machtübernahme durch die Monopolkapitalisten verursacht und die Arbeiterklasse missbraucht" worden war und nun nicht zur Verantwortung zu ziehen sei. Dem entsprechend gab es auch keine gesetzliche Regelung (SPANNUTH 2000; HARTUNG 2005).18 Mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 änderte sich die Situation. In der öffentlichen Diskussion , erwachsen aus der Forderung nach Rückerstattungen von sozialisiertem Eigentum, entstand eine neue Debatte um den Raub des Eigentums der Verfolgten und Ermordeten im Nationalsozialismus . Zum 29. September 1990 wurde durch das noch bestehende DDR-Parlament das Vermögensgesetz erlassen mit dem Ziel, die Eigentumsverluste seit 1945 rückgängig zu machen. Auf Druck jüdischer Organisationen wurde das Gesetz dergestalt ergänzt, dass nun auch Eigentumsverluste aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 in die Restitution berücksichtigt wurden. Damit sollten die im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen im September 1990 von Deutschland übernommenen Wiedergutmachungsverpflichtungen des alliierten Rückerstattungsrechts erfüllt werden (BERTZ und DORRMANN 2008). Im Dezember 1998 wurde auf der „Washington Conference on Holocaust-Era Assets" (Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust), an der 44 Staaten, zwölf nicht-staatliche Organisationen, insbesondere jüdische Opferverbände, sowie der Vatikan teilnahmen , die so genannte „Washingtoner Erklärung" mit elf Leitsätzen unterzeichnet. Damit verpflichteten sich die Unterzeichnenden, Kunstwerke, die während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmt wurden, ausfindig zu machen, die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zu finden und rasch die notwendigen Schritte zu unternehmen, um zu fairen und gerechten Lösungen zu gelangen. Die Erklärung enthält weder eine rechtlich bindende Verpflichtung noch begründet sie Individualrückgabeansprüche von Betroffenen, dennoch stellt sie eine Generalregelung dar, die in vielen der unterzeichnenden Staaten durch rechtliche Regelungen ausgestaltet wurde und zu erheblichen Konsequenzen sowie Aufsehen erregenden Restitutionen führte (BMF 2011; ANTON 2010a; SCHNABEL und TATZKOW 2007).19 Der Standortbestimmung über zehn Jahre 17 Ausführlich hierzu in der Broschüre des BMF „Entschädigung von NS-Unrecht - Regelungen zur Wiedergutmachung“ (BMF 2011). 18 Beispielhaft wird dies in einem Beitrag der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ dargelegt (KOLDEHOFF 2010). 19 Das Dokument (“Washington Principles“) ist abrufbar unter www.state.gov/p/eur/rt/hlcst/122038.htm. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 11 nach Verabschiedung der Washingtoner Richtlinien galt die zwischenstaatliche „Holocaust Era Assets Conference“ von Prag („Prager Konferenz“, 26. bis 30. Juni 2009).20 Diese umfasste neben weiteren Holocaust-bezogenen Themen auch den Raubkunstbereich. Anlässlich der Prager Konferenz wurde festgestellt, dass die Aufarbeitung der Raubkunst-Thematik immer noch vor große Probleme gestellt ist. Dazu gehört etwa der mangelhafte Zugang zu Provenienzinformationen und Archiven, die fehlende Vernetzung und das nach wie vor nur teilweise vorhandene Problembewusstsein bei beteiligten Akteuren. Die 46 teilnehmenden Staaten auf die Erklärung von Terezin (Theresienstadt), mit der der nach wie vor bestehende Bedarf zur Umsetzung der Washingtoner Richtlinien bekräftigt wurde.21 Auch Deutschland hat mit Unterzeichnung der Washingtoner Erklärung die Verpflichtung übernommen , die Museumsbestände nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern zu überprüfen und aufgefundene Kunstwerke an die rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben. Am 14. Dezember 1999 wurde in diesem Sinne eine „Gemeinsame Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz" (Gemeinsame Erklärung) abgegeben .22 Auf Grundlage der Washington Principles und der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NSverfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, sind die deutschen Einrichtungen aufgefordert, ihre Bestände nach NS-Raubkunst zu durchsuchen. Es ging hier jedoch nicht um einen individuellen, einklagbaren Rückgabeanspruch, wie er in den alliierten Rückerstattungsgesetzen und den anderen Rückgabegesetzten vorgesehen ist, vielmehr handelt es sich um eine freiwillige, moralische Selbstverpflichtung. Insbesondere sollte damit den Museen eine Richtlinie zur Handhabe und zum Umgang mit in den Beständen vermuteter NS-Raubkunst gegeben werden. Bei Rückgabeforderungen können nun die bereits verjährten Fristen außer Acht gelassen werden. Sie gilt für die öffentlichen Einrichtungen; auf private Sammlungen, Kunsthandlungen und Auktionshäuser ist diese Rechtsbildung nicht anzuwenden, 20 Die internationale „Holocaust Era Assets Conference“, an welcher 46 Staaten teilnahmen, fand unter der Ägide der tschechischen Regierung vom 26. - 30. Juni 2009 in Prag statt. Experten und staatliche Vertreter erörterten Themen im Zusammenhang mit dem Holocaust, insbesondere in den Bereichen soziale Lage der Überlebenden, Immobilien, Friedhöfe und Grabstätten, Raubkunst, Judaika und jüdische Kulturgüter, Archivmaterial, Bildung, Erinnerung, Forschung und Gedenkstätten (www.holocausteraassets.eu). 21 Eine zentrale Roole spielten dabei die NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kunstgegenstände (NS-Raubkunst): „In Würdigung der Grundsätze der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstgegenstände, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden, und in Anbetracht der seit der Washingtoner Konferenz erworbenen Erfahrungen fordern wir alle Handelnden auf, sicherzustellen, dass ihre Rechtsordnungen oder alternativen Verfahren unter Berücksichtigung der verschiedenen Rechtstraditionen gerechte und faire Lösungen im Hinblick auf NS-verfolgungsbedingt entzogene Kunstgegenstände ermöglichen, und dafür zu sorgen, dass die Ansprüche betreffend die Rückerlangung solcher Kunstgegenstände zügig und auf Grundlage der tatsächlichen und materiellrechtlichen Gesichtspunkte sowie aller einschlägigen, von den Parteien eingereichten Dokumente geklärt werden.“ Das Dokument findet sich unter http://www.lostart.de/Content/02_Aktuelles/2009/09-11-23_Theresienstaedter_Erklaerung_DE.html. 22 Die Erklärung findet sich unter www.lostart.de/Webs/DE/Koordinierungsstelle/GemeinsameErklaerung.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 12 auch wenn sich einige private Institutionen ausdrücklich zu den Washingtoner Prinzipien bekannt haben.23 Insbesondere die Provenienzforschung, die Erforschung der Geschichte und Herkunft von Kunstwerken, wurde in Folge zum arbeitsintensiven zentralen Forschungsfeld der Museumsarbeit , da alle Kunstwerke, die vor 1945 entstanden sind und nach 1933 angekauft oder übernommen wurden, aus Raubkunstbeständen stammen könnten. Zur Unterstützung dieser schwierigen Aufgabe haben Bund und Länder in Magdeburg die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste eingerichtet. Die Koordinierungsstelle wurde zunächst 1994 in Bremen als Stelle der Länder zur Dokumentation der institutionellen Kriegsverluste von Kulturgütern eingerichtet. Sie übernahm eine Funktion, die seit den 1950er Jahren zunächst beim Bundesinnenministerium angesiedelt war. Dabei ging es zunächst vornehmlich um Kunstwerke, die Deutsche bei der Flucht und Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa 1945 - 1950 zurückgelassen hatten. Erst nach 1990 wurde Raubkunst als solche verstanden, die im Nationalsozialismus durch deutsche Behörden unrechtmäßig zusammengetragen wurden.24 Die Koordinierungsstelle hat heute die Aufgabe, Such- und Fundmeldungen von Kulturgütern zu sammeln. Ziel der Arbeit der Koordinierungsstelle ist die Identifizierung der tatsächlichen Eigentümer, um so den Forschungsauftrag an die öffentlichen Sammlungen zu unterstützen. Ziele der Arbeit der Koordinierungsstelle sind insbesondere das Herstellen von nationaler und internationaler Transparenz und die beratende Unterstützung von in- und ausländischen Personen und Institutionen. Die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste ist insbesondere – Betreiberin von Datenbank und Informationsportal („Lost Art Register“) www.lostart.de,25 – Fachadministratorin der Website www.kulturgutschutz-deutschland.de, – Herausgeberin der Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle und 23 Vgl. hierzu auch das International Research Portal for Records Related to Nazi-Era Cultural Property”, abrufbar unter http://www.archives.gov/research/holocaust/international-resources/index.html. 24 Die Koordinierungsstelle Magdeburg wurde 1998 mit erweiterter Zuständigkeit in Magdeburg angesiedelt. Sie ist eine von Bund und allen Ländern finanzierte Einrichtung für Kulturgutdokumentation und Kulturgutverluste beim Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt; die Koordinierungsstelle ist die zentrale deutsche Serviceeinrichtung für die Dokumentation von gesuchten und gefundenen Kulturgütern, die in der Zeit des Nationalsozialismus den Eigentümern verfolgungsbedingt entzogen (NS-Raubkunst) oder die kriegsbedingt verbracht (Beutekunst des Zweiten Weltkriegs) wurden. Über die dort eingerichtete Lost Art- Datenbank werden Such- und Fundmeldungen öffentlich transparent dokumentiert. Informationen zu Funktion und Arbeitsweise findet sich unter www.lostart.de/Webs/DE/Koordinierungsstelle/Index.html. 25 Die weltweit frei zugängliche Internet-Datenbank „Lost Art Register" Datenbank findet sich unter http://www.lostart.de/Webs/DE/Datenbank/Index.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 13 – Geschäftsstelle der Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NSverfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz.26 Zur Unterstützung der Recherchen wurden eine Handreichung und eine Checkliste Provenienzrecherche erstellt. Die Informationen aus der Handreichung werden regelmäßig aktualisiert und mit weiteren Quellen für den Nutzer in Form folgender Listen bzw. als Datenbank elektronisch recherchierbar gemacht. Dazu gehören Übersichten zu jüdischen Sammlern und Kunsthändlern (Opfer nationalsozialistischer Verfolgung und Enteignung), eine Datenbank zu Kunst- und Kulturgutauktionen 1933-1945, Verzeichnisse der Auslagerungs- und Verlagerungsorte geraubten Kulturgutes, der Dienststellen und Verantwortlichen des systematischen und organisierten NS-Kulturgutraubes. der beteiligten Privatpersonen und Körperschaften am NS-Kulturgutraub (Handel, Vermittlung, Begutachtung, Transport, usw.), Tätigkeits- und Erfahrungsberichte zur Provenienzrecherche sowie Übersichten mit Spezialliteratur, Quellen, Gesetzen und Archiven.27 Eine der wichtigsten Erkenntnisquellen zur Provenienzforschung von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kunstwerken sind die im Rahmen des Vollzugs des Bundesrückerstattungsgesetzes angelegten Akten, die vor allem im Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) verwahrt werden.28 Über dieses sind auch objektbezogene Recherchen möglich, da das Bundesamt die aus seinem Rückerstattungsarchiv ersichtlichen Kunstwerke auch in einer Kunstobjekt-Datei erfasst hat. Eine weitere Online-Recherchemöglichkeit bietet eine Datenbank des Deutschen Historischen Museums hinsichtlich der Kunstwerke, 26 Die „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz“ trat am 14. Juli 2003 in Berlin zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Dieses Gremium wurde in Abstimmung zwischen der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Kultusministerkonferenz der Länder und den kommunalen Spitzenverbänden gebildet. Informationen finden sich unter http://www.lostart.de/Webs/DE/Kommission/Index.html. 27 Die Übersichten und Datenbanken finden sich unter www.lostart.de/Webs/DE/Koordinierungsstelle/Handreichung.html. Die Handreichung und die Checkliste „Provenienzrecherche“ sind als Anlagen 1 und 2 beigefügt. 28 Die Provenienzdokumentation des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen ist abrufbar unter www.badv.bund.de/003_menue_links/e0_ov/d0_provenienz/b0_dokumentationen. Kunstgegenstände, die in der Zeit des Nationalsozialismus in den Besitz des Deutschen Reiches gelangten und (nach dem Zweiten Weltkrieg) an das Ressortvermögen des Bundesministeriums der Finanzen übertragen wurden, sind unter der Bezeichnung „Restbestand CCP“ im Internet unter www.LostArt.de abrufbar. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 14 die für ein in Linz geplantes Führermuseum vorgesehen waren („Sonderauftrag Linz“).29 Seit Anfang Januar 2008 gibt es außerdem eine Arbeitsstelle für Provenienzforschung am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berli am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz.30 Die Arbeitsstelle hat die Aufgabe, Museen, Bibliotheken, Archive und andere öffentlich unterhaltene Kulturgut bewahrende Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland bei der Identifizierung von Kulturgütern in ihren Sammlungen und Beständen zu unterstützen, die während der Zeit des Nationalsozialismus den rechtmäßigen Eigentümern entzogen wurden.31 Gefördert werden sowohl einzelfallbezogene Rechercheprojekte als auch systematische Erforschungen von Sammlungskonvoluten oder Gesamtbeständen sowie die Erschließung von archivalischen Quellen und Ressourcen, die wichtige Informationen für eine weiterführende Provenienzforschung enthalten. Weiterhin können Zuschüsse zur Erstellung von Rechtsgutachten oder juristischen Aufarbeitungen gewährt werden. Alle öffentlichen Einrichtungen sind dabei aufgerufen, ihre Bestände und Sammlungen zu überprüfen und jene Erwerbungsvorgänge offen zu legen, bei denen ein Zusammenhang mit nationalsozialistischen Unrechts- und Verfolgungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden kann. Die Arbeitsstelle für Provenienzforschung bietet hierzu fachliche Beratung und praktische Unterstützung an. Eine 29 Der Sonderauftrag Linz war eine von Adolf Hitler persönlich eingesetzte und ihm direkt unterstellte informelle Organisation, die den Auftrag hatte, Kunstwerke für ein in Linz an der Donau geplantes Museum („Führermuseum“) und für andere Galerien des Deutschen Reichs zusammenzutragen. Ein großer Teil des Bestandes gilt als NS-Raubkunst. Von den etwa 4700 Werken sind 567 nachweislich beschlagnahmtes jüdisches Eigentum aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Tschechien, Polen und Russland; etwa 1000 weitere Gemälde stammen aus Zwangsverkäufen oder wurden von NS-Dienststellen eingeliefert. Etwa 3200 Objekte wurden über den Kunsthandel oder über Privatkäufe erworben, auch diese stammen zu einem unbekannten Teil aus Sammlungen, die unrechtmäßig entzogen oder als sogenanntes „Fluchtgut" unter Zwang verkauft werden mussten. Hildebrand Gurlitt war einer der Haupteinkäufer; sein Arbeitsgebiet war hauptsächlich Paris, wo es aufgrund der Beraubung von Juden mannigfache Gelegenheit gab, Raubkunst für den Sonderauftrag Linz zu beschaffen (ISELT 2010; KRACHT 2010; KIRCHMAYR 2005; LÖHR 2005; SCHWARZ 2009). Eine Bild-Datenbank zum „Sonderauftrag Linz“ (mit vielen Hinweisen auf Gurlitt), verbunden mit einem instruktiven Überblick, ist abrufbar unter www.dhm.de/datenbank/linzdb. Hinzu kommt eine Dokumentation der Stadt Linz unter www.voea.at/tl_files/content/Scrinium/Scrinium_65/Scrinium_Nr_65_117-126.pdf. 30 Vgl. http://www.arbeitsstelle-provenienzforschung.de. 31 Im Magazin „Der Spiegel“ wurde aber berichtet, dass sich im Jahre 2013 immer noch etwa 20.000 Kunstgegenstände aus dem Besitz von NS-Tätern in Depots des Bundes befanden. Dabei handelte es sich um Gemälde, Plastiken, Bücher, Möbel, Münzen und andere Kunstgegenstände. Die 2300 Bilder wurden 2004 auf einen Versicherungswert von 20 Millionen Euro geschätzt. Hinzu kommen Hunderte Bilder, die sich in deutschen Museen befinden. Deren Herkunft ist in vielen Fällen immer noch ungeklärt. Außerdem wurde festgestellt, dass in den 1960er und 1970er Jahren Kunstgegenstände aus dem Besitz von Nazigrößen, die sich nun im Bundesbesitz befanden, zu sehr niedrigen Preisen auf dem Kunstmarkt angeboten wurden. Die Erlöse waren nach Darstellung des Magazins in den Bundeshaushalt geflossen (DER SPIEGEL 5/2013, 28.01.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 15 weitere Aufgabe der Arbeitsstelle ist es, die Provenienzforschung in Deutschland besser zu vernetzen sowie bei Koordinierungs- und fachübergreifenden Fragen zu beraten.32 32 Die Arbeitsstelle wurde von der Kulturstiftung der Länder gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) ins Leben gerufen. Die Kulturstiftung der Länder finanziert die Geschäftsstelle, die Bundesregierung stellt die Mittel für die Forschung vor Ort in den Museen bereit. Die Kulturstiftung der Länder unterstützte die Tätigkeit der Arbeitsstelle von 2008 bis 2012 mit 200.000 Euro jährlich. Seit 2013 stellt sie Mittel in Höhe von 358.000 Euro jährlich zur Verfügung. Vgl. dazu www.kulturstiftung.de/aufgaben/provenienzforschung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 16 3. Die Aktion „Entartete Kunst“ und die nationalsozialistische Kunst- und Kulturpolitik Nach der gewaltsamen Entfernung jüdischer, kommunistischer und unerwünschter Künstler aus öffentlichen Ämtern und der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz wurde bereits in den ersten Monaten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten deutlich, dass die Vielfalt der Kunst und Kultur der Weimarer Republik unwiderruflich zu Ende war.33 Mit der Errichtung der Reichskulturkammer am 22. September 1933 unter dem Vorsitz von Propagandaminister Goebbels vollzieht sich die totale Erfassung und folglich auch Kontrolle und Überwachung aller, die in Bereichen der Kultur tätig sind. Vertrat Goebbels in den Anfangsjahren des NS-Regimes noch eine Kunstauffassung, die der kulturellen Avantgarde nicht vollkommen abgeneigt war (verdeutlicht etwa an den Beispielen Nolde oder Munch), änderte sich seine Haltung durch die anhaltenden Auseinandersetzungen mit den verschiedenen kulturpolitischen Organisationen - und auch mit Adolf Hitler selbst - zu jener ideologischen Radikalität, die insbesondere Alfred Rosenberg und der „Kampfbund für deutsche Kultur“ immer gefordert hatte.34 Die Reichskulturkammer hatte für die Neuordnung des künstlerischen Schaffens zu sorgen. Abgelehnt und verfolgt wurde die avantgardistische, großstädtische Kunst- und Kulturszene, die als „undeutsch“ und „artfremd“ galt. Kunst und Kultur waren nicht mehr autonom, sondern sollten in den Dienst des NS-Regimes und seiner Rassenideologie gestellt werden. Die Nationalsozialisten entwickelten ein gesondertes Kunstideal und verfolgten dem entgegenstehende Kunst, die auch als „Verfallskunst“ bezeichnet wurde.35 Künstler, deren Werke nicht den nationalsozialistischen Idealen entsprachen, die Kommunisten oder Juden waren, wurden verfolgt. Die Nationalsozialisten belegten sie mit Berufs- und Malverboten , ließen ihre Kunstwerke aus Museen und öffentlichen Sammlungen entfernen und zwangen die Künstler zur Emigration oder ermordeten sie. Zur nationalsozialistischen Ideologie gehörte als zentraler Bestandteil ein Idealbild deutscher, „völkischer“ Kunst. Als Gegenbild zu diesem Ideal wurden Werke bestimmter Kunstrichtungen, die mit dem (überaus diffusen) Kunstkanon der Nationalsozialisten nicht in Einklang zu bringen waren, als „entartet“ gebrandmarkt. In der NS-Zeit war der Kampf gegen die künstlerische Avantgarde fester Bestandteil der staatlichen Propaganda.36 Für die Nationalsozialisten waren dies alles Kunstwerke und kulturellen Stilrichtungen, die mit ihrem Kunstverständnis nicht in Einklang standen. Dazu gehörten nicht 33 Zum Schicksal einzelner Künstler bzw. Kunstwerke vgl. insbesondere die Beiträge in FLECKNER (2007, 2009) sowie FLECKNER und HOLLEIN (2010). Zur Rolle der Kunstgeschichte im Nationalsozialismus vgl. DOLL u. a. (2005), HEFTRIG u. a. (2008) sowie DILLY (1988); weitere Informationen finden sich auf der Informationsseite des DFG-Projekts „Geschichte der Kunstgeschichte im Nationalsozialismus“ unter www.welib.de/gkns [Stand 06.06.12]. 34 Vgl. Reichskulturkammergesetz vom 22. 9. 1933 (RGBl. I, S. 659). 35 Einen wesentlichen (rechtspolitisch bedeutsamen) Ausgangspunkt der angestrebten Säuberung von „undeutschen Einflüssen“ im Kulturleben markiert der vom nationalsozialistischen Volksbildungsminister Thüringens Wilhelm Frick bewirkte „Erlass wider die Negerkultur für deutsches Volkstum“ vom 5. April 1930 (ANTON 2010a: 978f.; NELIBA 1996). 36 Zu Begriff und Abgrenzung der Terminologie „entartete Kunst“ ausführlich ANTON (2010a: 973ff.) und die dort angegebene Literatur. Überschneidungen mit dem Problemkreis der Beutekunst ergaben sich etwa dadurch, dass zahlreiche Kunstwerke, die zunächst als „entartet“ eingezogen und verkauft wurden, im Zuge des nationalsozialistischen Kunstraubes erneut beschlagnahmt worden sind (KUNZE 2000: 4f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 17 zuletzt Expressionismus, Dadaismus, Neue Sachlichkeit, Surrealismus, Kubismus und Fauvismus .37 Festzuhalten ist allerdings, dass nach 1933 innerhalb der NS-Führungsriege noch keine Einigkeit über den künftigen kunstpolitischen Kurs vorhanden war. Zunächst gab es sogar eine kunstpolitische Opposition, die insbesondere den Expressionismus als „deutsche Kunst“ verteidigt.38 Auch wenn sich diese nicht durchzusetzen konnte, gab in den folgenden Jahren immer wieder Aktivitäten für die Moderne: So wird die Zeitschrift „Kunst der Nation“ von 1933 bis 1935 zum Sprachrohr liberaler Tendenzen. Ausstellungen in Kunstvereinen und Privatgalerien wurden bis 1937 und vereinzelt auch darüber hinaus veranstaltet. Auch Museen erwarben noch bis 1936 Werke moderner Künstler (so erhält das Folkwang Museum in Essen 1935 vom Museumsverein eine fast vollständige Sammlung der Graphik Emil Noldes). Gleichzeitig fanden aber zunehmend Aktionen zur Diffamierung der Moderne statt und im Zuge diese Aktivitäten haben sich bereits vereinzelt Museen durch Tausch oder Verkauf von moderner Kunst getrennt.39 Erst im Jahr 1936 erging ein totales Verbot jeglicher Kunst der Moderne. Hunderte Kunstwerke, vor allem aus dem Bereich der Malerei, wurden aus den Museen entfernt. Bernhard Rust, der als Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung für die Museen zuständig war, kündigte in der Eröffnungsrede einer Akademieausstellung Ende 1936 eine „Säuberung“ der Museen an, wurde aber nicht aktiv. Anfang 1937 erschien Wolfgang Willrichs Buch „Säuberung des Kunsttempels . Eine kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste nordischer Art“. Die Lektüre dieses Buches brachte den Minister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels auf den Gedanken, eine zentrale Ausstellung „Entartete Kunst“ zu organisieren. Damit beauftragte er den Präsidenten der Reichskammer der Bildenden Künste Adolf Ziegler. Dieser stellte eine Kommission zusammen, die in der ersten Julihälfte 1937 rund 1100 Kunst- 37 Als „entartet“ galten unter anderem die Werke von Ernst Barlach, Willi Baumeister, Max Beckmann, Otto Dix, Max Ernst, Otto Freundlich, Wilhelm Geyer, George Grosz, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Oskar Kokoschka, Paula Modersohn-Becker, Otto Pankok, Max Pechstein, Karl Schmidt- Rottluff. Vgl. dazu anschaulich die Übersicht unter www.dhm.de/lemo/html/nazi/kunst/index.html. 38 Künstler und Kulturschaffende sahen sich am Anfang der NS-Zeit rivalisierenden Institutionen und Ansichten gegenüber; so konkurrierte Goebbels vor allem mit dem NS-Chefideologen Alfred Rosenberg. Im Unterschied zu Rosenberg schätzte Goebbels in gewisser Weise die Kunst der Moderne. Hitler persönlich entschied schließlich den nationalsozialistischen „Expressionismusstreit“. Auf den Reichsparteitagen 1933 und 1934 äußerte er sich im Konflikt Rosenberg-Goebbels noch nicht eindeutig, am 11. September 1935 aber rechnete er endgültig mit der Kunst der Moderne ab. Goebbels schwenkte um, verfolgte nun nachdrücklich moderne Kunst, die fortan als „entartet“ verfemt wurde. Vgl. dazu SCHWARZ (2009), MARTYNKEWICZ (2009: 483ff.), PETROPOULOS (1999, 2000), BAVAJ (2003), CLINEFELTER (2005), NICHOLAS (1995), BEYME (2005: 707ff.), BACKES (1992), BRENNER (1963), MATHIEU (1997) sowie – mit einer Dokumentation der Reden Hitlers zu Kunst und Kultur – EIKMEYER (2004). 39 Bedeutende Sammlungen moderner Kunst wie etwa von Ida Bienert (Dresden), Hermann Lange (Krefeld), Martha und Paul Rauert (Hamburg) und Felix Weise (Halle) überstanden die NS-Zeit in Deutschland unbeschadet. Manche Sammler – wozu offenbar auch Hildebrand Gurlitt gehörte – erweiterten ihre Bestände bzw. begannen ihre Sammeltätigkeit erst nach dem Erlebnis der Ausstellung „Entartete Kunst“ von 1937 (Beispiel Bernhard Sprengel). Das Schicksal jüdischer Sammlungen und Sammler wurde vor allem von der Judenverfolgung bestimmt, die sich in den Kriegsjahren bis zum Genozid steigerte. Vgl. dazu die Übersicht unter http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/khi/forschung/entartete_kunst/dossier/. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 18 werke aus 30 Museen auswählte und nach München beorderte, wo vom 19. Juli an etwa 600 davon in der Ausstellung „Entartete Kunst“40 angeprangert wurden. Die Ausstellung „Entartete Kunst“ war zugleich als Gegenveranstaltung zur „Großen Deutschen Kunstausstellung“ konzipiert , die tags zuvor im neu errichteten „Haus der deutschen Kunst“ eröffnet worden war.41 Auf diese Weise sollte die deutsche Öffentlichkeit von der Minderwertigkeit der gezeigten Werke überzeugt werden. In einer zweiten Beschlagnahmewelle, die nach der Eröffnung der Ausstellung stattfand, ging man noch einen Schritt weiter: Sämtliche Werke der Kunst, die vom Regime als „entartet“ betrachtet wurden, sollten aus den Sammlungen entfernt werden.42 Erst nachträglich erhielt die Aktion „Entartete Kunst“ eine gesetzliche Grundlage. Da bei der Sicherstellung der „entarteten Kunst“ die betroffenen Kunstwerke ohne Rücksicht auf die Rechtsform und die Eigentumsverhältnisse aus den Beständen der Museen entnommen wurden, wurde nach einer rechtlichen Absicherung der beispiellosen Säuberungsaktion gesucht. Dies geschah durch das „Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst“ vom 31. Mai 1938.43 Das Gesetz war die rechtliche Basis für die „Verwertung“ der „entarteten Kunst“, d. h. den Verkauf gegen Devisen oder den Tausch gegen ältere Kunstwerke. In § 1 des Gesetzes heißt es: „Die Erzeugnisse entarteter Kunst, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in Museen oder der Öffentlichkeit zugänglichen Sammlungen sichergestellt […] sind, können ohne Entschädigung zuguns- 40 Die Ausstellung wurde von Joseph Goebbels initiiert und von Adolf Ziegler, dem Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste, geleitet. In der Ausstellung „Entartete Kunst“ wurden die Exponate mit Zeichnungen von geistig Behinderten gleichgesetzt und mit Fotos verkrüppelter Menschen kombiniert, die bei den Besuchern Abscheu und Beklemmungen erregen sollten. So sollte der Kunstbegriff der avantgardistischen Moderne ad absurdum geführt und moderne Kunst als Verfallserscheinung verstanden werden. Diese Präsentation „kranker“, „jüdisch-bolschewistischer“ Kunst diente zugleich auch zur Legitimierung der Verfolgung „rassisch Minderwertiger“ und „politischer Gegner“. Vgl. dazu KUNZE (2000: 16ff.), ANTON (2010a: 979ff.), BARRON und GUENTHER (1992), ANDERL (2007), STEINKAMP (2008) sowie die Beiträge in FLECKNER (2007). 41 Sie war die erste von insgesamt acht, jährlich im Münchner „Haus der Deutschen Kunst“ veranstalteten sogenannten „Großen Deutschen Kunstausstellungen" in der Zeit von 1937 bis 1944, in denen die Nationalsozialisten eine Art Leistungsschau des deutschen Kunstschaffens zu präsentieren versuchten. Die Ausstellung erwies sich freilich als kunstpolitisches Fiasko. So rücksichtslos der Nationalsozialismus mit der Kunst der „Verfallszeit“ abrechnete, so groß war sein Unvermögen, dem eigenen Kunstanspruch gerecht zu werden. Von der vielbeschworenen „neuen Kunst“ war nicht viel zu sehen. Die Auswahl der zwölfköpfigen Jury fand vor den Augen von Goebbels und Hitler keine Gnade (vornehmlich bestehend aus Akt- und Genrebilder, Stillleben, Landschaften, mythologische Szenen, Arbeiter- und Industriebilder). Schließlich wurde Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann damit beauftragt, die Bilder zusammenzustellen (MARTYNKEWICZ 2009: 493). Die Ausstellungen der Jahre 1937 bis 1944 im Münchner Haus der Kunst sind inzwischen nahezu vollständig in die Internet-Datenbank www.gdk-research.de aufgenommen (KOTTEDER 2011). 42 Vgl. dazu die Chronik der Entziehungen „entarteter Kunst“ vor dem Hintergrund eines umfassenden Kunstraubes der Nationalsozialesten; die Übersicht ist abrufbar unter http://www.geschkult.fuberlin .de/e/khi/forschung/entartete_kunst/dossier/index.html. 43 Das „Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst“ vom 31. Mai 1938 ist in Anlage 3 enthalten; vgl. dazu auch die Ausführungen in GRELL (1999: 22ff.). Inzwischen mehren sich – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des weiter unten erläuterten Münchner Kunstfundes im Jahr 2013 – die Stimmen in der Rechtswissenschaft, die dafür plädieren, das NS-Einziehungsgesetz von 1938 als nichtig einzustufen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 19 ten des Reichs eingezogen werden, soweit sie bei der Sicherstellung im Eigentum von Reichsangehörigen oder inländischen juristischen Personen standen.“44 Das Gesetz sah damit die entschädigungslose Enteignung45 der beschlagnahmten Werke zu Gunsten des Reiches vor.46 Damit war die Grundlage für die Verwertung der Werke insbesondere zur Devisenbeschaffung gelegt . Eine weitere Vorgehensweise bestand darin, mit dem Erlös der beschlagnahmten Kunstwerke den Nationalsozialisten genehme Bilder zu erwerben. Im Juni 1938 zog etwa Göring 13 herausragende Werke ab, um sie zu Gunsten seiner Sammlung alter Kunst zu veräußern. Im August wurden die Werke, die man ins Ausland verkaufen zu können hoffte, in das Schloss Schönhausen in Berlin-Pankow verlagert.47 Nachdem Kunsthändler noch einmal Kommissionsware aus dem Depot in der Köpenicker Straße übernommen hatten, wurde der dort verbliebene „unverwertbare Rest“ am 20. März 1939 auf dem Hof der Berliner Hauptfeuerwache verbrannt (ANTON 2010a: 999ff.; GRELL 1999; HEUER 1999).48 Auf der Grundlage dieses Gesetzes wurde eine „Kommission zur Verwertung der beschlagnahmten Werke“ mit der Aufgabe betraut, den Verkauf der beschlagnahmten Werke zu organisieren. Mit der Veräußerung der als „verwertbar“ eingestuften Werke wurden mehrere Kunsthändler beauftragt, die jeweils über besondere Erfahrungen mit dem Handel moderner Kunst verfügten. Zu Beginn der „Verwertungsaktion“ wurden einzelne Werke an die Kunsthändler Wolfgang Gurlitt und Karl Haberstock in Berlin, Fritz Carl Valentien in Stuttgart und Aage Vilstrup in Hellerup sowie an die Galerie Zak in Paris verkauft. Am 30. Juni 1939 veranstaltete die Galerie 44 Grundlage für das Einziehungsgesetz war das am 23. März 1933 erlassene sogenannte „Ermächtigungsgesetz“, das der nationalsozialistischen Regierung die Kompetenz übertrug, ohne Mitwirkung des Parlaments Gesetze mit verfassungsänderndem Inhalt zu erlassen, selbst wenn die darin enthaltenen Normen mit den Grundwerten der Verfassung nicht in Einklang standen. 45 Eine ausführliche Darstellung der „Sicherstellung“ der „entarteten Kunst“ durch das NS-Regime im Kontext der verschiedenen Arten unrechtmäßiger Entziehung kultureller Güter findet sich in ANTON (2010a: 955ff.). 46 Der Begriff „Einziehung“ ist damit einer Enteignung gleichzusetzen. Die Einziehung der Kunstwerke bezeichnete der einschlägige Kommentar als „internen Verwaltungsakt“, da die Beschlagnahmung der betroffenen Kunstwerke bei Erlass des Gesetzes bereits abgeschlossen war. Das Gesetz legitimierte folglich auch keine nach Erlass des Gesetzes beschlagnahmten Werke moderner Kunst (KUNZE 2000: 43ff.; GRELL 1999: 22ff.). 47 Deutlich wird hier der Zusammenhang mit der Tätigkeit Hildebrand Gurlitts (GERLACH 2013) (Anlage 4). 48 Insgesamt wurden mehr als 20 000 Kunstwerke aus deutschen Museen und deren Depots beschlagnahmt. Die Verluste an moderner Kunst wären weitaus gravierender ausgefallen, wenn der staatliche Zugriff auf private Galerien und Sammlungen in gleicher Weise erfolgt wäre. Die durchaus vorhandenen Pläne wurden jedoch aufgrund des einsetzenden Krieges nicht mehr oder nur in geringem Maß verwirklicht (ANTON 2010a: 1000). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 20 Theodor Fischer in Luzern49 die Auktion „Gemälde und Plastiken moderner Meister aus deutschen Museen“, auf der 125 Spitzenwerke angeboten wurden. In drei Tauschverträgen aus dem Jahr 1939 erhielt der damals in Rom lebende Maler Emanuel Fohn für 25 Werke deutschrömischer Maler etwa 450 Werke der „Entarteten Kunst“. Die übrigen Kauf- und Tauschgeschäfte – auch die Verkäufe an das Kunstmuseum in Basel und die Abgabe der Munch-Bestände an den Auktionator Harald H. Halvorsen in Oslo – wurden ab Ende 1938 bis zum Abschluss der „Verwertungsaktion “ im Sommer 1941 ausschließlich über vier dazu ermächtigte Kunsthändler abgewickelt : Karl Haberstock in München, Ferdinand Möller in Berlin, Hildebrand Gurlitt50 in Hamburg sowie Bernhard A. Böhmer in Güstrow.51 Sie waren verpflichtet, die Werke ins Ausland zu verkaufen, gaben sie aber zum Teil auch innerhalb Deutschlands an Händler und Sammler ab oder behielten sie selbst. In jedem Fall mussten sie dafür Devisen aufbringen. Das war nur durch Tauschverträge ähnlich denen mit Fohn zu umgehen.52 Über diese Händler sind bedeutende Werke in amerikanische Museen und ausländische Privatsammlungen gelangt. Neben den Veräußerungen aus dem Depot der Nationalsozialisten wurden am 30. Juni 1939 125 Gemälde und Plastiken „moderner Meister aus deutschen Museen“ auf einer Auktion der Galerie Fischer in Luzern versteigert. Über diese Auktion gelangten Inkunabeln 49 Raubkunst kam während und auch nach der Zeit des Deutschen Nationalsozialismus unter anderem auch in die Schweiz; es gibt deshalb auch aus schweizerischer Perspektive Bemühungen zur Aufarbeitung. So veröffentlichte das Bundesamt für Kultur im Frühjahr 1998 einen Bericht zur Untersuchung der Provenienz der Kulturgüter im Eigentum der Eidgenossenschaft im Hinblick auf die NS-Raubkunstproblematik. Mit dem Ziel der Bedarfsabklärung bei der Aufarbeitung der NS-Raubkunstproblematik in der Schweiz beauftragte der Bundesrat 2007 das Eidgenössische Departement des Innern (Bundesamt für Kultur) und das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (Politische Direktion) in einer Arbeitsgruppe zusammen mit den Kantonen (Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, EDK) und den Museumsverbänden (Verband der Museen der Schweiz, VMS; Vereinigung Schweizer Kunstmuseen, VSK) eine freiwillige Umfrage bei Schweizer Museen durchzuführen (EDI/EDA 2010). Vgl. dazu außerdem die Informationen und Hinweise auf weitere Dokumente unter http://www.bak.admin.ch/kulturerbe/04402/index.html?lang=de. Vgl. dazu auch die Ausgabe 3-4/09 der Zeitschrift „Kunst und Recht“ (www.kur-journal.de). 50 Eine Übersicht zur Tätigkeit Hildebrand Gurlitts findet sich bei KRACHT (2010); Zu nennen ist in dieser Zusammenhang außerdem Wolfgang Gurlitt, Cousin von Hildebrand, der ebenfalls für das NS-Regime mit sogenannter „entarteter Kunst“ handelte (HOFER/BORCHOLTE 2013); ausführliche Informationen auch unter http://www.bmukk.gv.at/medienpool/22210/dossier_schiele_blindemutter.pdf. 51 Zu allen vier Kunsthändlern liegen inzwischen Forschungsergebnisse vor; vgl. dazu etwa die Literaturübersicht bei WELZBACHER (2012: 7ff.). 52 Hildebrand Gurlitt war einer von vier Kunsthändlern, die während der Zeit des Nationalsozialismus mit der Verwertung beschlagnahmter Kunstwerke beauftragt waren. Für den Kunsthändler Ferdinand Möller ist belegt, dass er entgegen den Vorgaben von staatlichen Stellen (also seiner Auftraggeber) etliche als „entartet“ geltende und beschlagnahmte Kunstwerke nicht aus dem Reichsgebiet brachte, sondern an Inländer verkaufte oder selbst erwarb. Vermutet wird, dass die Kunsthändler, möglicherweise auch Hildebrand Gurlitt, im Deutschen Reich mit Werken der sogenannten „entarteten Kunst” handelten oder solche aus dem Ausland zurückkauften. Gurlitt war Leiter des König-Albert-Museums in Zwickau und des Kunstvereins in Hamburg. Während der Zeit des Nationalsozialismus war er als Kunsthändler tätig. Dabei war er damit beauftragt, die aus deutschen Museen beschlagnahmte sogenannte „entartete Kunst“ ins Ausland zu verkaufen. Darüber hinaus war Gurlitt nach Beginn des Zweiten Weltkriegs als einer der Haupteinkäufer für das Hitlermuseum in Linz am nationalsozialistischen Kunstraub vorwiegend in Frankreich beteiligt (KRACHT 2010). Vgl. dazu auch KUNZE (2000: 44ff.), ANTON (2010a: 1002ff.) sowie die Beiträge in HAUG und STEINKAMP (2010), FLECKNER (2007, 2009) sowie FLECKNER und HOLLEIN (2010). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 21 des deutschen Expressionismus in öffentliche Kunstsammlungen, insbesondere die von Liège und Basel, und in US-amerikanische Privatsammlungen (JEUTHE 2007).53 244 Werke, die von Ausländern stammten, Ausländern gehörten, Leihgaben aus Privatbesitz waren oder als Grenzfälle eingestuft wurden, sind von den Nationalsozialisten den Besitzern oder den Künstlern zurückgegeben worden. Einige der von der Beschlagnahme betroffenen Museen erhielten die eingetauschten Werke älterer Kunst überwiesen und zum Teil auch eine geringfügige finanzielle Entschädigung . Die weder vernichteten noch zurückgegebenen oder verkauften Restbestände wurden 1941 im Keller des Propagandaministeriums aufbewahrt. Große Teile davon sind bei fortschreitendem Krieg zu Böhmer nach Güstrow ausgelagert worden. Ihr Verbleib ist nur in einigen Fällen nachweisbar. Über die Zerstörungen durch Kriegsereignisse oder den Nachkriegsvandalismus gibt es keine Aufzeichnungen.54 Im privaten Bereich wurden zum Beispiel durch die Reichskammer der Bildenden Künste von einzelnen Künstlern Werke zur Begutachtung eingefordert und nicht wieder zurückerstattet. Auch Beschlagnahmen – zumeist durch die Gestapo – in Galerien, Auktionshäusern und Künstlerateliers sind überliefert. Dafür sind bisher jedoch nur vereinzelt konkrete Belege bekannt.55 Mit dem „Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst“ vom 31. Mai 1938 wurde wohl zum ersten Mal in der Geschichte der Kunst eine Vorschrift erlassen, aufgrund derer Kunstwerke allein wegen ihrer künstlerischen Qualität entschädigungslos eingezogen werden konnten. Dementsprechend war auch der sachliche Anwendungsbereich der Vorschrift: Betroffen waren alle Erzeugnisse der als „entartet“ erkannten Kunst, die vor Inkrafttreten des Gesetzes in Museen oder der Öffentlichkeit zugänglichen Sammlungen sichergestellt worden waren. Aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich weiterhin schließen, dass mit der Beschlagnahmung privater Sammlungen deutscher Reichsangehöriger, die nicht in Museen oder öffentlich zugänglichen Sammlungen standen, oder Leihgaben ausländischer Staatsangehöriger an öffentliche Institutionen keine Eigentumsübertragung an den deutschen Staat erfolgte. Jedoch gab es keine buchstabengetreue Anwendung des Gesetzes, infolgedessen sind auch Kunstwerke ausländischer Eigentümer mit Verweis auf dieses Gesetz beschlagnahmt und verwertet worden. Nicht nur wegen der riesigen Lücken, die die Aktion „Entartete Kunst“ in die Sammlungen der Museen riss, sondern auch wegen der Rolle, die Mitarbeiter der Museen bei der Aussonderung und Vernichtung von Kunstwerken spielten, sind die Umstände und Wirkungen bis heute Anlass 53 Das Gesamtverzeichnis der 1937/38 in deutschen Museen beschlagnahmten Werke wird seit April 2010 mit der Datenbank „Entartete Kunst“ kontinuierlich ins Netz gestellt (www.geschkult.fuberlin .de/e/db_entart_kunst/index.html). Zur Forschungsgeschichte die Übersicht der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ an der FU Berlin, abrufbar unter www.geschkult.fuberlin .de/e/db_entart_kunst/geschichte/forschungsgeschichte/index.html. 54 Jedoch wurden in der Nähe des Berliner Roten Rathauses im Jahr 2010 bei archäologischen Grabungen elf Skulpturen der Klassischen Moderne geborgen. Dieser spektakuläre Fund wirft ein neues Licht auf den Verbleib der Kunstwerke, die im Rahmen der nationalsozialistischen Beschlagnahmeaktion „Entartete Kunst“ den Museen entzogen und die bis heute verschollen sind. Die bisher verloren geglaubten Werke werden seit dem 9. November 2010 im Neuen Museum auf der Museumsinsel Berlin präsentiert. Zur Ausstellung erscheint eine begleitende Publikation mit der Beschreibung der Fundumstände sowie mit Angaben zu den Künstlern und den Werken (STIFTUNG PREUßISCHER KULTURBESITZ 2011). 55 2010 machten Skulpturen Schlagzeilen, die zu den vermissten Werken gehören. Sie wurden nämlich an der U- Bahn-Baustelle nahe dem Roten Rathaus in Berlin entdeckt – und inzwischen öffentlich gezeigt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 22 für zahlreiche kunsthistorische Forschungsvorhaben.56 Auch unter rechtswissenschaftlichem Blickwinkel ist die Aktion „Entartete Kunst“ von einigem Interesse. Eine zentrale Frage richtet sich dabei auf die heutigen Eigentumsrechte an den Werken, die im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ enteignet wurden. Festzustellen ist zunächst, dass das „Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst“, mit dem die Unrechtsakte legalisiert worden waren, nach Ende des Zweiten Weltkriegs durch die Alliierten nicht aufgehoben worden ist (KUNZE 2000: 64ff.). So ist das Gesetz nicht in die Liste der von den Alliierten aufgehobenen nationalsozialistischen Gesetze aufgenommen worden und auch später nicht explizit für ungültig erklärt worden. Sinn und Zweck war die Wahrung der Rechtssicherheit gegenüber den Erwerbern der zu NS-Zeiten als „entartete Kunst“ beschlagnahmten Kunstwerke. Dies war nur zu erreichen, wenn auch nach 1945 das Einziehungsgesetz vom 31. Mai 1938 als Rechtsgrundlage mit Legalisierungswirkung für die tatsächliche Sicherstellung der Kunstgegenstände dienen würde. Deshalb hat sich der Alliierte Kontrollrat im Ergebnis für ein Fortbestehen des Gesetzes entschlossen (HEUER 1999: 2558ff.).57 Auch in der deutschen Meinungsbildung wurde diese Entscheidung letztlich unterstützt. So hat sich etwa der Denkmal- und Museumsrat Nordwestdeutschland in diesem Zusammenhang im September 1948 dafür ausgesprochen, den beschlagnahmten Museumsbesitz sinnvoll zu ersetzen , nicht aber die veräußerten Werke durch gesetzliche Maßnahmen zurückzufordern.58 Dementsprechend hat auch der bundesdeutsche Gesetzgeber eine Aufhebung des Einziehungsgesetzes nie angeordnet. Begründet wurde dies nicht zuletzt damit, dass durch das Gesetz keine Personen verfolgt wurden, vielmehr habe sich die Stoßrichtung des Gesetzes gegen bestimmte Werke gerichtet . Diese Argumentation dürfte allerdings nur ein Grund dafür sein, warum das Gesetz nicht angetastet wurde.59 Im Zuge der „Verwertung“ der Bilder waren sie auf der ganzen Welt veräußert worden. Durch eine Annullierung des Gesetzes wäre diesen Transaktionen die rechtliche Grundlage entzogen worden. Eine Rückforderung der Werke durch die früheren Eigentümer würde mit 56 Nicht zuletzt an der Forschungsstelle „Forschungsstelle Entartete Kunst" der FU Berlin sind zahlreiche Arbeiten entstanden, zu nennen sind insbesondere die Beiträge in FLECKNER (2007; 2009). Seit April 2004 ist sie parallel dazu am Kunsthistorischen Seminar der Universität Hamburg angesiedelt. Im Mittelpunkt der Forschungen stehen die Methoden nationalsozialistischer Kunstpolitik, insbesondere die Vorgeschichte, Geschichte und die Auswirkungen der Beschlagnahme moderner Kunstwerke in deutschen Museen durch die Nationalsozialisten im Jahr 1937. Eingebunden darin sind Recherchen zu den antimodernen Propagandaausstellungen seit 1933 und zur Wanderausstellung „Entartete Kunst“ von 1937 bis 1941. Die Forschungsstelle fragt nach dem Schicksal der betroffenen Künstler, den Strategien der Museumsleiter und der Rolle der Kunsthändler innerhalb des Verwertungssystems ebenso wie nach den Auswirkungen der Verfemung nach 1945 (www.unihamburg .de/Kunstgeschichte/EntarteteKunst.htm). 57 Die Materialien des Alliierten Kontrollrates verweisen darauf, dass mit der Aufrechterhaltung des Einziehungsgesetzes die Grundlage der früheren Verwertung der Kunstwerke nicht zerstört werden sollte. Eine Rückübertragung von Vermögenswerten sollte allein in „deutschem Namen“ und „auf deutsche Rechnung“ erfolgen (HEUER 1999: 2560). 58 Der Beschluss des Denkmals- und Museumsrates Nordwestdeutschland ist dokumentiert in KUNZE (2000: 272). 59 In der sowjetischen Besatzungszone wurde zunächst in anderer Weise vorgegangen. Die Sowjetische Militäradministration ermächtigte am 8. Oktober 1946 die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung, zur Rückführung der beschlagnahmten Kunstwerke alle notwendigen Maßnahmen zu treffen. In darauf folgenden zwei Jahren wurden Werke aus ehemaligem Museumsbestand konfisziert, ehe mit Beschluss vom September 1948 von dieser Vorgehensweise wieder Abstand genommen wurde (KUNZE 2000: 65f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 23 großer Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führen. Dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit gegenüber den Erwerbern der zu NS-Zeiten als „entartete Kunst“ beschlagnahmten Kunstwerke sollte damit Rechnung getragen werden, so dass auch nach 1945 das Einziehungsgesetz und die staatlichen Beschlagnahme- und Enteignungsmaßnahmen als rechtswirksam fortbestanden (ebd.).60 Möglicherweise hat man von einer Aufhebung des Gesetzes auch abgesehen, um inländische Erwerber, die diese Werke dann zurückgeben müssten, nicht ungebührlich gegenüber ausländischen , von denen eine Rückgabe nur schwer zu erreichen gewesen wäre, zu benachteiligen.61 Insgesamt hatte dies zur Folge, dass Kunstwerke in öffentlichem Eigentum, die als „entartet“ eingezogen worden waren, auch heute nicht mehr von den ursprünglichen öffentlichen Museumsträgern aus Rechtsgründen zurückgefordert, sondern nur zurückerworben werden können. So wurde beispielsweise das Gemälde „Roter Turm I“ von Lyonel Feininger mehr als 70 Jahre nach Beschlagnahme und Weiterveräußerung im Kunstmarkt unter Mithilfe der Kulturstiftung der Länder und weiterer Geldgeber für das Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt nach Halle in die Moritzburg zurückerworben.62 In formeller Hinsicht ist das Einziehungsgesetz schließlich am 31. Dezember 1968 im Rahmen der Rechtsbereinigung in der Bundesrepublik Deutschland außer Kraft getreten. Damit sollten Unklarheiten im Hinblick auf das noch in Kraft befindliche Vorkriegsrecht durch eine Sammlung des Bundesrechts beseitigt werden. Das Ziel war, die nicht mehr mit dem Grundgesetz zu vereinbarenden Vorschriften zu beseitigen.63 Alle Gesetze, die nicht in die als Bundesgesetzblatt Teil III veröffentlichte Sammlung aufgenommen wurden, traten am Tag der Ausschlusswirkung automatisch außer Kraft.64 Das Einziehungsgesetz von 1938 hat in diese Sammlung keinen Eingang gefunden und damit in formeller Hinsicht seine Gültigkeit durch diesen Gesetzesakt verloren. Als Hauptproblem stellt sich freilich nicht die Frage nach der aktuellen Gültigkeit des Gesetzes, 60 Mit dem Münchner Kunstfund von 2013 stellt sich die Frage der Restitution von Kunstwerken, die aus der Aktion „Entartete Kunst“ herrühren, jedoch mit neuer Dringlichkeit. Festgestellt wird etwa, dass viele dieser Kunstwerke möglichweise überhaupt nicht von den hier referierten Regelungen erfasst werden. Dies gilt etwa für beschlagnahmte Kunstwerke aus kommunalen oder privaten Museen (vgl. dazu Teil 5). 61 Vgl. dazu PARZINGER (2009: 44), der auf eine Stellungnahme des Präsidenten der SPK, Klaus-Dieter Lehmann, vom 23. August 1999 verweist. Bereits 1949 ging - wie andere auch - der ehemalige Direktor der Nationalgalerie in Berlin, Paul Ortwin Rave, von der Gültigkeit des Einziehungsgesetzes und deren Endgültigkeit der mit ihm geschaffenen Fakten aus, als er annahm, dass der damals beschlagnahmten Werke inzwischen den Erwerbern gehörten (KUNZE 2000: 65). Vgl. dazu auch ANTON (2010a: 1065). 62 Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gelang der Rückerwerb von lediglich zwei der elf Gemälde, nämlich „Marienkirche mit dem Pfeil“ (1930) und „Der Dom zu Halle“ (1931). Inzwischen gehört auch das Bild "Der Rote Turm I" wieder zum Besitz des Museums und wird künftig zusammen mit dem "Dom von Halle" (1931) und der "Marktkirche mit dem Pfeil" (1930) auf der Feininger-Empore der Moritzburg zu sehen sein und den einmaligen Ausblick auf das Panorama der Stadt Halle um ein drittes Bildmotiv des Bauhausmeisters bereichern. Vgl. dazu http://www.kulturstiftung.de/aktuelles/meldungen/detail/feininger-zurueck-in-halle/ [Stand 06.06.12]. Zu einzelnen Kunstwerken und Sammlungen vgl. außerdem die Beiträge in FLECKNER (2009). 63 Vgl. dazu das Gesetz über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958 (BGBl. I, S. 437). 64 Vgl. dazu § 3 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts in Verbindung mit § 3 des Gesetzes über den Abschluss der Sammlung des Bundesrechts vom 28. Dezember 1968 (BGBl. I, S. 1451). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 24 sondern die Frage nach den weiteren Folgewirkungen des Gesetzes.65 Das Problem zeigt sich insbesondere hinsichtlich einer Rückgabe beschlagnahmter Werke der als „entartet“ verfemten Kunst. Dabei ist für die rechtliche Beurteilung des Einziehungsgesetzes heute auch die Unterscheidung zwischen der Entziehung der Kunstwerke einerseits in Privateigentum und andererseits in Staatseigentum zu treffen. Es ist also danach zu fragen, ob es sich bei den sichergestellten (und verstaatlichten) Werken um solche handelt, die aus Privateigentum (etwa aus dem Bestand von Kunstvereinen oder Privatsammlern) stammten und als Leihgaben den öffentlichen Museen anvertraut waren, oder ob die Kunstwerke aus dem Bestand staatlicher Museen sichergestellt wurden. Soweit die staatlichen Sammlungen Opfer der Aktion „Entartete Kunst“ wurden, waren sie zugleich mit eben jenem Staat verwoben, der die Eingriffe vornahm. Daraus folgt, dass für jene Kunstwerke, die im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ aus öffentlichen Sammlungen Deutschlands66 entfernt wurden, eine Restitution bislang nur schwer möglich war. KUNZE (2000) und ähnlich HEUER (1999) betonen dementsprechend, dass heute nur noch in Ausnahmefällen Ansprüche auf Restitution der beschlagnahmten und daraufhin „verwerteten“ Kunstwerke erhoben werden können. 67 Jedoch scheint für die offenen Fragen der Auswirkungen der Aktion „Entartete Kunst“ heute weniger die Rechtslage als vielmehr die Faktenlage ausschlaggebend zu sein. Eine zentrale Frage richtet sich dabei auf den Verbleib der betroffenen Bestände und dem heutigen Aufenthaltsort dieser Kunst- und Kulturgüter. Erst wenn hierzu gesichertes Wissen vorliegt und der Zugang zu den Werken möglich ist, kann – so etwa PARZINGER (2009: 46) – über weitergehende Lösungen nachgedacht werden.68 Die Folgen nationalsozialistischen Unrechts zu überwinden, bleibt deshalb auch im Bereich der modernen Kunst ein unabgeschlossenes Projekt.69 65 Die Rechtsakte, die anhand dieses Gesetzes ergingen, werden aus heutiger Perspektive überwiegend als wirksam erachtet (HEUER 1999; KUNZE 2000; ANTON 2010a). Juristisch betrachtet sind die Beschlagnahmen rechtswirksam zustande gekommen, so dass auch die Folgeerwerber wirksames Eigentum an den Werken erlangen können; Vgl. dazu auch die Informationsbroschüre der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ (Carl-Heinz Heuer), abrufbar unter www.geschkult.fu-berlin.de/e/khi/forschung/entartete_kunst/dossier/Broschuere_Heuer.pdf (Anlage 5). 66 Zahlreiche von der Beschlagnahme betroffene Museen waren bis 1934 Landesmuseen. Mit dem Gleichschaltungsgesetz, spätestens mit dem Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30. Januar 1934, verloren die Länder ihre rechtliche Existenz. Wenn die Länder damit ihre eigene Staatlichkeit verloren haben sie – so betont HEUER (1999: 2559) – auch die eigenständigen Eigentumsrechte an Vermögenswerten verloren. 67 Vgl. dazu ausführlich ANTON (2010a: 1067ff.). 68 Der Fall Gurlitt könnte sich jedoch in dieser Hinsicht als eine wichtige Wegmarke für eine forcierte Aufarbeitung bei gleichzeitiger Rechtsbereinigung erweisen. 69 Sinnfällig ist etwa der von LÜTTICHAU (2007) beschriebene Weg von Otto Muellers „Landschaft mit Figuren“, das von Henri Nannen 1979 erworben worden ist und sich seither in der Emdener Kunsthalle befindet (Sammlung Henri Nannen). Nachdem 1998 die tatsächliche Herkunft des Bildes festgestellt wurde (Privatsammlung Ismar Littman), wurde das Kunstwerk mit öffentlichen und privaten Geldern zurückkauft (SCHNABEL und TATZKOW 2007: 444ff.; HEUß 1998; 2008). Zur Rolle Henri Nannens in den Jahren nach 1933 vgl. auch MARTYNKEWICZ (2009: 484ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 25 4. Die Rückführung kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter Kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter – auch als Beutekunst bezeichnet – sind Kulturgüter, die sich jemand in einem Krieg oder kriegsähnlichen Zustand widerrechtlich (entgegen Art. 56 der Haager Landkriegsordnung70) aneignet (Kunstraub).71 Beutekunst im Zweiten Weltkrieg umfasst zum einen das Thema des Raubs an Kulturgütern durch deutsche Stellen in den besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkriegs, und zum anderen den Kulturgutraub nach Kriegsende durch die alliierten Besatzungsmächte. Beutekunst ist ein kulturelles Phänomen, das es als Folge von Kriegen seit jeher gegeben hat. Dies geschieht gewöhnlich, um den Gegner zu demütigen, sich selbst, die eigene Partei oder den eigenen Staat zu bereichern. Oftmals ist der Kunstraub auch Ausdruck staatlicher Ideologie. Es geht dabei einerseits um die Restitution der Kulturgüter (dazu gehören auch Kirchenglocken), die während des Zweiten Weltkrieges aus den betroffenen Staaten geraubt und widerrechtlich nach Deutschland verbracht wurden. Der überwiegende Teil dieser Güter wurde bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit über die – bereits oben erläuterten – „ Collecting Points“ in die Ursprungsstaaten zurückgebracht, ferner leistete die Bundesrepublik Deutschland Entschädigungen nach dem Bundesrückerstattungsgesetz.72 Faktisch werden somit heute in Deutschland nur noch wenige Einzelstücke aufgefunden.73 Bei Kulturgüterrückführung geht es um die Rückgabe oder Wiedererlangung solcher Kulturgüter, die im Zweiten Weltkrieg widerrechtlich aus einem in ein anderes Land gelangt sind. Der Begriff der Kulturgüterrückführung erfasst aber auch die Rückgabe sonst widerrechtlich ins Ausland gebrachter Kulturgüter (Antikenraub, Kunstschmuggel). Auch Rückgaben rechtmäßig erlangter 70 Vgl. dazu http://www.admin.ch/ch/d/sr/i5/0.515.111.de.pdf. 71 Abzugrenzen ist hiervon der Begriff der Raubkunst: Unter Raubkunst versteht man ausschließlich Kulturverluste, die dadurch entstanden sind, dass das NS-Regime Sammler – also Privatpersonen – verfolgt, erpresst, ihres Besitzes beraubt und in vielen Fällen ermordet hat (ODENDAHL und WEBER 2010; GORNIG 2007). 72 Der Begriff "kriegsbedingt verlagerte Kulturgüter" bezieht sich heute vor allem auf die deutschen Kunst- und Kulturgüter, die nach Ende des Krieges insbesondere von der sowjetischen Armee abtransportiert wurden und bis heute nicht zurückgegeben worden sind. Diese Zugriffe nach dem 8. Mai 1945 waren auch eine Reaktion auf die massiven Zerstörungen und Mitnahmen von Kunst- und Kulturgütern durch die Wehrmacht während ihres Angriffskrieges gegen die Sowjetunion. Entsprechende Beutezüge hat es in der Geschichte wiederholt gegeben, beispielhaft sind die Napoleonischen Kunstraubzüge zu nennen, und dennoch erreichte dieses Phänomen in der NS-Zeit eine bisher nicht gekannte Dimension (PARZINGER 2009). In jüngerer Zeit ist außerdem eine Debatte über Kunstwerke entstanden, die im Rahmen kolonialer Machtausübung zum Bestand staatlicher Museen in Deutschland geworden sind. Ein Beispiel ist die Initiative www.no-humboldt21.de, die die koloniale Herkunft von Werken der Sammlungen des Ethnologischen Museums Berlin und deren Verlagerung in das künftige Humboldt-Forum problematisiert. Vgl. dazu etwa http://www.dw.de/beutekunst-aus-afrika/a-17255644. 73 Vgl. dazu die Übersichtsseite mit Literaturliste unter www.lostart.de/Webs/DE/Provenienz/Beutekunst.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 26 Kulturgüter aus kulturpolitischen Erwägungen im Rahmen von Schenkungen an das ursprüngliche Herkunftsland können unter den Begriff der Kulturgüterrückführung gefasst werden.74 Umgekehrt geht es auch um die Rückführung kriegsbedingt aus Deutschland verlagerter oder entwendeter Kulturgüter.75 Dies betrifft zum einen Kulturgüter, die zum Schutz vor Bombardierungen während des 2. Weltkriegs in Gebiete ausgelagert wurden, die nach Kriegsende anderen Staaten zufielen (Sowjetunion/Russland, Polen). Zum anderen handelt es sich um die Beschlagnahmeaktionen sowjetischer Stellen in ihrer Besatzungszone während und nach dem Krieg, die nicht vom Völkerrecht gedeckt sind („Beutekunst“). Nach Auflösung der Sowjetunion haben erfolgreiche Verhandlungen mit einigen Nachfolgestaaten (Armenien, Aserbaidschan, Georgien , Ukraine) stattgefunden. Schwieriger sind die Verhandlungen mit Russland.76 Hier sind etwa in Bezug auf die deutsch-russischen Verhandlungen auf der politischen Ebene Arbeitsgruppen eingerichtet worden. Daneben sind mit dem deutsch-russischen Museumsdialog und Kooperationsprojekten wie der Merowinger-Ausstellung 2007 wichtige Akzente auf der nationalen und internationalen Fachebene gesetzt worden. Hinzu kommen die Deutsch-Russischen Kulturbegegnungen , die dabei helfen sollen, in der Frage der Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter (Beutekunst) zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen.77 Der überwiegende Teil der durch deutsche Stellen entwendeten oder widerrechtlich nach Deutschland verbrachten Kulturgüter wurde in der unmittelbaren Nachkriegszeit über alliierte Stellen (collecting points) zurückgeführt.78 Zu den kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern gehören beispielsweise Kirchenglocken, die von deutschen Stellen in den besetzten Gebieten geraubt oder beschlagnahmt worden sind. Nach aufwändigen, teilweise Jahre dauernden Identifizierungsmaßnahmen des Ausschusses für die Rückführung der Glocken wurden die meisten dieser 74 Grundprinzip ist dabei, dass Beutekunst, an ihre ursprünglich Berechtigten restituiert werden muss. Dabei genügt nicht die finanzielle Kompensation des ursprünglichen Kulturgutträgers als Ausgleich für seinen Verlust. Vielmehr kann nur die Inbesitzstellung des berechtigten Kulturgutträgers das Rechtswidrigkeitsverdikt des Entziehungsaktes – auch nach Ablauf einer längeren Zeitspanne – kompensieren. Vgl. dazu ANTON (2010: 273ff.) sowie die Beiträge in einem Sammelband der KOORDINIERUNGSSTELLE FÜR KULTURGUTVERLUSTE (2007b). 75 Vgl. dazu die kurze Übersicht unter http://www.kmk.org/kunst-kultur/rueckgabe-kriegsbedingt-verlagerten-undns -verfolgungsbedingt-entzogenen-kulturgutes/kriegsbedingt-verlagerte-kulturgueter.html. 76 So stellt etwa im Hinblick auf Russland die deutsche Seite auf die Haager Landkriegsordnung von 1907 bzw. die deutsch-russischen Vereinbarungen von 1990 und 1992 ab und fordert die Herausgabe der Kulturgüter, während Russland auf sein "Beutekunst-Gesetz" von 1998 hinweist, wonach die Objekte zu russischem Staatseigentum erklärt wurden (FRANZ 2007). 77 Die Bundesregierung unterstützt die von der Beutekunst betroffenen Museen, Archive und Bibliotheken beim Aufbau und Ausbau ihrer Beziehungen zu Russland. Informationen finden sich unter http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/KulturDialog/ZieleUndPartner/Kulturgueterrueckfuehrung_node.html; vgl. dazu auch die Bibliographie des Internationalen Schrifttums über das Schicksal des im Zweiten Weltkrieg von der Roten Armee in Deutschland erbeuteten Kulturgutes (Museums-, Archiv- und Bibliotheksbestände), abrufbar unter Informationen unter http://www.ib.hu-berlin.de/~pbruhn/b-kunst.htm. 78 Mehr als 500.000 Objekte kehrten auf diese Weise zwischen 1945 und 1949 sowie 1952/53 nach Russland zurück. Umfangreiche Nachforschungen nach russischen Beständen gab es nach der Wiedervereinigung ab 1990. Die wenigen entdeckten Einzelstücke sind umgehend an die Russische Föderation zurückgegeben worden. Der größte Teil der heute von Russland vermissten Kunst- und Kulturgüter ist jedoch durch Zerstörung unwiederbringlich verloren gegangen (PARZINGER 2009). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 27 Glocken Anfang der fünfziger Jahre wieder an ihre Heimatgemeinden zurückgegeben.79 Gleichzeitig wurden Glocken aus Kirchen in den für Deutschland verlorenen Ostgebieten Anfang der 1950er-Jahre an Kirchen in Westdeutschland verteilt.80 Insgesamt befinden sich heute in Deutschland nur noch selten von deutscher Seite „erbeutete“ Kulturgüter. Der überwiegende Teil der durch deutsche Stellen entwendeten oder widerrechtlich nach Deutschland verbrachten Kulturgüter wurde in der unmittelbaren Nachkriegszeit über alliierte Stellen (collecting points) zurückgeführt. In gemeinsamen Konsultationen mit Russland, der Ukraine, Polen und anderen Ländern bemüht sich die Bundesregierung darum, die Folgen des Krieges auch in diesem Bereich zu überwinden. Die Bundesregierung und die Länder führen auf der Grundlage des allgemeinen Völkerrechts und vertraglicher Vereinbarungen zwischenstaatliche bilaterale Verhandlungen zur Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter.81 Innerhalb der Bundesregierung sind für die Verhandlungsführung das Auswärtige Amt, für die inhaltliche Vorbereitung und die Abstimmung mit den Ländern der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) zuständig. Auch die Federführung für die Verhandlungen über die Rückführung kriegsbedingt verbrachter Kulturgüter mit der Russischen Föderation liegt beim Beauftragten für Kultur und Medien. Parallel zu den Verhandlungen auf Regierungsebene wurde unter den Ländern als von Kulturgutverlusten Hauptbetroffenen die Notwendigkeit gezielter Recherche, Transparenz und Dokumentation erkannt.82 79 Ein besonderer Fall stellt sich mit dem Hamburger „Glockenfriedhof“, auch Glockenlager genannt, der während der Zeit des Nationalsozialismus in Hamburg eingerichtet wurde. Es handelte sich um ein großes Gelände in der Nähe des Hamburger Hafens, das zur Zwischenlagerung von Kirchenglocken aus dem gesamten Deutschen Reich und den damals besetzten Gebieten diente. Zwischen 1939 und 1945 wurden zahlreiche, zum Teil auch berühmte Glocken und Bronzedenkmäler eingeschmolzen und gingen dadurch verloren. Nach Kriegsende lagerten auf dem Glockenfriedhof Hamburg sowie weiteren in Harburg, Oranienburg, Hettstett, Ilsenburg und Lünen (Hüttenwerke Kayser AG) noch rund 13 500 seit 1940 zur Verhüttung beschlagnahmte aber nicht eingeschmolzene Bronzeglocken. Vgl. dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Glockenfriedhof. 80 Der Ausschuss für die Rückführung der Glocken (kurz ARG) war eine Einrichtung zur Erfassung und Rückgabe der unter dem Nationalsozialismus zu Kriegszwecken beschlagnahmten deutschen Kirchenglocken. Der Ausschuss übernahm die Verhandlungen mit den alliierten Militärbehörden und den zuständigen Stellen der Landeskirchen und Diözesen. Bis 1953 wurden sämtliche Glockenlager geräumt und die Glocken soweit noch feststellbar an die früheren Gemeinden zurückgegeben (MAHRENHOLZ 1952). 81 Zuletzt ging es darum, einige – zum Teil sehr bedeutende – im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg verbrachte Kulturgüter nach Deutschland zurückzuführen. Hierzu zählt die kriegsbedingt zunächst in die Sowjetunion, dann in die USA verbrachte Kopie eines Rubens-Gemäldes der Gemäldegalerie Potsdam- Sanssouci, die im Sommer 2012 durch den Botschafter der USA, Philip D. Murphy, zurückgegeben wurde (BUNDESREGIERUNG 2013: 28ff.). 82 Um das Wissen über diese Kulturgutverluste zu dokumentieren, die Verluste der deutschen Institutionen zu erfassen und somit eine Grundlage für die Suche und Rückführung dieser Kulturgüter zu schaffen, wurde 1994 in Bremen die Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern eingerichtet (heute: Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste in Magdeburg). Ein ausführlicher Überblick zu entsprechenden Rückführungen und Rückgaben seit 1945 findet sich im Band „Kulturgüter im Zweiten Weltkrieg. Verlagerung – Auffindung – Rückführung“, der als viertes Buch in der Veröffentlichungsreihe der Koordinierungsstelle Magdeburg herausgegeben wurde (KOORDINIERUNGSSTELLE 2007; FRANZ 2007). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 28 5. Der Fall Gurlitt und seine Aufarbeitung Der Kunsthandel im Nationalsozialismus ist in den letzten Jahren zunächst durch eine Reihe von spektakulären Restitutionsfällen in den Blick der Öffentlichkeit geraten.83 Besondere Aufmerksamkeit erhielt das Thema jedoch erst, als im Jahr 2013 ein spektakulärer Kunstfund bekannt wurde. Beim sogenannten Schwabinger Kunstfund – auch als Münchner Kunstfund oder Kunstfund in München bezeichnet84 – handelt es sich um einen Bestand von 1280 Kunstwerken aus dem Besitz Cornelius Gurlitts, Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt (1895–1956). Die Kunstwerke wurden im Rahmen von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg wegen eines dem Steuergeheimnis unterliegenden strafbaren Sachverhalts und wegen des Verdachts auf Unterschlagung bereits im Frühjahr 2012 in Gurlitts Privatwohnung in München-Schwabing beschlagnahmt.85 Im Gegensatz zu den ersten Berichten über den Kunstfund handelte es sich nicht um 1400 bis 1500 Werke, sondern um 1280.86 Am 9. November 2013 stellte die Polizei in Kornwestheim in Baden-Württemberg aus dem Haus des Schwagers von Cornelius Gurlitt, Nikolaus Fräßle, auf Fräßles Bitten weitere 22 Gemälde sicher, da dieser um die Sicherheit der Kunstwerke fürchtete. Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung liegen der Polizei nicht vor.87 Im Rahmen der sich daran anschließenden Recherchen bestand ein erster, zeitaufwändiger Schritt darin, die sichergestellten Werke zu identifizieren. Dazu betraute die Staatsanwaltschaft Augsburg bereits im Jahr 2012 nach der Beschlagnahmung der Bilder aus der Wohnung von Cornelius Gurlitt die Kunsthistorikerin Meike Hoffmann von der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ (FsEK)88 der Freien Universität Berlin mit der Aufgabe, die Herkunft der rund 1400 Bilder zu klären. Von großem Wert sind dabei insbesondere die Werke der Meister der klassischen Moderne: Marc Chagall, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Franz Marc, Henri 83 Vgl. dazu insbesondere die Übersicht bei WELZBACHER (2012: 26ff.). 84 Einen guten Überblick bietet der Wikipedia-Eintrag „Schwabinger Kunstfund“ unter http://de.wikipedia.org/wiki/Kunstfund_in_M%C3%BCnchen. 85 Im September 2011 erwirkte die Staatsanwaltschaft Augsburg einen richterlichen Durchsuchungsbefehl, aufgrund dessen Ende Februar 2012 die Durchsuchung von Gurlitts Wohnung und die Beschlagnahme seiner Kunstsammlung erfolgte. Der Inhalt des Durchsuchungsbefehls ist nicht bekannt, soll aber den Vorwurf des Steuerdelikts und der Unterschlagung enthalten. 86 Je nach Zählweise werden 1406 oder 1280 Werke angegeben (Handelsblatt 27.11.2013). 87 Vgl. dazu die Meldung in der Bild-Zeitung, abrufbar unter http://www.bild.de/news/inland/kunst/gurlittschwager -kornwestheim-hatte-gemaelde-von-polizei-abgeholt-33330478.bild.html. 88 Hoffmann ist Projektkoordinatorin der Forschungsstelle „Entartete Kunst" an der Freien Universität Berlin. Zunächst nicht kommentieren wollte sie Berichte, nach denen mindestens 300 Werke aus der Beschlagnahme zur „entarteten Kunst" gehören sollen und für die wenigstens 200 offizielle Suchmeldungen vorliegen. Vgl. auch http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/khi/forschung/entartete_kunst/. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 29 Matisse und Emil Nolde.89 Die gerahmten und ungerahmten Bilder wurden in den Tagen vom 28. Februar bis 2. März 2012 in Cornelius Gurlitts Schwabinger Wohnung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Augsburg beschlagnahmt. Dies wurde von der ermittelnden Staatsanwaltschaft geheim gehalten und der Öffentlichkeit erst durch einen Bericht des Nachrichtenmagazins Focus am 3. November 201390 bekannt, in dem über einen Kunstfund berichtet wurde. Ein Teil der Werke galt seit 1945 als verschollen; andere waren in der kunstgeschichtlichen Forschung zuvor unbekannt.91 Die rechtliche Beurteilung von Eigentumsrechten an Kunstobjekten, die von den Nationalsozialisten als „entartet“ bezeichnet und aus öffentlichen Museen entfernt oder von häufig jüdischen Besitzern beschlagnahmt wurde, ist als recht komplex einzustufen. Ein Teil der beschlagnahmten Kunstwerke geht – einer ersten Durchsicht zufolge – auf die Aktion „entartete Kunst“ zurück. Hier bestand bisher die vorherrschende Auffassung, dass bei Kunstwerken, die im Rahmen der Aktion „entartete Kunst“ beschlagnahmt worden waren, eine Rückübertragung an die früheren Eigentümer in der Regel kaum möglich sei. Nicht nur die Beschlagnahme aus staatlichen Museen, sondern auch die Enteignung aus privaten Sammlungen seien trotz all ihrer Verwerflichkeit wirksam vorgenommene Rechtsakte des von nationalsozialistischer Herrschaft dominierten Deutschen Reichs. Was bleibe, sei allein eine moralische Dimension. Diese Rechtsposition wird nunmehr zunehmend infrage gestellt. Wiederum anders stellt sich die Problemlage bei den Kunstwerken, die während der Zeit des Nationalsozialismus geraubt beziehungsweise „NS-verfolgungsbedingt entzogen" wurden (NS-Raubkunst). Vor dem Hintergrund bereits erfolgter Forschung gibt der Münchner Kunstfund Anlass zur Annahme, dass ein beträchtlicher Teil der Objekte aus dem Münchner Kunstfund in diese Kategorie fällt. Die Opfer des Raubs waren vor allem Juden und als Juden Verfolgte, sowohl innerhalb des deutschen 89 Zu den jetzt entdeckten Werken soll nach „Focus“-Informationen auch ein Bild von Henri Matisse gehören, das einst dem jüdischen Sammler Paul Rosenberg gehört hatte (LANE 2013). Rosenberg musste vor seiner Flucht aus Paris seine Sammlung zurücklassen. Seine Enkeltochter Anne Sinclair, die Frau des ehemaligen Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF) Dominique Strauss-Kahn, kämpft seit Jahrzehnten um die Rückgabe der von den Nazis gestohlenen Bilder. Vgl. dazu die Informationen unter www.kunstmann.de/titel-0- 0/lieber_picasso_wo_bleiben_meine_harlekine-865/. 90 Vgl. dazu den Beitrag „Meisterwerke zwischen Müll – Fahnder entdecken in München Nazi-Schatz in Milliardenhöhe“ vom 3. November 2013, abrufbar unter http://www.focus.de/kultur/kunst/nazi-raubkunstmeisterwerke -zwischen-muell-fahnder-entdecken-kunstschatz-in-milliardenhoehe_aid_1147066.html. 91 In einer Gemeinsamen Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz, des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, des Bundesministeriums für Finanzen und des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 11. November 2013 wurde ein erstes Resumé gezogen: „Laut nunmehr vorliegenden Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Augsburg sind abzüglich beschlagnahmter Gegenstände, die eindeutig keinen Bezug zur sog. „entarteten Kunst“ oder NS-Raubkunst haben, ca. 970 Werke zu überprüfen. Davon können ca. 380 Werke dem Bereich der sogenannten "Entarteten Kunst" zugeordnet werden. Bei ca. 590 Werken muss überprüft werden, ob ein NS-verfolgungsbedingter Entzug vorliegen könnte. Um Transparenz herzustellen und die Provenienzrecherche weiter voran zu treiben, werden noch heute in einem ersten Schritt 25 Werke mit entsprechenden dringenden Verdachtsmomenten auf NSverfolgungsbedingten Entziehungshintergrund auf der Plattform www.lostart.de der Koordinierungsstelle Magdeburg eingestellt und fortlaufend aktualisiert. Die von Bund und Ländern betriebene Koordinierungsstelle ist die zentrale deutsche Serviceeinrichtung für Kulturgutdokumentation und Kulturgutverluste und wird für Anfragen zu den dokumentierten Objekten zur Verfügung stehen. Anfragen zum Strafverfahren beantwortet die Staatsanwaltschaft Augsburg.“ (http://www.justiz.bayern.de/presse-undmedien /pressemitteilungen/archiv/2013/276.php). Aktuelle Informationen finden sich unter http://www.lostart.de/Webs/DE/Datenbank/KunstfundMuenchen.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 30 Reichs von 1933 bis 1945, wie auch in allen vom Deutschen Reich während des Zweiten Weltkriegs besetzten Gebieten. Der Raub fand auf der Grundlage einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen und unter Beteiligung diverser Behörden und eigens dafür eingerichteten Institutionen statt. 5.1. Einrichtung einer Task Force Der Kunstfund in München wirft eine Reihe von Fragen nach der Herkunft der Werke auf. Im Rahmen der Recherchen bestand ein erster Schritt darin, die sichergestellten Werke zu identifizieren. Die Bundesregierung hat sich mit der Washingtoner Erklärung aus dem Jahr 1998 und der gemeinsamen Erklärung von Bundesregierung, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden aus dem Jahr 1999 international verpflichtet, zur Provenienzforschung und Restitution beizutragen. Schwerpunkt ist hierbei die mit größtmöglicher Transparenz vorzunehmende Identifikation von Werken, die möglicherweise in der Zeit des Nationalsozialismus ihren früheren Eigentümern verfolgungsbedingt entzogen wurden. Vor diesem Hintergrund ist im November 2013 eine Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ aus Expertinnen und Experten für Provenienzrecherche eingerichtet worden, die die Herkunft der Werke erforschen soll. Insbesondere soll überprüft werden, bei welchen Kunstwerken es sich um NS-Raubkunst handelt. Auch internationaler Sachverstand soll herangezogen werden. Zwei Experten werden auch von der Jewish Claims Conference entsandt. Die Expertengruppe wird zudem durch einen Staatsanwalt unterstützt. Insgesamt sind etwa 25 Personen unmittelbar mit der Arbeit zur Recherche, Aufbereitung, Umsetzung, Einstellung der Werke befasst. Die in die Taskforce berufenen unabhängigen Experten begleiten und unterstützen die im Zuge des Amtshilfeverfahrens für die Staatsanwaltschaft Augsburg durchzuführenden Recherchen nach der Herkunft und den Erwerbungsumständen der Kunstgegenstände, die sich in der Wohnung von Cornelius Gurlitt befanden und für die ein NS-verfolgungsbedingter Entzug nicht auszuschließen ist. Die Taskforce ist Ansprechpartner für potentielle Anspruchsteller an die von der Staatsanwaltschaft gemeldeten Kunstwerke. Personell tragen dazu der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen sowie der Freistaat Bayern bei. Dieses Verfahren soll sicherstellen, dass auch die Kompetenz aller bei Bund und Land beteiligten Einrichtungen mit einbezogen wird. Koordiniert wird die Arbeit der Taskforce von der Arbeitsstelle für Provenienzforschung (AfP). Geleitet wird sie von Ingeborg Berggreen-Merkel, ehemalige Abteilungsleiterin beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und frühere stellvertretenden Beiratsvorsitzenden der Arbeitsstell. Die wissenschaftliche Leitung der Forschungsarbeit obliegt Uwe Hartmann (AfP).92 Eingesetzt wurde die Task Force von Bund und Freistaat Bayern.93 Inzwischen wurden über 350 Einzelobjekte auf www.lostart.de veröffentlicht; bei diesen Kunstwerken besteht ein begründeter Verdacht, dass es sich um NS-Raubkunst handelt. Abzüglich jener beschlagnahmter Gegenstände, die eindeutig keinen Bezug zur sogenannten 92 Vgl. http://www.arbeitsstelle-provenienzforschung.de. 93 Vgl. dazu die aktuellen Informationen unter www.lostart.de/Webs/DE/Datenbank/KunstfundMuenchen.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 31 „entarteten Kunst“ oder der „NS-Raubkunst“ haben, waren und sind ca. 970 Werke zu überprüfen. Etwa 380 dieser Werke wurden bereits dem Beschlagnahmegut der „Entarteten Kunst" zugeordnet – dies sind Objekte, die von den Nationalsozialisten im Rahmen der „Aktion entartete Kunst“ 1937 konfisziert wurden. Im Hinblick auf die weiteren Werke ist wird zu prüfen sein, ob es sich um solche handelt, bei denen ein NS-verfolgungsbedingter Entzug (sog. „NS- Raubkunst“) vorliegt. Vor diesem Hintergrund wurde bei ca. 590 Werken eine Untersuchung auf einen solchen NS-verfolgungsbedingten Entzug hin begonnen. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat in diesem Zusammenhang veranlasst, dass die Werke, bei denen ein begründeter Verdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug vorliegt, fortlaufend auf der Internetseite www.lostart.de veröffentlicht werden. Mit der Veröffentlichung – nachdem die technischen Voraussetzungen geschaffen worden waren – hat die Task Force Mitte November 2013 begonnen.94 5.2. Schwierige Rechtslage Nicht nur die gewaltige Menge von knapp 1000 Werken, die nach Angabe der Staatsanwaltschaft Augsburg möglicherweise der „entarteten“ oder der geraubten Kunst zuzurechnen sind, heben den Münchner Fund aus dem bisher bekannten Szenario von Raubkunst- und Beutekunstfällen heraus. Außergewöhnlich ist der Münchner Kunstfund auch deshalb, weil zu den möglichen Anspruchstellern gegen den Privatmann Gurlitt unter Umständen auch Museen zählen. Wie sich immer deutlicher abzeichnet, waren Werke der sogenannten „entarteten Kunst“ von den Säuberungen NS-Machthabern auch aus Museen und Gemäldegalerien entnommen worden, die nicht im Eigentum des Deutschen Reiches waren. Prinzipiell stehen zwei grundlegende Rechtsprobleme im Vordergrund: Zum einen geht es um die Frage, ob die ehemaligen Eigentümer ihr Eigentum verloren haben, weil es – wie im Fall der „entarteten Kunst“ rechtswirksam enteignet wurde (und daraufhin evtl. von Dritten gutgläubig erworben wurde). Zum anderen stellt sich die Frage, ob und inwieweit ein Herausgabeanspruch – trotz fortbestehenden Eigentums – verjährt ist. Bei letzterem – der Verjährungsfrage – ist unschwer zu erkennen, dass der Gesetzgeber in der Vergangenheit keine ausreichenden Vorkehrungen zum dauerhaften Schutz der ursprünglichen Eigentümer der beschlagnahmten bzw. geraubten Kunstwerke getroffen hat.95 Im Fall des nicht-gutgläubigen Erwerbs von Kunstwerken – d. h., 94 Dies geschieht auch im Einvernehmen mit den auf Bundes- und Landesebene beteiligten Ressorts. 95 Vgl. hierzu insbesondere die instruktive Übersicht von ZIELCKE (2013), der diesen Zustand als „Misere des Schlussstriches“ bezeichnet: Generell sei die Wiedergutmachungspolitik in der Nachkriegszeit durch knappe Ausschlussfristen für Rückgabe- und Schadenersatzansprüchen geprägt gewesen (Anlage 6). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 32 wenn der Erwerber Kenntnis von widerrechtlichen Aneignung hat – gilt seit einer Novellierung im Jahr 2002 eine 30-jährige Verjährungsfrist.96 Die Staatsanwaltschaft Augsburg hatte Mitte November erklärt, Gurlitt etwa 300 Bilder aus seiner Sammlung zurückzugeben, die ihm nach Auffassung des Gerichts zweifelsfrei gehören. Dabei geht es um Kunstwerke, die nicht im Verdacht stehen, NS-Raubkunst zu sein und im Eigentum des Beschuldigten stehen. Diese sollen ihm rasch zur Rücknahme angeboten werden. Die eingesetzte Taskforce, die die Herkunft der Bilder ermitteln soll, wurde gleichzeitig aufgefordert, der Staatsanwaltschaft die entsprechenden Informationen zukommen zu lassen (Süddeutsche Zeitung Online, 19.11.2013). Nach Angaben von Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) sind dies jene Bilder, die Mitglieder der Familie Gurlitt selbst angefertigt haben oder die erst nach 1945, d. h. nach dem Ende des Nazi-Regimes, entstanden sind. Laut Bausback müsse von den gut 1400 in der Wohnung Gurlitts gefunden Bildern bei 977 die Herkunft geklärt werden. Bei diesen restlichen Bildern seien viele Fragen offen. Rund 380 sollen als Werke der sogenannten „entarteten Kunst“ zumeist aus staatlichen Museen entnommen worden sein, so etwa aus den Staatlichen Museen in Berlin.97 Für jedes einzelne Werk müsse nun geklärt werden, wer es einst besessen hat, wann und wie es in die Hände des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt kam. Nach Auffassung von Bayerns Justizminister Winfried Bausback könnten 384 Werke diesem Herkunftsbereich zuzurechnen sein, bei weiteren 593 Werken müsse geprüft werden, ob es sich um NS-Raubkunst handele.98 Zunächst geht es um jene Bilder, die während des Dritten Reichs auf staatliche Anordnung aus den Museen herausgeholt, in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt und danach auf dem internationalen Kunstmarkt verkauft wurden. Beschlagnahmt wurden diese Bilder durch eine staatliche Verfügung, die man im Dritten Reich nachträglich durch ein Gesetz rechtfertigte, das auch in der Bundesrepublik nicht für unzulässig erklärt wurde. Bei diesen Bildern schien bislang die Rechtslage eindeutig zu sein, da sie aus staatlichen Einrichtungen entnommen worden sind. Doch auch diese Auffassung gerät nun ins Wanken. Die Besitzverhältnisse an den Bildern 96 Zentraler Inhalt des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2002 (BGBl I, S. 3137) war eine Neuregelung des Verjährungsrechtes. In § 197 Absatz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wurde mit der Schuldrechtsreform festgelegt, dass Herausgabeansprüche an Eigentum – und dies gilt auch für NS- Raubkunst – nach 30 Jahren verjähren. Nicht bedacht wurde jedoch, dass die Neuregelung keinen langfristigen Schutz für die Rückgabeansprüche bei NS-Raubkunst brachte, obzwar der Bundesrat in einem Beschluss vom 9. November 2001 (BR-Drs. 819/01 (Beschluss)) auf mögliche unangemessene Folgen in dieser Hinsicht hingewiesen hatte (Anlage 7). Die Folge ist nun, dass die Herausgabe der Kunstwerke an ihre zumeist jüdischen Eigentümer oder ihre Erben durch diese Verjährungsregelung genau so geregelt wird, als handele es sich um eine gewöhnliche (vergessene) Ausleihe aus einer Bücherei. 97 Vgl. dazu auch die Datenbank der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ in Berlin (FsEK), deren Aufgabe auch darin besteht, ein Gesamtverzeichnis der 1937 in deutschen Museen beschlagnahmten Werke zu erstellen; jedes Kunstwerk, das während der Beschlagnahmeaktionen 1937 aus den deutschen Museen entfernt wurde, soll identifiziert werden und mit dem heutigen Standort gekennzeichnet werden. Die Datenbank findet sich unter www.geschkult.fu-berlin.de/e/khi/forschung/entartete_kunst/inventar/index.html. 98 Wie Bausback vor dem Kunstausschuss des Landtags sagte, ging bereits im November 2011 im bayerischen Justizministerium der Hinweis ein, dass Hinweise auf NS-Raubkunst vorlägen. Nach der Durchsuchung der Wohnung Gurlitts Ende Februar 2012 sei anschließend bereits im März 2012 Kontakt zur Bundesregierung aufgenommen und dieser eine Liste der sichergestellten Bilder zugeleitet worden (Spiegel Online, 27.11.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 33 erscheinen nun recht kompliziert und unklar. So ist zum Beispiel umstritten, ob etwa deutsche Museen Bilder für sich reklamieren können, die ihnen einst gehört haben und die nun in dem Kunstfund aufgetaucht sind. Damit können viele ehemalige Eigentümer „entarteter“ Kunst annehmen, dass sie durch die Enteignungsakte des NS-Staats ihr Eigentum nicht verloren haben. Dies betrifft insbesondere Museen und Kunstgalerien, die nicht in Reichseigentum waren, denn neben dem Deutschen Reich gab es weiterhin die Länder und Gemeinden als eigene körperschaftliche Rechtssubjekte, denen ebenfalls Kunstmuseen gehörten (ein städtisches Museum samt Inventar war Eigentum der Gemeinde, nicht des Reichs). So pocht etwa das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum nunmehr darauf, dass die beiden Vorläuferinstitutionen, die Kunstvereine in Barmen und Elberfeld,99 privat geführt worden seien und somit ein Rechtsanspruch auf die Rückgabe von entzogenen Kunstwerken bestehe (BUDRAS 2013). Hinzu kommen Bilder, die den staatlichen Museen als private Leihgaben zur Verfügung gestellt wurden oder von privaten Eigentümern direkt beschlagnahmt wurden.100 Damit stellt sich zugleich die Frage, inwieweit auch die hoheitlich entzogenen „entarteten“ Kunstwerke als widerrechtlich entzogen zu charakterisieren sind. Das „Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst“ vom 31. Mai 1938 legalisierte alle Beschlagnahmungen „entarteter“ Kunst. Deshalb mehren sich inzwischen auch die Stimmen in der Rechtswissenschaft, die dafür plädieren, das NS-Einziehungsgesetz von 1938 als nichtig einzustufen. Damit wären auch alle darauf beruhenden NS-Beschlagnahmungen und „Sicherstellungen“ der Kunstwerke rechtsunwirksam und nichtig.101 Bei der NS-Raubkunst geht es hingegen um jene Bilder, die Privateigentümern mit Gewalt oder durch sittenwidrige Verträge abgenommen wurden. Dieser Raub fand auf der Grundlage einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen und unter Beteiligung diverser Behörden und eigens dafür eingerichteten Institutionen statt. Die Kunstwerke, die sich als NS-Raubkunst erweisen, müssen – wie oben erläutert – restituiert werden. Auch ein gutgläubiger Erwerber kann nicht Eigentümer einer erworbenen Sache werden, wenn diese ihrem früheren Eigentümer geraubt worden ist. Problemlos fallen jene Raubkunstfälle der NS-Zeit unter diese Regel, in denen vor allem jüdischen Eigentümern Kunstwerke beispielsweise von SS-Leuten im wörtlichen Sinn geraubt wurden. Schwieriger wird es, wenn die Kunstwerke durch mehr oder weniger erpresste Verkaufsakte übertragen worden sind. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang etwa darauf, dass infolge der systematischen Entwürdigung, Diskriminierung und Entrechtung der jüdischen Eigentümer die Besitzaufgabe kultureller Güter allenfalls „formal freiwillig“, in Wahrheit aber unter dem Druck einer permanenten „Drohung mit Gewalt“ unfreiwillig erfolgte. Außerdem sei 99 1937 wurden aus dem Städtischen Museum Wuppertal, das aus dem Elberfelder Museumsverein hervorgegangen war, 56 Gemälde und mehr als 350 Arbeiten auf Papier beschlagnahmt. Aus dem Barmer Kunstverein wurden 85 Kunstwerke geholt (BUDRAS 2013). 100 Die NS-Machthaber waren ohnehin bestrebt, auch privatem Eigentümern „entartete“ Kunstwerke zu entziehen; das „Einziehungsgesetz“ von 1938 statuiert in § 1: „Erzeugnisse entarteter Kunst können ohne Entschädigung zugunsten des Reiches eingezogen werden, soweit sie bei der Sicherstellung im Eigentum von Reichsangehörigen oder inländischen juristischen Personen standen.“ Von der Beschlagnahme "entarteter Kunst“ war insofern nicht nur staatliches Eigentum betroffen, vielmehr gingen die NS-Machthaber zunehmen auch gegen solche Bilder vor, die sich im privatem Eigentum befanden. 101 Eine Folge hieraus wäre, dass niemand „gutgläubig“ Eigentum zu Lasten der ehemaligen Eigentümer erwerben konnte (ZIELCKE 2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 34 kaum anzunehmen, dass dem Erwerber die Not der meist jüdischen Eigentümer nicht bekannt war und er somit „gutgläubig“ war. Er konnte deshalb die Bilder auch nicht nach zehn Jahren einfach „ersitzen“. Wolfgang Gurlitt sei deshalb in diesen Fällen auch nicht Eigentümer dieser Bilder geworden. So betont auch der einschlägig bekannte Jurist Reinhard Birkenstock, der Anwalt des Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi, dass in solchen Fällen kein Eigentumserwerb stattgefunden hat. Selbst gutgläubiger Erwerb sei bei abhanden gekommenen Gegenständen nicht möglich (abhandengekommen ist nach Paragraf 935 des Bürgerlichen Gesetzbuchs etwas, das gestohlen oder geraubt wurde). Demnach könne auch ein Erbe wie Cornelius Gurlitt nicht gutgläubig Eigentum an Bildern erwerben, die den ursprünglichen Eigentümern gestohlen oder geraubt worden sind. Das Gesetz lasse hier nur eine Ausnahme zu, wenn ein solches Bild in einer staatlich konzessionierten Auktion ersteigert wurde (BIRKENSTOCK 2013).102 Jedoch könnte sich die Überprüfung solcher Kunstwerke als recht diffizil erweisen. In diesem Fall muss der Weg jedes einzelnen Bildes genau verfolgt werden. Außerdem ist festzuhalten, dass das deutsche Recht die jetzigen Besitzer problembehafteter Kulturgüter – dazu gehören auch viele Museen - nicht zuletzt wegen der geltenden Verjährungsfrist103 auch weiterhin begünstigt. Gefordert wird nun etwa, dass die Restitution auf eine verlässliche, transparente und justiziable Basis gestellt werden solle. Ebenso wird – mit Verweis auf die Prinzipien der Washingtoner Erklärung von 1998 – darauf gedrungen, die gefundene Raubkunst möglichst rasch öffentlich bekannt zu machen. Generell gilt aber, dass zunächst die eingerichtete Task Force die Kunstwerke auf ihre Herkunft überprüfen muss, bevor ein Verzeichnis der gefundenen Kunstwerke veröffentlicht werden kann und die möglichen Berechtigten ihre Ansprüche anmelden können. Dabei strebt etwa der bayerische Justizminister eine gesetzliche Regelung an, nach der Besitzer von NS-Raubkunst nicht mehr in jedem Fall geltend machen können, dass Herausgabeansprüche von Eigentümern nach deutschem Recht nach 30 Jahren verjährt sind. In einem SPIEGEL-Interview verwies Bausback, er habe einen Gesetzesvorschlag erarbeiten lassen, wonach jemand, der beim Erwerb „bösgläubig“ war - also wusste, dass die Bilder oder anderen Gegenstände, die er kauft oder erbt, ihrem Eigentümer abhandengekommen sind -, sich nicht auf 102 Das Dokument findet sich in Anlage 8. 103 An dieser unbefriedigenden Situation haben Bund und Länder seit Jahrzehnten festgehalten, da die Verjährungsfristen nicht verlängert worden sind, gleichzeitig aber auch die Museen bis heute nicht zur Veröffentlichung von belasteten Beständen verpflichtet worden sind. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 35 Verjährung berufen kann. Dies soll nach der Vorstellung Bausbacks auch rückwirkend gelten, also auch für den Fall der Kunstsammlung Gurlitt (DER SPIEGEL, 25.11.2013).104 5.3. Unklare Perspektiven Zunächst bleibt jedoch die Frage von Restitutionen aus dem Münchner Fund ungeklärt. Erben oder ihre Vertreter müssen sich, wenn sie ein Werk in der immer umfangreicher werdenden Datenbank identifizieren, bei der Augsburger Staatsanwaltschaft melden. Jedoch kann die Staatsanwaltschaft über die Rückgabe nicht entscheiden. Dies wird erst der Fall sein, wenn die Überprüfung der Kunstgegenstände abgeschlossen ist. Zu erwarten ist hier ein langwieriges Verfahren.105 Über allem steht freilich die Frage, warum die Sammlung Gurlitt erst jetzt in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Verwiesen wird etwa auf die – durchaus öffentlich bekannten – Aktivitäten Hildebrand Gurlitts als Kunsthändler, Sammler und Leihgeber in den 1950er und 1960er Jahren.106 Gleichzeitig wird jedoch auch festgestellt, dass mit dem Nachkriegsengagement für die Kunstwerke der klassischen Moderne gleichzeitig die Provenienz vieler Kunstwerke und auch die Rolle des Kunsthandels in der NS-Zeit verschleiert worden sind: „Eindeutig ist allerdings, dass die ehemaligen NS-Kunsthändler in der Nachkriegszeit ein doppeltes Spiel trieben: Auf der einen Seite profilierten sie sich öffentlich als Freunde der Moderne, die angeblich angetreten war, um die Kunstpolitik des Nationalsozialismus zu revidieren. Auf der anderen Seite wurde ein verbissener Kampf gegen die Restitution von NS- 104 Die Frage stellt sich, ob die in § 197 Absatz 1 Nummer 1 BGB festgelegten Verjährungsfristen für die Herausgabe an Eigentum für Kulturgüter, die in der Zeit des Nationalsozialismus ihren früheren Eigentümern verfolgungsbedingt entzogen wurden (Raubkunst) erweitert werden. Vgl. dazu auch die Argumentation von SPOERHASE/GREFRATH (2013) und BERT (2013) (Anlagen 9 und 10). Die künftige Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag jedoch keines Rechtsänderung in Aussicht gestellt, sondern nur größere Anstrengungen in der Provenienzforschung angekündigt: „Bis heute ist der Verbleib von Kunst- und Kulturgütern, die Eigentümer aufgrund der Verfolgung durch die Nationalsozialisten verloren haben, nicht vollständig geklärt. Die Folgen nationalsozialistischer Unrechtsmaßnahmen bestehen fort. Um dem Anspruch bei der Restitution NSverfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, gerecht zu werden, will die Koalition die Mittel für die Provenienzforschung verstärken.“ (CDU, CSU und SPD 2013, S.: 130) Vgl. auch die Kleine Anfrage der der Fraktion DIE LINKE „Provenienz-Recherche und Restitutionsansprüche im Fall des sogenannten Schwabinger Kunstfundes“ vom 21. November 2013 (BT-Drs. 18/79) (Anlage 11). 105 Zu den Schwierigkeiten vgl. beispielsweise (DITTMAR 2013); das Dokument ist als Anlage 12 beigefügt. 106 So verweist MAZZONI (2013) darauf, dass sich die sensationelle Entdeckungsgeschichte sich vor allem einem schnellen Vergessen und dem „Nicht-genauer-Wissen-Wollen“ verdankt (Anlage 13). Hier spielte neben Gurlitt insbesondere Hermann Voss, ehemaliger „Sonderbeauftragter" für das von Adolf Hitlers geplante Führermuseum in Linz, eine nicht unwesentliche Rolle. Voss, ein anerkannter Experte für italienische Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts, konnte nach 1945 seine Karriere ohne größere Schwierigkeiten fortsetzen. Er betätigte sich als Forscher und Wissenschaftler und verfasste zahlreiche Aufsätze, Rezensionen und Ausstellungsbesprechungen; hinzu kamen zahlreiche Gutachten. Gleichzeitig fungierte er als Berater der Bayerischen Staatsregierung beim Verkauf von Gemälden (ISELT 2010; LÖHR 2005). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 36 Raubkunst geführt. Man verschwieg, was man in seinen Depots hütete – vor den Alliierten, vor den rechtmäßigen Eigentümern oder deren Erben.“ (VOSS 2013)107 Mit der Aufdeckung des Falls Gurlitt ist nun auch zugleich ein höchst unzureichender Umgang mit der NS-Raubkunst und der NS-Vergangenheit des Kunstbetriebs offenbar geworden.108 Jenseits des Falls Gurlitt geht es jedoch um viele weitere Kunstwerke, die noch als verschollen gelten. Ein Teil diese Objekte befindet sich weiterhin im Besitz von Privatpersonen und Museen. Hinzu kommt ein offensichtliches Ungleichgewicht hinsichtlich der Überprüfung von möglicherweise belasteten Kunstwerken. Von Privatpersonen, die im Besitz von Raubkunst sind, wird eine höhere Transparenz gefordert als von öffentlichen Institutionen. Gerade Museen sind in dieser Frage zumeist sehr zurückhaltend und wenig auskunftsbereit. Vermutet werden kann dabei, dass den Museen in der Regel die belasteten Werke in ihren Depots bekannt sind.109 Jedoch sind sie nur selten bereit, diese Bestände in die Lostart-Datenbank einzustellen. Beispielgebend wäre etwa das österreichische Gesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen (das allerdings nur die staatlichen Museen betrifft). Ziel des im Jahr 1998 beschlossenen Gesetzes ist es, Sammlungsgegenstände aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen, die im Zuge oder als Folge der NS-Gewaltherrschaft in das Eigentum des Bundes gelangt sind, an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger zurückzugeben. Es verpflichtet den Staat, auf Rückforderungen von Kunstwerken, die in der Zeit des Nationalsozialismus entzogen oder unter Druck verkauft wurden, mit weniger Formalismus und mehr Fairness zu reagieren. Dazu sollen die Bestände der Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen durch die Kommission für Provenienzforschung systematisch und lückenlos überprüft werden. Die Tätigkeit der Kommission und des Beirats wird in jährlichen, an den Nationalrat gerichteten Restitutionsberichten dargestellt. Das Gesetz wurde 2009 novelliert. Jedoch bezieht sich das 107 Der Widerstand gegen Restitutionen reicht bis in die Anfänge der Bundesrepublik zurück. So hätte etwa bereits 1948 der Bund der Bayerischen Kunst- und Antiquitätenhändler vor einer angeblich übereilten Restitution von „Kunstobjekten aus dem Handel“ an die ehemaligen Eigentümer und Erben gewarnt (VOSS 2013); der Beitrag ist beigefügt als Anlage 14. 108 KOLDEHOFF/TIMM (2013) betonen in diesem Zusammenhang, dass die Geschichte des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt kein Einzelfall sei: „In den fünfziger und sechziger Jahren brachte ein regelrechtes Netzwerk aus alten Nazis und jungen Kunsthändlern Werke aus dunklen Quellen in Umlauf, ohne sich auch nur einen Deut um deren Vorbesitzer zu kümmern. Zahlreiche Männer, die vor 1945 hohe Positionen in Galerien, Auktionshäusern oder im privaten Kunsthandel innehatten, konnten nach dem Krieg weitermachen, als wäre nichts geschehen – und das nicht selten sogar mit jenen Kunstwerken, die sie zur Zeit des Holocaust erworben hatten. Niemand forderte die NS-Raubkunst von ihnen zurück, denn sie diente in der jungen Wirtschaftswunderrepublik als Grundstock für den boomenden Kunsthandel – und die Gründung neuer Unternehmen.“ 109 Als ein positives Beispiel für die eigene Provenienzforschung kann etwa das Daphne-Projekt der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) bezeichnet werden. Daphne erlaubt erstmals – und das macht es damit zu einem Modellprojekt für alle Museen in Deutschland – die systematische Provenienzrecherche sämtlicher Zugänge seit 1933. Dabei gilt es den Bestand der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden nach Objekten zu untersuchen, die ihren jüdischen Eigentümern nach 1933 geraubt oder auf andere Weise entzogen wurden; gesucht wird außerdem nach Objekten, die für das geplante „Führermuseum" in Linz beschafft worden waren und die 1945 in Dresden zurückgeblieben sind. Darüber hinaus geht es auch um Kunstwerken, die 1945/46 enteignet worden sind bzw. von der Sowjetischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und enteignet wurden und – darüber hinaus – um Objekte, die von sogenannten Republikflüchtlingen in der DDR zurücklassen werden mussten (http://www.skd.museum/?id=30). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 37 Gesetz nur auf Staatseigentum, nicht auf mit Hilfe des Staates errichtete Stiftungen wie das Leopold Museum und auch nicht auf sonstiges Privateigentum.110 Neben dem Fall Gurlitt darf dabei nicht in Vergessenheit geraten, dass sich nach wie vor die meiste Raubkunst in öffentlicher Hand befindet. Die größten Bestände lagern in den Museen des Freistaats Bayern, der bisher als ein Hort der Restitutionsgegner angesehen werden konnte.111 Jedoch sollten nicht allein museale Sammlungen überprüft werden. Auch Kunsthändler- Nachlässe sollten in die Recherche einbezogen werden. Deren Geschäftspapiere können als eine bedeutende Quelle für weitere Provenienzforschungen angesehen werden. Aus den Eintragungen in Kundenbücher können Namen und Anschriften von Einlieferern und Käufern ermittelt werden. Daraus ergeben sich Hinweise sowohl auf die Eigentumsverhältnisse wie auf mögliche Zwangslagen.112 Gleichzeitig zeigen sich im Zusammenhang mit Rückgabeforderungen von Werken aus ehemaligen Privatsammlungen moderner Kunst immer wieder Unklarheiten in der Bewertung der historischen Vorgänge. Neben der aktuellen Problematik – die insbesondere Restitutionsfragen berührt – zeigt der Fall Gurlitt in besonders deutlicher Weise die Versäumnisse der Aufarbeitung des umfassenden Kunstraubes während der NS-Zeit. Die damit verbundenen Enthüllungen und Nachforschungen bringen nun nach und nach den vollen Umfang des „Ablasshandels mit der Moderne“ (Julia Voss) zum Vorschein.113 110 Vgl. dazu http://www.bmukk.gv.at/kultur/rest/index.xml und http://www.provenienzforschung.gv.at. 111 Bis 2011 war in Bayern gesetzlich vorgeschrieben, dass bayerische Museen, die ein Werk aus ihren Beständen an Erben zurückgeben wollen, den Gegenwert auf das Konto des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst überweisen müssen (VOSS 2013b; Anlage 15) 112 Joachim GÜNTNER (2013) stellt dazu fest, dass bei einer Auktion, die 1938 mit Bildern oder Büchern oder Möbeln aus jüdischem Besitz stattfand, eine freiwillige Veräußerung kaum angenommen werden kann. 113 ALY (2013) betont in diesem Zusammenhang, dass nun in den Beständen der Museen nach unrechtmäßig erworbenen Objekten gesucht werden müsse; es gelte dabei, die Listen ihrer Ankäufe während der NS-Zeit offenzulegen (Anlage 16). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10- 3000 - 084/13 Seite 38 6. Literatur114 ALY, Götz (2013): Enteignen, versteigern, verstecken. Der Fall Gurlitt wirft eine alte Frage neu auf: Welche Bilder wurden von Museen und Sammlern widerrechtlich zusammengerafft? In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 01.12.2013, 41. ANDERL, Gabriele (2007): Kunstraub unterm Hakenkreuz. Düsseldorf: Patmos. ANTON, Michael (2010a): Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht. Band I: Illegaler Kulturgüterverkehr. Berlin: De Gruyter. ANTON, Michael (2010b): Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht. Band II: Zivilrecht - Guter Glaube im internationalen Kunsthandel. Berlin: Gruyter. ANTON, Michael (2011): Rechtshandbuch Kulturgüterschutz und Kunstrestitutionsrecht. Band V: Internationales und europäisches Recht. Berlin: Gruyter. BACKES, Klaus (1992): Hitler und die bildenden Künste. Kulturverständnis und Kunstpolitik im Dritten Reich. Ostfildern: DuMont Reiseverlag. 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(Bert 2013) – Anlage 10: Schwabinger Kunstfund: Verjährung alles andere als eindeutig (Spoerhase/Grefrath 2013) – Anlage 11: Kleine Anfrage der der Fraktion DIE LINKE „Provenienz-Recherche und Restitutionsansprüche im Fall des sogenannten Schwabinger Kunstfundes“ vom 21. November 2013 (BT-Drs. 18/79) – Anlage 12: Lex Gurlitt degradiert Bilder zur Wandaktie (Dittmar 2013) – Anlage 13: Alte Bekannte (Mazzoni 2013) – Anlage 14: Ablasshandel mit der Moderne (Voss 2013a) – Anlage 15: Das Netzwerk der Raubkunst (Voss 2013b) – Anlage 16: Enteignen, versteigern, verstecken. Der Fall Gurlitt wirft eine alte Frage neu auf: Welche Bilder wurden von Museen und Sammlern widerrechtlich zusammengerafft? (Aly 2013)