© 2021 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 032/21 Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Förderung von Wissenschaftsjournalismus Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 2 Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Förderung von Wissenschaftsjournalismus Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 032/21 Abschluss der Arbeit: 1. Juli 2021 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Pressefreiheit 6 2.1. Staatliche Schutzpflicht und Förderungsmöglichkeit 7 2.2. Grenzen der Förderung 8 2.3. Zwischenfazit 10 3. Wissenschaftsfreiheit 10 4. Beihilferecht 11 4.1. Beeinträchtigung des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedsstaaten 11 4.2. Ausnahmeregelungen 12 5. Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern 13 5.1. Gesetzgebungskompetenz 13 5.1.1. Recht der Wirtschaft 13 5.1.2. Förderung der wissenschaftlichen Forschung und ungeschriebene Gesetzgebungskompetenzen 15 5.1.3. Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG 17 5.2. Verwaltungskompetenz 17 6. Förderformate 18 6.1. Anstalt 18 6.2. Staatliche Stiftung 19 6.3. Privatrechtliche Stiftung 21 6.4. Öffentliche Preisvergabe 23 7. Fazit 23 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 4 1. Einleitung Anregungen zur staatlichen Förderung von Wissenschaftsjournalismus stehen im engen Zusammenhang mit politischen Forderungen der staatlichen Förderung und Stärkung der Wissenschaftskommunikation . Denn Wissenschaftsjournalismus kann als ein Teil von Wissenschaftskommunikation verstanden werden. Schon im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD aus dem Jahre 2018 wird u. a. die Stärkung der Wissenschaftskommunikation als Zielsetzung betont : „Wir wollen den Dialog von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft intensivieren , neue Beteiligungsformen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft erproben und die Wissenschaftskommunikation stärken.“1 In diesem Sinne haben die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD in ihrem Antrag2 vom 17. Dezember 2019 „Wissenschaftskommunikation stärken – Strukturen sichern, neue Möglichkeiten schaffen“ diese Zielsetzung weiter konkretisiert. Der Antrag wurde am 17. September 2020 entsprechend der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung3 in geänderter Fassung im Plenum angenommen.4 Die antragstellenden Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD streben damit an, dass Wissenschaftskommunikation einer breiten Öffentlichkeit die Ergebnisse von Forschung, ihre praktische Anwendung , wissenschaftliche Fragestellungen und Methoden vermittelt und Aufklärung leistet. Die Wissenschaft müsse dabei unterstützt werden, sich einer möglichen Spaltung der Bevölkerung von wissenschaftsaffinen und einer größeren Zahl von wissenschaftsfernen oder wissenschaftsfeindlichen Menschen entgegenzustellen. Zu diesem Zweck sollen laut Antrag unter anderem Konzepte für „gute“ Wissenschaftskommunikation in Zusammenarbeit mit den Medien und der Wissenschaft entwickelt werden. „Gute“ Wissenschaftskommunikation müsse alle Aspekte der Kommunikation wissenschaftlicher Arbeit und wissenschaftlicher Erkenntnisse umfassen.5 Der Antrag enthält unter anderem die Aufforderung an die Bundesregierung, den strategischen Dialog über die Weiterentwicklung der Wissenschaftskommunikation (#FactoryWisskomm) zur 1 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, Berlin, 2018, S. 33, Zeile 1485 ff., abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/656734/847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018- 03-14-koalitionsvertrag-data.pdf (zuletzt abgerufen am 29.06.2021 wie alle weiteren in der vorliegenden Arbeit angegebenen URL). 2 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Wissenschaftskommunikation stärken ¬– Strukturen sichern, neue Möglichkeiten schaffen, BT-Drs. 19/16044, 17.12.2018, https://dserver.bundestag .de/btd/19/160/1916044.pdf. 3 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, BT- Drs. 19/22174, 08.09.2020, https://dserver.bundestag.de/btd/19/221/1922174.pdf. 4 Plenarprotokoll 19/176 vom 17.09.2020 (TOP 33 a, S. 22143); https://dserver.bundestag.de/btp/19/19176.pdf. 5 BT-Drs. 19/16044, S. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 5 Stärkung des Wissenschaftsjournalismus zu nutzen und Konzepte zu entwickeln, um strukturbildende und innovative Projekte im Wissenschaftsjournalismus zu fördern.6 In diesem Zusammenhang solle auch geprüft werden, ob es einen Bedarf für eine „Agentur für Wissenschaftskommunikation “ gebe und welche Ausgestaltungsformen grundsätzlich und unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten in Betracht kommen. Unter Wissenschaftsjournalismus wird allgemein der Teilbereich des Journalismus verstanden, der sich mit Themen und Ereignissen aus der Wissenschaft beschäftigt und Vorgänge in anderen Bereichen mit einem Bezug zur Wissenschaft journalistisch aufbereitet.7 Als Output des Wissenschaftsjournalismus ist die Berichterstattung über Wissenschaft stark auf Forschungsergebnisse fokussiert und überwiegend auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Experten angewiesen . Der Oberbegriff Wissenschaftskommunikation bezeichnet alle Formen der wissenschaftsbezogenen Kommunikation, neben dem Wissenschaftsjournalismus beispielsweise auch die strategische Wissenschaftskommunikation von Hochschulen oder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst.8 Diese Ausarbeitung befasst sich mit den Fragen, welche Möglichkeiten und Grenzen der Förderung von Wissenschaftsjournalismus für den Bund bestehen, wie sich eine staatliche Förderung des Wissenschaftsjournalismus verfassungskonform ausgestalten ließe und welche konkreten Unterstützungs - oder Finanzierungsoptionen in Betracht kommen könnten. 6 BT-Drs. 19/16044, S. 6 und BT-Drs. 19/22174, S. 7. 7 Blöbaum, Wissenschaftsjournalismus, in: Bonfadelli, Fähnrich, Lüthje, Milde, Rhomberg, Schäfer (Hrsg.), Forschungsfeld Wissenschaftskommunikation, Wiesbaden, 2017, S. 222. 8 Schäfer/Kristiansen/Bonfadelli, Wissenschaftskommunikation im Wandel: Relevanz, Entwicklung und Herausforderungen des Forschungsfeldes, in: Schäfer/Kristiansen/Bonfadelli (Hrsg.), Wissenschaftskommunikation im Wandel, Köln, 2015, S. 13. Im Antrag der Fraktion der FDP – Echte Wissenschaftskommunikation – Glaubwürdig und beteiligungsstark, BT-Drs. 19/17517, 03.03.2020, S. 4, wird betont, dass Wissenschaftskommunikation bislang vorrangig Sache von und für Eliten gewesen sei. https://dserver.bundestag.de/btd/19/175/1917517.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 6 Dabei wird nicht darauf eingegangen, ob ein konkreter Bedarf9 einer staatlichen Förderung vorliegt 10 und somit auch eine staatliche Subventionierung11 von Journalismus im Bereich der Wissenschaftskommunikation gerechtfertigt werden kann. Dabei wäre eine regelmäßige Erfolgskontrolle 12 staatlicher Fördermaßnahmen an vorgegebenen Zielen13 anzulegen, wobei der Grad der Zielerreichung nach operationalen Größen möglichst objektiv bewertet werden müsste. Im Folgenden wird zunächst auf Aspekte der Pressefreiheit und Wissenschaftsfreiheit sowie Grenzen staatlicher Förderung aus dem Unionsrecht eingegangen. Danach werden die kompetenzrechtlichen Rahmenbedingungen für eine öffentliche Förderung des Wissenschaftsjournalismus und abschließend noch mögliche Förderformate seitens des Bundes behandelt. 2. Pressefreiheit Der Begriff der Presse im Rahmen der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit ist entwicklungsoffen und unter Berücksichtigung der neuen Medien weit zu verstehen.14 Die Pressefreiheit hat Verfassungsrang und wird als eine der tragenden Säulen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bezeichnet. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantiert neben der Freiheit des Pressewesens als 9 Zum Bedarf an Subventionierungen und zu Subventionsmodellen im Medienbereich, insbesondere im Bereich journalistischer Inhalte auf Plattformen vgl. Bundesregierung, Medien- und Kommunikationsbericht 2021, S. 33 f.; https://www.bundesregierung.de/resource/blob/973862/1929468/a2d7560bee8ab93990121cf33d3f3ea5/2021- 06-16-medien-und-kommunikationsbericht-data.pdf?download=1 und dort Anhang Kooperative Medienplattformen , in einer künftigen Medienordnung, Studie, 31. Januar 2021, S. 107 ff., https://www.bundesregierung .de/resource/blob/973862/1929884/cc83888f5299a95e933b494c72ef5388/2021-06-16-medienbericht-wissenschaftliches -gutachten-data.pdf?download=1. 10 Das heißt offenbar, dass die bisherige Verbreitung wissenschaftlicher Inhalte von Wissenschaftsverlagen, Wissenschaftsmagazinen , Presse, Informationsportalen von Universitäten, Akademien, Forschungsinstituten, von Open Access Portalen, von nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen, öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, von Newsportalen sozialer Medien wie Google (Google News Showcase), Facebook (Facebook News) und von anderen nicht den derzeit anzulegenden Maßstäben gerecht werden. 11 Zur Notwendigkeit einer besonderen Rechtfertigung und einer regelmäßigen Erfolgskontrolle von Subventionen vgl. Bundesministerium der Finanzen, Grundlagen der Subventionspolitik, Stand: 21.06.2021, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Subventionspolitik /2017-09-2017-Grundlagen-der-Subventionspolitik.html. 12 Zur regelmäßigen Erfolgskontrolle vgl. ebd. 13 Gelegentlich wird als Ziel „guter Wissenschaftsjournalismus, der verlässliches Wissen unabhängig von der selbst vermittelten Wissenschaftskommunikation, zertifiziert“ implizit angegeben. Er fungiere als „Kläranlage“ für richtige und wichtige Argumente und immunisiere Menschen gegen Desinformation und stärke die Demokratie . Vgl. Volker Stollorz, Redaktionsleiter und Geschäftsführer des „Science Media Center Germany“ in einem öffentlichem Fachgespräch des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung unter Vorsitz von Eberhard Gienger (CDU/CSU) am 27. Mai 2020; https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv /2020/kw22-pa-bildung-wissenschaftskommunikation-684002. 14 Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, 3. Aufl. 2013, Art. 5 Rn. 90. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 7 Ganzes auch subjektive Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe in die Pressefreiheit.15 Wissenschaftsjournalismus als öffentliche Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse unterfällt dabei dem Schutz der Pressefreiheit, da auch der Wissenschaftsjournalismus dazu geeignet und bestimmt ist, einem unbestimmten Personenkreis meinungsbildende Inhalte zur Verfügung zu stellen .16 2.1. Staatliche Schutzpflicht und Förderungsmöglichkeit Der Staat trägt gegenüber der Presse eine Schutzpflicht, die sich unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ergibt, dabei jedoch keinen direkten Anspruch hinsichtlich der Presse auf staatliche Förderung statuiert.17 In Deutschland wird seither die Presse im Wesentlichen indirekt über einen reduzierten Mehrwertsteuersatz gefördert. In anderen EU-Staaten gibt es unterschiedliche Modelle direkter, indirekter Förderung oder gar keine Presseförderung.18 Das aktuelle Vorhaben der Bundesregierung einer direkten Presseförderung ab Sommer 2021, um Zeitungsverlagen aus wirtschaftlichen Problemen zu helfen – zunächst als Zuschuss zur Zustellung von print-Produkten und später zur Förderung digitaler Transformationsprojekte – wurde zurückgestellt.19 Aus Kreisen etablierter und digitaler Verleger wurde dieses Vorhaben kritisiert, weil hierbei vor allem mit erheblichen Wettbewerbsverzerrungen zu rechnen sei.20 Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit staatlicher Subventionen hat das Bundesverfassungsgericht konkrete Aussagen getroffen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verbietet die Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG dem Staat zwar lenkende Eingriffe in der Form, „daß er den Inhalt der Meinungen oder die Tendenz von Presseerzeugnissen zum Förderungskriterium macht und sich auf diese Weise Einfluß auf den gesellschaftlichen Meinungs- und Willensbildungsprozeß verschafft, der nach dem 15 BVerfG, Beschluss vom 5. August 1966, 1 BvR 586/62, 1 BvR 610/63, 1 BvR 512/64 – Spiegel –, juris Rn 1 ff. 16 Grabenwarter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 93. EL Oktober 2020, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 239 ff. 17 Grabenwarter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 93. EL Oktober 2020, Art. 5 Abs. 1, 2 Rn. 382. 18 Vgl. z. B. Martini, Die Presseförderung im Fadenkreuz des Unionsrechts, EuZW 2015, 821 [825]. 19 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Antwort v. 21.04.2021 auf die schriftliche Frage von Frau Margit Stump, MdB, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Parlamentarische-Anfragen/2021/04/4- 186.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Vgl. auch Lipinsky, Gregory, Warum die Presseförderung jetzt ganz neu geregelt werden sollte, MEEDIA, 21.04.2021, https://meedia.de/2021/04/28/warum-die-pressefoerderung-jetztganz -neu-geregelt-werden-sollte/. 20 Zur Darstellung der Kritik vgl. z. B. SPIEGEL Kultur, Pläne zur Presseförderung - 180 Millionen Euro für Verlagshäuser – Kritik am Verteilungssystem, 27.11.2020, https://www.spiegel.de/kultur/pressefoerderung-von- 180-millionen-euro-im-haushalt-2021-eingeplant-kritik-am-konzept-a-7926b868-65ba-4303-bb30-c3d9db05ed19 und Arbeitskreis Digitale Publisher, Gegen eine Wettbewerbsverzerrung auf Kosten von Digitalen Publishern, Berlin, 27.11.2020, Berlin, https://medium.com/arbeitskreis-digitale-publisher/gegen-eine-wettbewerbsverzerrung -auf-kosten-von-digitalen-publishern-ff0422887cb5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 8 Willen des Grundgesetzes im Interesse der personalen Autonomie und des demokratischen Systems staatsfrei zu bleiben hat“.21 Neben dem Neutralitätsgebot verlange Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zudem, „daß jede Einflußnahme auf Inhalt und Gestaltung einzelner Presseerzeugnisse sowie Verzerrungen des publizistischen Wettbewerbs insgesamt vermieden werden“.22 Somit verbleibt unter Berücksichtigung der Grundsätze der Staatsferne, der Neutralität und der Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb ein gewisser Raum für Pressesubventionen, die in einigen Fällen – etwa wenn die Aufrechterhaltung eines freiheitlichen Pressewesens ohne staatliche Förderung nicht mehr sichergestellt werden kann – sogar verfassungsrechtlich geboten erscheinen können.23 Anders als bei Grundrechtseingriffen kommt dem Staat bei derartigen Schutzpflichten ein weiterer Handlungsspielraum zu, der aber maßgeblich durch die staatliche Neutralitätspflicht begrenzt wird.24 Insoweit liegt es in der Hand des Staates, Förderungen an meinungsneutralen Kriterien auszurichten. So gab es beispielsweise in der Vergangenheit eine zulässige Förderung beim Vertrieb von Druckwerken durch vergünstigte Postzeitungsdienste und auch heute gilt wie oben angegeben ein reduzierter Umsatzsteuersatz für Zeitungen und andere periodisch erscheinende Druckschriften.25 2.2. Grenzen der Förderung Durch die inhaltliche Beschränkung auf die Förderung des Wissenschaftsjournalismus bestehen insoweit jedenfalls Bedenken, da durch die gezielte und direkte Förderung des reinen Wissenschaftsjournalismus das staatliche Neutralitätsgebot tangiert wird und andere Journalismussegmente in ihrem Recht auf publizistische Gleichbehandlung verletzt werden könnten. Auch die Abgrenzung von Wissenschaftsjournalismus zum Journalismus, der sich nur gelegentlich mit wissenschaftlichen Inhalten befasst, dürfte auf Schwierigkeiten stoßen. Mit einer selektiven und direkten Förderung von wissenschaftlichen Inhalten würde der Staat gewissermaßen lenkend in die Presse eingreifen, indem er durch finanzielle Zuwendungen die Reichweite bestimmter wissenschaftlich publizierender Medien zu Lasten anderer Medien fördern würde. Dies ist auch dahingehend kritisch zu bewerten, dass es im Rahmen der Pressefreiheit gerade unerheblich ist, ob es sich bei einem Medium um ein „Qualitätszeitung“ oder ein „Boulevardblatt“ handelt.26 Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus sind 21 BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989, 1 BvR 727/84 – Staatliche Presseförderung –, juris Rn. 29. 22 BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989, 1 BvR 727/84 – Staatliche Presseförderung –, juris Rn. 28. 23 BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989, 1 BvR 727/84 – Staatliche Presseförderung –, juris Rn. 22. 24 BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989, 1 BvR 727/84 – Staatliche Presseförderung –, juris Rn. 29. 25 UstG § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Nr. 49 b) der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 2 S. 2. 26 Bethge, in: Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 5 Rn. 69. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 9 nach der derzeitigen Rechtslage gegenüber anderen Medien nicht verfassungsrechtlich privilegiert .27 Auch der Hinweis auf ein vermehrtes Aufkommen von Falschinformationen und auf wahrheitswidrige bzw. wahrheitsverzerrende Berichterstattung ändert nichts an diesem Ergebnis. Der Bezug auf vermeintliche oder tatsächliche Gefahren, die eine freie Medienlandschaft bergen kann, rechtfertigt keinen gezielten staatlichen Einfluss. Der Gedanke, dass die für eine Demokratie wesentliche öffentliche und freie Meinungsbildung auf lediglich wahrheitsgemäßen Angaben beruhen soll, die unter aktuellen wissenschaftlichen Standards entstanden sind, findet keine Verankerung im Grundgesetz. Wissenschaftlich generierten Informationen, die also auf einem methodischen Vorgehen beruhen und dadurch besonders vertrauenswürdig sind, wird im Rahmen der Pressefreiheit kein höherer Stellenwert eingeräumt.28 Selbst innerhalb der Wissenschaften würde es nach Lugger Meinungsvielfalt geben.29 Außerdem zielt Wissenschaft auf die Ermittlung neuer Erkenntnisse ab, die oft herkömmliche wissenschaftliche Standards und sogenannte gesicherte Erkenntnisse obsolet machen. Unter Berücksichtigung des Handlungsspielraums, der der staatlichen Pflicht zum Schutz der Presse zugrunde liegt, scheint eine direkte Förderung des wissenschaftlichen Pressezweigs oder gar die gezielte Förderung einzelner im Wissenschaftsjournalismus tätiger Personen gegen das Neutralitätsgebot zu verstoßen. Denkbar wäre im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Handlungsspielraumes möglicherweise eher eine indirekte Förderung des Wissenschaftsjournalismus , etwa durch weitere steuerrechtliche Erleichterungen oder finanzielle Zuwendungen einer staatsfernen Stiftung, die dabei jedoch meinungs- und wettbewerbsneutral ausgerichtet sein müsste. Wollte man zur praktischen Umsetzung ein externes Kontrollgremium in Betracht ziehen, wie es etwa bei der Kontrolle der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht, müssten folgende Umstände berücksichtigt werden. Seine Organisationstrukturen und die Rechtfertigung besonderer Regelungen basieren auf Restriktionen technischer und investiver Art in der Grün- 27 Schulz/Potthast/Helberger, Wissenschaftskommunikation und Social Media zwischen Rechtsschutz und Regulierungsbedarf , in: Wissenschaftspolitik im Dialog, S 18. Abrufbar unter https://www.bbaw.de/files-bbaw/user _upload/publikationen/Broschuere-WiD_15_PDF-A-1b.pdf. 28 Schulz/Potthast/Helberger, Wissenschaftskommunikation und Social Media zwischen Rechtsschutz und Regulierungsbedarf , in: Wissenschaftspolitik im Dialog, S 16. Abrufbar unter https://www.bbaw.de/files-bbaw/user _upload/publikationen/Broschuere-WiD_15_PDF-A-1b.pdf. 29 So Lugger, Beatrice ((Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation) im öffentlichem Fachgespräch des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung unter Vorsitz von Eberhard Gienger (CDU/CSU) am 27. Mai 2020; https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw22-pa-bildung-wissenschaftskommunikation -684002. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 10 dungsphase, die es heute nicht mehr gibt und denen die Presse weder damals noch heute unterworfen war bzw. ist.30 Außerdem stellt sich auch hier das Grundproblem der Abgrenzung journalistischer Marktsegmente und deren angestrebten diskriminierenden Privilegierung. Eine staatliche finanzielle Unterstützung bedarf aufgrund des verfassungsrechtlichen Ranges der Pressefreiheit zudem einer parlamentsgesetzlichen Grundlage, die zum Schutz des Neutralitätsgebots im Hinblick auf Meinung und Wettbewerb die Voraussetzungen und die Modalitäten der Vergabe regelt. 2.3. Zwischenfazit Wissenschaftsjournalismus ist vom Schutzbereich der Pressefreiheit umfasst und eine Förderung unter Berücksichtigung der Pressefreiheit mit Beachtung der Meinungs- und Wettbewerbsneutralität ist nur in engen Grenzen denkbar. Eine direkte, selektive Förderung einzelner wissenschaftsjournalistischer Inhalte oder gar einzelner Wissenschaftsjournalisten lässt sich mit den strengen Anforderungen an eine staatsferne, inhalts - und wettbewerbsneutrale Presseförderung nicht vereinbaren. 3. Wissenschaftsfreiheit Wissenschaftsjournalismus unterfällt der Pressefreiheit und nicht der Wissenschaftsfreiheit. Der sachliche Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur „die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei der Suche nach Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe“.31 Zur Abgrenzung wird demnach regelmäßig auf die Art des Vorgehens abgestellt.32 Wissenschaftsjournalismus befasst sich zwar ebenfalls mit wissenschaftlichen Inhalten, generiert 30 Vgl. insbesondere die Begründung zur 1. Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgericht vom. 28.2.1961, BVerfGE 12, 05, insbesondere Gründe E. III., 4. Abs.: „… Der Unterschied zwischen Presse und Rundfunk besteht aber darin, daß innerhalb des deutschen Pressewesens eine relativ große Zahl von selbständigen und nach ihrer Tendenz, politischen Färbung oder weltanschaulichen Grundhaltung miteinander konkurrierenden Presseerzeugnissen existiert, während im Bereich des Rundfunks sowohl aus technischen Gründen als auch mit Rücksicht auf den außergewöhnlich großen finanziellen Aufwand für die Veranstaltung von Rundfunkdarbietungen die Zahl der Träger solcher Veranstaltungen verhältnismäßig klein bleiben muß….“ 31 BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004, 1 BvR 911/00, 1 BvR 927/00, 1 BvR 928/00 – Brandenburgisches Hochschulgesetz –, juris Rn. 136. 32 Kempen, in: BeckOK Grundgesetz, 46. Ed. 15.2.2021, Art. 5 Rn. 181. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 11 sie aber nicht, sondern vermittelt sie im Rahmen von Berichterstattungen über z. B. Forschungsgegenstände bzw. -ergebnisse.33 4. Beihilferecht Wettbewerbsrechtlich sind die unionsrechtlichen Vorschriften zur staatlichen Beihilfe zu beachten . Nach Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV) sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigen . Demnach sind staatliche Förderungen, die den Binnenmarkt beeinträchtigen, grundsätzlich verboten.34 4.1. Beeinträchtigung des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedsstaaten Bei einer Förderung speziell von Wissenschaftsjournalismus ist wie bei anderen Subventionen zu prüfen, ob sie einen Einfluss auf den EU-Binnenmarkt haben kann. Für die Annahme einer Beihilfe im Sinne des Art. 107 AEUV ist es nicht erforderlich, dass bereits wettbewerbsrechtliche Veränderungen eingetreten sind. Schon eine drohende Wettbewerbsverfälschung reicht für die Annahme einer Beihilfe aus.35 Auch die Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten als Voraussetzung des Beihilfeverbots nach Art. 107 Abs. 1 AEUV wird weit ausgelegt. Lediglich bei Beihilfen, die ausschließlich lokale, regionale oder nationale Auswirkungen haben, kann eine Zwischenstaatlichkeit verneint werden.36 Dies ist beispielsweise bei der Förderung von lokalen Freizeitbädern oder einer rein regionalen Tageszeitung der Fall. In der Literatur wird allgemein in Bezug auf eine staatliche Förderung der nationalen Presse eine drohende Wettbewerbsverzerrung angenommen.37 Beim Wissenschaftsjournalismus handelt es sich um einen spezifischen Bereich, der trotz einer wohl überwiegend nationalen Leserschaft aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnisse auch Potenzial hat, grenzüberschreitend den publizistischen Wettbewerb zu beeinflussen. Demnach ist eine drohende 33 Augsberg, Kurzgutachten über die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus 2021, S. 6. Abrufbar unter: https://www.wpk.org/upload/download/Gutachten %20_%20M%C3%B6glichkeiten%20und%20Grenzen%20staatlicher%20Unterst%C3%BCtzung %20des%20Wissenschaftsjourmalismus.pdf. 34 Cremer, in: Calliess/Ruffert, EU/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 107 AEUV Rn. 8. 35 Cremer, in: Calliess/Ruffert, EU/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 107 AEUV Rn. 32. 36 EU Kommission, Entscheidung vom 12. Januar 2001 SG(2001) D/ 285046– Beihilfe Freizeitbad. Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/137009/137009_1153410_12_2.pdf; Cremer, in: Calliess/Ruffert , EU/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 107 AEUV Rn. 39. 37 Schulz/Potthast/Helberger, Wissenschaftskommunikation und Social Media zwischen Rechtsschutz und Regulierungsbedarf , in: Wissenschaftspolitik im Dialog, S. 28. Abrufbar unter https://www.bbaw.de/files-bbaw/user _upload/publikationen/Broschuere-WiD_15_PDF-A-1b.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 12 Wettbewerbsverzerrung durch die staatliche Förderung des Wissenschaftsjournalismus anzunehmen , wobei es bei dieser Einschätzung sicherlich wesentlich auf den Umfang und die Ausgestaltung der Fördermaßnahmen ankommt. 4.2. Ausnahmeregelungen Die Verbotsregelung des Art. 107 Abs. 1 AEUV gilt nicht absolut. Es gelten davon abweichende Ausnahmetatbestände, von denen die Mitgliedsstaaten zum Einsatz staatlicher Förderung Gebrauch machen können. Eine Ausnahme ist nach Art. 107 Abs. 3 d) AEUV denkbar. Als mit dem Binnenmarkt vereinbar werden nach dieser Vorschrift Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes angesehen, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Allerdings ist an dieser Stelle bereits fraglich, inwieweit die Förderung von Journalismus als Kulturförderung qualifiziert werden kann. Eine einschlägige Ausnahmeregelung bietet im Grundsatz jedenfalls Art. 107 Abs. 3 c) AEUV. Zulässig sind danach Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Dieser Ausnahmetatbestand eröffnet den Mitgliedsstaaten weite Handlungsspielräume, die sie zur strukturellen Förderung bestimmter Wirtschaftszweige nutzen können, wobei jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden muss.38 Nach Martini39 könnte die Förderung von Journalismus, insbesondere von „qualitativ hochwertiger “ und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhender Presse, grundsätzlich einen legitimen Zweck darstellen, da dieser die Informations- und Meinungsvielfalt stärken und somit wesentlich zur Demokratie beitragen würde.40 Dagegen spricht, dass auch auf unionsrechtlicher Ebene das inhaltliche Neutralitätsgebot zu beachten ist, Art. 11 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Insoweit schlagen sich die zuvor erläuterten Grundgedanken auch auf das Unionsrecht nieder und müssen bei der Förderung von Wissenschaftsjournalismus beachtet werden . Auszuschließen sind aufgrund des hohen Stellenwertes der auch unionsrechtlich geschützten Presse- bzw. Medienfreiheit demnach wettbewerbsverzerrende und mit einer inhaltlichen Vorgabe verknüpfte finanzielle Förderungen. 38 Martini, Die Presseförderung im Fadenkreuz des Unionsrechts, EuZW 2015, 821 [823]. 39 Ebd. 40 Martini, Die Presseförderung im Fadenkreuz des Unionsrechts, EuZW 2015, 821 [824]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 13 5. Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern Bei einer staatlichen Förderung von privaten Presseunternehmen, die dem Wissenschaftsjournalismus zugeordnet werden, ist die sich aus der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung ergebende Zuständigkeit zu beachten. Bund und Länder tragen nach Art. 104a Abs. 1 GG gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Nach dem Konnexitätsprinzip folgt die Finanzierungsverantwortung der mit der Verwaltungskompetenz verbundenen exekutiven Aufgabenwahrnehmung. Grundsätzlich dürfen weder Bund noch Länder Vorhaben außerhalb ihrer verfassungsrechtlichen Zuständigkeit finanzieren.41 Aus Art. 83 ff. GG ergibt sich, dass eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes Voraussetzung dafür ist, dass auch eine Verwaltungskompetenz in Anspruch genommen werden kann. Demzufolge ist sowohl die durch Art. 30, 83 ff. GG zugewiesene Verwaltungskompetenz als auch die Verteilung der Gesetzgebungskompetenz nach Art. 30, 70 ff. GG von Bedeutung. 5.1. Gesetzgebungskompetenz Eine Förderung durch den Bund setzt grundsätzlich voraus, dass sie durch einen verfassungsrechtlichen Kompetenztitel abgedeckt ist. Ein solcher Kompetenztitel müsste dem Bund im Rahmen der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeiten aus Art. 70 Abs. 2 i.V.m. Art. 71, 73 GG oder der konkurrierenden Gesetzgebung aus Art. 70 Abs. 2 i.V.m. Art. 72, 74 GG zukommen. Eine ausdrückliche Kompetenzzuweisung an den Bund für den Bereich der Medien (insbesondere Presse) oder des Journalismus ist dort aber nicht zu finden. 5.1.1. Recht der Wirtschaft Soweit es um die wirtschaftliche Bedeutung des Wissenschaftsjournalismus geht, könnte das Recht der Wirtschaft aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG einen Anknüpfungspunkt für eine Kompetenz des Bundes bieten. Der im Sinne dieser Norm weit zu verstehende Begriff der Wirtschaft umfasst sämtliche das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung regelnden Normen.42 41 Maunz/Dürig/Schwarz, 93. EL Oktober 2020, GG Art. 104a Rn. 22; Waldhoff, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes in Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Bd. 5, 3. Aufl. 2007, § 116 Rn. 72. 42 Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 74 Rn. 44; BVerfG, Urteil vom 10. Dezember 2018, 2 BvF 3/77 – Berufsausbildungsabgabe –, juris Rn. 79. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 14 Das Bundesverfassungsgericht hat zur Bundeskompetenz im Rahmen der Presseförderung herausgestellt , dass es der Inanspruchnahme der Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG nicht entgegenstehe, wenn der Gesetzgeber mit wirtschaftsbezogenen Regelungen zugleich kulturelle Zwecke verfolge.43 Dies sei unschädlich, solange der maßgebliche objektive Regelungsgegenstand und -gehalt in seinem Gesamtzusammenhang ein im Schwerpunkt wirtschaftsrechtlicher sei.44 Der eingangs dargestellte Antrag45 der Koalitionsfraktionen „Wissenschaftskommunikation stärken “ begründet die Forderung nach einer Stärkung der Wissenschaftskommunikation und den damit in Zusammenhang stehenden Wissenschaftsjournalismus weniger mit der wirtschaftlichen Bedeutung des Journalismus, als vielmehr mit gesellschaftlichen Aspekten. Eine Förderung solle vorrangig dazu dienen, den Austausch innerhalb der Wissenschaftsgemeinde selbst, die externe Verständigung zwischen der Wissenschaft und den verschiedenen öffentlichen Institutionen sowie die unmittelbare oder über Medien vermittelte Kommunikation mit der Gesellschaft zu fördern . Auf diese Weise werde angestrebt, wissenschaftliche Erkenntnisse einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Diesem Ziel muss eine auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG gestützte bundesgesetzliche Regelung zur Unterstützung von Wissenschaftsjournalismus nicht entgegenstehen. Wirtschaftliche und sonstige Zwecke müssen auch nicht miteinander rivalisieren oder der eine Zweck dem anderen untergeordnet werden. Denkbar ist vielmehr, dass sich unterschiedliche Ziele gegenseitig ergänzen können , etwa indem mit relevanten Qualitätsparametern zugleich auch ein wirtschaftliches Förderziel verfolgt wird. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Bezug im Bereich der Filmförderung herausgestellt: „Den qualitätsbezogenen Fördervoraussetzungen liegt die Annahme zugrunde, dass der angestrebte wirtschaftliche Erfolg des deutschen Films als Ganzen gerade von einer auch qualitätsorientierten Förderung abhängt (vgl. BT-Drucks 15/1506, S. 20). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Annahme unrealistisch und nur vorgeschoben wäre, um unter dem Vorwand der Wirtschaftsförderung reine Kulturförderung zu betreiben. Die Auffassung , dass nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg für die deutsche Filmproduktion nur qualitätsbasiert erreichbar ist, wird von der herrschenden Auffassung der Fachkreise gestützt .“46 Bezogen auf eine Förderung des Wissenschaftsjournalismus wäre insofern Voraussetzung, dass eine Regelung neben gesellschaftlichen Aspekten auch wirtschaftliche Sachverhalte erfasst und 43 BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014, 2 BvR 1561/12, 2 BvR 1562/12, 2 BvR 1563/12, 2 BvR 1564/12 – Filmabgabe –, juris Rn. 102. 44 BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014, 2 BvR 1561/12, 2 BvR 1562/12, 2 BvR 1563/12, 2 BvR 1564/12 – Filmabgabe –, juris Rn. 64. 45 BT-Drs. 19/16044. 46 BVerfG, Urteil vom 28. Januar 2014, 2 BvR 1561/12, 2 BvR 1562/12, 2 BvR 1563/12, 2 BvR 1564/12 – Filmabgabe –, juris Rn. 42. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 15 sich auf die Beeinflussung der Bedingungen für die wirtschaftliche Tätigkeit als solche richtet.47 Bei einer Förderung von Wissenschaftsjournalismus könnte beispielsweise eine Existenzsicherung von Wissenschaftsredaktionen zugleich mit der Stärkung eines vielfältigen und qualitativ hochwertigen medialen oder journalistischen Informationsangebots verbunden werden. Das würde voraussetzen, dass ähnlich wie bei der „deutschen Filmproduktion“ von der Auffassung auszugehen ist, dass nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg für den „deutschen Wissenschaftsjournalismus “ nur mittels qualitätsbasierter Förderung erreichbar ist und dies von der herrschenden Auffassung der Fachkreise gestützt wird. Ob nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg nur mit staatlicher Subventionierung des Wissenschaftsjournalismus möglich ist und dies von der herrschenden Auffassung der Fachkreise gestützt wird, ist äußerst fraglich. Schon die breite Kritik48 an der derzeit beabsichtigten Förderung der Presse mit Bundesmitteln zeigt, dass es keine einheitliche Auffassung der Fachkreise gibt. Vgl. hierzu die Ausführungen in 2.1. 5.1.2. Förderung der wissenschaftlichen Forschung und ungeschriebene Gesetzgebungskompetenzen Eine Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus könnte auch als Teil der Förderung wissenschaftlicher Forschung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 Var. 2 GG zu dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gehören, sodass dem Bund daraus die Gesetzgebungskompetenz zustünde . Dazu müsste die Förderung des Wissenschaftsjournalismus eine Regelung aus der Sachmaterie der wissenschaftlichen Forschung sein. Unter Förderung der wissenschaftlichen Forschung ist die Regelung finanzieller, organisatorischer und planerischer Maßnahmen zur Förderung von Forschungsprojekten und -einrichtungen sowie des wissenschaftlichen Nachwuchses zu verstehen.49 „Forschung“ definiert sich insofern im Sinne von Art. 5 Abs. 3 GG als eine „geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen“.50 Diesbezüglich kann eine Förderung personen-, projekt- oder einrichtungsbezogen erfolgen.51 47 Cornils/Dogruel/Gessinger/Schneiders, Möglichkeiten öffentlicher Förderung von Lokal- und Regionaljournalismus bei Wahrung der Staatsferne. Gutachten im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mainz 2021, S. 78. Abrufbar unter: https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen _az/medien/pdf/210512-gutachten-journalismusfoerderung.pdf. 48 Zur Darstellung der Kritik vgl. z. B. SPIEGEL Kultur, Pläne zur Presseförderung - 180 Millionen Euro für Verlags -häuser – Kritik am Verteilungssystem, 27.11.2020, https://www.spiegel.de/kultur/pressefoerderung-von- 180-millionen-euro-im-haushalt-2021-eingeplant-kritik-am-konzept-a-7926b868-65ba-4303-bb30-c3d9db05ed19 und Arbeitskreis Digitale Publisher, Gegen eine Wettbewerbsverzerrung auf Kosten von Digitalen Publishern, Berlin, 27.11.2020, Berlin, https://medium.com/arbeitskreis-digitale-publisher/gegen-eine-wettbewerbsverzerrung -auf-kosten-von-digitalen-publishern-ff0422887cb5. 49 Seiler, in: BeckOK Grundgesetz, 46. Ed. 15.2.2021, Art. 74 Rn. 54. 50 BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973, 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 – Hochschul-Urteil –, juris Rn. 93 für Art. 5 Abs. 3 GG. 51 Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 109. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 16 Obwohl Wissenschaftsjournalismus nicht unmittelbar in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG fällt, wird der Standpunkt vertreten, dass auch eine „unabhängige Beobachtung von Wissenschaft“ schützenswert sei.52 Nach dieser Auffassung sollte der besondere Schutz durch den Staat zumindest dort zugestanden werden, wo Journalismus mit einem Fokus auf Wissenschaft in Gefahr geraten könnte, dysfunktional zu werden. Auf Wissenschaftsjournalismus bezogene Förderungskonzepte sollten nach dieser Argumentation nicht gänzlich aus dem Wissenschaftsbereich ausgegrenzt, sondern kompetentiell als Annex zur sonstigen Forschungsförderung angesehen werden. Eine Einbeziehung der Länder könnte hierbei insbesondere durch Vereinbarungen zur Forschungsförderung erfolgen. Hierbei wäre zunächst zu klären, was unter „dysfunktional“ im Zusammenhang mit Journalismus zu verstehen ist, welche Kriterien zur Gefahrenbeurteilung heranzuziehen sind, wer geeignet und befugt ist, journalistische Marktsegmente abzugrenzen und reale Sachverhalte unter die festgelegten Kriterien zu subsumieren. Auch wäre zu klären, ob die zu subventionierende unabhängige journalistische Beobachtung zu Lasten des Budgets für „sonstige Forschungsförderung“ erfolgen soll. Außerdem geht es bei der beabsichtigten Unterstützung von Wissenschaftsjournalismus nicht in erster Linie um eine „unabhängige Beobachtung von Wissenschaft“ sondern um die mediale Vermittlung wissenschaftlicher Arbeit und Ergebnisse an eine breite Öffentlichkeit. Anders als bei der Annexkompetenz geht es bei der Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs nicht um die Ausweitung einer zugeteilten Kompetenz, sondern um die Ausdehnung einer zugewiesenen Sachmaterie auf andere, nicht zugewiesene, aber verwandte materielle Gebiete.53 Erforderlich ist demnach, dass eine dem Bund ausdrücklich zugewiesene Materie nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene Materie mit geregelt wird. Neben der Förderung der wissenschaftlichen Forschung ist eine weitere Gesetzgebungskompetenz , mit der die Förderung des Wissenschaftsjournalismus in Zusammenhang stehen könnte, nicht ersichtlich und deshalb auch keine weitere Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs zu erkennen . Bei der Förderung von Wissenschaftsjournalismus handelt es sich auch nicht um ein Sachgebiet, dass aus der Natur der Sache heraus begriffsnotwendig vom Bund zu regeln ist. Davon wäre nur dann auszugehen, wenn sich keine sinnvolle Regelung durch die Länder anbietet und deshalb eine einheitliche Regelung für das Bundesgebiet für erforderlich gehalten wird. Gegen eine solche Annahme spricht jedoch, dass im Bereich der Medienförderung grundsätzlich eine Kulturkompetenz der Länder unterstellt wird.54 52 Augsberg, Kurzgutachten über die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus 2021, S. 6. Abrufbar unter: https://www.wpk.org/upload/download/Gutachten %20_%20M%C3%B6glichkeiten%20und%20Grenzen%20staatlicher%20Unterst%C3%BCtzung %20des%20Wissenschaftsjourmalismus.pdf. 53 Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 70 Rn. 37 ff. 54 Uhle, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 87. EL März 2019, Art. 70 Rn. 106. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 17 5.1.3. Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG Nach Art. 72 Abs. 2 GG steht dem Bund in den dort genannten Gebieten, zu denen auch die Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und 13 GG gehören, das Gesetzgebungsrecht nur dann zu, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse bundesweit oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. Das Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse liegt vor, wenn sich die Lebensverhältnisse in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinanderentwickelt haben oder sich eine derartige Entwicklung konkret abzeichnet.55 Zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen im Bundesgebiet dürften einheitliche Regelungen des Bundes zur Stärkung des Wissenschaftsjournalismus schon deshalb nicht erforderlich sein, da Beiträge von Wissenschaftsjournalisten in überregionalen Medien ohnehin bundesweit zur Verfügung stehen. Außerdem kann auch im Bundesgebiet über das Internet auf weltweites hochqualitatives Angebot seriöser Quellen zugegriffen werden. Es zeichnet sich auch nicht ab, dass sich durch Unterschiede in der Förderung von Wissenschaftsjournalisten in den Bundesländern die Lebensverhältnisse in erheblicher, das bundesstaatliche Gefüge beeinträchtigender Weise auseinanderentwickeln. Die Erforderlichkeit einer Förderung des Wissenschaftsjournalismus mit der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu begründen, dürfte kaum möglich sein. Die staatliche Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus könnte aber zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit erforderlich sein. Eine Wahrung der Rechtssicherheit im gesamtstaatlichen Interesse liegt vor, wenn eine Gesetzesvielfalt auf Länderebene eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen darstellt.56 Zur Wahrung der Wirtschaftseinheit ist eine bundesweite Regelung erforderlich, wenn Landesregelungen oder die Untätigkeit einzelner Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich bringen und die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums beeinträchtigen.57 Es erscheint jedoch unwahrscheinlich, dass eine Regelungsvielfalt bei der Förderung von Wissenschaftsjournalismus durch die Länder derart gravierende Auswirkungen zur Folge haben könnte. Außerdem bieten digitale Entwicklungen Möglichkeiten ortsungebundener Erstellung und Verbreitung von Informationsdienstleistungen, was die Abgrenzung von Wirtschaftsräumen und die Beurteilung ihrer Funktionsfähigkeit erheblich erschwert . 5.2. Verwaltungskompetenz Selbst unter der Annahme, dass der Bund eine Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Förderung des Wissenschaftsjournalismus hat, bedeutet dies nicht, dass ihm auch die Kompetenz zur 55 Kment, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 16. Aufl. 2020, Art. 72 Rn. 20. 56 BVerfG, Urteil vom 21. Juli 2017, 1 BvF 2/13 – Betreuungsgeld –, juris Rn. 49; Kment, in: Jarass/Pieroth, 16. Aufl. 2020, GG Art. 72 Rn. 22. 57 Kment, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 16. Aufl. 2020, Art. 72 Rn. 22. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 18 Ausführung eines entsprechenden Gesetzes zufällt. Stattdessen wäre gemäß Art. 83 GG zunächst von einer Zuständigkeitsvermutung für die Länder auszugehen. Nur im Ausnahmefall liegt neben der Gesetzgebungs- auch die Verwaltungskompetenz beim Bund, soweit dies in den Art. 84 ff. GG ausdrücklich angeordnet ist. Nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG können für Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht , selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts durch Bundesgesetz errichtet werden. Für die Aufgabe, Wissenschaftsjournalismus staatlich zu fördern, käme unter Berücksichtigung des Grundsatzes der „Staatsfreiheit der Medien“ und der Verpflichtung zur Neutralität eher eine mittelbare als die unmittelbare Bundesverwaltung in Betracht. Ein entsprechendes Handeln wäre dann unmittelbar der jeweiligen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung und erst mittelbar dem Bund zuzurechnen. 6. Förderformate Wie oben dargestellt wurde in Anlehnung an bereits bestehende staatliche institutionelle Vorkehrungen beispielsweise auf dem Gebiet des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder der staatlichen Filmförderung, in Wissenschaft und Politik über verschiedene Finanzierungsformate mit dem Ziel der Förderung des Wissenschaftsjournalismus diskutiert. Dabei können weder die maßgeblichen Charakteristika der Presse und die Rahmenbedingungen des Medienmarktes noch die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben außer Acht gelassen werden. Das gilt insbesondere für die Initiative einer staatlichen Finanzierung der Presse bzw. des Journalismus im Marktsegment der medialen Vermittlung von wissenschaftlichen Arbeiten und Ergebnissen an eine breite Öffentlichkeit. Wissenschaftsjournalismus unterliegt der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Bei der Erörterung von vorgeschlagenen Förderformaten sind u.a. die Unterschiede zwischen Medien - und Kulturverwaltung zu beachten, die beide verfassungsrechtlich geprägt sind und unterschiedliche Anforderungen an eine staatliche Beteiligung mit dem Ziel der Förderung der Presse stellen.58 6.1. Anstalt Eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist eine Verwaltungseinheit mit einem Bestand an sachlichen und personellen Mitteln, die einem besonderen öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt ist.59 Im Unterschied zu den öffentlich-rechtlichen Körperschaften hat die Anstalt keine Mitglieder, sondern Benutzer.60 Beispiele für öffentlich-rechtliche Anstalten sind die Bundesan- 58 Wolf, Staatsferner Rundfunk trotz staatlicher Stiftungsarbeit, DÖV 2019, 821 ff [821]. 59 Schoch, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Grundwerk Juli 2020, § 1 Rn. 33. 60 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 20. Auflage 2020, § 23 Rn. 54. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 19 stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder Rundfunkanstalten. Öffentlich-rechtliche Anstalten sind dabei Teil der mittelbaren Staatsverwaltung.61 Unterschieden wird zudem zwischen der nichtrechtsfähigen Anstalt, die zwar organisatorisch selbstständig, aber rechtlich noch Teil eines anderen Verwaltungsträgers ist, und der rechtsfähigen Anstalt, die selbst Verwaltungsträger ist.62 Die Organisationsform der rechtsfähigen Anstalt liefert beispielsweise für Rundfunk und Fernsehen die rechtlichen Gegebenheiten, einen eigenverantwortlichen Betrieb unter öffentlichrechtlicher Bindung zu gestalten.63 Die Errichtung einer rechtsfähigen Anstalt des Bundes setzt dabei ein Bundesgesetz sowie die entsprechende Gesetzgebungskompetenz voraus.64 Art. 130 Abs. 3 GG regelt die Aufsicht über die Anstalten des öffentlichen Rechts und unterstellt diese der zuständigen obersten Bundesbehörde. Eine staatliche Aufsicht scheint jedoch aufgrund des Erfordernisses der Staatsferne zunächst problematisch. Dabei müsste jedenfalls in Anlehnung an die Rundfunkaufsicht von Landesrundfunkanstalten etwa sichergestellt werden, dass eine staatliche Aufsicht nur subsidiär greift und eine inhaltliche Einflussnahme ausgeschlossen bleibt.65 6.2. Staatliche Stiftung In den letzten Jahren wurde vermehrt die Möglichkeit der Förderung von Wissenschaftsjournalismus durch eine staatliche bzw. teilstaatliche Stiftung diskutiert.66 Private Stiftungen auf dem Gebiet des Wissenschaftsjournalismus bestehen bereits, zu nennen sind beispielsweise die Robert Bosch Stiftung67 oder die Bertelsmann Stiftung68. Im Unterschied zur privatrechtlichen Stiftung würde eine staatliche Stiftung durch einen öffentlich -rechtlichen Stiftungsakt errichtet. Sie könnte hoheitliche Befugnisse ausüben und unmittelbar öffentliche Aufgaben erfüllen.69 Sie wäre dabei ebenso wie eine Anstalt des öffentlichen Rechts Teil der mittelbaren Staatsverwaltung.70 Dabei würde die Stiftung verfassungsrechtlich als 61 Kment, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 16. Aufl. 2020, Art. 86 Rn. 1. 62 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 20. Auflage 2020, § 23 Rn. 50. 63 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 20. Auflage 2020, § 23 Rn. 52. 64 Kment, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 16. Aufl. 2020, Art. 87 Rn. 13. 65 Zur Rundfunkaufsicht: Grabenwarter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 93. EL Oktober 2020, Art. 5 Rn. 815. 66 Hacker/Spath/Hatt, Social Media und digitale Wissenschaftskommunikation: Analyse und Empfehlungen zum Umgang mit Chancen und Risiken in der Demokratie, S.8. Abrufbar unter: https://www.leopoldina.org/uploads /tx_leopublication/2017_Stellungnahme_WOeM_web.pdf. 67 Informationen hierzu: Robert Bosch Stiftung, Wer wir sind, https://www.bosch-stiftung.de/de/wer-wir-sind. 68 Informationen hierzu: Bertelsmann Stiftung, https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/ueber-uns/wer-wir-sind. 69 Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht, 3. Auflage 2016, Rn. 56 ff. 70 Strobel, Einführung in das Stiftungsrecht, JuS 2020, 1149 ff. [1150]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 20 Unterform der Anstalt verstanden, so dass auch für die Errichtung einer bundesunmittelbaren Stiftung gemäß Art. 87 Abs. 3 GG ein Bundesgesetz erforderlich wäre.71 Zur Errichtung einer staatlichen Stiftung, die Wissenschaftsjournalismus subventionieren soll, wurde u.a. auf das Budget aus Beiträgen und Werbeeinnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verwiesen. Es könnten etwa Mittel aus dem Aufkommen des Rundfunkbeitrags oder aus dem Haushalt des Ministeriums für Bildung und Forschung abgezweigt werden.72 Ein weiterer Vorschlag zielt auf die Verwendung öffentlicher Gelder ab, die für die Forschungsförderung vorgesehen sind. 73 Der Vorschlag der Gründung einer staatlichen Stiftung zur Förderung von Wissenschaftsjournalismus wurde sehr kritisiert. Zum einen wird dabei auf die Wesensverschiedenheit von Wissenschaft an sich und Wissenschaftsjournalismus verwiesen: so stehe im Wissenschaftsjournalismus immer noch der Journalismus im Vordergrund – und gerade nicht die Wissenschaft selbst.74 Dementsprechend seien andere Anforderungen an staatliche Förderungen zu stellen. Zudem wird regelmäßig darauf verwiesen, dass Förderung notwendiger Weise immer auch Abhängigkeit bedeute und eine solche Abhängigkeit im Bereich Medien unbedingt zu vermeiden sei, um die Kontrollfunktion der freien Presse zu gewährleisten.75 Die Bundesregierung äußert sich in Bezug auf die staatliche Förderung des Wissenschaftsjournalismus bislang zurückhaltend. So wies sie in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage76 der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darauf hin, dass aufgrund des staatlichen Neutralitätsgebots und des hohen verfassungsrechtlichen Ranges der Pressefreiheit hohe Hürden für die Sicherstellung einer meinungsneutralen Förderung im Journalismusbereich berücksichtigt werden 71 Weitemeyer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 8. Auflage 2018, § 80 Rn. 301. 72 Hacker/Spath/Hatt, Social Media und digitale Wissenschaftskommunikation: Analyse und Empfehlungen zum Umgang mit Chancen und Risiken in der Demokratie, S. 49. Abrufbar unter: https://www.leopoldina.org/uploads /tx_leopublication/2017_Stellungnahme_WOeM_web.pdf. Zotta, Woher nehmen und nicht stehlen? Der Journalismus und sein Finanzierungsproblem, in: Wissenschaft und Gesellschaft: Ein vertrauensvoller Dialog, Berlin 2020, S. 75. 73 Hüttl, Reinhard/Stollorz, Volker: Wie man Wissen zugänglich macht. Abrufbar unter: Fake-News: Wie man Wissen zugänglich macht | ZEIT ONLINE. 74 König, Wissenschaft ist für jeden zugänglich, Die Zeit (11.1.0.2018). Abrufbar unter: https://www.wissenschaftskommunikation .de/wissenschaft-ist-fuer-jeden-zugaenglich-19985/. 75 Blattmann, Wissenschaftskommunikation ist Chefsache – unbedingt, wenn auch anders. Abrufbar unter: https://www.wissenschaftskommunikation.de/wissenschaftskommunikation-ist-chefsache-unbedingt-wennauch -anders-22757/. 76 Bundesregierung, Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anna Christmann, Kai Gehring, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Wissenschaft im Dialog mit Gesellschaft – Aktivitäten und Vorhaben der Bundesregierung im Bereich Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus , BT-Drs. 19/9355, 05.04.2019. https://kleineanfragen.de/bundestag/19/9355-wissenschaftim -dialog-mit-gesellschaft-aktivitaeten-und-vorhaben-der-bundesregierung-im-bereich. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 21 müssten.77 Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat sich in einem Grundsatzpapier zur Wissenschaftskommunikation aus dem Jahr 2019 zwar grundsätzlich positiv zur Förderung von Wissenschaftsjournalismus positioniert, sich dabei jedoch nicht konkret zu der Ausgestaltung möglicher staatlicher Subventionen geäußert.78 In einem kürzlich veröffentlichten Kurzgutachten wurde dagegen darauf hingewiesen, dass die Errichtung einer staatlichen Stiftung zur Mittelvergabe zwar verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfe - insbesondere mit Blick auf die erforderliche Transparenz und Staatsfreiheit einer solchen Institution.79 Durch eine möglichst abstrakte Leistungsperspektive – z.B. durch Ausschluss von konkreten (und damit zwangsläufig auch inhaltlichen) Projektförderungen – und der beschränkten Förderung auf gewisse Grundlagen des Wissenschaftsjournalismus, wie etwa Infrastruktur, Ausbildung und Innovation, soll eine derartige Stiftung mit dem Ziel der Förderung von Wissenschaftsjournalismus zumindest dem Grunde nach möglich sein.80 Diese Vorgaben dürften in der Praxis kaum umsetzbar sein. Eine mit staatlichen Mitteln zu errichtende und mit staatlichen Mitteln zu betreibende staatliche Stiftung müsste staatliche Subventionen ohne staatliche Einflussnahme und Lenkung meinungs- und wettbewerbsneutral auf das noch eindeutig abzugrenzende Marktsegment Wissenschaftsjournalismus ausreichen. Es müsste also sichergestellt werden, dass es zum einen keine direkte, indirekte oder personelle Einflussnahme gibt und zum anderen, dass die Förderung meinungs- und wettbewerbsneutral ausgestaltet wird. Inwieweit diese (verfassungsrechtlich unabdingbaren) Voraussetzungen gewährleistet werden können – insbesondere mit Blick auf die Vermeidung lediglich indirekter staatlicher Einflussnahme – bleibt fraglich und müsste bei einem entsprechenden Gesetzesvorhaben kritisch begutachtet werden. 6.3. Privatrechtliche Stiftung Zu untersuchen wäre auch, ob staatliche Förderung von Wissenschaftsjournalismus mittels einer privatrechtlichen Stiftung weniger problematisch ist. Von Stiftungen des öffentlichen Rechts sind privatrechtliche Stiftungen zu unterscheiden, die als eigenständige Rechtspersonen mit Hilfe ihres Vermögens einen vom Stifter festgelegten Zweck verfolgen.81 Für ihre Errichtung durch den 77 Ebd., S. 10 f. 78 Bundesministerium für Bildung und Forschung, Grundsatzpapier zur Wissenschaftskommunikation, November 2019. Abrufbar unter: https://www.bmbf.de/upload_filestore/pub/Grundsatzpapier_zur_Wissenschaftskommunikation .pdf. 79 Augsberg, Kurzgutachten über die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus 2021, S. 11. Abrufbar unter: https://www.wpk.org/upload/download/Gutachten %20_%20M%C3%B6glichkeiten%20und%20Grenzen%20staatlicher%20Unterst%C3%BCtzung %20des%20Wissenschaftsjourmalismus.pdf. 80 Augsberg, Kurzgutachten über die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus 2021, S. 11. Abrufbar unter: https://www.wpk.org/upload/download/Gutachten %20_%20M%C3%B6glichkeiten%20und%20Grenzen%20staatlicher%20Unterst%C3%BCtzung %20des%20Wissenschaftsjourmalismus.pdf. 81 Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht, 3. Auflage 2016, Rn. 2 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 22 Bund gelten keine eigenständigen Rechtsgrundlagen, sondern das private Stiftungsrecht gemäß §§ 80 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)82 und für die erforderlichen finanzwirksamen Entscheidungen das Haushaltsrecht des Bundes.83 Nach dem Grundsatz der Formenwahlfreiheit ist die öffentliche Verwaltung berechtigt, zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben sowohl öffentlich-rechtliche Handlungsformen als auch Privatrechtsformen zu nutzen.84 Die Errichtung einer privatrechtlichen Stiftung soll den Bund in die Lage versetzen , eine staatliche Aufgabe möglichst staatsfern zu erfüllen. Nach Zahlung des Stiftungskapitals an die privatrechtliche Stiftung kann der Bund darüber nicht mehr frei verfügen. Einfluss auf die Verwaltung und auf die Verwendung des Stiftungsvermögens sind dann nur noch durch Vertreter des Bundes in den Stiftungsorganen möglich.85 Die Errichtung von privatrechtlichen Stiftungen durch den Bund hält der Bundesrechnungshof lediglich in Ausnahmefällen für eine geeignete und wirtschaftliche Möglichkeit zur Aufgabenerfüllung . Die Situation privatrechtlicher Stiftungen verdeutliche insbesondere in der Niedrigzinsphase , dass diese Organisationsform nicht geeignet sei, Aufgaben mit Bundesinteresse dauerhaft wirtschaftlich zu erfüllen.86 Der Bund sollte deshalb künftig möglichst davon absehen, privatrechtliche Stiftungen zu errichten. Auch wenn staatliche Einflussnahmen bei dieser Rechtsform in einem bestimmten Maß eingeschränkt sind, so können sie aber nicht ausgeschlossen werden. Vertreter des Bundes in Aufsichtsgremien der privatrechtlichen Stiftung könnten vermutlich auf bestimmte personelle Besetzung und auf Vergabeentscheidungen hinwirken oder bei strittigen Vergabeentscheidungen ausschlaggebend sein. 82 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Juni 2021 (BGBl. I S. 1666) geändert worden ist. 83 Bundesrechnungshof, Bericht an das Bundesministerium der Finanzen nach § 88 Abs. 2 BHO zu den Ergebnissen der querschnittlichen Prüfung privatrechtlicher Stiftungen als Instrumente des Bundeshandelns, Bonn, 2018, S. 3. Abrufbar unter: https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/beratungsberichte /2018/2018-bericht-privatrechtliche-stiftungen-als-instrumente-des-bundeshandelns. 84 Knauff, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsverfahrensgesetz, Grundwerk Juli 2020, Vorbemerkung § 35, Rn. 2. 85 Bundesrechnungshof, Bericht an das Bundesministerium der Finanzen nach § 88 Abs. 2 BHO zu den Ergebnissen der querschnittlichen Prüfung privatrechtlicher Stiftungen als Instrumente des Bundeshandelns, Bonn, 2018, S. 10. Abrufbar unter: https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/beratungsberichte /2018/2018-bericht-privatrechtliche-stiftungen-als-instrumente-des-bundeshandelns. 86 Bundesrechnungshof, Bericht an das Bundesministerium der Finanzen nach § 88 Abs. 2 BHO zu den Ergebnissen der querschnittlichen Prüfung privatrechtlicher Stiftungen als Instrumente des Bundeshandelns, Bonn, 2018, S. 23. Abrufbar unter: https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/beratungsberichte /2018/2018-bericht-privatrechtliche-stiftungen-als-instrumente-des-bundeshandelns. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 23 6.4. Öffentliche Preisvergabe Vorgeschlagen wurde unter anderem auch die öffentliche Preisvergabe im Bereich Wissenschaftsjournalismus .87 Es bestehen bereits derartige privat organisierte Auszeichnungen (wie etwa der Grimme-Preis, der in diesem Jahr die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Ngyuen-Kim auszeichnete oder etwa der Georg von Holtzbrinck Preis). Wesentlich für ein solches staatliches Förderungsformat wäre eine unabhängige Jury. Aufgrund des beschränkten Umfangs einer punktuellen Förderung scheint, eine öffentliche Preisvergabe zur Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus verfassungsrechtlich unbedenklich zu sein. Dennoch ist nicht außer Acht zu lassen, dass auch eine staatliche Anerkennung mit finanzieller Dotierung ein gewisses Maß an Abhängigkeit mit sich bringen kann. Dennoch würde eine Preisvergabe auf dem Gebiet des Wissenschaftsjournalismus , vergeben durch eine unabhängige Expertenjury, dem Vorwurf der Einflussnahme weit weniger Raum bieten als die staatliche Subventionierung mittels einer Anstalt des öffentlichen Rechts oder einer staatlichen Stiftung nach privatem oder öffentlichem Recht. 7. Fazit Selektive Presseförderung ist sehr problematisch und wird auch in der Branche nicht einhellig aufgenommen. Das zeigen schon die Reaktionen mit heftiger Kritik an dem aktuellen Presse-Fördervorhaben der Bundesregierung, wobei der Deutsche Bundestag die Finanzierung schon Ende 2020 genehmigt hatte. Bei einer selektiven Förderung des Pressesegments des Wissenschaftsjournalismus dürfte dies noch stärker ausgeprägt sein. Unter Berücksichtigung der Grundsätze der Staatsferne, der Neutralität und der Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb verbleibt kaum Raum für Pressesubventionen. Selbst mit Blick auf die staatliche Pflicht zum Schutz der Presse scheint eine direkte Förderung des wissenschaftlichen Pressesegments oder gar die gezielte Förderung einzelner im Wissenschaftsjournalismus tätiger Personen nicht zulässig zu sein, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen (branchenweite Bedrohung der Existenz und der Demokratiefunktion) nicht vorliegen. Denkbar wäre im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Handlungsspielraumes eher eine indirekte Förderung von Wissenschaftsjournalismus, etwa durch steuerrechtliche Erleichterungen, die meinungs- und wettbewerbsneutral ausgerichtet sein müsste. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des als förderungswürdig erachteten Marktsegments Wissenschaftsjournalismus von als nicht derart förderungswürdig erachteten Pressebereichen dürften auch dieses Unterfangen in Frage stellen. Die vorgenannten Probleme und Schwierigkeiten dürften auch durch institutionelle Konstruktionen zur Subventionsvergabe wie die Errichtung spezieller Anstalten oder Stiftungen nach öffent- 87 Hacker/Hüttl/Stock, Zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien : Empfehlungen vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen, S. 22. Abrufbar unter: https://www.leopoldina .org/uploads/tx_leopublication/2014_06_Stellungnahme_WOeM.pdf; Schulz/Potthast/Helberger, Wissenschaftskommunikation und Social Media zwischen Rechtsschutz und Regulierungsbedarf, in: Wissenschaftspolitik im Dialog, S. 30. Abrufbar unter: https://www.bbaw.de/files-bbaw/user_upload/publikationen/Broschuere- WiD_15_PDF-A-1b.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 032/21 Seite 24 lichem oder privatem Recht nicht ausgeräumt werden können. Schließlich gibt es erhebliche Bedenken , was die Gesetzgebungskompetenz des Bundes bei der staatlichen Unterstützung des Marktsegments Wissenschaftsjournalismus anbelangt. ****