© 2017 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 064/17 Historische Darstellung staatlicher Zensur unter Bezug auf aktuelle Entwicklungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 2 Historische Darstellung staatlicher Zensur unter Bezug auf aktuelle Entwicklungen Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 064/17 Abschluss der Arbeit: 9. Dezember 2017 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 1.1. Ausgewählte Beispiele 4 1.2. Zensurverbot im Überblick 6 2. Geschichte der Zensur im Überblick 8 3. Aktuelle Situation und Gesetzeslage 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 4 1. Einleitung „Zensur und Preßfreiheit werden immerfort miteinander kämpfen. Zensur fordert und übt der Mächtige, Preßfreiheit verlangt der Mindere. Jener will weder in seinen Planen noch seiner Tätigkeit durch vorlautes widersprechendes Wesen gehindert, sondern gehorcht sein; diese wollen ihre Gründe aussprechen, den Ungehorsam zu legitimieren.“ So schrieb Johann Wolfgang von Goethe in Wilhelm Meisters Wanderjahren III. Die Bedrohung für die Macht sind demnach die Wörter mehr noch als die Waffen. Und deshalb lässt sich die Geschichte der Zensur auch zurückverfolgen bis in die Antike. In diesem Sinne hat es Zensur immer schon gegeben und so sind Wörter und Schriften, bei denen es sich in der Vergangenheit insbesondere um gedruckte Wörter handelte, auch in den Zeiten des Internets von Zensurmaßnahmen betroffen. Denn mit dem Internet und dem Einsatz von Mobiltelefonen sind Werkzeuge entstanden , die auch genutzt werden, um die Herrschenden herauszufordern. Diese wehren sich, indem sie beispielsweise gegen Journalisten mit dem Strafrecht vorgehen. Entsprechend den vom „Committee to Protect Journalists“ (CPJ) veröffentlichten Zahlen waren im Jahr 2016 weltweit 259 Journalisten inhaftiert, gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 160 Journalisten (2015: 199 inhaftierte Journalisten). Angeführt wird diese Liste von Eritrea, gefolgt von Nord Korea, Saudi Arabien, Ethiopien und China auf dem 8. Platz.1 1.1. Ausgewählte Beispiele Ein aktuelles internationales Beispiele für die Anwendung von Zensur ist somit China, wo Lu Wei, Chef einer neu gegründeten Behörde für Cyber-Verwaltung zum „Türhüter des chinesischen Internets“ wurde, wie ihn die New York Times einst betitelte2 und unter dessen Aufsicht Chinas Internet immer mehr von der Welt abgeschottet wurde. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, habe Lu Wei sogar abgestritten, dass es Zensur in China gäbe und sie zitiert ihn mit den Worten: „Es gibt keine Zensur, aber das heißt nicht, dass es nicht ein Management gäbe“ derart rechtfertigt China die Blockade tausender ausländischer Webseiten. Doch auch in Europa lassen sich aktuelle Beispiele für Zensurmaßnahmen finden, die Schlagzeilen gemacht haben. Erinnert sei an Streitfälle wie die Mohammed-Karrikaturen in Dänemark oder 1 Vgl.: Committee to protect Journalist (CpJ), im Internet abrufbar unter: https://cpj.org/imprisoned/2016.php. 2 Strittmatter, Kai, China zensiert seinen obersten Internetzensor, Süddeutsche.de, Meldung vom 24. November 2017, im Internet abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/digital/internet-china-zensiert-seinen-obersteninternetzensor -1.3762538. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 5 den Fall Cicero3. Auch gesetzliche Maßnahmen in jüngster Zeit werden als Einschränkung der Presse-und Meinungsfreiheit bewertet. So wird berichtet, dass in Frankreich, wo der Ausnahmezustand erst Anfang November 2017 aufgehoben und ein neues Antiterrorgesetz verabschiedet wurde, Zensurmaßnahmen gegen Webseiten und Inhalte von sozialen Netzwerken im Jahr 2016 stark angestiegen seien.4 In Italien soll an einer Gesetzesvorlage gearbeitet werden, die vorsieht, dass Betreiber von sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram Zensurmaßnahmen selbst ausüben müssen , wobei im Falle der Untätigkeit der Betreiber Sanktionsmaßnahmen vorgesehen sind. Auf der Liste der Fälle, in denen Zensurmaßnahmen greifen und ausgeübt werden, stehen: Diffamierung, Drohung, Stalking, Kinderpornographie, Missbrauch persönlicher Daten sowie Beleidigung des Staates durch Verbreitung von Falschmeldungen, Straftaten gegen die nationale Sicherheit, Terrorismus , Angriff gegen die staatliche Ordnung, gegen die Demokratie, Verherrlichung des Faschismus , Aufwiegelung zu Straftaten, organisierte Kriminalität und Beleidigung einer Religion.5 Zensur wo auch immer sie stattfindet bedeutet eine Überprüfung und Kontrolle von Schriften, publizistischen Werken, aber in neuerer Zeit auch von Rundfunk, Filmproduktionen und dem Internet. Kommen Maßnahmen der Zensur zum Einsatz, so geht es immer darum, Inhalte in den genannten Medien auf ihre politische, gesetzliche, sittliche und/oder religiöse Konformität hin zu überprüfen. Diese Überprüfung erfolgt in der Regel durch eine staatliche Stelle, die auch die Möglichkeit hat, die von ihr zensierten Veröffentlichungen zu verhindern oder zu verbieten. Zensur steht deshalb in Konkurrenz zur Presse- und Meinungsfreiheit. 3 Hintergrund zum „Fall Cicero“ ist ein im April 2005 im Magazin „Cicero“ erschienener Artikel über den jordanischen Terroristen und El-Kaida-Anführer Abu Musab al-Zarqawi mit dem Titel „der gefährlichste Mann der Welt“, dessen Autor, der freie Journalist Bruno Schirra in seinem Text Passagen aus einem Bericht des Bundeskriminalamtes (BKA) vom 6. September 2004 zitierte. Dieses Dokument war als „Verschlusssache“ eingestuft. Am 31. August 2005 leitete die Staatsanwaltschaft Potsdam ein Ermittlungsverfahren gegen Schirra und den Cicero Chefredakteur Wolfgang Weimer wegen Beihilfe zur Verletzung von Dienstgeheimnissen ein. Das Amtsgericht Potsdam ordnete daraufhin die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Autors und der „Cicero “-Redaktion an. Presse und Politiker kritisierten die Aktion gegen die „Cicero“-Redaktion als Angriff auf die Pressefreiheit. Vgl.: Der Fall „Cicero“, im Internet abrufbar unter: http://www.hausderpressefreiheit .de/Home/Presse--und-Meinungsfreiheit/Pr%C3%A4zedenzurteile/Der-Fall-%E2%80%9ECicero %E2%80%9C.html. 4 Vgl.: Reuter, Markus, Internetzensur in Frankreich 2016 stark angestiegen, 24. Januar 2017, im Internet abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2017/internetzensur-in-frankreich-2016-stark-angestiegen/, sowie: Neues Antiterrorgesetz statt Ausnahmezustand, Zeit Online, 18. Oktober 2017, im Internet abrufbar unter. http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-10/frankreich-antiterrorgesetz-ausnahmezustand-emmanuel-macron. 5 Vgl.: Jetzt auch in Italien: Gesetz für Internetzensur, unzensiert.de, 28. November 2017, im Internet abrufbar unter : https://www.unzensuriert.de/content/0025653-Jetzt-auch-Italien-Gesetz-fuer-Internetzensur, sowie: Sobiraj, Lars „Ghandy“, Internet-Zensur: Italien sperrt 250 weitere Webseiten, im Internet abrufbar unter: https://tarnkappe .info/internet-zensur-italien-sperrt-250-weitere-webseiten/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 6 1.2. Zensurverbot im Überblick Die Grundrechte aus Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz – das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten sowie die Pressefreiheit und mit ihr die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film sind konstituierend für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung6. In dieser stellen das Aufeinandertreffen von unterschiedlichen Meinungen, Auffassungen und Darstellungsweisen eine Basis der Diskussion und Auseinandersetzung dar. Deshalb ist zunächst davon auszugehen, dass unterschiedliche Meinungen in einer Demokratie diskutiert werden und Verbote oder Zensur ausgeschlossen sein müssen. Es gibt jedoch diejenigen Fälle, in denen der Schutz gleichwertiger Grund- und Freiheitsrechte eine Einschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigt, eine solche Einschränkung muss jedoch im Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Sofern es sich um publizistische Werke handelt, unterscheidet man zwischen einer präventiven, also Vorzensur und einer repressiven, also Nachzensur. Während bei der Vorzensur die Publikationen vor der Veröffentlichung einer Zensurbehörde zur Genehmigung vorgelegt werden müssen , betrifft die Repressiv- oder Nachzensur bereits erschienene Publikationen, die wegen der Zensurmaßnahme ganz oder teilweise beschlagnahmt oder in ihrer Verbreitung eingeschränkt bzw. verboten werden. Zensur im weiteren Sinne kann aber auch die Kontrolle jeglicher Form von Meinungsäußerung betreffen. In Deutschland ist die Zensurfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz, der lautet: »Eine Zensur findet nicht statt« garantiert. Das Zensurverbot stellt nach herrschender Ansicht jedoch kein eigenständiges Grundrecht dar, sondern das Verbot der Grundrechtseinschränkung mit Mitteln der Zensur. In seiner grundlegenden Entscheidung zum Zensurverbot spricht das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) von einer „absoluten Eingriffsschranke“7 In diesem Urteil wird folgendes zum Zensurbegriff ausgeführt: „Mit der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Meinung ist unter „Zensur“ im Sinne des Art. 5 Abs.1 Satz 3 GG nur die Vorzensur zu verstehen (…) Als Vor- oder Präventivzensur werden einschränkende Maßnahmen vor der Herstellung oder Verbreitung eines Geisteswerkes, insbesondere das Abhängigmachen von behördlichen Vorprüfungen und Genehmigung seines Inhalts (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) bezeichnet. (…) Das Zensurverbot soll die typischen Gefahren einer solchen Präventivkontrolle bannen. Deswegen darf es keine Ausnahme vom Zensurverbot geben, auch nicht durch „allgemeine Gesetze“ nach Art. 5 Abs. 2 GG. Die Verfassung kann mit diesem kategorischen Verbot jeder Zensur nur die Vorzensur gemeint haben. Ist das Geisteswerk erst einmal an die Öffentlichkeit gelangt und vermag es Wirkung auszuüben, so gelten die allgemeinen Regeln über die Meinungs- und Pressefreiheit und ihre Schranken, wie sie sich aus Art. 5 Abs.1 6 Vgl. BVerfGE 7, 198 (208); BVerfGE 20, 56(97). 7 BVerfG 33,53, LS 4b. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 7 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 GG ergeben. Diese würden gegenstandslos, wenn das Zensurverbot auch die Nachzensur umfasste, d.h. Kontroll- und Repressivmaßnahmen, die erst nach der Veröffentlichung eines Geisteswerkes einsetzen.“8 Im Lüth-Urteil hat das BVerfG zum Verhältnis zwischen den Grundrechten des Art. 5 Abs. 1 GG, hier der Meinungsfreiheit, und den einschränkenden „allgemeinen Gesetzen“ die sogenannte „Wechselwirkungslehre“ entwickelt, die seither auch in ständiger Rechtsprechung vertreten wird: „Die so verstandene Meinungsäußerung ist als solche, d.h. in ihrer rein geistigen Wirkung, frei; wenn aber durch sie ein gesetzlich geschütztes Rechtsgut eines anderen beeinträchtigt wird, dessen Schutz gegenüber der Meinungsfreiheit den Vorrang verdient, so wird dieser Eingriff nicht dadurch erlaubt, dass er mittels einer Meinungsäußerung begangen wird. Es wird deshalb eine „Güterabwägung“ erforderlich: Das Recht zur Meinungsäußerung muss zurücktreten, wenn schutzwürdige Interessen eines anderen von höherem Rang durch die Betätigung der Meinungsfreiheit verletzt würden. Ob solche überwiegenden Interessen anderer vorliegen, ist auf Grund aller Umstände des Falles zu ermitteln.“9 Beschränkungen der Meinungsfreiheit, wie das Verbot von Gewalt verherrlichenden, Gewalt verharmlosenden , Personen verunglimpfenden oder pornografischen Darstellungen stellen jene Ausnahmefälle dar, in denen andere, ebenfalls geschützte Rechtsgüter, wie etwa der Schutz von Kinder und Jugendlichen gefährdet sind. Hier gibt es Institutionen wie u. a. die Tätigkeit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) und der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft , oder für den Bereich des privaten Rundfunks die Landesmedienanstalten, die zur Ausübung der Kontrollfunktion 1988 eine Gemeinsame Stelle Jugendschutz und Programm (GSJP) gegründet haben, und die im Einzelfall tätig werden können. Nähere Bestimmungen enthalten die Gesetze des Straf- und Presserechts sowie die Jugendschutzgesetze. 8 BVerfG 33,52, S. 71f. 9 BVerfG 33, S. 207ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 8 2. Geschichte der Zensur – ein Abriss Die Geschichte der Zensur reicht zurück bis in die Antike. Hierzu im Folgenden ein kurzer Abriss 10: - 399 v.Chr.: SOKRATES wurde der Gotteslästerung (Einführung neuer Götter) und der Verführung der Jugend angeklagt. Er starb 399 v. Chr. durch den giftigen Schierlingsbecher; - 12 v.Chr. Der römische Kaiser Augustus ließ mehr als 2000 sogenannte „Zauberbücher“, Orakelbücher und Weissagungsschriften verbrennen, damit seine politischen Entscheidungen nicht mehr vom Volk angezweifelt werden konnten.11 - 213 v.Chr. ereignete sich die wohl berühmteste Bücherverbrennung unter dem ersten chinesischen Kaiser Qin Shi Huangdi. Verbrannt wurden vor allem historische Aufzeichnungen und die Aufzeichnungen von Streitgesprächen zwischen Vertretern unterschiedlicher philosophischer Schulen. Es wurden aber nicht sämtliche Schriften unliebsamer Werke verbrannt, da es nicht darum ging die Lektüre bestimmter Schriften zu verbieten, vielmehr sollte erreicht werden, dass deren breite Diskussion und die Schaffung intellektueller Zentren abseits des Kaiserhofes verhindert wurde; - In der Mitte des 15. Jahrhunderts war mit der Erfindung des Buchdrucks eine neue Herausforderung für die katholische Kirche entstanden: nun ging es nicht mehr darum, einzelne , per Hand kopierte Schriften zu verbieten und zu vernichten, sondern hunderte und tausende jederzeit reproduzierbarer Bücher. Schon kurz nach der Erfindung des Buchdrucks um 1450 durch Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg, lassen sich Erlasse finden , die die Verbreitung von Schriften ohne vorherige Genehmigung untersagen. Es gab hier folglich eine Vorzensur. Dieser Prozess vollzog sich in drei Schritten: Am Anfang stand die kirchliche Zensur; diese wurde zunehmend durch weltliche Instanzen ersetzt und von ihnen übernommen. Im letzten/dritten Schritt trat die weltliche Zensur ganz in den Vordergrund. Dieser Prozess der Überwachung, der damit begründet wurde, dass er dem Schutz der Religion, dem Staatsinteresse und dem Schutz der guten Sitten diene, ist auch in den Folgejahren zu verfolgen: 10 Literaturangaben zu Punkt 2 dieser Arbeit, soweit nicht extra ausgewiesen: Zensurgeschichte – Allgemein, im Internet abrufbar unter: http://www.informatik.uni-oldenburg.de/~iug09/zen/sub/geschichte.html; Dokumentation : Der lange Marsch. Die Geschichte von Zensur und Pressefreiheit, veröffentlicht auf den Internetseiten der Deutschen Druck-und Verlagsgesellschaft, im Internet abrufbar unter: http://www.ddvg.de/w/files/neue-dokumente /sonstige-dokumente/der_lange_marsch..pdf; HEINE, MATTHIAS, Eine unzensierte Geschichte der Zensur, Welt N24, 04.11.2015, im Internet abrufbar unter: https://www.welt.de/print/welt_kompakt/debatte/article 148456660/Eine-unzensierte-Geschichte-der-Zensur.html. WEYH, FLORIAN FELIX, Eine Geschichte der Zensur , Deutschlandfunk, 13 06. 2006, im Internet abrufbar unter: http://www.deutschlandfunk.de/eine-geschichteder -zensur.700.de.html?dram:article_id=82749. WILKE, JÜRGEN, Zensur und Pressefreiheit, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hrsg. vom Leibniz Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2013-04-18. Im Internet abrufbar unter: http://ieg-ego.eu/de/threads/europaeische-medien/zensur-und-pressefreiheit-in-europa. 11 Die Glut des Bösen, Bücherverbrennungen, Tagesspiegel, 1.3.2012, im Internet abrufbar unter: http://www.tagesspiegel .de/kultur/buecherverbrennungen-die-glut-des-boesen/6271252.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 9 - 1530 verpflichteten sich die Reichsfürsten, Reformbestrebungen zu kanalisieren, was dann im Augsburger Relgionsfrieden von 1555 sein vorläufiges Ende fand. - 1559 wurde der Index librorum prohibitorum, der Index der verbotenen Bücher, von Papst Paul IV. erstellt und auf dem Konzil von Trient erlassen. - 1654: das Buch „De cive“ von Thomas Hobbes, in dem er einen auf Vernunft gegründeten Staat fordert, kommt auf den Index. - 1754: in Wien wurde unter der Herrschaft von Kaiserin Maria Theresias ein Index von 4615 verbotenen Büchern erstellt, der bis 1780 Gültigkeit hatte. - „1777 musste in Wien der unter Kaiserin Maria Theresia eingeführte Index der verbotenen Bücher von der Zensurkommission selbst auf den Index gesetzt werden; er hatte sich zu einem gesuchten Führer durch die kirchenfeindliche und erotische Literatur entwickelt .“12 - 1788: das erneuerte Zensur-Edikt von Friedrich Wilhelm II vom 19. Dezember 1788 schränkte persönliche Freiheiten ein. - Im 18. Jahrhundert beschleunigte sich die Entwicklung und die Obrigkeit entdeckte den Nutzen der Druckerpresse für ihre eigenen Ziele. In jener Zeit entstand auch der formaljuristisch verstandene Begriff der „Preßfreiheit“. Während Zeitungen und Zeitschriften im 18. Jahrhundert einem wachsenden lesekundig werdenden Bürgertum zunächst hauptsächlich der Unterhaltung dienten, bemächtigte sich die Aufklärung dieser Medien und führte zu einem Umschwung. Publikationen wurden jetzt auch genutzt, um den ideologischen Aspekt der Aufklärung zu vermitteln. - In den Jahren 1847 und 1848 tauchten die Forderungen nach Pressefreiheit überall in Deutschland auf. Erstmals gesetzlich verankert wurde die Freiheit der Presse in der Verfassung der Paulskirche vom 28. März 1849, deren Art. IV, § 143, Abs. 2 lautet: „Die Preßfreiheit darf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maaßregeln, namentlich Censur, Concessionen, Sicherheitsbestellungen, Staatsauflagen. Beschränkungen der Druckereien oder des Buchhandels, Postverbote oder andere Hemmungen des freien Verkehrs beschränkt, suspendirt oder aufgehoben werden.“13 - Mit dem Reichspressegesetz vom 7. Mai 1874 wurde die Pressefreiheit erstmals gesetzlich einheitlich in Deutschland geregelt. Diese gesetzlichen Regelungen waren teilweise bis 1966 in der Bundesrepublik Deutschland in einzelnen Ländern gültig. Die Bestimmungen 12 Holzer, Johann (2011), Kunst und Spektakel, Skandale im Beziehungsraum zwischen Literatur und Macht, in: Kristin Bulkow/Christer Petersen (Hg.), Skandale, Strukturen und Strategien öffentlicher Aufmerksamkeitserzeugungen , Wiesbaden, S. 249-161, hier: S. 253. 13 Der ganze Verfassungstext ist im Internet abrufbar unter: http://www.verfassungen.de/de/de06-66/verfassung48- i.htm. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 10 untersagten zwar Zensurmaßnahmen, gestatteten aber gewisse Einschränkungen der Pressefreiheit aufgrund von einzelnen Gesetzen.14 - Die Verfassung der Weimarer Republik vom 31. Juli 1919 (verkündet am 14. August 1919) übernimmt mit Art. 118 die Freiheit der Presse, wie sie 1848 bereits gefordert worden war. Mit dem Republikschutzgesetz vom 21. Juli 1922 wurden dann aber wieder Eingriffe in die Presse- und Versammlungsfreiheit gestattet. - Massive Einschränkungen der Pressefreiheit erfolgten in der Zeit des „Dritten Reichs“, so am 4. Februar 1933 durch die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes“15, in der sich in Abschnitt II zahlreiche Paragraphen finden lassen, die die Pressefreiheit massiv einschränken. - Nach der faktischen Machtübernahme durch die Nationalsozialisten erfolgte mit dem „Erlass über die Einrichtung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda“ vom 13. März und der Verordnung über die Aufgaben dieses Ministeriums die Einrichtung einer zentralen Lenkung von Presse, Rundfunk und Film, die durch Weisungen in täglichen Pressekonferenzen deutschlandweit organisiert wurde.16 - Diese Entwicklung gipfelte in der Gleichschaltung der Presse und der „Bücherverbrennung “ von 1933.17 - Mit der Verabschiedung des Grundgesetzes am 8. Mai 1949 durch den Parlamentarischen Rat in Bonn, trat auch Art. 5 Abs. 1, der lautet: „Eine Zensur findet nicht statt“, in Kraft. - Ab dem 3. Oktober 1990 gilt das Grundgesetz und damit auch Art. 5 Abs.1 GG ebenfalls in den neuen Bundesländern. 3. Aktuelle Situation und Gesetzeslage Neben der in der historischen Darstellung insbesondere auf Druckwerke (Bücher, Zeitschriften etc.) ausgerichteten Zensur, haben sich mit der Entwicklung der neuen Medien und des Internets gerade in diesem Bereich vielfältige Formen der Zensur entwickelt, obgleich internationales Recht die Meinungsfreiheit schützt und Zensur untersagt. 14 Vgl.: http://pressefreiheit-wissen.de/geschichte/bismark.html. 15 Vgl.: http://www.documentarchiv.de/ns/schutz-dt-vlk.html. 16 Vgl.: http://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/1169535. 17 Vgl.: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/etablierung-der-ns-herrschaft/buecherverbrennung.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 11 Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte schützt das Recht jedes Menschen auf freie Meinungsäußerung einschließlich des Rechts, seine Meinung zu verbreiten und die Meinungen anderer zu hören. Artikel 19 verbietet damit jede Form staatlicher Zensur.18 Darüber hinaus beinhaltet Art. 19 aber auch einen Schutz der Informationsfreiheit als Bestandteil der Meinungsfreiheit . Informationssuche, auch über das Internet, ist durch Artikel 19 geschützt. Die Freiheit der Meinungsäußerung ist allerdings nur im Rahmen der anderen Menschenrechte geschützt. Dies bedeutet, dass sie ihre Grenze dort findet, wo die Ehre anderer Menschen verletzt wird oder zur Verletzung von deren körperlicher Unversehrtheit und Freiheit aufgerufen wird. Nicht gedeckt durch das in Art. 19 gewährleiste Recht auf freie Meinungsäußerung ist damit Rassismus und Gewaltverherrlichung. Im Internet wird dieses allgemeine Menschenrecht immer häufiger missachtet und verletzt. Hierauf weisen Organisationen wie „Reporter ohne Grenzen“, „Freedom House“ oder die „OpenNet Initiative“ regelmäßig hin. Die Organisationen registrieren sowohl eine Zunahme der Zensur im Internet, als auch vielfach die Einführung restriktiverer Maßnahmen in diesem Bereich. Dabei ist Zensur keineswegs auf autoritäre Staaten begrenzt, sondern findet sich ebenso in demokratisch geprägten Ländern, worauf eingangs bereits hingewiesen wurde. Auch wurde festgestellt, dass Zensur im Internet überwiegend durch staatliche Stellen ausgeübt wird.19 Auch in Deutschland gibt es Restriktionen20, nicht nur wie bereits erwähnt aufgrund des Jugendschutzes, sondern auch in der Diskussion und Auslegung dessen, was unter Kunstfreiheit bzw. Satire zu verstehen ist. Der Fall um das „Böhmermann-(Schmäh)-Gedicht“ ist nur ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit 21. Gemäß der von der Bundeprüfstelle für jugendgefährdende Medien veröffentlichten Statistik, gehörten 2016 allein 4880 Telemedien/Online-Angebote zu den indizierten Telemedien sowie Trä- 18 Artikel 19: „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten“, der Vertragstext ist im Internet abrufbar unter: https://www.menschenrechtserklaerung.de/die-allgemeine-erklaerung-der-menschenrechte- 3157/. 19 Vgl.: Academic, Deutsch Wikipedia - Zensur im Internet, abrufbar unter: http://deacademic .com/dic.nsf/dewiki/1545985; sowie: Grimme-Institut, Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbH, Im Blickpunkt: Zensur im Internet, S. 3, abrufbar unter: http://imblickpunkt.grimme-institut.de/wp/wp-content /uploads/2014/12/IB-Zensur-im-Internet.pdf. 20 Vgl.: http://www.medienzensur.de/seite/zensur/literatur.shtml. 21 Vgl: ZDF löscht Böhmerman-Gedicht auf Erdogan, im Internet abrufbar unter: http://www.spiegel.de/kultur /tv/zdf-zensiert-boehmermann-schmaehgedicht-auf-erdogan-a-1085087.html; Böhmermann-Affäre, https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%B6hmermann-Aff%C3%A4re. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 12 germedien, deren Listenaufnahme gemäß § 24 Abs. 3 Satz 2 JuSchG nicht öffentlich bekannt gemacht wurden.22 An diesem Beispiel zeigt sich auch die Problematik der praktischen Umsetzung von Sperrlisten. Da mit den Listen keine zusätzliche Aufmerksamkeit oder die Neugier zusätzlicher Nutzer geweckt werden soll, sie somit nicht öffentlich sein sollen, ist die Praxis der Sperrung damit auch schwer zu überprüfen. Hier stellt sich dann die Frage, ob tatsächlich nur Seiten mit verbotenen Informationen und Bildern auf den Sperrlisten stehen. Nutzer und Anwender befürchten vielmehr, dass staatliche Stellen ihre auch technischen Möglichkeiten nutzen, um Seiten im Internet zu „zensieren“ und dass dies teilweise unkontrolliert erfolgt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung aus dem Jahr 2009: „Im Sommer 2009 beschloss die Bundesregierung das Zugangserschwerungsgesetz, um den Zugriff auf kinderpornografisches Material im Internet zu erschweren. Dazu sollte das Bundeskriminalamt eine geheime Liste von Websites verwalten und an die Internetanbieter geben. Nach Protesten gegen diese Internet-Sperrlisten und für die Bekämpfung von Kinderpornografie wurde das Gesetz nie angewendet und Ende 2011 wieder abgeschafft .“23 Auch ein aktuelles Gesetz zur Regelung des Internets, das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG), das am 1. Oktober 2017 in Kraft trat24, wird in der öffentlichen Diskussion mit dem Begriff der Zensur in Verbindung gebracht, bzw. als eine Maßnahme der „Zensur“ eingestuft25. Mit dieser Regelung würde weit über das Ziel hinausgeschossen, so die Kritik. Das Gesetz schreibt vor, dass Betreiber sozia- 22 § 24 Abs. 3 JuSchG zur Führung der Liste jugendgefährdender Medien lautet: „ Wird ein Trägermedium in die Liste aufgenommen oder aus ihr gestrichen, so ist dies unter Hinweis auf die zugrunde liegende Entscheidung im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Von der Bekanntmachung ist abzusehen, (…)wenn anzunehmen ist, dass die Bekanntmachung der Wahrung des Jugendschutzes schaden würde.“ (eigene Hervorhebung). Siehe auch BPJM – Modul, im Internet abrufbar unter: http://www.bundespruefstelle.de/bpjm/Aufgaben/Listenfuehrung /bpjm-modul.html. 23 Grimme-Institut, Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur mbH, Im Blickpunkt: Zensur im Internet, S. 3, abrufbar unter: http://imblickpunkt.grimme-institut.de/wp/wp-content/uploads/2014/12/IB-Zensur-im-Internet .pdf, S. 6. 24 Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) vom 1. September 2017 (BGBl. I S. 3352). 25 Vgl. z.B.: Mühlbauer, Peter, Bundestag winkt Zensurgesetz durch, Telepolis, 30. Juni 2017, im Internet abrufbar unter: https://www.heise.de/tp/features/Bundestag-winkt-Zensurgesetz-durch-3760024.html; Krempl Stefan, Netzwerkdurchsetzungsgesetz und Zensur: „Das Hauptproblem bleibt“, Heise online vom 27. 06. 2017, im Internet abrufbar unter: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Netzwerkdurchsetzungsgesetz-und-Zensur-Das- Hauptproblem-bleibt-3757144.html, Gujer, Eric, Deutschland, die Zensur-Republik, Neue Züricher Zeitung, NZZ, 13. 04. 2017, sowie: Reuter, Markkus, Europäische Bürgerrechtler kritisieren Netzwerkdurchsetzungsgesetz , netzpolitik.org., Meldung vom 28.06. 2017, im Internet abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2017/europaeische -buergerrechtler-kritisieren-netzwerkdurchsetzungsgesetz/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 13 ler Netzwerke wie Facebook , Twitter und You Tube „ offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden“ nach Eingang einer Beschwerde löschen müssen. Für weniger gravierende Inhalte oder Äußerungen ist eine Frist von einer Woche vorgesehen. um über Löschung oder Sperrung zu entscheiden. Plattformen wie Facebook, Google oder Twitter werden somit mit dem Gesetz gezwungen, „offensichtlich rechtswidrige Inhalt binnen 24 Stunden zu löschen“. Die genannten Plattformen werden mit dem Gesetz quasi aufgefordert, darüber zu entscheiden, was „offensichtlich rechtswidrig“ ist und eine Zensur derart durchzuführen, dass sie eine Löschung der Inhalte vornehmen. Eine solche Regelung verstoße gegen die Menschenrechte, gegen das Recht auf Meinungsfreiheit so der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit David Kaye. Er kritisiert in einem offenen Brief vom 1. Juni 201726, dass die im NetzDG geforderten inhaltlichen Restriktionen auf unklaren Definitionen strafrechtlich relevanter Äußerungen basieren. Unter die zu löschenden Informationen würden so teilweise bereits Beleidigungen oder Diffamierungen fallen. Eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit von Inhalten sei aber immer auch kontextabhängig und so könnten nicht alle Vergehen in Netzwerken gleich bewertet werden. Die vorgeschlagenen hohen Strafen würden Bedenken hinsichtlich der Proportionalität auslösen und Betreiber von sozialen Netzwerken dazu veranlassen, Inhalte im Zweifel eher zu löschen, um eine Strafe zu vermeiden. Kaye kritisiert außerdem, dass das Gesetz die Entscheidung allein den Netzwerkbetreibern überlasse und keinen Richtervorbehalt vorsehe und damit eine juristische Kontrolle nicht gegeben sei. Ohne juristische Kontrolle aber sei die Abgabe der Verantwortung für die Löschung von Inhalten Dritter an private Firmen nicht mit den internationalen Menschenrechtsbestimmungen vereinbar. Auch der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland hat sich in die Debatte zum Vorgehen gegen Hasskommentare und „Fake News“ in sozialen Netzwerken eingeschaltet und gewarnt, dass bei staatlichen Maßnahmen gegen Falschnachrichten die Gefahr der Zensur bestehe. Gegenüber der Deutschen Presse Agentur sagte er, dass man bei Inhalten, die nicht klar illegal sind, vorsichtig sein sollte. Das könne zu einer Art Zensur werden und auf die falsche Weise genutzt werden. Er befürchtete, dass Politiker unliebsame Meinungen als Fake News abtun könnten, um so eine Debatte darüber schnell zu beenden.27 In der öffentlichen Debatte zu dem jetzt vorliegenden und vielfach kritisierten Netzwerkdurchsetzungsgesetz geht es deshalb auch um die Frage, ob es eine grundrechtswidrige Maßnahme der 26 Vgl.: http://www.ohchr.org/Documents/Issues/Opinion/Legislation/OL-DEU-1-2017.pdf. 27 Vgl.: Europarat: Warnung vor „Zensur“ bei Bekämpfung von Fake News, heise online, Meldung vom 18. 01. 2017, im Internet abrufbar unter: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Europarat-Warnung-vor-Zensurbei -Bekaempfung-von-Fake-News-3600389.html, sowie: Europarat warnt vor Zensur, Der Tagesspiegel, Meldung vom 17. 06. 2017, im Internet abrufbar unter. http://www.tagesspiegel.de/politik/thorbjoern-jagland-zumkampf -gegen-fake-news-europarat-warnt-vor-zensur/19945694.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 064/17 Seite 14 Zensur darstellt28 oder doch dem Schutz der Bürgerinne und Bürger vor Angriffen aus dem Internet dient. Ob die gesetzliche Maßnahme somit ihrem angestrebten Ziel gerecht wird, mit der Einführung von bußgeldbewehrten Compliance-Regeln für soziale Netzwerke, effektiv und unverzüglich gegen Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte im Netz vorgehen zu können, wie es im Gesetzentwurf vom 16. 05. 2017 heißt. **** 28 Vgl.: Kalscheuer, Fiete und Hornung, Christian (2017), Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz - Ein verfassungswidriger Schnellschuss, NVwZ S. 1721-1727. Steinhöfel, Joachim Nikolaus 2017, Neue Blamage für Maas – Wissenschaftlicher Dienst: „Netzwerkdurchsetzungsgesetz verfassungswidrig!, im Internet abrufbar unter: https://www.steinhoefel.com/2017/06/neue-blamage-fuer-maas-wissenschaftlicher-dienst-netzwerkdurchsetzungsgesetz -verfassungswidrig.html; Spielkamp Matthias im Gespräch mit Dieter Kassel, Netzwerkdurchsetzungsgesetz , „Der Schritt in die Zensur ist nicht weit“, im Internet abrufbar unter. http://www.deutschlandfunkkultur .de/netzwerkdurchsetzungsgesetz-der-schritt-in-die-zensur-ist.1008.de.html?dram:article_id=389134, sowie: Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Entwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Vereinbarkeit mit der Meinungsfreiheit, WD 10-3000-040/17 – Vor diesem Hintergrund hat die Fraktion der AfD einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes eingebracht; vgl.: Gesetzentwurf der Fraktion der AfD „Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, BT-Drs. 19/81 vom 20. 11.2017.