© 2018 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 032/18 Regulierung von Hate Speech und Fake News in sozialen Netzwerken durch EU-Mitgliedstaaten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 2 Regulierung von Hate Speech und Fake News in sozialen Netzwerken durch EU-Mitgliedstaaten Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 032/18 Abschluss der Arbeit: 15.06.2018 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. „Hate Speech“ 4 2.1. Frankreich 5 2.2. Italien 5 2.3. Lettland 6 2.4. Österreich 7 2.5. Großbritannien 7 2.6. Europäische supranationale Organisationen 8 3. „Fake News“ 9 3.1. Frankreich 9 3.2. Großbritannien 10 3.3. Litauen 10 3.4. Österreich 11 3.5. Europäische Kommission 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 4 1. Einführung Der vorliegende Sachstand dient der Auskunft über aktuelle parlamentarische Aktivitäten und Rechtsetzung in EU-Mitgliedsländern, die die Regulierung im Sinne des Wirtschaftsverwaltungsrechts von sog. „Hate Speech“ oder „Fake News“ bzw. Desinformation im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken, zum Gegenstand haben. Dabei sind die Verfasser auf öffentlich zugängliche Quellen beschränkt, sodass kein Anspruch auf Vollständigkeit bestehen kann. Es konnten lediglich in sechs EU-Mitgliedländer derartige Gesetzesinitiativen ausfindig gemacht werden und auf EU-Gremienebene eher Kampagnen und Diskussionsinitiativen. Ausgeklammert werden all diejenigen bereits bestehenden Gesetze bzw. Gesetzesvorhaben, die sich zwar inhaltlich mit Diskriminierung im Allgemeinen beschäftigen und mithin auch die Sanktionierung von „Hate Speech“ und „Fake News“ umfassen, jedoch nicht speziell auf die Vereinfachung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Medien ausgerichtet sind. Da eine rechtsvergleichende Ausarbeitung im Hinblick auf Umfang und Expertise, die Möglichkeiten des Verfassers überschreitet, bleibt auch die ggf. differierende Interpretation von „Hate Speech“ und „Fake News“ durch die Mitgliedstaaten bzw. supranationale Organe unberücksichtigt. So existiert beispielsweise keine Definition dieser Begriffe im Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)1, obwohl in der Begründung2 zum Gesetzentwurf die Begriffe Hassrede („Hate Speech“), Hasskriminalität und Falschnachrichten („Fake News“) im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken gebraucht werden.3 2. „Hate Speech“ Die Regulierung von „Hate Speech“ betreffenden Gesetze sind ganz allgemein solche, die die Verbreitung von Hassrede und die Anstiftung zu Gewalt in sozialen Netzwerken betreffen. Ein mit dem NetzDG in Deutschland vergleichbares Regelwerk, das den oben genannten Vorbehalten entspricht, gibt es nach bisherigem Kenntnisstand in keinem Mitgliedstaat der Europäischen 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz - NetzDG) vom 01.09.2017 (BGBl. I S. 3352). 2 Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)“, 14.06.2017, BT-Drs. 18/12356, S. 11: „…Hassrede und rassistische Hetze können jede und jeden aufgrund der Meinung, Hautfarbe oder Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder der Sexualität diffamieren…“ Zur Problematik der Definition von Hate Speech und Fake News vgl. auch Wissenschaftliche Dienste, „Entwurf eines Netzwerkdurchsetzungsgesetzes - Vereinbarkeit mit der Meinungsfreiheit “, 12.06.2017 WD 10-3000-037/17, S. 12 f. 3 Vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)“, 14.06.2017, BT-Drs. 18/12727, S. 1 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 5 Union.4 Dieses Ergebnis wird jedoch möglicherweise nicht von langer Dauer sein, weil eine Tendenz dahingehend besteht, dass immer mehr Staaten Regelwerke dieser Art und Zielsetzung diskutieren und ausarbeiten. Im Übrigen ist den Gesetzgebungen der Mitgliedstaaten gemein, dass Fälle im Zusammenhang mit sozialen Medien im Rahmen allgemeiner Gesetze behandelt werden können. Problematisch bleibt jedoch die Identifizierung diskriminierender Inhalte im Internet bzw. sozialen Netzwerken, da diese Gesetze meist vor der Entwicklung des Internets, wie es heute besteht und genutzt wird, entstanden sind. 2.1. Frankreich In Frankreich gibt es bisher zwar nur Normen des Gesetzes vom 29. Juli 1881 über die Pressefreiheit (loi du 29 juillet 1881 sur la liberté de la presse) und des Strafgesetzbuches, die gegen den „discours de haine“ (Hassrede) gerichtet sind. Allerdings hat der derzeitige Premierminister Edouard Philippe ein entsprechendes Gesetz angekündigt, das sich speziell gegen rechtswidrige Inhalte im Internet - „cyberhaine“ (Internethass) richten soll.5 Dabei wird nach deutschem Vorbild über hohe Geldbußen für Anbieter von Sozialen Netzwerken nachgedacht, die „Hate Speech“ nicht innerhalb von 24 Stunden entfernen bzw. Benutzerkonten, die durch massive und widerholte „Hate Speech“ aufgefallen sind, löschen. Andererseits wird auch in Betracht gezogen, den Betroffenen die Qualifizierung als rassistisch bzw. antisemitisch vornehmen zu lassen.6 2.2. Italien Im Jahr 2017 hat Italien ein Gesetz zum Verbot von Cyber-Mobbing verabschiedet.7 Es gewährt unter anderem minderjährigen Opfern und dessen Eltern das Recht, den Datenverantwortlichen dazu zu veranlassen, missbräuchliche Inhalte innerhalb von 48 Stunden nach Eingang der Anfrage zu entfernen oder zu blockieren. Im Übrigen gelten starke Antidiskriminierungsgesetze 4 Vgl. dazu die Ausarbeitungen der Wissenschaftliche Dienste: „Rechtslage in Deutschland zu Hasskommentaren in sozialen Netzwerken nach Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“, 12.01.2018, WD 7 – 3000 – 165/17; „Kurzinformation: Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), Wesentliche Regelungen und Kritikpunkte“, 08.01.2018, WD 10 - 3000 - 002/18; „Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Diskussion in der rechtswissenschaftlichen Literatur“, 12.04.2018, WD 10 – 3000 – 022/18. 5 „Plan antiraciste: Edouard Philippe cible la «cyberhaine»“, Le Parisien, 19.03.2018, http://www.leparisien.fr/societe/plan-antiraciste-edouard-philippe-cible-la-cyberhaine-19-03-2018- 7616820.php [zuletzt abgerufen: 01.06.2018]; „Contre la "cyberhaine", le gouvernement a-t-il les moyens de ses ambitions?“, Europe 1, 19.03.2018, http://www.europe1.fr/societe/racisme-la-loi-va-etre-modifiee-pour-luttercontre -les-contenus-illicites-sur-internet-3603125 [zuletzt abgerufen: 01.06.2018]. 6 „La loi antiraciste va être renforcée pour lutter contre les contenus illicites sur Internet“, CNews, 19.03.2018, http://www.cnews.fr/france/2018-03-19/la-loi-antiraciste-va-etre-renforcee-pour-lutter-contre-les-contenusillicites -sur [zuletzt abgerufen: 01.06.2018]. 7 Gesetz Nr. 71 vom 29.05.2017, Gazzetta Ufficiale de la Republica Italiana, http://www.gazzettaufficiale.it/atto/serie_generale/caricaDettaglioAtto/originario?atto.dataPubblicazioneGazzett a=2017-06-03&atto.codiceRedazionale=17G00085&elenco30giorni=false. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 6 (wie das Gesetz Nr. 654/1975 i. d. F. 205/1993).8 Darüber hinaus hat die Abgeordnetenkammer des italienischen Parlaments im Juli 2014 einen Sonderausschuss eingesetzt, der sich mit den Rechten und Pflichten des Internets auch im Rahmen von Anhörungen auseinandergesetzt hat und anschließend im Jahr 2015 eine "Erklärung der Rechte im Internet" veröffentlicht hat.9 Dabei handelt es sich um nicht rechtsverbindliche Rahmenrichtlinien. Der „Corte Suprema di Cassazione “ (Oberster Kassationsgerichtshof ) hat mit seinem Urteil vom 31.07.2013 mit Artikel 416 „Kriminelle Vereinigung“ des Italienischen Strafgesetzbuches dessen Anwendung auf Hassreden durch virtuelle Gemeinschaften, Blogs und soziale Netzwerke ausgeweitet.10 Die italienische Medienaufsichtsbehörde AGCOM im Februar 2018 Leitlinien veröffentlicht, die den gleichberechtigten Zugang aller Parteien bzw. Kandidaten zu Online-Plattformen im Hinblick auf zukünftige Parlamentswahlen sicherstellen sollen; Unter anderem sollen die Online-Plattformen Instrumente bereitstellen, mit denen verleumderische bzw. verbotene Inhalte gegenüber Kandidaten gemeldet werden können.11 2.3. Lettland In Lettland gibt es das „Law On Information Society Services“ (Informācijas sabiedrības pakalpojumu likums), das am 08.06.2011 in Kraft getreten ist.12 Es reguliert die Verbreitung von Hassrede und die Anstiftung zu Gewalt in sozialen Netzwerken insoweit, als dass Abschnitt 12 vorsieht, dass Dienstanbieter durch Aufsichtsbehörden angewiesen werden können, Informationen herauszugeben oder bestimmte Aktivitäten zu unterbinden, soweit dies für die Verhütung und Untersuchung von Straftaten und die Einleitung von Strafverfahren notwendig ist. Das Gesetz dient insoweit der Durchsetzung des im Abschnitt 78 des Strafgesetzbuches geregelten „Triggering of National, Ethnic and Racial Hatred“13. Während die Überprüfungs- 8 Vgl. Haberl, Sonja, Zivilrechtlicher Schutz von Diskriminierung im Spiegel der europäischen Entwicklung: Deutschland und Italien im Vergleich, 2009, S. 135 f, http://eprints.unife.it/147/1/tesi_segreteria.pdf [zuletzt abgerufen: 05.06.2018]. 9 „Italy: Responding to «hate speech»“, ARTICLE 19, Länderbericht, 2018, S. 38, https://www.article19.org/wpcontent /uploads/2018/04/Italy-Responding-to-%E2%80%98hate-speech%E2%80%99_3.4.pdf [zuletzt abgerufen: 05.06.2018]. 10 Ziccardi, Giovanni, Il negazionismo in Internet, nel deep webe sui social network: evoluzionee strumenti di contrasto, notizie di Politeia, XXXIII, 125, 2017, S. 107-119, 114 f. http://www.istorecovda.it/wpcontent /uploads/2018/01/Articolo-Ziccardi-Politeia.pdf [zuletzt abgerufen: 05.06.2018]. 11 Apa, Ernesto/ Frigerio, Filippo, „Self-regulatory guidelines for online platforms for next general elections published by Italian Communication Authority“, Portolano Cavallo Studio Legale, IRIS Merlin, IRIS 2018- 3:1/24, https://merlin.obs.coe.int/iris/2018/3/article24.en.html [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 12 Law On Information Society Services, The State Language Centre, http://www.vvc.gov.lv/export/sites/default/docs/LRTA/Likumi/Law_On_Information_Society_Services.doc [zuletzt abgerufen: 01.06.2018]. 13 The Criminal Law, The State Language Centre, http://vvc.gov.lv/image/catalog/dokumenti/The%20Criminal%20Law.doc [zuletzt abgerufen: 01.06.2018]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 7 pflicht durch das NetzDG den Anbietern sozialer Netzwerke selbst zugewiesen wird, erfolgt sie hier durch externe Aufsichtsorgane.14 2.4. Österreich Auch in Österreich gibt es keine dem NetzDG vergleichbare Regelung. Seit Januar 2016 ist "Cyber-Mobbing" jedoch als "Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems" nach dem Strafgesetzbuch strafbar.15 Es handelt sich dabei um ein Offizialdelikt, das heißt dass die Staatsanwaltschaft die Handlung von Amts wegen zu verfolgen hat. Darüber hinaus existiert eine Vereinbarung der Österreichischen Regierung mit Facebook über die Koordinierung mit Strafverfolgungsbehörden und die schnelle Löschung von illegaler „Hate Speech“. Das Oberlandesgericht Wien hat im Jahr 2017 entschieden, dass Facebook als Hassbeiträge gewertete Inhalte auf der gesamten Plattform löschen muss und nicht nur für österreichische Nutzer sperren darf.16 2.5. Großbritannien Auch in Großbritannien existiert kein Gesetz, das sich speziell mit der Rechtsdurchsetzung in Bezug auf die Verbreitung von Hass und der Anstiftung zu Gewalt in sozialen Netzwerken befasst. Wiederholt hat die Britische Regierung betont, dass das, was offline illegal ist, auch online illegal sei.17 Stattdessen setzt die Regierung seit 2014 auf die Kooperation mit Online- Unternehmen im Rahmen einer Multi-Stakeholder-Initiative, eines freiwilligen Zusammenschlusses zwischen den öffentlichen, zivilgesellschaftlichen und privaten Akteuren, um sich mit den Herausforderungen bzw. Regelungsfragen des Internets zu beschäftigen.18 Im März 2017 veröffentlichte die Regierung eine neue digitale Strategie, in der sie ihre Maßnahmen zur 14 Vgl. Abschnitt 12 f. Law On Information Society Services, The State Language Centre, http://www.vvc.gov.lv/export/sites/default/docs/LRTA/Likumi/Law_On_Information_Society_Services.doc [zuletzt abgerufen: 01.06.2018]. 15 „Cyber-Mobbing“, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, 25.04.2018, https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/172/Seite.1720229.html [zuletzt abgerufen: 05.06.2018]. 16 OLG Wien Beschl. v. 26.4.2017 – 5 R 5/17t, BeckRS 2017, 110082, beck-online. 17 Vgl. „Action Against Hate: The UK Government’s action plan for tackling hate crime“, Home Office, Juli 2016, Abschnitt 4, Absatz 70, S. 28, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/543679/Acti on_Against_Hate_-_UK_Government_s_Plan_to_Tackle_Hate_Crime_2016.pdf [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 18 Vgl. „ UK Digital Strategy“, Policy paper, Department for Digital, Culture, Media & Sport and The Rt Hon Karen Bradley MP, 01.03.2017, https://www.gov.uk/government/publications/uk-digital-strategy/uk-digital-strategy [zuletzt abgerufen: 01.06.2018]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 8 Unterstützung eines "sicheren Cyberspace" darlegt und ihre Unterstützung für einen Multi- Stakeholder-Ansatz bekräftigt.19 2.6. Europäische supranationale Organisationen Auch auf der Ebene der Europäischen Union existiert zwar bisher keine gesetzliche Regelung gegen „Hate Speech“ im Internet. Derartige Vorhaben sind bisher auch nicht ersichtlich.20 Im Mai 2016 wurde jedoch der EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Hetze im Internet eingeführt, zu dessen Einhaltung sich die vier IT-Unternehmen Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft verpflichtet haben.21 Dem haben sich weitere IT-Unternehmen wie Snap-Chat angeschlossen.22 Unter anderem haben die Unternehmen sich damit dazu bereiterklärt, die Mehrheit der gültigen Meldungen in Bezug auf die Entfernung illegaler Hassreden in weniger als 24 Stunden zu überprüfen und die Inhalte ggf. zu entfernen oder den Zugang dazu zu sperren. Die Kommission überwacht und bewertet die Entwicklung fortlaufend.23 Fortschritte sind dem neusten Bericht der EU-Kommission zu entnehmen.24 Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof Österreichs dem EuGH Fragen zur noch abzuwartenden Vorabentscheidung vorgelegt, die die rechtliche Einordnung von „Hate Speech“ vor dem Hintergrund des Europarechts betreffen.25 Der Europarat setzt sich im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention gegen „Hate Speech“ auch im Internet ein, bspw. durch die Jugend-Kampagne „No Hate Speech Movement“, die von 2012 bis 2018 dafür engagierte sog. Hassrede zu vermeiden und aktiv dagegen vorzugehen.26 Auch brachte der Europarat ein Handbuch zur „Bekämpfung von Hate 19 „5. A safe and secure cyberspace - making the UK the safest place in the world to live and work online“, Policy paper, Department for Digital, culture, Media & Sport, 01.03.2017, https://www.gov.uk/government/publications/uk-digital-strategy/5-a-safe-and-secure-cyberspace-making-theuk -the-safest-place-in-the-world-to-live-and-work-online [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 20 „Vorerst keine EU-Gesetze gegen Hass und Hetze im Internet “, Süddeutsche Zeitung, 26.01.2018, http://www.sueddeutsche.de/news/politik/eu-vorerst-keine-eu-gesetze-gegen-hass-und-hetze-im-internetdpa .urn-newsml-dpa-com-20090101-180126-99-815074 [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 21 „ Europäische Kommission und IT-Unternehmen geben Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hassrede im Internet bekannt “, Europäische Kommission, Pressemitteilung, 31.05.2016, http://europa.eu/rapid/pressrelease _IP-16-1937_de.htm [zuletzt abgerufen: 01.06.2018]. 22 „Online-Hetze bekämpfen: Snapchat beteiligt sich an Initiative der EU-Kommission“, Europäische Kommission, 07.05.2018, https://ec.europa.eu/germany/news/20180507-snapchat_de [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 23 Zuletzt: „Results of Commission's last round of monitoring of the Code of Conduct against online hate speech“, 19.01.2018, http://ec.europa.eu/newsroom/just/item-detail.cfm?item_id=612086 [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 24 „Europäische Kommission und IT-Unternehmen geben Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hassrede im Internet bekannt“, Europäische Kommission, Pressemitteilung, 31.05.2016, http://europa.eu/rapid/pressrelease _IP-18-261_de.pdf [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 25 OGH Wien Beschl. v. 25.10.2017 – 6 Ob 116/17b, BeckRS 2017, 138184, beck-online. 26 Das nationale Kampagnen Komitee in Deutschland, https://no-hate-speech.de/de/netzwerk/ [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 9 Speech im Internet durch Menschenrechtsbildung“ zu heraus.27 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat im März 2018 eine Art Kasuistik von Fällen des EGMR veröffentlicht, die „Hate Speech“ zum Gegenstand hatten.28 3. „Fake News“ Die Regulierung von „Fake News“ betreffenden Gesetze sind ganz allgemein solche, die die Verbreitung falscher Informationen betreffen. Ein mit dem NetzDG in Deutschland vergleichbares Regelwerk, das den oben genannten Vorbehalten entspricht, ist zumindest bei Abschluss der Arbeit in keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union in Kraft. Allerdings ist ein deutlicher Trend zu erkennen, dass sich die Staaten mit intensiv mit der Thematik auseinandersetzen. Im Übrigen bestehen die üblichen zivil- und presserechtlichen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Gegendarstellungsansprüche Betroffener bzw. die strafrechtliche Ahndung von Verleumdungsoder Volksverhetzungstatbeständen. 3.1. Frankreich Das von dem derzeitigen Präsidenten Emmanuel Macron im Januar 2018 angekündigte Gesetz gegen „Fake News“, das sich in Zeiten des Wahlkampfs gegen die Manipulation von Informationen richten soll,29 wurde im März 2018 als Entwurf zur Bekämpfung falscher Informationen, Nr. 799, eingereicht und an den Ausschuss für kulturelle Angelegenheiten und Bildung verwiesen. Seit der dritten öffentlichen Debatte am 07.06.2018 prüft die Nationalversammlung das Gesetz. Zwar hat die Regierung am 26. März 2018 das beschleunigte Verfahren für den Gesetzesentwurf eingeleitet, sodass eine Lesung im Parlament ausreichen könnte, um das Gesetz zu verabschieden. Allerdings konnte das Parlament die Prüfung der zahlreichen Änderungsanträge bisher nicht abschließen.30 Wann diese Lesung stattfinden wird, ist bisher nicht bekannt - voraussichtlich während einer außerordentlichen Parlamentssitzung 27 „Bekämpfung von Hate Speech im Internet durch Menschenrechtsbildung“, Europarat, 2016, https://www.saferinternet.at/uploads/tx_simaterials/Bookmarks_Handbuch_02.pdf [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 28 „Hate Speech“, European Court of Human Rights, März 2018, https://www.echr.coe.int/Documents/FS_Hate_speech_ENG.pdf [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 29 Blocman, Amélie, „Frankreich, Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Ankündigung eines Gesetzesentwurfs “, Légipresse, IRIS Merlin, IRIS 2018-2:1/17, http://merlin.obs.coe.int/iris/2018/2/article17.de.html [zuletzt abgerufen: 05.06.2018]. 30 „Travaux préparatoires“, Assemblée nationale, http://www.assembleenationale .fr/15/dossiers/old_fausses_informations_lutte.asp [zuletzt abgerufen: 05.06.2018]; „Légiférer ou non contre les fausses informations, un dilemme qui traverse l’Europe“, Le Monde, 07.06.2018, https://www.lemonde.fr/europe/article/2018/06/07/legiferer-ou-non-contre-les-fausses-informations-undilemme -qui-traverse-l-europe_5310989_3214.html [zuletzt abgerufen: 05.06.2018]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 10 der Nationalversammlung im Juli 2018.31 Es soll noch vor den Europawahlen 2019 in Kraft treten. Das Gesetz soll ein rasches Handeln in Wahlkampfzeiten ermöglichen und konzentriert sich auf die Verhinderung jeglicher Versuche, die die Wahl beeinflussen könnten.32 Die Rundfunkbehörde CSA (Conseil supérieur de l’audiovisuel) soll in die Lage versetzt werden, von ausländischen Staaten kontrollierte Fernsehkanäle auszusetzen. Digitalen Plattformen würde eine Transparenzverpflichtung und Mitwirkungspflicht auferlegt werden, indem sie verpflichtet würden, rechtswidrige Inhalte unverzüglich zu löschen und diese anzuzeigen. Darüber hinaus soll ein beschleunigtes Verfahren – beschränkt auf die Zeit vor und während den Wahlen – vor den Zivilgerichten etabliert werden, um die Verbreitung falscher Informationen zu unterbinden. 3.2. Großbritannien Auch in Großbritannien sind bisher keine speziellen Gesetzesvorhaben geplant. Der Ausschuss für Kultur, Medien und Sport beschäftigt sich jedoch im Rahmen einer Art Enquete-Kommission mit dem Thema „Fake News“.33 3.3. Litauen In Litauen wird Desinformation ausdrücklich im Gesetz über die Bereitstellung von Informationen für die Öffentlichkeit von 1996 behandelt.34 Es handelt sich dabei um allgemeine, nicht jedoch speziell die sozialen Medien betreffenden Regelungen. Danach ist es verboten, Desinformationen und Informationen zu verbreiten, die eine Person verleumden, beleidigen oder ihre Ehre und Würde herabsetzen, vgl. Art. 19 des Gesetzes. Ist eine betroffene natürliche oder juristische Person der Ansicht, dass ein Urheber bzw. Verbreiter von öffentlichen Informationen, solche Informationen veröffentlicht bzw. verbreitet hat, die vermutlich nicht veröffentlicht werden sollen, so hat er danach das Recht, bei der litauischen Rundfunkanstalt einen Antrag auf Durchführung von Ermittlungen zu stellen. Diese hat dann eine Entscheidung bzgl. der Veröffentlichung bzw. Verbreitung zu treffen. Sie kann auch Sanktionen aussprechen, wie die Aussetzung oder den Widerruf der Sendelizenzen. 31 „Fake-News-Gesetz soll Desinformation bei der Europawahl verhindern“, Der Tagesspiegel, 11.06.2018, https://www.tagesspiegel.de/politik/frankreich-fake-news-gesetz-soll-desinformation-bei-der-europawahlverhindern /22673784.html [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 32 „Lutte contre les fausses informations“, Sénat, https://www.senat.fr/espace_presse/actualites/201806/lutte_contre_les_fausses_informations.html#c641357 [zuletzt abgerufen: 13.06.2018]. 33 „Fake news“, House of Commons, Culture, Media and Sport Committee, https://www.parliament.uk/business/committees/committees-a-z/commons-select/digital-culture-media-andsport -committee/inquiries/parliament-2017/fake-news-17-19/ [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 34 Republic of Lithuania Law on the Provision of Information to the Public, https://eseimas .lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAD/2865241206f511e687e0fbad81d55a7c?jfwid=1clcwosx33 [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 032/18 Seite 11 3.4. Österreich In Österreich existierte seit 1974 ein Gesetz, das die Verbreitung falscher, beunruhigender Gerüchte sanktionierte, § 276 Strafgesetzbuch a.F. Es wurde jedoch im Jahr 2016 außer Kraft gesetzt.35 3.5. Europäische Kommission Die Europäische Kommission hatte im Januar 2018 eine hochrangige Expertengruppe mit Vertretern von Wissenschaft, Online-Plattformen, Nachrichtenmedien und Organisationen der Zivilgesellschaft eingerichtet, die zur Entwicklung einer EU-Strategie gegen die Verbreitung von „Fake News“ beitragen sollte.36 Sie präsentierte ihre Empfehlung zum Umgang mit „Fake News“ im März 2018.37 Die Kommission hat daraufhin konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von „Fake News“ im Internet vorgeschlagen, die – zumindest noch – auf das Prinzip der Selbstregulierung setzen. Dazu gehört der unionsweite Verhaltenskodex für den Bereich der Desinformation, den die Online-Plattformen als erstes bis Ende Juli ausarbeiten sollen, um bis Oktober 2018 messbare Ergebnisse erzielen zu können.38 Darüber hinaus hat die Kommission ein unabhängiges Netz von Faktenprüfern und eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung von Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz vorgeschlagen. Bis Dezember 2018 will die die Kommission einen Bericht über die erzielten Fortschritte erstellen bzw. die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen erstellen.39 **** 35 „Bundesrecht konsolidiert: Strafgesetzbuch § 276, Fassung vom 25.09.2015“, BGBl. I Nr. 112/2015, Bundeskanzleramt, https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002296&Fassung Vom=2015-09-25&Artikel=&Paragraf=276&Anlage=&Uebergangsrecht= [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 36 „Weitere Schritte gegen Fake News: Kommission richtet hochrangige Expertengruppe ein und startet öffentliche Konsultation“, Europäische Kommission, Pressemitteilung, 13.11.2017, http://europa.eu/rapid/press-release_IP- 17-4481_de.htm [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 37 „Final Report of the High Level Expert Group on Fake News and Online Disinformation“, Europäische Kommission, 12.03.2018, https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/final-report-high-level-expertgroup -fake-news-and-online-disinformation [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 38 „Bekämpfung von Desinformation im Internet: Europäische Kommission schlägt einen unionsweiten Verhaltenskodex vor“, Europäische Kommission, Pressemitteilung, 26.04.2018, http://europa.eu/rapid/pressrelease _IP-18-3370_de.htm. [zuletzt abgerufen: 12.06.2018]. 39 „Wird aus Selbstkontrolle bald Gesetz?“, Deutschlandfunk, 26.04.2018, http://www.deutschlandfunk.de/eumassnahmen -gegen-fake-news-wird-aus-selbstkontrolle-bald.2907.de.html?dram:article_id=416603 [zuletzt abgerufen: 12.06.2018].