© 2016 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 052/16 Vorgehensweise des einzelnen Urhebers gegen die unrechtmäßige Verwendung oder Einstellung eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf Internetportalen, insbesondere bei YouTube Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 2 Vorgehensweise des einzelnen Urhebers gegen die unrechtmäßige Verwendung oder Einstellung eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf Internetportalen, insbesondere bei YouTube Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 052/16 Abschluss der Arbeit: 04. November 2016 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Hintergrund 4 2. Grundsätze der Plattformhaftung 4 3. Beanstandung von Urheberrechtsverletzungen in der Praxis 7 3.1. Vorgehen gegenüber YouTube 7 3.2. Vorgehen gegenüber Nutzern von sozialen Online-Netzwerken 8 3.3. Auskunftsanspruch gegenüber YouTube 9 4. Prozessuale Verfahrensfragen 10 5. Fazit 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 4 1. Hintergrund In sozialen Online-Netzwerken, insbesondere auf Video-Sharing-Plattformen, werden regelmäßig urheberrechtsverletzende Inhalte eingestellt und dann zumeist ohne vorherige Kontrolle veröffentlicht , obwohl die betreffenden Nutzer weder Rechteinhaber sind, noch zuvor eine Einwilligung des Rechteinhabers eingeholt haben. In derartigen Fällen verletzen die Nutzer vor allem das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG des jeweiligen Rechteinhabers sowie dessen Recht auf öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG. Aufgrund der Anonymität des Internets ist ein Vorgehen gegen den unmittelbaren Rechtsverletzer häufig nicht möglich. Daher stellt sich dann für den einzelnen Urheber, der gegen die unrechtmäßige Einstellung/Verbreitung seines Werkes vorgehen möchte, die Frage, wie er sich am effektivsten gegen solche Formen der Urheberrechtsverletzungen zur Wehr setzen beziehungsweise unter welchen Voraussetzungen er gegen den Betreiber des sozialen Online-Netzwerkes vorgehen kann. Denn selbst wenn die Identität des unmittelbaren Rechtsverletzers bekannt ist, besteht keine Pflicht, primär gegen diesen rechtliche Schritte zu unternehmen, da der Betreiber der betreffenden Plattform insoweit jedenfalls als „Herr des Angebots“ anzusehen ist1. Die tägliche habitualisierte Nutzung von Online-Videos gehört immerhin für 26 Prozent der ab 14-Jährigen in Deutschland (knapp 18 Millionen Menschen) zu ihrem Alltag2. Da aber lediglich wenige Angebote im Internet eine relevante Anzahl an täglichen Nutzern („Heavy User“) aufzuweisen haben, konzentrieren sich die nachfolgenden Ausführungen maßgeblich auf die Google- Tochter „YouTube“, die mit einem Marktanteil von knapp 81 Prozent die derzeit reichweitenstärkste Video-Sharing-Plattform in Deutschland ist3. Mithilfe des sogenannten Content-Management-Systems können Rechteinhaber ihre Werke zwar mit Referenzdateien kennzeichnen, sodass YouTube anhand der Referenzkopie alle hochgeladenen Videoclips nach übereinstimmenden Inhalten durchsuchen und so gegebenenfalls die Einstellung /Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalte verhindern kann4. Sofern Rechtsinhaber jedoch auf die Übermittlung solcher Referenzdateien und Metadaten an YouTube verzichten , müssen sie selbst nach Rechtsverstößen auf der Plattform suchen. 2. Grundsätze der Plattformhaftung Zunächst lässt sich allgemein festhalten, dass solche Plattformbetreiber wie YouTube – die als Host-Provider auf ihren Servern fremde Inhalte für andere Nutzer bereitstellen – nicht als Täter, 1 BGH vom 27.03.2007, GRUR 2007, 724 (726) – Meinungsforum. 2 So das Ergebnis der ARD/ZDF-Onlinestudie 2016, die Thomas Kupferschmitt von der ZDF-Medienforschung in seinem Beitrag „Online-Videoreichweite steigt bei weiter geringer Nutzungsdauer“ in Media Perspektiven 9/2016, 448 ff. vorstellt. 3 Vgl. hierzu die Ergebnisse des „MedienVielfaltsMonitors“ der Landesmedienanstalten für das 1. Halbjahr 2016, Seite 37, unter https://www.blm.de/files/pdf1/alm_vielfaltsmonitor_1-halbjahr-2016-1.pdf (Stand: 04.11.2016); erst mit erheblichem Abstand folgen „Dailymotion“ und „Clipfish“ mit Marktanteilen von 4,5 und 3,8 Prozent. 4 Vgl. zur Verwendung von Content ID https://support.google.com/youtube/answer/3244015?hl=de (Stand: 04.11.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 5 sondern höchstens als Störer für rechtswidrige Uploads auf ihren Plattformen haften. Die rechtlichen Grundsätze, welche für eine Verantwortlichkeit der Plattformbetreiber in materiell-rechtlicher Hinsicht gelten, hat der Bundesgerichtshof zuletzt noch einmal in seiner Entscheidung „Kinderhochstühle im Internet III“ wie folgt konkretisiert5: Demnach kann bei einer Verletzung von absoluten Rechten als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise adäquat-kausal und willentlich zur Verletzung geschützter Rechtsgüter beiträgt, ohne dabei Täter oder Teilnehmer zu sein. Im Bereich des Internets kann zwar ein Diensteanbieter auch für solche fremden Informationen als Täter verantwortlich sein, die sich dieser Anbieter zu Eigen macht. Doch speziell YouTube macht sich die von den einstellenden Nutzern öffentlich zugänglich gemachten Inhalte gerade nicht zu Eigen, da YouTube für diese Inhalte weder Verantwortung übernimmt, noch sich mit ihnen identifiziert. Vielmehr rühren die Inhalte von Dritten her und werden letztlich von diesen abrufbar gemacht. Hieran ändert es auch nichts, dass die hochgeladenen Online-Videos inhaltlich-redaktionell auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft oder in das eigene redaktionelle Angebot eingebunden werden. Aus der Sicht des maßgeblich verständigen Durchschnittsnutzers übernimmt YouTube damit keine Verantwortung für die betreffenden Inhalte, selbst dann nicht, wenn sämtliche Online -Videos in einem einheitlichen Rahmen präsentiert werden. Dies führt nämlich bloß zu einem besonders hohen Wiedererkennungs-Effekt, ohne jedoch mit einer zusätzlichen Vorstellung des Nutzers hinsichtlich einer Verantwortungsübernahme verbunden zu sein. Darüber hinaus erfolgt von YouTube keine redaktionelle Bearbeitung, weder infolge der vielfältigen Strukturierung zur Erschließung und Einordnung der Videoclips noch aufgrund der technischen Möglichkeiten zur Videoclip-Wiedergabe.6 Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) hält YouTube demgegenüber zwar für einen Content-Provider im Sinne des § 7 TMG, dessen Geschäftsmodell sich auf tantiemenpflichtige Inhalte stützt und der bei der Werkvermittlung nicht bloß ein technisches Werkzeug zur Verfügung stellt, sondern eine zentrale Rolle einnimmt 7. Allerdings ist die Rechtsprechung dieser Ansicht mit Blick auf die strafrechtlichen Grundsätze von Täterschaft und Teilnahme bislang nicht gefolgt. Für Host-Provider gilt die rechtliche Privilegierung des § 10 TMG. Um die Störerhaftung indes nicht mehr als nötig auf Dritte zu erstrecken, setzt sie die Verletzung von Verhaltenspflichten (spezielle Prüfungs- und Überwachungspflichten) voraus. Die Zumutbarkeit einer solchen Prüfung zur Verhinderung von Rechtsverletzungen ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig, wobei unter anderem auch auf die Eigenverantwortung desjenigen abgestellt wird, der selbst unmittelbar die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen hat. Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG – für die von den Nutzern auf ihre Server eingestellten Dateien – steht insofern zwar § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Sind die Diensteanbieter aber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden, so sind sie nicht bloß 5 Vgl. hierzu BGH vom 05.02.2015, GRUR 2015, 485 (490) – Kinderhochstühle im Internet III. 6 OLG München vom 28.01.2016, GRUR 2016, 612 (613 ff.) – Allegro barbaro. 7 So unter anderem auch in dem Verfahren vor dem OLG Hamburg vom 01.07.2015, MMR 2016, 269 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 6 zu einer unverzüglichen Sperrung des konkreten Angebots verpflichtet, sondern müssen zusätzlich Vorsorge treffen, um weitere derartige Schutzrechtsverletzungen zu vermeiden. In der Praxis hat sich aus diesem Grund das sogenannte „notice and takedown“-Verfahren bewährt , bei welchem zuerst der Host-Provider über die Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wird. Nach einem konkreten Hinweis muss der Host-Provider umfangreiche Maßnahmen zur Ermittlung des Sachverhaltes vornehmen. Zunächst hat er die Beanstandung an den Nutzer des betreffenden Uploads weiterzuleiten und diesen unter Setzung einer angemessenen Frist zu einer Stellungnahme aufzufordern. Unterbleibt daraufhin eine Stellungnahme, so ist die Beanstandung als berechtigt einzustufen und der betreffende Upload zu entfernen. Stellt der Nutzer hingegen die Beanstandung substantiiert in Abrede, so sind von dem Betroffenen gegebenenfalls noch weitere Nachweise zu verlangen, welche die behauptete Rechtsverletzung stützen.8 Wichtig für die Haftungsprivilegierung nach § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG ist, dass der Diensteanbieter unverzüglich tätig wird. Dieses Tatbestandsmerkmal ist so zu verstehen wie in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB („ohne schuldhaftes Zögern“), sodass der Diensteanbieter regelmäßig unmittelbar nach der Kenntniserlangung einschreiten muss oder jedenfalls nach einer angemessenen Prüfungs- und Überlegungszeit, sofern sich die erforderliche technische Maßnahme als schwierig oder deren Zumutbarkeit als zweifelhaft erweist9. Demgegenüber wird von YouTube keine präventive Kontrolle geschuldet, sodass auch keine Maßnahmen erwartet werden dürfen, die eine anlasslose, proaktive Überprüfung von sämtlichen hochgeladenen Dateien auf jegliche Art von Rechtsverletzungen beinhalten. Dies gilt selbst dann, wenn es in der Vergangenheit bereits zu konkreten Beanstandungsfällen gekommen ist. Begründet wird dies damit, dass eine ausnahmslose Untersuchung der von den Nutzern auf dem Server hochgeladenen Dateien auf rechtsverletzende Inhalte nicht zuzumuten ist. Anderenfalls wäre das grundsätzlich zulässige Geschäftsmodell von YouTube gefährdet, welches weder von vornherein auf Rechtsverletzungen angelegt ist, noch von dessen Nutzern in einer überwiegend illegalen Weise genutzt wird. Dennoch bleibt der Gedanke der Prävention als solcher weiter ein wesentliches Kernelement der Störerverantwortlichkeit. Insoweit steht für die Informationsrückgewinnung beziehungsweise -beschaffung mit dem von YouTube mit erheblichem Kostenaufwand entwickelten Content-ID-Verfahren auch ein entsprechendes leistungsfähiges Programm zur Verfügung , das mit hoher Effektivität zur Vermeidung weiterer Rechtsverletzungen eingesetzt wird.10 8 Vgl. Solmecke, Christian, in: Hoeren, Thomas/Sieber, Ulrich/Holznagel, Bernd, Handbuch Multimedia-Recht, 42. Ergänzungslieferung 2015, Teil 21.1 Rn. 89 f. 9 Altenhain, Karsten, in: Münchener Kommentar zum StGB, 2. Auflage 2015, Band 7, § 10 TMG Rn. 26; Paal, Boris P., in: Beck´scher Online-Kommentar Informations- und Medienrecht, 13. Edition (Stand: 01.08.2016), § 10 TMG Rn. 46. 10 Vgl. OLG Hamburg vom 01.07.2015, MMR 2016, 269 (274). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 7 3. Beanstandung von Urheberrechtsverletzungen in der Praxis 3.1. Vorgehen gegenüber YouTube Sofern ein Urheber der Ansicht ist, dass sein urheberrechtlich geschütztes Werk oder Teile davon ohne dessen Erlaubnis auf YouTube veröffentlicht wurde, kann er eine Meldung über diese Urheberrechtsverletzung einreichen. Zuvor sollte der Urheber jedoch prüfen, ob in dem konkreten Fall nicht eventuell eine urheberrechtliche Ausnahme greift. Im Übrigen dürfen bloß der Urheberrechteinhaber selbst oder dessen gesetzlicher Vertreter (Interessenvertreter), der in seinem Namen handelt, eine entsprechende Meldung übermitteln. Zumeist ist es am unkompliziertesten und schnellsten, wenn potenzielle Urheberrechtsverletzungen bei YouTube mithilfe von dessen Webformular gemeldet werden. Ansonsten akzeptiert YouTube aber ebenso formlose Meldungen , die mittels E-Mail, Fax oder Post eingereicht werden können.11 Anträge beziehungsweise Meldungen zu urheberrechtsrelevanten Deaktivierungen müssen indes bestimmte Angaben enthalten, um entsprechend durch YouTube bearbeitet werden zu können. Erforderlich ist insbesondere die Angabe aktueller Kontaktdaten (unter anderem E-Mail-Adresse, Postanschrift oder Telefonnummer) des Urhebers (oder dessen Interessenvertreters), sodass sowohl YouTube als auch derjenige Nutzer, welcher den beanstandeten Inhalt hochgeladen hat (Uploader), den Urheber in diesem Zusammenhang kontaktieren können. Anschließend müssen die urheberrechtlich geschützten Inhalte des Originalwerks vollständig und in einer nachvollziehbaren Weise beschrieben werden. Bei einer Meldung von mehreren urheberrechtlich geschützten Werken ist es aber auch zulässig, lediglich eine repräsentative Liste der urheberrechtlich geschützten Werke zu übermitteln. Zusätzlich muss für jedes Online-Video, durch welches vermeintlich Urheberrechte verletzt werden, der spezifische Uniform Resource Locator (also der einheitliche Ressourcenanzeiger, kurz URL) angegeben werden. Bloß allgemeine Informationen zu dem Videoclip wie etwa die Kanal-URL oder der Nutzername des Uploaders reichen hierfür dagegen nicht aus. Anschließend muss der Urheber (oder dessen Interessenvertreter) noch zwei Erklärungen zustimmen und diese mithin in seine Meldung aufnehmen. Einerseits erklärt er damit , er sei nach Treu und Glauben der Ansicht, die fragliche Verwendung des beanstandeten Materials sei nicht vom Inhaber der Urheberrechte, von seinem Vertreter oder durch eine gesetzliche Regelung genehmigt; andererseits bestätigt er, die in diesem Dokument enthaltenen Informationen seien korrekt, und versichert in Kenntnis der Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Erklärung , der Rechteinhaber zu sein beziehungsweise die Berechtigung zu besitzen, im Namen des Inhabers eines exklusiven Rechts (das mutmaßlich verletzt wird) zu handeln. Zuletzt muss dann der Urheber (oder dessen Interessenvertreter) noch seine physische Unterschrift oder seine elektronische Signatur unter die Meldung setzen, wobei die Angabe des vollständigen rechtsgültigen Namens (kein Unternehmensname) als Signatur den Anforderungen von YouTube gerecht wird.12 Bei erfolgreicher Übermittlung des vollständig ausgefüllten Webformulars an YouTube erhält der Urheber (oder dessen Interessenvertreter) schließlich eine Bestätigung in der folgenden Form: 11 Vgl. für das Einreichen von Deaktivierungsanfragen https://support.google.com/youtube/answer/2807622 (Stand: 04.11.2016). 12 Vgl. für die erforderlichen Angaben https://support.google.com/youtube/answer/6005900 (Stand: 04.11.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 8 Vielen Dank, dass du uns die Urheberrechtsverletzung gemeldet hast. Wir werden dies in Kürze prüfen. Du hast folgende Informationen eingegeben: Name des Urheberrechteinhabers (Firmenname, falls zutreffend): XXX Dein vollständiger Name (Alias, Nutzernamen oder Initialen können nicht eingegeben werden): XXX Dein Titel oder deine Position (Welche Befugnisse hast du zum Einreichen dieser Beschwerde?): XXX Adresse: XXX Nutzername: XXX E-Mail-Adresse: XXX Telefonnummer: XXX URL des zu entfernenden Videos, das angeblich Urheberrechte verletzt: www.youtube.com/watch?v=xxxxxxxxxxx. Beschreibe das Werk, dessen Urheberrecht angeblich verletzt wurde: XXX Art des urheberrechtlich geschützten Werks: XXX Titel des urheberrechtlich geschützten Werks: XXX Zusätzliche Informationen: XXX Wo erscheint der Inhalt? XXX Land, in dem das Urheberrecht gilt: DE Ich erkläre Folgendes in Treu und Glauben: Ich bin der Inhaber eines exklusiven Rechtes, gegen das mutmaßlich verstoßen wird, oder bin berechtigt, im Auftrag des Inhabers zu handeln. Ich bin nach bestem Wissen und Gewissen der Ansicht, dass die fragliche Verwendung des Materials nicht vom Inhaber der Urheberrechte, seinem Vertreter oder durch das Gesetz genehmigt ist; und Diese Benachrichtigung ist korrekt. Mir ist bekannt, dass die wissentliche Falschbeschuldigung einer Urheberrechtsverletzung rechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Ich weiß, dass der Missbrauch dieses Tools zur Kündigung meines YouTube-Kontos führt. Autorisierte Unterschrift: XXX Mit freundlichen Grüßen Das YouTube-Team 3.2. Vorgehen gegenüber Nutzern von sozialen Online-Netzwerken Im Unterschied zu den zahlreichen Rechtsstreitigkeiten gegen YouTube gibt es bislang kaum bekannte Gerichtsverfahren, die sich unmittelbar gegen Nutzer von sozialen Online-Netzwerken wegen Urheberrechtsverletzungen richteten. So hatte etwa das Landgericht Halle darüber zu entscheiden , ob ein Facebook-Mitglied für den Fall haftet, dass auf seiner Pinnwand von einem Dritten urheberrechtlich geschütztes Material hochgeladen wird13. Inhaltlich wurde zu dieser im Vorfeld kontrovers diskutierten Konstellation jedoch nicht Stellung genommen, da der Antrag auf einstweilige Verfügung des Rechteinhabers bereits aus formalen Gründen (wegen Verneinung der Eilbedürftigkeit) zurückgewiesen wurde. Hingegen hat das Landgericht Stuttgart in dem ersten bekannt gewordenen Fall einer Facebook-Abmahnung den Betreiber einer Facebook-Fanpage 13 Vgl. LG Halle vom 01.06.2012, ZUM-RD 2013, 81 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 9 (Unternehmensseite) antragsgemäß unter anderem zu einer Unterlassung verurteilt, ein urheberrechtsverletzendes Foto – das ein Dritter während eines Konzertes eines Sängers aufgenommen hatte – nicht „ohne Zustimmung des Betroffenen zu vervielfältigen und/oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und/oder diese Handlung durch Dritte ausführen zu lassen“14. Da es sich hierbei um ein Versäumnisurteil handelte, fehlt indes erneut eine Begründung. 3.3. Auskunftsanspruch gegenüber YouTube Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes können Host-Provider aufgefordert werden, angemessene Maßnahmen zur Erleichterung der Identifizierung von rechtsverletzenden Nutzern zu treffen; zudem müssen sie zwecks zivilrechtlichen Vorgehens Auskunft über solche Nutzer erteilen , wobei ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den einschlägigen Grundrechten und Interessen gewährleistet werden soll15. Dies wird zwar durch die in § 13 Abs. 6 TMG normierte Möglichkeit erschwert, die Dienste anonym oder unter Pseudonym zu nutzen. Allerdings dürfte es sich heutzutage wegen der umfassenden Verknüpfung sämtlicher Google-Dienste für YouTube- Nutzer zunehmend schwieriger gestalten, einen Videoclip vollständig anonym hochzuladen. Die personenbezogenen Nutzerdaten dürfen für zivilrechtliche Auskunftsansprüche jedoch nur mit Richtervorbehalt herausgegeben werden16. Das deutsche Urheberrecht normiert einen entsprechenden Auskunftsanspruch in § 101 Abs. 9 UrhG, wonach die Bekanntgabe von Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 TKG – also die näheren Umstände der Telekommunikation wie etwa Nutzungszeitpunkt und -dauer einer Datenverbindung – zum Schutze des Rechtsverletzers nur nach vorheriger richterlicher Anordnung zulässig ist17. Ein solcher Auskunftsanspruch könnte zwar einen Verstoß gegen Datenschutzvorschriften oder das Fernmeldegeheimnis darstellen18. Allerdings führt § 101 Abs. 10 UrhG zu einer Einschränkung des Grundrechts des Fernmeldegeheimnisses aus Art. 10 GG für die Fälle offensichtlicher Rechtsverletzungen oder wenn der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat und der Hostprovider aufgrund richterlichen Anordnung zur Auskunft verpflichtet wird (vgl. § 101 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 9 UrhG). Der Begriff des „gewerblichen Ausmaßes“ stellt für den Auskunftsanspruch darüber hinaus eine Erheblichkeitsschwelle dar, die sich entweder aus der Anzahl oder aus der Schwere der Rechts- 14 Vgl. LG Stuttgart vom 20.07.2012, 17 O 303/12, openJur 2012, 123942. 15 Vgl. EuGH vom 12.07.2011, GRUR 2011, 1025 (1034 f.) – L´Oréal/eBay, der sich hier mit der Verantwortlichkeit von eBay für Markenrechtsverletzungen Dritter auseinanderzusetzen hatte. 16 Vgl. EuGH vom 19.04.2012, GRUR 2012, 703 (705) – Bonnier Audio u.a./ePhone, wobei es um die rechtswidrige Veröffentlichung von Hörbüchern im Internet ging. 17 Bohne, Michael, in: Wandtke, Artur-Axel/Bullinger, Winfried (Hrsg.), Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 101 UrhG Rn. 28. 18 So die früher teilweise vertretene Ansicht, etwa von Sieber, Ulrich/Höfinger, Frank Michael, Drittauskunftsansprüche nach § 101a UrhG gegen Internetprovider zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, MMR 2004, 575 (584). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 10 verletzungen ergeben kann und die Anwendbarkeit von § 101 Abs. 1 UrhG auf Private beschränken soll19. Ein gewerbliches Ausmaß liegt gerade nicht vor, wenn die jeweiligen Filmausschnitte auf YouTube kaum aufgerufen werden oder aber wenn nicht erkennbar ist, dass der YouTube- Nutzer hiermit einen (un)mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil anstrebt, was vor allem dann gilt, wenn die Qualität der Online-Videos schlecht ist oder diese nicht unmittelbar miteinander zusammenhängen 20. Im Übrigen setzt laut Bundesgerichtshof ein Antrag nach § 101 Abs. 9 Satz 1 UrhG in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen überhaupt kein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung voraus, sondern vielmehr sei ein solcher Antrag unter Abwägung der betroffenen Rechte von Rechteinhaber, Host-Provider und Rechtsverletzer mit Rücksicht auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit regelmäßig ohne weiteres begründet21, zumal YouTube seine Dienstleistungen sowieso zu geschäftlichen Zwecken und mithin in gewerblichem Ausmaß anbietet. 4. Prozessuale Verfahrensfragen Wie bei anderen Immaterialgütern ist es auch bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen nach dem Urheberrechtsgesetz üblich, diesen zunächst mittels Abmahnungen außergerichtlich geltend zu machen, indem der Verletzer im Hinblick auf die begangene Urheberrechtsverletzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert wird, wodurch dann die Wiederholungsgefahr im Sinne des § 97 Abs. 1 BGB entfiele; sofern diese Abmahnung berechtigt ist, muss der Verletzer die Kosten der Rechtsverfolgung (vor allem für die Einschaltung des Rechtsanwaltes) tragen22. Für Urheberrechtsstreitsachen normiert § 104 Satz 1 UrhG den ordentlichen Rechtsweg, sodass insbesondere auch für die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche aus §§ 97 ff. UrhG die Zivilgerichte zuständig sind. Zudem können Urheberrechtsverletzungen im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, die sogar dann noch möglich sein soll, wenn der Abgemahnte zwar den Rechtsverstoß bereits beseitigt, allerdings noch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat23. Besitzt die beanstandete Urheberrechtsverletzung einen Auslandsbezug, etwa weil das urheberrechtlich geschützte Material über einen ausländischen Server der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, so sind die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit aufgrund ihrer Doppelfunktionalität entsprechend anzuwenden24, sofern nicht spezialgesetzliche Normen eingreifen. 19 Dreier, Thomas, in: Dreier, Thomas/Schulze, Gernot, Urheberrechtsgesetz, 5. Auflage 2015, § 101 UrhG Rn. 6. 20 Vgl. OLG München vom 17.11.2011, MMR 2012, 115 (117). 21 BGH vom 19.04.2012, GRUR 2012, 1026 (1030) – Alles kann besser werden; bestätigt durch BGH vom 05.12.2012, GRUR 2013, 536 (539) – Die Heiligtümer des Todes. 22 Heckmann, Dirk, in: juris PraxisKommentar Internetrecht, 4. Auflage 2014 (Stand: 26.10.2016), Kapitel 3.1 Rn. 470. 23 Vgl. LG Berlin vom 06.12.2012, CR 2013, 748. 24 Patzina, Reinhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 12 Rn. 90. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 052/16 Seite 11 Da das Urheberrecht ferner nicht mit dem Sitz des Rechteinhabers verbunden ist, kann dieser nicht automatisch als – für die Ermittlung der örtlichen Zuständigkeit – einzig relevanter Erfolgsort angesehen werden. Vielmehr ist für die Ermittlung des Begehungsortes jener Ort maßgebend, an dem in das Verwertungsrecht eingegriffen wird25. Folglich ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte mit der überwiegenden Ansicht dann begründet, wenn entweder der Beklagte gemäß §§ 12, 13 ZPO seinen Wohnsitz in Deutschland hat oder aber die Urheberrechtsverletzung darin besteht, dass das Werk im Internet öffentlich zugänglich gemacht wurde und im Sinne des deliktischen Gerichtsstandes gemäß § 32 ZPO zumindest auch bestimmungsgemäß von Deutschland aus abgerufen werden kann beziehungsweise sich zumindest auch an das deutsche Publikum richtet (fliegender Gerichtsstand)26. 5. Fazit Da YouTube als Host-Provider einzustufen ist, haftet es grundsätzlich nicht für die von den Nutzern hochgeladenen Inhalte. Die deutschen Gerichte neigen in Sachen „YouTube“ somit aktuell dazu, derartige Plattformen ähnlich wie sonstige Intermediäre im Internet zu behandeln, indem sie eine Täterhaftung verneinen und nur eine Störerhaftung annehmen. In diesem Rahmen werden umfassende eigenverantwortliche Prüfungs- und Verhinderungspflichten begründet, deren mittel- und langfristige Effizienz im Hinblick auf die Regulierung des Phänomens der inhaltsorientierten Plattformen durchaus kritisch hinterfragt werden kann. Als weitere Probleme der Störerhaftung sind unter anderem das Fehlen eines „good samaritan“-Privilegs zur Berücksichtigung von Eigenbemühungen auf Seiten der Provider anzusehen sowie die bislang noch unzureichende Normierung der Rahmenbedingungen für das „notice and takedown“-Verfahren unter Berücksichtigung von Nutzerinteressen27. Ferner sollte die im Internet anzutreffende Anonymität nicht ohne weiteres als ein unumstößliches Recht betrachtet werden. Sofern eine Internetplattform die Identifizierung oder Rückverfolgung etwaiger Rechtsverletzer nicht ermöglichen will, muss sie im Zweifel und subsidiär selbst haften, um den Betroffenen letztlich nicht schutzlos zu stellen28. 25 Reber, Ulrich, in: Ahlberg, Hartwig/Götting, Horst-Peter (Hrsg.), Beck´scher Online-Kommentar Urheberrecht, 14. Edition (Stand: 01.10.2016), § 105 UrhG Rn. 2. 26 BGH vom 12.07.2012, GRUR 2013, 370 – Alone in the Dark; Kefferpütz, Martin, in: Wandtke/Bullinger, § 105 UrhG Rn. 30, 15; Reber, in: BeckOK UrhR, § 105 UrhG Rn. 6. 27 Leistner, Matthias, Reformbedarf im materiellen Urheberrecht: Online-Plattformen und Aggregatoren, ZUM 2016, 580 (585). 28 Spindler, Gerald, Verantwortlichkeit und Haftung von Intermediären – Rechtspolitische Perspektiven, ZUM 2016, 230 (231).