WD 10 - 3000 - 035/17 (06. Juni 2017) © 2017 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Welche beruflichen Sparten profitieren vom Urheberrecht? – („What are the professional categories that benefit from copyright?”) In Deutschland ist das Urheberrecht gesetzlich im Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelt. Es ist ein Recht zum Schutz der Urheber schöpferischer Werke auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Geschützt werden die Urheber nicht als Personen, sondern in Bezug auf ihre Werke, die als persönliche geistige Schöpfungen definiert sind. So lautet § 1 des UrhG: „Die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst genießen für ihre Werke Schutz nach Maßgabe dieses Gesetzes.“ Das Urhebergesetz geht vom Schöpferprinzip aus, es spricht nicht von Schriftstellern, Malern oder Bildhauern, sondern von Urhebern. Voraussetzung für den Schutz des Gesetzes ist, dass es sich bei den Werken um persönliche, geistige Schöpfungen handelt. Die in § 2 UrhG einzeln aufgezählten geschützten Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst nennen die betroffenen Sparten. Diese sind Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme; Werke der Musik; pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst; Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke; Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden; Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden; Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen. Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes wie auch seinen wirtschaftlichen Interessen an der Verwertung des Werkes Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes (§ 11 UrhG). Neben den Urhebern sind aber auch die Inhaber sogenannter verwandter Schutzrechte (bzw. Leistungsschutzrechte) geschützt. Hierbei handelt es sich um ausübende Künstler, die interpretierend oder auf Grund ihrer kaufmännisch-organisatorischen Tätigkeit etwa als Tonträgerersteller, Sendeunternehmen oder Filmhersteller zum Kulturschaffen beitragen. Das deutsche Urheberrecht schützt damit nicht nur die Interessen der individuellen Schöpfer gegenüber Verwertern der Werke und Dritten, sondern es regelt auch die Beziehung von Urhebern und Rechteinhabern zu den Wettbewerbern. Das Urheberrechtsgesetz in Deutschland wurde im Jahre 1965 ausgefertigt und zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3037) geändert. Wissenschaftliche Dienste Sachstand Urheberrecht in Deutschland und die Rolle von Kameraleuten Urheberrecht in Deutschland und die Rolle von Kameraleuten Fachbereich WD 10 (Kultur, Medien und Sport) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Weitere, das Urheberrecht in Deutschland betreffende Gesetze sind das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftsgesetz – VGG) vom 24. Mai 2016 (BGBl. I S. 1190). Das VGG regelt die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften. Mit diesem Gesetz wurde die Richtlinie 214/26/EU (VG- Richtlinie) umgesetzt. Das Gesetzt löste zum 1. Juni 2016 das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz ab. In einem laufenden Gesetzgebungsverfahren wird ein Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (UrhWissG) diskutiert (BR-Drucksache 312/17; BT-Drucksache 18/12329). Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll neu geregelt werden, welche urheberrechtlichen Nutzungshandlungen im Bereich Bildung und Wissenschaft gesetzlich erlaubt sind, ohne dass es einer Zustimmung des Urhebers oder sonstiger Rechteinhaber bedarf und damit beispielsweise Nutzungsbefugnisse für Unterricht oder Wissensinstitutionen regelt. Der Gesetzentwurf ist nach einer ersten Beratung an die Ausschüsse überwiesen worden. 2. Beinhaltet die Kategorie der Autoren audiovisueller Werke die Berufsgruppe der Kameraleute? (Is the professional category of camera operator included in the professional category of authors of audio-visual works?) Nach Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie 93/98 EWG vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der urheberrechtlichen Schutzdauer, die in Deutschland durch das 3. Gesetz zur Änderung der Urhebergesetzes vom 23. Juni 1995 umgesetzt wurde, ist der Hauptregisseur eines Filmwerks oder eines audiovisuellen Werkes als dessen Urheber anzusehen. Den Mitgliedstaaten steht es aber frei, weitere Personen als Miturheber zu benennen. Gemäß der amtlichen Begründung zum deutschen Urheberrechtsgesetz werden Kameramänner oder Kameraleute als Miturheber eines Films benannt. Diese Miturheberschaft wird vermutet, wenn die jeweilige Person, also der Kameramann in üblicher Weise, so etwa im Vorspann oder Abspann eines Films mit seiner Funktion als Kameramann angegeben ist. Die Bedeutung des „Miturhebers“ ist im deutschen Urhebergesetz geregelt. § 8 UrhG lautet: (1) Haben mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen, so sind sie Miturheber des Werkes. (2) Das Recht zur Veröffentlichung und Verwertung des Werkes steht den Miturhebern zur gesamten Hand zu; Änderungen des Werkes sind nur mit Einwilligung der Miturheber zulässig. Ein Miturheber darf jedoch seine Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung oder Änderung nicht wider Treu und Glauben verweigern. Jeder Miturheber ist berechtigt, Ansprüche aus Verletzungen des gemeinsamen Urheberrechts geltend zu machen, er kann jedoch nur Leistung an alle Miturheber verlangen. (3) Die Erträgnisse aus der Nutzung des Werkes gebühren den Miturhebern nach dem Umfang ihrer Mitwirkung an der Schöpfung des Werkes, wenn nichts anderes zwischen den Miturhebern vereinbart ist. (4) Ein Miturheber kann auf seinen Anteil an den Verwertungsrechten (§15) verzichten. Der Verzicht ist den anderen Miturhebern gegenüber zu erklären. Mit der Erklärung wächst der Anteil den anderen Miturhebern zu. Urheberrecht in Deutschland und die Rolle von Kameraleuten Fachbereich WD 10 (Kultur, Medien und Sport) Wissenschaftliche Dienste Seite 3 Der Kameramann ist somit nicht nur Miturheber, sondern hinsichtlich der einzelnen Lichtbilder und Lichtbildwerke, aus denen der Film besteht, ist er gleichzeitig auch Urheber. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Kameramann bei der Bildgestaltung frei agieren kann und eigene Ideen umsetzt. Sollte der Kameramann aber an die Vorgaben des Regisseurs bei seiner Tätigkeit gebunden sein und damit nicht selbst kreativ handeln können, ist die Miturheberschaft ausgeschlossen. Das deutsche Gesetz schützt den Bildgestalter oder Kameramann somit grundsätzlich in dreifacher Hinsicht. Einmal als Miturheber eines Filmwerkes, dann als Alleinurheber der fotografischen Werke oder Bilder, die in dem Film festgehalten sind, sowie außerdem als Inhaber eines Leistungsschutzrechtes am sogenannten einfachen Lichtbild oder Fotografie. Hierbei handelt es sich um einzelne Fotografien, aus denen der Film besteht. Es ist jedoch der Filmhersteller, nicht der Kameramann, der als Urheber die Verwertungsrechte an diesen Bildern sowie an dem Film in seiner Gesamtheit hat, so § 15 UrhG i.V.m. § 89 UrhG: § 15 UrhG lautet: „(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten, das Recht umfasst insbesondere 1. Das Vervielfältigungsrecht (§16), 2. Das Verbreitungsrecht (§ 17), 3. Das Ausstellungsrecht (§ 18), (2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere 1. das Vortrags-, Aufführungs-und Vorführungsrecht (§19), 2. das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§19a), 3. das Senderecht (§20), 4. das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§21), 5. das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§22) (3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehung verbunden ist.“ Urheberrecht in Deutschland und die Rolle von Kameraleuten Fachbereich WD 10 (Kultur, Medien und Sport) Wissenschaftliche Dienste Seite 4 Damit der Filmhersteller diese Rechte wahrnehmen kann, gibt es eine gesetzlich fixierte Verpflichtung des Kameramanns, dem Filmhersteller, die Rechte an der Nutzung des Filmwerks in seiner Gesamtheit einzuräumen. So lautet § 89 UrhG: „(1) Wer sich zu Mitwirkung bei der Herstellung eines Filmes verpflichtet, räumt für den Fall, dass er ein Urheberrecht am Filmwerk erwirbt, dem Filmhersteller im Zweifel das ausschließliche Recht ein, das Filmwerk sowie Übersetzungen und andere filmische Bearbeitungen oder Umgestaltungen des Filmwerkes auf alle Nutzungsarten zu nutzen. (§3 Abs.1 Satz 3 und 4 und Abs. 2 bis 4 findet keine Anwendung). (2) Hat der Urheber des Filmwerkes das in Absatz 1 bezeichnete Nutzungsrecht im Voraus einem Dritten eingeräumt, so behält er gleichwohl stets die Befugnis, dieses Recht beschränkt oder unbeschränkt dem Filmhersteller einzuräumen. (3) Die Urheberrechte an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken, wie Roman, Drehbuch und Filmmusik, bleiben unberührt. (4) Für die Rechte zur filmischen Verwertung der bei der Herstellung eines Filmwerkes entstehenden Lichtbilder und Lichtbildwerke gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.“ Aufgrund dieser umfassenden gesetzlichen Rechteeinräumungs- und Ausschlussklauseln in § 89 Abs. 1, 2 und 4 UrhG wird festgestellt, dass allgemein bekannt sei, „dass dem Kameramann dieser eigentlich umfassende Rechtsschutz in der Praxis kaum etwas bringt“ (NEUBAUER 2015,753). 3. Literatur BUSCH CHRISTINA 2010, Die urheberrechtliche Stellung der Bildgestalter im internationalen Vergleich – eine Synopse. Beitrag zum Symposium „Bildgestaltung und Urhebervertragsrecht“ des Bundesverbandes Kamera (bvk) am 23. Januar 2010 in Berlin, GRUR Int. 2010, S. 699-705. DREIER, THOMAS /SCHULZE, GERNOT 2015, Urheberrechtsgesetz, Kommentar, 5. Auflage, Beck- Online. MANEGOLD/CZERNIK in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Auflage 2014, § 89, Rn. 11-13. NEUMAUER, MICHAEL 2015, Komplexe Werke und einfache Vergütungsstrukturen –Die Sicht der „Außenseiter“. Notwendigkeit einer konsensualen Entwicklung urheberrechtlich fundierter Modelle für Erlösbeteiligungen, in: ZUM 2015, S. 753-761.