Die mögliche Rolle von Stiftungsmodellen bei der Presseförderung im europäischen Raum - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 072/2009 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Die mögliche Rolle von Stiftungen bei der Presseförderung im europäischen Raum Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 072/2009 Abschluss der Arbeit: 3. September 2009 Fachbereich WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Die Zeitungsbranche auf der Suche nach neuen Lösungen 5 2.1. Zum Begriff „Qualitätsjournalismus“ 7 3. Die Politik auf der Suche nach neuen Lösungen 9 4. Arten der Förderung des Pressewesens 12 5. Stiftungen in der Praxis 14 5.1. staatlich errichtete Stiftungen 14 5.1.1. Der niederländische StimuleringsFonds voor de Pers 15 5.2. private Stiftungen/ Einrichtungen 17 5.2.1. inländische Stiftungen/ Einrichtungen 18 5.2.2. ausländische Stiftungen/ Einrichtungen 19 5.2.3. grenzüberschreitende Einrichtungen 22 6. Literaturverzeichnis 24 7. Anlagen 25 - 3 - 1. Einleitung Die Branche der Printmedien befindet sich derzeit weltweit in einer existentiellen Krise. Allein im vergangenen Jahr (2008) mussten in den USA sieben große Verlagshäuser mit mehr als 14 Tageszeitungen Konkurs anmelden.1 Auch in europäischen Ländern ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, auf die - zum Teil auch auf politischer Ebene - ganz unterschiedlich reagiert wird. Die akute Finanznot hat bei einigen namhaften Zeitungen auch dazu geführt, dass finanzstarke Käufer oder Kreditgeber als Investoren akzeptiert wurden.2 Obwohl die meisten der großen Tages- und Wochenzeitungen in Deutschland ihre Auflagenzahlen auch durch die jüngste Finanzkrise hinweg weitgehend stabil halten konnten , hat auch bei ihnen der wirtschaftliche Druck zu teilweise deutlichen Einschnitten geführt. Kosteneinsparungen führten zu Etatkürzungen, redaktionellen Zusammenlegungen und zu Entlassungen vieler freier Mitarbeiter3. Diese derzeit besonders akute Entwicklung wird bedingt von verschiedenen einander überlagernden Faktoren. Nachdem der Zeitungsmarkt weltweit bereits seit Jahren einen tiefgreifenden Strukturwandel durchlief, hat die internationale Finanzkrise seit dem vierten Quartal 2008 viele Verlage in eine akute und existenzbedrohliche wirtschaftliche Notlage gebracht. Vor allem der massive Einbruch des Anzeigenmarktes infolge von Sparmaßnahmen vieler Unternehmer (Beispiel Autobranche) hat kurzfristig erhebliche Umsatzeinbrüche für den Werbeträger Zeitung bewirkt. Neben dem Anzeigenmarkt waren die Erlöse aus dem Vertrieb eine weitere klassische Einnahmequelle der Zeitungsverlage , die nun durch das Internet zunehmend reduziert wird. Das Internet verdrängt die klassische Papierzeitung inzwischen so stark, dass in Fachkreisen bereits vom „Verschwinden der Zeitung“ die Rede ist.4 1 VGL. KIRCHHOFF, SUZANNE M., The U.S. Newspaper Industry in Transition, Congressional Research Service Report, July 8, 2009, S. 7/8. Im Internet unter http://tinyurl.com/mhvns2 (Stand: 1. September 2009). 2 Als Beispiele seien der Verkauf des britischen Evening Standard an den russischen Milliardär Alexander Lebedev im Februar 2009 und der Kredit des mexikanischen Milliardärs Carlos Slim an die New York Times genannt. Vgl. FRANKFURTER RUNDSCHAU v. 22. Januar 2009 und SÜDDEUTSCHE ZEITUNG V. 21. Januar 2009. 3 So kündigte der „WAZ-Konzern“ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) im Februar 2009 an, durch eine redaktionelle Umstrukturierung noch in diesem Jahr rund 300 Stellen abbauen und somit 32 Mio. € einsparen zu wollen. Vgl. Frankfurter Allgemeine, 19.02.2009). Für eine Übersicht über die Sparmaßnahmen bei deutschen Zeitungsverlagen siehe „Sparen, entlassen, einstellen“, TAZ v. 14. Februar 2009. 4 Vgl. WEICHERT/ KRAMP, Das Verschwinden der Zeitung? Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert- Stiftung, 2009. - 4 - Zeitungsunternehmen müssen in zunehmendem Maße nach ökonomischen Gesichtspunkten geführt werden. Beobachter sehen auch in Deutschland bereits Beispiele dafür, dass die Qualität der Zeitung zunehmend den Schwankungen des Marktes unterliegt.5 Die akute Finanznot führte in mehreren Fällen dazu, dass vermögende Privatinvestoren Zeitungsunternehmen entweder ganz oder teilweise kauften. Besonders in Frankreich gab es zwischenzeitlich mehrere solcher „Einkäufe“, durch die namhafte und traditionsreiche Zeitungen zwar kurzfristig vor dem wirtschaftlichen Ruin bewahrt, jedoch das weitere Absinken der Auflagenzahlen insgesamt nicht verhindert werden konnte. Auch kamen Zweifel darüber auf, inwieweit die wirtschaftliche Abhängigkeit von Investoren sich nicht negativ auf die redaktionelle Unabhängigkeit und journalistische Glaubwürdigkeit der Zeitung auswirken würde.6 Im Interesse eines profitablen Geschäftes, so befürchten Kritiker dieser Entwicklung, würden Privatinvestoren und Private Equity- Firmen in kurzen Zeiträumen planen7, was vor allem einer bestimmten Art des Journalismus entgegenliefe. Denn die kritische Entwicklung scheint besonders auf kostenintensive Formen journalistischer Arbeit – aufwendige Recherchen, Hintergrundberichte, Korrespondentenbüros , investigativer Journalismus – eine negative Wirkung zu haben. Andererseits ist es meist diese Arbeit, die den Bekanntheitsgrad einzelner Zeitungen ausmacht oder am ehesten zu einem der begehrten journalistischen Preise führen kann.8 Auch sind es diese Formen des Qualitätsjournalismus, für die es im Internet bislang keine tragfähigen Geschäftsmodelle gibt. Angesichts der existentiell bedrohlichen Situation im Zeitungswesen gilt daher die Sorge vieler Journalisten und Beobachter insbesondere dem Erhalt des Qualitätsjournalismus.9 Es bleibt derzeit unklar, ob die zum Teil äußerst prekäre Lage vieler Zeitungsunternehmen in Europa wie in den USA eher auf den schon länger andauernden Strukturwandel in der Medienwelt oder auf die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise zurückzuführen ist. Während auf beiden Seiten des Atlantiks die gesellschaftspolitische Bedeutung des Fortbestands einer unabhängigen Presse weitgehend unbestritten ist, herrscht bislang wenig Einigkeit darüber, ob und in welcher Weise die staatliche Ebene der Zeitungswirtschaft unterstützend durch die aktuelle Krise helfen sollte. Angesichts der heiklen Frage, ob staatliche Unterstützung nicht an sich schon die Unabhängigkeit der Presse gefährden würde, sind auch Stiftungsmodelle in der Diskussion. 5 Vgl. WEICHERT/ KRAMP (2009: 25). 6 Vgl. „Falsche Freunde“, in DIE ZEIT, 22. Januar 2009. 7 Vgl. So ein Argument von Jürgen HABERMAS (2007). 8 WEICHERT/ KRAMP (2009: 19). 9 Vgl. MECKEL, MIRIAM (2009-I). - 5 - 2. Die Zeitungsbranche auf der Suche nach neuen Lösungen Die Zeitungsbranche, die sich aufgrund des Bedeutungszuwachses der elektronischen Medien bereits seit Jahren in einem tiefgreifenden Strukturwandel befand, ist mit der Wirtschaftskrise erheblich unter Druck geraten.10 Beide Entwicklungen überlagern einander und sind nicht immer klar zu trennen. So ist der Einbruch des Anzeigenmarktes als eine der Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Zeitungsunternehmen ebenso Teil des bereits länger andauernden allgemeinen Strukturwandels, weil auch Werbeträger sich bereits seit Jahren vermehrt ins Internet verlagern. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Maßnahmen, mit denen die Branche versucht, dem zunehmenden wirtschaftlichen Druck zu begegnen. So gehören zu den kurzfristig ergriffenen Sparmaßnahmen Einstellungsstopps11, die Verschiebung geplanter Projekte wie neuer Zeitungsausgaben oder -titel12 oder redaktionelle Maßnahmen wie Umstrukturierungen, Entlassungen oder Fusionierungen.13 Als Weg zu einer grundlegenden Veränderung der Einnahmestruktur haben mehrere Verlage auch ihre Produktpalette z.B. um Bucheditionen, CDs oder Lexika deutlich erweitert.14 Insbesondere die in jüngster Zeit mehrfach durchgeführten Zusammenlegungen von Redaktionen werden von einigen Beobachtern kritisch gesehen, weil sie die pluralistische Vielfalt bedrohten: „Der einzelne Leser merkt es vielleicht nicht, dass nur ein einziger Reporter über Kommunalpolitik berichtet – dafür aber gleich für alle Zeitungen. Aber wenn der sich gut mit dem Bürgermeister versteht – wer soll den dann kontrollieren ?“15 Auch in den USA hat der Umstrukturierungsprozess der letzten Jahre bereits zu einer spürbar geringeren Dichte politischer Berichterstattung geführt. So sank die Zahl der aus den Landesparlamenten berichtenden Reporter seit 2003 um 30%. Bezogen auf 10 Die Wirtschaftskrise wirkte sich selbst auf bislang gut situierte Unternehmen wie die Süddeutsche Zeitung negativ aus. Diese hatte in den letzten Jahren durch Nebengeschäfte wie den Buchverkauf, CDs und DVDs deutliche Erlöse erzielt und konnte, verbunden mit einer kontinuierlichen Auflagensteigerung des Blattes hohen Renditen erzielen. Dennoch wurde den Redakteuren von der Leitung des Blattes im November 2008 eine „neue Lebensplanung“ empfohlen. (WEICHERT/ KRAMP (2009: 18). 11 Der Beschluss, einen sofortigen Einstellungsstopp zu verfügen, gehörte zu den ersten Maßnahmen der FAZ auf die internationale Finanzkrise. Vgl. DER SPIEGEL, Zukunft gesucht, 6. Oktober 2008. 12 Im November 2008 wurde bekannt, dass die Süddeutsche Zeitung ihr seit 2006 geplantes Vorhaben einer Sonntagszeitung „vorerst nicht realisieren“ werde. Vgl. DWDL.DE, "SZ": Pläne für Sonntags- Zeitung offenbar vom Tisch, 12. November 2008 (im Internet unter: http://tinyurl.com/m6wwjc, Stand 1.09.2009). 13 Vgl. dazu TAZ, Sparen, entlassen, einstellen, vom 14. Februar 2009. 14 Beispielhaft seien hier die Süddeutsche Zeitung oder der Berliner Tagesspiegel genannt. 15 BRAUCK, MARKUS; HÜLSEN, ISABELL; MÜLLER, MARTIN U., Zukunft gesucht, in: Der Spiegel, 6. Oktober 2009. - 6 - den US-Congress in der Hauptstadt Washington leisten sich derzeit nur noch Zeitungen aus 23 Bundesstaaten eigene Parlamentsreporter gegenüber 35 im Jahr 1985.16 Abgesehen von der aktuellen Wirtschaftslage sind die Zeitungsverlage jedoch auch mittel - und langfristig auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen, die ihr Fortbestehen auch in Zeiten zunehmender Internetnutzung sichern könnten. So haben die meisten Zeitungsverlage bereits seit einigen Jahren eine online-Version zur Verfügung gestellt, die jedoch in der Regel kostenfrei ist. Finanziert wird dieses Angebot meist aus den Erlösen der gedruckten Zeitung. Es ist jedoch zweifelhaft, ob diese Form der „Quersubventionierung “ langfristig tragfähig sein kann.17 Auch bisherige Versuche, für die ins Internet gestellten Zeitungsinhalte Gebühren zu erheben, waren überwiegend nicht erfolgreich. Die New York Times gab kürzlich bekannt , nach zwei bereits gescheiterten Versuchen in Kürze wiederum die Inhalte ihrer Website nur noch kostenpflichtig anzubieten. Das Wochenmagazin Der Spiegel stellt sein Archiv wieder kostenfrei zur Verfügung. Dagegen haben die Wirtschaftszeitungen Financial Times und Wall Street Journal offenbar Erfolg mit ihren neuen Bezahlangeboten . Auch der Springer-Verlag kündigte im August 2009 einen neuen Vorstoß an, – zunächst im Sportbereich und auf Smartphone-Angebote beschränkt – gebührenpflichtige Spezialinhalte durchzusetzen.18 Auch setzen sich deutsche Verleger intensiv für die Einführung eines Leistungsschutzrechtes ein, das die Verwertung journalistischer Inhalte erleichtern würde. Insgesamt zeugt die Vielzahl der Überlegungen und Modellen, die Verleger weltweit derzeit entwickeln, um das wirtschaftliche Überleben ihrer Häuser zu sichern, davon, dass ein funktionierendes Geschäftsmodell bislang noch nicht entwickelt werden konnte . Dennoch gehen auch Journalisten und Kenner der Branche überwiegend davon aus, dass die Zukunft auch des Qualitätsjournalismus letztlich im Internet liegen dürfte.19 Bis diese Arbeit jedoch auch im Internet wirtschaftlich gestaltet werden kann, so fürchtet der amerikanische Journalist Steve Coll, „we face the prospect of a lost generation of American journalism and the collapse of its civic function.“20 Diese Sorge bezieht sich vor allem auf die Formen des Qualitätsjournalismus, für die es im Internet bislang noch keine wirtschaftlich praktikable Umsetzung gibt. Zumindest als 16 Vgl. KIRCHHOFF (2009: 5). 17 WEICHERT/ KRAMP (2009: 21) 18 Vgl. Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer AG, Mathias Döpfner, in: FAZ 14. August 2009. 19 Ebenda. 20 Stellungnahme des amerikanischen Journalisten Steve Coll vor einem Ausschuss des U.S. Senats am 6. Mai 2009, im Internet unter: http://tinyurl.com/ln88jc (Stand 1.09.2009), S. 4. - 7 - Überbrückung dieser Phase bis zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle gewinnt deshalb auch in den USA die Idee des „Non-profit journalism“ an Unterstützung. Daneben blicken Journalisten auch zunehmend auf die politischen Entscheidungsträger, von denen sie sich die Schaffung positiverer Rahmenbedingungen für die Medienbranche erhoffen. So fordern deutsche Verleger die Lockerung wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen , um Zusammenschlüsse im Mediensektor zu erleichtern21, wie auch die Einführung eines eigenen Leistungsschutzrechtes.22 Eine entsprechende Forderung richtete der Europäische Verband der Journalistenverbände im April 2009 an alle Fraktionsvorsitzenden des Europäischen Parlaments und an den Präsidenten der Europäischen Kommission.23 2.1. Zum Begriff „Qualitätsjournalismus“ Die offenbar unausweichliche Ökonomisierung des Zeitungswesens gefährdet vor allem die kostenintensiven Formen der journalistischen Arbeit, die mittels aufwendiger Recherche auch Themen abseits des öffentlichen Mainstreams behandelt und zum Teil selbst setzt. Darunter fallen komplexe Hintergrundartikel zu politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlich relevanten Themen ebenso wie ausführliche Interviews oder die besonders teure internationale Berichterstattung. Die Kosten für ein einziges hochprofessionell arbeitendes Korrespondentenbüro seien mit ca. 350.000 € pro Jahr zu veranschlagen , wie der amerikanische Journalist Steve Coll am 6. Mai 2009 vor einem Ausschuss des amerikanischen Senats ausführte.24 Ein Mehrfaches dieses Betrages fiele an, wenn dieses Büro in einem Kriegsgebiet liege. Auch erfahrene Hauptstadtjournalisten mit einer guten Kenntnis politischer Verfahren, Instrumentarien und Dokumente seien hoch bezahlte Arbeitskräfte.25 So sind in den USA sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene bereits deutlich weniger Reporter auf politische Berichterstattung aus den Parlamenten spezialisiert. Auch in Deutschland führen redaktionelle Fusionierungen immer häufiger dazu, dass weniger Reporter auf diesen Bereich spezialisiert sind, die jeweils mehrere Zeitungen bedienen. 21 Vgl. HANDELSBLATT, 23. Juni 2009. Der Präsident des Bundeskartellamtes Bernhard Heitzer sieht diese Forderung jedoch kritisch. Vgl. „Wem soll es nutzen?“, in: FAZ 24. Juni 2009. 22 Vgl. Meldung des BDZV, im Internet unter http://tinyurl.com/naator (Stand 2.09.2009). 23 Vgl. „Brüssel soll die Presse retten“, in: FAZ 1. April 2009. 24 Im Januar 2007 kündigte der Boston Globe, eine der großen amerikanischen Tageszeitungen, an, mit der Schließung seiner letzten drei Korrespondentenbüros seine eigenständige internationale Berichterstattung nach 37 Jahren zu beenden. (Globe to close last three foreign bureaus, http://tinyurl.com/ltyxpv (Stand: 26. August 2009)). 25 Vgl. COLL (2009: 4). - 8 - Hohe Kosten entstehen auch für den investigativen Journalismus, den sich immer weniger Zeitungen leisten können, denn diese Arbeit ist „zeitaufwendig, abhängig von Informanten und aufgrund zweifelhafter Erfolgsaussichten häufig unrentabel.“26 Genau diese Formen des Journalismus scheinen jedoch an die traditionelle Form der gedruckten Zeitung gebunden zu sein und sich im Internet aufgrund der hohen Kosten bislang noch nicht durchsetzen zu können.27 Wenn daher von neuen Formen des Journalismus im Internet gesprochen wird, bezieht sich dies bislang noch kaum auf die aufwendigeren Arten von Pressearbeit. Auch wenn es derzeit noch an einer allgemein akzeptierten Definition dieses Begriffes mangelt28, könnte die von der Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel vorgeschlagene Differenzierung weiterführen. Sie sieht die aktuellen Meldungen – die Art von Journalismus, die die New York Times einmal mit dem berühmten Slogan „all the news that’s fit to print“ bezeichnete, ins Internet abwandern, das schneller sei als jedes andere Medium.29 Demgegenüber werde eine andere Art des Journalismus jedoch „weiter mit dem gedruckten Wort arbeiten, am Kiosk zu kaufen oder per Abo im Briefkasten zu finden sein. Das sind die Geschichten, die nicht in Häppchen und Schnäppchen im Sekundentakt im Netz platziert werden, sondern die recherchiert, korrigiert, gegengelesen , überarbeitet, also weiterhin in einem aufwendigen Prozess entstehen (…) auf eine Weise, die wir im Netz oft vergeblich suchen, und wenn wir sie finden, dann sind es meist Printgeschichten, die ins Netz gestellt wurden.“30 Der Erhalt dieses journalistischen Angebots einer unabhängigen, kritischen und informativen Presse wird inzwischen als fraglich angesehen, wenn diese allein den Mechanismen des freien Marktes überlassen bleibt. Da ihr Weiterbestehen jedoch von Vielen als konstitutives Element einer offenen, demokratischen Gesellschaft angesehen wird,31 gibt es zwischenzeitlich in den meisten westlichen Demokratien Diskussionen darüber, ob und in welcher Weise hier eine öffentliche Förderung angebracht wäre.32 26 WEICHERT/ KRAMP (2009: 68). 27 WEICHERT/ KRAMP (2009: 21) und mit demselben Argument COLL (2009: 4). 28 WEICHERT/ KRAMP (2009: 63). 29 Vgl. MECKEL (2009-I). 30 Vgl. MECKEL (2009-I). Erwähnt werden soll an dieser Stelle auch die Replik des Journalisten und Bloggers Stefan Niggemeier, der konstatiert: „Professionelle Medien haben die besten Voraussetzungen , ihre Leser gut zu informieren. Aber unverzichtbar sind sie nur, wenn sie davon auch Gebrauch machen.“ (NIGGEMEIER, Was würde uns ohne Journalismus fehlen? FAZ 20. MAI 2009). 31 In diesem Sinne HABERMAS (2007), auch MECKEL (2009-II), COLL (2009: 1). 32 Zu den verschiedenen Formen öffentlicher Förderung in diesem Bereich in Europa siehe WEICHERT/ KRAMP (2009: 48ff). Eine Übersicht über alle Maßnahmen öffentlicher Förderung findet sich auf den Seiten 52 / 53. - 9 - 3. Die Politik auf der Suche nach neuen Lösungen In Europa wie in den USA wird die prekäre Situation der Printmedien auch auf der politischen Ebene zunehmend besorgt beobachtet, weil die große Bedeutung einer pluralistischen und unabhängigen Presse für die demokratische Gesellschaft als unbestritten gilt. Bereits im Jahr 2007 hatte der Philosoph Jürgen Habermas angesichts der sich damals bereits abzeichnenden Umbruchsituation in der Zeitungsbranche dafür plädiert, den Erhalt einer pluralistischen und unabhängigen Presse als Staatsziel anzusehen, weil sich keine Demokratie „ein Marktversagen auf diesem Sektor leisten“ könne.33 Dabei ist die Frage einer direkten oder auch indirekten Unterstützung seitens der Politik wegen ihrer möglichen Auswirkung auf die Unabhängigkeit der Presse nicht unumstritten . Wie im 4. Abschnitt dargestellt, gibt es innerhalb der europäischen Länder eine große Bandbreite von direkten oder indirekten Unterstützungsleistungen für die Pressebranche , die zum Teil bereits seit Jahren bestehen. Sie reichen von steuerlichen Vergünstigungen , Subventionen für Logistik, Kommunikation oder Material, vergünstigte Darlehen oder Bürgschaften bis hin zur direkten Subventionierung einzelner Unternehmen .34 Besonders weitreichende staatliche Maßnahmen zur Rettung der Presse verkündete der französische Präsident Sarkozy im Herbst 2008 in Form eines großen Hilfspaktes .35 In Deutschland hat sich die Presse nach dem zweiten Weltkrieg weitestgehend unabhängig von jeglicher staatlicher Förderung entwickelt. Allein der reduzierte Mehrwertsteuersatz stellt eine indirekte Form der Unterstützung dar, womit Deutschland im europäischen Vergleich zu den Ländern mit der geringsten öffentlichen Unterstützung dieses Sektors zählt.36 Allerdings hat die aktuelle Situation die Diskussion über mögliche staatliche Unterstützungsmaßnahmen intensiviert. So wurden im Zusammenhang mit der internationalen Finanzkrise Forderungen nach Rettungspaketen für die Zeitungsbranche ähnlich den für die Banken ergriffenen Maßnahmen laut.37 Debatten bzw. Große Anfragen zu diesem Thema hat es bereits in den Landesparlamenten von Nordrhein- Westfalen38 und Hamburg39 gegeben, wobei eine direkte staatliche Unterstützung für 33 HABERMAS 2007. 34 Mehr dazu siehe den 4. Abschnitt sowie WEICHERT/ KRAMP (2009: 48ff) und „Stütze vom Staat?“ in TAGESSPIEGEL v. 31. Januar 2009. 35 Vgl. WEICHERT/ KRAMP (2009: 57) und „Zu viel der Liebe“, in: DIE ZEIT v. 29. Januar 2009. 36 Eine Ausnahme bilden die Slowakei und Bulgarien, die keinerlei staatliche Unterstützung gewähren. Vgl. WEICHERT/ KRAMP (2009: 52/53). 37 Vgl. WEICHERT/ KRAMP (2009: 60). 38 Debatte des Landtages Nordrhein-Westfalen über einen Entschließungsantrag der SPD-Fraktion zum Thema Situation des Zeitungsmarktes in Nordrhein-Westfalen 2008 am 19. März 2009, im Internet unter: http://tinyurl.com/kqcomj (Stand: 1.09.2009). - 10 - einzelne Zeitungen nicht beschlossen wurde. Die Landesregierung von Nordrhein- Westfalen hat jedoch angekündigt, durch gesetzliche Maßnahmen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Presseverlage vorteilhafter zu gestalten. Auch unterstützt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident die Forderung von Verlegerseite nach einer Lockerung wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen im Medienbereich.40 Auch von Seiten der Bundesregierung wird die Tatsache eines deutlich geringeren Zeitungskonsums vor allem von Jugendlichen und jungen Erwachsenen als gesellschaftlich relevante Problematik angesehen. Vor diesem Hintergrund rief der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien im April 2008 die Nationale Initiative Printmedien – Zeitungen und Zeitschriften in der Demokratie ins Leben.41 Ein darüber hinaus gehendes staatliches Engagement in Form direkter Förderung des Pressesektors sieht die Bundesregierung derzeit nicht vor.42 In den USA, wo das Ausmaß staatlicher Eingriffe traditionell wesentlich geringer ist als in Europa, wird die kritische Situation der Zeitungsbranche zunehmend als Angelegenheit öffentlichen Interesses angesehen. Vertreter dieser Ansicht verweisen unter anderem auf eine Studie der Princeton University, die am Beispiel der Stadt Cincinnati nachgewiesen hat, dass ein Jahr nach Schließung der dortigen Tageszeitung weniger Kandidaten aus den bislang von der Zeitung mit abgedeckten Vororten sich für die Wahl aufstellen ließen, dass Amtsinhaber eine größere Chance der Wiederwahl hatten und dass die generelle Wahlbeteiligung sank.43 Auch wird befürchtet, dass die Konzentration auf das Internet ärmere Bevölkerungsschichten oder Senioren benachteiligen könnte, denen die neuen Technologien aus verschiedenen Gründen nicht zugänglich sind.44 Im U.S. Congress sind derzeit zwei Gesetzentwürfe anhängig, die sich mit der Zukunft der Printmedien und möglicher staatlicher Unterstützung beschäftigen. Zu beiden sind bislang keine Beschlüsse gefasst worden. Neben der Frage möglicher Änderungen wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen, um Fusionen im Pressebereich zu erleichtern,45 geht 39 Debatte der Hamburgischen Bürgerschaft auf Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema Hamburger Pressemarkt – publizistische Vielfalt in der Plenarsitzung am 23. April 2009, im Internet unter: http://tinyurl.com/l2gstr (1.09.2009). 40 Vgl. „Rüttgers will Zeitungsverlegern Fusionen erleichtern“, in: HANDELSBLATT, 23. Juni 2009. 41 Vgl. das Konzept der Initiative, im Internet unter: http://tinyurl.com/lmfdnt (Stand 1.09.2009). 42 Vgl. WEICHERT/ KRAMP (2009: 61). 43 Vgl. KIRCHHOFF (2009: 20). 44 Ebenda. 45 Vgl. Unterausschuss des U.S. Repräsentantenhauses für das Gerichtswesen, Wettbewerbspolitik und das Internet, Öffentliche Anhörung zum Thema „A New Age for Newspapers: Diversity of Voices, Competition and the Internet" am 21. April 2009. Im Internet unter: http://tinyurl.com/dh5mfl (Stand 1.09.2009). - 11 - es andererseits um eine erleichterte Umwandlung von Zeitungsunternehmen in gemeinnützige Unternehmen mit entsprechenden steuerlichen Vorteilen.46 Der Ausgang dieser Debatte bleibt abzuwarten. Eine grundlegende Schwierigkeit für die Entscheidung, ob und welche Maßnahmen zur Unterstützung der Presse zu ergreifen wären, ist die uneindeutige Analyse der Gründe für die gegenwärtige Krise. Entscheidend ist hierbei die Frage, ob die gegenwärtige Lage in erster Linie als Teil des allgemeinen Strukturwandels anzusehen ist. Vertreter dieser Ansicht wenden sich gegen staatliche Maßnahmen, die nach ihrer Ansicht den laufenden Transformationsprozess nur behindern bzw. verlängern würden. Andererseits könnten unterstützende Maßnahmen dann hilfreich sein, wenn die gegenwärtige Krise als vorübergehende Situation anzusehen wäre.47 Allerdings gehen die meisten Beobachter nicht davon aus, dass die Anzeigenerlöse der Printmedien nach Überwindung der derzeitigen Wirtschaftskrise auf das alte – ohnehin bereits niedrige – Niveau zurückkehren werden. Es sei jedoch, argumentiert der amerikanische Journalist und frühere Mitherausgeber der Washington Post, Steve Coll, in einer Anhörung des U.S. Senats am 6. Mai 2009, auch dann von einer Übergangsphase auszugehen, wenn die derzeitigen Probleme nicht allein der Wirtschaftskrise angerechnet werden. Im Hinblick auf die notwendigen Strukturveränderungen und den zweifellos voranschreitenden Prozess zunehmender Internetnutzung stehe die Entwicklung praktikabler Geschäftsmodelle nach wie vor aus. Bis diese entwickelt seien, so stehe zu befürchten, könnten dem Qualitätsjournalismus verbundene Journalisten und Zeitungsunternehmen vom Markt verschwunden sein, wenn die Transformation allein den Marktmechanismen überlassen bleibe. Vor diesem Hintergrund argumentiert Coll für indirekte staatliche Maßnahmen, die die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Zeitungswesen stärken würden. Unter anderem plädiert er für die Verringerung der steuerlichen Belastung privater gemeinnütziger Stiftungen oder spendenbasierter Finanzierung. Auch tritt er für eine Ausweitung der bereits existierenden Zuschüsse an die staatliche Stiftung National Endowment for the Humanities oder für die Corporation for Public Broadcasting, ein.48 Als vorläufiges Fazit dieser noch in Entwicklung befindlichen Diskussion in den USA scheint sich unter den Befürwortern öffentlicher Unterstützung für die Presse die Haltung herauszubilden, dass anstelle der gezielten Förderung einzelner Zeitungsunterneh- 46 Vgl. Ausschuss des U.S. Senats zu Handel, Wissenschaft und Transport zum Thema „Die Zukunft des Journalismus“ am 6. Mai 2009. Im Internet unter http://tinyurl.com/c25jva (Stand 1.09.2009). 47 Vgl. KIRCHHOFF (2009: 2). 48 COLL (2009: 5/6). Die bereits bestehenden öffentlichen Subventionen dieser beiden Einrichtungen sind allerdings wie in der Vergangenheit auch weiterhin politisch umstritten in den USA. Vgl. dazu KIRCHHOFF (2009: 22). - 12 - men eher die journalistische Arbeit in Ausbildung und Praxis durch geeignete Maßnahmen unterstützt werden solle. Dazu zählen auch die Vorschläge zur Förderung von Stiftungs - und non-profit-Modellen journalistischer Projekte.49 Zwar hatten selbst Befürworter dieses Weges wie Jürgen Habermas50 oder der bereits zitierte amerikanische Journalist Steve Coll darauf hingewiesen, dass auch die Einrichtung von Stiftungen mit öffentlicher Beteiligung nicht ohne „Folgeprobleme“ sei, die nicht näher beschrieben wurden. Diese scheinen ihnen jedoch angesichts der aus ihrer Sicht anderenfalls mit der Entwicklung des Zeitungsmarktes verbundenen Risiken akzeptabel zu sein. Vor allem im privaten Bereich, zum Teil jedoch auch öffentlich unterstützt, gibt es in den USA wie auch in Europa bereits eine Vielzahl von Initiativen mit dieser Zielsetzung , über die in Abschnitt 5. ein Überblick gegeben wird. Zunächst sollen die verschiedenen Formen öffentlicher oder privater Presseförderung vorgestellt werden. 4. Arten der Förderung des Pressewesens Das deutsche und ausländische Pressewesen hat bislang unterschiedliche Formen der Unterstützung und Förderung erfahren. Grob sind fünf Bereiche auszumachen, die sich zum Teil überschneiden: a) direkte staatliche Presseförderung Unter direkter staatlicher Presseförderung versteht man staatliche Zuwendungen, die unmittelbar Presseunternehmen zufließen51. Sie können in direkten Subventionen oder sonstigen Zuwendungen, wie Beihilfen oder Darlehen, erfolgen. In Deutschland ist diese Form der Förderung aufgrund der vom Grundgesetz vorgeschriebenen Staatsneutralität der Presse gegenüber problematisch. Andere europäische Länder hingegen fördern zum Teil seit Jahren52 den Pressesektor mit erheblichen Summen53. Entweder erfolgt die Zuwendung direkt durch den Staat oder, wie in Österreich54 oder Schweden55, durch 49 Zur US-amerikanischen Diskussion zum Thema non-profit-Journalism siehe auch AKST (2005) und „Non profit newspapers“, in: THE NEW YORKER, 28. Januar 2009. 50 HABERMAS (2007). 51 PUPPIS (2007: 174). 52 Schweden beispielsweise begann die Subventionierung der Presse bereits in den 1960er und 70er Jahren . WEICHERT/ KRAMP (2009:S. 54). 53 Vgl. Tabelle 1 im Anhang: Direkte Presseförderung in Europa. 54 In Österreich ist die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) seit 2004 durch das Bundespresseförderungsgesetz für die Presseförderung des Bundes zuständig. Sie unterstützt als staatliche Einrichtung neben dem Vertrieb für Tageszeitungen auch die Qualitäts- und Zukunftssicherung der österreichischen Presse. Vgl. WEICHERT/ KRAMP (2009: 51) sowie Erklärung zur Presseförderung auf der Homepage von KommAustria, abrufbar unter: http://tinyurl.com/lgfdzo (Stand: 21.08.09). - 13 - Errichtung einer eigenen Behörde oder sonstigen staatlichen Einrichtung, die die öffentlichen Mittel im Auftrag des Staates vergeben. b) indirekte staatliche Presseförderung Als indirekte staatliche Förderung bezeichnet man alle Maßnahmen des Staates, die mittelbar dem Pressewesen wirtschaftlich zu gute kommen56. In vielen europäischen Ländern sind Steuervergünstigungen etwa in Form der Reduzierung oder Befreiung von der Mehrwertsteuer der gängige Weg der Presseförderung57. Daneben existieren in einigen Ländern weitere Unterstützungsmaßnahmen, wie bspw. eine günstigere Gebühr beim Postversand (Griechenland), geringere Telefongebühren (Italien), verbilligte Anschaffungspreise für Papier (Frankreich und Griechenland) oder eine verbilligte Nachrichtenbeschaffung durch Subventionierung von Nachrichtenagenturen (Frankreich/ Italien/ Finnland). Schließlich unterstützen Deutschland, Griechenland und Luxemburg den Pressesektor durch staatliche Druck- und Anzeigeaufträge; Österreich und Portugal fördern die Aus- und Weiterbildung von Journalisten. Frankreich hat mit einer Teilmaßnahme seines umfangreiche Sanierungskonzeptes zur Rettung des Pressesektors das öffentliche Interesse geweckt: es subventioniert ein Gratisabonnement für 18-jährige, die ein Jahr kostenlos eine Zeitung ihrer Wahl beziehen58. c) Kooperationen zwischen Zeitungsverlagen und öffentlich-rechtlichen Anstalten Einige deutsche Zeitungsverlage befürworten im Bereich der Informationsangebote für das Internet eine Zusammenarbeit mit öffentlich- rechtlichen Anstalten59. Der Hauptkritikpunkt dieses Modells sind mögliche Wettbewerbsverzerrungen60, denn die Zusammenarbeit zwischen gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Anstalten mit privaten Presseunternehmen beinhaltet, dass letztere die Recherche und die journalistischen Beiträge ohne eigene Investitionen nutzen können. Eine solche indirekte, über die Rundfunkgebühr finanzierte Unterstützung der privaten Unternehmen wirft unter anderem die praktische Frage der Auswahl der zu beteiligenden privaten Unternehmen auf, rechtlich stellt sich die generelle Zulässigkeitsfrage derartiger Zusammenarbeiten. d) private Initiativen zur Förderung des Pressewesens 55 Schweden errichtete den schwedischen Presseförderungsrat (swedish press subsidies council) als staatliche Organisation, die sich der Aufrechterhaltung des Pluralismus der Tageszeitungen widmet. Vgl. Homepage der Presseförderungsrates, abrufbar unter: http://tinyurl.com/lp4nr7 (Stand: 21.08.09). 56 PUPPIS (2007: 174). 57 Vgl. Tabelle 2 im Anhang: Direkte und indirekte Presseförderung in 27 EU-Staaten sowie Schweiz, Norwegen und Island. 58 WEICHERT/ KRAMP (2009: 57). 59 So die WAZ Mediengruppe mit dem WDR und das ZDF mit der Süddeutschen Zeitung. Spiegel online v 11. März 2008, abrufbar unter: http://tinyurl.com/nyou85 (Stand: 21.08.09). 60 WEICHERT/ KRAMP (2009: 42). - 14 - Als eine weitere Möglichkeit soll schließlich noch die Unterstützung durch Private in den Blick genommen werden. Diese kann vielseitig ausgestaltet sein, so können Private selbst Stiftungen gründen oder aber in Netzwerken oder sonstigen gemeinnützigen Organisationen Journalismus betreiben, Journalisten unterstützen oder ganz allgemein zusammenarbeiten . In den USA haben sich bereits zahlreiche Vereinigungen gegründet, die vor allem spezielle Formen wie etwa den investigativen Journalismus fördern wollen .61 Einige solcher Initiativen gibt es im europäischen Raum bereits,62 jedoch erreichen sie bislang nicht die amerikanische Dichte.63 e) Stiftungen oder sonstige Einrichtungen Stiftungen in diesem Bereich können, sofern sie staatlich errichtet oder gänzlich durch den Staat finanziert werden, zu den Instrumenten einer staatlichen Presseförderung gehören . Daneben gibt es private Stiftungen, die ihr Stiftungsvermögen durch private Spenden, teilweise öffentliche Mittel oder auf andere Art erhalten. Beide Formen werden im folgenden Kapitel vorgestellt. 5. Stiftungen in der Praxis Die in Deutschland gerade anlaufende Diskussion über die Möglichkeiten und Ansätze einer öffentlichen Presseförderung hat bisher Stiftungsmodelle nur in Ansätzen erwähnt. Noch fehlen Untersuchungen darüber, wie solche Einrichtungen ausgestaltet sein könnten und wie insbesondere der Erhalt der journalistischen Unabhängigkeit auch angesichts einer staatlichen Initiative gewährleistet werden könnte. Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden beispielartig bereits bestehende Stiftungen bzw. Einrichtungen öffentlicher wie auch privater Natur im europäischen Raum vorgestellt werden. 5.1. staatlich errichtete Stiftungen Als Fördermöglichkeit kann der Staat selbst Stiftungen errichten und diese anschließend wahlweise verselbstständigen. Als Beispiel für dieses Modell ist derzeit im europäischen Raum nur das bereits seit 1972 existierende Stiftungsmodell der Niederlande bekannt . 61 So bspw. die Vereinigung ProPublica; die 2008 von Paul E. Steiger , dem früheren geschäftsführenden Redakteur des Wall Street Journals, gegründet wurde. Eine Auswahl weiterer Initiativen und Hintergrundinformationen vgl. WEICHERT/ KRAMP (2009: 71f.). 62 So bspw. in Deutschland die Initiative Nachrichtenaufklärung und die Netzwerk Recherche. Weitere Initiativen vgl. WEICHERT/ KRAMP (2009: 96f.) und die folgenden Ausführungen. 63 WEICHERT/ KRAMP (2009: 70). - 15 - 5.1.1. Der niederländische StimuleringsFondss voor de Pers Das niederländische Pressewesen basiert in seinem Grundmodell auf privaten Presseunternehmen und war zunächst wie in vielen anderen europäischen Staaten frei von staatlicher Einflussnahme. Die Presse wurde mit Beginn der 1950er Jahre unter anderem durch reduzierte Transportgebühren für Zeitungen und eine reduzierte Steuerrate begünstigt , eine explizite Pressepolitik war jedoch nicht vorhanden64. In den 1960er Jahren begann sich der bis dahin pluralistische Zeitungsmarkt zu wandeln: Zeitungsverlage fusionierten zu wenigen Großen, andere große Zeitungen wurden eingestellt oder verloren ihre redaktionelle Unabhängigkeit65. Um der Aushöhlung der Pressefreiheit und der Pressevielfalt zu begegnen, beschloss die niederländische Regierung auf Druck von Verlegern, Journalisten und Herausgebern neben temporären Einzelmaßnahmen66 bereits 1971 die Errichtung eines Pressefonds67, der eine direkte finanzielle Unterstützung für einzelnen finanzschwache Zeitungen zum Gegenstand haben sollte68. Neben den bis dahin gewährten allgemeinen Vergünstigungen, die auf die Unterstützung des gesamten Pressesektors abzielen und auch bis heute weiterhin bestehen69, entschieden sich die Niederlande mit diesem Modell für die direkte staatliche Förderung von einzelnen Zeitungen und Zeitschriften70. Der Pressefonds, niederländisch StimuleringsFonds voor de Pers früher BedrijfsFonds voor de Pers, wurde zunächst 1974 als beratende Institution des Kulturministeriums errichtet. Die finanziellen Entscheidungen in dieser Konstruktion oblagen vorerst dem Kulturminister, er konnte auf Empfehlung des Pressefonds die zu fördernden Antragssteller auswählen. 1988 wurde die Rolle des Pressefonds im Zuge des Erlasses eines neuen Mediengesetzes gestärkt, indem er in ein selbstständiges Gremium umgewandelt wurde. Seitdem ist er eine weitgehend vom Staat unabhängige Einrichtung mit Rechtspersönlichkeit und trifft die finanziellen Förderungsentscheidungen selbst. Sein Hauptzweck ist die Aufrechterhaltung des Pressepluralismus71, welchen er durch Vergabe von Darlehen und der im Ausnahmefall erfolgenden Auszahlung von Subventionen an Zei- 64 BARDOEL/ VAN REENEN (2009: 477). 65 aaO. 66 1967 wurde zunächst ein finanzielles Unterstützungsprogramm für diejenigen Zeitungen eingerichtet, die mit der Einführung des Werbemarktes nicht vertraut waren. 67 Die Bezeichnung press fund wird teilweise mit Pressestiftung aber auch mit Pressefonds übersetzt. 68 Vgl. Informationen des StimuleringsFondss voor de Pers unter: http://tinyurl.com/mza7yh (Stand: 20.08.09). 69 In den Niederlanden wurden die Sondertarife für die Beförderung durch Post und Bahn in den letzten Jahren abgebaut, die reduzierte Mehrwertsteuer beträgt heute 6 %. WENDT (2002: 8 f.). 70 aaO. Entgegen dem deutschen Verständnis sehen die Niederlande die Unterstützung der Presse als staatliche Pflicht an. WENDT (2002: 4). 71 BARDOEL/ VAN REENEN (2009: 478). - 16 - tungen und Zeitschriften mit finanziellen Problemen verwirklicht72. Daneben fördert er heute die Presseforschung und die Zugangseröffnung des (zeitungs-)journalistischen Berufes für Minderheiten73 und setzt somit Impulse für eine Modernisierung der Presselandschaft . Der Pressefonds besteht organisatorisch aus einer Direktion/Rat/Ausschuss und einer Geschäftsstelle. Die derzeit 6 Mitglieder des Ausschusses werden vom Kulturministerium für eine Amtszeit von 5 Jahren ernannt74 und tagen abhängig von der Antragsanzahl mindestens einmal monatlich. Personell dürfen die Mitglieder des Ausschusses weder dem Ministerium noch den privaten Presseunternehmen in ihrer Amtszeit angehören75. Seine finanzielle Ausstattung erfolgt durch den Kulturminister, der die Budgethoheit innehat. Der Fonds erhält jährlich nach Überprüfung seiner Mittel eine Million Euro zur Förderung des Pressewesens, ab 2010 sollen sogar 2,3 Millionen Euro an ihn ausgeschüttet werden76. Sein Ausschuss entscheidet eigenständig und unabhängig über die zu fördernden Projekte, seine Förderentscheidung kann nur im Falle eines Gesetzesverstoßes per Verordnung aufgehoben werden77. Der Fonds wird weitgehend aus Werbeeinnahmen des öffentlichen Rundfunks und des inländischen gewerblichen Rundfunknetzes finanziert78. Nach dem niederländischen Mediengesetz dürfen maximal 4 % der gesamten Werbeeinnahmen an ihn ausgeschüttet werden79. Entsprechend seinem Entstehungshintergrund förderte der Presse-Fonds zunächst ausschließlich einzelne Presseunternehmen, erweiterte seine Förderungsmaßnahmen und - ziele jedoch im Laufe der Jahre. Die Vergabebedingungen für die Förderung einzelner Presseunternehmen sind heute detailliert im Mediengesetz festgehalten, förderungsfähig sind hiernach nur solche Presseunternehmen, die lediglich vorübergehende Zuwendungen für eine Umstrukturierung80 benötigen und deren Rentabilität hierdurch wiederhergestellt wird81. Antragsteller können abgesehen von niederländischen Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Zeitschriften aus den unterschiedlichen politischen und sozialen 72 WEICHERT/ KRAMP (2009: 56). 73 aaO. 74 WEICHERT/ KRAMP (2009: 56) sowie Informationen des StimuleringsFondss voor de Pers Fn. 68. 75 Vgl. Angaben auf der Internetseite von presssupport, abrufbar unter: http://tinyurl.com/nqy7ms Stand: 21.08.09). 76 WEICHERT/ KRAMP (2009: 56). 77 Vgl. Fn 68. 78 Vgl. Informationen des StimuleringsFondss voor de Pers auf seiner Internetseite sowie Verdi Monatszeitschrift Menschen-Machen-Medien (2003/Ausgabe 11), abrufbar unter: http://tinyurl.com/kkv65p (Stand: 20.08.09). 79 aaO. 80 Vgl. Informationen des StimuleringsFondss voor de Pers auf seiner Internetseite (FN 68). 81 BARDOEL/ VAN REENEN (2009: 478). - 17 - Bereichen seit 2009 auch Gratiszeitungen sein82. Mit Beginn der 1980er Jahre ist neben die individuelle Förderung einzelner Presseunternehmen die Förderung von Forschungsprojekten für die Presseindustrie im Allgemeinen oder für gemeinsame Projekte von Zeitungen und Zeitschriften getreten, die die beteiligten Unternehmen unterstützen wollen. Während der Abruf dieser Mittel anfangs gering war, gibt es heute eine Vielzahl von Anträgen mit Forschungsthemen wie der Wirkung und Funktion von Tageszeitungen , der Verbesserung ihrer Einnahmestruktur und der Verbesserung ihres Vertriebssystems . Auf Anraten des Presse-Fonds wurden 2002 seine Fördergrundsätze abermals erweitert und zwei neue experimentelle Unterstützungsmaßnahmen, die Förderung von Zeitungen und Zeitschriften von Minderheiten und die Unterstützung von innovativen Projekten über Internetinformationsprodukte, eingerichtet83. Die Förderung von Zeitungen und Zeitschriften von Minderheiten soll insbesondere solche Zeitungen /Zeitschriften unterstützen, die weniger als einmal monatlich erscheinen. Beide Förderungsarten werden in den letzten Jahren stärker frequentiert. Insgesamt beliefen sich die Förderungen des Pressefonds bis zum Jahre 2005 auf etwa 70 Mio. Euro84, wobei die Kompensation für den Verlust von Werbeeinnahmen den Hauptanteil darstellt85. Eine weitere Fördermaßnahme in der Geschichte des Pressefonds war die 1981 eingerichtet , zusätzliche Förderung von verlustreichen Zeitungen. Die Förderung war für Tageszeitungen mit einer relativ ungesicherten Wettbewerbsposition auf dem Zeitungsmarkt vorgesehen, die sowohl einen beschränkten Umlauf als auch ein geographisch weit verzweigtes Verteilungssystem aufwiesen. Nach 6 Jahren wurde diese Fördermaßnahme auf Anraten des Pressefonds durch die Regierung eingestellt. Die Maßnahme wurde zwar als geeignet bewertet, den Pluralismus in der Zeitungslandschaft aufrechtzuerhalten , der Markt und die Politik hatten sich jedoch geändert: Trotz der Unterstützung durch den Fonds verschwanden einige verlustreiche Zeitungen aus dem niederländischen Markt, andere schlossen sich zusammen, um ihr Überleben zu sichern, so dass der Förderungsadressat fehlte. Schließlich sah der Fonds diese Förderungsart nicht mehr als geeignetes Mittel für eine Innovation des Pressemarktes an. 5.2. private Stiftungen/ Einrichtungen Neben der Errichtung von Stiftungen durch den Staat können sich Private an der Förderung des Pressewesens unter anderem dadurch beteiligen, dass sie nach dem jeweiligen inländischen Recht eine Stiftung oder eine sonstige Fördereinrichtung errichten. Diese 82 WEICHERT/ KRAMP (2009: 56). 83 Vgl. Fn 68. 84 WEICHERT/ KRAMP (2009: 56). 85 BARDOEL/ VAN REENEN (2009: 478). - 18 - können sich zur Aufgabe gemacht haben, den Pressesektor im Allgemeinen zu fördern oder sie können sich auf einen Bereich spezialisieren. Wie in den USA wird hierbei der kostenintensive investigative Journalismus in den letzten Jahren zunehmend ins Blickfeld genommen. Im Folgenden sollen entsprechende Einrichtungen in Deutschland, den Mitgliedstaaten der europäischen Union und europäische Initiativen beispielhaft vorgestellt werden: 5.2.1. inländische Stiftungen/Einrichtungen In Deutschland sei für die Errichtung von Stiftungen durch Private exemplarisch86 die Rudolf Augstein Stiftung vorgestellt87. Sie wurde 200588, 3 Jahre nach dem Tod von Rudolf Augstein, gegründet. Als Stiftung im Sinne des deutschen Rechts verfügt sie über ein Stiftungsvermögen, als Organisationsformen über einen Vorstand und ein Kuratorium sowie über eine Satzung. Nach eigenen Angaben ist die Rudolf Augstein Stiftung eine mittelgroße Stiftung in der deutschen Stiftungslandschaft, ihr Stiftungsvermögen beträgt nach Angaben des Wochenmagazins Focus weit über 20 Millionen Euro89. Mit ihrer Gründung wollte Rudolf Augstein etwas „Sinnvolles“ tun, das Stiftungsvermögen entstand offenbar durch die Einnahmen aus dem Wochenmagazin Der Spiegel. Die Stiftung fördert neben dem Journalismus die Kunst und bietet Hilfe für in Not oder Krankheit geratene Menschen, insbesondere Kindern. Die Unterstützung des Journalismus besteht unter anderem in der Förderung des journalistischen Nachwuchses durch Förderung von Lehreinrichtungen, sowie in der Vergabe von Stipendien und Reisestipendien an Journalisten. Darüber hinaus werden Veröffentlichungen, die der Meinungsvielfaltdienen , gefördert. Institutionell wollte Rudolf Augstein die Stiftung mit seiner Familie verknüpfen,90 daher setzt sich der ehrenamtliche Vorstand aus drei Familienmitgliedern zusammen. Das 7-köpfige Kuratorium besteht aus zwei Familienmitgliedern sowie fünf weiteren Persönlichkeiten. Als weiteres Förderungsmodell sei die FAZIT-Stiftung erwähnt. Sie ist trotz ihres Namens keine Stiftung nach deutschem Recht, sondern eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)91, und wurde 1959 errichtet, um die Unabhängigkeit der Zeitung institutionell zu sichern. Das damalige Konstrukt, wonach die Allgemeine Verlagsgesellschaft mbH die Mehrheitsgesellschafterin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) war, wurde wegen der Erfahrungen aus der Weimarer Zeit (Einfluss- 86 Weitere Förderungseinrichtungen sind unter: www.stiftungsindex.de; www.kulturfoerderung.org oder www.ccp-deutschland.de zu finden. 87 Vgl. dazu: www.rudolf-augstein-stiftung.de. 88 Vgl. die entsprechende Meldung der Wochenzeitschrift Focus, abrufbar unter: http://tinyurl.com/mh244a (Stand: 03.09.09). 89 aaO. 90 Vgl. http://tinyurl.com/m9zdwd (Stand: 28.08.09). 91 Vgl. dazu http://tinyurl.com/nphjz5 (Stand: 28.08.09). - 19 - nahme auf den Inhalt einer Zeitung durch Erwerb von Mehrheitsanteilen), als nicht ausreichend empfunden, um derartigen Entwicklungen entgegenzuwirken. Heute stellt die FAZIT-Stiftung einen Zusammenschluss aus FAZIT-Stiftung und Imprimatur-Stiftung92 dar und verfügt über sechs Gesellschafter, die Kuratoren und zwei Geschäftsführer. Ihr Ziel ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, welches sie unter anderem durch die Vergabe von Stipendien für Promotionen und Habilitationen , der allgemeinen Unterstützung des Nachwuchses in Journalistenschulen, der Zuwendung an Hochschulen (sowie Fachhochschulen oder Instituten des Max-Planck- Institutes) und der Stiftung von Preisen für journalistische Bestleistungen umsetzt. Die Einnahmen der Stiftungen resultieren aus den Erträgen der Beteiligung an der FAZ und der Societäts-Druckerei. Die Umwandlung des Zeitungswesens und deren Folgen für die Gesellschaft nehmen (wohl am stärksten) die Journalisten selbst wahr. Entsprechend der amerikanischen Entwicklung finden sich daher auch in Deutschland Zusammenschlüsse von Journalisten , die insbesondere den investigativen Journalismus fördern wollen. Ein derartiger Zusammenschluss ist der Verein Netzwerk Recherche93 e.V., der 2001 von 40 Journalisten und Journalistinnen, unter ihnen Hans Leyendecker (Süddeutsche Zeitung), Georg Mascolo (Der Spiegel), Kuno Haberbusch (NDR), der freie TV-Journalist Christoph Maria Fröhder und Dr. Thomas Leif (SWR), gegründet wurde und gemeinnützig ist. Das Hauptziel des Vereins ist die Stärkung der Recherche im Journalismus. Hierzu vergibt er unter anderem Recherchestipendien, organisiert Tagungen zum Thema Recherche , veröffentlicht Publikationen, mit eben diesem Inhalt, führt weitere Projekte zum Thema durch und vergibt Preise für herausragende Veröffentlichungen. Um Mitglied des Vereins zu werden, muss der Nachweis erbracht werden, dass man intensiv recherchiert und die Recherchekultur in Deutschland aktiv fördert. Zurzeit gehören dem Verein 230 Journalistinnen und Journalisten an. Er finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden94. 5.2.2. ausländische Stiftungen/Einrichtungen Auch in anderen europäischen Ländern existieren Initiativen von Privaten, die den Journalismus direkt oder indirekt, ideell oder finanziell unterstützen. So existieren Verbände von Journalisten im jeweiligen Land, Institute für Journalismus und weitere Organisati- 92 Die Imprimatur-Stiftung besitzt die Mehrheitsanteile an der Frankfurter Societäts- Druckerei GmbH. 93 Im Internet unter: www.netzwerkrecherche.de (Stand: 28.08.09). Die Initiative ist zwar ebenfalls keine Stiftung im Sinne des deutschen Rechts, sondern ein eingetragener Verein, gleichwohl stellt er eine hier relevante aufzuzeigende Entwicklung dar. 94 Vgl. die Informationsbroschüre des Vereins, abrufbar unter: http://tinyurl.com/myr2rs (Stand: 27.08.09). - 20 - onen, die sich dem Journalismus und seiner Förderung verschrieben haben95. Die Errichtung einer Stiftung oder einer anderen selbstständigen Einrichtung ist hierbei nur ein Weg den Journalismus zu fördern. Für ein solches Vorhaben ist das jeweilige Recht des Landes zur Errichtung derartiger Einrichtungen relevant96, so dass die Frage nach einem Stiftungsmodell die Frage nach dem Stiftungsrecht des jeweiligen Landes mit impliziert . Einen allgemeinen Überblick über das Stiftungsrecht und Stiftungen in der Europäischen Union, ohne speziell auf den Medienbereich einzugehen, gibt das European Foundation Centre97 oder das Network of European Foundation98. Ohne hierauf im Rahmen der vorliegenden Untersuchung näher eingehen zu können, kann festgestellt werden, dass die Stiftungslandschaft im kulturellen Bereich in Europa stark variiert. Einige Stiftungen entwickeln ausschließlich ihre eigenen Programme, andere fördern einzelnen Personen, Projekte oder Organisationen99, wieder andere fördern als kulturelle Stiftung in Teilbereichen den Journalismus100. Im Folgenden werden daher einige den investigativen Journalismus fördernde Stiftungen vorgestellt, von denen einige bereits länger bestehen:101 Im flämischen Teil Belgien existiert der Pascal Decross Fonds102, Fonds Pascal Decross voor bijzondere journalistiek, der 1998 nach dem Tod von Pascal Decross zur Förderung des investigativen Journalismus in der flämischen Presse gegründet wurde. Er ist eine gemeinnützige Einrichtung und soll die Erinnerung an Pascal Decross und dessen Lebenswerk aufrechterhalten. Seine Ziele sind unter anderem die finanzielle Förderung des investigativen Journalismus sowie die Eröffnung von Möglichkeiten für junge Journalisten zu eröffnen, ihre journalistischen Fähigkeiten zu entwickeln103. Nach Angaben des Fonds wird investigativer Journalismus selten in Flandern praktiziert, Hauptursache soll hierfür die fehlende Finanzierung solcher Projekte sein. In diese Lücke will der Fonds eingreifen, indem er Stipendien an Journalisten für Rechercheprojekte vergibt, 95 So bietet beispielsweise der Pascal Decross Fonds auf seinen Internetseiten eine Linksammlung zu zahlreichen allgemeinen Presseorganisationen, Organisationen für eine freie Presse oder Organisationen über den investigativen Journalismus der einzelnen Mitgliedsstaaten. Abruf der Sammlung unter : http://tinyurl.com/kkjqwm (Stand: 28.08.09). 96 Einen Überblick zum Stiftungsrecht in Europa geben HOPT/ REUTER (2001) und SCHLÜTER (2001). 97 Im Internet unter: www.efc.be. Die Länderübersichten zum Stiftungsrecht finden sich unter: http://tinyurl.com/mdu5s9 (Stand: 28.08.09). 98 Im Internet unter: http://www.efc.be/ (Stand: 28.08.09). 99 Vgl. nur die Übersicht zu den Stiftungen in diesem Bereich auf der Homepage von labforculture, einer Internetplattform für Kultur und Kunst. Im Internet: http://tinyurl.com/l75ouk (Stand: 28.08.09). 100 Als Beispiel seien hier die Schweizerische Organisation Global Subsidies und die englische Organisation globalwitness mit ihrer Stiftung in den USA genannt. Beide Organisationen verfolgen als Hauptzweck nicht die Unterstützung des Journalismus, gewähren jedoch für ihr jeweiliges Themengebiet Recherchestipendien für Journalisten. Vgl. die Informationen beider Organisationen im Internet unter: http://tinyurl.com/mxpqld sowie http://tinyurl.com/ndj4qm (jeweiliger Stand: 28.08.09). 101 Weitere Einrichtungen/ Stiftungen sind unter den Seiten 69 f. bei WEICHERT/ KRAMP (2009) zu finden. 102 Im Internet unter: http://tinyurl.com/n7rw2g (Stand: 28.08.09). 103 aaO. - 21 - die sich nicht nur auf den Zeitungs- oder Zeitschriftenbereich erstrecken, sondern auch Radio- oder Fernsehdokumentationen umfassen können. Die flämische Regierung unterstützt die Förderung von besonderen Rechercheprojekten durch den Fonds104. Darüber hinaus hat er 250 Mitglieder (Journalisten und Sympathisanten), die die sonstigen Aktivitäten des Fonds tragen105. In der wallonischen Region Belgiens entschied sich die Regierung ebenfalls zur Unterstützung des investigativen Journalismus. Am 27.05. 2009 stellte sie der Vereinigung der professionellen Journalisten, l‘Association des Journalistes Professionnels, 250.000 € für die erste Umsetzung eines Förderprogrammes für den investigativen Journalismus zur Verfügung106. Die Vereinigung wird dieses Geld verwenden, um eine Stiftung ähnlich dem Pascal Decross Fonds und dem niederländischen Fund for Special Journalism zu errichten, welche die Fördermittel vergeben soll107. Die Konstruktion dieser Stiftung bleibt abzuwarten. In den Niederlanden existiert seit 1990 der Fund for Special Journalism, Fonds voor Bijzondere Journalistieke108, der neben der Förderung des investigativen Journalismus andere Bereiche des Pressewesens unterstützt. Informationen über die Tätigkeit und die Geschichte dieser Stiftung/Fonds sind leider nicht in deutscher oder englischer Sprache zugänglich. In Großbritannien wird der investigative Journalismus auch in einigen privaten Projekten gefördert wie dem Centre for Investigative Journalism oder der Website „Help me investigate“109, die Interessierten als Plattform für interessante Recherchethemen dienen soll. Kürzlich wurde zudem eine Stiftung, der Investigative Fund110, von englischen Reportern errichtet, die sowohl den investigativen Journalismus fördern als auch neue Konzepte zur Finanzierung desselben entwickeln will. Die genauen Umrisse der Stiftung und ihrer Organisation stehen derzeit noch nicht fest, einige Grundsätze jedoch sind bereits dargelegt: der Fonds wird sich für die redaktionelle Unabhängigkeit einsetzen und die Auswahl der Recherchethemen wird ohne Einflussnahme derjenigen erfolgen , die das Projekt anschließend fördern. Ferner wird die Stiftung nicht primär als Herausgeber oder Verlag fungieren. 104 Weichert/ Kramp (2009: 102). 105 Weichert/ Kramp (2009: 102). 106 Vgl. Presseerklärung der Association des Journalistes Professionnels vom 27.05.09, abrufbar unter: http://tinyurl.com/mb2yvm (Stand: 27.08.09). 107 aaO. 108 Im Internet unter: http://tinyurl.com/kmdu3j (Stand: 28.08.09). 109 www.helpmeinvestigate.com (Stand: 28.08.09). 110 Im Internet unter: http://www.investigationsfund.org/ (Stand: 28.08.09). - 22 - 5.2.3. grenzüberschreitende Einrichtungen Mit der wachsenden Verflechtung auf europäischer Ebene nehmen auch Initiativen in diesem Raum zu. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Bereich des Journalismus wieder. So existiert beispielsweise die Association of European Journalists111, das European Institute for Media112, das European Journalism Center113, das European Neighbourhood Journalism Network114 und das European Journalism Observatory115. Neben den in der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung vorgestellten European Journalism Center, einem unabhängigen Institut, und dem European Journalism Observatory, einem 2004 von der Università della Svizzera italiana gegründetem unabhängigen, gemeinnützigem Zentrum existiert seit kurzer Zeit der European Fund for Investigative Journalism (EFIJ): Der EFIJ ist ein Projekt des belgischen Pascal Decross Fonds und wurde im Herbst 2008 errichtet. Er ist noch keine eigenständige Stiftung, seine Unabhängigkeit ist jedoch nach Angaben der EFIJ geplant. Sein Ziel ist es, den Qualitätsjournalismus auf europäischer Ebene zu fördern, indem er unter anderem grenzüberschreitende Recherchen finanziell ermöglicht. Es werden Zuschüsse für Reisen, Übersetzungen und allgemein für die grenzüberschreitende Recherche gewährt. Seine Entstehung führt das EFIJ einerseits auf den Umstand zurück, dass heute zwar Politik, Wirtschaft und Handel grenzüberschreitend agieren, der Journalismus jedoch nur selten seine eigene Landesgrenze überschreitet116. Andererseits habe sich gezeigt, dass gerade die Zusammenarbeit mit ausländischen Journalisten auch die Qualität des Journalismus erhöht. Daher will der EFIJ Journalisten unterstützen, die gute Ideen für eine grenzüberschreitende Recherche haben. Der derzeitige institutionelle Aufbau des EFIJ besteht aus einem Direktor, einem Verwaltungsrat bestehend aus Personen von anderen Rechercheeinrichtungen sowie aus ausgewählten Einzelpersonen einer 4-köpfigen Jury sowie einer Gruppe von Beratern. Abhängig von seiner weiteren Entwicklung zu einer selbstständigen Einrichtung kann sich dieser Aufbau ändern. 111 Im Internet unter: http://www.aej.org/ (Stand: 28.08.09). 112 Im Internet unter: http://www.eim.org/ Seite im Aufbau (Stand: 28.08.09). 113 Im Internet unter: http://www.ejc.net/ (Stand: 28.08.09). 114 Im Internet unter: http://www.journalismnetwork.eu (Stand: 28.08.09). 115 Im Internet unter: http://www.ejo.ch/ (Stand: 28.08.09). 116 Die Ursachen hierfür sieht der EFIJ zum einen im verengten Fokus der Journalisten auf ihre Zielgruppen , zum anderen in den Kürzungen im Medienbereich sowie im Verhalten der Herausgeber. - 23 - Die Anschubfinanzierung wurde durch eine Zusammenarbeit mit dem Network of European Foundations erreicht. Die norwegische Fritt Ord Stiftung stiftete 50.000,-€ für den Aufbau der notwendigen Struktur und für die Beschaffung weiterer Fördermittel. - 24 - 6. Literaturverzeichnis AKST, Daniel (2005). 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Abrufbar unter: http://library.fes.de/pdffiles /stabsabteilung/06156.pdf (Stand: 28.08.09).