Rundfunkfinanzierungssysteme in Europa - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 060/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Rundfunkfinanzierungssysteme in Europa Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 060/08 Abschluss der Arbeit: 28. Juli 2008 Fachbereich WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Länder im Überblick 4 2.1. Albanien 4 2.2. Dänemark 4 2.3. Deutschland 4 2.4. Finnland 5 2.5. Frankreich 5 2.6. Großbritannien 6 2.7. Irland 6 2.8. Italien 7 2.9. Niederlande 7 2.10. Norwegen 7 2.11. Polen 8 2.12. Schweden 9 2.13. Schweiz 9 3. Höhe der Rundfunkgebühren 10 - 3 - 1. Einleitung Einen Überblick über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in 21 europäischen Staaten findet sich in einer Studie der Rundfunk & Telekom Regulierungs- GmbH (RTR) Wien aus dem Jahre 2002.1 Eventuelle neue Entwicklungen können sich höchstens in der jeweiligen Höhe der Gebühren ergeben haben. Eine Darstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in ausgewählten Staaten Mittel- und Osteuropas findet sich in einer Veröffentlichung der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle aus dem Jahr 2000.2 Aktualisierungen dieser Studien liegen zurzeit leider nicht vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich an den jeweiligen Finanzierungssystemen nichts geändert hat. Lediglich die Höhe der Gebühren wird sich, wie erwähnt, in einigen Staaten verändert haben. Die meisten Staaten Europas haben einen öffentlich-rechtlichen oder einen ähnlich gestellten Rundfunk, der in Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien , Irland, Island, Italien, Malta, Norwegen, Polen, Schweden, Schweiz, Slowenien und Tschechien ebenso wie in Deutschland über Rundfunkgebühren finanziert wird. In Europa existieren mehrere Modelle des Gebühreneinzugs. Das Einzugsverfahren findet zum Beispiel in Großbritannien und Dänemark durch die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt selbst statt. In Österreich, Deutschland und der Schweiz sind für das Gebühreninkasso beauftragte Gesellschaften zuständig. Durch den Staat – mittels Steuer – werden sie in Spanien, Portugal, Luxemburg, Belgien, Niederlande und Frankreich eingezogen . In Frankreich findet dies gemeinsam mit der Wohnabgabe statt. In Griechenland und Zypern handelt es sich bei der Rundfunkgebühr um einen Aufschlag auf die Stromrechnung, deren Höhe vom jeweiligen Stromverbrauch abhängt. Keine Rundfunkgebühren werden in Liechtenstein, Ungarn und Monaco erhoben. 1 Anlage 1. 2 Anlage 2. - 4 - 2. Länder im Überblick 2.1. Albanien Die Rundfunkgebühr beträgt pro Jahr 800 Lek, rund € 6,50; das sind 0,35 Prozent vom BIP je Einwohner, das rund € 2.000 pro Jahr beträgt. 2.2. Dänemark Die Gebühr im privaten Bereich wird pro Haushalt erhoben; Ferienhäuser sind eingeschlossen . Gewerbliche Nutzer zahlen eine Gebühr pro Gerät, bei fünf Geräten in einem Raum ist lediglich eine Gebühr fällig. Sozialhilfeempfänger können eine Gebührenminderung bis zur Höhe von 50 Prozent erhalten. Die Gebühren einziehende Stelle hat Zugriff auf das zentrale Personenregister, das kommunale Straßencode-Register sowie das Haus- und Wohnungsregister. Der Einzelhandel muss Käufer und Mieter von TV- Geräten und Videorecordern melden3. Die jährliche Rundfunkgebühr beträgt € 273,40.4 2.3. Deutschland Die Rundfunkgebühr – zurzeit € 201,80 pro Jahr5 – ist in Deutschland eine der wichtigsten Finanzierungsquellen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Etwa zu 80 Prozent finanzieren sich ZDF, ARD, 3sat etc. aus den Gebühren. Der Rest kommt aus Einnahmen aus Werbung und Sponsoring. Den Gebühreneinzug führt in Deutschland die GEZ durch. Die GEZ ist eine Gemeinschaftseinrichtung der öffentlich-rechtlichen ARD- Landesrundfunkanstalten und des Zweiten Deutschen Fernsehens. Die GEZ erhält die für ihre Aufgabe notwendigen Daten zum einen von den Rundfunkteilnehmern selber, die die bei Banken und Sparkassen erhältlichen Anmeldeformulare ausfüllen und direkt 3 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa, GEZ 2002, http://www.gez.de. 4 EBU, 2005. 5 ebenda. - 5 - an die GEZ senden. Diese erstellt daraus entsprechende Gebührenbescheide und speichert Anmeldezeiträume, Zahl der Empfangsgeräte pro Haushalt und sonstige Abrechnungsdaten . Zum andern dürfen die Meldebehörden der GEZ mitteilen, wenn eine volljährige Person zuzieht, wegzieht oder verstirbt. Etwa 1,7 Prozent der eingezogenen Gebühren entfallen auf die Kosten der Gebührenerhebung.6 2.4. Finnland Die Rundfunkgebühr beträgt € 194 pro Jahr7. Als Berechnungsgrundlage gilt die Gebühr pro Haushalt; Ferienhaus ist eingeschlossen. Je Behörde, Schule, Betrieb etc. wird eine Gebühr erhoben. Eine Gebührenbefreiung können Bewohner von Alten- und Pflegheimen etc. erhalten. Die Gebühren einziehende Stelle erhält automatisch Anschriftenänderungen aus dem nationalen Melderegister. Außerdem erfolgt ein Datenabgleich mit dem Melderegister zur Ermittlung der Haushalte ohne TV-Lizenz. 50 bis 60 Prozent sind illegale TV-Nutzer. Deren Ansprache erfolgt über Briefpost oder durch Außendienstmitarbeiter.8 2.5. Frankreich Auch in Frankreich gehört die Rundfunkgebühr – zurzeit € 116,509 – zu den wichtigsten Einnahmequellen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zu 72 Prozent finanziert sich France TV durch Gebühren. Die Gebührenerhebung wird hier durch das Ministerium für Finanzen sichergestellt, also nicht wie in Deutschland, Österreich oder Großbritannien von Organisationen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dementsprechend ist die Gebühr streng genommen eine Steuer, über deren Erhebung das Finanzministerium Aufsicht führt. Gebührenempfänger ist folglich auch die Staatskasse, die dann das Geld aufteilt und ca. 70 Prozent davon an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk weitergibt. Zu diesem Zwecke ist der „Service de la Redevance“ geschaffen worden. Zu den Beson- 6 RTR 2002, S. 10/Anlage 1. 7 EBU, 2005. 8 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. 9 EBU, 2005. - 6 - derheiten des französischen Modells gehört die Anzeigepflicht der Händler, die Käufer von Rundfunkgeräten melden müssen.10 2.6. Großbritannien In Großbritannien finanziert sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk über die so genannten Lizenzgebühren in Höhe von € 184,80,11 die der BBC in voller Höhe zufließen. Im Jahre 2005/2006 waren das 3,1 Millionen Britische Pfund.12 Lizenzpflichtig sind nur Fernsehgeräte. Für kostenlose Lizenzen, die an Personen gehen, die unter einen Befreiungstatbestand fallen, kommt die Staatskasse auf, indem sie die Ausfälle kompensiert. BBC stellt keine Sendeplätze für Werbung zur Verfügung, so dass eine Einnahmequelle aus Werbung ausscheidet. Für den Gebühreneinzug ist die TV Licensing verantwortlich. Zunehmend wird die Tendenz zum Outsourcing deutlich, um die Kosten bei der Gebührenerhebung zu senken. Auch in Großbritannien werden Pläne diskutiert, die Rundfunkgebühr abzuschaffen, was die BBC dazu zwingen wird, sich neue Einnahmequellen zu suchen. Besonders ausgeprägt ist in Großbritannien die Fahndung nach so genannten Schwarzsehern, unter anderem werden mit Peilsendern Rundfunkgeräte aufgespürt.13 2.7. Irland Im privaten Bereich wird eine Lizenz pro Haushalt vergeben; Zweitwohnsitz inklusive. Im nicht privaten Bereich wird eine Lizenz pro Behörde, Geschäftsstelle oder Schule vergeben. Für diese Lizenz ist eine Gebühr in Höhe von € 15514 pro Jahr zu zahlen. Bei Zahlungsverweigerung kann eine Geldstraße in Höhe von bis zu € 400 verhängt werden. In der Regel gibt es jedoch Strafen in Höhe von 4 bis 8 €. Sozialhilfeempfänger sind 10 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. 11 EBU, 2005. 12 Siehe BBC Annual Report an Accounts 2006/06, S. 92. http://www.bbc.co.uk/foi/docs/annual_reports_and_reviews/annual_report_and_accounts/BBC_Ann ual_Report_2005_06.pdf. 13 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. 14 EBZ, 2005. - 7 - von den Lizenzgebühren befreit. Diese Lizenz wird dann von der zuständigen staatlichen Stelle finanziert.15 2.8. Italien Die drei nationalen Radioprogramme sowie die Fernsehsender Rai Uno, Rai Due sowie Rai Tre sind unter der staatlich kontrollierten Organisation RAI-TV zusammengefasst. Daneben existiert eine Vielzahl an Privatsendern, die ihre Stationen in fast jeder größeren Stadt haben. Diese finanzieren sich durch einen sehr hohen Anteil an Werbung. Während Radioempfangsgeräte nicht mehr lizenzpflichtig sind, wird pro Privathaushalt, inkl. Ferienhaus, eine Lizenz in Höhe von € 99,6016 pro Jahr erhoben. Im nicht privaten Bereich muss je Institution eine Gebühr bezahlt werden, diese ist höher als die der Privathaushalte . Schulen sind von der Gebührenzahlung befreit. Im Falle der Nichtzahlung – nach Erinnerung und Mahnung – wird das Gerät unbrauchbar gemacht.17 2.9. Niederlande Seit 2000 ist die Rundfunkgebühr abgeschafft und durch eine erhöhte Einkommensteuer ersetzt worden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird aus Steuermitteln finanziert.18 2.10. Norwegen Für Privathaushalte sind jährliche Gebühren in Höhe von € 237,7019 für eine Lizenz zu entrichten; Ferienhaus ist inklusive. Der Radioempfang ist gebührenfrei. Im nicht privaten Bereich ist für jedes Gerät eine Lizenz erforderlich. Hotels müssen pro zehn Geräte in Gästezimmern eine Lizenz erwerben. Im Falle der Nichtzahlung wird die Gebühr 15 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. 16 EBU, 2005. 17 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. 18 ebenda. 19 EBU, 2005. - 8 - durch Gerichtsvollzieher eingetrieben. Das Gerät wird beschlagnahmt und versteigert. Behinderte mit geringem Einkommen, Bildungseinrichtungen, Schiffe und Gefängnisse sind von der Gebührenzahlung befreit. Zur Überprüfung der Gebührenzahlung ist der Online-Zugriff auf das nationale Personenregister möglich. Die Händlerorganisation meldet Verkäufe und Vermietungen von TV-Geräten und Videorekordern. Regularien zum Gebühreneinzug kann die Rundfunkanstalt selbstständig festlegen.20 Österreich Der österreichische öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert sich zunächst zu 50 Prozent aus den Rundfunkgebühren. 66 Prozent der in Österreich eingezogenen Gebühren fließen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu. Der Rest fließt in den Bundeshaushalt, an die Länder, in die Kulturfinanzierung und ein marginaler Anteil in die Finanzierung der Gebührenerhebung. Die Rundfunkgebühr – in Höhe von durchschnittlich zurzeit in Höhe von € 23821 – setzt sich aus diversen Anteilen zusammen und wegen des variierenden Länderbeitrages ist die Rundfunkgebühr in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich hoch. Der Bund erstattet Gebührenausfälle durch Befreiungen. Der Einzug der Gebühren wird von der Gebühren Info Service GmbH (GIS), einer Tochtergesellschaft des ORF, durchgeführt.22 2.11. Polen Neben den drei öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen von Telewizja Polska (TVP) gibt es TVN und Polsat. Die öffentlich-rechtliche polnische Hörfunkanstalt Polskie Radio hat durch die Programme Radio Zet und RMF Konkurrenz bekommen. Ein katholischer Sender ist Trwam, der zu Radio Maryja gehört. Die Rundfunkgebühr beträgt pro Jahr € 41,40.23 20 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. 21 EBU, 2005. 22 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. 23 EBU, 2005. - 9 - 2.12. Schweden Weil die Sozialdemokraten in Schweden in den 80er-Jahren Parabolantennen verbieten lassen wollten, gibt es erst seit den 90er-Jahren privates Radio und Fernsehen – als zweitletzter Staat Europas, knapp vor Albanien. Pro Privathaushalt ist eine Gebühr in Höhe von € 203,9024 pro Jahr zu entrichten. Im nicht privaten Bereich wird eine Gebühr für je zehn Geräte erhoben. Bei Nichtzahlung kann ein beauftragtes Inkassounternehmen Zuschläge erheben und Rückstände eintreiben. Eine Befreiung von der Gebühr ist nicht möglich.25 2.13. Schweiz Die Programme der staatlichen SRG SSR idée suisse werden durch Gebühren und Werbung finanziert. Pro Privathaushalt ist die Gebühr in Höhe von € 28926 pro Jahr zu entrichten . Im nicht privaten Bereich ist pro Geschäftstelle eine Gebühr fällig, diese ist höher als die der Privathaushalte. Im Falle unterlassener Anmeldung ist ein Bußgeld von SFR 100 bis 800 zuzüglich der Verfahrenskosten fällig. Behinderte und Rentner mit geringem Einkommen sind von der Gebührenzahlung befreit.27 24 EBU, 2005. 25 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. 26 EBU, 2005. 27 W. Lewke, Rundfunkgebühren in Europa. - 10 - 3. Höhe der Rundfunkgebühren28 (Stand 2005) Land in Euro Dänemark 273,40 Deutschland 201,80 Finnland 194,00 Frankreich 116,50 Großbritannien 184,80 Irland 155,00 Island 363,60 Italien 99,60 Kroatien 101,60 Norwegen 237,70 Österreich 238,00 Polen 41,40 Rumänien 21,10 Schweden 203,90 Schweiz 289,00 Slowenien 131,90 Tschechien 51,10 28 EBU, 2005.