AUSARBEITUNG ____________________________________________________ Thema: Kulturpolitik in der Schweiz: Verfassungsrechtliche Grundlagen und aktuelle Entwicklungen in der öffentlichen Kulturförderung Fachbereich X (WF X G): Kultur und Medien (Tel.: 33736) Verfasser: Abschluss der Arbeit: 24. November 2005 Reg. Nr.: WF X – 070/05 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Die Aufgabenverteilung in der Schweizer Kulturpolitik 3 3. Umfang und Struktur der Kulturförderung 7 4. Die Debatte über die Verankerung eines Kulturartikels in der Verfassung 9 5. Die kulturpolitischen Vorgaben der neuen Verfassung 10 6. Zum aktuellen Stand: Das Kulturförderungsgesetz und das revidierte Pro-Helvetia-Gesetz 12 7. Literatur 14 - 3 - 1. Einleitung Mit der Eröffnung des Gesetzgebungsverfahrens zum neuen Kulturförderungsgesetz und zum revidierten Pro Helvetia-Gesetz wurde ein neues Kapitel in der Schweizer Kulturpolitik aufgeschlagen : Ende 2003 veröffentlichte das Bundesamt für Kultur die Vorschläge der Expertengruppe für die beiden Gesetzesvorhaben. Der Hintergrund der beabsichtigten Neuregelungen ist die im Jahr 1999 erfolgte Überarbeitung („Totalrevision“) der Schweizerischen Bundesverfassung: Die Förderung von Kunst und Kultur wurde in einem umfassenden Sinn zu einer ausdrücklichen Aufgabe des Bundes. Gleichzeitig wurde eine juristische Lücke zwischen Verfassung und gelebter Kulturförderung des Bundes geschlossen. Im Folgenden wird zunächst die Kompetenzverteilung in der Schweizer Kulturpolitik erläutert (Kapitel 2); es folgt ein kurzer Abriss der bisher praktizierten Formen der Schweizer Kulturpolitik und der öffentlichen Kulturförderung (Kapitel 3). In den Kapiteln 4 und 5 wird die Debatte über die Verankerung eines Kulturartikels in der Verfassung nachgezeichnet und insbesondere die Rolle des Bundes in der schweizerischen Kulturpolitik skizziert. Ein weiteres Kapitel (Kapitel 6) enthält eine Darstellung der Umsetzung des Kulturartikels. Es geht dabei vor allem um das Kulturförderungsgesetz (KFG), das das gesamte System der Bundes-Kulturförderung konkret fassen und voraussichtlich im Jahr 2007 in Kraft treten soll. Mit dem neuen Gesetz soll im Bereich der Kultur die Zusammenarbeit des Bundes mit Kantonen, Städten und Gemeinden , aber auch mit kulturellen Organisationen und privaten Kulturförderern auf gesetzlicher Stufe geregelt werden. Mit der Schaffung eines Kulturförderungsgesetzes wird zugleich auch das Gesetz über die öffentlich-rechtliche Kulturstiftung Pro Helvetia revidiert.1 2. Die Aufgabenverteilung in der Schweizer Kulturpolitik In der Schweiz haben die Kantone entsprechend der Bundesverfassung einen sehr großen Handlungsspielraum und sind für alle Aufgaben zuständig, die nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesen sind. Dies betrifft ähnlich wie in Deutschland insbesondere das Gebiet der Kulturpolitik . Seit langem - auch vor der Verfassungsrevision des Jahres 1999 - fällt die Kultur, ebenso wie zum Beispiel das Schulwesen, in den Zuständigkeitsbereich der Kantone. Hinzu kommen die Gemeinden und Städte, die in der Praxis eine zentrale Rolle bei der öffentlichen Kulturförderung spielen. Auf der Grundlage des Subsidiaritätsprinzips gingen kulturpolitische Aufgaben nur dann von den Kantonen an den Bund über, wenn sie entweder von gesamtschweizerischem Interesse sind oder wenn Mittel erforderlich sind, die von den Kantonen nicht aufgebracht werden konnten. Dies betrifft etwa die Filmförderung, für die das Bundesamt für Kultur (BAK) zuständig ist, oder wenn sie der Erhaltung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt des Landes dienen. 1 Wertvolle Hinweise und Anregungen für diese Arbeit verdanke ich Konrad Weckerle (Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich). - 4 - Auch ohne klare Verfassungsgrundlage hat sich in der Schweiz ein ausdifferenziertes System der öffentlichen Kulturförderung entwickelt. In der Schweiz haben die Kantone entsprechend der Bundesverfassung – dies galt bereits vor der Verfassungsrevision - einen großen Handlungsspielraum und sind für alle Aufgaben zuständig, die nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesen sind. Allerdings haben sich in der Schweiz seit langem - wie auch in der Bundesrepublik Deutschland - ungeschriebene Kompetenzen des Bundes auf dem Gebiet der Kultur herausgebildet. Auch wenn eine entsprechende Verfassungsgrundlage lange Zeit fehlte, entwickelte der Bund im Bereich der Kultur eigene Aktivitäten. Punktuell erhielt der Bund nach und nach Kompetenzen, wenn etwa die Aufgaben die Möglichkeiten der Kantone überstiegen oder von ihnen nicht wahrgenommen wurden. Festzustellen war dies etwa in der Kunstpflege , in der Filmförderung, bei der Gründung des Landesmuseums, bei Aufbau der Landesbibliothek , beim Ausbau der Cinémathèque Suisse und bei der Förderung des Rätoromanischen als vierter Landessprache.2 Die historisch gewachsenen Aktivitäten des Bundes auf dem Gebiet der Kultur haben sich zu einem ausdifferenzierten System der Arbeitsteilung und Kooperation entwickelt, das auch durch die neue Bundesverfassung nicht prinzipiell in Frage gestellt worden ist. Institutionell teilen sich heute auf eidgenössischer Ebene insbesondere das Bundesamt für Kultur (BAK) und die öffentlich-rechtliche Stiftung Pro Helvetia die Aufgaben der Kulturförderung. Dies betrifft zunächst die Kulturförderung des Bundes im Inland, die vor allem vom Bundesamt für Kultur und der Stiftung Pro Helvetia wahrgenommen wird.3 Das Bundesamt für Kultur (BAK)4 im Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) gestaltet die Kulturpolitik des Bundes. Das BAK ist zunächst für kulturpolitische Grundsatzfragen und für das Vorbereiten der entsprechenden Entscheidungen von Bundesrat und Parlament zuständig, dem BAK obliegen aber auch die aus Gesetzen oder Bundesbeschlüssen erwachsenden Vollzugsaufgaben sowie weitere Aufgaben mit Dauercharakter. Hinzu kommen jene Bereiche, in denen das Bundesamt Einzelprojekte unterstützt oder kulturelle Leistungen erbringt. Das BAK fördert als Verwaltungsinstanz die kulturellen Dachorganisationen, engagiert sich in der Kunst- und Denkmalpflege sowie in der Filmförderung. Das Bundesamt 2 Vgl. dazu die Einträge im Glossar zur Schweizer Kulturpolitik (PRO HELVETIA 2005). Vgl. auch die Linkliste in Anlage 1. 3 Die bisher geübte Aufgabenteilung zwischen Pro Helvetia und Bundesamt für Kultur entspricht nach allgemeiner Auffassung keiner durchgehenden, in sich logischen Systematik. Sie ist das Ergebnis organisch gewachsener Strukturen, geschichtlich bedingter Zuständigkeiten und entsprechend unterschiedlicher Stärken (BUNDESAMT FÜR KULTUR 2005: 6ff.). Eine ausführliche Übersicht der geltenden föderalen Zuständigkeiten in der Kulturförderpolitik findet sich im Compendium Cultural Policies in Europe (http://www.culturalpolicies.net). Vgl. dazu auch KELLER (2004), HOLLAND (2002) und das Schweizer Jahrbuch Kulturmanagement 2005 (HATZ u. a. 2005). 4 Vgl. dazu die Informationen unter http://www.bak.admin.ch/. - 5 - ist zuständig für Kulturvermittlung, Leseförderung und die Beteiligung an Biennalen, hinzukommen die Landesbibliothek, das Landesmuseum, das Literaturarchiv und das Centre Dürrenmatt.5 Die Kulturstiftung Pro Helvetia hat den gesetzlichen Auftrag, das kulturelle Schaffen in der Schweiz sowie dessen Austausch und Vermittlung im In- und Ausland zu fördern. Pro Helvetia untersteht der Aufsicht des Bundesamtes für Kultur. Die Stiftung hat den gesetzlich definierten Kulturauftrag, im Inland das Überlieferte zu schützen, das Entstehende zu fördern, das Geschaffene über die Sprachgrenzen hinweg zu vermitteln und für den kulturellen Austausch mit dem Ausland zu sorgen. Die Stiftung fördert das künstlerische Schaffen in den Bereichen Musik, Literatur, visuelle Künste, Theater, Tanz sowie Kultur und Gesellschaft. Sie unterstützt Schweizer Künstler und Künstlerinnen bei Auftritten und Ausstellungen in anderen Sprachregionen der Schweiz und im Ausland und ermöglicht deren Begegnung mit anderen Kulturen. Die Stiftung unterhält im Ausland drei Verbindungsbüros in Kairo, Kapstadt und Warschau. Dazu führt sie das Centre Culturel Suisse in Paris (CCSP) und ist die wichtigste Geldgeberin für das Kulturprogramm des Istituto Svizzero in Rom (ISR) und des Swiss Institute in New York (SINY).6 Für die kulturellen Beziehungen der Schweiz mit dem Ausland (Auswärtige Kulturpolitik) sind auf Bundesebene mehrere Instanzen zuständig, die jeweils eigene Prioritäten verfolgen. Das Bundesamt für Kultur (BAK) des Eidgenössischen Departments des Innern ist nicht nur wichtigste Fachstelle für nationale kulturelle und kulturpolitische Fragen sondern auch mit der Pflege internationaler kultureller Beziehungen betraut. Es vertritt die Schweiz in multinationalen Gremien (UNESCO, Europarat u. a.). Die entsprechenden Beschlüsse setzt das Bundesamt für Kultur in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) und den jeweiligen Auslandsvertretungen um. Pro Helvetia ist für den kulturellen Austausch mit dem Ausland zuständig. Hinzu kommen weitere In- 5 Im Bereich der Bewahrung des kulturellen Erbes ist neben dem BAK auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) tätig. Der dem BABS angeschlossene Fachbereich Kulturgüterschutz ist zuständig für den Schutz von Kulturgütern gemäß dem „Haager Abkommen für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten“ von 1954, das den Schutz von Kulturgütern durch vorsorgliche Maßnahmen in Friedenszeiten sowie die Respektierung des eigenen und fremden Kulturgutes im Konfliktfall verlangt. Der Fachbereich Kulturgüterschutz fördert dementsprechend präventive Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut vor Naturkatastrophen und Alltagsgefahren sowie bei bewaffneten Konflikten (Kulturgüterschutz-Inventar, Beiträge an Sicherstellungsdokumentationen/Mikroverfilmung, Bau von Schutzräumen). Diese Aufgaben nimmt der Fachbereich KGS im Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) auf internationaler (UNESCO, IKRK, Signatarstaaten) und nationaler (Bund, Kantone, Gemeinden) Ebene wahr (BUNDESAMT FÜR KULTUR 2005). 6 Nähere Informationen über die Kulturstiftung finden sich unter http://www.pro-helvetia.ch. - 6 - stitutionen, die dem Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA)7 unterstehen: - Kompetenzzentrum für Kulturaussenpolitik (KKA). Das 2004 im EDA gebildete Kompetenzzentrum für Kulturaussenpolitik koordiniert die Auswärtige Kulturpolitik der Schweiz und arbeitet eng mit den diplomatischen Vertretungen im Ausland zusammen . Das KKA soll über kulturelle Projekte die Grundwerte der Schweiz vermitteln und koordiniert die kulturellen Projekte der Schweizer Vertretungen im Ausland. - Präsenz Schweiz (PRS). Mit der Schaffung der Organisation Präsenz Schweiz hat der Bundesrat die kulturpolitischen und öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der Schweiz im Ausland verstärkt und optimiert.8 Präsenz Schweiz wurde im Jahr 2000 von Bundesrat und Parlament als Nachfolgeorganisation der Koordinationskommission für die Präsenz der Schweiz im Ausland (KOKO) ins Leben gerufen und administrativ ebenfalls im EDA eingebunden. - Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). Als federführendes Amt in Fragen der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit9 kulturelle Projekte im In- und Ausland als Teil der Entwicklungsstrategie des Bundes. Durch ihr Mandat hat die DEZA die Aufgabe, die lokalen Kulturen in den Partnerländern zu fördern. Die DEZA ist zuständig für Kulturprojekte im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Auf institutioneller Ebene dient als Steuerungsinstrument der Auswärtigen Kulturpolitik die Arbeitsgruppe „Pentapartite“, in der die Akteure, BAK, Pro Helvetia, DEZA, KKA und Präsenz Schweiz, vertreten sind. Bilaterale Vereinbarungen regeln Einzelheiten und Modalitäten dieser Zusammenarbeit. Pentapartite trifft sich vier Mal im Jahr auf Direktorenebene, um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu gewährleisten (vgl. Schaubild). 7 Vgl. zur Auswärtigen Kulturpolitik der Schweiz die Informationen unter http://www.eda.admin.ch, dort insbesondere das Dossier „Kultur und Politik“ in der Publikations-Reihe „Schweiz Global“ (Ausgabe 2/2004); Überblicke zur Außenkulturpolitik finden sich auch bei KNÜSEL (2003; 2005). 8 Der Auftrag der Organisation Präsenz Schweiz lautet: Vermitteln von Kenntnissen über die Schweiz, Verständnis und Sympathie für unser Land schaffen und die Vielfalt und Attraktivität zur Geltung bringen. Präsenz Schweiz erfüllt und koordiniert diese Aufgabe innerhalb eines breiten Netzwerkes. Zu den Partnern gehören im Inland u. a. Pro Helvetia, Schweiz Tourismus, OSEC, SECO sowie Swissinfo und Jugend- und Sportorganisationen. Im Ausland zählen die Schweizer Botschaften und Konsulate sowie die Schweizer Schulen zu den Hauptpartnern von Präsenz Schweiz (http://www.presence.ch/d/100/100.php). 9 Die DEZA hat den Auftrag, die Kultur ihrer Partnerländer als Teil des Entwicklungsprozesses zu fördern (www.deza.admin.ch/index.php?navID=740&userhash=35386802&lID=6). Ausführliche Informationen finden sich auch in einer Broschüre der DEZA (DEZA 2003). - 7 - Die Akteure der Auswärtigen Kulturpolitik der Schweiz Quelle: Schweiz Global 2/2004 3. Umfang und Struktur der Kulturförderung In der Schweiz erfolgt die Kulturfinanzierung wie in den meisten Ländern Westeuropas überwiegend durch die öffentliche Hand (im Gegensatz beispielsweise zu den Vereinigten Staaten, wo die private Finanzierung über Mäzene und Stiftungen vorherrschend ist). Dies spiegelt die Vorstellung wider, dass die Kulturfinanzierung in erster Linie eine staatliche Angelegenheit ist. Staatliche Förderung von Kultur setzt sich verschiedene Ziele, etwa die Pflege der kulturellen Tradition, die Öffnung der Kultur und der Kunst für alle Bevölkerungsschichten , die Unterstützung des aktuellen Kulturschaffens, die Förderung der Soziokultur, die Nutzung des Wirtschaftsfaktors Kultur, die Stärkung regionaler Identitäten und die Unterstützung des kulturellen Dialogs zwischen den Völkern. Entsprechend der föderalen Struktur des Landes ordnet sich die Intervention der öffentlichen Hand dem Subsidiaritätsprinzip unter, das die Verantwortlichkeit der öffentlichen Kör- - 8 - perschaften in einer Stufenordnung festlegt. In der Kulturpolitik sind primär die Kantone für die Kulturförderung zuständig. Dies deckt sich weitgehend mit der traditionellen Kompetenzverteilung im kulturellen Bereich. In der kulturpolitischen Praxis sind es hauptsächlich die Gemeinden, die die kulturellen Leistungen bereitstellen und über deren Niveau entscheiden.10 Die öffentlichen Ausgaben für Kultur für das Jahr 2002 verteilen sich wie folgt: Auf den Bund entfielen 575 Millionen, auf die Kantone 823 Millionen und auf die Gemeinden 873 Millionen Franken (Tabelle). Öffentliche Kulturausgaben nach Staatsebenen (2002) Föderale Ebene Ausgaben(Mio. Schweizer Franken) Anteil an den Gesamtausgaben (in %) Bund 575 25,3 Kantone 823 36,2 Gemeinden 873 38,5 Insgesamt 2.271 100 % Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS); Eidg. Finanzverwaltung Der Staat trägt aber nicht als einziger zur Förderung der Kultur und zur Unterstützung des Kulturschaffens bei. Eine wichtige Rolle spielen auch die privaten Unternehmen. Die Schweizer Unternehmen unterstützen die Kultur durch Sponsoring und Mäzenatentum mit rund 320 Millionen Franken pro Jahr.11 Dies bestätigt zugleich, dass Kultur auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Eine aktuelle Studie zur Kulturwirtschaft der Schweiz bestätigt, dass Kultur ein Teil der Wirtschaft ist, der hinsichtlich seiner Dynamik den Vergleich mit anderen Branchen nicht zu scheuen braucht. Die kulturellen Einrichtungen in der Schweiz sind nicht nur Subventionsempfänger, sondern sind vielfach - und in zunehmenden Maß - ein wichtiger Wirtschaftsfaktor (WECKERLE und SÖNDERMANN 2003).12 10 Besonders deutlich wird die Bedeutung von großen Städten und regionalen Zentren; vgl. dazu die thematische Karte des Bundesamts für Statistik „Kulturausgaben der Städte und Zentren, 1990-1998“ (www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/thematische_karten.html). 11 Die Daten sind einer Studie des Bundesamtes für Statistik (BFS) entnommen (BUNDESAMT FÜR STATISTIK 2003). Vgl. dazu auch den Beitrag von WECKERLE (2001). 12 Weitere Informationen zur Kulturfinanzierung in der Schweiz finden sich im Länderprofil zur Schweiz des „Compendium of Cultural Policies and Trends in Europe“ (www.culturalpolicies.net). - 9 - 4. Die Debatte über die Verankerung eines Kulturartikels in der Verfassung Bis in die frühen 1970er Jahre herrschte in der Schweiz die Meinung vor, Kultur sei keine Angelegenheit des Staates. Zwar förderten Gemeinden, Kantone und der Bund kulturelles Schaffen, doch ihre Legitimation, ihre Ziele und ihre Maßnahmen waren kein Thema der öffentlichen Diskussion. Verfassungsrechtliche Grundlage dieser kulturellen Aktivitäten des Bundes war die ungeschriebene Kulturkompetenz der Bundesverfassung, die sich aus dem Gesamtzusammenhang der Verfassung ergibt. Die kulturellen Aktivitäten des Bundes im Ausland wie auch der kulturelle Austausch mit dem Ausland wurden verfassungsrechtlich auf die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundes für die Außenpolitik abgestützt. Erst Ende der 1950er Jahre nahm die Schweiz ausdrücklich kulturelle Bestimmungen in die Verfassung auf: 1958 den Artikel 27ter (neu Art. 71 Bundesverfassung, BV)13 zur Förderung der einheimischen Filmproduktion und filmkultureller Bestrebungen und 1962 den Artikel 24sexies (neu Artikel 78 BV), der den Bund zum Natur- und Heimatschutz anhält und ihm eine Unterstützungsbefugnis einräumt. 1959 legte Artikel 22bis (Art. 61 Zivilschutz) eine erste Grundlage für den Kulturgüterschutz. Die kulturrelevanten Gesetze der späten 1950er und frühen 1960er Jahre waren von dem Wunsch getragen, überliefertes Kulturgut zu bewahren . Das aktuelle Kulturschaffen sollte jedoch nur punktuell gefördert werden. Diese Auffassung änderte sich in den frühen 1970er Jahren. Insbesondere der Bericht „Beiträge für eine Kulturpolitik in der Schweiz“ aus dem Jahr 1975 - bekannt unter dem Titel Clottu-Bericht14 - dokumentiert die intensiven Debatten über die Rolle der öffentlichen Hand im Bereich der Kultur. Der Grundansatz der Clottu-Kommission zeigte sich etwa in der Übernahme des breiten Kulturbegriffs der UNESCO (und des Europarates). Zu den wichtigsten Punkten des Clottu-Berichts gehörte u. a. die Forderung nach einem expliziten Kulturartikel in der Verfassung , der dem Bund Kompetenzen für ein starkes kulturpolitisches Engagement einräumen sollte. Auch in der Folgezeit gab es immer wieder Initiativen zur Stärkung der Bundeskompetenzen in der Kulturpolitik. Im Jahr 1980 brachte die „Eidgenössische Kulturinitiative“ neues Leben in die kulturpolitische Debatte. Die ersten Anläufe für einen Kulturartikel, die so genannte Kulturprozentinitiative, wurde allerdings 1986 ebenso abgelehnt wie ein Gegenvorschlag des Bundesrates. 1994 wurde ein weiterer Vorschlag des Bundesrates für einen Kulturförderungsartikel verworfen. Erst mit der Revision der der Bundesverfassung im Jahr 1999 hat die Kulturförderung des Bundes eine Verfassungsgrundlage erhalten. Der neue Verfassungs- 13 Die neue Bundesverfassung findet sich unter http://www.admin.ch/ch/d/sr/c101.html; vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassung_(Schweiz). 14 Der Bericht war eine vom Eidgenössischen Departement des Inneren (EDI) in Auftrag gegebene Erhebung über den Bestand der Kultur in der Schweiz unter Leitung des Neuenburger Staatsrats Gaston (CLOTTU 1975). - 10 - artikel zur Kultur räumt unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips und in Wahrung der grundsätzlichen Zuständigkeit der Kantone dem Bund erweiterte Kompetenzen zur Förderung des kulturellen Lebens in der Schweiz und des kulturellen Austausches mit dem Ausland ein. Dadurch wurde Kulturförderung zu einer ausdrücklichen Aufgabe des Bundes. Mit Einführung von Artikel 69 BV wurde die juristische Lücke zwischen Verfassung und gelebter Kulturförderung des Bundes geschlossen. Die Verankerung eines Kulturförderungsartikels zielte in diesem Sinn darauf, für die kulturellen Tätigkeiten des Bundes die unübersichtlichen, wenig kohärenten und teilweise auch inhaltlich unbefriedigenden verfassungsrechtlichen Grundlagen zu klären und eine ebenso eindeutige und umfassende Kompetenznorm für die bundesstaatliche Kulturförderung zu schaffen.15 5. Die kulturpolitischen Vorgaben der neuen Verfassung Mit der Volksabstimmung vom 18. April 1999 (Totalrevision der Schweizerischen Bundesverfassung ) wurde die Kulturförderung in einem umfassenden Sinn - d. h. über die bisherigen punktuellen Kompetenzen hinaus - zu einer ausdrücklichen Aufgabe des Bundes erklärt (Art. 69 BV, Bundesverfassung). Mit der Verankerung des neuen Kulturartikels wurde zugleich eine juristische Lücke zwischen Verfassung und gelebter Kulturförderung des Bundes geschlossen .16 Dieser Artikel der schweizerischen Bundesverfassung betont die föderale Kulturhoheit. Prinzipiell fällt Kultur, ebenso wie zum Beispiel das Schulwesen, in den Zuständigkeitsbereich der Kantone („Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig“)17, gleichzeitig werden dem Bund gesamtstaatliche Förderkompetenzen zugewiesen („Der Bund kann kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen sowie Kunst und Musik, insbesondere im Bereich der Ausbildung, fördern.“). Die Kompetenzen des Bundes in der Kulturförderung finden sich darüber hinaus in einem Artikel zum Filmschaffen: Nach Art. 71 kann der Bund die Schweizer Filmproduktion und die Filmkultur fördern (Abs. 1). Er kann zudem Vorschriften zur Förderung der Vielfalt und der Qualität des Filmangebots erlassen (Abs. 2).18 15 Vgl. zur Geschichte der Kulturförderung ausführlich unter Bundesamt für Kultur (2005: 8ff.). Zur Debatte zum Thema „Kulturpolitik und Staat“ vgl. auch die neueren Beiträge im Jahresbericht 2001 von Pro-Helvetia (PRO HELVETIA 2001). 16 Die Schweiz gilt in dieser Hinsicht als Vorbild in der deutschen Debatte über die Verankerung eines Staatsziels „Kultur“ im Grundgesetz. Vgl. dazu - und zu Informationen über analoge Bestimmungen in den Verfassungen anderer Länder - die ausführliche Darstellung im Arbeitsbericht der Enquete- Kommission „Kultur in Deutschland“ (ENQUETE-KOMMISSION 2005: 45ff.). 17 Die Städte, die in der Praxis der Kulturförderung eine zentrale Rolle spielen, finden in diesem Zusammenhang keine Erwähnung. 18 Der Wortlaut des Kulturartikels findet sich unter http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a69.html. Vgl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverfassung_(Schweiz). - 11 - Zwar bestätigt Artikel 69 Absatz 1 BV die Kulturhoheit der Kantone (ähnlich der Verfassungslage in Deutschland).19 Der Bund hat jedoch eine generelle Kulturförderungskompetenz (die im deutschen Verfassungsrecht nicht in der gleichen Weise existiert). Diese parallele Kulturförderungskompetenz hat fakultativen Charakter und ist durch das Kriterium des gesamtschweizerischen Interesses eingegrenzt (Art. 69 Abs. 2 BV). Die neue Verfassungsregelung schreibt damit die bisherige kulturpolitische Praxis im Prinzip fest, denn der Bund hat auch bisher bereits in diesem Sinne Kulturförderung betrieben und dabei die Kulturhoheit der Kantone berücksichtigt. Hinzu kam: Mit der Verfassungsrevision wurde dem Bund zusätzlich eine parallele Kompetenz zur Ausbildungsförderung in den Bereichen der Kunst und der Musik zugewiesen (Art. 69 Abs. 2, 2. Halbsatz BV). Welche Institutionen der Bund welche Kulturbereiche tatsächlich fördert oder fördern will, soll auf der Ebene von Gesetzen und Verordnungen geregelt werden, insbesondere im Kulturförderungsgesetz und in der Neufassung des Pro Helvetia-Gesetzes. Zahlreiche weitere Bestimmungen in der revidierten Verfassung haben einen direkten Bezug zur Kultur. Zunächst gilt dies etwa für die Zweckbestimmung von Artikel 2 Absatz 2 BV, wonach die Eidgenossenschaft unter anderem die „kulturelle Vielfalt des Landes“ fördert. Artikel 4 BV hält die vier Landessprachen fest, Artikel 18 BV gewährleistet die Sprachenfreiheit und Artikel 21 BV betont die Freiheit der Kunst. Zu beachten sind im Hinblick auf die kulturelle Vielfalt darüber hinaus die Diskriminierungsverbote (Art. 8 Abs. 2 BV) sowie die Gewährleistung und Regelung der politischen Rechte (Art. 34 und 39 BV). Unter den Sozialzielen in Artikel 41 ist insbesondere Absatz 1 Buchstabe g zu erwähnen, wonach Bund und Kantone sich dafür einsetzen, „dass Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu selbständigen und sozial verantwortlichen Personen gefördert und in ihrer sozialen, kulturellen und politischen Integration unterstützt werden“. Weitere kompetenzielle Festlegungen im Kulturbereich ergeben sich durch die Artikel 66 BV (Ausbildungsbeihilfen), Artikel 67 BV (Jugend und Erwachsenenbildung), Artikel 70 BV (Sprachen), Artikel 78 BV (Natur- und Heimatschutz ) und Artikel 93 Absatz 2 BV (Radio und Fernsehen). Diese kulturrelevanten Verfassungsbestimmungen verpflichten die Kulturakteure der Eidgenossenschaft, kulturelle Gehalte nicht nur bei der Ausgestaltung der bundesstaatlichen Kulturförderung, sondern auch bei der Regelung anderer Bereiche in angemessener Weise zu berücksichtigen.20 19 Vgl. dazu eine Übersicht der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zur Kompetenzverteilung in der Kulturpolitik in Deutschland 2004). 20 Eine ähnliche, wenngleich umstrittene, Vorgabe enthält auch der Kulturartikel - Art. 151 EGV - im europäischen Recht (SINGER 2003). Dagegen existiert eine „Kulturverträglichkeitsprüfung“ in Deutschland nur in abgeschwächter Form; vgl. dazu den Aktuellen Begriff der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 31. Januar 2003 (www.bundestag.de/bic/analysen/2003/2003_01_31.pdf). - 12 - 6. Zum aktuellen Stand: Das Kulturförderungsgesetz und das revidierte Pro- Helvetia-Gesetz Nach Annahme der revidierten Bundesverfassung wurde eine Expertengruppe beauftragt, die Grundlagen zur Umsetzung des Kulturartikels durch ein Kulturförderungsgesetz zu erarbeiten. Im Juni 2001 erteilten das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) und die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) einer vom Bundesamt für Kultur (BAK) geleiteten Steuergruppe den Auftrag, die Grundlagen für eine mögliche Umsetzung von Artikel 69 BV zu erstellen. Die Steuergruppe, in der Vertreterinnen und Vertreter von Kantonen, Städten, Pro Helvetia, kulturellen Organisationen und Institutionen Einsitz hatten, erarbeitete zunächst ein Positionspapier, das im September 2002 in einer ersten Anhörung vorgestellt wurde. Danach entwickelte die Steuergruppe einen ersten Vorentwurf für ein Kulturförderungsgesetz (KFG), der im Mai 2003 in einer zweiten Anhörung zur Diskussion gestellt wurde. Bei einer dritten Anhörung im September 2003 legte das BAK den Entwurf für ein revidiertes Pro-Helvetia-Gesetz vor. Ende 2003 veröffentlichte das Bundesamt für Kultur die Vorschläge der Expertengruppe für ein Kulturförderungsgesetz und für die Revision des Pro Helvetia-Gesetzes. Im Anschluss daran wurden die Verwaltungsentwürfe für ein KFG bzw. für das revidierte PHG in Auftrag gegeben. Nach weiteren Arbeiten am Expertenentwurf konnte der Bundesrat am 10. Juni 2005 die „Vernehmlassung“ eröffnen .21 Seit dem Abschluss des Anhörungsverfahrens am 31. Oktober 2005 werden die Entwürfe überarbeitet. Die parlamentarische Beratung ist für das Jahr 2007 und das Inkrafttreten der beiden Gesetze für das Jahr 2008 vorgesehen.22 Auf der Grundlage des Kulturartikels 69 BV wurde das vorliegende Kulturförderungsgesetz (KFG) geschaffen. Mit dem Gesetz soll das gesamte System der Bundes-Kulturförderung geordnet werden. Gleichzeitig soll die Zusammenarbeit des Bundes mit Kantonen, Städten und Gemeinden, aber auch mit kulturellen Organisationen und privaten Kulturförderern auf gesetzlicher Stufe geregelt werden. Zu den wichtigsten Punkten gehören: - Ein erstes Ziel ist es, neue Schwerpunkte in der Kulturförderung zu setzen. Das KFG sieht Vierjahrespläne für die bundesstaatliche Kulturförderung in allen Förderungsbereichen vor und ermöglicht damit eine systematische Gesamtschau und Evaluation der kulturellen Förderungstätigkeit des Bundes. Das Schwerpunktprogramm „Kultur“ wird konkretisiert durch Förderungskonzepte (Art. 17 KFG). Die Förderungskonzepte defi- 21 Die Vernehmlassungsverfahren ist eine wichtige Anhörungs-Phase im schweizerischen Gesetzgebungsverfahren, in der die Kantone, die Parteien und die Verbände zur Stellungnahme eingeladen werden (http://de.wikipedia.org/wiki/Vernehmlassung). 22 Das Internetangebot des Bundesamts für Kultur (BAK) enthält ausführliche Informationen über den Stand des Gesetzgebungsverfahrens (www.bak.admin.ch/bak/themen/kulturpolitik/00450/index.html?lang=de). Vgl. dazu auch die Zusammenfassung von Jean-Frédéric Jauslin, Direktor beim Bundesamt für Kultur (JAUSLIN 2005). - 13 - nieren für jeden Kulturbereich die konkreten Ziele, die erreicht werden sollen, bezeichnen die Instrumente und legen die wesentlichen Kriterien für die Förderung fest. - Zweitens will der Bund die Partnerschaften mit den Kantonen, Gemeinden, Städten und Privaten stärken. Zu berücksichtigen war, dass der Kulturartikel dem Bund nur eine subsidiäre Kompetenz zur Kulturförderung zuweist (Art. 1 Abs. 2 KFG). Kantone, Gemeinden und Städte werden weiterhin die zentralen Träger der Kulturförderung in der Schweiz bleiben. Bislang war die Zusammenarbeit vorwiegend auf den Informationsaustausch beschränkt. Mit dem Kulturförderungsgesetz will der Bund die Zusammenarbeit zwischen den föderalen Akteuren auf eine neue Grundlage stellen. Der Entwurf des KFG sieht als konkrete Maßnahme vor, dass der Bund seine Partner zu den Schwerpunktprogrammen und Förderkonzepten anhört (Art. 16 Abs. 2 und Art. 17 Abs. 3 KFG) und ihnen Gelegenheit gibt, zur Evaluation der Kulturförderung Stellung zu nehmen (Art. 21 Abs. 3). - Schließlich soll das KFG auch zu einer Entflechtung der Aufgaben und Akteure auf der Ebene des Bundes beitragen. Eines der Ziele des Bundesgesetzes über die Kulturförderung des Bundes ist die klare Verteilung der Kompetenzen zwischen allen Bundesakteuren im Bereich der Kultur. Mit dem Gesetz sollen die bisherigen Überschneidungen in der bundesstaatlichen Kulturförderung beseitigt werden. Das Gesetz soll dem Bundesamt für Kultur, der Stiftung Pro Helvetia und anderen bundesstaatlichen Instanzen eindeutige und klare Zuständigkeitsbereiche zuweisen. Parallel zum KFG wird das Pro Helvetia-Gesetz (PHG) revidiert. Das PHG regelt insbesondere die interne Organisation der Stiftung Pro Helvetia (Bundesamt für Kultur 2005). Die Revision des Pro Helvetia-Gesetzes hat zum Hauptziel, die Organisationsstrukturen der Stiftung Pro Helvetia zu modernisieren.23 Nach geltendem Recht nimmt der Stiftungsrat der Pro Helvetia sowohl strategische als auch geschäftsführende Aufgaben wahr. Diese Vermischung der Zuständigkeiten will das revidierte Pro Helvetia-Gesetz beheben. Die Tätigkeit des Stiftungsrates soll strikt auf die strategische Leitung der Stiftung ausgerichtet werden und die Anzahl der Stiftungsräte auf eine überschaubare Größe reduziert werden. Die Geschäftsstelle wird das operativ leitende Organ der Stiftung sein. Sie ist für die Umsetzung der durch den Stiftungsrat beschlossenen Strategien verantwortlich und entscheidet über alle Fördergesuche und stiftungseigenen Vorhaben.24 Bei den Arbeiten zur Umsetzung der Gesetzesinitiativen haben sich die Dachverbände der Kulturschaffenden in den vom Bundesamt für Kultur veranlassten Hearings in zahlreichen mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen zu Wort gemeldet und die Erwartungen und Forderungen der Kulturschaffenden an ein Kulturförderungsgesetz formuliert. Für die Kultur- 23 Der Aufgabenkreis der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia wurde erstmalig im Bundesgesetz über die Stiftung Pro Helvetia vom 17. Dezember 1965 festgelegt. Zu den Aufgaben der Stiftung gehören neben der Erhaltung und Wahrung der kulturellen Eigenart der Schweiz unter besonderer Berücksichtigung der Volkskultur, der Förderung des kulturellen Schaffens, der Förderung des Kulturaustausches zwischen den Sprachgebieten und den Kulturkreisen der Schweiz, vor allem die Pflege der kulturellen Beziehungen mit dem Ausland. 24 Vgl. ausführlich zum Gesetzentwurf BUNDESAMT FÜR KULTUR (2005: 33ff.). - 14 - schaffenden geht es neben der Sicherung und Erweiterung der Kunstfreiheit in der Schweiz vor allem um die Forderung nach transparenten Förderkriterien und der besseren Stellung der kulturellen Organisationen. Ein weiteres Anliegen ist - hier dem Vorbild Deutschland folgend - die Verbesserung der sozialen und künstlerischen Rahmenbedingungen, unter denen Kunst in der Schweiz entsteht.25 Daneben haben sich auch die Kantone und die Städte mit den beiden Gesetzesentwürfen beschäftigt. So haben insbesondere die Konferenz der kantonalen Kulturbeauftragten26 und die Konferenz der Schweizer Städte für Kulturfragen27 Stellungnahmen erarbeitet. Die kantonalen und städtischen Kulturbeauftragten sind sich weitgehend einig, dass Pro Helvetia ein größerer Handlungsraum zugemessen werden sollte.28 Die Stellungnahme der privaten Kulturförderer (insbesondere Stiftungen) fiel kritischer aus. Insbesondere fehle die Verbindlichkeit hinsichtlich der kulturellen Aufgaben des Bundes. Außerdem wurden die Kann-Bestimmungen im Hinblick auf die mögliche Zusammenarbeit des Bundes mit Privaten kritisiert. Es müsse deutlicher werden, dass der Bund prinzipiell mit Privaten zusammenarbeiten könne und solle (private Förderstiftungen, Sponsoren und Mäzene ).29 7. Literatur BUNDESAMT FÜR KULTUR (2005). Bundesgesetz über die Kulturförderung des Bundes (KFG) und Totalrevision des Bundesgesetzes betreffend die Stiftung „Pro Helvetia“ (PHG) (erläuternder Bericht, Vernehmlassungsentwurf Mai 2005). Bern: BAK www.bak.admin.ch/bak/themen/kulturpolitik/00450/00679/index.html?lang=de [Stand 15.11.2005]. 25 Hinsichtlich der Stellungnahmen (endgültige Vernehmlassungsantworten) vgl. das Dossier zum Kulturförderungsgesetz und Pro Helvetia-Gesetz von SuisseCultur, dem Dachverband der professionellen Kulturschaffenden der Schweiz unter www.suisseculture.ch/doss/kfg/x-kfg.htm; vgl. auch die Liste der angehörten Verbände unter www.bak.admin.ch/bak/themen/kulturpolitik/00450/00679/index.html?lang=de. 26 Unter dem Namen „Konferenz der kantonalen Kulturbeauftragten“ (KBK) haben sich die kantonalen Kulturverantwortlichen im Rahmen der Schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz EDK zu einer interkantonalen Fachkonferenz zusammengeschlossen (http://www.edk.ch). 27 Die Konferenz der Schweizer Städte für Kulturfragen (KSK) wurde 1970 von den zehn größten Schweizer Städten gegründet. Heute gehören ihr 17 Städte an: Aarau, Basel, Bern, Biel-Bienne, Burgdorf, La Chaux-de-Fonds, Chur, Fribourg, Genève, Lausanne, Luzern, Neuchâtel, St.Gallen, Thun, Winterthur, Zug und Zürich. Entsprechend dem Credo, dass die Gestaltung von Kulturpolitik und Kulturförderung in der Schweiz eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden ist, arbeitet die KSK eng mit dem Bundesamt für Kultur (BAK), der Stiftung Pro Helvetia und der Kantonalen Kulturbeauftragtenkonferenz (KBK) zusammen. 28 Vgl. zur Debatte über die Kulturfördergesetze die Referate einer Tagung, die am 15. September 2005 in Aarau stattfand. Organisatoren dieser Tagung waren Pro Cultura und das Zentrum für Kulturmanagement der Zürcher Hochschule Winterthur (www.kunstverein.ch/cont_user_cfm/index.cfm). Vgl. im Weiteren auch den ausführlichen Bericht der Neuen Zürcher Zeitung vom 14. 10. 2005 (http://www.nzz.ch/2005/10/14/il/articleD7W6B.html). 29 Vgl. dazu die Stellungnahme von SuisseFoundations, des Vereins der Vergabestiftungen in der Schweiz (http://www.swissfoundations.ch/daten/aktivitaeten/stellungnahmen/Gesetz_Stelllungnahme_AG_Kultur14 -09-05.pdf). Vgl. dazu auch SCHUBIGER (2005). - 15 - BUNDESAMT FÜR STATISTIK (2003). Kulturfinanzierung durch die Unternehmen. Erhebung über die Kulturausgaben der Unternehmen in der Schweiz im Jahr 2001. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/kultur__medie n__zeitverwendung/kultur/blank/publikationen.Document.50501.html[Stand 10.11.2005]. CLOTTU, Gaston (1975). Beiträge für eine Kulturpolitik in der Schweiz. Bern: Eidgenössisches Departement des Innern. DEZA (2003). Kultur ist kein Luxus. Kultur in Entwicklung und Zusammenarbeit (September 2003). 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Departement für auswärtige Angelegenheiten http://www.eda.admin.ch Erziehungsdirektorenkonferenz http://www.edk.ch Kantone http://www.admin.ch/ch/d/schweiz/kantone/index.html Schweizer UNESCO-Kommission http://www.unesco.ch/ Stiftung Pro Helvetia http://www.pro-helvetia.ch Swissfoundation http://www.swissfoundations.ch Verbände AGS, Verband Schweizer Galerien www.artgalleries.ch ASK, Arbeitsgemeinschaft Schweizer Keramik www.swissceramics.ch GSK, Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte www.gsk.ch Pro Litteris (Urheberrechtsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst) http://www.prolitteris.ch Schweizer Kunstverein http://www.kunstverein.ch Schweizer Musikrat http://www.miz.ch Schweizerische Gesellschaft bildender Künstlerinnen SGBK www.sgbk.ch Schweizerischer Bühnenverband http://www.theaterschweiz.ch Schweizerischer Kunstverein SKV www.kunstverein.ch Schweizerischer Musikerverband http://www.smv.ch - 17 - Schweizerischer SchriftstellerInnenverband (SSV) http://www.ch-s.ch/ Société suisse des auteurs http://www.ssa.ch Suisseculture (Dachverband der professionellen Kulturschaffenden der Schweiz) www.suisseculture.ch Suisseculture http://www.suisseculture.ch Suisseperform Suisa (Gesellschaft für die Rechte der Urheber musikalischer Werke) http://www.suisa.ch Vereinigte Theaterschaffende der Schweiz VTS http://www.theaterschaffende.ch Visarte www.visarte.ch Kulturforschung/Daten Federal Office for Statistics http://www.statistik.admin.ch Kulturfinanzierung in der Schweiz www.kulturundoekonomie.ch kulturfoerderung.ch www.kulturfoerderung.ch Kulturpolitik.ch http://www.kulturpolitik.ch/ kulturwirtschaft.ch http://www.kulturwirtschaft.ch/ Swisslinks http://www.swissinfo.org/sde/swissinfo.html?siteSect=821&cat=4 ThinktankThurgau www.thinktankthurgau.ch University of Art and Design Zurich http://www.kulturwirtschaft.ch