© 2020 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 059/20 Arbeitsbedingungen für Kulturschaffende Initiativen der BKM und der EU Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 2 Arbeitsbedingungen für Kulturschaffende Initiativen der BKM und der EU Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 059/20 Abschluss der Arbeit: 3. Dezember 2020 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Initiativen der Bundesbeauftragen für Kultur und Medien (BKM) 4 2.1. Zuständigkeit der BKM 4 2.2. Initiativen zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit 5 2.2.1. Das Projektbüro „Frauen in Kultur & Medien“ 6 2.2.1.1. Ziele des Projektbüros 6 2.2.1.2. Erfolge 8 2.2.1.3. Förderung 8 2.2.2. Vereinbarkeit von Familie und Karriere 8 2.2.3. Vertrauensstelle gegen sexuellen Missbrauch 9 2.2.4. EU-Ratspräsidentschaft 9 3. Initiativen auf der Ebene der EU 9 3.1. Europäischer Sozialfonds (ESF) 10 3.2. Studie zu den Arbeitsbedingungen im Kulturbereich 10 4. Anlagen 12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 4 1. Einleitung Der Kulturbereich ist in der Bundesrepublik Deutschland von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Nach Angaben aus dem Jahr 2018 arbeiten 1,3 Millionen Menschen im Kulturbereich ; das sind 3,1 Prozent aller Erwerbstätigen. Zur Bruttowertschöpfung in Deutschland trägt die Kultur mehr bei als die Energieversorgungswirtschaft, die Chemieindustrie oder die Finanzdienstleister .1 Mit der Initiative „Kultur- und Kreativwirtschaft“, die im Jahr 2007 gestartet wurde, hat die Bundesregierung besonderes Augenmerk auf diese Branche gelegt.2 Seitdem wurden zahlreiche Initiativen zur Förderung der Sichtbarkeit und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sowie zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Kultur- und Kreativwirtschaft eingeleitet.3 Im Folgenden werden Initiativen der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) und der EU vorgestellt, die auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Kulturschaffenden abstellen . Im Hinblick auf die Initiativen der BKM liegt hier der Schwerpunkt bei der Förderung der Geschlechtergerechtigkeit. 2. Initiativen der Bundesbeauftragen für Kultur und Medien (BKM) 2.1. Zuständigkeit der BKM Laut Angaben der BKM4 sei sie im Rahmen der so genannten Kulturverträglichkeitsprüfung mitberatend bei der Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Kultur tätig. Dies betreffe auch die Arbeitsbedingungen sowie die soziale Absicherung. Federführend zuständig für die entsprechenden Rechtsgrundlagen sei hier jedoch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. In der Praxis gelte für abhängig Beschäftigte der gesetzliche Mindestlohn und weitere gesetzliche Vorschriften (z. B. hinsichtlich der Arbeitszeit), an die Einrichtungen und Projektträger auch im 1 Deutscher Kulturrat e.V., Schulz, Gabriele/Zimmermann, Olaf, „Frauen und Männer im Kulturmarkt – Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage“, 26.06.2020, S. 14, https://www.kulturrat.de/wpcontent /uploads/2020/10/Frauen-und-Maenner-im-Kulturmarkt.pdf. Alle URL dieses Sachstandes wurden zuletzt am 03.12.2020 abgerufen. 2 Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tabea Rößner, Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn, Ulle Schauws, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland, BT-Drs. 18/11995, 18.04.2017, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/119/1811995.pdf. 3 Im Einzelnen vgl. Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Margit Stumpp, Erhard Grundl, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Kultur- und Kreativwirtschaftspolitik der Bundesregierung, BT-Drs. 19/11835, 22.07.2019, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/118/1911835.pdf. 4 Angaben basieren auf einer Antwort der BKM vom 20.11.2020 auf eine Anfrage der Wissenschaftlichen Dienste vom 10.11.2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 5 Kulturbereich gebunden seien. Unterhalb der gesetzlichen Ebene sei es Aufgabe der BKM im Rahmen der Gremienarbeit in Kultureinrichtungen, auf mögliche prekäre Bedingungen im Rahmen der Projektförderungen aufmerksam zu machen und diesen entgegen zu wirken. Der BKM sei es ein kulturpolitisches Anliegen, sich für angemessene Beschäftigungsbedingungen im Kulturbereich einzusetzen. Die BKM als Zuwendungsgeberin unterstütze die geförderten Einrichtungen in diesem Sinne im Rahmen der Möglichkeiten. Der Haushalt der BKM ist seit 2013 stetig gestiegen und wird sich für das Jahr 2021 voraussichtlich auf fast 2 Milliarden Euro belaufen.5 Das entspricht einem Anstieg von knapp 60 Prozent im Vergleich zum Kulturhaushalt des Jahres 2013. 2.2. Initiativen zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit Die Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit im Kultur- und Mediensektor entspricht dem verfassungsrechtlichen Ziel nach Art. 3 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz (GG): „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Eine von der BKM geförderte und im Jahr 2017 vorgestellte Studie „Frauen in Kultur und Medien : Ein Europäischer Vergleich“6 kommt im Rahmen eines europäischen Vergleichs zu dem Schluss, dass bei der Geschlechtergerechtigkeit in der deutschen Kultur- und Medienbranche Defizite bestehen. So liege beispielsweise der Anteil von Frauen bei Beschäftigten im kulturellen Bereich relativ nah an der Parität. Dennoch sei in Deutschland im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern der Studie der größte geschlechtsspezifische Lohnunterschied im Bereich „Kunst, Unterhaltung und Freizeitindustrie“ festzustellen. Allerdings belegt die Studie auch, dass der Anteil weiblicher Führungskräfte (beispielsweise in Bibliotheken und Museen) in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Verbessert habe sich zudem die Möglichkeit, Kinder ganztätig betreuen zu lassen. 5 Bundesregierung, Bund plant deutlich höhere Ausgaben für Kultur und Medien – Kulturstaatsministerin Grütters: „Investieren in Demokratievermittlung und Verständigungskultur“, Pressemitteilung 341 vom 23.09.2020, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/staatsministerin-fuerkultur -und-medien/aktuelles/bund-plant-deutlich-hoehere-ausgaben-fuer-kultur-und-medienkulturstaatsministerin -gruetters-investieren-in-demokratievermittlung-und-verstaendigungskultur--1790380. 6 Studie der Hertie School of Governance vom 26.10.2017: „Frauen in Kultur und Medien - Ein Europäischer Vergleich“, https://www.hertieschool .org/fileadmin/2_Research/2_Research_directory/Research_projects/Women_in_media_culture/Frauen_in _Kultur_und_Medien-Europa_Final.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 6 2.2.1. Das Projektbüro „Frauen in Kultur & Medien“7 Das Projektbüro „Frauen in Kultur & Medien“ wurde im Juli 2017 vom Deutschen Kulturrat e.V. ins Leben gerufen. Seine Initiierung geht auf die gleichnamige und von der BKM geförderten Studie „Frauen in Kultur und Medien“ des Deutschen Kulturrates e.V.8 zurück, die auf knapp 500 Seiten darlegt, dass von einer Geschlechtergerechtigkeit im Kultur- und Medienbereich noch nicht gesprochen werden könne. In Führungspositionen seien Frauen nach wie vor unterrepräsentiert und würden Benachteiligungen erfahren. Als Reaktion auf diese Studie hat die BKM den Runden Tisch „Frauen in Kultur und Medien“ ins Leben gerufen, um mit konkreten Maßnahmen für mehr Parität in der kreativen Branche zu sorgen. Als Ergebnis entstand schließlich das Projektbüro „Frauen in Kultur & Medien“. 2.2.1.1. Ziele des Projektbüros Das Projektbüro hat sich als Ziel gesetzt, den Diskurs zur Geschlechtergerechtigkeit zu unterstützen und mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen zu unterlegen. Das Projekt richtet sich nach Angaben des Deutschen Kulturrat e.V. an Künstlerinnen, kreative Frauen und an Frauen der Medienbranche, die Führungsverantwortung übernehmen wollen und knüpft an die Arbeit des Runden Tisches „Frauen in Kultur & Medien“ der BKM an. Im Rahmen dieses Projekts sollen Künstlerinnen und andere weibliche Kreative Unterstützung finden, wenn es um bessere Aufstiegschancen, mehr Mitsprache in Gremien und Jurys, faire Bezahlung und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht.9 Darüber hinaus sollen die Maßnahmen auch zur Verbesserung der Wahrnehmung und Vermarktung der von Frauen geschaffenen Werke beitragen.10 Diese Maßnahmen umfassen: Die Konzipierung, Betreuung und Umsetzung eines bundesweiten spartenübergreifenden 1:1-Mentoring-Programms, das karrierebewussten Künstlerinnen und Frauen im Kulturund Medienbereich durch konkrete Beratung und praxisbezogene Unterstützung dazu befähigen soll, Führungspositionen erfolgreich einzunehmen. Hochqualifizierte Künstlerin- 7 Deutscher Kulturrat e.V., „Projektbüro“, https://www.kulturrat.de/thema/frauen-in-kulturmedien /projektbuero/. 8 Studie des Deutschen Kulturrats e.V. vom 15.06.2016: „Frauen in Kultur und Medien – Ein Überblick über aktuelle Tendenzen, Entwicklungen und Lösungsvorschläge“, abrufbar unter: https://www.kulturrat.de/wpcontent /uploads/2016/12/Frauen-in-Kultur-und-Medien.pdf. 9 Vgl. Bundesregierung, „Frauen in Kultur und Medien – Chancengleichheit durchsetzen“ vom 06.03.2020, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/staatsministerin-fuer-kultur-undmedien /aktuelles/frauen-in-kultur-und-medien-chancengleichheit-durchsetzen-1614624. 10 Vgl. Deutscher Kulturrat e.V., „Projektbüro“, https://www.kulturrat.de/thema/frauen-in-kultur-medien/projektbuero /. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 7 nen und Frauen aus dem Kultur- und Medienbereich bekommen profilierte Berufskolleginnen und -kollegen zur Seite gestellt, von deren Erfahrungsschatz und Netzwerk die Mentees profitieren. Die Herausgabe von Dossiers, die der Zeitung Politik & Kultur beigelegt werden. Die rund 60-seitigen Beilagen sollen das Thema Geschlechtergerechtigkeit feuilletonistisch behandeln .11 Die Vernetzung von etablierten sowie neugegründeten Gruppierungen von Frauen, die sich aktiv in ihren jeweiligen Sparten um das Thema Geschlechtergerechtigkeit kümmern. Regelmäßig werden diese Vereine auch in der Zeitung Politik & Kultur portraitiert, um ihre Ziele und Herausforderungen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die Erarbeitung ergänzender Datenreports, die durch spartenspezifische Einzel-Recherchen relevante Unterthemen noch einmal aufarbeiten, um eine strukturierte und zielgerichtete Diskussion – auf Fachtagungen oder in der Öffentlichkeit – zu untermauern. Geplante Themen sind: die Ausbildung an Hochschulen, mit dem Schwerpunkt Kunst- und Musikhochschulen und Berücksichtigung der Unterthemen Professorinnen-Mangel, bzw. Professorinnen-Programme , die soziale und wirtschaftliche Lage von Freiberuflern unter besonderer Berücksichtigung des Gender Pay Gaps, eine Untersuchung von Kultureinrichtungen und -unternehmen unter besonderer Berücksichtigung des Anteils von Frauen in Führungspositionen und in der Selbstständigkeit sowie die individuelle Künstlerförderung, hier insbesondere mit Blick auf Gremienzusammensetzungen . 11 Dossiers sind bereits erschienen: Deutscher Kulturrat e.V., „Wie weiblich ist die Kulturwirtschaft?“, 24.10.2017, abrufbar unter: https://www.kulturrat.de/publikationen/wie-weiblich-ist-die-kulturwirtschaft/ und ders., „Älterwerden als Kulturschaffende: Von 0 auf 100“, 27.08.2018, abrufbar unter: https://www.kulturrat.de/publikationen/aelterwerden-als-kulturschaffende/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 8 2.2.1.2. Erfolge Die BKM hat im Mai 2020 die Förderung des Projektbüros beim Deutschen Kulturrat um drei weitere Jahre verlängert, da die Nachfrage nach den Plätzen im Programm stetig gewachsen sei.12 Für Grütters sei das Programm bisher eine „Erfolgsgeschichte“, die zur „Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen in Kultur und Medien“ entscheidend beitrage. Nach Angaben der BKM liege der Anteil von Frauen auf Stellen mit Leitungsfunktion mittlerweile bei gut 40 Prozent. Weiterhin sei die Zahl der Tandems aus dem Mentoring-Programm von anfangs 13 auf mittlerweile 30 gestiegen. Zudem bewege sich auch die Zahl der Bewerberinnen konstant auf hohem Niveau. Darüber hinaus wurde mittlerweile ein eigenes Alumni-Netzwerk ins Leben gerufen, in dem sich die Teilnehmerinnen dauerhaft miteinander verbinden und in Kontakt bleiben können.13 2.2.1.3. Förderung Das Projektbüro „Frauen in Kultur und Medien“ nahm Ende 2017 seine Arbeit auf und wird mit jährlich 120.000 Euro aus dem Haushalt der BKM gefördert. 2.2.2. Vereinbarkeit von Familie und Karriere Laut eigenen Angaben setzt sich die BKM für eine familienfreundliche Ausgestaltung ihrer Stipendien und Förderungen ein. Im Fall der Villa Massimo14 werde mittlerweile auch Schul- und Kindergartengeld übernommen. Beim Studienzentrum Venedig15 wird eine zusätzliche Wohnung mit Atelier gefördert, die sich als Unterkunft für Stipendiatinnen und Stipendiaten mit Familien eignet. 12 Bundesregierung, Grütters verlängert Förderung des Projektbüros „Frauen in Kultur und Medien: Erfahrungen teilen, Chancen nutzen“, Pressemitteilung 162 vom 12.05.2020, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/staatsministerin-fuer-kultur-undmedien /aktuelles/gruetters-verlaengert-foerderung-des-projektbueros-frauen-in-kultur-und-medien-erfahrungenteilen -chancen-nutzen--1752258. 13 Vgl. Bundesregierung, „Frauen in Kultur und Medien – Chancengleichheit durchsetzen“, 06.03.2020, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/staatsministerin-fuer-kultur-undmedien /aktuelles/frauen-in-kultur-und-medien-chancengleichheit-durchsetzen-1614624. 14 Die Deutsche Akademie Rom Villa Massimo ist eine Kultureinrichtung in Rom. Sie gehört der Bundesrepublik Deutschland und ist die bedeutendste Einrichtung zur Spitzenförderung deutscher Künstlerinnen und Künstler durch Studienaufenthalte im Ausland, https://www.villamassimo.de/de. 15 Das Deutsche Studienzentrum in Venedig ist eine 1972 eingerichtete interdisziplinäre Institution, die wissenschaftliche und künstlerische Arbeiten und Projekte zu Geschichte und Kultur Venedigs und der ehemals venezianischen Gebiete fördert, http://www.dszv.it/de/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 9 Darüber hinaus sind seit der Genehmigung durch die BKM im Juni 2018 auch Kinderbetreuungskosten für Projekte, die von der Filmförderungsanstalt (FFA)16 unterstützt werden, als Herstellungskosten förderfähig. Gleiches gilt für Förderungen aus dem Deutschen Filmförderfonds (DFFF) und dem German Motion Picture Fund. 2.2.3. Vertrauensstelle gegen sexuellen Missbrauch Als Reaktion auf die #MeToo-Debatte über sexuelle Belästigung und Gewalt in der Kultur und Medienbranche hat die BKM die Einrichtung einer unabhängigen Vertrauensstelle17 initiiert. Unter dem Namen „Themis“ hat sie am 01.10.2018 ihre Arbeit aufgenommen. Betroffene insbesondere aus der deutschen Kultur- und Medienbranche können dort juristische und psychologische Beratung von erfahrenen Fachleuten erhalten. Die Vertrauensstelle wird nach Angaben der BKM drei Jahre lang mit jeweils bis zu 100.000 Euro aus dem Haushalt der BKM gefördert. 2.2.4. EU-Ratspräsidentschaft Zudem setzt sich die BKM im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auch auf europäischer Ebene für mehr Geschlechtergerechtigkeit im Kultur- und Medienbereich ein. Nach Angaben der BKM werde Deutschland mit anderen EU-Mitgliedstaaten Schlussfolgerungen erarbeiten, die zu mehr Chancengleichheit im Kulturbereich führen sollen. Darüber hinaus will sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass im Rahmen von kultur- und medienpolitischen Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten auch die Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigt wird.18 3. Initiativen auf der Ebene der EU Die EU-Kommission sieht die Kultur in Europa als einen erheblichen Wirtschaftsfaktor an. Die geldwerte Förderung der europäischen Kulturbranche versteht sie daher u.a. als Gelegenheit zur Beschaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten und Stärkung der Regionen und Städte Europas 16 Die Filmförderungsanstalt ist eine Bundesanstalt des öffentlichen Rechts. Sie ist die nationale Filmförderung Deutschlands und unterstützt sämtliche Belange des deutschen Films. Neben ihrer Aufgabe als Förderinstanz ist die Organisation zentraler Dienstleister für die deutsche Filmwirtschaft, https://www.ffa.de. 17 Themis-Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt e.V., https://themisvertrauensstelle .de/impressum/. 18 Bundesregierung , Kulturstaatsministerin stellt Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft vor - Grütters: "Kultur und Medien finanziell angemessen ausstatten", Pressemitteilung 303, 01.09.2020, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/staatsministerin-fuer-kultur-undmedien /aktuelles/kulturstaatsministerin-stellt-programm-der-deutschen-eu-ratspraesidentschaft-vor-gruetterskultur -und-medien-finanziell-angemessen-ausstatten--1781504. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 10 durch Förderung von wissenschaftlichem Fortschritt.19 So sollen im Kultur-Programmplanungszeitraum 2014-2020 unter dem Namen „Kreatives Europa“ die regionalen und nationalen Behörden insbesondere Fördermaßnahmen in Bereichen der Innovation und Wissenschaft vornehmen20 und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Kultur- und Kreativbranche gestärkt werden.21 3.1. Europäischer Sozialfonds (ESF) In der Förderperiode 2014-2020 stellt die EU rund 80 Milliarden Euro für den Europäischen Sozialfonds (ESF) zu Verfügung. Dieser wendet sich insbesondere gegen Arbeitslosigkeit. Es gibt drei thematische Ziele: Die Förderung nachhaltiger und hochwertiger Beschäftigung und Unterstützung der Mobilität der Arbeitskräfte, die Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung von Armut und jeglicher Diskriminierung sowie Investitionen in Bildung, Ausbildung, und Berufsbildung für Kompetenzen und lebenslanges Lernen.22 In diesem Rahmen wird auch der Arbeitsmarkt im Kulturbereich unterstützt. Das betrifft unter anderem Qualifizierungsmaßnahmen, berufliche Weiterbildung, die Entwicklung von Studienangeboten in kulturellen Fächern unter Einbeziehung von arbeitsmarktrelevanten Fähigkeiten und Existenzgründungen. Ein Umsetzungsbeispiel für die so bereitgestellten Fördergelder ist zum Beispiel ein Projekt der Kultur Projekte Berlin. Mit Fördermitteln u.a. der EU und der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa wurde die Kreativwirtschaftsberatung Berlin ins Leben gerufen, die kostenfreie Beratungen für Selbstständige in der Kultur- und Kreativwirtschaft anbietet.23 3.2. Studie zu den Arbeitsbedingungen im Kulturbereich Finanziert durch das Programm „Kreatives Europa“ hat der Generaldirektor für Bildung und Kultur der EU-Kommission eine Studie in Auftrag gegeben, die den Status und die Arbeitsbedingungen von Künstlern, Kreativen und Kulturschaffenden untersuchen soll. Mit der Durchführung der 19 Europäische Kommission, Regionalpolitik – Kultur, https://ec.europa.eu/regional_policy/de/policy/themes/culture/. 20 Europäische Kommission, Regionalpolitik – Kultur, https://ec.europa.eu/regional_policy/de/policy/themes/culture/. 21 Bundesregierung, EU-Ratspräsidentschaft 2020, EU-Kulturpolitik, https://www.bundesregierung.de/bregde /bundesregierung/staatsministerin-fuer-kultur-und-medien/eu-2020/eu-kulturpolitik. 22 Vgl. Kulturpolitische Gesellschaft e.V., Europa fördert Kultur, Europäischer Sozialfonds (ESF), abrufbar unter: http://www.europa-foerdert-kultur.info/soziales/europaeischer-sozialfonds-esf.html. 23 Homepage der Kreativwirtschaftsberatung: https://www.kreativwirtschaftsberatung-berlin.de/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 11 Studie beauftragt ist das niederländische Forschungsunternehmen „Panteia“ und das belgische Institut „iMinds Smit“. Gemeinsam bilden sie das sog. European Expert Network on Culture and Audiovisual (EENCA). Die Ergebnisse der Studie wurden am 1. Dezember 2020 auf der Homepage von „Culture Action Europe“24 veröffentlicht. Die Studie untersucht die Arbeitsbedingungen im kulturellen und kreativen Sektor.25 Es wird verdeutlicht, dass viele Kulturschaffende zusätzlich zu ihrer künstlerischen Tätigkeit einen Nebenjob haben, um finanzielle und soziale Absicherung zu gewährleisten. Das führe häufig dazu, dass nicht genug Zeit für die künstlerische Tätigkeit übrigbliebe.26 Die Studie kommt zu dem Ergebnis , dass in einigen Fällen Kulturschaffende nicht von den Mindestlohnregelungen ihres Mitgliedsstaats profitieren können, insbesondere dann nicht, wenn sie als Freiberufler oder Selbstständige tätig seien.27 In der Kunst- und Kulturbranche seien 32 Prozent der Arbeitstätigen selbstständig . In anderen Sektoren liege die Zahl bei durchschnittlich 14 Prozent.28 Künstler hätten sehr schwankende Einkünfte. Oft seien sie monatelang mit einer Arbeit beschäftigt, für die sie erst nach Abgabe entlohnt würden. Auch dieser Umstand führe zu erheblichen Schwierigkeiten in der Besteuerung von selbstständigen bzw. freiberuflich tätigen Künstlern. In einigen Mitgliedsstaaten der EU seien besondere Steuerregelungen für Künstler erschaffen worden, um ihrer besonderen Situation entgegenzukommen.29 Die Studie macht den konkreten Vorschlag zur Einführung einer Einkommensmittelung, um diesen Steuerproblemen entgegenzuwirken.30 Wegen der 24 Homepage von Culture Action Europe: https://cultureactioneurope.org/. 25 Die Studie verwendet den Begriff „Cultural and Creative Sector – CCS“, vgl. EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-of-artists-andcreative -professionals-Final-report.pdf. 26 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 7, 20 ff., abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-ofartists -and-creative-professionals-Final-report.pdf. 27 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 9, 52 ff., abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-of-artistsand -creative-professionals-Final-report.pdf. 28 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 18, abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-of-artists-andcreative -professionals-Final-report.pdf. 29 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 10, 70 ff., abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-of-artistsand -creative-professionals-Final-report.pdf. 30 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 10, 71 f., 80, 93, 127, abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditionsof -artists-and-creative-professionals-Final-report.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 059/20 Seite 12 uneinheitlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten begegneten die Kulturschaffenden besonderen steuerrechtlichen Problemen, wenn sie außerhalb ihres Wohnortes beruflich tätig würden.31 All diese Umstände führten ferner häufig dazu, dass es an einer adäquaten Altersvorsorge mangele .32 Ein potentieller Schutzmechanismus sei laut der Verfasser der Studie eine strenge Urheberrechtsregelung , die die Produkte der Kulturschaffenden schütze.33 Die Verfasser der Studie befürchten , dass durch die hohe Abhängigkeit der Künstler von öffentlichen Geldern und Stipendien , sie ihre Arbeit anpassen bzw. zensieren, damit sie die Geldleistungen weiterhin erhalten können.34 4. Anlagen Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausfallhonorare für Kulturschaffende: Regelungen und Praxis der Bundesländer, Kirchen und ausgewählter Kommunen, 05.10.2020, WD 10-039/20. **** 31 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 10 f., abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-of-artists-andcreative -professionals-Final-report.pdf 32 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 94, abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-of-artists-andcreative -professionals-Final-report.pdf. 33 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 11, 95 f., abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-of-artistsand -creative-professionals-Final-report.pdf. 34 EENCA, The status and working conditions of artists and cultural and creative professionals, S. 12 f., abrufbar unter: https://cultureactioneurope.org/files/2020/12/Study-on-the-status-and-working-conditions-of-artists-andcreative -professionals-Final-report.pdf; für weitere Erkenntnisse, insbesondere im Hinblick auf Rechtsgrundlagen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen in der EU (S. 37 ff.) sowie Einzelmaßnahmen der Länder (S. 44 ff.) siehe die ausführliche Studie.