© 2021 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 071/20 Erweiterte Impressumspflicht für Mitglieder des Deutschen Bundestages im Spannungsverhältnis zur parlamentarischen Immunität Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 2 Erweiterte Impressumspflicht für Mitglieder des Deutschen Bundestages im Spannungsverhältnis zur parlamentarischen Immunität Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 071/20 Abschluss der Arbeit: 9. Februar 2021 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Impressumspflicht bei Internetseiten von Abgeordneten 4 2.1. Gesetzliche Grundlagen 4 2.2. Allgemeine Impressumspflicht (§ 18 Abs. 1 MStV) 5 2.3. Besondere Impressumspflicht bei journalistisch-redaktionellen Inhalten (§ 18 Abs. 2 MStV) 6 3. Ergebnis 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 4 1. Vorbemerkung Internetseiten wie auch andere Publikationsformen müssen grundsätzlich über ein Impressum verfügen. Die Nennung eines Verantwortlichen dient dem Verbraucherschutz und soll ein Mindestmaß an Transparenz und Information über die Inhaber der Homepage gewährleisten.1 Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass trotz der räumlichen Trennung und der Flüchtigkeit des Mediums dennoch Anhaltspunkte über die Identität des Anbieters sichergestellt werden.2 Grundsätzlich müssen gem. § 18 Abs. 1 Medienstaatsvertrag3 (MStV) Betreiber von Internetseiten, die nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen, ihren Namen und ihre Anschrift sowie bei juristischen Personen auch Name und Anschrift des Vertretungsberechtigten leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar halten. Sofern auf der Internetseite journalistisch-redaktionelle Inhalte angeboten werden, ist die Impressumspflicht gem. § 18 Abs. 2 MStV umfassender: Die Betreiber müssen darüber hinaus einen Verantwortlichen benennen. Dies kann nur eine natürliche Person sein, die unter anderem unbeschränkt strafrechtlich verfolgbar ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob bei Internetseiten von Mitgliedern des Deutschen Bundestages diese selbst als Verantwortliche genannt werden können bzw. müssen und welche Besonderheiten mit Blick auf deren Immunität aus Art. 46 GG gelten. Vorab werden zur Klärung der Frage derzeit geltende Rechtsgrundlagen erläutert , woran die darauf folgende Darstellung der allgemeinen sowie besonderen Impressumspflichten anknüpft. 2. Impressumspflicht bei Internetseiten von Abgeordneten 2.1. Gesetzliche Grundlagen Bis zum 6. November 2020 war die Impressumspflicht bei Telemedien in § 55 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) normiert.4 Abgelöst wurde der RStV durch den seit 7. November 2020 in 1 BT-Drs. 13/7385, S. 21. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/13/073/1307385.pdf, [zuletzt wie alle URL dieser Arbeit abgerufen am: 9. Februar 2021]. 2 Ebd. 3 Medienstaatsvertrag (MStV) vom 23. April 2020 (GVBl. S. 450, 451, BayRS 02-33-S). Abrufbar unter: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/MStV/true?AspxAutoDetectCookieSupport=1. 4 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001 (GVBl. S. 502 f., BayRS 02- 16-S), der zuletzt durch Art. 1 des Vertrages vom 17. November 2017 (GVBl. 2018 S. 210, 2020 S. 203) geändert worden ist und mit Ablauf des 6. November 2020 durch Art. 2 Nr. 1 Medienordnung-Modernisierungsstaatsvertrag vom 14. April 2020 aufgehoben worden ist. Abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2251&bes_id=12784&aufgehoben =N&menu=1&sg=0. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 5 Kraft getretenen Medienstaatsvertrag (MStV), der von den 16 Parlamenten der Länder verabschiedet wurde. Der MStV wird als Weiterentwicklung des RStV verstanden.5 Der Gesetzgeber reagiert mit der Reform auf grundlegende Veränderungen in der Medienlandschaft,6 denn trotz zahlreicher Gesetzesänderungen enthielt der RStV bislang nur fragmentierte Regelungen in Bezug auf Online-Medien.7 Gleichwohl erstreckte sich der inzwischen außer Kraft getretenen RStV neben dem Bereich des Rundfunks bereits auch auf solche des Internets.8 In dem neuen MStV finden sich nunmehr auch Regelungen in Bezug auf Medienplattformen (z. B. Kabelnetze), Benutzeroberflächen (z. B. Apps in Smart-TVs) und Video-Sharing-Dienste (z. B. YouTube).9 Die Impressumspflicht war bislang in § 55 RStV normiert und ist seit der Reform Gegenstand des § 18 MStV geworden. Während die amtliche Überschrift des § 55 RStV die Impressumspflicht mit „Informationspflichten und Informationsrechten“ umschrieb, ist bei dem neugefassten § 18 MStV von „Informationspflichten und Auskunftsrechten“ die Rede. Inhaltlich wurde die alte Vorschrift mit Ausnahme weniger sprachlicher Anpassungen nahezu vollständig übernommen.10 2.2. Allgemeine Impressumspflicht (§ 18 Abs. 1 MStV) In § 18 Abs. 1 MStV ist zunächst die allgemeine Impressumspflicht für alle Anbieter von Telemedien normiert. Demnach haben Anbieter von Telemedien Name und Anschrift (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 MStV) sowie bei juristischen Personen auch Name und Anschrift des Vertretungsberechtigten (Nr. 2) anzugeben. Die Begriffe des Anbieters und der Telemedien sind deckungsgleich mit 5 Paschke Marian, in: Paschke, Marian/Berlit, Wofgang/Meyer, Claus/Kröner, Lars (Hrsg.), Hamburger Kommentar , Gesamtes Medienrecht, 4. Auflage 2021, S. 271 Rn. 1. 6 Protokollerklärung aller Länder zum Staatsvertrag, Niedersächsischer Landtag, Drs. 18/6414, S. 80. Abrufbar unter: https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_18_07500/06001-06500/18-06414.pdf. 7 Paschke Marian, in: Paschke, Marian/Berlit, Wofgang/Meyer, Claus/Kröner, Lars (Hrsg.), Hamburger Kommentar , Gesamtes Medienrecht, 4. Auflage 2021, S. 272 Rn. 5. 8 Paschke Marian, in: Paschke, Marian/Berlit, Wofgang/Meyer, Claus/Kröner, Lars (Hrsg.), Hamburger Kommentar , Gesamtes Medienrecht, 4. Auflage 2021, S. 272 Rn. 5. 9 Paschke Marian, in: Paschke, Marian/Berlit, Wofgang/Meyer, Claus/Kröner, Lars (Hrsg.), Hamburger Kommentar , Gesamtes Medienrecht, 4. Auflage 2021, S. 272 Rn. 5. 10 In der Neufassung wurde die Vorschrift um einen Satz 4 in Absatz 2 sowie einen dritten Absatz erweitert. § 18 Abs. 2 S. 4 MStV enthält damit erstmals ein Anforderungsprivileg für die elektronische Jugendpresse, wonach Verantwortliche für onlinejournalistische Angeboten, die sich an Jugendliche richten, nicht volljährig sein müssen (Lent, Wolfgang in: Gersdorf, Hubertus/Paal, Boris, BeckOK Informations- und Medienrecht, 30. Edition, Stand: 1. November 2020, MStV § 18 Rn. 11 ff.). Der neu eingeführte Absatz 3 regelt die Kennzeichnungpflichten für Social Bots – also autonom agierende Programme, die in der Lage sind, menschliche Kommunikationsmuster zu imitieren (Brockhaus Enzyklopädie Online, Social Bot. Abrufbar unter: https://brockhaus.de/ecs/permalink /7FA922F7E501E0BD1C2EFE045F6D3DA0.pdf) – in sozialen Netzwerken. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 6 denen im TMG11.12 Nach der Legaldefinition des § 2 S. 1 Nr. 1 TMG ist ein Anbieter u. a. jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Unter Telemedien werden nach § 1 Abs. 1 S. 1 TMG grundsätzlich alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste verstanden, so auch Internetseiten . Vor diesem Hintergrund unterliegen Mitglieder des Deutschen Bundestages, die eine eigene Internetpräsenz pflegen, der allgemeinen Impressumspflicht. Etwas anderes gilt nach dem Wortlaut der Vorschrift indes, wenn die Internetseite ausschließlich persönlichen respektive privaten13 oder familiären Zwecken dient. Die Ausnahmeregelung dürfte bei Abgeordneten jedoch nicht greifen . Derartige Internetseiten dienen regelmäßig dazu, die Öffentlichkeit über die Person des Abgeordneten in seiner Funktion als Mandatsträger zu informieren und beispielsweise den Werdegang sowie politische Ziele vorzustellen oder über Aktivitäten aller Art zu berichten. 2.3. Besondere Impressumspflicht bei journalistisch-redaktionellen Inhalten (§ 18 Abs. 2 MStV) Neben der allgemeinen Impressumspflicht ist in § 18 Abs. 2 MStV die besonderen Impressumspflicht , die auch als erweiterte Informations- bzw. Kennzeichnungspflicht bezeichnet wird14, geregelt . Adressaten der Vorschrift sind Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, in denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text oder Bild wiedergegeben werden, § 18 Abs. 2 S. 1 MStV. Ist dies der Fall, so muss neben den Angaben nach §§ 5, 6 TMG ein Verantwortlicher mit Angabe des Namens und der Anschrift benannt werden. Anders als in § 18 Abs. 1 MStV ist die Nennung einer juristischen Person als Verantwortlichen nicht möglich, da diese nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.15 11 Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179; 2007 I S. 251), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. November 2020 (BGBl. I S. 2456) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/tmg/BJNR017910007.html. 12 Lent, Wolfgang in: Gersdorf, Hubertus/Paal, Boris, BeckOK Informations- und Medienrecht, 30. Edition, Stand: 1.11.2020, MStV § 18 Rn. 4. 13 Lent, Wolfgang in: Gersdorf, Hubertus/Paal, Boris, BeckOK Informations- und Medienrecht, 30. Edition, Stand: 1.11.2020, MStV § 18 Rn. 5. 14 Lent, Wolfgang in: Gersdorf, Hubertus/Paal, Boris, BeckOK Informations- und Medienrecht, 30. Edition, Stand: 1.11.2020, MStV § 18 Rn. 8. 15 Etwa Joecks, Wolfgang/Scheinfeld, Jörg in: Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus, Münchener Kommentar zum StGB, Band 1, 4. Auflage 2020, StGB vor § 25 Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 7 Wann ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot vorliegt, wird vom Gesetzgeber nicht definiert. Die Literatur und Rechtsprechung beurteilen dies uneinheitlich. Teilweise wird angenommen , dass die Begriffe im Sinne des allgemeinen Landespresserechts auszulegen seien.16 Dafür spricht zwar, dass es dort ebenfalls Impressumspflichten gibt.17 Hinzu kommt, dass in der amtlichen Begründung des § 19 MStV, der die allgemeinen Sorgfaltspflichten von Telemedien regelt und dabei auch auf den Begriff des journalistisch-redaktionell gestalteten Angebot abstellt, von „Online-Presse“ die Rede ist.18 Gleichwohl kann dies nicht ausreichen, da sich schon in den einzelnen Landespressegesetzen verschieden Begrifflichkeiten finden.19 Nach der Rechtsprechung sind kennzeichnende Merkmale für journalistisch-redaktioneller Angebote : eine gewisse Selektivität und Strukturierung, das Treffen einer Auswahl nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz mit dem Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen, die Ausrichtung an Tatsachen (sog. Faktizität), ein hohes Maß an Aktualität, nicht notwendig Periodizität, ein hoher Grad an Professionalisierung der Arbeitsweise und ein gewisser Grad an organisierter Verfestigung, der eine gewisse Kontinuität gewährleistet .20 Ein Abgeordneter informiert auf seiner Internetpräsenz nicht nur über seine Person, sondern gibt beispielsweise auch eigene Stellungnahmen zu ausgewählten Themen ab oder bezieht sich auf aktuelles politisches Tagesgeschehen. Dann sind die Merkmale der Selektivität, Strukturierung, Aktualität sowie Faktizität erfüllt. Gleiches gilt aber auch hinsichtlich des der hochgradigen Professionalisierung , wenngleich die Internetpräsenzen von Abgeordnete regelmäßig nicht von klassisch ausgebildeten Journalisten unterhalten werden. Dass auch andere Berufsgruppen journalistisch -redaktionelle Angebote erstellen können, zeigt sich schon daran, dass etwa auch Weblogs und Twitter-Accounts als solche verstanden werden können, sofern die übrigen Kriterien erfüllt 16 Gounalakis, Georgios, Der Mediendienste-Staatsvertrag der Länder, NJW 1997, 2993 (2996). 17 Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 54 Rn. 42 mit weiteren Beispielen. 18 Protokollerklärung aller Länder zum Staatsvertrag, Niedersächsischer Landtag, Drs. 18/6414, S. 98. Abrufbar unter: https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_18_07500/06001-06500/18-06414.pdf. 19 Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 54 Rn. 42. 20 So etwa: OLG Bremen, Urteil vom 14. Januar 2011 – 2 U 115/10 – juris unter Verweis auf Binder/Vesting/Held, § 54 RStV Rn. 49 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. August 2014 – OVG 11 S 15/14 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. März 2014 – 1 S 169/14 –, juris; OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 8. März 2013 – 2 M 2/13 –, juris. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 8 werden.21 Damit ist es grundsätzlich möglich, dass Internetseiten von Abgeordneten in den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 2 S. 1 MStV fallen.22 Ist dies der Fall, so müssen die erweiterten Informations- bzw. Kennzeichnungspflichten aus § 18 Abs. 2 MStV erfüllt werden. Gem. § 18 Abs. 2 S. 3 MStV darf als Verantwortlicher nur benannt werden, wer 1. seinen ständigen Aufenthalt im Inland hat, 2. die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, nicht durch Richterspruch verloren hat, 3. unbeschränkt geschäftsfähig ist und 4. unbeschränkt strafrechtlich verfolgt werden kann. Bei Mitgliedern des Deutschen Bundestages das Erfordernis unbeschränkten strafrechtlichen Verfolgbarkeit aus § 18 Abs. 2 S. 3 Nr. 4 MStV problematisch. Abgeordnete des Deutschen Bundestages sind mit der parlamentarischen Immunität aus Art. 46 Abs. 2 GG ausgestattet. Demnach darf ein Abgeordneter wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung grundsätzlich nur mit Genehmigung des Deutschen Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Etwas anderes gilt, wenn er bei der Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird. Vor diesem Hintergrund können Mitglieder des Deutschen Bundestages zumindest nicht unbeschränkt strafrechtlich verfolgt werden, da die Möglichkeit der Strafverfolgung von der Genehmigung des Deutschen Bundestages abhängig ist. Demnach dürften Mandatsträger – sofern ihre Internetseite ein journalistisch-redaktionelles Angebot beinhaltet – nicht als Verantwortliche im Sinne des § 18 Abs. 2 MStV benannt werden.23 Nach einer anderen Ansicht ist die erweiterte Impressumspflicht im Zusammenhang mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages restriktiv auszulegen.24 Begründet wird dies damit, dass das Erfordernis der unbeschränkten strafrechtlichen Verfolgbarkeit nicht den öffentlichen Kontakt 21 Lent, Wolfgang: Elektronische Presse zwischen E-Zines, Blogs und Wikis, ZUM 2013, 914 (919); Lent, Wolfgang in: Gersdorf, Hubertus/Paal, Boris, BeckOK Informations- und Medienrecht, 30. Edition, Stand: 1.11.2020, MStV § 17 Rn. 18 f.; Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 54 Rn. 58a; Hoeren, Thomas, Das Telemediengesetz, NJW 2007, 801 (803). 22 So auch zur erweiterten Impressumspflicht nach § 55 Abs. 2 RStV: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung, Der notwendige Inhalt des Impressums einer Abgeordnetenhomepage, WD 7 – 3000 – 020/13, S. 10. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/407512/7ad6eecf 0262bc4480f18ed700b080df/WD-7-020-13-pdf-data.pdf. 23 So auch Hartstein, Reinhard in: Hartstein, Reinhard/Ring, Wolf-Dieter/Kreile, Johannes/Dörr, Dieter/Stettner, Rupert/Cole, Mark/Wagner, Ellen, Medienstaatsvertrag, Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, 85. Aktualisierung 2020, RStV § 55, Rn. 27; Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 55 Rn. 5. 24 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung, Der notwendige Inhalt des Impressums einer Abgeordnetenhomepage, WD 7 – 3000 – 020/13, S. 10 f. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/407512/7ad6eecf0262bc4480f18ed700b080df/WD-7-020-13-pdf-data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 9 des Mandatsträgers zur Öffentlichkeit eischränken dürfe, da dies im Widerspruch zur freien Mandatsausübung stehe.25 Dabei wird jedoch verkannt, dass die Möglichkeit des Abgeordneten, eine eigene Internetseite zu pflegen, durch das Erfordernis der erweiterten Impressumspflicht nicht vollständig ausgeschlossen wird. Vielmehr besteht die Möglichkeit, auch andere Personen als Verantwortliche zu benennen (siehe sogleich). Zudem gibt auch der Wortlaut keinen Anlass zu einer restriktiven Auslegung , denn dieser weist wie – bereits ausgeführt – ausdrücklich auf die „unbeschränkte“ strafrechtliche Verfolgbarkeit hin. Zudem ist fraglich, wie der Begriff des Verantwortlichen zu verstehen ist. Dies geht weder aus dem MStV bzw. dem außerkraftgetretenen RStV noch aus der Gesetzesbegründung hervor.26 Die Vorgängernorm im Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV)27 wurde wie folgt begründet: „Diese an der presserechtlichen Impressumspflicht orientierte Vorschrift erleichtert die Feststellung, wer für den Inhalt des Angebotes verantwortlich ist und somit haftbar gemacht werden kann.“28 Eine etwaige Strafbarkeit ergibt sich dabei allein aus dem Kernstrafrecht, da der MStV – wie auch dessen Vorgängernormen – keine eigenständigen Straftatbestände enthält. Ein Mandatsträger darf daher nicht als Verantwortlicher auf seiner Internetseite genannt werden, auch wenn er der Anbieter ist. Ihm steht es jedoch frei, andere Personen (z. B. Mitarbeiter) als Verantwortliche zu benennen .29 Hat die im Impressum als Verantwortlicher genannte Person den strafbaren Inhalt nicht selbst verfasst und auch nicht selbst in das Internet gestellt, ist ihre Strafbarkeit dagegen fraglich.30 Denn allein aus der Tatsache, dass eine Person vom Anbieter zum Verantwortlichen bestellt wird, folgt noch keine strafrechtliche Garantenpflicht i. S. d. § 13 StGB zur Verhinderung von Straftaten.31 Vielmehr muss der Anbieter einen Verantwortlichen im Impressum nennen, dem er 25 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung, Der notwendige Inhalt des Impressums einer Abgeordnetenhomepage, WD 7 – 3000 – 020/13, S. 10 f. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource /blob/407512/7ad6eecf0262bc4480f18ed700b080df/WD-7-020-13-pdf-data.pdf. 26 Lent, Wolfgang: Besondere Impressumspflichten im Online-Journalismus, ZUM 2015, 134 (136); Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 55 Rn. 44. 27 Gesetz zum Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag) vom 27. Juni 1997, aufgehoben mit Wirkung vom 01. März 2007 durch Artikel 2 des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 30. Januar 2007 (GV. NRW. S. 107). Abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2254&bes_id=4627&aufgehoben =J&menu=0&sg=0#NORM. 28 Zitiert nach: Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 55 Rn. 44. 29 Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 55 Rn. 44. 30 Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 55 Rn. 44. 31 Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 55 Rn. 44. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 071/20 Seite 10 auch tatsächlich die Entscheidungsbefugnis über das Ausscheiden strafbarer Inhalte übertragen hat.32 Vor diesem Hintergrund muss die vom Abgeordneten im Impressum benannte Person nicht nur formal, sondern auch tatsächlich Verantwortung für den Inhalt der Internetseite tragen. Schließlich ist es fraglich, ob die Übernahme einer solchen Verantwortung einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung bedarf oder trotz der tatsächlichen Entscheidungsbefugnis der genannten Person noch unter die in § 1 des Arbeitsvertrags für Abgeordnetenmitarbeiter in der 19. Wahlperiode gemäß Nr. 7 der Ausführungsbestimmungen gem. § 12 Abs. 3 des Abgeordnetengesetzes (AbG)33 genannte „Unterstützung“ des Abgeordneten „bei dessen parlamentarischer Arbeit “ subsummiert werden kann. Gegen eine solche Subsumtion spricht, dass eine unterstützende – im Gegensatz zu einer leitenden – Tätigkeit in der Regel keinen Arbeitsbereich mit einer – wie hier erforderlichen – weisungsunabhängigen tatsächlichen Entscheidungsbefugnis umfasst. 3. Ergebnis Soweit Abgeordnete des Deutschen Bundestages auf ihrer Internetpräsenz ein journalistisch-redaktionelles Angebot einstellen, müssen die Voraussetzungen der besonderen Impressumspflicht aus § 18 Abs. 2 MStV erfüllt werden. Der Wortlaut der Vorschrift verlangt jedoch ausdrücklich, dass die im Impressum genannte Person „unbeschränkt strafrechtlich“ verfolgt werden kann, § 18 Abs. 2 S. 3 Nr. 4 MStV. Aufgrund seiner verfassungsrechtlich gewährleisteten parlamentarischen Immunität kann ein Abgeordneter daher nicht selbst Verantwortlicher in diesem Sinne sein. Es steht ihm jedoch frei, stattdessen eine andere Person, z. B. einen Mitarbeiter, zu benennen . Voraussetzung für dessen strafrechtliche Verantwortlichkeit ist dann aber, dass er tatsächlich die Entscheidungsbefugnis über den Inhalt der Internetseite innehat. **** 32 Held, Thorsten, in: Binder, Reinhart/Vesting, Thomas, Beck RundfunkR, 4. Auflage 2018, RStV § 55 Rn. 44. 33 Abgeordnetengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1996 (BGBl. I S. 326), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. November 2020 (BGBl. I S. 2394) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/abgg/.