Integration durch Sport Konzeption und Anwendungsbeispiele - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 054/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Integration durch Sport Konzeption und Anwendungsbeispiele Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 054/09 Abschluss der Arbeit: 11. Juni 2009 Fachbereich WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Konzeptionelle Problemstellungen 4 3. Das Programm „Integration durch Sport“ 6 4. Notwendige Bedingungen für die Nutzung des Sports als Integrationsmotor 10 5. Schlußfolgerungen Fehler! Textmarke nicht definiert. 6. Literatur 15 7. Anlagen 17 - 3 - 1. Einleitung Gegenwärtig leben 82,2 Millionen Menschen in Deutschland, davon haben etwa 7,3 Millionen – dies sind 8,1 Prozent der Gesamtbevölkerung – keine deutsche Staatsangehörigkeit . Diese Zahl entspricht einem Anteil von fast 9 Prozent. Von dieser Gruppe sind etwa 1,4 Millionen Menschen in Deutschland geboren, ein Drittel lebt schon länger als 20 Jahre hier.1 Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Integration von Zuwanderern eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe darstellt, zu der auch der Sport einen wichtigen Beitrag leisten kann. Wie viel Integrationspotential der Sport besitzt, wird auch von den Organisationen des Sports erkannt. So hat der Deutsche Fußballbund (DFB) beispielsweise im Rahmen der Aktion „Mitspielen kickt“ etwa 1000 Mini-Spielfelder für Kinder und Jugendliche geschaffen und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat das Projektnetzwerk „Integration durch Sport“ ins Leben gerufen. Dass gerade der Sport eine wichtige Rolle spielt, zeigt sich nicht zuletzt anhand der Größe des Sportsektors : Inzwischen hat der DOSB über 90 000 eingetragene Vereine und nahezu 289 Millionen Mitgliedschaften und ist damit die größte Personenvereinigung in Deutschland .2 Dies verdeutlicht, dass der Sport eine große gesellschaftliche Bindungskraft besitzt .3 Sport und andere freizeitpädagogische Angebote schaffen vielfältige Möglichkeiten der Begegnung und Verständigung. So werden Brücken zwischen Kulturen gebaut, gegenseitiges Vertrauen entsteht und das Gemeinschaftsgefühl wird gestärkt. Insbesondere der Deutsche Olympische Sportbund (bis 2006: Deutscher Sportbund) und seine Mitgliedsorganisationen blicken auf eine langjährige Erfahrung im Bereich der Integrationsarbeit zurück. Der DOSB hat seine Erfahrung und sein Wissen in dem Programm „Integration durch Sport“ gebündelt, das aus dem 1989 gestarteten Projekt „Sport für alle – Sport mit Aussiedlern“ hervorgegangen ist. Dies verdeutlicht, dass sich die Integrationspolitik nicht mehr vorrangig an sozialpolitischen Zielen orientiert, sondern auf die Chancen und Potenziale in vielen Politikfeldern setzt. Damit ist auch der Sport stärker als bisher angesprochen. Ziel des Programms ist es, durch organisierten Sport die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die Aufnahmegesellschaft zu fördern. Zuwanderer sollen dauerhaft am Leben der unterschiedlichen Vereine sowie am Trainings- und Wettkampfbetrieb teilhaben. Mit dem Programm „Integration durch 1 Vgl. Statistisches Bundesamt unter http://www.destatis.de sowie den Tabellenanhang des 7. Berichts der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland (BUNDESREGIERUNG 2007c); vertiefende Analysen finden sich in der Studie von ALBA, SCHMIDT und WASMER (2000) sowie BRÜCKER und RINGER (2008). 2 Vgl. dazu das Jahrbuch des Sports (DOSB 2008) sowie STEINBACH und HARTMANN (2007). 3 Dies belegen etwa die Ergebnisse der sportbezogenen Auswertung der Freiwilligensurveys des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), die im Auftrag des Bundesinstituts für Sportwissenschaft und des Deutschen Sportbundes erfolgte (RITTNER u. a. 2006). Eine Kurzfassung ist im Anhang dokumentiert. - 4 - Sport" werden bundesweit etwa 470 Sportvereine unterstützt, die sich besonders in der Integrationsarbeit engagieren (Stützpunktvereine). Mit Unterstützung durch zahlreiche ehrenamtliche Helfer vor Ort werden im Rahmen des Programms „Integration durch Sport“ jährlich rund 7000 bis 9000 Maßnahmen, wie Sportfeste, Großveranstaltungen und Sonderprogramme durchgeführt. 2. Konzeptionelle Problemstellungen Um den Integrationsprozess von Ausländern und Spätaussiedlern4 durch den organisierten Sport zu unterstützen, wurde 1989 das bundesweite Programm „Integration durch Sport“ ins Leben gerufen. Hintergrund bildet die Erfahrung, dass Migranten, deren Lebenssituation in der Gesellschaft schwierig ist, gerade in (Sport-)Vereinen vielfach als gleichberechtigte Mitglieder anerkannt werden. Im Mittelpunkt steht vor allem die Leistung, die unabhängig von Nationalität, Sprache, sozialem oder kulturellem Hintergrund ist. „Fairness“, „Toleranz“ und „Teamgeist“ sind hier keine leeren Begriffe, sondern werden – nicht nur im Mannschaftssport – aktiv gelebt. Gleichzeitig ermöglicht dies die Einbindung in ein stabiles soziales Umfeld. Hinzu kommt: Sport eröffnet individuelle Chancen und Möglichkeiten auch für Menschen mit Migrationshintergrund. Damit erscheint der Sport als ein gutes Instrument, die soziale Integration von Zuwanderern zu fördern. Die gegenseitige Wahrnehmung im Rahmen sportlicher Aktivitäten kann dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und die sozialen Distanzen zu verringern .5 Eine Reihe von Untersuchungen weist allerdings darauf hin, dass Sport zwar eine integrationsfördernde Wirkung haben kann, sie aber nicht allein durch die bloße Teilhabe von Migrantinnen und Migranten bereits gewährleistet ist. Während in der öffentlichen Wahrnehmung der Sport zumeist als integrativ gilt, kommen sportwissenschaftliche und andere sozialwissenschaftliche Untersuchungen zu einer differenzierteren Einschätzung. Die Studien erkennen die besonderen Integrationspotentiale des Sports, verweisen aber gleichzeitig darauf, dass diese ihre Kraft nur entfalten können, wenn diese richtig genutzt werden. Im 7. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland wird festgestellt, dass die Integrationspotentiale des Sports auf drei unterschiedlichen Ebenen genutzt werden können: Erstens gebe es gerade im vereinsorga- 4 Vor dem Hintergrund fremdenfeindlicher Übergriffe auf Aussiedler und Ausländer wurde das Projekt , das zunächst als „Sport mit Aussiedlern“ begann, im Jahr 2001 für alle Zuwanderergruppen geöffnet . Vgl. dazu die Analyse des Deutschen Sportbundes (Deutscher Sportbund 2000); das Dokument findet sich im Anhang. 5 Vgl. dazu auch die verschiedenen Beiträge in BLECKING und GIEß-STÜBNER (2006). - 5 - nisierten Sport zahlreiche Kontaktmöglichkeiten, die besondere Chancen für die soziale Integration von Migranten und Migrantinnen böten, zweitens könne der Sport die kulturelle Integration fördern, da der Sportverein vielfach als ein Ort der Alltagskommunikation erlebt werde. Dabei lasse sich Sprache und Kultur auf einfache Weise kennenlernen und drittens könne der Sport auch die alltagspolitische Integration fördern, da das Vereinsleben durch das freiwillige und demokratische Engagement der Mitglieder geprägt sei (BUNDESREGIERUNG 2007b: 121f.). Jedoch verweisen die immer wieder festgestellten interkulturellen Konflikte innerhalb des vereinsorganisierten Sports auch auf die Schwierigkeiten der Integration durch Sport. Dies bestätigen auch die Erfahrungen aus der Praxis der Landessportbünde bzw. der Sportvereine. Es zeigt sich, dass die Erwartungen an die integrative Wirkung des Sports bzw. die Mitgliedschaft in einem Verein oftmals nicht erfüllt werden können. Gerade mit Blick auf die verschiedenen Zuwanderergruppen, Sportarten und Sportorganisationen ist die Integration nicht für alle gleichermaßen erfolgreich geglückt. Migranten sind im Sport, gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil, deutlich unterrepräsentiert. Zudem ist das Engagement in Sportvereinen durch ein soziales Gefälle geprägt, wodurch gerade Migranten besonders betroffen sind. Hinzu kommen kulturelle Hürden: Insbesondere Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund nehmen am organisierten Sport nur in sehr geringem Maß teil.6 Damit einher geht auch ein Wandel der Beteiligung am Sport durch Menschen mit Migrationshintergrund. In jüngerer Zeit wurden immer häufiger – neben Kultur- und Religionsvereinen – ethnisch geprägte Sportvereine gegründet. Diese Entwicklung führte zwar zu einer Zunahme des Anteils von Migranten am organisierten Sport, jedoch hat dies gleichzeitig zu einer verstärkten ethnischen Separierung im Sportleben geführt.7 Konflikte mit Migrantenbeteiligung zeigen sich vor allem im Fußball.8 Gerade bei einzelnen Migrantengruppen wird dadurch die Integration im Rahmen sportlicher Betätigung außerordentlich erschwert. Angesprochen sind dabei vor allem Fragen des Verhältnisses von Sport und Identitätsbil- 6 Es liegen keine statistischen Daten über die Vereinsmitgliedschaft von Migrantinnen und Migranten in deutschen Sportvereinen vor, da die Vereine (eine Ausnahme ist Berlin) keine Angaben über die Staatsangehörigkeit oder Herkunft ihrer Mitglieder erheben; aufschlussreich ist eine Dokumentation der Tagung “Integration von Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund im und durch den Sport“ vom 21. November 2005 in Berlin; sie findet sich unter www.integration-durchsport .de/fileadmin/fm-dsb/arbeitsfelder/ids/files/Dokumentation21.11.2005.pdf [Stand 10.06.09]. 7 HEITMEYER (1998) sieht in diesem Zusammenhang auch die desintegrativen Wirkungen des Sports und fragt, ob Sport, insbesondere der Fußball, nicht zu Konfliktverfestigung und Eskalation beiträgt. Vgl. dazu auch die Beiträge in NECKEL und SOEFFNER (2008). 8 Festzustellen ist dabei auch der Antisemitismus im Sport. So gibt es kaum ein Spiel des jüdischen Fußballclubs TuS Makkabi Berlin ohne antisemitische Gesänge und Schmähungen. Vgl. dazu eine Dokumentation des Bündnisses für Demokratie und Toleranz vom 25. Januar 2008 im Deutschen Bundestag (Anhang). - 6 - dung sowie die Probleme der Herstellung bzw. Perpetuierung von ethnischen9 oder geschlechtlichen 10 Differenzen im Sport. Von den Sportverbänden ist inzwischen erkannt worden, dass die integrative Wirkung des Sports nicht allein durch die Aufforderung an Migranten zum Mitmachen erreicht werden kann. Seit einiger Zeit ist eine differenziertere Auseinandersetzung der Verbände mit dem Thema Migration und Sport auszumachen. In der Grundsatzerklärung des deutschen Sportbundes „Sport der ausländischen Mitbürger“ von 1981 wurde noch davon ausgegangen, dass die Mitgliedschaft von Migrantinnen und Migranten in deutschen Vereinen zwar grundsätzlich wünschenswert sei, eine zu hohe Anzahl von Migranten in deutschen Vereinen aber diese überfordern würde (DEUTSCHER SPORTBUND 1981). Migranten waren als Mitglieder dann willkommen, wenn sie die Struktur und den Charakter der Vereine nicht veränderten. Eine der Folgen dieser Herangehensweise war, dass bis heute in den höheren Verbandshierarchiestufen nur wenig Migranten zu finden sind. Inzwischen wurde von diesem ausschließenden Grundgedanken Abschied genommen. Integrative und partizipatorische Ansätze zur interkulturellen Öffnung sind stärker in den Vordergrund gerückt. So wurde in der neuen Grundsatzerklärung des Deutschen Sportbundes vom Dezember 2004 betont, dass Migranten und insbesondere Migrantinnen im organisierten Sport unterrepräsentiert seien und dass diese nur gewonnen werden könnten, wenn sich die Funktionsträger interkulturell sensibilisierten (DEUTSCHER SPORTBUND 2004). Die angemessene Nutzung der integrativen Potentiale des Sports und die Umsetzung neuer Konzepte werden gegenwärtig breit diskutiert. Auch sind in den letzten Jahren sowohl auf Bundes- als auch auf Landessportverbandsebene auf die Zielgruppe der Migranten zugeschnittene Programme entwickelt worden. 3. Das Programm „Integration durch Sport“ Das Programm „Integration durch Sport“ ist eine bundesweite Initiative des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und seiner Mitgliedsorganisationen und wird aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern und durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert. Es ist eigenverantwortlich an die 16 Landessportbünde angegliedert. Die Arbeit an der Basis leisten die Stützpunktvereine mit ihren ehrenamtlichen Starthelfern und Übungsleitern (DEUTSCHER SPORTBUND 2001).11 Der Deutsche 9 Vgl. dazu BLECKING und GIEß-STÜBNER (2006), GIEß-STÜBNER (2005) sowie JÜTTING und LICHTENAUER (1995), kurze Übersichten finden sich in BLECKING (2008) und PILZ (2006) (Anhang). 10 Vgl. dazu exemplarisch HARTMANN-TEWS u. a. (2003). 11 Vgl. dazu das Dokument im Anhang. - 7 - Olympische Sportbund und seine Mitgliedsorganisationen sehen in der Integration eine wichtige Zukunftsaufgabe der Gesellschaft, insbesondere vor dem Hintergrund des im Jahr 2000 neu gefassten Staatsbürgerschaftsrechts. Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Sportbund im Jahr 2004 die Grundsatzerklärung „Sport und Zuwanderung“ verabschiedet (DEUTSCHER SPORTBUND 2004).12 Diese Erklärung dient als sportpolitische Grundlage für alle Verbände und Vereine bei der Integration von Aussiedlern und Ausländern. Die Erklärung ruft dazu auf, die Potenziale des organisierten Sports für die Integration im Rahmen des Programms „Integration durch Sport“ deutlicher und umfassender als bisher zu nutzen. Allerdings warnt die Erklärung auch vor einer Überschätzung des organisierten Sports für integrationspolitische Maßnahmen. Ziel des Programms ist es, durch organisierten Sport die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in die Aufnahmegesellschaft zu fördern. Zuwanderer sollen dauerhaft am Leben der unterschiedlichen Vereine sowie am Trainings- und Wettkampfbetrieb teilhaben. Mit dem Programm „Integration durch Sport" werden bundesweit etwa 470 Sportvereine unterstützt, die sich besonders in der Integrationsarbeit engagieren (Stützpunktvereine). Wichtig ist außerdem, dass die Vereine regelmäßig Sportprojekte und andere Aktionen wie z.B. Sportfeste, Ferienprogramme und Großveranstaltungen anbieten. Darüber hinaus sind bundesweit so genannte Starthelfer und zahlreiche Ehrenamtliche – zum Teil mit Migrationshintergrund – im Einsatz. Das zentrale Anliegen des Programms ist die Integration der Zuwanderer in die Aufnahmegesellschaft und in den organisierten Sport. Es ist eigenverantwortlich an die 16 Landessportbünde angegliedert. Die Bundeskoordination sitzt beim Deutschen Olympischen Sportbund in Frankfurt. In den Landessportbünden ist das Programm durch Landes - und Regionalkoordinatoren vertreten. Die Arbeit an der Basis leisten die Stützpunktvereine mit ihren Starthelfern und Übungsleitern. Zielgruppe des Programms sind die in Deutschland lebenden Spätaussiedler, weitere Zuwanderer sowie sozial benachteiligte Einheimische. Das Programm soll die integrative Arbeit im Sportverein auf vielfältige Weise unterstützen. Im Einzelnen geht es um folgende Ziele: - der Abbau von Sprachbarrieren und kulturellen Vorbehalten, - die Gewaltprävention durch Aktivitätsangebote, - die wechselseitige Akzeptanzsteigerung von Einheimischen und Zuwanderern, - die Förderung und Stärkung des sozialen Engagements in Sportorganisationen, - die Information über das Sportsystem in Deutschland, 12 Die sportpolitische Grundsatzerklärung „Sport und Zuwanderung“ findet sich im Anhang. - 8 - - die Schaffung und Förderung langfristiger Integrationsstrukturen unter Einbindung des organisierten Sports. Die Netzwerkarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil des integrativ agierenden Programms . Das Grundprinzip ist die Bündelung von Ressourcen, wodurch eine effektive Umsetzung der gesetzten Ziele ermöglicht werden soll. Die Umsetzung der sportspezifischen Programmziele innerhalb von Netzwerken, auch außerhalb des organisierten Sports, soll die Arbeit der Sport- und Stützpunktvereine ergänzen. Die Integration von Menschen aus verschiedenen Kulturen erfordert ein Zusammenspiel von verschiedenen gesellschaftlichen Partnern. Integration ist ein Prozess, der viele Kooperationspartner benötigt. Folgende Partner sind vor allem zu nennen (DEUTSCHER SPORTBUND 2001): - kirchliche Organisationen wie Caritas und Diakonisches Werk, - kommunale Integrationsbeauftragte mit ihren Ämtern, - Vertreter von Einwanderergruppen wie etwa der Zentralrat der Muslime, - wohltätige Organisationen, - Migrationserstberatungsstellen, - Jugendmigrationsdienste, - Netzwerkpartner auf kommunaler Ebene. Die inhaltliche Umsetzung des Integrationsprogramms durch den organisierten Sport erfordert eine breite Palette von Aktivitäten und Maßnahmen. Diese Maßnahmen werden im Programm als Integrationsmodule bezeichnet; sie sollen sowohl die bestehenden Angebotsstrukturen des traditionell organisierten Sports, als auch neue, alternative Formen des Sports berücksichtigen. Folgende Integrationsmodule werden hervorgehoben:13 - Integrationsmodul „Stützpunktverein“: Sportvereine, die sich besonders für die Integrationsarbeit engagieren, können über das Integrationsmodul „Stützpunktverein “ finanziell und beratend unterstützt werden. Anerkannte Stützpunktvereine besitzen für die weitere Programmentwicklung und -umsetzung einen zentralen Stellenwert. Zum einen verfügen sie über ein hohes soziales Potenzial und vielfältige Erfahrungen in integrativer und pädagogischer Arbeit, zum anderen haben sie bereits häufig umfangreiche Vernetzungen mit lokalen 13 Vgl. dazu die Informationen unter http://www.integration-durch-sport.de. - 9 - Organisationen aufgebaut. Damit leisten sie zugleich einen wesentlichen Beitrag zur sozialraumorientierten und lebensweltbezogenen Sozialarbeit.14 - Integrationsmodul „Integrationsmaßnahmen“: Integrative Maßnahmen dienen der Umsetzung der Programmziele an der Basis. In sportlichen wie auch in anderen kulturellen und sozialen Betätigungsfeldern treten Spätaussiedler, weitere Zuwanderer und Einheimische in intensiven Kontakt. Integrationsmaßnahmen gehören zu den wichtigen Elementen, um lokal, regional und überregional das öffentliche Interesse auf das Thema Integration als gesellschaftlich bedeutsames Anliegen zu fokussieren. - Integrationsmodul Starthelfer: Das Programm "Integration durch Sport" arbeitet auf der Grundlage der Ehrenamtlichkeit. Ehrenamtliche Mitarbeiter werden in diesem Programm als „Starthelfer“ bezeichnet und sind eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche und kontinuierliche Umsetzung der Integration an der Basis. - Integrationsmodul „Qualifizierungsmaßnahmen“: Die Qualifizierung von allen im Programm tätigen Mitarbeitern und Starthelfern ist ein wesentlicher Baustein zur erfolgreichen Umsetzung des Programms. Sie dient der Qualitätssicherung bei der Realisierung der unterschiedlichen sportlichen und sozialen Angebote . - Integrationsmodul „Sportmobil“: Ein besonders attraktives und gleichzeitig außenwirksames Medium für alle Integrationsmodule stellen die Sportmobile dar. Deren Ausstattungen sind den regionalen Anforderungen und aktuellen Trends angepasst. Sie ermöglichen im Rahmen der wohnumfeldorientierten Arbeit , an jedem Ort zielgruppenspezifisch sportbezogene Angebote zu machen. Wie der Sportbericht der BUNDESREGIERUNG (2006: 89) darlegt, ist das Programm „Integration durch Sport“ seit 1989 vom Bundesministerium des Innern aus Integrationsmitteln mit insgesamt mehr als 50 Mio. Euro gefördert worden (Zeitraum 1989-2005). Als wichtige Maßnahme zur gesellschaftlichen Integration von Zuwanderern will das Projekt insbesondere jugendliche Zuwanderer an den Sport und seine Vereine heranführen und sie dadurch in ihr Wohnumfeld integrieren. Im Sportbericht werden außerdem einige Einzelmaßnahmen aus den Jahren 2001 bis 2005 aufgelistet. So hat etwa das Bundesministerium des Innern sich von 2002 bis 2004 mit dem Themenfeld „Integration durch Sport“ an der Gesellschaftskampagne des DSB (seit Mai 2006 DOSB) „Sport tut Deutschland gut“ beteiligt. Ziel der Kampagne war es, sich den Herausforderungen des Sports im Wandel des gesellschaftlichen Lebens zu stellen, auf die der Sport im Rahmen seiner Mitglieder- und Organisationsstrukturen durch die Betonung der kulturellen Toleranz und verbesserten Chancen der Beteiligung antworten kann. Zu den Themen der Kampagne gehörten etwa das Verständnis für die gesellschaftliche Vielfalt in Deutschland, die Sicherung der ganzheitlichen Bildung der jungen Generation, die 14 Vgl. zu den Stützpunktvereinen http://www.integration-durch-sport.de/index.php?id=2390 [Stand 25.05.09]. - 10 - Integration von Zuwanderern unter gleichzeitiger Abwehr von Rassismus, die Ausbreitung ehrenamtlicher Tätigkeit zusammen mit der Förderung sportlicher und sozialer Talente sowie die soziale Integration zwischen Menschen aller Altersstufen und Schichten. Darüber hinaus hat die Bundesregierung die vielfältigen Möglichkeiten des Sports auch gezielt in ihr entschiedenes Eintreten gegen Gewalt und Fremdenhass eingebunden. Ein Beispiel ist das im Mai 2000 vom Bundesministerium des Innern und vom Bundesministerium der Justiz initiierte bundesweite „Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt“ (ebd.). Das Programm „Integration durch Sport“ stellt damit – so die Auffassung der Bundesregierung – einen wichtigen Beitrag im Gesamtkonzept der Bundesregierung zur gesellschaftlichen Integration von Zuwanderern dar. Das Gesamtkonzept der Integrationsförderung findet sich im Nationalen Integrationsplan (BUNDESREGIERUNG 2007a).15 4. Notwendige Bedingungen für die Nutzung des Sports als Integrationsmotor Bund und Länder, aber auch Verbände und andere Interessengruppen unterstützen die Vereine durch die Bereitstellung von Sportstätten sowie das Angebot von integrationsfördernden Projekten. Inzwischen gibt es kaum noch Vereine ohne Mitglieder mit Migrationshintergrund. Wie der „Sportentwicklungsbericht 2005/2006“16 ausweist, zeigen sich hier jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den Sportvereinen: Nicht alle Vereine sind gleichermaßen von der Zuwanderung betroffen. Deutlich wird gleichzeitig ein markantes Ost-West-Gefälle: Während sich in den alten Bundesländern 15 Prozent der Sportvereine als von der Zuwanderung betroffen sehen, gilt dies nur für etwa acht Prozent der Sportvereine in den neuen Bundesländern. Unbestritten ist heute, dass der Sport die Integration unterstützen kann, jedoch wird intensiv über die richtige Nutzung des integrativen Potentials des Sports diskutiert. So wurde bereits für die Erarbeitung des Nationalen Integrationsplans (NIP) eine eigene Arbeitsgruppe Sport eingerichtet, die vom Bundesministerium des Innern koordiniert wurde.17 Um die Integrationspotenziale des Sports auch über die Erarbeitung des Nationalen Integrationsplans hinaus kontinuierlich weiterentwickeln zu können, hat der Bund inzwischen 15 Ein Auszug aus dem Dokument findet sich in der Anlage. Vgl. dazu auch den 7. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland vom Dezember 2007 (BUNDESREGIERUNG 2007b) sowie den Ersten Fortschrittsbericht zum Nationalen Integrationsplan (BUNDESREGIERUNG 2008). 16 Vgl. dazu weitere Informationen unter www.bisp.de/nn_15936/DE/Aktuelles/Nachrichten/2007/ Themenberichte__Sportentwicklung.html [Stand 10.06.09]. 17 Der Abschlußbericht dieser Arbeitsgruppe findet sich in (BUNDESREGIERUNG 2007b: 139ff.) (Anlage). - 11 - eine ständige Arbeitsgruppe „Integration und Sport“ unter Beteiligung von Vertretern der Länder, des Sports, der Wissenschaft und von Migrantenorganisationen ins Leben gerufen.18 Mit der Aufnahme, Fortführung und dem Ausbau des im Nationalen Integrationsplan begonnenen Dialogs soll erreicht werden, dauerhafte Empfehlungsstrukturen auf Bundesebene mit Hilfe eines Expertenteams zu schaffen und neue Schwerpunktthemen an der Schnittstelle zwischen Sport und Integration zu identifizieren und zu bearbeiten. Ein weiteres Ziel ist die Förderung der interkulturellen Kompetenz der Akteure in den Netzwerken vor Ort, begleitet durch die Erarbeitung praxisnaher Handreichungen. Bestehende Angebote im Sport sollen ausgebaut und die Vernetzung soll erweitert werden . Auch auf der Ebene der Länder wird die Integrationsaufgabe als wichtiges Ziel angesehen. Dabei verstehen die Sportminister der Länder Integration als einen wechselseitigen Prozess. Bestehe bei der einheimischen Bevölkerung die Herausforderung grundsätzlich darin, Vorurteile abzubauen und Fremdenfeindlichkeit entgegenzuwirken, so seien Migranten gefordert, sich in der Gesellschaft kulturell zu öffnen. Zur Umsetzung des Nationalen Integrationsplanes haben die Sportminister der Länder im November 2007 einen Beschluss gefasst. Die Sportministerkonferenz bittet darin die Länder , sich insbesondere dafür einzusetzen, dass die Menschen vor Ort in den Vereinen und in den Kommunen die Unterstützung erhalten, die sie für nachhaltige Integrationsprojekte benötigen. Dabei sollen mit den Projekten, Initiativen und Integrationsmaßnahmen noch mehr Menschen mit Migrationshintergrund in die bestehende Strukturen des Sports eingebunden werden.19 Im Ersten Fortschrittsbericht zum Nationalen Integrationsplan wird festgestellt, dass die mit dem Beschluss der Sportminister verfolgten Ziele noch nicht vollständig erreicht worden seien, jedoch hätten alle Länder vielfältige sportpolitische Aktivitäten vorzuweisen , die der Integration dienen sollen. So wird in allen Ländern das Bundesprogramm „Integration durch Sport“ durch die Landessportbünde umgesetzt. Darüber hinaus gibt es in den Ländern weitere Förderaktivitäten mit Migrationsbezug. Neben der Umsetzung von einzelnen Projekten, Initiativen und Integrationsmaßnahmen unterstützen die Länder die Vernetzung des Sports mit den bestehenden Strukturen der Integrationsförderung . Diese Vernetzung wird in den Ländern etwa vorangetrieben durch Fortbildungsmaßnahmen für Übungsleiter zur interkulturellen Kompetenz oder durch die Kooperation mit migrationsspezifischen Beratungsdiensten.20 Die bisherigen Erfahrun- 18 Die konstituierende Sitzung fand am 23. Juni 2008 statt, die Arbeit wird in einem vierteljährlichen Turnus fortgeführt. Vgl. dazu BUNDESREGIERUNG (2008: 29). 19 Vgl. dazu BUNDESREGIERUNG (2008: 184f.). 20 Vgl. dazu eine Übersicht der Projekte, Initiativen und Integrationsmaßnahmen in den einzelnen Ländern (BUNDESREGIERUNG 2008: 185ff.). - 12 - gen zeigen überdies, dass eine effiziente Nutzung des integrativen Potentials des Sports an spezifische Voraussetzungen gebunden ist. Besonders wichtig erscheint, dass Integrationskonzepte von Sportverbänden und -vereinen zielgruppenorientiert ausgerichtet sein sollten. Ausgehend von den Erfahrungen abgeschlossener und noch laufender Projekte sowie unter Einbezug von Migranten müssen deshalb Sportangebote entwickelt werden, die bei ihnen besonders beliebt sind und ihrer Sportsozialisation entsprechen. Insbesondere in drei Themenbereichen wird ein großer Handlungsbedarf gesehen: - Interkulturelle Öffnung der Vereine. Interkulturelle Öffnung zeigt sich etwa bei einer stärkeren Berücksichtigung von Migranten bei der Besetzung von Funktionen innerhalb der Vereins- und Verbandsstrukturen. Hinzu kommt eine verbesserte Vernetzung mit anderen gesellschaftlichen Organisationen. So hat etwa der Sportentwicklungsbericht aus dem Jahr 2006 festgestellt, dass deutsche Sportvereine eher geschlossene Systeme sind: Zwar kommt es häufig zu Kooperationen mit anderen Sportvereinen, Kontakte zu anderen Einrichtungen (z.B. Jugendämtern, Gesundheitsämtern ) oder Migrantenorganisationen spielen jedoch keine große Rolle. Um Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien erreichen zu können, sind deshalb für die Sportvereine Kooperationen mit diesen Bereichen von großer Bedeutung . Dabei bezieht sich die interkulturelle Öffnung auch auf die Sportvereine, die nahezu ausschließlich Mitglieder mit Migrationshintergrund haben. Erforderlich ist deshalb eine stärkere Kooperation mit Migrantenselbstorganisationen im Sport.21 Darüber hinaus geht es auch um die „interkulturelle“ Fortbildung der Übungsleiter und Trainer sowie um die Einbeziehung und Einbindung der Migranten in die Vereinsarbeit . - Förderung von Frauen und Mädchen. Zwar gibt es keine eindeutigen Übersichten zur Beteiligung von Frauen und Mädchen im organisierten Sport, jedoch wird deutlich, dass der Organisationsgrad von Mädchen in Sportvereinen deutlich nach Nationalitäten differiert. Aufgeschlüsselt nach Nationalitäten ist das organisierte Sportengagement türkischer Mädchen am geringsten. Gleichzeitig wurde festgestellt , dass Mädchen mit Migrationshintergrund bei Umfragen trotz der geringen Beteiligungsquoten zumeist Interesse an längerfristigen organisierten Sportaktivitäten äußern. Um dieses Interesse in ein aktives Engagement im Sportverein umzusetzen , sind jedoch bestimmte Rahmenbedingungen notwendig. So scheint es erforderlich zu sein, dass Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund direkt und gezielt angesprochen werden müssen, um sie für ein aktives Sportengagement zu gewinnen . Neben der direkten Kontaktaufnahme mit den Mädchen und ihren Familien ist die Entwicklung von zielgruppengerechten Sportangeboten eine wichtige Voraussetzung , um mehr Mädchen mit Migrationshintergrund für die Vereine zu interessieren . Aus dem Abschlussbericht „Sport mit Migrantinnen“ des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen wird etwa deutlich, dass der Aufbau persönlicher 21 Eine Frage ist dabei, ob das Sporttreiben in solchen Vereinen integrative Wirkungen hat. Einige Studien belegen, dass diese Vereinsform insbesondere dann integrationsförderlich ist, wenn sie nicht geschlossen ist, sondern Austauschbeziehungen zu anderen Mitgliedern und Institutionen unterhält. Diese Vereine können für Zuwanderer insbesondere die anfängliche Integration erleichtern. Fehlt jedoch der Wille zur Kooperation und schottet sich der Verein nach außen ab, kann ein Sportverein auch integrationshemmende Wirkungen entfalten. Vor diesem Hintergrund ist die interkulturelle Öffnung für alle Vereine gleichermaßen die Voraussetzung für eine erfolgreiche Integrationsarbeit. Vgl. dazu BUNDESREGIERUNG (2007a: 123). - 13 - Kontakte und der Aufbau von Vertrauen eine wichtige Grundlage dafür sind, dass die Frauen für Sportkurse gewonnen werden können.22 - Evaluation und Vernetzung. Bereits seit 17 Jahren fördert der DOSB mit seinem Programm „Integration durch Sport“ Projekte in den Sportvereinen. Darüber hinaus sind andere Projekte unabhängig von diesem Programm in den vergangenen Jahren durchgeführt worden. Gegenwärtig geht es deshalb nicht mehr in erster Linie um die Entwicklung neuer Integrationsprojekte für den Sport. Ein zentrales Anliegen ist vielmehr die Evaluation der bestehenden Projekte und der Austausch über effektive Methoden. Zu diesem Zweck hat nun die wissenschaftliche Evaluation des Programms „Integration durch Sport“ begonnen. Die Evaluation soll bis Mitte 2009 abgeschlossen sein und genauere Erkenntnisse darüber bringen, mit welchen Maßnahmen die Ziele des Programms erreicht werden können und wie diese in der Praxis umgesetzt werden.23 5. Schlussfolgerungen Insgesamt zeigt sich, dass das Interesse an sportlicher Betätigung bei Migranten und Migrantinnen zwar hoch, die tatsächliche Beteiligung am organisierten Sport aber immer noch verhältnismäßig gering ist. Dies gilt insbesondere für Migrantinnen. Gleichzeitig berichten Sportvereine, dass gerade diese Zielgruppe nur schwer zu erreichen ist. In den oben beschriebenen Modellprojekten, die die Bedürfnisse und Lebenssituationen der Zugewanderten berücksichtigten, ist dies zwar gelungen, doch wurden die hier gewonnen Erfahrungen bisher nur in geringem Maß in die reguläre Sportvereinsarbeit übertragen.24 Die effiziente Nutzung des integrativen Potentials des Sports ist nach bisherigen Erfahrungen an spezifische Voraussetzungen gebunden. Besonders wichtig erscheint, dass Integrationskonzepte zielgruppenorientiert ausgerichtet sein müssen. Um die sozialen und kulturellen Hürden für das Engagement in Sportvereinen zu senken, fordern die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD in einem Antrag die Bundesregierung auf, gemeinsam mit Ländern, Kommunen und gesellschaftlichen Gruppen 22 Vgl. dazu MINISTERIUM FÜR STÄDTEBAU UND WOHNEN, KULTUR UND SPORT DES LANDES NORDRHEIN-WESTFAHLEN (2001). 23 Um den Integrationswert des Programms zu ermitteln, seine Stärken und Schwächen zu identifizieren und es den heutigen Gegebenheiten anzupassen, wird das Programm derzeit durch die Universität Potsdam evaluiert (Prof. Jürgen Baur, Arbeitsbereich Sportsoziologie/Sportanthropologie). Auftraggeber der Evaluation sind das Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. die Evaluation läuft auf zwei Ebenen. Zum einen geht es um Interviews mit den Landeskoordinatoren/-innen des Programms „Integration durch Sport“, die in den Landessportbünden arbeiten und die Umsetzung des Programms dort organisieren, dokumentieren und verantworten . Zum anderen geht es um eine Erhebung in den rund 500 Stützpunktvereinen in Deutschland . Die Verantwortlichen und ihre zuständigen Übungsleiter/-innen werden dazu über die Inhalte und die Organisation ihrer Arbeit befragt. Vgl. dazu auch die Informationen unter http://www.sport.uni-potsdam.de/exzellenzbereich/soziologie/forschung.html [Stand 11.06.09]. 24 Ein weiterer Aspekt ist die Integration durch Kirche und Sport; vgl. dazu GEMEINSAME KOMMISSION KIRCHE UND SPORT (2007) (Anlage). - 14 - einen Aktionsplan „Sport für alle“ ins Leben zu rufen.25 Im Antrag wird betont, dass der Sport „beste Voraussetzungen (biete), Integration von Zuwanderern in der Gesellschaft im wahrsten Sinn des Wortes spielerisch zu erreichen“. Sport könne dabei helfen, kulturelle Ressentiments abzubauen und – anders als viele andere Freizeitaktivitäten sei der Sport in der Lage, alle Bevölkerungsgruppen unabhängig von der sozialen Herkunft zu erreichen. Die Arbeit der Sportvereine sei in diesem Zusammenhang von herausragender Bedeutung für die Integration der Migranten: „In Sportvereinen ist Integration täglich gelebte und sehr erfolgreiche Praxis.“ Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass – gerade mit Blick auf die verschiedenen Zuwanderergruppen, Sportarten und Sportorganisationen – die Integration nicht für alle gleichermaßen erfolgreich geglückt sei. Migranten seien im Sport, gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil, deutlich unterrepräsentiert . Zudem sei das Engagement in Sportvereinen durch ein soziales Gefälle geprägt , wodurch gerade Migranten besonders betroffen seien. Gefordert wird überdies, das Programm „Integration durch Sport zu evaluieren, fortzuentwickeln und auszubauen .26 25 Insbesondere, so heißt es in dem Antrag, sei darauf zu achten, dass kostengünstige und kostenlose Sportangebote für Menschen mit geringem Einkommen bereitgestellt werden. Außerdem müsse mit dem organisierten Sport darauf hingewirkt werden, dass es zu einer stärkeren Mitwirkung von Migranten in den Vorständen sowie im Ausbildungssystem des Sports kommt. Der Antrag ist am 28. Mai 2009 in erster Lesung durch den Bundestag beraten worden (BT-Drucksache 16/13177, 27.05.2009) (Anlage). Vgl. auch das Protokoll der 224. Sitzung von Donnerstag, den 28. Mai 2009 (BT-Plenarprotokoll 16/224: 24544ff.). 26 Vgl. dazu auch DANCKERT (2009). - 15 - 6. Literatur ALBA Richard; SCHMIDT, Peter; WASMER, Martina (Hrsg.) (2000). Blickpunkt Gesellschaft 5. Deutsche und Ausländer: Freunde, Fremde oder Feinde? Empirische Befunde und theoretische Erklärungen. Westdeutscher Verlag: Wiesbaden; abrufbar unter http://www.gesis.org/forschung-lehre/gesispublikationen /gesis-reihen/blickpunkt-gesellschaft/inhalt-blickpunkt-nr-5/ [Stand 29.05.09]. BLECKING, Diethelm (2008). Sport, Zuwanderung und Minderheiten in Deutschland. Zur Geschichte eines Vorurteils (Beitrag zur Tagung „Zwischen Abgrenzung und Akzeptanz. Integration und Sport - Aus der Geschichte lernen, Bad Boll, 11./12. Januar 2008), Online-Texte der Evangelischen Akademie Bad Boll, abrufbar unter http://www.ev-akademie-boll.de/fileadmin/res/otg/660808-Blecking.pdf [Stand10.06.09]. BLECKING, Diethelm; GIEß-STÜBNER, Petra (2006). Sport bewegt Europa. Beiträge zur interkulturellen Verständigung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. BRÜCKER, Herbert; RINGER, Sebastian (2008). Ausländer in Deutschland: Vergleichsweise schlecht qualifiziert. IAB-Kurzbericht 1-2008, abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2008/kb0108.pdf [Stand 29.05.09]. 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Antisemitische Tendenzen im Fußball und erfolgreiche Strategien zu ihrer Bekämpfung. 7.4. Sport, Zuwanderung und Minderheiten in Deutschland (Blecking 2008). 7.5. Integration statt Rote Karten? Gewalt und Prävention in der ethnisch geprägten Fußballkultur (Pilz 2006). 7.6. Konzeption - Programm „Integration durch Sport“ (Deutscher Sportbund 2001). 7.7. Sport und Zuwanderung - Grundsatzerklärung des Deutschen Sportbundes und seiner Mitgliedsorganisationen (Deutscher Sportbund 2004). 7.8. Nationaler Integrationsplan (Auszug). 7.9. Gemeinsam Gesellschaft gestalten - Integration durch Kirche und Sport (Gemeinsame Kommission Kirche und Sport 2007). 7.10. Antrag „Sport fördert Integration“.