Deutscher Bundestag Kulturförderung, Kulturausgaben und Kulturwirtschaft Daten und Informationen zu ausgewählten Bereichen des Kultursektors Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 10 - 3000 - 035/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 2 Kulturförderung, Kulturausgaben und Kulturwirtschaft Daten und Informationen zu ausgewählten Bereichen des Kultursektors Verfasser: Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 035/12 Abschluss der Arbeit: 15. April 2012 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Kulturförderung in Deutschland 4 2.1. Kulturstaat Deutschland: Bereiche, Kompetenzen und Zuständigkeiten der Kulturförderung 5 2.2. Die Entwicklung der öffentlichen Kulturfinanzierung in Deutschland 14 2.3. Übersicht: Öffentliche Ausgaben für Kultur 1975-2010 16 2.4. Steuervergünstigungen zur Förderung der Kultur 17 3. Kulturförderung der Europäischen Union 20 4. Zwischen Kunst und Kommerz: Private Kulturfinanzierung 21 5. Wo mit Kultur Geld verdient wird: Kultur- und Kreativwirtschaft 24 6. Fazit und Schlussfolgerungen 30 7. Literatur 32 8. Anlagen 40 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 4 “Subsidy is for art, for culture. It is not to be given to what the people want. It is for what the people don’t want but ought to have. If they want something, they´ll pay for it themselves.” (Sir Humphrey Appleby in der BBC-Serie „Yes Minister”)1 1. Einleitung Die Förderung von Kultur und Kunst wird zumeist durch rechtliche und politische Vorgaben normativ begründet. Kulturförderung lässt sich aber auch unter ökonomischen Gesichtspunkten rechtfertigen. Staatliches Engagement für Kultur ist nicht selbstverständlich und hat sich aufgrund historischer Umstände und kultureller Einstellungen recht unterschiedlich entwickelt (SCHULZ 2007). In Deutschland dominiert traditionell die Vorstellung einer staatlichen Pflicht zur Alimentierung von Kunst und Kultur,2 während dies etwa im angelsächsischen Bereich in weitaus geringerem Maß der Fall ist. In Deutschland werden die öffentlichen Kulturausgaben aufgrund der verfassungsgebotenen Länderhoheit in der Kulturpolitik vor allem von den Ländern und den Kommunen getragen. Der Bund konzentriert seine Mittel vor allem auf „Leuchttürme“ nationaler Bedeutung, wie etwa die neue „Bundeskulturstiftung“, die Hauptstadtkultur und die Auswärtige Kulturpolitik. Kulturelle Institutionen, Veranstaltungen und Projekte werden zudem in erheblichem und wachsendem Umfang aus privaten Mitteln finanziert. Insbesondere Sponsoring durch private Unternehmen spielt eine wichtige Rolle. Gleichzeitig sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Modelle der Partnerschaft zwischen öffentlichen Kulturinstitutionen und privaten Unternehmen entstanden. Im Folgenden wird zunächst das Kulturfördersystem Deutschlands – ergänzt durch statistisches Material - dargestellt. Es folgt eine kurze Darstellung der kurzen Übersicht der EU-Kulturförderung. Weiterhin geht es um die verschiedenen Aspekte der privaten Kulturförderung (ebenfalls begleitet durch statistische Übersichten). Ein weiterer Teil gibt einen Überblick der zunehmend wichtigen Kultur- und Kreativwirtschaft. 2. Kulturförderung in Deutschland Kulturpolitik in Deutschland zielt traditionell auf die Förderung der Künste (bildende Kunst, darstellende Kunst, Musik, Literatur). Eingeschlossen sind darin auch alle politischen und verbandlichen Aktivitäten, die zur Förderung (Bildung, Ausbildung, Verbreitung) und Erhaltung kultureller Güter und Leistungen (z.B. Denkmalschutz) und zur Sicherung der künstlerischen Rechte (z.B. geistiges Eigentum, Verwertung) dienen. Seit den siebziger Jahren wird jedoch von einem breiteren Verständnis von Kulturpolitik ausgegangen. Hermann Glaser sprach vom „Bürgerrecht Kultur“, Hilmar Hoffmann forderte „Kultur für alle“. In den achtziger und neunziger 1 Vgl. LYNN und JAY (1989: 474). 2 Deutlich wird dies etwa bei der gegenwärtigen Debatte über das Buch „Der Kulturinfarkt“ (HASELBACH u. a. 2012); zu den recht unterschiedlichen Positionen vgl. die Dokumente in Anlage 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 5 Jahren wurden kulturpolitische Diskussionen auf der Grundlage eines weiten Kulturverständnisses geführt, das eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Kulturbegriffe zu integrieren suchte (FUCHS 1998). Kultur findet nicht nur in großen Häusern statt, Theatern, Opern und Museen, sondern im Alltag. Auch deshalb ist die so genannte Soziokultur ein wichtiger Bestandteil der Kulturszene und damit auch der Kulturförderung (BUNDESREGIERUNG 2000b). Der weite Kulturbegriff, der den Blick für die Vielfalt der kulturellen Erscheinungsformen und Anbieter geöffnet hat, ist nicht nur die Basis für die Arbeit der Kultureinrichtungen, sondern auch für die Reflexion der ästhetischen Dimension kulturpolitischer Entscheidungsfindung (FOHRBECK und WIESAND 1989a; HEINRICHS 1997: 22ff.). Dieser Entwicklung entsprach lange Zeit auch eine steigende Nachfrage der Bevölkerung nach kulturellen Angeboten (GLOGNER-PILZ; FÖHL 2011; GLOGNER-PILZ 2011). Insgesamt ist das kulturelle Leben in der Bundesrepublik geprägt durch das Zusammenwirken von Kulturwirtschaft , privaten Engagement in Vereinen und den in öffentlicher Trägerschaft befindlichen oder von der öffentlichen Hand geförderten Kultureinrichtungen. Alle drei Bereiche sind eng miteinander verflochten und stehen in enger Wechselbeziehung. Freiwilligenarbeit, bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement ergänzen die öffentliche Förderung oder ersetzen sie in manchen Fällen. Kultur ist aber auch ein Wirtschaftsfaktor mit einer großen volkswirtschaftlichen Bedeutung. Kulturelle Angebote wirken sich zudem auf die Standort- und Arbeitsplatzentscheidungen von Unternehmen bzw. Arbeitskräften aus (GERLACH-MARCH 2010: 15ff.).3 2.1. Kulturstaat Deutschland: Bereiche, Kompetenzen und Zuständigkeiten der Kulturförderung Kulturpolitik und Kulturförderung ist eine Gestaltungsaufgabe des Staates, die von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam und jeweils eigenverantwortlich wahrgenommen wird. Die Freiheit der Kunst in Art. 5 (3) des Grundgesetzes ist zwar in liberaler Tradition als Freiheit vor staatlicher Bevormundung gefasst, sie wurde in der verfassungsrechtlichen Diskussion jedoch zunehmend positiv als staatliche Gewährleistung der Freiheit interpretiert – bis hin zur Formulierung im Einigungsvertrag Art. 35 (1), wonach Deutschland ein „Kulturstaat“ sei (HÄBERLE 1998; 1999; HENSE 2000: 377; MÜLLER und SINGER 2004). Ausgehend von dieser grundsätzlichen, nur von wenigen bestrittenen Annahme, dass Kultur – auch wenn das Grundgesetz keine eigene Staatszielbestimmung Kultur enthält – mithin eine Staatsaufgabe mit Kulturförderpflichten sei, entwickelten sich kulturrelevante staatliche Handlungsformen mit spezifischen Aufgabenzuordnungen in der vertikalen Staatsschichtung (Föderalstruktur) und der horizontalen Segmentierung von Ministerien und Verwaltungen (Ressortstruktur). Das heute vorherrschende Grundmuster entspricht dem Prinzip des kooperativen Föderalismus, der einerseits eine grundsätzliche Aufgabentrennung zwischen Bund und Ländern vorsieht, andererseits von einer Vielfalt von Kooperations- und Verflechtungstatbeständen zwischen den Ebenen gekennzeichnet ist (VON BEYME 1998: 18). Entsprechend dieser Grundstruktur der Kulturpolitik liegen die staatlichen Aufgaben und Kompetenzen in erster Linie bei den Ländern, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt (Artikel 30 GG). Die Bundesländer sind, einzeln oder insgesamt, an der Trägerschaft 3 Ein umfassender Überblick zur Kulturförderpolitik in Deutschland findet sich im Bericht der ENQUETE- KOMMISSION (2007) und in WAGNER und BLUMENREICH (2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 6 und Finanzierung verschiedener übergreifender kultureller Einrichtungen beteiligt. Jedes Bundesland in Deutschland hat damit seine eigenen kulturpolitischen Ansätze und Handlungsrahmen . Dies sieht man nicht nur an den verschieden hohen Budgets, sondern auch an Rechtsstrukturen oder an Schwerpunkten der jeweiligen Kulturpolitik. Auch in der auswärtigen Kulturpolitik , etwa bei der Ausgestaltung internationaler Kulturabkommen, sind die Bundesländer (durch eine besondere Vertragskommission) beteiligt. Für die Kulturpolitik gilt dieses föderale Strukturund Verantwortungsprinzip insbesondere, weil dem Bund in diesem Bereich nur eingeschränkte Zuständigkeiten eingeräumt sind (ISENSEE 1990; STETTNER 2002). Deshalb werden die kulturellen Angelegenheiten – zusammen mit der Zuständigkeit für das Schul- und Hochschulwesen – als „Herzstück der Eigenstaatlichkeit der Länder“ angesehen, was im Begriff der „Kulturhoheit“ der Länder seinen Ausdruck findet.4 In einem Eckpunktepapier zur Kompetenzverteilung von Bund und Ländern wird dies eigens betont: „Nach der Zuständigkeitsordnung des Grundgesetzes ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Die Kulturhoheit liegt daher grundsätzlich bei den Ländern. Sie ist ihr verfassungsrechtlicher Auftrag und Kernstück ihrer Eigenstaatlichkeit. 90 Prozent der Kulturausgaben in Deutschland tragen Länder und Gemeinden .“ (BKM 2003: 2)5 In diesem Sinn hat sich Kulturförderpolitik über vier Jahrzehnte hinweg kontinuierlich und im Rahmen der sich ausdifferenzierenden föderalen Aufgabenverteilung entwickelt.6 Ausgehend von der grundsätzlichen, nur von wenigen bestrittenen Annahme, dass Kultur – auch wenn das Grundgesetz keine eigene Staatszielbestimmung Kultur enthält – mithin eine Staatsaufgabe mit Kulturförderpflichten sei, entwickelten sich kulturrelevante staatliche Handlungsformen mit spezifischen Aufgabenzuordnungen in der vertikalen Staatsschichtung (Föderalstruktur) und der horizontalen Segmentierung von Ministerien und Verwaltungen (Ressortstruktur). Das heute vorherrschende Grundmuster entspricht dem Prinzip des kooperativen Föderalismus, der einerseits eine grundsätzliche Aufgabentrennung zwischen Bund und Ländern vorsieht, andererseits von einer Vielfalt von Kooperations- und Verflechtungstatbeständen zwischen den Ebenen gekennzeichnet ist. Resultat der nie gänzlich trennscharf erfolgten Kompetenzzuordnung zwischen Bund und Ländern war zudem die Herausbildung kulturföderalistischer Kooperationsstrukturen, die durch die in Art. 91a und 91b GG festgelegten Gemeinschaftsaufgaben sogar verfassungsrechtlich verankert worden sind. Eine wesentliche Form der staatlichen Kulturförderung kommt deshalb in interdependenten Zusammenhängen der föderalen Ebenen zum Ausdruck (Kooperativer Kulturföderalismus). In jüngerer Zeit ist die Diskussion über den Kulturföderalismus und die 4 Die Länder organisieren ihre Zusammenarbeit vor allem durch die „Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder“ (KMK) mit einem Sekretariat und Fachausschüssen (www.kmk.org). Dass die Meinungsbildung und die Verabschiedung von gemeinsamen Beschlüssen in diesem Gremium schwierig sind, kann nicht verwundern: Beschlüsse und Abkommen bedürfen der Einstimmigkeit, zur Erlangung von Rechtskraft in den einzelnen Bundesländern sogar zusätzlich der Verabschiedung durch die jeweiligen Landesparlamente. Zudem ist festzustellen, dass sich die KMK verhältnismäßig selten zu Kulturfragen im engeren Sinne äußerte, sie ist vor allem ein Beratungsinstrument für bildungs- und hochschulpolitische Fragen (KÖSTLIN 2011: 499ff.). Vergleichende Darstellungen der Kulturpolitik der Länder finden sich in STOCKER (2010: 205ff.) und GERLACH- MARCH (2010: 33ff.); zu den Positionen der Landesparteien vgl. SEHER (2010). 5 Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen umfassend KÖSTLIN (2011) und die dort angeführte Literatur; vgl. dazu auch die Argumentation der Enquete-Kommission Kultur in Deutschland (ENQUETE-KOMMISSION 2007: 51ff.). 6 Besonderer Ausdruck des föderalistischen Kultursystems sind die Kulturstiftung des Bundes (www.kulturstiftung-des-bundes.de) und die Kulturstiftung der Länder (www.kulturstiftung.de). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 7 Rolle des Bundes in der Kulturpolitik vor allem durch die Herausforderungen der deutschen Einheit bestimmt worden. Insbesondere der Art. 35 des Einigungsvertrages machten den Bund zu einem wichtigen Förderer von Kunst und Kultur in den neuen Ländern und erweiterten damit die bundespolitische Agenda der Kulturpolitik (SCHULTZE-FILITZ 1991). Die kulturpolitische Rolle des Bundes ist im Lauf der letzten Jahrzehnte deutlich gewachsen. Der Bund fördert Einrichtungen „von nationaler Bedeutung“, darüber hinaus finanziert er einigungsbedingt kulturelle Einrichtungen in den neuen Ländern und er ist auch stark engagiert in der Förderung der Hauptstadtkultur. Daneben haben sich im Zuge der Entwicklung des „kooperativen Föderalismus“ viele Mischfinanzierungsformen im kulturellen Bereich ergeben. In diesem Kontext hat die Kulturpolitik des Bundes – in der Folge der intensiven öffentlichen kulturpolitischen Debatte in den neunziger Jahren – seit 1998 eine besondere Akzentuierung erhalten. Mit dem neuen Stellenwert der Bundeskulturpolitik – d. h. der Bündelung der Kompetenzen des Bundes und dem Anspruch, sich gegenüber dem Ausland, insbesondere im EU-Rahmen als Interessenvertreter der deutschen Kultur zu verstehen – ist neue Aufmerksamkeit auf die kulturverfassungsstaatlichen Fragen gelenkt worden. Ein Grund liegt darin, dass mit der organisatorischen Bündelung – nicht zuletzt auch durch die Einrichtung eines Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag – die Inhalte und Positionen deutscher Kulturpolitik transparenter wurden, gleichzeitig aber auch die Überschneidungen und Abgrenzungen gegenüber der Kulturhoheit der Länder deutlicher geworden sind. Insbesondere mit der Auseinandersetzung über die Errichtung einer Kulturstiftung von Bund und Ländern ist die Diskussion über die Kompetenzverteilung der staatlichen Kulturpolitik und Kulturförderung wieder intensiver geworden .7 Ausgangspunkt dieser Diskussion ist die Frage nach der Bedeutung des Kulturföderalismus im Zeitalter von europäischer Integration und Globalisierung. Im Zentrum einer weiterhin kontroversen Debatte steht die Frage der Kulturhoheit der Länder und die in diesem Kontext möglichen Begründungen für eine eigenständige Kulturpolitik des Bundes und – daraus abgeleitet – die Kooperationsbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Sichtbares Zeichen dafür war die Gründung der neuen Kulturstiftung des Bundes. Die Bundeskompetenzen für die Kulturförderung ergeben sich – aus der Sicht des Bundes – aus geschriebenem Verfassungsrecht, insbesondere den Kompetenzzuweisungen der Art. 32 und Art. 87 GG, aber im Einzelfall auch stillschweigend aus der Natur der Sache oder kraft Sachzusammenhangs zu einer ausdrücklich zugewiesenen Kompetenzmaterie.8 Dabei orientiert der Bund seine Förderpraxis bei der Pflege von Kunst, Kultur und Sport an dem – letztlich nicht zustande gekommenen – Flurbereinigungsabkommen aus dem Jahre 1971. Bund und Länder hatten darin 7 Über die Reichweite und die Ausschließlichkeit der Bundeskompetenzen gibt es freilich Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern. Zu den bisherigen Versuchen einer Systematisierung der gemeinsamen Kulturförderung von Bund und Ländern einschließlich der im Einigungsvertrag enthaltenen Bestimmungen über die Mitfinanzierung von kulturellen Maßnahmen und Einrichtungen durch den Bund vgl. das Eckpunktepapier aus dem Jahr 2003 (BKM 2003); vgl. dazu auch BUNDESRECHNUNGSHOF (2007: 197) sowie NAGEL (2007). 8 Über die Reichweite und die Ausschließlichkeit der Bundeskompetenzen gibt es freilich Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern. Viele Aktivitäten und Fördermaßnahmen des Bundes, die in den letzten Jahrzehnten in den Handlungsrahmen des Bundes aufgenommen wurden, lassen sich nach Auffassung der Länder in zahlreichen Fällen verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Sie fordern im Rahmen der Entflechtungsverhandlungen deshalb ihre Begrenzung und für eine Reihe von Förderbereichen ein Konsultationsverfahren zur Abstimmung mit den Ländern (BKM 2003: 3ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 8 eine klarstellende Beschreibung ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen angestrebt. Vorgesehen war, dem Bund im Wege einer zwischen Bund und Ländern abgestimmten Verfassungsinterpretation einen größeren Handlungsspielraum bei der Kulturförderung einzuräumen. So sollten etwa Fördermaßnahmen zulässig sein, wenn sie der „gesamtstaatlichen Repräsentation“ dienen.9 In diesem Sinn hat der Bund, auch nachdem das Flurbereinigungsabkommen nicht zustande kam, die Förderung von Kunst und Kultur sehr weit gefasst. Insbesondere seit Mitte der neunziger Jahre wurde die Zielrichtung der Debatte deutlicher und schärfer konturiert. Es ging nun um die Justierung der institutionellen Strukturen und inhaltlichen Aufgaben der von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam wahrgenommenen kulturpolitischen Verantwortung, da sich die Koordinaten und Prämissen staatlichen Handelns auch im Kulturbereich verändert hatten. Ein wesentlicher Fokus der Debatte war die eigenständige Rolle des Bundes in der Kulturpolitik, die in der Forderung nach der Einrichtung eines Bundeskulturministeriums gipfelte.10 Zugespitzt wurde die Diskussion auf die Frage, inwieweit auf der Bundesebene ein „Sonderbeauftragter für kulturelle Angelegenheiten“ (Thomas Krüger) oder gar ein Bundeskulturministerium erforderlich sei, um die – von nahezu allen Beteiligten der Debatte – eingeforderte stärkere Bündelung der Bundeskulturpolitik zu ermöglichen. Dabei ging es in der Zielsetzung nicht um eine Beschneidung der Kulturkompetenz der Länder, sondern um die Schaffung effektiver Strukturen für die gesamtstaatliche Kulturpolitik. Die stärkere Betonung der Rolle des Bundes in der Kulturförderpolitik unterstreicht insbesondere das seit dem Jahre 1998 eingerichtete Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und dessen Ausstattung mit Haushaltsmitteln (ENDREß 2005). Die Kulturförderpolitik des Bundes konzentriert sich insbesondere auf folgende Aufgaben:11 – Gesamtstaatliche Repräsentation: Kompetenz des Bundes für kulturelle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach nur vom Bund wahrgenommen werden können, wie die Repräsentation des Gesamtstaates einschließlich der gesamtstaatlichen Darstellung und Dokumentation der deutschen Geschichte (einschließlich Historische Stätten), sowie die Darstellung der deutschen Militärgeschichte in den Museen und militärhistorischen Sammlungen der Bundeswehr; – Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt: Kompetenz des Bundes zur Repräsentation des Gesamtstaates auf kulturellem Gebiet in der Bundeshauptstadt Berlin 9 Allerdings konnte kein Einvernehmen mit den Ländern erzielt werden, da diese eine Ausdehnung der Aktivitäten des Bundes auf nahezu alle bedeutsamen wissenschaftlichen und künstlerischen Einrichtungen befürchteten (BUNDESRECHNUNGSHOF 2007: 197f.). 10 Vgl. dazu auch HÄBERLE (1998; 1999). 11 Institutionell wird die Hauptarbeit getragen vom BKM und dem Auswärtigen Amt (Auswärtige Kulturpolitik). Andere Bundesministerien erfüllen jedoch weiterhin Aufgaben von erheblicher Bedeutung für die Kultur, so etwa die für Bildung und Forschung (z.B. Künstlerausbildung, kulturelle Bildung und die Forschung zu Fragen von Kulturpolitik, Archäologie und Denkmalpflege, Bildungs- und Forschungsaspekte der Auswärtigen Kulturpolitik), wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (entwicklungspolitische Aspekte der Auswärtigen Kulturpolitik), Justiz (Urheberrecht), Finanzen (Spenden- und Stiftungssteuerrecht). Vgl. dazu auch BKM (2007, 2011) sowie SIEVERS und WAGNER (2004). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 9 sowie zur Finanzierung hauptstadtbedingter Sonderlasten (Art. 106 Abs. 8 GG, vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Einigungsvertrag in Verbindung mit dem Berlin-Bonn-Gesetz); – Bewahrung und Schutz des kulturellen Erbes: Kompetenz des Bundes zur Beteiligung an der Wahrnehmung des internationalen Schutzauftrages gemäß UNESCO-Konvention für das Weltkulturerbe der Menschheit von außerordentlichem universellen Wert als übergreifende internationale Verpflichtung (gilt auch hinsichtlich der Ernennung einer deutschen Stadt zur „Europäischen Kulturstadt"); – Gedenkstätten, Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer der Gewaltherrschaft : Kompetenz des Bundes für Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer der Gewaltherrschaft; der Bund hat in diesen Bereichen Gesetzgebungszuständigkeiten gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 10a GG), für Gedenkstätten (vgl. Gedenkstättenkonzeption des Bundes, BT-Drs. 14/1569), sowie für sowjetische Friedhöfe und Ehrenmäler (vgl. Art. 18 Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 09.11.1990); – Auswärtige Kulturpolitik: Kompetenz des Bundes für die Auswärtige Kulturpolitik auf der Grundlage von Art. 32 Abs. 1, 87 Abs. 1 GG, d.h. insbesondere Pflege der Kulturbeziehungen zu anderen Staaten sowie europäischen, internationalen und supranationalen Organisationen , Repräsentation der deutschen Kultur im Ausland, vor allem durch Mittlerorganisationen , Unterstützung des internationalen Kulturaustausches; hinzu kommt Förderung von deutschen Künstlern im Ausland und ausländischen Künstlern in Deutschland durch Studien - und Arbeitsaufenthalte; – Sicherung von Kulturgut und Geschichte ehemals deutscher Kulturlandschaften im östlichen Europa: Kompetenz des Bundes zur Sicherung von Kulturgut und Geschichte ehemals deutscher Kulturlandschaften im östlichen Europa durch Förderung entsprechender inländischer Kultureinrichtungen und Kooperationen mit Partnern in Osteuropa, durch Erhaltung von Bau- und Kulturdenkmälern sowie Restaurierung von Bibliotheks- und Archivbeständen deutscher Provenienz (Art. 32 Abs. 1 GG); – Kulturelle Betreuung nationaler Minderheiten, fremder Volksgruppen und heimatloser Ausländer im Bundesgebiet: Kompetenz des Bundes zur Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen wie das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und Europäische Charta für Regional- und Minderheitensprachen und Genfer Flüchtlingskonvention ; – Sicherung und Erwerb national wertvollen Kulturgutes und national wertvoller Archive gegen drohende Abwanderung sowie Schutz gegen absehbare Folgen eines bewaffneten Konfliktes: Kompetenz des Bundes zur Ausführung des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung sowie für Maßnahmen im Rahmen der zivilen Verteidigung durch Schutzverpflichtung nach dem Gesetz zur UN-Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (Haager Konvention); – Rückführung von Kulturgut: Kompetenz des Bundes auf der Grundlage von Art. 32 Abs. 1 GG sowie unter Berücksichtigung von Art. 120 Abs. 1 GG zur Rückführung kriegsbedingt Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 10 verbrachten deutschen Kulturgutes wie auch Mitwirkung an der entsprechenden Rückgabe ausländischen Kulturbesitzes; – Dokumentation, Nachforschung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter: Kompetenz des Bundes zur Mitwirkung in Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden vom Dezember 1999 (Gesetzgebungskompetenzen des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 9 GG); – Förderung von Kultureinrichtungen in Ostdeutschland („Leuchttürme“): Kompetenz des Bundes für bestimmte kulturelle Leuchttürme (ehemalige zentralgeleitete Einrichtungen der DDR; Art. 35 Abs. 4 Einigungsvertrag); – Förderung der kulturellen Einheit Deutschlands: Kompetenz des Bundes zur Förderung der Einheit Deutschlands auf kulturellem Gebiet: „Zum Ausgleich der Auswirkungen der Teilung Deutschlands kann der Bund übergangsweise zur Förderung der kulturellen Infrastruktur einzelne kulturelle Maßnahmen und Einrichtungen in dem in Artikel 3 genannten Gebiet mitfinanzieren.“ (Art. 35 Abs. 7 Einigungsvertrag); – Filmförderung und Verlags- und Übersetzungsförderung: Kompetenz des Bundes zur Filmförderung und Verlags- und Übersetzungsförderung (Gesetzgebungskompetenzen des Bundes nach Art. 73 Nr. 9, 74 Abs. 1 Nr. 11 GG). Unter kommunalem Aspekt ist insbesondere festzustellen, dass der Bund den überwiegenden Teil der Kulturausgaben in der Bundeshauptstadt Berlin trägt.12 Der Bund fördert in Berlin Institutionen und Projekte im Kulturbereich mit mehr als 340 Millionen Euro jährlich. Grundlage dafür ist die Verantwortung des Bundes für die kulturelle Repräsentanz der Bundeshauptstadt, die im „Berlin - Bonn Gesetz“ 1994 festgeschrieben wurde. Bis zum Jahre 2001 erhielten verschiedenste kulturelle Institutionen anteilige Förderung durch den Bund. Seitdem gilt: Statt anteiliger Finanzierung übernimmt der Bund ganz die Verantwortung für Einrichtungen von gesamtstaatlicher Bedeutung. Festgeschrieben ist dies im Hauptstadtkulturvertrag.13 Zum ersten Mal wurde er für die Jahre 2001 bis 2004 geschlossen. Erneuert wurde der Vertrag zum 1. Januar 2004, seine Geltungsdauer ist nun unbegrenzt. Er benennt die einzelnen Einrichtungen, für die der Bund eigenverantwortlich aufkommt. Er stellt diesen Institutionen rund 83 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Ein großer Teil dieser Summe sind Zuwendungen an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Eingeschlossen ist auch eine Opernstrukturreform, die die drei Bühnen unter dem Dach einer Stiftung vereint. Der Bund beteiligt sich finanziell an der Opernreform indirekt, indem dem Land Berlin durch die Übernahme einer Reihe von Institutionen Spielraum zur Reform gegeben wird: Die Akademie der Künste und die Stiftung Deutsche Kinemathek werden in Bundesverantwortung übergehen. Außerdem werden die Baukosten des zur Stiftung Preußischen Kulturbesitzes gehörenden Hamburger Bahnhofs übernommen. In Berlin werden noch weitere 12 Dies betrifft die Kompetenz des Bundes zur Repräsentation des Gesamtstaates auf kulturellem Gebiet in der Bundeshauptstadt Berlin sowie zur Finanzierung hauptstadtbedingter Sonderlasten (Art. 106 Abs. 8 GG, vgl. auch Art. 2 Abs. 1 Einigungsvertrag in Verbindung mit dem Berlin-Bonn-Gesetz). Hinzu kommt eine Kompetenz des Bundes auf der Grundlage von Art. 135 Abs. 4 GG (Preußischer Kulturbesitz). 13 Seit dem 1. September 2006 gilt der neue Artikel 22 Grundgesetz, in dem festgelegt ist, dass die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt Aufgabe des Bundes ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 11 Einrichtungen durch den Bund gefördert, die von besonderem gesamtstaatlichem oder nationalem Interesse sind. Zum Beispiel: das Deutsche Historische Museum, die Gedenkstätte Deutscher Widerstand, das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die Gedenkstätte Topographie des Terrors, das Haus der Wannseekonferenz. Für die Sanierung der Deutschen Staatsoper stellt der Bund in den kommenden Jahren 50 Millionen Euro bereit. Hinzu kommt der Hauptstadtkulturfonds. Der Fonds soll durch die Förderung aktueller kultureller und künstlerischer Projekte dazu beitragen, von Berlin aus den überregionalen und internationalen kulturellen Dialog aufzunehmen und zu festigen. Berücksichtigt werden können Konzepte aller künstlerischer Sparten (mit Ausnahme des Films), die für die Bundeshauptstadt Berlin bedeutsam sind, nationale und internationale Ausstrahlung haben bzw. besonders innovativ sind. Die Projekte sollen für Berlin erarbeitet und in Berlin präsentiert werden. Sie sollten für ein Publikum bzw. eine Fachöffentlichkeit über Berlin hinaus relevant sein bzw. geeignet sein, bisher in Berlin bestehende kulturelle Defizite auszugleichen. Ausgeschlossen sind kommerziell realisierbare Vorhaben und solche, die sich im Rahmen normaler Arbeit der kulturellen Institutionen Berlins mit deren Mitteln realisieren lassen bzw. bereits durch eine andere Förderinstitution, die ebenfalls Gelder des Bundes vergibt, gefördert werden.14 Im Kulturbereich ergeben sich gleichwohl relativ häufig die Tatbestände einer gemeinsamen Finanzierung durch Bund und Länder. Hierdurch entstehen neue Formen der Mischfinanzierung, die – nach Ansicht des Bundesrechnungshofes – weitere Verflechtungen mit sich bringen. Mischfinanzierung von Bund und Ländern zeigen sich bei Einrichtungen wie zum Beispiel den Bayreuther Festspielen, dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach, den Ruhrfestspielen Recklinghausen oder auch der Documenta. Diese Mischfinanzierungen basieren auf Zuschüssen des jeweiligen Sitzlandes einer Einrichtung, der Kommune, eigenen Einnahmen und einem Bundeszuschuss . Es handelt sich bei diesen Einrichtungen bzw. Ereignissen um Institutionen von gesamtstaatlicher Bedeutung. Hinzu kommt die Kulturstiftung des Bundes. Sie fördert verschiedenste Kunst- und Kulturprojekte im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes. Ein Schwerpunkt ist dabei die Förderung innovativer Programme und Projekte im internationalen Kontext. Die Kulturstiftung des Bundes setzt außerdem einen Schwerpunkt auf den kulturellen Austausch und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Nach der Wiedervereinigung hat der Bund außerdem Aufgaben in der Finanzierung der kulturellen Infrastruktur in den neuen Ländern übernommen, da diese ihrer finanziellen Verantwortung noch nicht nachkommen konnten. Jedoch ergeben sich daraus auch jeweils Anreize, Finanzierungslasten auf andere staatliche Ebenen zu verschieben. So hat der Bundesrechnungshof etwa festgestellt, dass Kommunen öffentliche Einrichtungen an Minderheiten mit der Folge abgeben, dass der Bund sich fortan an der Finanzierung von Theatern und Schulen beteiligt (BUNDESRECHNUNGSHOF 2007: 200).15 Die Kulturausgaben des Bundes verteilen sich auch auf andere Ministerien, wobei die Ermittlung der Daten und ihre Zuordnung auf die einzelnen Ressorts keine leichte Aufgabe ist. So hat die Bundesregierung im Jahr 2000 in der Antwort auf eine Kleine Anfrage eingeräumt, dass es außerordentlich schwierig sei, die Ausgaben des Bundes für Kultur genau zu veranschlagen. Es sei ein 14 Aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien stehen dem Hauptstadtkulturfonds jährlich bis zu 9,866 Mio. Euro zur Verfügung (www.hauptstadtkulturfonds.berlin.de). 15 Der Bundesrechnungshof empfiehlt deshalb eine klare Zuordnung der Förderungsfelder zur Ebene des Bundes oder der Länder (BUNDESRECHNUNGSHOF 2007: 199f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 12 unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand zu erbringen, „um umfassende, detaillierte und insbesondere kongruente statistische Aussagen zu erhalten“ (BUNDESREGIERUNG 2000a: 1). Um letztlich in allen Bezügen stimmige Aussagen aus dem jetzigen Zahlenmaterial ableiten zu können , bedürfe es zudem eines weiteren Abstimmungsaufwandes;16 gleichwohl sei das Zahlenmaterial geeignet, Tendenzen, Schwerpunktsetzungen und Strukturen zu dokumentieren. Die Antwort auf die Kleine Anfrage enthält in einer Übersicht die von den verschiedenen Bundesressorts genannten Ausgaben für Kunst und Kultur im Inland, in einer weiteren Übersicht finden sich die Ausgaben des Bundes für Auswärtige Kulturpolitik. Gleichzeitig wird auch darauf verwiesen, dass Doppelangaben nicht auszuschließen seien. Angesprochen werden auch kulturbezogene Einnahmen des Bundes, die sich nach Angaben der Bundesregierung nicht verlässlich ermitteln lassen. Verwiesen wird außerdem darauf, dass über die mittelbaren Einnahmen des Bundes, zum Beispiel Steuereinnahmen und steuerliche Subventionen, keine Erkenntnisse vorlägen (BUNDESREGIERUNG 2000a: 2ff.). Seit dem Jahr 2003 finden sich die Übersichten über die kulturbezogenen Ausgaben der Bundesressorts im Finanzbericht des Bundesministeriums der Finanzen . Die Übersichten trennen ebenfalls zwischen den Ausgaben des Bundes auf dem Gebiet der inländischen Kulturpolitik und den Ausgaben des Bundes auf dem Gebiet der Auswärtigen Kultur - und Bildungspolitik.17 Bund und Länder sind jedoch keineswegs die einzigen öffentlichen Akteure der Kulturpolitik. Auch die kommunalen Gebietskörperschaften, d. h. die Städte und Landkreise, haben einen Kulturauftrag und können sich dabei auf das Grundgesetz (Art. 28 Abs. 2) und auf Bestimmungen in den jeweiligen Landesverfassungen berufen, die den Gemeinden eine eigene Kulturverantwortung im Gesamtgefüge der öffentlichen Zuständigkeiten übertragen haben.18 Die Kommunen tragen die Verantwortung für die lokale Kulturförderung. Die Länder sind für die Förderung der kulturellen Institutionen und Projekte von landesweiter Bedeutung zuständig. Die meisten kulturellen Einrichtungen in der Bundesrepublik werden von den Städten und Gemeinden unterhalten , während die Länder vor allem die herausragenden Einrichtungen von besonderem Rang für ein Land oder einen Landesteil tragen (z. B. Staatstheater oder Staatsbibliotheken).19 16 Der Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien wollte in diesem Zusammenhang prüfen, die Ermittlung dieser Daten als Projekt an Dritte zu vergeben (BUNDESREGIERUNG 2000a: 1). 17 Vgl. dazu Tabelle 18 im Finanzbericht des BMF. Ursprünglich wurden die Ausgaben des Bundes für Auswärtige Kulturpolitik bis zum Jahr 2002 in einer Übersicht im Einzelplan 05 (Auswärtiges Amt) des Bundeshaushalts veröffentlicht. Die Zusammenfassung dieser Ausgaben geht zurück auf einen Vorschlag der Enquete- Kommission „Auswärtige Kulturpolitik“ (BT-Drs. 7/4121: 33 u. 78ff.). Danach wurden durch eine Festlegung des Bundestages seit 1977 die verschiedenen Ausgabenposten in einer „Übersicht 2“ im Einzelplan 05 (Auswärtiges Amt) des Bundeshaushaltes zusammengefasst. Seit dem Haushalt 2003 wird vom Bundesministerium der Finanzen diese Praxis nicht fortgesetzt, die Übersicht der außenkulturellen Ausgaben aller Ressorts – ebenso wie die Ausgaben des Bundes für inländische Kulturpolitik – wird seither im Finanzbericht des BMF veröffentlicht (zuletzt BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN 2011). 18 Die gemeinsamen kulturpolitischen Interessen der großen Städte werden vor allem vom Deutschen Städtetag repräsentiert (www.staedtetag.de). In ähnlichem Sinne wirken für die übrigen Kommunen der Deutsche Städteund Gemeindebund (www.dstgb.de) und der Deutsche Landkreistag (www.landkreistag.de). Eine wichtige Rolle spielen in der Kulturpolitik auch die Verbände und ihre Zusammenschlüsse, darunter als Dachorganisation von über 200 Bundesverbänden aller Sparten der Deutsche Kulturrat (http://www.kulturrat.de). 19 Vgl. zur Kulturförderung von Ländern und Gemeinden vgl. MICHEEL und WIEST (2002) sowie PALMER (2001). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 13 Obwohl es in der Geschichte der Bundesrepublik immer wieder Spannungen hinsichtlich einzelner Kulturförderbereiche oder einzelner Themen gab, hat sich ein relativ hohes Maß an Gemeinsamkeit in den Auffassungen über die Kultur- und Kunstförderung herausgebildet. Begünstigt wurde dies durch die Rechtsprechung und das juristische Schrifttum: Die „herrschende Meinung “ unter den Verfassungsjuristen ist sich im wesentlichen einig, dass der Staat und die Gemeinden zwar Kunst oder Literatur sowie ganz allgemein die kulturellen Belange fördern sollen, dass dies aber nicht mit direkten Eingriffen in den künstlerischen Freiheitsraum verbunden sein darf (so auch das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil am 5. März 1974, 1 BvR 712/68, BVerfGE 36, 321).20 Als Schwerpunkte der Kulturförderung lassen sich folgende Bereiche unterscheiden (Gerlach- March 2010: 15ff.): – Unterhalt öffentlicher Institutionen (z.B. Theater, Museen, Bibliotheken), die vorrangig der Kulturvermittlung dienen, – indirekte Kulturförderung durch Schaffung günstiger rechtlich-sozialer Rahmenbedingungen (z.B. im Steuer-, Sozial- und Medienrecht, durch eine Ermäßigung von Eintrittspreisen für bestimmte Gruppen oder auch durch bestimmte Angebote der Schulen und Hochschulen ), – direkte wirtschaftliche Hilfen im Kultur- und Mediensektor (vor allem im Bereich der Produktion und des Vertriebs von Filmen, durch Druckkostenzuschüsse, öfter auch schon bei der Ansiedlung von kulturwirtschaftlichen Betrieben und Multimedia-Produzenten oder durch Mieterlass für Räume) sowie – Förderung „freier“ Kulturaktivitäten (z.B. durch Preise oder Stipendien für Künstler und Autoren, durch die Unterstützung privater Theater oder durch Hilfen für Amateurvereinigungen , Kunstvereine usw.). Die öffentlichen Haushalte des Staates und der Gemeinden verwenden den weitaus größten Teil ihrer Mittel zur Kulturförderung für Aufgaben der professionellen Kunstvermittlung und kulturellen Bildung. Die direkte Anregung der kulturellen Produktivität, etwa durch eine umfassende individuelle Künstlerförderung wie etwa in Skandinavien oder die forcierte Entwicklung aller Bereiche der Kulturwirtschaft (vor allem in Frankreich), sind hingegen kein Kennzeichen der deutschen Kulturförderpolitik. Neben der Kulturpolitik und -förderung der öffentlichen Hand gibt es eine umfangreiche und vielfältige Kulturarbeit und -förderung, die von öffentlichen und privaten Rundfunk- und Fernsehanstalten, Institutionen der Wirtschaft und anderer gesellschaftlicher Gruppen (Kirchen, Gewerkschaften, Verbänden), von bürgerschaftlichen Organisationen und Initiativen, von Vereinen und von Privaten getragen wird. Dieses Netzwerk im intermediären Bereich zwischen den staatlichen Instanzen und der Kulturszene ist als komplementärer Sektor zum staatlichen Bereich unentbehrlich für eine lebendige und entwicklungsfähige Kultur in 20 Vgl. dazu ausführlich die Darstellung bei SCHWARTMANN (2011: 487ff.), SCHEYTT (2008), SOMMERMANN (1997), GEIßLER (1995), MIHATSCH (1989) und PALM (1998). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 14 der Zivilgesellschaft.21 Der Pluralismus der Kulturträger gilt als Strukturelement des deutschen Kulturverfassungsrechts.22 2.2. Die Entwicklung der öffentlichen Kulturfinanzierung in Deutschland In Deutschland gehört die Kulturförderung zu den wenigen Politikfeldern, die von den jeweiligen Gebietskörperschaftsebenen in Gemeinden, Ländern und Bund weitgehend souverän und nach eigenen Zielsetzungen gestaltet werden kann. Diese kulturföderalistische Praxis hat zu einer breiten künstlerischen und kulturellen Infrastruktur in allen Regionen Deutschlands geführt. Die Metropolenkonzentration, wie sie in einigen europäischen Hauptstädten beobachtet werden kann, ist in Deutschland weitgehend unbekannt. Allerdings ist die genaue Ermittlung und Darstellung der Finanzströme in einem föderalistisch organisierten Staatswesen ungleich komplizierter als dies in zentralistisch geführten Staaten der Fall ist. Eine zentral aufgebaute Kulturadministration kann das Feld der Kultur einheitlich definieren, die Mittel zentral steuern und vor allem die Gestaltung der zukünftigen Kunst- und Kulturentwicklung mitbestimmen, soweit diese durch die zentrale Setzung der Rahmenbedingungen planbar und steuerbar ist. Im deutschen Föderalsystem der Kulturförderung existiert dagegen eine Vielfalt von Akteuren und Handlungsebenen mit unterschiedlichen Methoden der finanziellen Steuerung und Datenerhebung (KÖSTLIN 2011). Einen ersten Versuch zur Vereinheitlichung der Kulturstatistik unternahm inzwischen eine Arbeitsgruppe mit Experten von der KMK, den Kulturabteilungen der Länder Hessen und Baden- Württemberg, des Statistischen Bundesamtes sowie verschiedenen Statistischen Landesämtern, die im Jahr 2001 den „Kulturfinanzbericht 2000“ vorlegte (STATISTISCHES BUNDESAMT 2001). Die Autorengruppe führt dazu einen neuen Kulturbegriff ein, der zwei generelle Bereiche unterscheidet . Die Kulturausgaben im engeren Sinne umfassen die Kernbereiche wie etwa Theater, Musik und Museen. In einer zweiten Unterscheidung werden sogenannte kulturnahe Bereiche zusammengefasst, die nicht eindeutig als dem Kultursektor zugehörig empfunden werden. Dazu zählen z. B. die Bereiche Rundfunk und TV, Kultur im Ausland, kirchliche Angelegenheiten und wissenschaftliche Museen. Die Kernabgrenzung „Kulturausgaben im engeren Sinne“ dient zur Bildung von Kennzahlen, die eine einheitliche und vergleichende Bewertung von Ländervergleichen ermöglichen sollen. Inzwischen liegt der Kulturfinanzbericht in der fünften aktualisierten Fassung vor. Bund, Länder und Gemeinden haben nach den Angaben des Kulturfinanzberichtes 2010 im Jahr 2010 für die Kultur fast 10 Mrd. Euro veranschlagt. Der Bericht gibt einen Überblick über die öffentliche Finanzierung von Kultur und kulturnahen Bereichen sowie über die Kulturausgaben der privaten Haushalte in Deutschland. Die Erarbeitung des Berichtes wurde begleitet von der Kultusministerkonferenz, dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie dem Deutschen Städtetag. Datenbasis des Berichtes sind die Finanzstatistiken von Bund, Ländern und Gemeinden. Der Bericht enthält zusätzlich kulturrelevante Ergebnisse aus der amtlichen und nichtamtlichen Statistik. Allerdings erschwert die derzeit laufende Umstellung der Haushaltsrechnungen von der kameralistischen Rechnungsführung auf das System der Kosten- 21 Vgl. auch zu den verschiedenen Möglichkeiten der Kulturförderung aus der Sicht von Kulturschaffenden LANGMAAK (1998) und LKD, BJKE, PARITÄTISCHES JUGENDWERK (2002); wichtig sind auch die Informationen der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren (www.soziokultur.de) und das „Dschungelbuch Kulturförderung NRW“ (http://www.dschungelbuch-nrw.de). Zusätzlich gibt es noch die Kulturförderung der Europäischen Union (http://www.kulturrat-ccp.de/). 22 Vgl. dazu ausführlich ENQUETE-KOMMISSION (2007: 91ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 15 und Leistungsrechnung im Rahmen der kommunalen Doppik einen Vergleich der Daten. Hinzu kommen die fiskalischen Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise, die in den Haushaltsansätzen für die Jahre nach 2007 noch nicht ausreichend zum Ausdruck gelangen. Gleichwohl bildet der Kulturfinanzbericht eine wichtige Grundlage der kulturpolitischen Planung und der fortwährenden Debatte um den gesellschaftlichen Stellenwert von Kunst und Kultur (STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2010). Dokumentiert werden nicht nur die Ausgaben von Bund, Ländern, Gemeinden und Zweckverbänden , sondern auch die öffentlichen Mittel für die einzelnen Kultursparten wie etwa Theater, Musik, Bibliotheken, Museen und Denkmalschutz. In den Jahren 2008 und 2009 beliefen sich die Kulturausgaben nach vorläufigen Berechnungen auf 8,7 Mrd. Euro bzw. auf 9,2 Mrd. Euro. Für 2010 sehen die Haushaltsplanungen Kulturausgaben in Höhe von 9,6 Mrd. Euro vor. Detaillierte und endgültige Ergebnisse liegen aktuell auf Basis der Jahresrechnungsstatistik der öffentlichen Haushalte bis zum Jahr 2007 vor. Von den Gesamtausgaben in Höhe von 8,5 Mrd. Euro entfiel 2007 über ein Drittel (36,3 %) auf die Unterstützung der Theater und der Musikpflege. Hinzu kamen die Museen mit 18,6 Prozent sowie der Bibliothekssektor mit weiteren 14,6 Prozent. Vergleicht man die Ausgabenstruktur von Bund, Ländern und Gemeinden (einschl. Zweckverbänden ), so zeigen sich deutlich unterschiedliche Schwerpunkte in der Kulturfinanzierung, die den verschiedenen Aufgabensetzungen der Gebietskörperschaften geschuldet sind. Wie bereits in früheren Jahren wurden die Kulturausgaben überwiegend von Ländern und Gemeinden bestritten (43,0 % bzw. 44,4 %). Der Beitrag der Länder (einschl. Stadtstaaten) umfasste ein Budget von 3,6 Mrd. Euro und die Gemeinden stellten 3,8 Mrd. Euro zur Verfügung. Der Bund kam mit rund einer Mrd. Euro lediglich auf einen Anteil von 12,6 Prozent an den öffentlichen Kulturausgaben. In Relation zur Wirtschaftskraft Deutschlands erreichten im Jahr 2007 die öffentlichen Ausgaben für Kultur einen Anteil von 0,35 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) (2010: 0,38%). Insgesamt stellten die öffentlichen Haushalte hierfür 1,67 Prozent ihres Gesamtetats bzw. 102,83 Euro je Einwohner zur Verfügung (2010: 1,68%). Recht unterschiedlich ist der Umfang der Kulturausgaben für die einzelnen Körperschaftsgruppen im Verhältnis zu ihren Gesamtausgaben. Für den sogenannten Kulturnahen Bereich (Rundfunkanstalten, Fernsehen, Kirchliche Angelegenheiten, Volkshochschulen) umfassten die Ausgaben der Gebietskörperschaften im Jahr 2007 insgesamt weitere 1,6 Mrd. Euro. Hier betrug der Anteil des Bundes 33,9 Prozent, aus den Etats der Länder kamen 48,8 Prozent und die Gemeinden finanzierten die restlichen 17,3 Prozent. In einem gesonderten Abschnitt wird außerdem auf die Filmförderung durch Bund und Länder eingegangen .23 23 Erwähnt werden sollten dabei auch die Anteile, die die unterschiedlichen Lottostiftungen von ihren Gewinnspieleinnahmen an Kulturprojekte weitergeben (GERLACH-MARCH 2010: 26). Vgl. dazu die ausführliche Darstellung mit methodischen Hinweisen im Kulturfinanzbericht 2010 (STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2010: 1ff.) sowie die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion vom 3. Mai 2011 (Anlagen 2-3). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 16 2.3. Übersicht: Öffentliche Ausgaben für Kultur 1975-2010 Jahr Kulturausgaben (Mrd. Euro) Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in vH Anteil am öffentlichen Gesamthaushalt in vH Euro je Einwohner 1975 1,791 0,33 1,03 28,97 1980 2,894 0,38 1,19 47,04 1985 3,597 0,38 1,24 59,00 1990 4,852 0,38 1,41 76,71 1995 7,467 0,40 1,37 91,45 2000 8,206 0,40 1,85 99,80 2005 8,002 0,36 1,60 97,05 2010 (Soll) 9,558 0,39 1,68 116,95 Quelle: Statistisches Bundesamt Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 17 2.4. Steuervergünstigungen zur Förderung der Kultur Neben der direkten Förderung durch Ausgaben auf dem Gebiet der Kulturpolitik tragen auch Steuervergünstigungen zur Förderung der Kultur bei. In den Übersichten des Statistischen Bundesamtes und auch im Kulturfinanzbericht 2010 bleiben diese jedoch unberücksichtigt. Anhaltspunkte für die Höhe der Steuervergünstigungen im Bereich der Kultur liefert der 22. Subventionsbericht der Bundesregierung. In der Abgrenzung der Subventionsberichterstattung der Bundesregierung belaufen sich die kulturbezogenen Steuervergünstigungen im Jahr 2010 auf insgesamt etwa 2,1 Mrd. Euro, wovon der größte Teil auf die Umsatzsteuerermäßigungen für kulturelle und unterhaltende Leistungen fällt (1.8 Mrd. Euro). Hinzu kommen jährliche Steuersubventionen im Umfang von etwa 1,5 Mrd. Euro, die nicht eindeutig dem Kulturbereich zugeordnet werden können. Dies betrifft vor allem die steuerliche Begünstigung von Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher und gemeinnütziger Zwecke im Bereich der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer sowie Gewerbesteuer (BUNDESREGIERUNG 2010). Dabei nahmen die Umsatzsteuerermäßigungen für kulturelle Leistungen in Höhe von 1,8 Mrd. Euro den größten Anteil ein.24 Die Gesamtausgaben des Bundes im Kulturbereich betrugen 1,2 Mrd. Euro.25 Mit der nachfolgenden Darstellung werden die wesentlichen Bereiche für die Steuervergünstigen im Bereich des Städtebaus und des Denkmalschutzes aufgelistet.26 – Absetzungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen : Nach § 7h Einkommensteuergesetz (EStG) können Investitionen in Gebäuden von historischer , künstlerischer und städtebaulicher Bedeutung mit erhöhten Sätzen von der Steuer abgeschrieben werden. – Absetzungen bei Baudenkmalen: Auch Investitionen in Baudenkmäler können nach § 7i EStG mit erhöhten Sätzen von der Steuer abgeschrieben werden. Bei einem im Inland belegenen Baudenkmal kann der Steuerpflichtige hierdurch in Jahr der Herstellung bis zu 9 Prozent der Herstellungskosten für Baumaßnahmen absetzen. – Steuervergünstigungen für gemeinnützige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen: Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (z.B. Vereine und Stiftungen), die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, werden steuerlich begünstigt. Ein gemeinnütziger Zweck liegt vor, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Unter diesen Voraussetzungen ist die Förderung der Kultur nach § 52 Abs. 2 Nr. 5 Abgabenordnung (AO) ein solcher gemeinnütziger 24 Vgl. dazu ausführlich BUNDESREGIERUNG (2011). 25 Zahlen zitiert nach dem Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen für die Jahre 2009 bis 2012 (23. Subventionsbericht) (BUNDESREGIERUNG 2011); Hinweise finden sich auch in Boss und Rosenschon (2010; 2011) sowie im Finanzbericht des Bundesfinanzministeriums (BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN 2011). 26 Vgl. dazu in vergleichender Perspektive SCHUSTER (2006) und ERNST & YOUNG (2010) sowie die – vergleichsweise wenig differenzierte, europäisch vergleichende – Übersicht in KLAMER u. a. (2006: 33ff.) (Anlage 4). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 18 Zweck. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit kann u.a. die Befreiung von der Körperschafts - und der Gewerbesteuer sowie die Gewährung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Umsatzsteuergesetz (UStG) zur Folge haben. – Steuerbegünstigungen für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten: Nach § 10f EStG gelten auch für selbst genutztes Wohneigentum erhöhte Abschreibungssätze, sofern es sich um die Sanierung eines Gebäudes von historischer , künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung oder um ein Baudenkmal handelt. – Steuerbegünstigungen für schutzwürdige Kulturgüter, die weder zur Einkunftserzielung noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden: Aufwendungen für Investitionen in eigene schutzwürdige Kulturgüter können bis zur Höchstgrenze als Sonderausgaben vom zu versteuernden Einkommen abgesetzt werden. Nach § 10g EStG kann der Steuerpflichtige Aufwendungen für Herstellungs- und Erhaltungsmaßnahmen an eigenen schutzwürdigen Kulturgütern im Inland, soweit sie öffentliche oder private Zuwendungen oder etwaige aus diesen Kulturgütern erzielte Einnahmen übersteigen, im Kalenderjahr des Abschlusses der Maßnahme und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 9 Prozent wie Sonderausgaben abziehen. – Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen: Aufwendungen für den Erhalt von Gebäuden mit künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung können über Jahre verteilt vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden. Nach § 11a EStG kann der Steuerpflichtige den durch Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln nicht gedeckten Erhaltungsaufwand für Maßnahmen der Modernisierung und Instandsetzung an einem im Inland belegenen Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen. – Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwand bei Baudenkmalen: Aufwendungen in den Erhalt von Baudenkmälern können über mehrere Jahre verteilt vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden. Den durch Zuschüsse aus öffentlichen Kassen nicht gedeckten Erhaltungsaufwand für ein im Inland belegenes Baudenkmal kann der Steuerpflichtige nach § 11b EStG auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen, soweit die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes oder Gebäudeteils als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind. – Grundsteuererlass für Kulturgüter und Grünanlagen: Bei Grundbesitz mit künstlerischer Bedeutung ist gem. § 32 Grundsteuergesetz (GrStG) die Grundsteuer zu erlassen. Die Grundsteuer ist zu erlassen für Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt, wenn die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile in der Regel unter den jährlichen Kosten liegen. Bei Park- und Gartenanlagen von geschichtlichem Wert ist der Erlass von der weiteren Voraussetzung abhängig, dass sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht sind. Ferner wird die Grundsteuer bei öffentlichen Grünanlagen, Spiel- und Sportplätze erlassen, wenn die jährlichen Kosten den Ertrag übersteigen. – Steuerbefreiung bei kulturellen Leistungen: Die Umsätze bestimmter kultureller Veranstaltungen und Einrichtungen sind von der Umsatzsteuer befreit. Nach § 4 Nr. 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 19 UStG sind die Umsätze folgender Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände steuerfrei: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt auch für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt , dass diese Einrichtungen die gleichen kulturellen Aufgaben wie die vorgenannten Einrichtungen erfüllen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 20 3. Kulturförderung der Europäischen Union Neben Bund, Ländern und Gemeinden trägt auch die Europäische Union zur Finanzierung von Kulturprojekten in Deutschland bei. Die gesetzliche Grundlage ist Artikel 167 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die EU leistet demnach „einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedsstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes“. Sie fördert auf dieser Grundlage die Zusammenarbeit von Mitgliedsstaaten, unterstützt und ergänzt deren Kulturpolitik in den Bereichen: – Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker, – Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes, – Nichtkommerzieller Kulturaustausch, – Künstlerisches und literarisches Schaffen (inkl. audiovisueller Bereich). Dies betrifft nicht nur das Programm „Kultur 2007 – 2013“bzw. das gegenwärtig diskutierte Folgeprogramm “Kreatives Europa“ (SINGER 2010; 2011; 2012).27 Weitere EU-Förderprogramme dienen der finanziellen Unterstützung kultureller Institutionen und Projekte, soweit zugleich den jeweiligen Zielen dieser Programme – z. B. der Förderung strukturschwacher Regionen – entsprochen wird. Von besondere Bedeutung sind hier der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und der Europäische Sozialfonds (ESF). Sie dienen der Allokation von Beiträgen der EU-Mitgliedsstaaten zugunsten benachteiligter Regionen und werden daher nicht allein unter dem Ziel der Kulturförderung gesehen. Im Kulturfinanzbericht 2010 der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder wird jedoch ausdrücklich darauf verwiesen, dass sich diese vielfältigen Fördermaßnahmen nicht zufriedenstellend darstellen lassen. Nach Auffassung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder ist eine belastbare Quantifizierung der Höhe der EU- Fördermittel auf Ebene einzelner Mitgliedsstaaten nicht möglich. Aufgrund der der vielfältigen Projektverflechtungen und infolge des Auftretens multilateraler Konsortien als Antragssteller sei deshalb eine differenzierte Betrachtung für Mittel, die allein auf Deutschland entfallen, nicht möglich (STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2010). 28 27 Vgl. http://www.europa-foerdert-kultur.info sowie http://europa.eu/pol/cult/index_de.htm. Informationen zur künftigen Konzeption findet sich in der Themenausgabe der Zeitschrift „Kulturpolitische Mitteilungen (Nr. 136, I/2012), teilweise online abrufbar unter http://www.kupoge.de/kumi/kumi136.html [Stand 15.04.12]. 28 Zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft auf europäischer Ebene vgl. auch http://ec.europa.eu/culture/our-policy-development/cultural-and-creative-industries_en.htm [Stand 15.04.12]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 21 4. Zwischen Kunst und Kommerz: Private Kulturfinanzierung Kultur wird neben dem öffentlichen Bereich in erheblichem Maße auch durch private Haushalte, die Wirtschaft, durch Stiftungen und andere private Organisationen ohne Erwerbszweck finanziert . In der Vergangenheit, als nahezu alle öffentlichen Kultureinrichtungen in die Haushalte ihrer Träger integriert waren, konnten die Finanzstatistiken noch angeben, wie viele Mittel der private Bereich an öffentliche Kultureinrichtungen im Haushaltsjahr geflossen sind. Inzwischen wurden Kultureinrichtungen im Zuge der Flexibilisierung der Haushalte vielfach aus den öffentlichen Haushalten ausgegliedert. Diese Kultureinrichtungen werden zumeist in der Form von Eigenbetrieben der Gemeinden und der Länder bzw. als private Einrichtung (z. B. GmbH) betrieben . Die Einnahmen dieser ausgegliederten Einrichtungen können dadurch mit der traditionellen Finanzstatistik nicht mehr erfasst werden (STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2010: 74). Zwar sind genaue Daten nicht mehr ermittelbar, im Rahmen einer Schätzung werden im Kulturfinanzbericht 2010 die Ausgaben des privaten Bereichs für die vom öffentlichen Bereich bezuschussten Einrichtungen für das Jahr 2007 auf ca. 1 Mrd. veranschlagt (12,74 Euro je Einwohner).29 Zunehmend gewinnt auch der privatwirtschaftliche Sektor kulturpolitisches Gewicht: Nicht zuletzt unter dem steigenden Druck auf die Sozialhaushalte werden die Städte und Gemeinden gezwungen, Einsparungen vorzunehmen und neue Ausgabenschwerpunkte zu setzen (HOFFMANN 2001). Die höhere Verantwortung und Ausgabenlast der Gemeinden für die Kulturfinanzierung ist auch einer der Gründe dafür, dass in den Gemeinden mit der Einführung neuer Steuerungsmodelle , der Umwandlung in Eigenbetriebe, die Handlungsspielräume für Kultureinrichtungen erweitert wurden.30 Gleichzeitig stellen neue Ansätze in der privat-kommerziellen und freigemeinnützigen Kulturproduktion neue Anforderungen. Dies zeigt sich etwa in einer Diversifizierung der Akteurs- und Beziehungsstrukturen in der Kulturlandschaft und der Entwicklung hin zu einer pluralen und aktivierenden Kulturpolitik. Seit einigen Jahren geht es dabei nicht mehr allein um die staatliche Förderung des kulturellen Lebens, zunehmend geht es auch um die Einbindung privater Akteure in den Bereich der Kultur. So ist heute das Kultursponsoring – neben dem traditionellen Mäzenatentum – zu einem wichtigen Teil der Kulturfinanzierung geworden. Dies gilt nicht zuletzt für die Finanzierung großer Kultur-Events (GERLACH-MARCH 2010: 47ff.; BRUHN 2003). Kultur und Kulturgüter sind zu einem Wirtschaftsfaktor bisher ungeahnten Ausmaßes geworden, wie überhaupt kulturelle Einrichtungen und Kulturangebote ein wichtiger Aspekt des Strukturwandels sind. Dies wirft auch die Frage nach der Finanzierung der kulturpolitischen Maßnahmen und Projekte auf. Gerade die kommunale Kulturpolitik ist seit einigen Jahren in einer schwierigen finanziellen Situation, obwohl gerade die Kommunen den Löwenanteil der Kulturausgaben bestreiten. Deshalb geht es heute nicht mehr allein um die staatliche Förderung des 29 Mit diesem Betrag dürfte die private Finanzierung jedoch eher unterschätzt als überschätzt werden. Ein Grund liegt darin, dass diese grobe Schätzung die vollständig privat finanzierten Kultureinrichtungen (z. B. Musicaltheater, Rockkonzerte, Zirkusse) nicht erfasst. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der gemeinsame Kulturfinanzbericht erst seit 2000 existiert (STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2010: 74ff.) (Anlage 5). Vgl. dazu im europäischen Vergleich auch „Cultural Statistics“ von EUROSTAT (2011: 197ff.), abrufbar unter http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-32-10-374/EN/KS-32-10-374-EN.PDF [Stand 15.04.12]. 30 Vgl. dazu SCHEYTT (2005, 2008) und ENQUETE-KOMMISSION (2007: 91ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 22 kulturellen Lebens, sondern auch um die zunehmende Einbindung privater Akteure in den Bereich der Kultur. Kulturelle Institutionen, Veranstaltungen und Projekte werden inzwischen in wachsendem Umfang aus privaten Mitteln finanziert.31 Diese Entwicklung ist im Zusammenhang mit den Veränderungen der öffentlichen und staatlichen Kulturpolitik zu sehen: In zunehmendem Maß verzichten Bund, Länder und Gemeinden seit einigen Jahren auf die unmittelbare Trägerschaftsverantwortung bei Kultureinrichtungen und Kulturprogrammen. Bei deren Institutionalisierung werden häufig neue Trägerschaftsmodelle favorisiert, ohne dass sich die öffentliche Hand aus der Gewährleistungs- und Finanzierungsverantwortung zurückzieht. Eine weitere Tendenz zeigt sich in einer stärkeren Betonung des bürgerschaftlichen Engagements und der privaten Kunst- und Kulturförderung (WAGNER 2000; 2010). Dazu gehört auch die partielle Herauslösung von Kultureinrichtungen aus den Bindungen des Haushalts- und öffentlichen Dienstrechts und den staatlichen Verwaltungsstrukturen. Hinzu kommt die Übertragung von Aufgaben auf zivilgesellschaftliche Institutionen (in der Regel Stiftungen oder Vereine). Gleichzeitig sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Modelle der Partnerschaften zwischen öffentlichen Kulturinstitutionen und privaten Unternehmen entstanden.32 Angesichts der angespannten öffentlichen Finanzen hat zudem die private Kulturförderung eine größere Bedeutung erhalten. Sponsoring durch private Unternehmen spielt deshalb heute neben der staatlichen Kulturförderung eine zunehmend wichtige Rolle (HEINZE 2008). Damit können die Lücken, die aufgrund sinkender öffentlicher Ausgaben entstanden sind, zu einem Teil geschlossen werden. Vorherrschend ist heute – gleichwohl nicht unstrittig33 – die Auffassung, dass die Pflege des kulturellen Erbes und die Förderung von Kunst und Kultur nicht nur eine staatliche Aufgabe ist, sondern durch das Engagement privat-kommerzieller und frei-gemeinnütziger Institutionen ergänzt werden sollte. Wichtige Impulse in diese Richtung gehen dazu von den Reformen des Stiftungsrechts und des Spendenrechts aus.34 Die Zahl der Stiftungen ist angestiegen und die in diesem sogenannten „Dritten Sektor“ verfügbaren Mittel erhöhen sich stetig. Auch die Formen der privatwirtschaftlichen Beteiligung haben sich weiterentwickelt.35 Private Kulturförderung wird 31 Vgl. dazu die Positionen des Arbeitskreises Kultursponsoring (http://www.kulturkreis.eu). Der AKS wurde auf Initiative des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI 1996 in Köln ins Leben gerufen, um auf dem weiten Feld des Kultursponsorings die bisherigen Erfahrungen der Wirtschaft zu bündeln und gemeinsame Positionen für eine Partnerschaft von Kultur und Wirtschaft zu formulieren. In diesem Zusammenhang nehmen auch die Kulturstiftungen eine wichtige Rolle ein, denen im Maße der Degression staatlicher Mittel für kulturelle Zwecke neue Aufgaben und Verantwortlichkeiten in der Kulturförderung zuwachsen (http://www.maecenata.de; http://www.stiftungen.org). Überblicke zur privaten Kulturförderung geben LEWINSKI-REUTER & LÜDDEMANN (2011), STRACHWITZ (2010), GERLACH-MARCH (2010: 47ff.), LITZEL u. a. (2003). 32 Ein weiterer Bereich der Kulturförderung liegt im Corporate Citizenship (CC). So werden sowohl Räumlichkeiten , Finanzmittel, als auch Mitarbeiter zeitlich begrenzt zur Verfügung gestellt, um außerhalb des Unternehmens liegende kulturelle Aufgaben zu übernehmen (HOMOLKA 2001; HABISCH 2003). 33 Dies zeigen nicht zuletzt die Debatten über das Sponsoring großer Kultur-Events („Festivalisierung“, „Kommerzialisierung“, „Erlebnisgesellschaft“). Als kulturpolitisches Gegenstück zur Privatisierung und damit Kommerzialisierung von Großveranstaltungen mit sogenanntem „Event“-Charakter wird dann häufig eine stärkere Partizipation von mit Kunst und Kultur befassten Personen und Organisationen bei der Programmierung , Durchführung und schließlich bei der Auswertung der Erfahrungen von derartigen Projekten gefordert (WILLNAUER 2000). 34 Ausführlich WAGNER und BLUMENREICH (2012) sowie ENQUETE-KOMMISSION (2007: 161ff.) (Anlage 6). 35 Ein Modell dafür ist „Public Private Partnership“ (PPP), die freiwillige, projektbezogene Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Beteiligten (WAGNER und SIEVERS 1998). Mit solchen Private-Public- Partnerships (PPP) können mehr Flexibilität, effektiveres Management und schnellere Kooperation erreicht Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 23 zudem durch eine Vielzahl von Rahmenbedingungen beeinflusst. Dies betrifft rechtliche, institutionelle und steuerlich-fiskalische Regelungen (GRABER 1994). Die private Kulturförderung zuverlässig in Zahlen darzustellen, ist allerdings kaum möglich: „Verlässliche Daten über die Kulturausgaben der Unternehmen und privaten Organisationen ohne Erwerbszweck liegen nicht vor. In den Statistiken über die Ausgaben der privaten Haushalte wird grundsätzlich nicht zwischen Ausgaben für Kultur und anderen Ausgaben für Unterhaltung und Freizeit unterschieden, so dass auch insoweit keine entsprechenden Informationen bereitstehen.“ (BUNDESREGIERUNG 2000a: 5) In dieser Hinsicht hat sich bis heute nur wenig geändert . Alle Angaben über die Ausgaben von Unternehmen und privaten Organisationen für die Kultur und für Kulturgüter müssen deshalb mit großen Vorbehalten betrachtet werden. Dabei müssen mehrere Formen der privaten Kulturfinanzierung voneinander abgegrenzt werden. Die Unterscheidung ist sowohl inhaltlich wie auch rechtlich und steuerlich begründet, wobei die Überschneidungen vor allem in der praktischen Umsetzung vielfältig sind: Zuwendungen bzw. Spenden aus privaten Haushalten und Unternehmen, Zuwendungen durch Stiftungen, wie auch Werbung mit Kultur sind zahlenmäßig nur schwer zu erfassen. Deshalb kann nur von Schätzwerten ausgegangen werden. Nach einer Studie des Maecenata-Instituts für die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages beträgt die jährliche Gesamtsumme der privaten finanziellen Aufwendungen für Kunst und Kultur zwischen 615 Mio. und 1,9 Mrd. Euro. Davon waren 70 bis 138 Mio. Euro Geldspenden von Einzelpersonen, 111 bis 188 Mio. Euro Unternehmensspenden und 300 bis 1.400 Mio. Euro Sponsoring-Gelder. Von Stiftungen kamen zudem 133 bis 160 Mio. Euro. Über die letzten Jahrzehnte betrachtet – wird in der Untersuchung festgestellt – hat es bei den Gesamtaufwendungen lediglich geringfügige Steigerungen gegeben, wobei für den Bereich der Stiftungsmittel und der Unternehmensbeiträge ein Wachstum diagnostiziert wird (SPRENGEL und STRACHWITZ 2008: 20); sie bewegt sich damit zwischen 6 und 10 Prozent der gesamten öffentlichen Kulturfinanzierung (WAGNER 2010: 144).36 werden. Sie sind an das Haushaltsrecht, die Regelungen des öffentlichen Dienstes und andere Beteiligungsverfahren nur insoweit gebunden, wie es der jeweilige Gründungsvertrag vorsieht. Außerdem soll damit privates Kapital mobilisiert werden, um den öffentlichen Kostenanteil zu senken. Öffentliche und private Kulturförderung ist hier in ihrem komplementären Zusammenhang zu sehen: Die unterschiedlichen Formen der privaten Kulturförderungen können jeweils mit staatlichen Geldern gekoppelt sein, beispielweise bei public private partnerships oder bei matching funds in GB und USA (Kooperationen der öffentlichen Hand mit privaten Geldgebern). Vgl. zum Zusammenwirken von staatlichen und privaten Zuwendungen bei der Finanzierung von Kunst und Kultur GÖRSCH (2001: 183ff.), EBKER (2000: 139ff.), BECHLER und WEIGEL (1995: 130ff.). 36 Vgl. dazu auch in vergleichender Perspektive KLAMER u. a (2006: 37ff.) (Anlage 7). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 24 5. Wo mit Kultur Geld verdient wird: Kultur- und Kreativwirtschaft Die intensivierte Debatte über die Rolle des Kreativsektors in der wirtschaftlichen Entwicklung erfolgt in einer Zeit große ökonomischer Umbrüche und Herausforderungen. Der Prozess des strukturellen Wandels von einer industriellen zu einer dienstleistungsorientierten Ökonomie ist noch nicht abgeschlossen. In diesem Kontext verschwimmen die Grenzen von Produktion, Dienstleistung und Konsum immer mehr, da neue Technologien und der Abbau von Handelsrestriktionen zunehmend standort- und zeitunabhängige Produktionsbedingungen geschaffen haben. Die Auswirkungen der Globalisierung betreffen nicht nur die Bereiche der Hochkultur und Kunst, sie sind Ergebnis der Gesamtheit der zunehmenden internationalen Verflechtungen und umfassen eine Vielzahl ökonomischer, sozialer und kultureller Kontakte. Sichtbar wird dies auch im starken Anwachsen des internationalen Handels mit kulturellen Produkten. Gerade die Entwicklung und Verbreitung der audiovisuellen Massenmedien haben eine neue Stufe grenzüberschreitender Vermittlung von Kulturen hervorgebracht. Diese neue internationale Arbeitsteilung hat zugleich zu einer Neustrukturierung der städtischen und regionalen Wirtschaftstätigkeit mit Kulturbezug geführt. Die Entstehung kultureller Produkte ist in ein komplexes System von Netzwerken , Arbeits- und Wertschöpfungsketten eingebettet. Das Produktionssystem der Kulturwirtschaft ist von hochgradiger Arbeitsteilung und flexiblen Kooperationsformen gekennzeichnet. Im Kultursektor finden sich globale Unternehmen, zum Beispiel der Medienbranche, der Werbung, der Musikindustrie und vielfältige Arten von meist lokalen „Zulieferern“. Kultur ist in diesem Sinn zugleich ein – bisher zumeist vernachlässigter – Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung. Gleichzeitig ist Kultur – insbesondere im Wettbewerb der Städte und Regionen – zu einem wichtigen Standort-, Image-, Kreativ- oder Entwicklungsfaktor geworden. Kultur beeinflusst damit die Standortattraktivität von Städten und Regionen. Das Stadt- und Regionenmarketing kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten und etwa der Titel der Kulturhauptstadt Europas kann – etwa im Kulturtourismus – vielgestaltige positive wirtschaftliche Effekte auslösen und damit die Attraktivität von Städten und Regionen verbessern und so Standortentscheidungen von Unternehmen beeinflussen. So wird etwa die Ausstattung der kommunalen Infrastruktur mit Kultureinrichtungen als ein weicher Standortfaktor gewertet, der sich als bedeutsam für die Ansiedlung von Unternehmen in Regionen und Städten erweist. Allerdings war Feld der Kultur- und Kreativwirtschaft lange Zeit von definitorischen Abgrenzungsdebatten geprägt. In der amtlichen Statistik ist die Kreativwirtschaft eine junge Branche: Erst im Jahr 2007 wurde begonnen, eine für Bund und Länder gleichermaßen gültige Definition zu entwickeln.37 Außerdem steht die Kulturwirtschaft in Deutschland und in vielen europäischen Ländern in einem historisch gewachsenen Spannungsverhältnis zum öffentlichen und gemeinnützigen Kulturbetrieb . Dies betrifft vor allem den öffentlich geförderten Kultursektor (z. B. Museen, Theater, Musikschulen, Bibliotheken), der nur wenig marktwirtschaftlich geprägte Strukturen aufweist. 37 Kultur- und Kreativwirtschaft ist inzwischen ein relativ klar abgegrenzter Wirtschaftssektor, dessen Unternehmen mit künstlerischen und kulturellen Gütern (Kulturwirtschaft) und künstlerischen Ideen in Verbindung mit technologischer, innovativer und wissenschaftlicher Kreativität (Kreativwirtschaft) primär erwerbswirtschaftlich tätig sind. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 25 Lange Zeit gab es große Unklarheiten, welche Wirtschaftsbereiche zur Kulturwirtschaft zählen sollen.38 In Deutschland unternahm Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland die Kulturwirtschaft als eigenständiges Feld der Wirtschaftspolitik in den Blick. Bereits in den 1990er Jahren wurden hierzu mehrere Kulturwirtschaftsberichte veröffentlicht. Dem folgten andere Bundesländer wie etwa 2001 Sachsen-Anhalt, 2003 Hessen, 2004 Schleswig-Holstein, 2005 Berlin und 2009 Thüringen.39 Auf Bundesebene hat sich die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ erstmals mit dem Thema beschäftigt. Als wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft identifiziert die Kommission das öffentliche Kulturangebot. Dies sei ein Standortfaktor für Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft. In ihrem Schlussbericht empfiehlt die Kommission daher, die Wirtschaftsförderung für kulturelle Güter stärker zu öffnen und Gründern besseren Zugang zu Finanzierungsquellen zu ermöglichen. Ferner empfiehlt die Kommission dem Bund einen nationalen Kulturwirtschaftsbericht zu erstellen (ENQUETE-KOMMISSION 2007: 333ff.). Die im Mai 2008 eingerichtete Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWI) und dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) getragen.40 Sie Sie verstehen sich als Koordinatoren , die alle relevanten Ressorts (Arbeit, Justiz, Stadtentwicklung etc.) der Bundesregierung für das Thema gewinnen möchte, um insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft zu stärken.41 Durch die Verständigung der drei Ebenen Bundesregierung, Bundestag und Bundesländer über einen einheitlichen Kern und eine einheitliche Branchenbranchenabgrenzung (mit eindeutiger Benennung der Wirtschaftszweige) konnte inzwischen die lange Zeit vorhandene Uneinigkeit über die Kultur- und Kreativwirtschaft überwunden werden. Im Dezember 2009 hat die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder einen Beschluss zur Erfassung der Kultur- und Kreativwirtschaft erzielt. Damit wurde erstmals die Basis für eine einheitliche Darstellung und Vergleichbarkeit der Wirtschafts- und Beschäftigungsdaten der Kultur- und 38 Deshalb fanden sich in der Literatur lange Zeit recht unterschiedliche Definitionen der Kreativwirtschaft, die in manchen Fällen mehr Untersegmente dazu zählen und in anderen Fällen weniger. Ein Problem liegt auch darin, die einzelnen Segmente eindeutig dem Kultur- bzw. Kreativbereich zuzuordnen (HUMMEL und WALDKIRCHER 1992; NIEDERHOLTMEYER 1993; HEINZE 1995). Vgl. dazu die Themenausgabe der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ (34-35/2006) sowie das Dossier „Kultur- und Kreativwirtschaft“ der Bundeszentrale für Politische Bildung, abrufbar unter http://www.bpb.de/gesellschaft/kultur/kulturellebildung /60088/kreativwirtschaft?p=all [Stand 15.04.12]. 39 Vgl. www.kulturwirtschaft.de/2009/03/03/welche-neuen-kulturwirtschaftsstudien-gibt-es [Stand 15.04.12]. 40 Vgl. www.kultur-kreativ-wirtschaft.de. Mit der Initiative ist zugleich ein regional orientiertes Kompetenzzentrum zur Information, Beratung und Vernetzung entstanden. Das Kompetenzzentrum ist beim Rationalisierungs- und Innovationszentrum der deutschen Wirtschaft (RKW) in Eschborn angesiedelt. Das Team des Kompetenzzentrums versteht sich als Mittler zwischen den kreativ Tätigen mit ihren besonderen Bedürfnissen und den wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern. Es soll außerdem dazu beitragen, den Zugang zu bestehenden Fördermaßnahmen zu verbessern, die Professionalisierung und Weiterbildung voranzutreiben und dabei helfen, die Marktchancen für Kreative zu optimieren und den Zugang zu internationalen Märkten zu erschließen. 41 Im Februar 2009 wurde der erste Kulturwirtschaftsbericht vorgelegt; die Studie „Gesamtwirtschaftliche Perspektiven der Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland“ (Forschungsbericht Nr. 577 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, 2009) ist abrufbar unter www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Service/publikationen,did=289974.html [Stand 15.04.12]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 26 Kreativwirtschaft in Deutschland geschaffen.42 Auf ihrer Sitzung im Dezember 2011 fasst die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder erneut einen Beschluss zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Dazu nahm sie die Vorschläge für eine Anpassung der statistischen Abgrenzung der Kultur- und Kreativwirtschaft zur Kenntnis und empfiehlt , dass diese bundesweit einheitlich zur Nutzung kommen solle. Die angepasste Systematik wurde damit zu einer wichtigen Grundlage für die Vergleichbarkeit der Daten zur Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland. Sie ist zugleich kompatibel mit den Daten der EU-Kulturstatistik .43 Inzwischen hat sich in Deutschland – aber auch im europäischen und internationalen Feld – eine übereinstimmende Abgrenzung herausgebildet. Danach umfasst das Wirtschaftsfeld Kultur- und Kreativwirtschaft folgende elf Kernbranchen oder Teilmärkte: Musikwirtschaft, Buchmarkt, Kunstmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Markt für darstellende Künste, Designwirtschaft , Architekturmarkt, Pressemarkt, Werbemarkt sowie Software/Games-Industrie. Der wirtschaftlich verbindende Kern jeder kultur- und kreativwirtschaftlichen Aktivität ist der sogenannte schöpferische Akt. Damit sind alle künstlerischen, literarischen, kulturellen, musischen, architektonischen oder kreativen Inhalte, Werke, Produkte, Produktionen oder Dienstleistungen gemeint, die als wirtschaftlich relevanter Ausgangskern den elf Teilmärkten zugrunde liegen.44 Die deutsche Abgrenzung ist im Übrigen sowohl mit der europäischen Kernabgrenzung der EU- Kommission45 als auch mit dem weltweiten Referenzmodell, dem Konzept der britischen Creative Industries,46 kompatibel. Zur Kulturwirtschaft im engen Sinn zählen alle jene Betriebe und selbstständigen Unternehmer, die an der Vorbereitung, Schaffung, Erhaltung und Sicherung künstlerischer Produktion sowie an der Vermittlung und medialen Verbreitung kultureller Leistungen beteiligt sind oder dafür Produkte herstellen und veräußern. Zentrale Teilbereiche sind Darstellende Kunst und Unterhaltungskunst (Theater, Varieté etc.), die Bildende Kunst (Kunst, Design, Architektur etc.), der Buchund Pressemarkt (Verlage, Buchproduktion etc.), die Musikwirtschaft (Musikveranstalter, Instrumentenbau etc.) und nicht zuletzt die audio-visuellen Medien (Film, TV, Fotografie, Rundfunk etc.). In einer weiteren begrifflichen Fassung – in der Regel als „Kreativwirtschaft“ oder 42 Die Definitionen und Systematiken wurden im „Leitfaden zur Erstellung der statistischen Analyse der Kulturwirtschaft“ vorgestellt; vgl. www.kulturwirtschaft.de/2010/01/28/endlich-klare-systematik-fur-kulturund -kreativwirtschaft [Stand 15.04.12]. 43 Vgl. das Protokoll der Wirtschaftsministerkonferenz vom 5./6. Dezember 2011 (TOP 10: Kreativwirtschaft - Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine Wachstumsbranche), abrufbar unter http://www.kulturwirtschaft.de/wp-content/uploads/2012/01/WMK2011-TOP.10-KKW1.pdf; vgl. dazu auch die eine von Michael Söndermann im Januar 2012 vorgelegte Kurzanleitung zur Erstellung einer statistischen Datengrundlage für die Kulturwirtschaft („Statistische Anpassung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland“); das Dokument ist als Anlage 8 beigefügt. 44 Vgl. dazu zusammenfassend die Übersicht von DAPP und EHMER (2011). 45 Vgl. dazu http://ec.europa.eu/culture/our-policy-development/cultural-and-creative-industries_de.htm sowie die Übersicht im Forschungsbericht „Gesamtwirtschaftliche Perspektiven der Kultur-und Kreativwirtschaft in Deutschland“ (SÖNDERMANN u. a. 2009). 46 Vgl. http://www.culture.gov.uk/publications/8682.aspx [Stand 15.04.12]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 27 auch als „Creative Industries“ bezeichnet – werden außerdem zu diesen klassischen kulturwirtschaftlichen Branchen weitere Bereiche wie z.B. Werbung, Multimedia, Software- oder Games- Industrien zu einem größeren marktwirtschaftlichen Kreativkomplex zusammengefasst. Eine beschäftigungspolitisch wichtige Rolle spielen dabei die selbständigen Künstler und Künstlerinnen . Eine empirische Darstellung des Sektors aus dem Jahr 2010 zeigt, dass die Bedeutung der Kulturund Kreativwirtschaft als eigenständiges Wirtschaftsfeld in jüngerer Zeit zugenommen hat. In Deutschland zählen zu diesem Sektor knapp eine Million Erwerbstätige, davon 244.000 selbständige Freiberufler und gewerbliche Unternehmer an der Spitze. Berücksichtigt man die geringfügig Beschäftigten und geringfügig Tätigen, die in dieser Branche arbeiten, können nahezu 1,7 Millionen Erwerbstätige in der Kultur- und Kreativbranche gezählt werden. Zu den Kennzahlen der Kultur- und Kreativwirtschaft (2010):47 – Zahl der Unternehmen (Freiberufler und gewerbliche Unternehmer): 244.105 (Anteil an Gesamtwirtschaft 7,7 Prozent); – Gesamtumsatz: 137,22 Mrd. Euro Umsatz (Anteil an Gesamtwirtschaft 2,7 Prozent) – Erwerbstätige insgesamt (Selbständige und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ohne Minijobs): 964.507 (Anteil an der Gesamtwirtschaft 3,1 Prozent), davon 720.402 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Anteil an der Gesamtwirtschaft 2,6 Prozent) – Bruttowertschöpfung: 63,7 Mrd. Euro (Anteil an Gesamtwirtschaft 2,6 Prozent; Anteil am BIP 2,6 Prozent; Anteil am öffentlichen Gesamthaushalt 8,7 Prozent).48 Gemäß den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie herausgegebenen Daten beträgt die Bruttowertschöpfung in der so abgegrenzten Kreativwirtschaft derzeit etwas über 60 Mrd. Euro oder etwa 2,6 Prozent der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung. Damit erreicht der Wirtschaftszweig die Größenordnung der Automobil- oder Elektroindustrie. Außerdem wird – entlang der Überlegungen von Richard Florida (2002) – angenommen, dass die Ansiedlung anderer Wirtschaftszweige durch Spillover-Effekte in der Kreativwirtschaft begünstigt wird.6 Solche Effekte bildet die Statistik nicht ab. Bei der Zahl der Erwerbstätigen liegen die gut eine Million Kreativen in Deutschland sogar noch vor den Autobauern und in Europa vor Großbritannien und Frankreich an der Spitze. Dies ist natürlich auch der Größe des Landes geschuldet. In Relation zur Zahl der Erwerbstätigen liegt Deutschland mit 2,8 Prozent nur leicht über dem Mittel der EU- 27. Außerdem konnte die Kreativwirtschaft in den letzten fünf Jahren die Beschäftigung ausdehnen: Seit 2003 kamen jährlich knapp 2 Prozent Erwerbstätige hinzu – und damit leicht 47 Vgl. das Monitoring zu ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung, abrufbar unter www.kulturkreativ -wirtschaft.de/KuK/Navigation/kultur-kreativwirtschaft,did=329926.html [Stand 15.04.12]. 48 Vgl. dazu im europäischen Vergleich auch „Cultural Statistics“ von Eurostat (Ausgabe 2011: 63ff.), abrufbar unter http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-32-10-374/EN/KS-32-10-374-EN.PDF; Informationen bieten auch die Studien, die im Auftrag der EU-Kommission erstellt werden; vgl. dazu http://ec.europa.eu/culture/key-documents/studies_en.htm [Stand 15.04.12]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 28 mehr als im Dienstleistungssektor insgesamt. Zu berücksichtigen sind allerdings intrasektorale Unterschiede: Bestimmte Bereiche, wie Werbung oder Design, sind äußerst konjunkturreagibel, während weniger marktorientierte und oftmals staatlich geschützte und geförderte Segmente, wie die Darstellende Kunst oder Teile der Rundfunkwirtschaft, waren in der Krise stabiler. Insgesamt kann die Kreativwirtschaft grob in drei Segmente eingeteilt werden: Ein überwiegend marktwirtschaftliches Segment (Software, Werbung, Design, Architektur), der kulturnahe Bereich mit einem eher öffentlichen Gutscharakter (Kunst, Darstellende Kunst) sowie die nicht eindeutig zurechenbare Sparten mit Elementen aus beiden Kategorien (Buch, Film, Musik, Presse, Rundfunk). Für die wirtschaftliche Bedeutung der Kreativwirtschaft sind in erster Linie die vier marktwirtschaftlichen Teilbranchen maßgeblich: Diese vereinen 52 Prozent des Umsatzes und 65 Prozent der Erwerbstätigen der Kreativbranche auf sich. Die kulturnahen Sparten kommen dagegen nur auf Anteile von 4 bzw. 5 Prozent. Die Kreativwirtschaft zeichnet sich gegenüber den Industriebranchen durch eine Reihe von Besonderheiten aus: So werden einige Leistungen nicht auf freien Märkten gehandelt und kulturelle Angebote öffentlich oder gemeinnützig subventioniert (z.B. öffentliche Rundfunkanstalten oder Opernhäuser). Viele der erstellten Güter sind immaterieller Natur (z.B. Musik oder Software) und bedürfen neuer Vertriebskanäle. Oftmals sind zwischen dem Urheber eines Produkts und dem Konsumenten daher Verwertungsinstanzen notwendig (GEMA, GEZ, VG Wort oder andere Verwertungsgesellschaften ). Ein Großteil der Wertschöpfung in der Kreativwirtschaft lässt sich nicht in industrieller Massenfertigung erbringen. Dabei ist die Kreativwirtschaft deutlich von Kleinstbetrieben geprägt. Im Jahr 2008 beschäftigten 97 Prozent der 233.000 Unternehmen der Branche weniger als zehn Mitarbeiter bei einem Umsatz von unter 2 Mio. Euro. Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und 50 Mio. Euro Umsatz erwirtschafteten mit 41 Prozent dagegen den Großteil des Umsatzes.49 Die Bedeutung der Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft für Innovation, Wachstum und Beschäftigung wird zumeist sehr hoch eingeschätzt (ENQUETE-KOMMISSION 2007; SÖNDERMANN u.a. 2009).50 Als wichtigste Ressource dieser Akteure gilt ihre Kreativität, die untrennbar mit der Kunst- und Kulturproduktion gesehen wird und als die treibende Kraft wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und sozialer Innovationen angesehen wird. Um das branchenübergreifende Potenzial von Kreativität und Innovation auszuschöpfen, sollen deshalb – analog zu anderen Branchen – die Rahmenbedingungen für die kulturelle Produktion mit industriepolitischen Maßnahmen verbessert werden (MUNDELIUS 2009). Der öffentliche Sektor versucht deshalb, das Problem der Unterfinanzierung mit Fördergeldern und Beratungsstellen zu korrigieren. Vor allem in den Bereichen Qualifizierung und Existenzgründung gibt es umfassende Förderprogramme. Die einzelnen Teilbranchen der Kultur- und Kreativwirtschaft werden jedoch in höchst unterschiedlicher Weise in diesen Förderprogrammen berücksichtigt. Während etwa im Bereich der technologieorientierten Teilbranchen über alle Größenklassen hinweg eine gezielte Ansprache mit spezifischen Förderprogrammen besteht, ist dies im Bereich der nicht-technologieorientierten Branchen 49 Eine ausführliche Übersicht der Eckdaten für die Jahre 2007 bis 2009 zur Kultur- und Kreativwirtschaft findet sich im jährlichen Monitoringbericht zur Entwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft. Erfasst werden Kulturund Kreativunternehmen erfasst, die erwerbswirtschaftlich orientiert sind. Jedoch werden öffentlich-rechtliche Einrichtungen wie Rundfunkanstalten oder Theater nicht einbezogen SÖNDERMANN (2010) (Anlage 9). 50 Vgl. etwa den am 24. Oktober im Plenum verabschiedeten Antrag der Fraktionen von SPD und CDU/CSU „Kulturwirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung stärken“ (BT-Drs. 16/5110, 16/6742). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 29 der Kultur- und Kreativwirtschaft nur in geringer Weise der Fall. Viele Kleinstbetrieben bleibt – so das Ergebnis einer kritischen Überprüfung51 – bleibt der Zugang zum Kapitalmarkt größtenteils verwehrt. Maßgeblich hierfür sind die vielen kleinteiligen Förderprogramme, die insbesondere Unternehmen mit nur wenigen Mitarbeitern eine Übersicht erschweren und oftmals hohe bürokratische Anforderungen stellen. Außerdem konnten verschiedene Teilmärkte der Kultur- und Kreativwirtschaft an einer Reihe von Maßnahmen des Konjunkturpakets II partizipieren. Von den Investitionen von Kommunen und Ländern im Rahmen des Zukunftsinvestitionsgesetzes (Finanzhilfen des Bundes in Höhe von 10 Mrd. Euro an Kommunen und Länder für Zukunftsinvestitionen ) haben einzelne Teilmärkte der KKW, wie z. B. der Architekturmarkt und das kulturwirtschaftliche Handwerk, unmittelbar profitiert. Hinzu kommen Finanzierungs- und Gründungsprogramme der KfW-Förderbank (KfW-Startgeld und des Mikrokreditfonds). Erwartet werden auch Fördermaßnahmen im Rahmen der EU-Wachstumsstrategie „Europa 2020“.52 Die Kurzstudie von DB-Research verweist darauf, dass sich das erfolgreiche wirtschaftliche Abschneiden auf wenige marktwirtschaftlich orientierte Zweige konzentriere. Aufgrund der Heterogenität in der Kreativwirtschaft sei es allerdings schwierig, einheitliche wirtschafts-, beschäftigungs - und kulturpolitische Maßnahmen zu identifizieren, die alle Segmente ähnlich begünstigen . Die Wertschöpfung in der Kreativwirtschaft sei oft an lokale Gegebenheiten, wie etwa die verfügbare Infrastruktur, gebunden. Die Autoren betonen zwei Handlungsfelder mit relativ breiter Wirkung: Die Gestaltung immaterieller Eigentumsrechte sowie die Finanzierung. In der Studie wird davon ausgegangen, dass die Branche bei richtiger politischer Weichenstellung – und ohne neuen Rückfall in eine schwere Rezession – bis 2020 im Durchschnitt mit einer jährlichen Wachstumsrate von 2,5 Prozent gerechnet werden könnte (DAPP und EHMER 2011). Messungen der Wirksamkeit der öffentlichen Förderung sind – wie auch bei anderen wirtschaftspolitischen Maßnahmen – jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Ebenso schwierig ist die Beantwortung der Frage, in welchem Umfang diese wachstumssteigernden Maßnahmen zu Steuermehreinnahmen führen.53 Ist dies bereits in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung ein hochspekulatives Unterfangen, lassen sich gerade in sektoraler Hinsicht kaum noch verlässliche Rückschlüsse auf die kausalen Ursachen der Entwicklungsverläufe einzelner Branchen veranschlagen. Dies zeigt sich bereits bei der Betrachtung der Investitionsförderung. Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass nicht alle öffentlichen Fördermaßnahmen das Wachstumspotential vergrößern. Zu beachten ist jedoch auch, dass die aufgrund von Fördermaßnahmen geschaffenen Kapazitäten gerade im öffentlich finanzierten Bereich häufig mit erheblichen Folgekosten verbunden sind.54 Diese können dann für längere Zeit zu erheblichen Belastungen der öffentlichen Haushalte führen.55 Schließlich ist es auch keineswegs von vornherein klar, ob nur 51 Eine umfassende Analyse der Förderprogramme und -lücken findet sich bei SÖNDERMANN u. a. (2009: 137ff.). 52 Vgl. hierzu und zur Abstimmung zwischen Bund und Ländern auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion vom 29. August 2011 (BT-Drs. 17/687) (Anlage 10). 53 Hierzu liegen dementsprechend auch keine statistischen Daten vor. 54 Dabei muss nicht alles, was statistisch unter den öffentlichen Investitionen erfasst wird, im volkswirtschaftlichen Sinne produktive Investition gelten. Auch einige Arten konsumtiver Ausgaben – etwa im Bildungssektor – erbringen wichtige volkswirtschaftliche Vorsorge- und Zukunftsleistungen, die das volkwirtschaftliche Wachstumspotential erweitern. Der haushaltsrechtliche Investitionsbegriff wird deshalb heute vielfach in Zweifel gezogen (THÖNE 2004: 21ff.). 55 Ein Beispiel aus dem Bereich der Kultur sind die vielen Museumsgründungen der vergangenen Jahrzehnte, die heute viele Kommunen vor außerordentlich große Finanzierungsprobleme stellen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 30 der öffentliche Sektor diese volkswirtschaftlichen Vorsorge- und Zukunftsleistungen erbringen kann (und soll). Fördermaßnahmen des Staates sollten deshalb – auch im Bereich des Kulturellen und der Kulturwirtschaft – bereits im Planungsstadium durch umfassende Kosten-Nutzen- Analysen überprüft werden.56 6. Fazit und Schlussfolgerungen In Deutschland dominiert traditionell die Vorstellung, dass die Förderung der Kultur und die Bereitstellung der kulturellen Infrastruktur eine zentrale Aufgabe des öffentlichen Sektors sei. Dies beruht nicht zuletzt auf der Annahme, dass der Kultursektor eine wichtige Rolle für die gesellschaftliche Entwicklung, aber auch eine Voraussetzung der ökonomischen Wohlfahrt darstellt . Insgesamt werden sehr unterschiedliche Gründe angeführt, die den Staat zu Subventionierungen und Korrekturleistungen im Kulturbereich ermuntern sollen. Der weitaus größte Teil der Geldausgaben für die Kultur resultieren – ergänzt durch Steuersubventionen – aus öffentlichen Geldern, während weniger als 10 Prozent des Budgets von privater Seite investiert werden (SCHWALB 2011: 73ff.). Generell geht es darum, Defizite des Marktes auszugleichen. Die wesentlichen Gründe dafür werden in der Produktionsstruktur des Kultursektors, in den besonderen Merkmalen von Kulturgütern sowie dem Wert der Kultur für die Gesellschaft insgesamt gesehen. In diesem Sinn gehört die Kulturförderung zu den Politikfeldern, die von den jeweiligen Gebietskörperschaftsebenen in Gemeinden, Ländern und Bund weitgehend souverän und nach eigenen Zielsetzungen gestaltet werden kann. Diese kulturföderalistische Praxis hat zu einer breiten künstlerischen und kulturellen Infrastruktur in allen Regionen Deutschlands geführt. Im deutschen Föderalsystem der Kulturförderung existiert dagegen eine Vielfalt von Akteuren und Handlungsebenen mit unterschiedlichen Methoden der finanziellen Steuerung und Datenerhebung . Deshalb sind – trotz der in den letzten Jahren erreichten Harmonisierungen des statistischen Instrumentariums – allgemeinverbindliche Angaben zur Kulturfinanzierung weiterhin nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Dies bedeutet auch, dass die statistischen Angaben, die von verschiedenen Akteuren der Kulturpolitik, der privaten Beteiligten und der Kulturwirtschaft genannt werden, nur mit Vorbehalten zu verwenden sind. Dabei ist die öffentliche Kulturfinanzierung unter verstärkten Rechtfertigungsdruck geraten und zunehmend gewinnt dabei auch der privatwirtschaftliche Sektor kulturpolitisches Gewicht. Jedoch fehlen vielfach regelmäßige und vertiefte Evaluationen der Kulturförderung und der geförderten Institutionen und Projekte (BEMMÉ 2011: 99ff.). Gerade angesichts der knappen Kassen des öffentlichen Sektors sehen sich die Akteure der Kulturpolitik zunehmend veranlasst, die Leistungsfähigkeit der Kulturpolitik zu überprüfen. Allerdings gibt es in Deutschland gegenwärtig keine einheitlichen Regelungen zur Evaluation der institutionellen Förderung. Ebenso wenig existiert ein kontinuierlicher Einsatz von gezielten Evaluationen. Gerade im Hinblick auf die Institutionen des Kultursektors gibt es 56 Friedrich LOOCK (2005) betont, dass auch die Qualität künstlerischer Leistungen überprüfbar sei. Qualitätskriterien und Evaluierung sollten deshalb auch von Kunst und Kultur als sinnvoll und hilfreich angesehen werden. Konkret ginge es um die Entwicklung eines Steuerungs- und Führungsrahmen, der einerseits eng genug gefasst sei für konkrete Handlungsvorschläge und andererseits ausreichend weit bleibe für die vielfältigen Bedingungen des künstlerischen Wirkens. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 31 nur vereinzelt Beispiele einer umfassend durchgeführten Evaluation.57 Zumeist blieb es bei Absichtserklärungen – wie etwa im Bereich der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik – oder die Überprüfung der kulturpolitischen Leistungserstellung wurde von den betroffen Institutionen im Wesentlichen selbst ausgeführt. Die Wichtigkeit des Themas Evaluation in der Kulturpolitik wird aber angesichts mittel- und langfristig sinkender oder im besten Fall stagnierender Kulturbudgets immer stärker diskutiert und eingefordert (HASELBACH u.a. 2012; BIRNKRAUT 2010: 31ff.). 57 Genannt werden können etwa die verschiedenen Enquete-Kommissionen, die im Bereich der Kultur tätig wurden (BIRNKRAUT 2010: 34f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 035/12 Seite 32 7. Literatur BECHLER, Ekkehard; WEIGEL, Martin (1995). 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Mai 2011 - Anlage 4: Financing the Arts and Culture in the EU (Klamer u. a. 2006, Auszug: Forms of public indirect interventions through tax measures) - Anlage 5: Kulturfinanzbericht 2010 (Auszug: Private Kulturfinanzierung) - Anlage 6: Enquete-Kommission 2007 (Auszug: Private Kulturförderung) - Anlage 7: Financing the Arts and Culture in the EU (Klamer u. a. 2006, Auszug: Private Support to Culture) - Anlage 8: Kurzanleitung zur Erstellung einer statistischen Datengrundlage für die Kulturwirtschaft (2012) - Anlage 9: Monitoringbericht 2010 zur Kultur- und Kreativwirtschaft Deutschland (Söndermann 2010, Auszug) - Anlage 10: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Potenziale der Kulturund Kreativwirtschaft – Stand der Bemühungen der Bundesregierung“ der SPD- Fraktion vom 29. August 2011