© 2015 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 057/15 Medienregulierung in Deutschland und Kanada Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 2 Medienregulierung in Deutschland und Kanada Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 057/15 Abschluss der Arbeit: 31. Juli 2015 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Medienregulierung in Deutschland 5 2.1. Geschichtliche Entwicklung der Medien in Deutschland 5 2.2. Rechtliche Grundlagen für die Gestaltung der Medienordnung 5 2.3. Regulierungsziele 7 2.4. Presse 7 2.4.1. Rechtsgrundlagen 8 2.4.2. Presseregulierung 9 2.4.3. Akteure der Presseregulierung 10 2.5. Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) 10 2.5.1. Öffentliche und private Rundfunkanbieter 11 2.5.2. Rechtsgrundlagen 12 2.5.3. Rundfunkregulierung 13 2.5.4. Akteure der Rundfunkregulierung 13 2.6. Onlinemedien 15 3. Medienregulierung in Kanada 16 3.1. Geschichtliche Entwicklung 16 3.2. Presse 16 3.2.1. Rechtsgrundlagen 16 3.2.2. Presseregulierung 17 3.3. Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) 18 3.3.1. Öffentliche und private Rundfunkanbieter 18 3.3.2. Rechtsgrundlagen und Rundfunkregulierung 19 3.3.3. Akteure der Medienregulierung 20 3.4. Onlinemedien 21 4. Fazit 22 5. Literaturverzeichnis 24 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 4 1. Einleitung Jeder Deutsche verwendete im Jahr 2014 durchschnittlich zehn Stunden am Tag auf Medien – seien es Fernsehen, Rundfunk, Internet oder publizistische Medien.1 Medien – das ist ein Sammelbegriff für audiovisuellen Mittel und Verfahren zur Verbreitung von Informationen, Bildern, Nachrichten etc. Zu den Massenmedien zählen dabei insbesondere die Presse im engeren Sinne (Zeitungen und Zeitschriften), der Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) und das Internet.2 Das Bild, das wir uns täglich von unserer Umwelt machen wird entscheidend durch die Medien jeglicher Art geprägt. Sie unterhalten uns nicht nur, sondern vermitteln Informationen. Das entstehende Bild strukturiert unsere Vorstellungen von unserer Umwelt und bildet täglich die Grundlage für unsere Entscheidungen. Aus diesem Grund spielen die Medien und ihre Inhalte eine zentrale Rolle zur Handlungsorientierung und sozialen Integration des Einzelnen in unsere Gesellschaft. Der Begriff der Medienregulierung umfasst verschiedene Dimensionen. Er kann definiert werden als „Prozess der Regelsetzung, Regeldurchsetzung und Sanktionierung von Regelverstößen bezüglich Medienorganisationen und der massenmedialen öffentlichen Kommunikation“3. Es lohnt sich den Blick auf andere Nationen zu werfen: Auf welche Art und Weise reguliert ein ebenfalls bundesstaatlich organisiertes Land wie Kanada seine Medien und welche Akteure setzten sie ein, um die anvisierten Regulierungsziele zu erreichen. Es stellt sich regelmäßig die Frage nach sinnvollen Regulierungszielen als auch nach effizient einzusetzenden Regulierungsstellen. Die Art und Weise, wie Staaten Einfluss auf das Angebot von Medieninhalten sowie auf das Handeln von Medienorganisationen und den in den Medien Tätigen nehmen, ist häufig Anlass öffentlicher, politischer wie wissenschaftlicher Debatten. Diese beschäftigen sich mit Fragestellungen wie mit welchen Regulierungsinstrumenten und –formen die Staaten auf ihre für die öffentliche Kommunikation relevanten Medien einwirken, um im öffentlichen Interesse liegende Ziele wie die Rechtmäßigkeit der Medieninhalte sowie Medienvielfalt sicherzustellen. Nicht zuletzt steht sich bei dieser Auseinandersetzung immer wieder der Ruf nach Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG und der Schutz vor schädlichen Medieninhalten gegenüber. 1 So die ARD/ZDF-Onlinestudie Durchschnittlichen Nutzungsdauer der Medien 2015, abrufbar auf http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=483 [zuletzt aufgerufen: 24. Juni.2015]. 2 Begriffserklärung auf http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17833/medien [zuletzt aufgerufen: 21. Juli.2015]. 3 Puppis, S. 51; anders: Seufert, S. 32 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 5 2. Medienregulierung in Deutschland 2.1. Geschichtliche Entwicklung der Medien in Deutschland Die Gestalt der Medienlandschaft ist stark von der historischen Entwicklung des jeweiligen nationalen Mediensystems und von der Struktur des politischen Systems abhängig. Das Medienangebot in der Bundesrepublik Deutschland hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt. Nachdem zwischen 1933 und 1945 die Nationalsozialisten Grund- und Menschenrechte mithilfe der Notverordnungen de facto vollständig außer Kraft setzten und die Kontrolle über das Mediensystem ausgeübten, sorgten die Alliierten nach Ende des Krieges für eine Neugestaltung. Mit dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes setzte 1945 eine neue Phase der Kommunikations - und Mediengeschichte ein.4 Die alliierten Siegermächte prägten das heutige Mediensystem tiefgreifend: Es entstanden viele Tageszeitungen und Zeitschriften in den von den Westmächten besetzten Zonen. Franzosen, Amerikaner und Briten schufen durch ihre Lizensierungspraxis ein demokratisches, pluralistisches Pressewesen. Sie organisierten den Rundfunk in Form möglichst staatsunabhängiger öffentlich -rechtlicher Anstalten unter dem Vorbild der britischen BBC. Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 wurden die Kommunikationsfreiheiten umfassend garantiert. Im Bereich der sowjetischen Besetzungsmacht hingegen entstand abermals ein staatlich gelenktes und von kommunistischen Prinzipien geprägtes Mediensystem. In der DDR entwickelte sich zwischen 1945 und 1959 als Ergebnis dieser Besatzungspolitik ein unter der Kontrolle der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) stehendes Mediensystem. Nach der deutschen Vereinigung wurden die Rahmenbedingungen in der ehemaligen DDR dem Grundgesetz und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst. 2.2. Rechtliche Grundlagen für die Gestaltung der Medienordnung Die Struktur der Medien baut auf medienübergreifenden Grundlagen und Infrastrukturen, ausgeformt durch rechtliche und institutionelle Grundlagen. Überwiegend basiert die Regulierung der Medien in Deutschland auf grundrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorschriften. Die normativen Grundlagen des deutschen Mediensystems bestehen aus kodifizierten Gesetzen und Staatsverträgen sowie ethischen Normen und Standards.5 In einer Vielzahl von Gesetzen des Bundes und der Länder und von Staatsverträgen der Länder sind die rechtlichen Normen kodifiziert. Die deutschen Gesetze und Staatsverträge müssen weiterhin den Richtlinien der Europäischen Union und den übrigen internationalen vertraglichen Pflichten der Bundesrepublik entsprechen.6 Von besonderer Bedeutung ist das Europarecht. Die 4 Beck, S. 35. 5 Beck, S. 68. 6 Beck. S. 34. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 6 Europäischen Verträge räumen den Gremien des Europäischen Gerichtshofes, der EU-Kommission , dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat erhebliche Kompetenzen ein. Im Mittelpunkt dieser Ausarbeitung stehen die deutschen Rechtsgrundlagen, auch wenn diese vor allem im Rundfunk- und Onlinesektor stark europäisch und durch internationale Abkommen stark geprägt sind. Auf nationaler Ebene bildet Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie entsprechende Rechte in den Landesverfassungen die Grundlage der Medienordnung, wonach jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. Die Auslegung von Art. 5 GG ist stark von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts7 geprägt. Weitere medienübergreifende Normen sind vor allem in den Landespressegesetzen, dem Jugendschutzgesetz , dem Strafrecht und dem Urheberrecht des Bundes festgeschrieben. Das Grundgesetz regelt auch die Regulierungs- und Gesetzgebungskompetenz in Deutschland. Den Bundesländer steht aufgrund ihrer Kulturhoheit die Regulierungskompetenz für das Medienrecht zu (Art. 70 ff. GG). Die Gesetzgebungskompetenz für den Pressebereich steht den Ländern zu. 16 Landespressegesetze , die in den wesentlichen Punkten übereinstimmen, bilden daher im Wesentlichen die Grundlage für die Pressemedien im weiteren Sinne. Ebenfalls der Länderkompetenz unterfallen die Rundfunkmedien. Ausschlaggebend sind in diesem Bereich die Landesrundfunkgesetze (öffentlich -rechtlicher Rundfunk) und Landesmediengesetze (privatrechtlicher Rundfunk). Bi- und multilaterale Staatsverträge und Staatsverträge aller Bundesländer stellen eine einheitliche normative Grundlage sicher. Nennenswert sind hier der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag), den alle 16 Bundesländer unterzeichnet haben, sowie der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag , Rundfunkgebührenstaatsvertrag und der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz- Staatsvertrag) sowie die Staatsverträge über die ARD, das ZDF und Deutschlandradio. 8 Der Bund beeinflusst allerdings mittelbar über seine Gesetzgebungskompetenz insbesondere im Wirtschaftsrecht (so vor allem im Kartellrecht, Werberecht, Urheberrecht) oder im Strafrecht das Medienrecht . 7 Sog. Rundfunkurteile des BVerfG: BVerfGE 12, 205 vom 28.2.1961 (Deutschland-Fernsehen GmbH); BVerfGE 31, 315 vom 27.7.1971 (Umsatzsteuer); BVerfGE 57, 295 vom 16.6.1981 (FRAG); BVerfGE 73, 118 vom 4.11.1986 Niedersachsen); BVerfGE 74, 297 vom 24.3.1987 (Baden-Württemberg); BVerfGE 83, 238 vom 5.2.1991 (WDR/Nordrhein-Westfalen); BVerfGE 87, 181 vom 6.10.1992 (Hessen-3); BVerfGE 90, 60 vom 22.2.1994 (Rundfunkgebühren I); BVerfGE 92, 203 vom 22.3.1995 (EG-FernsehR); BVerfGE 97, 228 vom 17.2.1998 (Kurzberichterstattung ); BVerfGE 97, 298 vom 20.2.1998 (extra-radio); BVerfGE 107, 299 vom 12.3.2003 (Verbindungsdaten); BVerfGE 114, 371 vom 26.10.2005 (Bayrisches Teilnehmerentgelt); BVerfGE 119, 181 vom 11.9.2007 (Rundfunkgebühren II). 8 Alle genannten Staatsverträge, http://www.die-medienanstalten.de/service/rechtsgrundlagen/gesetze.html [zuletzt aufgerufen: 21. Juli 2015]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 7 2.3. Regulierungsziele Für die verschiedenen Typen massenmedialer Kommunikation existieren verschiedene Regulierungsziele . Dabei spielen die Interessen der demokratischen Gesellschaft und der Öffentlichkeit, als auch die Interessen der Medienunternehmen eine entscheidende Rolle. Art. 5 Abs. 1 GG formuliert das Ziel freier, individueller und öffentlicher Kommunikation.9 Je nach Diensttyp werden mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung insbesondere Medienvielfalt und Zugangschancengleichheit verfolgt. Es soll eine Interessenentfaltung erfolgen, ohne dass der Staat eigene gestalterische Ziele verfolgt.10 Alle Inhalte sollen prinzipiell dieselbe Chance haben die Allgemeinheit zu erreichen.11 Um flächendeckende Dienstleistungen gewährleisten zu können ist eine Kommunikationsinfrastruktur sicherzustellen. Weiter werden nicht-kommunikationsbezogene Interessen bei der Medienregulierung verfolgt. Fragen des Jugendschutzes stehen immer wieder im Fokus von Debatten. Kinder und Jugendliche sind vor gewissen Medieninhalten zu schützen. Unbestritten ist ebenfalls das Ziel, Persönlichkeit und Ehre (einschließlich Datenschutz ) gegen Angriffe durch Medieninhalte zu schützen. Besondere Bedeutung kommt auch dem Schutz geistigen Eigentums zu. Zu den weiteren Zielen gehören u.a. die Sicherung der Innovationsoffenheit, Datensicherheit, Wirtschaftsförderung, Sozialstaatlichkeit und innere Sicherheit.12 2.4. Presse Periodisch erscheinende Printmedien wie Zeitungen und Zeitschriften (Presse im engeren Sinne) haben eine lange Tradition und eine stets aktuelle Bedeutung für die öffentliche Meinungs- und Willensbildung, für politische Informationen, aber auch für Unterhaltung, Bildung und Beratung. Sie nimmt selbst neben den immer stärker werdenden Online- und Rundfunkmedien eine wesentliche Rolle im Mediensystem ein. Sowohl bei Tageszeitungen als auch bei den Zeitschriften nehmen einige Unternehmen eine bedeutende Stellung auf dem Markt ein und stellen die Hälfte der verkauften Auflagen sämtlicher Medienangebote her und verbreiten diese.13 9 Hoffmann-Riem, S. 41. 10 Vertiefend zur Förderung der Medienvielfalt: Arnold, S. 64 ff. 11 Hoffmann-Riem, S. 42. 12 Vertiefend: Hoffmann-Riem, 37 ff. 13 Hans-Bredow-Institut, S. 259. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 8 Die heutige Freiheit der Presse ist das Ergebnis der Pressepolitik der westlichen Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg und der demokratischen Entwicklung nach Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 und der späteren Wiedervereinigung Deutschlands.14 2.4.1. Rechtsgrundlagen Als sog. Presserecht werden rechtliche Regelungen bezeichnet, die dazu beitragen sollen, dass zwischen der Pressefreiheit und den schutzwürdigen Einzel- und Gemeinwohlinteressen ein Ausgleich stattfindet. Weiter sollen die Meinungs- sowie Willensbildungsfunktion der Presse gesichert werden.15 Das in Art. 5 Abs. 2 GG verankerte Zensurverbot bedeutet nicht, dass der Staat keinerlei Regulierungsmaßnahmen treffen darf. Das Recht der Meinungs- und Pressefreiheit findet seine Schranken in Art. 5 Abs. 2 GG: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“ Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht dargelegt, dass keine willkürliche Beschränkung stattfinden dürfe. Das Recht zur Meinungsäußerung müsse zurücktreten, wenn schutzwürdige Interessen eines anderen von höherem Rang durch die Betätigung der Meinungsfreiheit verletzt würden.16 Dabei kommen sowohl Gemeinschafts- als auch Individualinteressen in Betracht. Die richterliche Auslegung im Rahmen der Rechtsprechung prägt auch weitere Teile des Presserechts . So insbesondere im Zusammenhang mit der Beachtung des Persönlichkeitsrechts bei einer Berichterstattung oder im Rahmen des Bereichs des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG)17. Gleichermaßen nimmt die Europäische Union Einfluss; sie hat ebenfalls keine direkte Kompetenz Regelungen zu treffen, da Kompetenzen in kulturellen Angelegenheiten bei den Mitgliedsstaaten verbleiben. Das Pressewesen ist der Gesetzgebungskompetenz der Länder vorbehalten. Landespressegesetze bilden die rechtlichen Grundlagen für die Printmedien. Sie ähneln sich dabei im Wesentlichen, lediglich in einigen Details bestehen Unterschiede. 14 Beck, S. 124. 15 Seufert, S. 181. 16 BVerfGE 7,198 vom 15.1.1958. 17 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3714) geändert worden ist (UWG). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 9 2.4.2. Presseregulierung Die Regulierung der Herstellung und des Vertriebs der Presse wird von dem kommunikationspolitischen Zielsystem gelenkt. Die Regulierungsdichte ist im Bereich der Presse vergleichsweise niedrig.18 Im Gegensatz zum Rundfunkbereich finden sich keine besonderen staatlichen Regulierungsinstitutionen zur Qualitätssicherung von Presseinhalten oder zur Erhaltung einer vielfältigen und staatsunabhängigen Anbieterstruktur. Eine Reihe von Spezialregelungen des Privat- und Wirtschaftsrechts und des öffentlichen Rechts spielen eine wichtige Rolle für die Regulierung. Um die Qualität der Presse zu sichern wird mithin auf die Selbstregulierung der Presseunternehmen vertraut.19 Die Landespressegesetze weisen der Presse eine öffentliche Aufgabe zu, welche eine wahrheitsgemäße Berichterstattung, die Information der Öffentlichkeit sowie Kritik und Beitrag zur Meinungsbildung beschreibt.20 Weiterhin sind besondere Rechte und Pflichten der Presse im Rahmen des Presseordnungsrechts geregelt. Spezifisch für die Presse im engeren Sinne sind: die staatliche Zulassungsfreiheit von Presse, der Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Behörden, das Durchsuchungs- und Beschlagnahmeverbot in Redaktionsräumen (nur bei Vorliegen eines richterlichen Beschlusses), die Impressumspflicht (Angabe von Name und Anschrift von Drucker, Verleger und verantwortlichem Redakteur zur Identifizierung der straf- und zivilrechtlich Verantwortlichen ), die Kennzeichnungspflicht für Anzeigen und Werbung (Trennung vom redaktionellem Teil), z.T. die Pflicht zur Offenbarung der Eigentumsverhältnisse, die Regelung zum Abdruck von Gegendarstellungsansprüchen für Personen, die von einer Tatsachen-Berichterstattung betroffen sind.21 Das Ziel der Unabhängigkeit von staatlicher Einflussnahme ist verfassungsrechtlich abgesichert und wird in den jeweiligen Landespressegesetzen in Form der spezifischen Rechte und Privilegien der Presse konkretisiert. Die Meinungsvielfalt wird durch das Konzept externer Vielfalt erzielt . Mithilfe des Kartellrechtes (insbesondere durch die Pressepreisbindung, die Pressefusionskontrolle und die Zulassung von Presse-Grosso-Gebietsmonopolen) soll eine hohe horizontale wirtschaftliche Konzentration auf den Zeitungs- und Zeitschriftenmärkten verhindert werden. 18 Seufert, S. 200. 19 Seufert, S 200. 20 § 3 LPresseG sämtlicher Bundesländer. 21 Vertiefend: Puppis, S. 189 ff.; Beck, S. 124 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 10 Gemeinwohlinteressen werden dabei durch das Strafrecht und das Jugendschutzrecht zu erreichen versucht; wohingegen Einzelinteressen natürlicher und juristischer Personen durch oben aufgeführte Pflichten geschützt werden.22 2.4.3. Akteure der Presseregulierung Neben der staatlichen Pressepolitik, die wegen der gebotenen Staatsferne immer nur pressestruktur - und wirtschaftspolitisch agieren kann, handeln noch weitere Akteure. Dazu gehören Presseunternehmen und Presseverbände (u.a. der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V., der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V.), ausnahmsweise zivilgesellschaftliche Gruppen.23 Als Selbstkontrolleinrichtung wurde 1956 der Deutsche Presserat e.V. gegründet, um die Schaffung eines Bundespressegesetzes zu verhindern und die Pressefreiheit im Sinne möglichst weitgehender Staatsfreiheit zu bewahren.24 2.5. Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) Nach der Verfassungsrechtsprechung ist für den Begriff des Rundfunks die publizistische Wirkung auf die öffentliche Meinungsbildung maßgeblich. Aktualität, Breitenwirkung und Suggestivkraft prägen den Rundfunkbegriff, wobei das Bundesverfassungsgericht den Begriff als dynamisch und entwicklungsoffen klassifiziert und ihn nicht auf eine Übertragungsart oder –technologie beschränkt.25 § 2 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertragt (RStV) definiert „Rundfunk“ wie folgt: „Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen. Der Begriff schließt Angebote ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind.“ Die historischen Erfahrungen der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus beeinflussten die Rundfunkregulierung in der Bundesrepublik Deutschland. Medien- und Zeitungskonzentrationen durch Unternehmen wurden während der Weimarer Republik für Parteinahme ausgenutzt, 22 Vertiefend: Seufert, S. 182 ff. 23 Beck, S. 129. 24 Beck, S. 132. 25 BVerfGE, 74, 297 vom 24.3.1987. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 11 die Presse und der Hörfunk wurden gleichgeschaltet als Propagandainstrument der Nationalsozialisten . In Westdeutschland gründeten die Länder öffentlich-rechtlich verfasste Rundfunkanstalten. Ab den 1980er Jahren wurde privater Rundfunk zugelassen, womit ein wirtschaftlicher und publizistischer Wettbewerb eröffnet wurde, der seither die Entwicklung des Rundfunks prägt.26 Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde das westdeutsche duale Rundfunksystem (Nebeneinander von Public Broadcasting Services und privatwirtschaftlich betriebenen Rundfunkunternehmen ) zur Grundlage der Rundfunkordnung. Die neuen Bundesländer gründeten daher öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten oder sie traten bereits bestehenden bei.27 Hörfunk und Fernsehen sind früher wie heute wirkungsträchtige Instrumente, die einen starken Einfluss auf die Meinungsbildung des Einzelnen haben.28 Die Medienpolitik befürchtet immer wieder, dass die Macht des elektronischen Massenmediums durch einseitige Berichterstattung missbraucht werden könnte.29 2.5.1. Öffentliche und private Rundfunkanbieter In Deutschland hat sich wie in vielen anderen Staaten der Europäischen Union ein duales Rundfunksystem herausgebildet. Dieses zeichnet sich durch ein geordnetes Nebeneinander zwischen öffentlich rechtlichem und privatwirtschaftlichem Rundfunk aus. Der öffentliche Rundfunk in Deutschland umfasst Fernseh-, Hörfunk- und Telemedienangebote. Er besteht aus neun Landesrundfunkanstalten der ARD, dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) sowie den Radiosendern Deutsche Welle und dem DeutschlandRadio.30 Grundlegend für das Verständnis des öffentlichen Rundfunks ist das Zielsystem. Dieses ergibt sich aus dem Programmauftrag bzw. aus dem öffentlichen Auftrag. Landesrundfunkgesetze und Staatsverträge zwischen den Ländern regeln die Aufgaben des öffentlichen Rundfunks. Die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sollen danach allen Meinungsrichtungen Raum geben, Jugendschutz gewährleisten, eine wahrheitsgemäße 26 Puppis, S. 193 f. 27 Brandenburg gründete den ORB, der im Jahr 2004 mit dem SFB zum RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) fusionierte ; Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bildeten den MDR als Mehrländeranstalt; Mecklenburg-Vorpommern schloss sich der norddeutschen Mehrländeranstalt NRD an. 28 So auch das BVerfG in BVerfGE 57, 296 (320 ff.) vom 16.6.1981. 29 Seufert, S. 206. 30 Jarren, S. 118 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 12 und sorgfältige Berichterstattung bieten, das Gebot der Vielfalt und Ausgewogenheit beachten und eine umfassende gesellschaftliche Integrationsleistung wahrnehmen.31 Privatrechtlich organisiert sind die kommerziellen Hörfunk- und Fernsehanbieter, die sich überwiegend aus Werbeeinnahmen oder vereinzelt aus Entgelten (Pay-TV) finanzieren. Sog. Landesmedienanstalten sind als Aufsichtsbehörden für private Hörfunk- und Fernsehunternehmen zuständig .32 2.5.2. Rechtsgrundlagen Das Rundfunkrecht fällt in Deutschland aufgrund der bereits erwähnten Kulturhoheit unter die Länderkompetenz. Landesrundfunkgesetze gelten als wesentliche rechtliche Grundlage des öffentlich -rechtlichen Rundfunks. Die wichtigste medienpolitische Rechtsgrundlage für die privaten Rundfunkunternehmen sind die Landesmediengesetze. Weiteres regeln die Rundfunkstaatsverträge der Länder für beide Systeme. Das Bundesverfassungsgericht ist insgesamt ein prägender Akteur der deutschen Rundfunkentwicklung. Bei Streitigkeiten über die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze oder Staatsverträge sind zahlreiche sog. „Rundfunkurteile“33 ergangen. Hinzu kommt der Einfluss der Europäischen Union. Insbesondere die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in der Fassung vom 10. März 201034 wirkt auf die nationale Gesetzgebung ein. Der Rundfunkstaatsvertrag vom 31. August 199135 ist die wichtigste rechtliche Grundlage des dualen Rundfunksystems der Bundesrepublik. Er enthält in seinen Artikeln 1 bis 5 – Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien, ARD-Staatsvertrag, ZDF-Staatsvertrag, Rundfunkgebührenstaatsvertrag und Rundfunkfinanzierungsvertrag – Regelungen für den privatrechtlichen wie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Staatsvertrag ist mittlerweile sechzehnmal geändert worden . Die letzte novellierte Form trat am 1. Januar 2013 in Kraft. 31 Jarren, S. 118. 32 Hans-Bredow-Institut, S. 261. 33 Vgl. S. 6. 34 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:095:0001:0024:DE:PDF [zuletzt aufgerufen: 21. Juli 2015]. 35 http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Rechtsgrundlagen/Gesetze_aktuell/15_RStV_01-01- 2013.pdf [zuletzt aufgerufen: 21. Juli 2015]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 13 2.5.3. Rundfunkregulierung Der Rundfunk wird aufgrund seiner entscheidenden Rolle für die Meinungsbildung und Meinungsvielfalt vergleichsweise stark reguliert.36 Die Ziele der Rundfunkregulierung gründen aus diesem Grund auf der „Aufgabe der demokratiepolitischen Sicherung der Meinungsvielfalt im Rundfunk“37. Die Ziele der Rundfunkregulierung gründen auf der Verfassungsaufgabe des Rundfunks. Das Bundesverfassungsgericht hat Grundsätze für die Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung entwickelt . Danach übernimmt der Rundfunk eine Medium- und Faktor-Funktion. Das bedeutet, dass der Rundfunk verpflichtet ist, alle relevanten Meinungen – eine Meinungsvielfalt – abzubilden und die Öffentlichkeit möglichst breit und vollständig zu informieren. Faktor-Funktion hingegen bedeutet, dass Rundfunk selbst am Meinungsbildungsprozess beteiligt ist und die Meinungsvielfalt mitformt.38 Das Modell des Binnenpluralismus prägt hingegen die Organisation des öffentlichen Rundfunks. Danach wird die Vielfalt durch die Vertretung relevanter gesellschaftlichere Gruppierungen in den Gremien der jeweiligen Rundfunkanstalten gesichert. 39 Neben der Sicherung der Meinungsvielfalt und der Zulassungsbedingungen für den privaten Rundfunk lassen sich in den Staatsverträgen und Landesmediengesetzen u.a. Regelungen für den Jugendschutz, die Frequenzverteilung, Einspeisung, Werbung und zur Förderung des privaten Rundfunks und die dafür erforderliche Infrastruktur finden.40 Im privaten Rundfunk spielt das Modell des Außenpluralismus eine zentrale Rolle.41 Durch eine Vielzahl unterschiedlicher Anbieter soll ein vielfältiges Angebot entstehen. 2.5.4. Akteure der Rundfunkregulierung Für die Rundfunkregulierung sind in Deutschland die Bundesländer zuständig. Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nehmen sog. Rundfunkanstalten wahr. Diese verfügen jeweils über drei Steuerungsorgane: den Rundfunk – (ARD) bzw. den Fernsehrat (ZDF), den von ihnen gewählten Intendanten und den Verwaltungsrat. Die Zusammensetzung des Rundfunk- bzw. Fernsehrates ist gesetzlich bzw. durch den Staatsvertrag festgelegt. Darin vertreten sind zumeist Vertreter der jeweiligen Landesparlamente und anderer gesellschaftlicher 36 Seufert, S. 225; Beck, S. 185. 37 Seufert, S. 225. 38 BVerfGE 57, 295 (319 f., 323) vom 16.6.1981; 73, 118 (152 f.) vom 4.11.1986; 95, 163 (172) vom 18.12.1996. 39 Seufert, S. S. 231 ff.; Hans-Bredow-Institut S. 261. 40 Seufert, S. 240. 41 Hans-Bredow-Institut, S- 261. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 14 Gruppen. Diese wählen den Intendanten und Teile der Verwaltungsräte. Sie sind teils zuständig für Programmfragen, für den Haushaltsplan und die Satzung der Rundfunkanstalten. Die Verwaltungsräte gehen wirtschaftlichen und technischen Fragen nach und überwachen die Geschäftsführung des Intendanten. Denn dieser vertritt die Anstalt nach außen und führt die operativen Geschäfte. Die Aufsicht über den privaten Rundfunk üben spezielle Regulierungsinstitutionen – sog. Landesmedienanstalten – aus. Abgesehen von Berlin und Brandenburg, sowie Hamburg und Schleswig -Holstein, die jeweils eine gemeinsame Anstalt gegründet haben, verfügt jedes Land über eine solche Institution. Zwei Organe beschreiben im Wesentlichen die interne Organisation der Landesmedienanstalten : ein geschäftsführender Direktor und ein oberstes Beschlussorgan (Versammlung oder Gremium), welches die gesellschaftliche Kontrolle übernimmt und die Geschäftsführung überwacht. Die überwiegende Zahl der Mitglieder wird in der Regel durch gesellschaftlich relevante, nicht-staatliche Organisationen besetzt.42 Den Landesmedienanstalten obliegt die eigenständige Umsetzung und Kontrolle der Regelungen in den Landesmediengesetzen und den Rundfunkstaatsverträgen.43 Sie lizensieren die Veranstalter und kontrollieren die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und beobachten die Entwicklung des Rundfunkangebots im Hinblick auf Vielfalt und Ausgewogenheit.44 Im Einzelnen umfassen die Aufgaben: Zulassung privaten Rundfunks, Widerruf und Rücknahme der Zulassung, Zuweisung von Übertragungskapazitäten, Laufende Programm- und Konzentrationskontrolle, Aufsicht über Plattformen, Zuständigkeiten bei Verstößen gegen Vorgaben der Rundfunkstaatsverträge, verschiedene Beratungs- oder Förderungsaufgaben.45 Auf der Grundlage des Rundfunkstaatsvertrages bestehen weiter vier Entscheidungsorgane. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), die gemäß dem Rundfunkstaatsvertrag die Kontrolle über die Konzentration für das bundesweite private Fernsehen übernimmt. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) ist teils für die Rundfunkzulassung und die Aufsicht über Plattformbetreiber zuständig. Die Vorsitzenden der Beschlussgremien der Landesmedienanstalten kontrollieren als Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) die Landesmedienanstalten . Letztlich überwacht die Kommission für Jugendmedienschutz (KjM) die Einhaltung der Bestimmungen zum Jugendschutz im Rundfunk und Internet. Weiterhin haben die 14 Landesmedienanstalten in Berlin eine gemeinsame Geschäftsstelle durch die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (ALM). 42 Vertiefend zur Zusammensetzung der Beschlussorgane: Seufert, S. 243. 43 Seufert, S. 241. 44 Hans-Bredow-Institut, S. 261. 45 Seufert, S 241 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 15 2.6. Onlinemedien In den 1960/70er Jahren startete das Internet als ein spezielles Kommunikationsnetzwerk. In den 1980/90er Jahren haben sich Netzwerke und Dienstleistungen im World Wide Web entwickelt, die ein breites Spektrum an Unterhaltung, Kommunikation und Information anbieten. Rasch entwickelte sich das Internet zu einem Übertragungsweg in Kommunikationsplattformen und zu einem Forum audiovisueller Medien. Beim Internet handelt es sich aus der Sicht der Medienregulierung um kein einheitliches Medium . Es hält eine Vielzahl von Angeboten und Inhalten in verschiedenen Nutzungsformen bereit . Daher fehlt es an einem speziellen und einheitlichen Rechtsrahmen. Vielmehr sind die inhaltlichen Elemente der Angebote entscheidend, sodass bei einer Übertragung von Rundfunk im Internet der Rundfunkstaatsvertrag gilt. Die Fortentwicklung im Bereich des Internets erfordert eine stetige Anpassung des rechtlichen Rahmens. Deshalb trat mit dem 9. Rundfunkänderungsvertrag am 1. März 2007 das Telemediengesetz (TMG)46 in Kraft. Dieses bildet seitdem einen einheitlichen Rechtsrahmen für Telemedien; d.h. für eine Vielzahl elektronischer Informations- und Kommunikationsdienste insbesondere im Internet. Ziele der Medienregulierung im Internet sind in erster Linie die Sicherung der Meinungsvielfalt und die Regulierung problematischer oder krimineller Inhalte. Dem Umstand, dass im Netz ein globaler Zugang besteht, die Inhalte global verfügbar sind und verschiedene Regulierungssysteme aufeinandertreffen, muss dabei in besonderer Weise Rechnung getragen werden. Dabei steht immer wieder der Aspekt des Jugendmedienschutzes im Internet im Vordergrund. Gerade in diesem Bereich wird deutlich, dass sich die Inhalte des offenen und zugleich globalen Internets kaum durch einen einzelnen Staat regulieren lassen. Internationale Abkommen wären von Nöten, die allerdings aufgrund verschiedener kultureller und politischer Systeme der Gesellschaften schwer auszumachen sind.47 Nach § 59 Abs. 2 RStV wird die Aufsicht über Telemedien durch die nach dem Landesrecht bestimmten Aufsichtsbehörden durchgeführt. Wer für die Einhaltung der Bestimmungen zuständig ist, kann im Einzelfall schwer zu bestimmen sein.48 46 Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 16 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434) geändert worden ist (TMG). 47 Seufert, S. 305. 48 Vertiefend: Seufert, S. 289. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 16 3. Medienregulierung in Kanada 3.1. Geschichtliche Entwicklung Kanada ringt als flächenmäßig zweitgrößtes Land der Welt stets um seine kulturelle Souveränität gegenüber den USA als südlicher Nachbar und wichtigster Handelspartner Kanadas. Die Kanadier sind seit Jahrzehnten bestrebt, die Kontrolle über die Medienunternehmen zu behalten und die Medien in einheimischem Besitz zu belassen.49 Dabei kommt der Regulierung der Medien eine wichtige Rolle zum Erhalt der kanadischen Perspektive in den einheimischen Medienprodukten zu. In den letzten 15 Jahren kam es zu einigen Übernahmen und Fusionen im Bereich von privaten Medienunternehmen.50 Wenige Großunternehmen führen inzwischen den Markt der privaten Medienanbieter . Die Akteure verfügen über Anteile an Printmedien, Fernsehen, Telekommunikations - und Internetangeboten.51 Diese Entwicklung stieß aufgrund der unternehmerischen Kontrolle von Medieninhalten, der Privatisierung der öffentlichen Kommunikation sowie der hohen Hürden für den Eintritt neuer Medienakteure auf Skepsis. 3.2. Presse 3.2.1. Rechtsgrundlagen Wie die meisten westlichen Demokratien garantiert auch Kanada die Pressefreiheit in der Verfassung . Artikel 2 der Canadian Charter of Rights and Freedom von 198252 legt Fundamentalrechte wie Gedanken,- Glaubens-, Meinungs- und Meinungsäußerungsfreiheit sowie die Freiheit der Presse und anderer Kommunikationsmedien fest.53 Das Recht auf Pressefreiheit ist jedoch nicht absolut. Die Pressefreiheit erfährt Einschränkungen durch Gesetze, die sicherstellen, dass weder die Sicherheit des Staates noch die Freiheit von Mitbürgern beeinträchtigt wird. Insoweit unterliegen die Nachrichtenunternehmen im Land ebenfalls den Reglungen im Bereich von Volksverhetzung , Missachtung der Gerichte, Geheimhaltung oder Privatsphäre.54 Eine Reihe von Landes- 49 Hans-Bredow-Institut, S. 972. 50 Hans-Bredow-Institut, S. 972. 51 Tabellarische Übersicht zum unmittelbaren Besitz der vier größten kanadischen Medienunternehmen 2003, Hans-Bredow-Institut, S. 982. 52 http://laws-lois.justice.gc.ca/eng/Const/index.html [zuletzt aufgerufen: 27. Juli 2015]. 53 Hans-Bredow-Institut, S. 976; http://www.thecanadianencyclopedia.ca/en/article/media-and-the-law/ [zuletzt aufgerufen: 27. Juli 2015]. 54 Hans-Bredow-Institut, S. 976. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 17 und Bundesgesetzen schränken die Freiheit der Informationsbeschaffung und der Veröffentlichung der Presseakteure ein. Ebenso wie in Deutschland handelt es sich dabei in erster Linie um Datenschutzrechte, Wahlrechte, Urheberrechte und viele mehr. Nicht nur durch Gesetze, sondern auch durch Richterrecht (sog. judge-made common law) des Supreme Court of Canada, dem Obersten Gerichtshof von Kanada, wird die verfassungsrechtlich garantierte Pressefreiheit eingegrenzt. 3.2.2. Presseregulierung Auch in Kanada ist die Regulierungsdichte im Bereich der Presse vergleichsweise niedrig. Die Entwicklungen im Pressebereich veranlassten die lokalen Regierungen ab dem Jahr 2000 regelmäßig Anhörungen durchzuführen und Untersuchungskommissionen einzurichten, um Probleme wie beispielsweise die Pressekonzentration zu lösen.55 Ziel war es dabei immer wieder die Qualität und Vielfalt der Nachrichten- und Informationsdienste in Kanada auf den Prüfstand zu stellen . In den Jahren nach 2003 stand vor allem die Problematik des sog. Cross-Ownership im Presseund Rundfunkbereich im Fokus. Dieses bezeichnet den Umstand, dass ein Unternehmen mehrere Medien gleicher kommunikativer Funktion besitzt. Diese Verflechtungen gelten als Problem der Medienkonzentration und es besteht die Gefahr einer Verminderung der Meinungsvielfalt.56 Im Januar 2008 beschloss die Regulierungsbehörde für Rundfunk und Telekommunikation neue Regeln , die Cross-Ownership auch im Pressebereich eingrenzen und entgegenwirken sollen.57 In Verbindung mit der Freiheit der Presse gibt es zugleich einen Rechtsgrundsatz über den Informationszugang . Sowohl die Bundesregierung als auch jede Provinz verfügen über ein Gesetz zur Informationsbeschaffung.58 Nachrichtenunternehmen sind neben den Gesetzen an eigene Ethikkodizes gebunden. Daneben bestehen Presseräte in den Provinzen, die insbesondere Beschwerden der kanadischen Bevölkerung entgegennehmen und Nachrichtenunternehmen als ihre Mitglieder zu ethisch korrektem Verhalten auffordern. 55 Vertiefend: Hans-Bredow-Institut, S. 974 f. 56 Zum Begriff: http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=5672 [zuletzt aufgerufen: 27. Juli 2015]. 57 Vertiefend: Hans-Bredow-Institut, S. 982 f. 58 Auf Bundesebene: Bundesgesetz über den Informationszugang (Federal Access to Information Act, 1985), http://laws-lois.justice.gc.ca/eng/acts/a-1/ [zuletzt aufgerufen: 27. Juli 2015]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 18 3.3. Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) In Kanada leben 85 Prozent der 21 Millionen Einwohner entlang der US-Grenze. Nicht nur im Medienbereich sind die USA daher der wichtigste Handelspartner. Die Zweisprachigkeit des Landes hat einen großen Einfluss auf die kanadische Medien- und vor allem Rundfunklandschaft . 60 Prozent der kanadischen Bevölkerung sind englischsprachig. Dieses fördert den Umstand , dass eine Vielzahl an Medienprodukten aus dem Nachbarland importiert wird.59 Der Großteil der restlichen Bevölkerung spricht französisch. 3.3.1. Öffentliche und private Rundfunkanbieter In Kanada existiert das älteste duale Rundfunksystem der Welt.60 Neben dem Programm des Public-Services-Anbieters Canadian Broadcasting Corporation (CBC) bieten kommerzielle kanadische Anbieter ein Programm. Die CBC strahlt seit der Einführung des Fernsehens 1952 als öffentlicher Rundfunkanbieter landesweite Programme in französischer und englischer Sprache aus.61 Dazu gehören zwei englischsprachige Radiosender CBC Radio One und CBC Radio Two, sowie zwei französischsprachige Sender (La Radio de Radio-Canada und La Chaîne culturelle FM). Das Fernsehangebot besteht aus einem französischsprachigen und einem englischsprachigen Network.62 Lange Zeit war die CBC der größte Sender im Land. Trotz einer Dominanz privater Sender gibt es eine große Auswahl an Sendern, die u.a. von Hochschulen , Gemeinden oder religiösen Einrichtungen ausgestrahlt werden.63 Von den drei verschiedenen Arten von Fernsehangeboten – öffentlich, privat und Community-Sender – ist der private Bereich am größten und das Einkommen des privaten Sektors mehr als 10-mal größer als dasjenige der beiden anderen.64 59 Gutsche, S. 48, http://othes.univie.ac.at/32152/1/2014-02-13_0701725.pdf [zuletzt aufgerufen: 21. Juli 2015]. 60 Hoffmann-Riem, S. 100. 61 Jarren, S. 135; Näheres zur Geschichte der CBC, http://www.cbc.radio-canada.ca/en/explore/our-history/ [zuletzt aufgerufen: 27. Juli 2015]. 62 Jarren, S. 135. 63 Hans-Bredow-Institut, S. 977. 64 Hans-Bredow-Institut, S. 978. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 19 3.3.2. Rechtsgrundlagen und Rundfunkregulierung Rechtsgrundlage der Rundfunkregulierung in Kanada ist das Rundfunkgesetz (Broadcasting Act, 1991)65. Der Zuschaueranteil der Fernsehanbieter aus dem Nachbarland überwiegt den der heimischen Anbieter. Hauptziel der Rundfunkregulierung ist es daher die nationale Identität und die kulturelle Souveränität Kanadas zu bewahren und zu fördern.66 Die Versorgung mit kanadischen Inhalten soll gewährleistet werden - als Gegengewicht zu den in Kanada empfangbaren US-Sendern.67 Seit 1968 existiert in Kanada die Canadian Radio-Television and Telecommunications Commission (CRTC) als Regulierungsbehörde für Rundfunk und Telekommunikation.68 Die Aufsichtsbehörde stellt Regeln und Maßnahmen zur Durchsetzung des Broadcasting Act auf. Die Regulierungspolitik richtet sich auf drei Aspekte des Rundfunks: Zugang, Inhalt und Technologie. Die bekannteste Regelung ist wohl die sog. Canadian Content Regulation („CanCon“). Hiernach sollen kanadische Werte vermittelt werden. Programmquoten sind dabei ein maßgebliches Instrument der Regulierung. Sowohl bei den öffentlichen als auch bei den kommerziellen Rundfunkanbietern muss die Verbreitung kanadischer Inhalte mehr als die Hälfte (55-60%) der jährlichen Sendezeit ausmachen69, wobei der prozentuale Anteil je nach Sendezeit variieren kann.70 Weiterhin sind Veranstalter zur Unterstützung nationaler Programme gehalten Abgaben zu zahlen. Diese werden zur Herstellung kanadischer Kino- und Filmproduktionen verwendet.71 Rundfunklizenzinhaber müssen außerdem einen Teil ihres Umsatzes in die nationale Programmherstellung investieren. Auf dem Gebiet des Jugendschutzes und der Werbung wird in erster Linie auf Selbstkontrolle vertraut. Der sog. Canadian Broadcast Standards Council (CBSC) kontrolliert als unabhängige Nichtregierungsorganisation die Einhaltung der Selbstkontrolle in Programmangelegenheiten. Es handelt sich dabei um einen Aufsichtsrat für Rundfunknormen, der von der kanadischen Vereinigung von Rundfunksendern gegründet wurde.72 65 http://laws-lois.justice.gc.ca/eng/acts/B-9.01/ [zuletzt aufgerufen: 24. Juli 2015]. 66 Hans-Bredow-Institut, S. 977. 67 Hoffmann-Riem, S. 101. 68 Jarren, S. 135; Eberle S. 144. 69 http://www.crtc.gc.ca/eng/archive/2011/2011-288.htm [zuletzt aufgerufen: 22. Juli 2015]. 70 Aktuell erleichterte die CRTC die Quoten-Regelung drastisch, vertiefend: http://www.cbc.ca/news/business /crtc-eases-canadian-content-quotas-for-tv-1.2992132 [zuletzt aufgerufen: 27. Juli 2015]. 71 Hoffmann-Riem, S. 102. 72 Vertiefend: http://www.cbsc.ca/english/lang/german.php [zuletzt aufgerufen: 22. Juli 2015]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 20 3.3.3. Akteure der Medienregulierung Die CRTC ist eine unabhängige Aufsichtsbehörde. Das heißt es handelt sich hier um ein Organ, das nicht direkt gewählt ist oder direkt von gewählten Entscheidungsträgern geführt wird. Organisatorisch ist es von den Ministerien getrennt und steht außerhalb der klassischen Exekutivhierarchie. Weiterhin sind unabhängige Regulierungsbehörden auf gesetzlicher Basis mit eigenen Kompetenzen und Zuständigkeiten für die Marktregulierung ausgestattet.73 Die CRTC verbindet „rechtssetzende, rechtsanwendende und streiterledigende Funktionen“.74 „The Commission shall regulate and supervise all aspects of the Canadian broadcasting system“, so lautet die allgemeine gesetzliche Beschreibung der Aufgabe der CRTC. Sie setzt das Rundfunkgesetz um und lizenziert dabei drei Arten von Rundfunk: den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (CBC), den privaten Rundfunk (kommerzielles Radio und Fernsehen sowie Rundfunkanbieter über Satellit und Kabel) und Community-Sender (nicht-kommerzielle kommunale Radio- und Fernsehangebote ). Elementar für das kanadische Aufsichtssystem ist die Rechtssetzungskompetenz der CRTC. Der Broadcasting Act macht lediglich allgemeine Vorgaben; detaillierte Regelungen trifft die CRTC. Sie übernimmt zudem im Rundfunkbereich die Klassifizierung von Rundfunklizenzen, das Ausstellen und Erneuern von Lizenzen, die Modifizierung existierender Lizenzen, die Aufhebung und der Widerruf von Lizenzen sowie die Lizenzierung von Kabelnetzbetreibern und das Bearbeiten von Beschwerden über das Rundfunksystem.75 Der CRTC ist aufgegeben Lizenzen zu vergeben und deren Inhalte zu bestimmen. Dabei sind die normativen Zielvorgaben des Broadcasting Act umzusetzen .76 So darf die CRTC auch sanktionieren, indem sie Lizenzen suspendiert und aufhebt. Die Aufsichtsbehörde ist insgesamt mit breiten Vollmachten, Entscheidungsbefugnissen und Kompetenzen zur Lizensierung und Regulierung des Rundfunksystems ausgestattet, wobei das amerikanische Regulierungsmodell als Vorbild galt.77 Die unabhängige Regulierungsbehörde zeichnet sich gegenüber ihren Vorgängerbehörden im Rundfunk und in der Telekommunikation78 durch ein ausgeprägtes policy-orientiertes Selbstverständnis aus. In der Nachkriegszeit bestand ein Trend zu Behörden mit extensiven Mandaten, einer relativ hohen Unabhängigkeit und brei- 73 Zum Begriff: Eberle, S. 7. 74 Czada, S. 23. 75 Hans-Bredow-Institut, S. 980. 76 Eberle, S. 145. 77 Eberle, S. 30, 80. 78 Eberle, S. 144. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 21 ten Kompetenzen. Dieses Muster war bis zu diesem Zeitpunkt relativ ungewöhnlich für die regulative Politik Kanadas.79 Anders als die Vorgängerbehörde, die selbstständig Lizenzen erteilte, erneuerte und entzog, darf die CRTC die Lizenzvergabe an Bedingungen knüpfen. Dieser Umstand ermöglichte Programmauflagen, beispielsweise hinsichtlich der Canadian Content Regulation. Sowohl die CRTC als auch die kanadische Regierung bezieht die Öffentlichkeit sowie betroffene Akteure regelmäßig in Gesetzgebung- und Implementierungsprozesse ein. Vor der Lizenzvergabe führt die CRTC öffentliche Anhörungen durch.80 Vor dem Erlass neuer Gesetze setzte die Regierung oftmals Kommissionen ein, um Untersuchungen durchzuführen und auf dessen Ergebnissen aufzubauen.81 Die CRTC ist als Zentralbehörde mit nachgeordneten Territorialbüros organisiert.82 Geführt wird die CRTC von einem Vorsitzenden (chair-person) sowie je einem stellvertretenen Vorsitzenden für Rundfunk und Telekommunikation (vice-chairs).83 Bis zu zehn weitere Kommissare werden von der CRTC eingesetzt.84 Die bis zu 13 Kommissare sind vollamtlich tätig (full-time-members). Daneben sind sechs Teilzeitkommissare tätig (part-time-members). Alle Mitglieder der Kommission werden für fünf Jahre von der Regierung ernannt. Sie nehmen an den Anhörungen teil und treffen letztlich die Entscheidungen. Beschwerden gegen Rundfunkveranstalter bzw. dessen Programmgestaltung sowie andere Anfragen der Öffentlichkeit werden von der sog. Canadian Broadcast Standards Council (CBSC), einem unabhängigen Rundfunkbranchenverband, aufgenommen.85 3.4. Onlinemedien Im Bereich des Internets wurde und wird in Kanada wenig reguliert. Die CRTC hat sich als bundesweite Aufsichtsbehörde nur vereinzelt den Problemen rund um das Internet gewidmet. Der 79 Eberle, S. 144. 80 Hoffmann-Riem, S. 104. 81 Beispielsweise der Einsatz einer Royal Commission zur Einholung von Vorschlägen für die Organisation des Runsfunksystems oder der Einsatz einer task force als beratendes Komitee 1985 vor Erlass des Broadcasting Act 1985. 82 Jarren, S. 136. 83 http://crtc.gc.ca/eng/acrtc/org.htm [zuletzt aufgerufen: 22. Juli 2015]. 84 CRTC Organization Chart, http://www.crtc.gc.ca/eng/acrtc/org1.htm [zuletzt aufgerufen: 22. Juli 2015]. 85 http://www.cbsc.ca/english/lang/german.php [zuletzt aufgerufen: 24. Juli 2015]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 22 Frage, inwieweit die CRTC auch das Internet regulieren soll, war 1998 Gegenstand eines „Call for Comments“ (einer nationalen Meinungsumfrage).86 Im Mai 1999 verkündete die CRTC in einem Bericht über „Neue Medien“, dass sie das Internet und die Onlinemedien nicht regulieren werde.87 Die CRTC behielt die Entwicklungen und Auswirkungen der neuen internetbasierten Medien im Blick. Diese haben schließlich weitreichende Bedeutung für die bisherige Regulierung und die Businessmodelle. Im Jahr 2007 kündigte die Führung der CRTC die „New Media Project Initiative“ an, die sich der Analyse der rasanten Veränderungen der Medienlandschaft widmen soll. Dabei soll ein Augenmerk auf die Bereiche Zugang und Inhalt zu den Neuen Medien gelegt werden.88 Dabei stellen sich zentrale Fragen, wie nach der CRTC-Zuständigkeit der Internetregulierung und der Instrumente und Werkzeuge einer möglichen Regulierung durch die CRTC. Die Notwendigkeit und die Möglichkeit einer Regulierung der Onlinemedien sowie Regulierungsansätze werden immer noch von Kommissionen überprüft . 4. Fazit Der gesamte Mediensektor befindet sich derzeit – bestärkt durch global wirkende Medientechniken wie Satellit und Internet – in einem massiven und sich zukünftig noch verstärkenden Prozess der Globalisierung und Internationalisierung. Immer wieder rücken kommunikationspolitische Fragen der internationalen Zusammenarbeit in den Vordergrund. National halten seit einigen Jahren Diskussion über eine Reform der Medienordnung an. Gegenstand der Diskussion sind das materielle Medienrecht und der institutionelle Regulierungsrahmen. In Deutschland und Kanada werden mehr oder minder unterschiedliche kommunikations- und medienpolitische Wege beschritten. Grund dafür sind die divergierenden „Ausgangspositionen“ Deutschlands und Kanadas: Während in Deutschland die wesentlichen Grundlagen des heutigen Mediensystems den Vorgaben der alliierten Siegermächten entstammen, sind das System und die Zielvorstellungen in Kanada kontinuierlich von dem Willen geprägt, die kulturelle Souveränität gegenüber dem großen Nachbarn USA zu wahren. Unterschiede bezüglich der Medienregelsetzung und –durchsetzung beider Staaten beruhen auf jeweiligen nationalspezifischen politischrechtlichen Traditionen, kulturellen Grundhaltungen und institutionellen Strukturen. Es bestehen in Deutschland und Kanada unterschiedliche Ordnungsvorstellungen und Rechtsvorschriften für die verschiedenen Typen von publizistischen Massenmedien. Dabei unterscheiden sich Leitziele und im öffentlichen Interesse liegende Regulierungsziele und deren Umsetzung. 86 Hoffmann-Riem, S. 104. 87 Hans-Bredow-Institut, S. 984; vertiefend: http://www.crtc.gc.ca/eng/archive/1999/pb99-84.htm [zuletzt aufgerufen : 24. Juli 2015]. 88 Hans-Bredow-Institut, S. 985. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 23 Während im Bereich der Presse und der Onlinemedien in Kanada wenig reguliert wird, findet eine vergleichsweise starke Regulierung im Bereich des Rundfunkwesens statt. Die Aufsichtsinstanz CRTC ist neben dem Rundfunk- auch für den Telekommunikationssektor zuständig. Die CRTC ist mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet, insbesondere mit umfangreichen Rechtssetzungskompetenzen . Die CRTC bindet jegliche Akteure in den Rechtssetzungsprozess mit ein, indem sie an vorangegangenen Untersuchungen beteiligt werden. Der Gegenpol wird durch die deutschen Regulierungsverhältnisse markiert. Die deutsche Medienpolitik unterliegt dem Wettstreit der Länder. Die föderale Strukturen des Staates und die unterschiedlichen Kompetenzzuweisungen durch das Grundgesetz und die Landesverfassungen spiegeln sich in der Dezentralität in Deutschland wider. Eine Vielzahl von Regulierungsbehörden entstand aufgrund der getrennten Kompetenzzuweisungen auf der staatlichen Ebene von Bund und Ländern.89 Insgesamt 14 Landesmedienanstalten für den kommerziellen Rundfunk und die Rundfunkanstalten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sowie zahlreiche weitere Einrichtungen und Institutionen regulieren den Rundfunk und andere Medien in der Bundesrepublik und versuchen standortpolitische Interessen und Ziele zu verfolgen. In beiden Staaten bestehen neben separaten Gesetzen allgemeine zivil- und strafrechtliche Anforderungen sowie allgemeine Mediengesetze, die die audiovisuellen Mediendienste und Rechte und Pflichten von den betroffenen Akteuren regeln. Sowohl in Deutschland als auch in Kanada stellt sich weiter die Frage nach der personellen demokratischen Legitimation der rundfunkrechtlichen Kontrollorgane. Soweit die Zusammensetzung der Hauptorgane der CRTC oder der Landesmedien- oder Rundfunkanstalten auf verbindlichen Vorschlags- und Entsendungsrechten gesellschaftlicher Gruppierungen beruht, sind die Vertreter nicht unmittelbar durch das Volk oder mittelbar durch das Parlament über Wahlen legitimiert .90 Anregungen aus Kanada könnten in künftige Überlegungen der Weiterentwicklung und Verbesserung des deutschen Medienregulierungssystems einbezogen werden. Diskussionen über eine Reform des Regulierungssystems in Deutschland orientieren sich vorwiegend an Modellen aus dem angelsächsischen Bereich.91 Sowohl in Kanada als auch in den USA oder Großbritannien werden Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit am Regulierungsprozess des Kommunikationswesens groß geschrieben. Es erfolgt eine verstärkte Einbeziehung der Öffentlichkeit in Entscheidungsfindungs- und Rechtssetzungsprozessen . Durch den Einsatz von Kommissionen und die Durchführung von Anhörungen werden von Beginn an alle betroffenen Akteure an einem Tisch geholt und in die vorgeschalteten Untersuchungen und den darauf folgenden Prozess mit einbezogen. Dieser Umstand mag zur Praktikabilität und Akzeptanz der Regelungen bei den Akteuren beitragen. Es können entscheidende Probleme zeit- und praxisnah erörtert und gelöst werden. 89 Für eine Single Regulator sprechend: http://www.bpb.de/apuz/32162/das-ende-der-rundfunkpolitik?p=all [zuletzt aufgerufen: 29. Juli 2015]. 90 Chuang, S. 189; vertiefend: Chuang, S. 189 ff. 91 Vertiefend: Hoffmann-Riem, S. 83 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 24 Eine zukunftsträchtige Debatte wird in Deutschland in der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz geführt. Die Arbeit der Bund-Länder-Kommission zielt auf eine Verständigung von beiden staatlichen Ebenen im Hinblick auf eine moderne Medienregulierung – vor allem im Zeitalter der Neuen Medien – ab.92 Ergebnisse der Kommission sollen alsbald vorlegt werden. 5. Literaturverzeichnis Arnold, Dirk, Medienregulierung in Europa: Vergleich der Medienregulierungsinstrumente und – formen der EU-Mitgliedsstaaten vor dem Hintergrund technischer Konvergenz und Europäisierung , 1. Auflage, Baden-Baden 2014 Beck, Klaus, Das Mediensystem Deutschlands: Strukturen, Märkte, Regulierung, Wiesbaden 2012 Bentele, Günter/Brosius, Hans-Bernd/Jarren, Otfried, Öffentliche Kommunikation: Handbuch Kommunikations- und Medienwissenschaften, 1. Auflage, Wiesbaden 2003 Chuang, Kuo-Jung, Zu Frage der Organisation und Legitimation der rundfunkrechtlichen Kontrollorgane , München 1999 Czada, Roland/Lütz, Susanne/Mette, Stefan, Regulative Politik: Zähmungen von Markt und Technik , Opladen 2003 Eberle, Dagmar, Unabhängige Regulierungsbehörden und Politikwandel: Eine Fallstudie am Beispiel der Canadian Radio-Television and Telecommunications Commission, Augsburg 2007 Gutsche, Susanne, Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen in Demokratien: Österreich und Kanada im Vergleich, 2014, http://othes.univie.ac.at/32152/1/2014-02-13_0701725.pdf [Stand: 21. Juli 2015] Hans-Bredow-Institut, Internationales Handbuch Medien, 28. Auflage, Baden-Baden 2009 Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schulz, Wolfgang/ Held, Thorsten, Konvergenz und Regulierung: Optionen für rechtliche Regelungen und Aufsichtsstrukturen im Bereich Information, Kommunikation und Medien, 1. Auflage, Baden-Baden 2000 Puppis, Manuel, Einführung in die Medienpolitik, 2. Auflage, Konstanz 2010 92 Vertiefend: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2015/03/2015-03-26-bkmmedienkonvergenz .html; http://www.medienpolitik.net/2015/04/medienpolitikneue-medienordnung-eher-vageals -konkret/ [zuletzt aufgerufen: 29. Juli 2015]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 057/15 Seite 25 Seufert, Wolfgang/Gundlach, Hardy, Medienregulierung in Deutschland: Ziele, Konzepte, Maßnahmen , 1. Auflage, Baden-Baden 2012