© 2020 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 058/20 Liveübertragungen von Amateursportveranstaltungen im Internet Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 2 Liveübertragungen von Amateursportveranstaltungen im Internet Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 058/20 Abschluss der Arbeit: 16. Dezember 2020 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Streaming-Anbieter in Deutschland 4 2. Diskussionsstand 5 3. Recht am eigenen Bild 5 4. Verhältnis zwischen Kunsturhebergesetz und Datenschutzgrundverordnung 6 5. Unterscheidung zwischen Aufnahme und Verbreitung 7 6. Potenzielle datenschutzrechtliche Probleme bei der Liveübertragung 7 6.1. Einwilligung der betroffenen Person (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a DSGVO) 7 6.2. Einwilligung von Kindern 9 6.3. Überwiegendes Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO) 9 6.4. Verarbeitung von Gesundheitsdaten (Art. 9 Abs. 1 DSGVO) 10 7. Fazit 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 4 1. Streaming-Anbieter in Deutschland In Deutschland gibt es verschiedene Anbieter, die das Livestreaming von Amateursportveranstaltungen anbieten. Auf dem Videoportal YouSport.tv können Nutzer vor allem, Videoclips aus den unterklassigen Amateurfußballligen abrufen. Zudem bietet die YouSport-App „registrierten Nutzern die Möglichkeit, Bewegtbild- und sonstige Inhalte rund um das Thema Sport (insbesondere Livestreams und On-Demand-Videoclips […] zu veröffentlichen.“1 Mit dem so genannten Reporter-Set stellt der Anbieter sowohl die notwendige Software (Smartphone-App) als auch zusätzliche Ausrüstung wie Stativ und Smartphone-Halterung zur Verfügung. Der Streaming-Dienst Sportdeutschland.tv, der 2011 unter Mitwirkung des Deutschen Olympischen Sportbundes gegründet wurde, bietet gleichermaßen Liveübertragungen aus dem Amateursportbereich an. Auch dort sind Nutzer dazu aufgerufen, ihre Sportveranstaltungen auf der Plattform digital darzubieten. Dafür stellt der Anbieter sowohl die Hard- als auch die Software zur Verfügung: „Mit der Sportdeutschland.TV-Box kannst Du Deine Sportveranstaltung ganz einfach und kostengünstig live ins Internet streamen. Du erhältst alles, was du brauchst, um einen Livestream für Deine Sportveranstaltung zu erstellen. Egal welcher Sport, Deine Zuschauer sind online im Stream dabei und fiebern mit ihrem liebsten Sportverein mit […]. Mit unserer Sportdeutschland.TV-Box bekommst Du professionelles Equipment, um sehr einfach einen Livestream Deiner Sportveranstaltung zu erstellen. […]Mit der Sportdeutschland.TV-Box sind bei der Übertragung Deiner Sportveranstaltung keine Grenzen gesetzt. Sie kam bereits tausendfach in den verschiedensten Sportarten zum Einsatz. Ob Volleyball, Handball, Judo oder auch Fußball, das System bringt jede Sportart Deinen Fans näher. Ebenso konnten auch Basketball, Tischtennis und Schwimmen von den Zuschauern online auf Sportdeutschland.TV gestreamt werden.“2 Beide hier vorgestellten Anbieter sind mittlerweile im Unternehmensverbund der Seven.One Entertainment Group, einer einhundertprozentigen Tochter der ProSiebenSat.1 Media SE.3 1 Auszug aus den Nutzungsbedingungen der Onlineplattform yousport.tv, abrufbar unter https://www.yousport.tv/nutzungsbedingungen (wie alle weiteren URL abgerufen am 15. Dezember 2020) 2 Beschreibung des Anbieters auf seiner Website, abrufbar unter https://sportdeutschland.tv/sonstiges/livestreamerstellen . 3 Zu den Sendern und digitalen Angeboten der Seven.One Entertainment Group vgl. https://www.prosiebensat1.com/portfolio/#seven-one-entertainment-group/tv-stations-digital-offers. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 5 Das Motiv für die Übertragung von Sportveranstaltungen im Internet liegt regelmäßig darin, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch an kleineren Ereignissen aus dem Breiten- oder Amateursport zu befriedigen.4 Der Zweck, der hinter der Anfertigung und Veröffentlichungen von Videoaufnahmen auf derartigen Streaming-Portalen im Internet steht, ist deshalb auch als journalistischer Zweck zu bewerten. 2. Diskussionsstand Soweit ersichtlich findet ein tiefergehender Diskurs zum Livestreaming von Amateursportveranstaltungen seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)5 in Deutschland nicht statt. Einige Datenschutzbeauftragte weisen auf datenschutzrechtlichen Besonderheiten bei Bildern von größeren Veranstaltungen hin, wozu ihrer Ansicht nach auch Fußballspiele zählen können.6 Allerdings dürften sich solche Hinweise zum einen auf die Datenschutzrechte der Zuschauer und zum anderen auf Sportveranstaltungen beziehen, die auf einen größeren Zuschauerkreis eingerichtet sind, also beispielsweise Fußballspiele aus dem (semi-)professionellen Bereich. 3. Recht am eigenen Bild Die Anfertigung und Veröffentlichung von Aufnahmen natürlicher Personen – also auch solcher von Amateursportlern bei Ausübung ihres Sportes – unterfällt grundsätzlich zwar dem sachlichen Anwendungsbereich der europaweit geltenden DSGVO.7 Rechtlicher Ankerpunkt 4 Der Geschäftsführer der DOSB New Media GmbH Oliver Beyer erklärte dazu 2014: „Unser Ziel ist es, auf Sportdeutschland.TV auch und vor allem all die faszinierenden Leistungen, spannenden Entscheidungen und bewegenden Momente im Sport zu zeigen, die viele Sportfans bislang in den klassischen Medien vermisst haben. Daran arbeiten wir gemeinsam mit Sportverbänden, -ligen und -veranstaltern.“ (DOSB New Media, Sendelizenz für Sportdeutschland.TV, 14. Oktober 2014, abrufbar unter https://web.archive.org/web/20160807102623/http://www.dosb.de/de/leistungssport/spitzensportnews /detail/news/sendelizenz_fuer_sportdeutschlandtv/). 5 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016, Amtsblatt L 119 vom 4.5.2016, S. 1, abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32016R0679. 6 Hinweis des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz, abrufbar unter https://www.datenschutz.rlp.de/de/themenfelder-themen/recht-am-eigenen-bild/; FAQ des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg zum Thema „Veröffentlichung von Fotos speziell für Vereine“, abrufbar unter https://www.badenwuerttemberg .datenschutz.de/faq-veroeffentlichung-von-fotos-speziell-fuer-vereine/. 7 Karlin/Bischof, SpuRt 2019, 58 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 6 jeder Bildveröffentlichung nach deutschem Recht ist allerdings zunächst das in §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG)8 geregelte Recht am eigenen Bild als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG.9 Auch die Livewiedergabe von Bewegtbildern wird von §§ 22, 23. KUG umfasst.10 Das Recht am eigenen Bild folgt nach gefestigter Rechtsprechung einem abgestuften Schutzkonzept. Gemäß § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz regelt der Katalog des § 23 Abs. 1 KUG. Diese Ausnahmen gelten aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bedarf es keiner Einwilligung des Abgebildeten, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Die Vorschrift gewährleistet die Freiheit der Berichterstattung über Vorgänge von allgemeinem Interesse unter bildlicher Darstellung der beteiligten Personen.11 Dabei ist das Tatbestandsmerkmal „Zeitgeschichte“ keineswegs derart eng zu verstehen, wie sein pathetisch anmutender Wortlaut suggeriert: Zum zeitgeschichtlichen Geschehen können auch Sportveranstaltungen zählen, und zwar selbst dann, wenn sie nur regionale Bedeutung haben.12 So urteilte der Bundesgerichtshof in der berühmten „Eisprinzessin Alexandra“-Entscheidung, dass die nachträgliche Bildberichterstattung über die Teilnahme eines 11-jährigen Mädchens an einem Eislaufwettbewerb zulässig ist.13 4. Verhältnis zwischen Kunsturhebergesetz und Datenschutzgrundverordnung Das Verhältnis zwischen dem KUG und der 2018 in Kraft getretenen DSGVO ist bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt und entsprechend auch in der Literatur noch umstritten.14 8 Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 440-3, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 3 § 31 des Gesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266) geändert worden ist, abrufbar unter https://www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg/BJNR000070907.html. 9 Vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1999 – 1 BvR 653/96 – juris. 10 Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, Diss. Univ. München 1998, S. 165. 11 Fricke, in: Wandtke/Bullinger (Hrsg.), Urheberrecht, 5. Aufl. 2019, § 23 KUG Rn. 3. 12 BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 – VI ZR 125/12 – juris Rn. 12 („Eisprinzessin Alexandra“); differenziert: Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, Diss. Univ. München 1998, S. 167. 13 BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 – VI ZR 125/12 – juris („Eisprinzessin Alexandra“). 14 Vgl. dazu die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, WD 3 - 3000 - 123/18, S. 4, abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/560944/956f5930221c807984d40c1df2af5abf/WD- 3-123-18-pdf-data.pdf; Küger/Wiencke, MMR 2019, 76 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 7 Nach einer Entscheidung des OLG Köln erlaubt Art. 85 DSGVO nationale Gesetze mit Abweichungen von der DSGVO zugunsten der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken. Art. 85 DSGVO enthalte damit eine Öffnungsklausel, die nicht nur neue Gesetze erlaube, sondern auch bestehende Regelungen – soweit sie sich einfügen – erfassen könne.15 Da Datenschutzregelungen als Vorfeldschutz letztlich immer die journalistische Arbeit beeinträchtigen würden, sind nach Ansicht des OLG Köln auch keine strengen Maßstäbe anzulegen.16 Die umfangreichen Abwägungsmöglichkeiten im Rahmen des KUG erlaubten ebenfalls eine Berücksichtigung auch der unionsrechtlichen Grundrechtspositionen.17 5. Unterscheidung zwischen Aufnahme und Verbreitung Beachtlich ist, dass die §§ 22, 23 KUG nur die Verbreitung von Bildnissen regeln. Im KUG findet sich indes keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Daten, also die Bildaufnahme selbst.18 Allerdings fallen bei der Liveübertragung die Herstellung und die Veröffentlichung der Bildnisse praktisch zusammen.19 6. Potenzielle datenschutzrechtliche Probleme bei der Liveübertragung Die Liveübertragung von Sportveranstaltungen greift tiefer in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein als die Bildberichterstattung von Printmedien. Mit Blick auf die DSGVO dürften sich bislang noch ungeklärte Rechtsprobleme beim Streaming von Amateursportveranstaltungen auftun. Auch die DSGVO folgt dem Konzept des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt (Art. 6 Abs. 1 DSGVO). 6.1. Einwilligung der betroffenen Person (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a DSGVO) Ein möglicher Erlaubnistatbestand ist die Einwilligung der betroffenen Person in die Verarbeitung ihrer Daten (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a DSGVO). Vereinen wird deshalb zum Teil geraten, sich die Einwilligung aller Beteiligter (Sportler, Trainer, Betreuer, Schiedsrichter etc.) 15 OLG Köln, Beschluss vom 18. Juni 2018 – 15 W 27/18 –, juris Rn. 5. 16 OLG Köln, Beschluss vom 18. Juni 2018 – 15 W 27/18 –, juris Rn. 7. 17 OLG Köln, Beschluss vom 18. Juni 2018 – 15 W 27/18 –, juris Rn. 8. 18 OLG Dresden, Urteil vom 31. Juli 2018 – 4 U 381/18 –, juris Rn. 4; Karlin/Bischof, SpuRt 2019, 58 f.; Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, Diss. Univ. München 1998, S. 165. 19 Waldhauser, Die Fernsehrechte des Sportveranstalters, Diss. Univ. München 1998, S. 165. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 8 einzuholen.20 Zu bedenken ist jedoch, dass eine Einwilligung jederzeit widerruflich ist (Art. 7 Abs. 3 Satz 1 DSGVO), sodass ein Einwilligungskonzept insoweit wenig praktikabel erscheint.21 Es bestünde jederzeit die Gefahr, dass die Liveübertragung abgebrochen werden müsste, sobald nur eine Person ihre Einwilligung widerruft. Im Amateurbereich werden zwischen Vereinen und Sportlern zum Teil auch Arbeitsverhältnisse begründet.22 In solchen Arbeitsverträgen, die insbesondere im Bereich des Amateurfußballs abgeschlossen werden, finden sich vielerorts Regelungen zum Datenschutz und zur Nutzung und Verwertung von Persönlichkeitsrechten. Eine entsprechende Klausel enthält sogar ein vom Deutschen Fußball-Bund zur Verfügung gestellter Musterarbeitsvertrag: „Der Spieler gestattet dem Verein die Verwertung seiner Persönlichkeitsrechte, soweit sein Vertragsverhältnis als Spieler berührt wird […]. Dies gilt insbesondere für die vom Verein veranlasste oder gestattete Verbreitung von Bildnissen des Spielers als Mannschafts- oder Einzelaufnahmen in jeder Abbildungsform, besonders auch hinsichtlich der Verbreitung solcher Bildnisse in Form von Spielszenen und/oder ganzer Spiele seiner Mannschaft, um somit durch öffentlich- und/oder privatrechtliche Fernsehanstalten und/oder andere audiovisuelle Medien die erforderlichen Nutzungen zu ermöglichen und sie den Landesverbänden, Regionalverbänden, dem DFB und/oder dem Ligaverband zur Erfüllung ihrer, insbesondere in Wahrnehmung ihrer Vermarktungsaufgaben begründeten, vertraglichen Verpflichtungen einzuräumen.“23 Die Klauseln aus dem Musterarbeitsvertrag werden nicht nur im Profibereich, sondern auch im Amateurbereich verwendet, beispielsweise bei einem Amateurfußballverein aus Schleswig- Holstein, der derzeit in der Oberliga Schleswig-Holstein spielt.24 Die insoweit vom Spieler erteilte Einwilligung ist gleichermaßen widerruflich. Beachtlich ist zudem das Koppelungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 DSGVO, das einer Pauschaleinwilligung im Rahmen des Arbeitsvertrags Grenzen setzt.25 Eine Einwilligung gilt demnach nicht als freiwillig erteilt, wenn der Betroffene faktisch keine andere Wahl hat als der Datenverarbeitung zuzustimmen, um in den Genuss einer vertraglichen Leistung zu kommen.26 20 Vgl. Osnabrügge, EINSZUEINS 2015, Heft 5, S. 30. 21 Vgl. Karlin/Bischof, SpuRt 2019, 58, 60. 22 Dazu eingehend Czycholl, in: Buhl/Frieling/Krois u.a. (Hrsg), Der erwachte Gesetzgeber, 2017, S. 189 ff. 23 Auszug aus dem § 2 des vom Deutschen Fußball-Bund zur Verfügung gestellten Musterarbeitsvertrag, abrufbar unter https://www.dfb.de/fileadmin/_dfbdam/126460-Mustervertrag_Vertragsspieler_12-2016.pdf. 24 Entsprechende Auszüge aus einem Arbeitsvertrag des Oberligavereins aus Schleswig-Holstein wurden dem Fachbereich WD 10 vertraulich überlassen. 25 Dazu näher Franzen, EuZA 2017, 313, 323. 26 Stemmer, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK DatenschutzR, 34. Ed. 1. November 2020, Art. 7 DSGVO Rn. 40. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 9 6.2. Einwilligung von Kindern Als datenschutzrechtlich besonders problematisch dürfte sich zudem das Streaming von Sportereignissen darstellen, an denen Kinder beteiligt sind, z.B. Fußballspiele von Jugendmannschaften.27 Videoclips solcher Nachwuchsspiele, etwa im Fußball oder Basketball, sind auf beiden oben vorgestellten Streaming-Portalen abrufbar.28 Da Kinder die langfristigen Folgen ihres Handelns kaum überblicken können, erachtet sie der europäische Verordnungsgeber im Rahmen des Datenschutzes als besonders schutzwürdig.29 Sofern die Datenverarbeitung beim Streaming also von der Einwilligung der Betroffenen abhängig gemacht werden soll, ist für die Wirksamkeit der Einwilligung zunächst Voraussetzung, dass die betroffenen Personen einwilligungsfähig sind. Im deutschen Recht wird insofern auf die Einsichtsfähigkeit des Kindes abgestellt.30 Wird die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen verneint, bedarf es der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter.31 Für die Einwilligungsfähigkeit von Kindern in Bezug auf Dienste der Informationsgesellschaft regelt Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 DS-GVO eine unwiderlegbare Regelgrenze32: Hat der Betroffene das 16. Lebensjahr vollendet, gilt er als einwilligungsfähig. Bei der Übertragung von Sportereignissen handelt es sich – anders als beispielsweise bei der Nutzung eines sozialen Netzwerkes – allerdings um keinen Dienst der Informationsgesellschaft.33 Das spricht insoweit dagegen, die Altersgrenze von 16 Jahren auch hier als allgemein verbindlich zu erachten. Die Einwilligungsfähigkeit von Minderjährigen im Rahmen von Sportveranstaltungen ist somit noch völlig ungeklärt.34 6.3. Überwiegendes Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO) Liegt keine kollektive Einwilligung der Gefilmten vor, ist einzig noch der Rückgriff auf die zentrale Interessenabwägungsklausel in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO möglich. Dabei sind die 27 Vgl. zu dieser Problematik auch Osnabrügge, EINSZUEINS 2015, Heft 5, S. 31. 28 Unter dem Suchbegriff „Jugend“ sind auf https://yousport.tv/suche?q=Jugend, sowie auf https://sportdeutschland.tv/suche?q=jugend&trigger=header-input mehrere Spiele, zum Teil in voller Länger, abrufbar. 29 Erwägungsgrund 65 Satz 3 DSGVO. 30 Ernst, ZD 2017, 110, 111; Tinnefeld/Conrad, ZD 2018, 391, 393. 31 Plath, in: Plath (Hrsg.), DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Art. 8 DSGVO Rn. 9. 32 Buchner/Kühling, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 8 DSGVO Rn. 19. 33 Der Begriff „Dienst der Informationsgesellschaft“ ist in Art. 4 Nr. 25 DSGVO legaldefiniert. Erläuterungen dazu bei Buchner/Kühling, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 8 DSGVO Rn. 12. 34 So auch die Einschätzung von Plath, in: Plath (Hrsg.), DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Art. 8 DSGVO Rn. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 10 berechtigten Interessen der/des Verantwortlichen oder eines Dritten gegen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen abzuwägen. In der Literatur wird zum Teil vertreten, dass ein Verein die Verarbeitung von Bildnissen grundsätzlich auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO stützen kann, da die Beeinträchtigung der betroffenen Personen in den überwiegenden Fällen als gering einzuschätzen ist.35 Selbst wenn diese Ansicht für Abbildungen von Betroffenen im Vereinsmagazin oder auf der Vereinswebsite generell zuträfe, so wird man bei der eingriffsintensiveren Liveübertragung im Internet die Interessen der Betroffenen stärker gewichten müssen. Zudem gehen Teile der Literatur davon aus, dass bei einer Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO die Interessen einer betroffenen Person jedenfalls dann überwiegen, wenn sie Arbeitnehmer ist und im Kontext des Beschäftigungsverhältnisses fotografiert und deren Bildnisse veröffentlicht werden.36 Möchte man dieser Ansicht folgen, würde dies Probleme beim Filmen von Amateursportlern auslösen, die in einem Beschäftigungsverhältnis zu ihrem Verein stehen. 6.4. Verarbeitung von Gesundheitsdaten (Art. 9 Abs. 1 DSGVO) Ein weitreichendes und bislang noch unbeachtetes Problem ist jedoch, dass bei einer Liveübertragung eines Sportereignisses möglicherweise Gesundheitsdaten37 verarbeitet werden. Wird beispielsweise ein Fußballspieler gefoult und verletzt er sich in diesem Zuge am Fuß, so könnte man diese bei der Liveübertragung verarbeitete Information als Gesundheitsdatum ansehen.38 Gleichermaßen gibt eine Liveübertragung Aufschluss über die Leistungsfähigkeit und Fitness der Gefilmten. Auch solche Informationen können Rückschlüsse über den Gesundheitszustand der Personen zulassen.39 Die Verarbeitung derartiger Gesundheitsdaten ist jedenfalls von einer Einwilligung des Betroffenen abhängig (Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO), da die weiteren in Art. 9 Abs. 2 DSGVO genannten Erlaubnistatbestände für die Liveübertragung von Amateursportveranstaltungen nicht in Betracht kommen. Insbesondere kennt die Norm ein dem Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO ähnlichen Auffangtatbestand bei der Verarbeitung von sensiblen Daten nicht. 35 Benedikt/Kranig, ZD 2019, 4, 7. 36 Benedikt/Kranig, ZD 2019, 4, 7. 37 Zum Begriff der Gesundheitsdaten vgl. Art. 4 Nr. 15 DGSVO. 38 Vgl. dazu schon EuGH, Urteil vom 6. November 2003 – Rs. C-101/01 – Lindqvist. Das Urteil erging noch zu Art. 8 Abs. 1 DSRL. 39 Albers/Veit, in: Wolff/Brink (Hrsg.), BeckOK DatenschutzR, 34. Ed. 1. Mai 2020, Art. 9 DSGVO Rn. 40. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 058/20 Seite 11 An die Einwilligung des Betroffenen ist überdies ein erhöhter Maßstab anzusetzen: Sie muss gem. Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO „ausdrücklich“ und zwar ausdrücklich in Bezug auf die Gesundheitsdaten erfolgen.40 7. Fazit Viele Amateursportvereine übertragen ihre Sportereignisse mit Hilfe von Plattformen wie yousport.tv oder Sportdeutschland.tv – entweder live oder aber on demand – im Internet. Treiber für eine gesteigerte Nachfrage solcher Angebote könnte nicht zuletzt die Coronapandemie sein oder werden, da auch Amateursportveranstaltungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt von Zuschauern besucht werden dürfen. Eine Diskussion über die datenschutzrechtliche Zulässigkeit solcher Übertragungen findet in Deutschland bislang nicht statt. Dieser Sachstand zeigt indes, dass die datenschutzrechtlichen Probleme, die sich spätestens seit Inkrafttreten der DSGVO stellen, vielseitig sind. Streaming-Portale aber auch Vereine, die die Dienste der Portale in Anspruch nehmen, könnten deshalb vor umfangreichen rechtlichen Herausforderungen gestellt sein. **** 40 Weichert, in: Kühling/Buchner (Hrsg.), DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 9 DSGVO Rn. 47 m.w.N: „erhöhtes Maß an Bestimmtheit und Genauigkeit“.