Deutscher Bundestag Organisation und Struktur ausgewählter Filmarchive Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 10 – 081/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 2 Verfasserin: Ausarbeitung: WD 10 – 081/10 Abschluss der Arbeit: 12. Juli 2010 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Besonderheiten der Pflege und Arbeit mit dem DEFA-Filmstock 4 3. Filmarchive untergegangener europäischer Staaten 5 3.1. Jugoslawien 5 3.1.1. Restaurierung des Filmerbes 6 3.1.2. Forschungsarbeiten der Kinoteka 6 3.1.3. Publikationen der Kinoteka 6 3.1.4. Internationale Kooperationen 6 3.1.5. Aktuelle Herausforderungen 7 3.2. Tschechische Republik 7 3.2.1. Rechtsgrundlagen 7 3.2.2. Digitalisierung 7 3.2.3. Öffentlichkeitsarbeit 8 3.2.4. Organisationsstruktur 8 3.3. Russland 8 3.3.1. Internationale Kontakte 8 3.3.2. Öffentlichkeitsarbeit 9 3.3.3. Publikationstätigkeit 9 4. Zusammenfassung 9 5. Literaturverzeichnis 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 4 1. Einleitung Hintergrund der hier zu untersuchenden Filmarchive, sind Bestrebungen oder Überlegungen, den DEFA-Filmstock als Weltdokumentenerbe anerkennen zu lassen1. Das UNESCO Weltregister „Memory of the World“ ist ein digitales Netzwerk mit ausgewählten herausragenden Dokumenten in Archiven und Bibliotheken, die auf neuen informationstechnischen Wegen zugänglich gemacht werden und damit als herausragendes Beispiel der Weltkultur gespeichert werden sollen2. Mit dem DEFA-Filmstock existiert eine Filmsammlung, die sich durch ihre Geschlossenheit und ihren Bezug zur ehemaligen DDR auszeichnet. Es ist das Filmerbe eines Staates, den es in seiner ehemaligen Verfasstheit als Deutsche Demokratische Republik (DDR) heute nicht mehr gibt. Auch andere Staaten sind in diesem Jahrhundert untergegangen. So Jugoslawien, die Tschechoslowakei oder die ehemalige Sowjetunion. Auch in all diesen Staaten gibt es Filmarchive, die das Filmschaffen sowohl der Zeit des Bestehens dieser Staaten als auch darüber hinaus dokumentieren und archivieren. Um Besonderheiten des DEFA-Filmstock im Vergleich zu diesen Filmarchiven zu ermitteln, könnte ein Vergleich von Zielsetzungen, Organisationsstruktur und Arbeitsweise der jeweiligen Filmarchive obengenannter Staaten hilfreich sein. Im Folgenden soll deshalb dargestellt werden, wie die Filmarchive von Jugoslawien, Tschechien und der ehemaligen Sowjetunion in den genannten Bereichen organisiert sind. Zunächst wird auf die Besonderheit der Auswertung des DEFA-Filmstocks eingegangen. Vor diesem Hintergrund wird vergleichend die Organisationsstruktur und das Selbstverständnis der Filmarchive der oben genannten untergegangenen Staaten darzustellen sein. 2. Besonderheiten der Pflege und Arbeit mit dem DEFA-Filmstock Die Besonderheit des DEFA-Filmstocks ist neben seiner Vollständigkeit und Geschlossenheit auch die Tatsache, dass es auf der einen Seite mit der DEFA-Stiftung3 eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts (§ 1 Abs. 2 der Stiftungssatzung) gibt, deren ausschließliches Anliegen die Pflege und Verbreitung dieses Filmerbes ist. Zum Auftrag der Stiftung gehört die Erhaltung der DEFA-Filme als Teil des nationalen Kulturgutes. Gleichzeitig sollen diese für die Öffentlichkeit nutzbargemacht werden. Aber auch die Förderung der deutschen Filmkunst und Filmkultur obliegen der DEFA-Stiftung. Auf der anderen Seite gibt es mit dem Progress Film-Verleih4 einen Repertoire-Film-Verleiher, der diesen Filmstock exklusiv und in allen Medien weltweit auswertet 5. Icestorm Entertainment6 ist der exklusive Verwerter des DEFA-Filmstocks auf DVD, Video und anderen Trägermedien. Die DEFA-Spektrum GmbH7 wurde 2006 gegründet und wertet die von der DEFA-Stiftung erworbenen Zeitzeugen-Archive aus. Es gehören aber auch Filme aus Jugoslawien und Tschechien zum Angebot dieses Verleihers. In Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv erhält die DEFA-Stiftung die Filme der DEFA und macht 1 Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausarbeitungen WD 10 – 3000 – 044/10 und WD 10 – 3000 – 064/10. 2 http://www.unesco.de/weltdokumentenerbe.html?&L=0. 3 http://www.defa-stiftung.de/cms/defa-stiftung-home. 4 http://www.progress-film.de/de/progress/ueber.php 5 Dass eine Anerkennung des DEFA-Filmstocks als Weltdokumentenerbe für diesen Verleiher auch werbewirksame Vorteile hätte, versteht sich von selbst. 6 http://www.icestorm.de/. 7 http://www.defa-spektrum.de/. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 5 sie der Öffentlichkeit zugänglich. Das Anliegen der DEFA-Stiftung ist neben dem Erhalt der DEFA-Filme auch die Betreuung dieser Filme als öffentliches Kulturgut und Erbe der deutschen Filmgeschichte. Andererseits ist die DEFA-Stiftung aber auch eine Förderstiftung, die Projektmittel , Stipendien und Preise vergibt und damit die deutsche Filmkultur unterstützt. Mit der Pflege und Verbreitung des gesamten DEFA-Filmstock sind somit insbesondere zwei Organisationen betraut: die DEFA-Stiftung und der Progress Film-Verleih. 3. Filmarchive untergegangener europäischer Staaten In Filmarchiven werden Filme nach bestimmten Kriterien gesammelt. Ein Filmarchiv ist in jedem Fall eine geordnete Sammlung von Filmen. Diese Sammlung kann unter künstlerischen, historischen oder thematischen Aspekten erfolgen. Sie kann aber auch mit dem Ziel erfolgen, einen möglichst umfassenden Bestand aller produzierten Filme eines Landes zu erfassen. So ist es Aufgabe des Bundesfilmarchivs, einen möglichst vollständigen archivarischen Bestand der deutschen Filmproduktion zu sichern, wobei hier sowohl private Produktionen, als auch Auftragsproduktionen , Produktionen, die von einer Institution erstellt wurden, Berücksichtigung finden sollen 8. Mit der Eingliederung des Staatlichen Filmarchivs der DDR seit 3. Oktober 1990 wurde das Filmarchiv, das eine Abteilung des Bundesarchivs ist, eines der größten Filmarchive der Welt. Es ist das zentrale deutsche Filmarchiv. Rechtsgrundlage für das deutsche Filmarchiv ist ebenso wie für das Bundesarchiv, das Bundesarchivgesetz. Hier wird festgelegt, dass zu den Aufgaben des Archivs, die Sicherung, Nutzung und Auswertung des Archivguts des Bundes gehört (§ 1 Bundesarchivgesetz 9). Sicherung, Nutzung und Auswertung des Archivgutes sind Aufgaben, die für Filmarchive in heutiger Zeit bedeuten, dass sie sich auch den Anforderungen und Möglichkeiten der Digitalisierung stellen müssen. Auf europäischer Ebene gibt es in diesem Zusammenhang diverse Aktivitäten in den einzelnen Mitgliedstaaten10. Die Digitalisierung von Filmarchiven bietet die Möglichkeit, Filmbestände langfristig zu konservieren und verfügbar zu machen. Damit können sie auch genutzt und mit ihnen gearbeitet werden. In einer Zeit neuer Informationstechnologien sind es diese technischen Möglichkeiten, die eine tägliche Auswertung und Arbeit mit den Filmbeständen erleichtern und ermöglichen. Inwiefern dies nicht nur mit dem DEFA-Filmstock, sondern auch bei anderen Filmarchiven erfolgt, soll im Folgenden dargestellt werden. 3.1. Jugoslawien Rechtsnachfolgerin der föderativen Volksrepublik Jugoslawiens ist Serbien. Das zentrale Filmarchiv ist die 1949 unter dem Namen „Zentrales Filmarchiv der jugoslawischen Kinemathek“ gegründete Jugoslovenska Kinoteka. Mit seinen über 95.000 Filmkopien gehört das Archiv zu einem der größten Filmarchive in diesem Teil Europas. Das Filmarchiv ist in verschiedenen Bereichen tätig. So gehört zu seinen Aufgaben die Erhaltung des Bestandes und damit die Restaurierung und Bewahrung des nationalen Filmerbes, die Führung eines Katalogs, Arbeiten mit den zur 8 Vgl. Bundesfilmarchiv, abrufbar unter: http://www.theaterforschung.de/resource.php4?ID=63. 9 Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz – BarchG) vom 6. Januar 1988 (BGBl. I s. 62), zuletzt geändert durch § 13 Abs. 2 des Informationsfreiheitsgesetzes vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). 10 Vgl. in diesem Zusammenhang die Übersicht auf den Seiten der EU, News on film heritage, abrufbar unter : http://ec.europa.eu/avpolicy/reg/cinema/news/index_en.htm. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 6 Sammlung gehörenden Fotographien, Dokumenten und Artefakten, sowie Forschungs- und Bildungsprojekte 11. Geführt wird das Archiv von Radoslav Zelenovic, dem Direktor, dem ein Museumsmanager , ein Archivmanager und eine Direktorin für Wirtschaft- und Verwaltung zur Seite stehen. 3.1.1. Restaurierung des Filmerbes Da ein Teil der Sammlung nach wie vor auf Nitratfilm aufbewahrt wird, ist ein primäres Anliegen des Archivs, der Erhalt dieser Filme. Hierfür werden auch, soweit möglich, ausländische Laborleistungen in Anspruch genommen. Auf diese Weise konnten eine Reihe von wertvollen Stummfilmen, die in Serbien oder Montenegro gedreht wurden, erhalten werden. Bei diesen handelt es sich um Filme von herausragender sowohl nationaler als auch internationaler kultureller Bedeutung (Kosanovic 1994). 3.1.2. Forschungsarbeiten der Kinoteka Wissenschaftliche Forschungsarbeiten der Kinoteka erfolgen in enger Zusammenarbeit mit der Kunsthochschule von Belgrad, aber auch mit vielen anderen wissenschaftlichen Organisationen. So ist auch die Bibliothek dieses Filmarchivs für Forscher, Studenten und Filmliebhaber zugänglich . Auch die Erstellung eines zentralen, computerisierten Katalogs gehört zu den Aufgaben des Filmarchivs. Hierdurch soll ein schnellerer und effektiverer Zugriff auf die Bestände des Archivs und ein Arbeiten mit diesen ermöglicht werden. Voraussetzung für dieses Angebot ist die zu den Tätigkeiten der Kinoteka gehörende Bestandspflege und Katalogisierung, die auch Fotographien und andere Dokumente der Filmgeschichte, wie z.B. Filmposter, umfasst. Das Archiv ist aber auch ein Ort, an dem die Filmgeschichte, insbesondere auch die nationale Filmgeschichte erforscht und vermittelt werden soll. Forscher und Studenten haben deshalb freien Zugang zu den archivierten Sammlungen. 3.1.3. Publikationen der Kinoteka Die Kinoteka verfolgt eine rege Veröffentlichungspraxis. So wurden unter Mitwirkung von privaten Publizisten Bücher zur Thematik des Kinos veröffentlicht12. Zu den Veröffentlichungen gehören neben Originalwerken auch Neuauflagen älterer bekannter Ausgaben, wie beispielsweise das Werk Peter Bogdanovic’s „The Cinema of Alfred Hitchcock“. 3.1.4. Internationale Kooperationen Die Kinoteka steht in enger Verbindung mit anderen Einrichtungen, wie etwa der Schauspielfakultät der Kunsthochschule von Belgrad oder der Kunstakademie von Novi Sad. Sie nimmt somit auch eine Multiplikatorfunktion für das von ihr betreute und gepflegte Filmerbe war. Bedingt durch staatliche Restriktionen waren internationale Kontakte in der Vergangenheit zwar teilweise schwierig und haben einen regelmäßigen Austausch verhindert, die Kinoteka hat aber gleichwohl eine aktive Rolle als Mitglied der FIAF gespielt. Auch durch die Organisation von Filmfestivals hat die Kinoteka ihre Rolle als Vermittler des Films wahrgenommen. Bei den in der Kinoteka täglich angebotenen Filmvorführungen handelt es sich zudem um Filme, die größtenteils mit englischen Untertiteln versehen sind und damit auch für ein internationales Publikum rezipierbar sind. 11 Vgl.: http://www.europafilmtreasures.de/fiche_cinematheque.htm?id=44. 12 Einzelne Veröffentlichungen der Kinoteka sind auch in deutschen Bibliothekskatalogen zu finden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 7 3.1.5. Aktuelle Herausforderungen Zur Erfüllung der beschriebenen Aufgaben ist eine kontinuierliche Bestandspflege erforderlich. Hierfür stehen Archiven in neuerer Zeit neue technologische Möglichkeiten zur Verfügung. So wurde die Digitalisierung der Bestände der Kinoteka im Jahr 2008 durch die EU mit €2 Millionen unterstützt. Zu diesem Anlass sagte Benoit Hambuckers, Programmmanager für Bürgergesellschaft und Medien der EAR (European Agency for Reconstruction): „This project will ensure that the visual memory of over a century – vitally important for Serbia, Europe and the entire planet – is restored and preserved in digital form.”13 Dieses auf europäischer Ebene besondere Archiv, das die unterschiedlichsten Genres und Gattungen in seinen Beständen vereinigt, von denen viele bereits als verloren galten, macht die Jugoslovenska Kinoteka zu einem Filmarchiv, das auch Eingang gefunden hat auf die Liste für das UNE- SCO-Weltdokumentenerbe für das Jahr 2011. 3.2. Tschechische Republik In Prag ist das Národní fimový archiv (NFA) angesiedelt, das eines der ältesten und größten Filmarchive der Welt ist. Zu seinem Bestand gehören Filme des tschechischen Kinos von dessen Anfängen im Jahr 1898 bis 1992. Auch ausländische Filme sind im Archivbestand zu finden. Das Filmarchiv bietet somit ein Zeugnis der Filmgeschichte und der Entwicklung des Kinos14. 3.2.1. Rechtsgrundlagen Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Archivs als nationales Filmarchiv ist § 80 Act No. 499/2004 Coll. Zu seinen Aufgaben und seinem Auftrag gehören die Sammlung, Bewahrung, wissenschaftliche Aufbereitung und Verwendung audiovisuellen Archivmaterials. Ziel und Leitbild dieser Tätigkeit ist, die nationale Filmproduktion, die Entwicklung der Filmkunst und das Leben in der Nation, wie auch wichtige weltpolitische Ereignisse zu begleiten. Die Aufgaben des Filmarchivs sind auch im Gesetz Nummer 273/1993 festgelegt. Hiernach ist das Filmarchiv berechtigt, sämtliche cineastischen Werke aus Tschechien, die bis zum 31.12.1964 entstanden sind, kommerziell zu nutzen. Darüber hinaus ist in dem Gesetz geregelt, das das Archiv für die legale Aufbewahrung von Filmen zuständig ist und seine Unabhängigkeit geschützt sein soll. 3.2.2. Digitalisierung Derzeit baut das nationale Filmarchiv verschiedene Datenbanken auf, so eine zu den zu archivierenden Filmen und anderen Archivalien, eine weitere Datenbank soll filmbezogene Materialien, Fotos oder Poster erfassen und eine dritte neuere tschechische Filme und Videoproduktionen für das Filmjahrbuch, eine Datenbank der Filmbibliothek, sowie eine Datenbank der Filmkritiken. Das NFA gehört auch zu den staatlichen, bzw. öffentlich geförderten, nicht-kommerziellen Insti- 13 http://ec.europa.eu/enlargement/archives/ear/publications/main/pub-press_release_ser_20080131.htm. 14 http://www.europafilmtreasures.eu/fiche_cinematheque.htm?id=32. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 8 tutionen, die an dem europäischen digitalen Filmarchiv - „Filmarchives online“ im Internet beteiligt sind15. Darüber hinaus werden Publikationen zum Thema Film in tschechischer und englischer Sprache veröffentlicht. Auch die älteste, regelmäßig erscheinende Filmzeitschrift wird von dem Národní fimový archiv herausgegeben16. 3.2.3. Öffentlichkeitsarbeit Zu den Angeboten dieses Filmarchivs gehören unter anderem die Möglichkeit tschechische Filme und Filmmaterialien zu nutzen, oder die Möglichkeit der freiwilligen Hinterlegung von Filmen, professionelle Hilfestellungen bei in- oder ausländischen Projekten zur Arbeit von Filmarchiven , die Möglichkeit für Schulen und ähnliche akademische Einrichtungen, die Bestände für ihre Arbeit in Anspruch zu nehmen, sowie die regelmäßigen Veröffentlichungen des Archivs zu historischen und ästhetischen Aspekten des Films. 3.2.4. Organisationsstruktur Diese verschiedensten Tätigkeiten spiegeln sich auch in der Organisationsstruktur der NFA. Hier gibt es den Direktor mit der Verwaltungsabteilung; eine Abteilung für Filmgeschichte; eine Abteilung für das schriftliche und digitale (Fotos, Poster) Archivmaterial; die Bibliothek; eine Abteilung , die für technische Belange zuständig ist, eine Abteilung, zu deren Aufgaben die Vermittlung der Filmgeschichte, sowohl durch Lehre, als auch durch Veröffentlichungen gehört, eine Abteilung für den Bereich der Filmkritiken, sowie Abteilungen für technische und haushaltsrechtliche Belange. All diese Bereiche sind täglich mit der Pflege, Aufarbeitung, Bewahrung und Vermittlung des Filmbestandes beschäftigt und werten in ihren jeweiligen Bereichen den Bestand aus. 3.3. Russland Das zentrale Filmarchiv Russlands, Gosfilmofond, ist eines der größten Filmarchive der Welt. Gegründet wurde Gosfilmofond auf Anweisung der sowjetischen Regierung zwischen 1936 und 1937 als das Filmarchiv für die gesamte Sowjetunion. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 wurde aus Gosfilmofond UdSSR, Gosfilmofond Russland. Das Filmarchiv hat aber trotz dieser Umstände eine Zerstückelung der Bestände verhindert und konnte dessen Geschlossenheit erhalten . Dies wurde auch von staatlicher Seite unterstützt. So hat 1993 der Präsident der Russischen Föderation Gosfilmofond per Dekret in die Liste der besonders wertvollen Einrichtungen des kulturellen Erbes Russlands aufgenommen17. 3.3.1. Internationale Kontakte Nachdem Gosfilmofond 1957 Mitglied der FIAF geworden war, erweiterten sich dessen Kontakte zu anderen Filmarchiven weltweit. Frankreich, Belgien, Deutschland, Italien, die Niederlande, Luxemburg, Finnland, die USA, Kanada, Japan und Korea und viele andere Länder Europas und Asiens wurden ständige Partner von Gosfilmofond. So konnte das Filmarchiv seine Bestände 15 http://www.digitalfernsehen.de/news/news_729301.html. 16 Vgl.: http://www.nfa.cz/o-nas.html. 17 Vgl.: http://www.europafilmtreasures.eu/fiche_cinematheque.htm?id=20. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 9 ständig erweitern und um ehemals verloren geglaubte russische bzw. sowjetische Filme ergänzen .18 3.3.2. Öffentlichkeitsarbeit Gosfilmofond präsentiert die in diesem Archiv gesammelten Filme regelmäßig in dem zu dem Archiv gehörenden Kino ILLUSION. Dieses Kino, das bei Generationen von Moskauern beliebt ist, präsentiert regelmäßig Meisterstücke des russischen und weltweiten Kinos, die von Gosfilmofond verwaltet werden. Jedes Jahr wird das „BELYE STOLBY“ –Archiv, in dem das Filmmaterial gelagert wird, von der Kinogemeinde als eines der besten nationalen Lichtspielhäuser anerkannt (DONDUREJI 2006, 82). 3.3.3. Publikationstätigkeit Gosfilmofond ist auch eine führende Forschungsorganisation. Zu dieser gehört auch das berühmte Archiv „Belye Stolby“, das rund 55.000 Filme zusammen mit Primärmaterialien und Dokumenten zu nahezu jedem Spielfilm aus der Sowjet- und Nach-Sowjetphase aufbewahrt. In den Jahren um 1960 wurden auch erste Veröffentlichungen von Gosfilmofond herausgebracht. Zu diesen gehört auch ein kommentierter Katalog zu sowjetischen Spielfilmen. Auch wurden Bücher zu Regisseuren, Drehbuchautoren oder Schauspielern erstellt, die teilweise auch die einzigen Quellen zu diesen an der Entstehung der Filme beteiligten Personen sind. Auch widmete sich Gosfilmofond Büchern zu thematischen Schwerpunkten. Gosfilmofond ist somit nicht nur ein Archiv, das das unbezahlbare Filmmaterial aufbewahrt und forscht, vielmehr gehört zu den Aufgaben seine Mitarbeiter auch die Werbung für die Produkte des Archivs. Auf diese Weise kann das Filmarchiv den Anforderungen der modernen Filmproduktion gerecht werden. 4. Zusammenfassung Die Archive Jugoslovenska Kinoteka, Národní fimový archiv und Gosfilmofond sind Orte, die auf den verschiedensten Ebenen mit dem kulturellen Filmerbe arbeiten. Sie widmen sich sowohl der Pflege und Erhaltung ihrer Sammlungen als auch der Vermittlung, Zugänglichmachung, Auswertung und Verbreitung des von ihnen betreuten Filmerbes. Es sind allesamt Archive, die mit dem von ihnen betreuten Filmerbe arbeiten und es so der Nachwelt und einem größeren Publikum zugänglich und bekannt machen. Diese Archive sind alle nationale Einrichtungen, so wie der DEFA-Filmstock jetzt auch Teil der nationalen Einrichtung Bundesarchiv ist. Bei Zugrundelegung der in diesem Zusammenhang untersuchten Kriterien ist der DEFA-Filmstock insoweit nicht die einzige Filmsammlung, für die es eine ständige Betreuung und Verbreitung gibt. 18 Ebd. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 – 081/10 Seite 10 5. Literaturverzeichnis DMITRIEV, VLADIMIR (1984), The Gosfilmofond of Moscow, UNESCO Courier, abrufbar unter: HTTP://WWW.ACCESSMYLIBRARY.COM/COMS2/SUMMARY_0286-9195746_ITM. DMITRIEV, VLADIMIR (1994), Gosfilmofond: the film archive of the Russian Federation, Museum International (UNESCO Paris), No. 184 (Vol.46, no. 4) 16 – 20. DONDUREJI DANIIL, VENGER NATALIA (2006), Russische Filmindustrie 2001 – 2006.CTC Media. KANNAPIN, DETLEF (2005), “DDR-Identität” oder DDR-Bewusstsein im DEFA-Spielfilm?, in: Politische Identität – visuell, Wilhelm Hofmann, Franz Lesske (Hg.). Studien zur visuellen Politik Bd. 1, Lit Verlag Münster, 133-138. KOSANOVIC, DEJAN (1994), Beograd, Jugoslovenska Kinoteka, Journal of Film Preservation Vol. XXIII N° 49. PADUNOV, VLADIMIR (2006), Storing and Restoring History: Gosfil’mofond ans the 10th Belye Stolby Archival Film Festival, abrufbar unter: http://www.kinokultura.com/2006/12-padunov .shtml. SCHITTLY DAGMAR (2002), Zwischen Regie und Regime. Die Filmpolitik der SED um Spiegel der DEFA-Produktionen, Ch. Links Verlag.