© 2020 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 030/20 Verfassungsrechtliche Aspekte der Übermittlung von gelöschten Inhalten und IP-Adressen an das Bundeskriminalamt nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität (BT-Drs. 19/17741 und 19/20163) Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 2 Verfassungsrechtliche Aspekte der Übermittlung von gelöschten Inhalten und IP-Adressen an das Bundeskriminalamt nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität (BT-Drs. 19/17741 und 19/20163) Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 030/20 Abschluss der Arbeit: 15. September 2020 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 8 1.1. Intentionen des Gesetzgebers 8 1.2. Ablauf des Verfahrens 9 1.3. Gesetzessystematik - Doppeltürenmodell 10 2. Bestehende, für den Untersuchungsgegenstand relevante gesetzliche Regelungen 11 2.1. § 113 Abs. 1 S. 1 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 11 2.2. § 113 Abs. 1 S. 2 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Zugangsdaten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 11 2.3. § 113 Abs.1 S. 3 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, anhand einer dynamischen IP- Adresse ermittelte Bestandsdaten zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 11 2.4. § 10 Abs. 1 S. 1 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten zu verlangen (Abrufbefugnis) 11 2.5. § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Auskunft über Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, zu verlangen (Abrufbefugnis) 11 2.6. § 10 Abs. 2 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 12 2.7. Zwischenfazit 12 3. Übersicht über die Neuregelungen im Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität sowie Begriffserläuterungen 12 3.1. § 3a NetzDG n.F.: Melde- und Übermittlungspflicht der Anbieter von sozialen Netzwerken 13 3.2. § 15a S. 1 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, Bestands- und Nutzungsdaten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 14 3.3. § 15a S. 3 und 4 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelte Bestandsdaten zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 4 3.4. § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 15 3.5. § 10a Abs. 1 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Nutzungsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 16 3.6. § 10 Abs. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 16 3.7. § 15b TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, zur Erfüllung Ihnen obliegender Auskunftspflichten Zugangsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 16 3.8. § 10 Abs. 1 S. 3 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Zugangsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 16 3.9. Zwischenfazit 16 4. Verfassungsrechtliche Beurteilung der für den Untersuchungsgegenstand relevanten bestehenden Rechtslage – Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II 17 4.1. Grundsätze der Übermittlungsbefugnisse 17 4.1.1. Allgemeiner Maßstab 17 4.1.2. Legitimes Ziel, Eignung, Erforderlichkeit 18 4.1.3. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne 18 4.1.3.1. Eingriffsgewicht 18 4.1.3.2. Normenklare Begrenzung der Befugnisse im Verhältnis zum Gewicht des Eingriffs 19 4.2. § 113 Abs. 1 S. 1 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 19 4.2.1. Wortlaut 19 4.2.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung 20 4.2.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle 20 4.3. § 113 Abs. 1 S. 2 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Zugangsdaten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 21 4.3.1. Wortlaut 21 4.3.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung 21 4.3.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle 21 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 5 4.4. § 113 Abs.1 S. 3 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, anhand einer dynamischen IP- Adresse ermittelte Bestandsdaten zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 22 4.4.1. Wortlaut 22 4.4.2. Grundrechtseingriff: Art. 10 Abs. 1 GG 23 4.4.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle 23 4.5. Grundsätze der Abrufbefugnisse 24 4.6. § 10 Abs. 1 S. 1 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten zu verlangen (Abrufbefugnis) 24 4.6.1. Wortlaut 24 4.6.2. § 10 Abs.1 S.1 Nr. 1 BKAG 25 4.6.3. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 BKAG 27 4.7. § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Auskunft über Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, zu verlangen (Abrufbefugnis) 27 4.7.1. Wortlaut 27 4.7.2. Beurteilung durch das Bundesverfassungsgericht 27 4.8. § 10 Abs. 2 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 28 4.8.1. Wortlaut 28 4.8.2. Unverhältnismäßigkeit mangels hinreichend begrenzender Eingriffsschwelle 28 5. Verfassungsrechtliche Beurteilung der für die Beurteilung des Untersuchungsgegenstandes relevanten zukünftigen Rechtslage 28 5.1. § 15a S. 1 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, zur Erfüllung ihnen obliegender Auskunftspflichten Bestands- und Nutzungsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis), 28 5.1.1. Wortlaut 28 5.1.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung 29 5.1.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle 30 5.2. § 15a S. 3 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelte Bestandsdaten zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 30 5.2.1. Wortlaut 30 5.2.2. Grundrechtseingriff: Art. 10 Abs. 1 GG 30 5.2.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle 30 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 6 5.3. § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis), 31 5.3.1. Wortlaut 31 5.3.2. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle 31 5.4. § 10 Abs. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis), 31 5.4.1. Wortlaut 31 5.4.2. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle 31 5.5. § 10a Abs. 1 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Nutzungsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis). 32 5.5.1. Wortlaut 32 5.5.2. Intention des Gesetzgebers 32 5.5.3. Verfassungsrechtliche Beurteilung 33 5.6. § 15b TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, zur Erfüllung Ihnen obliegender Auskunftspflichten Zugangsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis), 33 5.6.1. Wortlaut 33 5.6.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung 34 5.6.3. Eingeschränkte Übermittlungsbefugnis nach § 15b Abs. 2 TMG n.F. 34 5.6.4. Verhältnismäßigkeit der eingeschränkten Übermittlungsbefugnis nach § 15b Abs. 2 TMG n.F. 35 5.7. § 10 Abs. 1 S. 3 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Zugangsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 36 5.7.1. Wortlaut 36 5.7.2. Verfassungsrechtliche Beurteilung 36 5.8. § 3a NetzDG n.F.: Meldepflichten für die Anbieter sozialer Netzwerke an das Bundeskriminalamt als Zentralstelle 36 5.8.1. Wortlaut 36 5.8.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung 38 5.8.3. Gesetzliche Ermächtigung für den Grundrechtseingriff 38 5.8.3.1. Legitimer Gemeinwohlzweck 38 5.8.3.2. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 39 5.8.3.2.1. Eignung 39 5.8.3.2.2. Befugnisse des Bundeskriminalamts 39 5.8.3.2.3. Doppeltürenmodell 39 5.8.3.2.4. § 113 Abs. 1 S. 3 TKG: Übermittlungsbefugnis für Anbieter von Telekommunikationsdiensten für durch Zuordnung von IP- Adressen gewonnene Bestandsdaten 40 5.8.3.2.5. § 15a S. 3 TMG n.F.: Übermittlungsbefugnis für die Anbieter von Telemediendiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten 40 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 7 5.8.3.2.6. § 10 Abs. 2 BKAG: Abrufbefugnis des Bundeskriminalamts gegenüber den Anbietern von Telekommunikationsdiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten 40 5.8.3.2.7. § 10 Abs. 2 BKAG n.F.: Abrufbefugnis des Bundeskriminalamts gegenüber Anbietern von Telemediendiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten 41 5.8.4. Zwischenfazit 41 6. Übergangsregelung 42 7. Fazit 42 7.1. Auswirkungen auf Übermittlungsbefugnisse der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen 42 7.2. Auswirkungen auf Abrufbefugnisse des Bundeskriminalamts nach derzeitigem BKAG 43 7.3. Doppeltürenmodell 43 7.4. Auswirkungen auf § 3a NetzDG n.F. im Zeitraum nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität bis zur Neuregelung der o.a. Vorschriften, längstens aber bis zum 31. Dezember 2021 43 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 8 1. Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung befasst sich mit den verfassungsrechtlichen Implikationen der Vereinbarkeit der Übermittlung von gelöschten Inhalten und IP-Adressen an das Bundeskriminalamt nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität (BT-Drs. 19/177411 und 19/201632). Im Interesse eines besseren Verständnisses dieser Übermittlungspflicht im System der Übermittlungsbefugnisse und Abfragebefugnisse von Daten werden auch die in diesem Zusammenhang relevanten Normen dargestellt. Der Entwurf wurde von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD in den Bundestag eingebracht und am 3. Juli 2020 in 3. Lesung durch den Deutschen Bundestag in der Ausschussfassung beschlossen .3 Der Bundesrat hat am selben Tag zugestimmt. Das Gesetz wurde (Stand: 15. September 2020) noch nicht vom Bundespräsidenten ausgefertigt. Obwohl es noch nicht in Kraft getreten ist4, wird in Anbetracht der Verabschiedung durch den Deutschen Bundestag im Folgenden darauf verzichtet, die in dem Gesetz enthaltenen Normen mit dem Zusatz „Entwurf“ zu versehen. Stattdessen werden diese Regelungen als „neue Fassung“ (n.F.) bezeichnet. 1.1. Intentionen des Gesetzgebers Ziel des Gesetzesvorhabens soll die effektive Strafverfolgung insbesondere von Hasskriminalität mit rechtsextremistischem Hintergrund sowie von Verbreitung von Kinderpornographie sein – nicht nur, aber gerade auch bei Tatbegehungen im Internet. 1 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags-Drucksache 19/17741. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf. Zuletzt abgerufen – wie alle URL in dieser Arbeit – am 15. September 2020. 2 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz. Bundestags-Drucksache 19/20163. Abrufbar unter: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/201/1920163.pdf. Die Beschlussempfehlung betrifft auch den wortgleichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung – Bundestags-Drucksache 19/18470. Abrufbar unter: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/184/1918470.pdf. 3 Siehe http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP19/2599/259975.html. 4 Art. 8 des Entwurfes des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags -Drucksache 19/17741. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 9 Das seit 2017 geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)5 bewirkte nach Einschätzung des Gesetzgebers zwar, „dass eine Vielzahl von Beschwerden wegen strafbarer Inhalte nach einer Überprüfung zu deren Löschung geführt hat.“6 Problematisch sei aber, dass die Strafverfolgungsbehörden in vielen Fällen keine Kenntnis von den durch die Anbieter der sozialen Netzwerke gelöschten Inhalte erlangt hätten und daher der Eindruck sich verstärkt hätte, dass – mangels strafrechtlicher Konsequenzen – das Internet sich zu einem rechtsfreien Raum entwickele.7 Aus diesem Grund verpflichtet das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität die seinem Anwendungsbereich unterliegenden Anbieter sogenannter sozialer Netzwerke8, „bestimmte strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt (BKA) zu melden, damit von dort aus die Strafverfolgung durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden veranlasst werden kann.“9 1.2. Ablauf des Verfahrens Das Verfahren gliedert sich also in folgende Schritte: Die Anbieter sozialer Netzwerke melden bestimmte strafrechtlich relevante Inhalte dem Bundeskriminalamt als Zentralstelle mit IP-Adresse und Port-Nummer (§ 3a NetzDG n.F.). Das Bundeskriminalamt schätzt ein, ob die übermittelten Inhalte auch tatsächlich strafrechtlich relevant sind. Wenn diese Einschätzung positiv ausfällt, fordert es die bei dem Anbieter des sozialen Netzwerkes gespeicherten Daten an, soweit sie zur Identifizierung des Verfassers erforderlich sind. Außerdem – und dies ist keine Neuerung des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität – kann das Bundeskriminalamt nach § 10 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz - BKAG)10 5 Netzwerkdurchsetzungsgesetz vom 1. September 2017 (BGBl. I S. 3352), das durch Artikel 274 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/netzdg/BJNR335210017.html. 6 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags-Drucksache 19/17741, S. 1. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf. 7 Ebd., S. 2. 8 Die Pflicht trifft alle Anbieter von Telemediendiensten mit mehr als zwei Millionen registrierten Nutzern im Inland (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 NetzDG n.F.). 9 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags-Drucksache 19/17741, S. 2. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf. 10 Bundeskriminalamtgesetz vom 1. Juni 2017 (BGBl. I S. 1354; 2019 I S. 400), das durch Artikel 152 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/bkag_2018/BJNR135410017.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 10 von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt , Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes (TKG)11 erhobenen Daten verlangen (§ 113 Abs. 1 S. 1 TKG). Schließlich übermittelt das Bundeskriminalamt nach der Identifizierung des Verfassers die von ihm als strafrechtlich relevant im Sinne des § 3a NetzDG n.F. angesehenen Inhalte sowie die beim Anbieter des sozialen Netzwerkes bzw. beim Anbieter von Telekommunikationsdiensten abgefragten Daten an die jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder. Erhebung von Daten durch die Strafverfolgungsbehörden der Länder im Rahmen der Strafverfolgung nach der Strafprozessordnung.12 1.3. Gesetzessystematik - Doppeltürenmodell Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründen „Vorschriften, die zum Umgang mit personenbezogenen Daten ermächtigen, verschiedene, aufeinander aufbauende Eingriffe (insbes Erhebung, Speicherung und Übermittlung sowie Datenabruf und –übermittlung)“13. Ein Datenaustausch vollziehe sich durch korrespondierende Eingriffe von Abfrage und Übermittlung . Diese bedürften jeweils einer eigenen Rechtsgrundlage: „Der Gesetzgeber muss, bildlich gesprochen , nicht nur die Tür zur Übermittlung von Daten öffnen, sondern auch die Tür zu deren Abfrage. Erst beide Rechtsgrundlagen gemeinsam, die wie eine Doppeltür zusammenwirken müssen , berechtigen zu einem Austausch personenbezogener Daten. Dies schließt – nach Maßgabe der Kompetenzordnung und den Anforderungen der Normenklarheit – nicht aus, dass beide Rechtsgrundlagen auch in einer Norm zusammengefasst werden können.“14 Insofern bedarf es zum einen einer gesetzlichen Grundlage, die es Unternehmen gestattet, Daten an Bedarfsträger zu übermitteln, der sogenannten Übermittlungsbefugnis. Dieser Rechtsgrundlage muss eine Befugnis der Bedarfsträger entsprechen, die Daten bei den Unternehmen zu erheben, die Abrufbefugnis. 11 Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 319 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet .de/tkg_2004/BJNR119000004.html. 12 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags-Drucksache 19/17741, S. 16. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf 13 BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 –1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I, juris 2b zu Ls 2. 14 BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 –1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I, juris Rn. 123. Zu den Einzelheiten s.: BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 201f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 11 2. Bestehende, für den Untersuchungsgegenstand relevante gesetzliche Regelungen 2.1. § 113 Abs. 1 S. 1 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis ) Diese Vorschrift gestattet es den Anbietern von Telekommunikationsdiensten, die nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten bestimmten, in Abs. 3 der Vorschrift genannten Behörden zu übermitteln. Die Auskunft darf gem. Abs. 2 der Vorschrift nur erteilt werden, wenn • die Textform eingehalten wird, • dies zum Zweck der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, • dies zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung • oder für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes, des Militärischen Abschirmdienstes sowie der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder geschieht. 2.2. § 113 Abs. 1 S. 2 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Zugangsdaten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) Für die Übermittlung von Zugangsdaten, d. h. für Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, gelten ebenfalls die obigen Voraussetzungen. Beispiele dafür sind Passwörter, PIN und PUK. 2.3. § 113 Abs.1 S. 3 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelte Bestandsdaten zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis ) § 113 Abs. 1 S. 3 TKG gibt Anbietern von Telekommunikationsdiensten die Befugnis, Daten, die mithilfe einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen – und daher dynamischen – IP-Adresse ermittelt wurden, zu übermitteln. Der Anbieter von Telekommunikationsdiensten muss dabei in einem Zwischenschritt die entsprechenden Verkehrsdaten seiner Kunden sichten und dafür auf konkrete Telekommunikationsvorgänge zugreifen, um festzustellen, welchem Anschlussinhaber die IP-Adresse zu dem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war. 2.4. § 10 Abs. 1 S. 1 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten , Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten zu verlangen (Abrufbefugnis) 2.5. § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten , Auskunft über Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 12 Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, zu verlangen (Abrufbefugnis) 2.6. § 10 Abs. 2 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten , Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 2.7. Zwischenfazit Den drei Übermittlungsbefugnissen für Betreiber von Telekommunikationsdiensten stehen auch drei Abrufbefugnisse des Bundeskriminalamts gegenüber. Insofern ist das Doppeltürenmodell des Bundesverfassungsgerichts15 formal erfüllt. 3. Übersicht über die Neuregelungen im Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität sowie Begriffserläuterungen Um das gesetzte Ziel zu erreichen, nahm der Gesetzgeber unter anderem folgende Änderungen vor: § 3a NetzDG n.F.: Meldepflichten für die Anbieter sozialer Netzwerke an das Bundeskriminalamt als Zentralstelle, § 15a S. 1 des Telemediengesetzes (TMG)16 n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten , zur Erfüllung Ihnen obliegender Auskunftspflichten Bestands- und Nutzungsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis), § 15a S. 3 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, zur Erfüllung Ihnen obliegender Auskunftspflichten Bestands- und Nutzungsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis), § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis), § 10 Abs. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis), § 10a Abs. 1 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Nutzungsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis). Außerdem wurde noch die Frage der Herausgabe von Zugangsdaten, also Passwörtern etc., durch die Anbieter von Telemediendiensten geregelt: 15 BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 –1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I, juris Rn. 123. 16 Zurzeit geltende Fassung: Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/tmg/BJNR017910007.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 13 § 15b TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, zur Erfüllung Ihnen obliegender Auskunftspflichten Zugangsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis ), § 10 Abs. 1 S. 3 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Zugangsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis). Der Gesetzgeber hat mit der Ausdehnung und Anpassung der für die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen geltenden Regeln (§ 113 TKG) auf die Anbieter von Telemediendiensten dem Umstand Rechnung getragen, dass Telemediendienste zunehmend als Telekommunikationsdienste genutzt werden, für diese aber entsprechende Regelungen fehlten.17 Im Einzelnen: 3.1. § 3a NetzDG n.F.: Melde- und Übermittlungspflicht der Anbieter von sozialen Netzwerken Anbieter von sozialen Netzwerken sind nach § 1 Abs. 1 NetzDG solche Telemediendiensteanbieter , die mit Gewinnerzielungsabsicht Plattformen im Internet betreiben, die dazu bestimmt sind, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen (soziale Netzwerke). Wenn das soziale Netzwerk in der Bundesrepublik mehr als zwei Millionen registrierte Nutzer hat, treffen den Anbieter nach Inkrafttreten des Gesetzes gemäß §§ 1 Abs. 1, 1 Abs. 2 n.F. und 3a n.F. NetzDG Melde- und Übermittlungspflichten. Er muss nach § 3a NetzDG n.F. „dem Bundeskriminalamt als Zentralstelle zum Zwecke der Ermöglichung der Verfolgung von Straftaten Inhalte übermitteln, 1. die dem Anbieter in einer Beschwerde über rechtswidrige Inhalte gemeldet worden sind, 2. die der Anbieter entfernt oder zu denen er den Zugang gesperrt hat und 3. bei denen konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie mindestens einen der Tatbestände a) der §§ 86, 86a, 89a, 91, 126, 129 bis 129b, 130, 131 oder 140 des Strafgesetzbuches, b) des § 184b in Verbindung mit § 184d des Strafgesetzbuches oder c) des § 241 des Strafgesetzbuches in Form der Bedrohung mit einem Verbrechen gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit erfüllen und nicht gerechtfertigt sind.“ 17 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags-Drucksache 19/17741, S. 39ff. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 14 Die genannten Straftatbestände18 umfassen u.a. verschiedenste „Formen von Hasskriminalität“19 sowie Kinderpornographie. Deren strafrechtliche Ahndung ist nach der Auffassung des Gesetzgebers „für den Schutz der demokratischen und pluralistischen Gesellschaft von besonderer Bedeutung “20. Der Anbieter muss nach § 3a Abs. 4 Nr. 2 NetzDG n.F. nicht nur diese Inhalte übermitteln, sondern auch– sofern vorhanden – „die IP-Adresse einschließlich der Portnummer, die als letztes dem Nutzer, der den Inhalt mit anderen Nutzern geteilt oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, zugeteilt war.“ 3.2. § 15a S. 1 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, Bestands- und Nutzungsdaten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) Jeder, der geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt, – also nicht nur die Anbieter sozialer Netzwerke – darf nach § 15a TMG n.F. die nach § 14 Abs. 1 TMG erhobenen Bestandsdaten21 und 18 § 86 StGB: Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen § 86a StGB: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 89a StGB: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat § 91 StGB: Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat § 126 StGB: Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten § 129 StGB: Bildung krimineller Vereinigungen § 129a StGB: Bildung terroristischer Vereinigungen § 129b StGB: Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung § 130 StGB: Volksverhetzung § 131 StGB: Gewaltdarstellung § 140 StGB: Belohnung und Billigung von Straftaten § 184b StGB: Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften § 184d StGB: Zugänglichmachen pornographischer Inhalte mittels Rundfunk oder Telemedien; Abruf kinder - und jugendpornographischer Inhalte mittels Telemedien § 241 StGB: Bedrohung 19 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags-Drucksache 19/17741, S. 41. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf. 20 Ebd., S. 17. 21 Definition in § 14 Abs. 1 TMG: Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit sie für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Diensteanbieter und dem Nutzer über die Nutzung von Telemedien erforderlich sind (Bestandsdaten ). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 15 die nach § 15 Abs. 1 TMG erhobenen Nutzungsdaten22 zur Erfüllung von Auskunftspflichten gegenüber den in § 15a Abs. 3 TMG n.F. genannten Sicherheitsbehörden zu den in § 15b Abs. 2 TMG n.F. aufgeführten Fällen verwenden. Ausgenommen davon sind – arg. ex § 15b Abs. 1 S. 1 TMG n.F. – „die nach § 14 Absatz 1 erhobenen Passwörter und andere Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen , die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird.“ Diese Auskunftsbefugnis umfasst also keine Passwörter und andere Daten, mit denen also beispielsweise der Zugriff auf in einer Cloud gespeicherte Daten ermöglicht wird (Zugangsdaten ).23 Dabei muss das Auskunftsersuchen in Textform und unter Angabe einer gesetzlichen Bestimmung , die der anfragenden Sicherheitsbehörde die Erhebung der Bestands- und Nutzungsdaten erlaubt, gestellt werden. Insofern liegt eine Übermittlungsbefugnis vor, die es denjenigen, die geschäftsmäßig Telemediendienste erbringen, gestattet, Bestands- und Nutzungsdaten an Sicherheitsbehörden zu übermitteln . 3.3. § 15a S. 3 und 4 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelte Bestandsdaten zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) § 15a S. 3 TMG n.F. entspricht § 113 Abs. 1 S. 3 TKG und gibt Anbietern von Telemediendiensten die Befugnis, Daten, die mithilfe einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen – und daher dynamischen – IP-Adresse ermittelt wurden, zu übermitteln. 3.4. § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) Die Abrufbefugnis für das Bundeskriminalamt auf die Bestandsdaten der Anbieter von Telemediendiensten ist in § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG n.F. geregelt für alle Fälle, in denen das Bundeskriminalamt in seiner Funktion als Zentralstelle für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen und für die Kriminalpolizei gem. § 2 Abs. 1 BKAG tätig wird. 22 Definition in § 15 Abs. 1 TMG: Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und abzurechnen (Nutzungsdaten). Nutzungsdaten sind insbesondere 1. Merkmale zur Identifikation des Nutzers, 2. Angaben über Beginn und Ende sowie des Umfangs der jeweiligen Nutzung und 3. Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien. 23 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags-Drucksache 19/17741, S. 40. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 16 3.5. § 10a Abs. 1 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Nutzungsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) Für die Nutzungsdaten der Anbieter von Telemediendiensten ist die Abrufbefugnis des Bundeskriminalamts in diesen Fällen in § 10a Abs. 1 BKAG n.F. statuiert. 3.6. § 10 Abs. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) Das Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zur verlangen (§ 113 Abs. 1 S. 3) wurde auf so gewonnene Daten von Anbietern von Telemediendiensten erweitert. 3.7. § 15b TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, zur Erfüllung Ihnen obliegender Auskunftspflichten Zugangsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis ) In § 15b Abs. 1 TMG n.F. wird den Anbietern von Telemediendiensten die Übermittlung von Passwörtern und anderen Zugangsdaten (s. dazu oben 3.2.) gestattet. Die Übermittlung dieser Daten ist nach § 15b Abs. 2 TMG n.F. an strengere Voraussetzungen gebunden als die Übermittlung von Bestands- und Zugangsdaten nach § 15a TMG n.F., die keinen Zugriff auf beispielsweise in einer Cloud gespeicherte Daten ermöglichen. Außerdem bedarf es eines entsprechenden gerichtlichen Beschlusses. 3.8. § 10 Abs. 1 S. 3 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Zugangsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) Das Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Auskunft über Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, zu verlangen, besteht nunmehr auch gegenüber Anbietern von Telemediendiensten. 3.9. Zwischenfazit Den Übermittlungsbefugnissen der Betreiber von Telekommunikationsdiensten stehen entsprechende Abrufbefugnisse des Bundeskriminalamts gegenüber. Insofern ist das „Doppeltürenmodell “ des Bundesverfassungsgerichts24 formal erfüllt. 24 BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 –1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I –, juris Rn. 123. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 17 4. Verfassungsrechtliche Beurteilung der für den Untersuchungsgegenstand relevanten bestehenden Rechtslage – Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II 4.1. Grundsätze der Übermittlungsbefugnisse 4.1.1. Allgemeiner Maßstab Sowohl Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als auch solche in das Telekommunikationsgeheimnis bedürfen grundsätzlich – wie alle anderen Grundrechtseingriffe auch – einer gesetzlichen Ermächtigung, die einen legitimen Gemeinwohlzweck verfolgt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 2 Abs. 1 GG. Es gewährleistet jeder Person, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten zu bestimmen, sowie „zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden“. Grundrechtsträgerinnen und -träger müssen „wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß“.25 Die Gewährleistung greift insbesondere, wenn die Entfaltung der Persönlichkeit dadurch gefährdet wird, dass personenbezogene Informationen von staatlichen Behörden in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden, die Betroffene weder überschauen noch beherrschen können. Hierunter fallen auch personenbezogene Informationen zu den Modalitäten der Bereitstellung von Telekommunikation.26 Deshalb muss diese gesetzliche Ermächtigung zur Erreichung des legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Dafür bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, die die Datenverwendung auf spezifische Zwecke hinreichend begrenzt.27 25 S. hierzu BVerfG, Urteil vom 19.10.1983, 1 BvR 209/83 u.a. – Volkszählung; BVerfG, Beschluss vom 12.4.2005, 2 BvR 1027/02 – Anwaltsdaten –, juris Rn. 82 ff. mwN. und dazu Durner, Wolfgang, in: Maunz/Dürig, GG, 90. EL 2020, Art. 10 Rn. 54. 26 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 92; BVerfG, Beschluss vom 13.6.2007, 1 BvR 1550/03 u.a. – Kontostammdaten –, juris Rn. 86; BVerfG, Beschluss vom 24.1.2012, 1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I –, juris Rn. 123. 27 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 123 mwN. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 18 4.1.2. Legitimes Ziel, Eignung, Erforderlichkeit Die Regelungen des § 113 TKG ermöglichen verschiedenen Sicherheitsbehörden, darunter auch dem Bundeskriminalamt, Telekommunikationsanschlüsse und dynamische IP-Adressen individuellen Anschlussinhabern zuzuordnen. Außerdem können sie aufgrund von diesen Regelungen Zugangsdaten von Endgeräten und Speichereinrichtungen erfragen. Dies dient u.a. der Effektivierung der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr. Dies sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts legitime Zwecke, die grundsätzlich einen Eingriff sowohl in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als auch in das Telekommunikationsgeheimnis grundsätzlich rechtfertigen können.28 Da diese Regelungen Aufklärungsmöglichkeiten schaffen, die sonst nicht bestünden, sind sie zum Erreichen dieser Zwecke auch geeignet. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass diese Befugnisse nicht in jedem konkreten Einzelfall (z.B. öffentliche Hotspots, Identitätsverschleierung etc.) zum Erfolg führen. Ausreichend ist, dass sie in vielen Fällen erfolgversprechend sind.29 Zur Erlangung dieser Ziele sind diese Befugnisse auch erforderlich, da mildere Mittel, die ebenso effektiv dieselben Ergebnisse liefern, nicht ersichtlich sind.30 4.1.3. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne Der mit den Übermittlungsregelungen erfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung dürfen nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen. Dies bedeutet, dass die einzelnen Befugnisse „gemessen an ihrem Eingriffsgewicht selbst hinreichend normenklar“ begrenzt sein müssen.31 4.1.3.1. Eingriffsgewicht Das Gewicht des Eingriffs hängt von „Art, Umfang und denkbaren Verwendungen der erhobenen Daten sowie der Gefahr ihres Mißbrauchs ab“.32 Maßgebliche Kriterien dabei sind u.a. die Zahl der Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigungen, die sich vor allem nach der Aussagekraft und den Verwendungsmöglichkeiten der Daten bestimmt. 28 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 125 mwN. 29 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 126. 30 Ebd. 31 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 127. 32 BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209/83 – Volkszählung –, juris Rn. 145. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 19 Auch die Heimlichkeit eines staatlichen Eingriffs führt zu einer Erhöhung seines Gewichts.33 4.1.3.2. Normenklare Begrenzung der Befugnisse im Verhältnis zum Gewicht des Eingriffs In ständiger Rechtsprechung fordert das Bundesverfassungsgericht, dass Anlass, Zweck und Umfang des jeweiligen Eingriffs durch den Gesetzgeber bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen seien, also „eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszwecks der Betroffenen Informationen“ zu gewährleisten ist. Die daran zu stellenden Anforderungen richten sich im Einzelfall nach dem Gewicht des Eingriffs.34 4.2. § 113 Abs. 1 S. 1 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis ) 4.2.1. Wortlaut § 113 Abs. 1 S. 1 TKG lautet: „Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, darf nach Maßgabe des Absatzes 2 die nach den §§ 95 und 111 erhobenen Daten nach Maßgabe dieser Vorschrift zur Erfüllung von Auskunftspflichten gegenüber den in Absatz 3 genannten Stellen verwenden.“ Absatz 2 der Vorschrift lautet: „Die Auskunft darf nur erteilt werden, soweit eine in Absatz 3 genannte Stelle dies in Textform im Einzelfall zum Zweck der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der in Absatz 3 Nummer 3 genannten Stellen unter Angabe einer gesetzlichen Bestimmung verlangt, die ihr eine Erhebung der in Absatz 1 in Bezug genommenen Daten erlaubt; an andere öffentliche und nichtöffentliche Stellen dürfen Daten nach Absatz 1 nicht übermittelt werden. Bei Gefahr im Verzug darf die Auskunft auch erteilt werden , wenn das Verlangen in anderer Form gestellt wird. In diesem Fall ist das Verlangen unverzüglich nachträglich in Textform zu bestätigen. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Auskunftsverlangens tragen die in Absatz 3 genannten Stellen.“ Bei den nach Absatz 3 zuständigen Stellen handelt es sich um: 33 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 129. 34 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 133 mwN. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 20 • die für die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden ; • die für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden; • die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst. 4.2.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung § 113 Abs. 1 S. 1 iVm Abs. 2 TKG greift in das aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein und genügt in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.35 4.2.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle Die in § 113 Abs. 1 S. 1 TKG statuierte Übermittlungsbefugnis ist unverhältnismäßig, da „eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszwecks der betroffenen Informationen“ nicht gegeben ist.36 In § 113 Abs. 2 TKG wird vielmehr festgelegt, dass die Anbieter von Telekommunikationsdiensten Bestandsdaten übermitteln dürfen zum Zweck der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der in Abs. 3 Nr. 3 genannten Stellen. § 113 Abs. 2 TKG genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine begrenzende Eingriffsschwelle nicht. Diese Regelung ermöglicht die Erteilung einer Auskunft im Einzelfall schon dann, wenn dies zur Wahrnehmung der Aufgaben der berechtigten Stellen erfolgt.37 Dadurch, dass „Auskünfte bereits dann erteilt werden können, wenn sie in irgendeinem Zusammenhang zu der staatlichen Aufgabenwahrnehmung stehen und einen Einzelfallbezug erkennen lassen, ohne dass ein auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützter Eingriffsanlass vorausgesetzt wird,“ sind vielfältige und in jeder Hinsicht unbegrenzte Verwendungen gestattet.38 Die Vorschrift könne auch 35 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 122. 36 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 133 mwN. 37 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 155 mwN. 38 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 156. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 21 nicht ‒ anders als noch die frühere Übermittlungsregelung in § 113 TKG a.F.39 ‒ verständig dahin ausgelegt werden, dass sie bezogen auf die Gefahrenabwehr eine konkrete oder hinreichend konkretisierte Gefahr voraussetze.40 Notwendig wäre eine Eingriffsschwelle, die mit derjenigen der Übermittlungsbefugnis korrespondiert, hier also eine konkrete Gefahr beziehungsweise ein Anfangsverdacht . 4.3. § 113 Abs. 1 S. 2 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Zugangsdaten bestimmten Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 4.3.1. Wortlaut § 113 Abs. 1 S. 2 TKG lautet: „Dies gilt auch für Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen , die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird. 4.3.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung § 113 Abs. 1 S. 2 iVm Abs. 2 TKG greift in das aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein und genügt in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.41 4.3.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle Die in § 113 Abs. 1 S. 2 TKG statuierte Übermittlungsbefugnis ist unverhältnismäßig, da „eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszwecks der betroffenen Informationen“ nicht 39 BVerfG, Beschluss vom 24.1.2012, 1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I, Rn. 177: „Angesichts des für sich gesehen begrenzten Informationsgehalts der betreffenden Daten sowie ihrer großen Bedeutung für eine effektive Aufgabenwahrnehmung ist diese Weite der Vorschrift jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie keineswegs Auskünfte ins Blaue hinein zulässt. Vielmehr liegt eine begrenzende Wirkung darin, dass Auskünfte nach § 113 Abs. 1 Satz 1 TKG im Einzelfall angefordert werden und erforderlich sein müssen. Bezogen auf die Gefahrenabwehr, in die der Gesetzgeber die Gefahrenvorsorge gerade nicht einbezogen hat, ergibt sich bei verständiger Auslegung das Erfordernis einer ‚konkreten Gefahr‘ im Sinne der polizeilichen Generalklauseln als Voraussetzung für solche Auskünfte. Diese Schwelle ist freilich niedrig und umfasst auch den Gefahrenverdacht. Ebenso beschränkt sie Auskünfte nicht von vornherein auf Polizeipflichtige im Sinne des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts. Sie ist damit jedoch nicht so entgrenzt, dass sie angesichts des gemäßigten Eingriffsgewichts unverhältnismäßig wäre.“ 40 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II, Rn. 211. 41 Ebd., Rn. 122. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 22 gegeben ist42, weil § 113 Abs. 2 TKG den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine begrenzende Eingriffsschwelle nicht genügt.43 Diese Vorschrift entspricht inhaltlich ‒ trotz geänderten Wortlauts ‒ § 113 Abs. 1 Satz 2 TKG in der Fassung des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004, den das Bundesverfassungsgericht im Verfahren Bestandsdatenauskunft I für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG erklärt hat.44 Zwar könne der Gesetzgeber eine Norm erneut erlassen, dies verlange aber besondere Gründe, die sich vor allem aus einer wesentlichen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse ergeben könnten. Solche Gründe seien hier nicht ersichtlich.45 Das Bundesverfassungsgericht hat zu § 113 Abs. 1 S. 2 TKG a.F. ausgeführt, es sei nicht ersichtlich , warum die Behörden die in § 113 Abs. 1 Satz 2 TKG geregelten Zugangscodes unabhängig von den Anforderungen an deren Nutzung und damit gegebenenfalls unter leichteren Voraussetzungen abfragen können sollten. Die Erhebung der in § 113 Abs. 1 Satz 2 TKG geregelten Zugangsdaten sei mit Blick auf die dort verfolgten Zwecke nur dann erforderlich, wenn auch die Voraussetzungen von deren Nutzung gegeben seien. Erforderlich sei zwar nicht, die Erhebung unter die Voraussetzungen zu stellen, die für deren eingriffsintensivste („maximale“) Nutzungsmöglichkeit gegeben sein müssten. Erforderlich für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr sei vielmehr, die Auskunftserteilung über solche Zugangsdaten an diejenigen Voraussetzungen zu binden, die bezogen auf den in der Abfragesituation damit konkret erstrebten Nutzungszweck zu erfüllen seien.46 4.4. § 113 Abs.1 S. 3 TKG: Befugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten, anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelte Bestandsdaten zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis ) 4.4.1. Wortlaut § 113 Abs. 1 S. 3 und S. 4 TKG lauten „Die in eine Auskunft aufzunehmenden Daten dürfen auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse bestimmt werden; hierfür dürfen Verkehrsdaten auch automatisiert ausgewertet werden. Für die Auskunftserteilung nach Satz 3 sind sämtliche unternehmensinternen Datenquellen zu berücksichtigen.“ 42 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 133 mwN. 43 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 157f. Zu den Einzelheiten s. oben 4.2.3. 44 BVerfG, Beschluss vom 24.1.2012, 1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I –, juris Rn. 185. 45 Siehe BVerfG, Pressemitteilung Nr. 61/2020 vom 17. Juli 2020. Abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht .de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-061.html. 46 BVerfG, Beschluss vom 24.1.2012, 1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I – juris, Rn. 185. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 23 4.4.2. Grundrechtseingriff: Art. 10 Abs. 1 GG § 113 Abs. 1 S. 3 TKG greift in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ein und genügt in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.47 IP-Adressen werden einem Anschluss in der Regel nicht als sogenannte „statische" IP-Adressen fest zugeordnet, sondern dem Internetnutzer jeweils nur für die Dauer des jeweiligen Zugangs zum Internet als dynamische IP-Adressen zugewiesen. Über den Inhaber des Anschlusses, von dem aus eine bestimmte dynamische IP-Adresse zu einer bestimmten Zeit genutzt worden ist, kann deshalb nur Auskunft erteilt werden, wenn diejenigen Verkehrsdaten ausgewertet werden können, die Aufschluss darüber geben, welchem Anschluss die betreffende IP-Adresse zur maßgeblichen Zeit zugewiesen war.48 Die Telekommunikationsunternehmen müssen für die Identifizierung einer dynamischen IP-Adresse in einem Zwischenschritt die entsprechenden Verbindungsdaten ihrer Kunden sichten. Dabei greifen sie auf konkrete Telekommunikationsvorgänge zu. Diese von den Diensteanbietern einzelnen gespeicherten Telekommunikationsverbindungen fallen unter den Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses und damit in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG.49 Daher hat § 113 Abs. 1 S. 3 TKG „gegenüber der allgemeinen Bestandsdatenauskunft erhöhtes Eingriffsgewicht. Er begründet einen Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG und hat im Hinblick auf die Aussagekraft und Verwendungsmöglichkeiten sowohl der zu beauskunftenden Bestandsdaten als auch zu deren Bestimmung von den Diensteanbietern auszuwertenden Verkehrsdaten eine erheblich größere Persönlichkeitsrelevanz.“50 Art. 10 Abs. 1 GG ist gegenüber dem aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Recht auf informationelle Selbstbestimmung die speziellere Garantie, die die allgemeine Vorschrift verdrängt . Die Maßgaben, die das Bundesverfassungsgericht für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung entwickelt hat, können dabei weitgehend auf die speziellere Garantie des Art. 10 GG übertragen werden, sodass § 113 Abs. 1 S. 3 TKG in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG eingreift.51 4.4.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle Die in § 113 Abs. 1 S. 3 TKG statuierte Übermittlungsbefugnis ist unverhältnismäßig, da „eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszweck der betroffenen Informationen“ nicht 47 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 122. 48 BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 – 1 BvR 256/08 – Vorratsdatenspeicherung –, juris Rn. 44. 49 BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 –1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I –, juris Rn. 116. BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 99. 50 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 165. 51 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 100f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 24 gegeben ist52, weil § 113 Abs. 2 TKG den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine begrenzende Eingriffsschwelle – gerade im Hinblick auf das erhöhte Eingriffsgewicht53 – nicht genügt.54 4.5. Grundsätze der Abrufbefugnisse Die Abrufbefugnisse unterliegen ähnlichen Grundsätzen wie die Übermittlungsbefugnisse (s. 4.1.). Dies bedeutet insbesondere, dass auch hier die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs begrenzende Eingriffsschwellen gegeben sein müssen:55 „Entsprechend den für die Öffnung der Datenbestände entwickelten Maßstäben, müssen Abrufregelungen ihrerseits die Verwendungszwecke der Daten hinreichend begrenzen. Dabei sind Anlass, Zweck und Umfang des jeweiligen Eingriffs auch für den Datenabruf bereichsspezifisch , präzise und normenklar festzulegen (vgl. BVerfGE 130, 151). Erforderlich sind auch für den Abruf Eingriffsschwellen, die sicherstellen, dass Auskünfte nur bei einem auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützten Eingriffsanlass eingeholt werden können. Unzulässig ist der Abruf für vielfältige und unbegrenzte Verwendungen im gesamten einer Behörde zugewiesenen Aufgabenbereich (vgl. BVerfGE 125, 260). Unter Berücksichtigung des Gewichts des Eingriffs können die Eingriffsschwellen auch abgesenkt werden (oben Rn. 147ff.), soweit ein entsprechend gewichtiger Rechtsgüterschutz gewährleistet ist.“56 4.6. § 10 Abs. 1 S. 1 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten , Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten zu verlangen (Abrufbefugnis) 4.6.1. Wortlaut § 10 Abs. 1 S. 1 BKAG lautet: „Soweit dies zur Erfüllung der Aufgabe des Bundeskriminalamtes 1. als Zentralstelle nach § 2 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 6 zur Ergänzung vorhandener Sachverhalte oder sonst zu Zwecken der Auswertung, 2. zum Schutz von Mitgliedern der Verfassungsorgane und der Leitung des Bundeskriminalamtes nach § 6 sowie 52 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 133 mwN. 53 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 163ff; 183ff. 54 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 157f. Zu den Einzelheiten s. oben 4.2.3. 55 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 208. 56 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 197. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 25 3. zum Zeugenschutz nach § 7 erforderlich ist, darf von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes erhobenen Daten verlangt werden (§ 113 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes ).“ § 2 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 6 BKAG lauten: „(2) Das Bundeskriminalamt hat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe 1. alle hierfür erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten, 2. die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder unverzüglich über die sie betreffenden Informationen und die in Erfahrung gebrachten Zusammenhänge von Straftaten zu unterrichten. … (6) Das Bundeskriminalamt hat als Zentralstelle ferner zur Unterstützung der Polizeien des Bundes und der Länder bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten 1. strategische und operative kriminalpolizeiliche Analysen, Statistiken, einschließlich der Kriminalstatistik, und Lageberichte zu erstellen und hierfür die Entwicklung der Kriminalität zu beobachten und auszuwerten, 2. die erforderlichen Einrichtungen für alle Bereiche kriminaltechnischer Untersuchungen und für kriminaltechnische Forschung zu unterhalten und die Zusammenarbeit der Polizei auf diesen Gebieten zu koordinieren, 3. polizeiliche Methoden und Arbeitsweisen der Kriminalitätsbekämpfung zu erforschen und zu entwickeln sowie 4. angemessene organisatorische und technische Vorkehrungen sowie Verfahren zur Umsetzung von Datenschutzgrundsätzen, insbesondere der Grundsätze der Datenvermeidung und Datensparsamkeit, einschließlich der Pseudonymisierung, zu entwickeln .“ 4.6.2. § 10 Abs.1 S.1 Nr. 1 BKAG Auch diese Vorschrift ist nicht durch eine hinreichende Eingriffsschwelle eingegrenzt und daher nach Feststellung des Bundesverfassungsgerichts unverhältnismäßig. In Anbetracht von deren Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand sei ausführlich wörtlich aus dem Beschluss zitiert: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 26 „Das Bundeskriminalamt ist als Zentralstelle im Wesentlichen auf die Wahrnehmung von Koordinationsaufgaben beschränkt (vgl. BVerfGE 110, 33). Polizeiliche Aufgaben der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sind insoweit nicht übertragen, sondern werden dort nur koordiniert und informationell verklammert. Im Rahmen seiner Zentralstellenaufgaben unterstützt das Bundeskriminalamt die Polizeibehörden bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung (§ 2 Abs. 1 BKAG). Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe hat es alle hierfür erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 BKAG) sowie unter anderem strategische und operative kriminalpolizeiliche Analysen zu erstellen und Einrichtungen für kriminaltechnische Untersuchungen zu unterhalten und zu koordinieren (vgl. § 2 Abs. 6 BKAG). Soweit es zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlich ist, ermächtigt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKAG dazu, Bestandsdaten abzufragen. Dabei enthält die Vorschrift keine ihre Reichweite näher begrenzenden Eingriffsschwelle. Vielmehr erlaubt sie einen Datenabruf schon dann, wenn dieser zur Wahrnehmung der genannten Aufgaben erforderlich ist. Der Eingriffsanlass wird auch nicht dadurch begrenzt , dass Bestandsdaten gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKAG nur zur Ergänzung vorhandener Sachverhalte oder sonst zu Zwecken der Auswertung erhoben werden dürfen. Die Datenerhebung bleibt damit zwar auf den vorhandenen Informationsstand beschränkt , der nur ergänzt oder ausgewertet werden darf, weshalb die Vorschrift keine Datenerhebungen abdeckt, durch die völlig neue Erkenntnisse erstmals gewonnen werden sollen (vgl. Bäcker, Terrorismusabwehr durch das Bundeskriminalamt, 2009, S. 23). Gleichwohl ändert diese Beschränkung nichts am Vorfeldcharakter der Auswertungstätigkeit . … Soweit das Bundeskriminalamt als Zentralstelle auch im Bereich der Strafverfolgung zur Abfrage von Bestandsdaten ermächtigt wird, kommt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKAG von vornherein nicht als Ermächtigungsgrundlage in Betracht. Handelt es sich um rein repressives Handeln, erfordert der Datenabruf das Vorliegen zumindest eines Anfangsverdachts (oben Rn. 146, 153). Sobald aber ein solcher vorliegt, findet grundsätzlich die Strafprozessordnung mit ihren Verfahrensgarantien Anwendung und das Bundeskriminalamt müsste gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 BKAG die zuständige Strafverfolgungsbehörde des Bundes oder der Länder unterrichten und den Vorgang an diese abgeben. Der Abruf von Bestandsdaten richtet sich dann nicht mehr nach der hier angegriffenen Abrufregelung, sondern allein nach § 100j StPO (vgl. Graulich, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 10 BKAG Rn. 11; vgl. auch BTDrucks 17/12034, S. 13). Eine Befugnis des Bundeskriminalamts als Zentralstelle zur Bestandsdatenabfrage kann vor diesem Hintergrund im Bereich der Strafverfolgung grundsätzlich nicht bestehen (vgl. dazu auch BTDrucks 19/17741, S. 15). Soweit es - wie die Anwendungsbeispiele aus der Praxis zeigen - notwendig sein sollte, in einem konkreten Fall die örtlich zuständige Strafverfolgungsbehörde zu ermitteln, um den Vorgang dann zuständigkeitshalber an diese abzugeben oder um zeitkritische Anfragen im internationalen polizeilichen Dienstverkehr zu bearbeiten (vgl. BTDrucks 17/12034, S. 13), betrifft diese Koordinierungsaufgabe zwar den Kern der Zentralstellenfunktion des Bundeskriminalamtes. Für eine Befugnis zum Daten- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 27 abruf durch das Bundeskriminalamt als Zentralstelle fehlt jedoch eine - verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossene - Regelung dahin, dass und unter welchen Voraussetzungen § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKAG hier anwendbar sein kann.“57 4.6.3. § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 BKAG Auch diese Vorschriften sind nicht durch eine hinreichende Eingriffsschwelle eingegrenzt und daher unverhältnismäßig.58 4.7. § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten , Auskunft über Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, zu verlangen (Abrufbefugnis) 4.7.1. Wortlaut § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG lautet: „Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 113 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes ), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen.“ 4.7.2. Beurteilung durch das Bundesverfassungsgericht Die Norm ist für sich genommen hinreichend begrenzt und verhältnismäßig. Sie genügt auch den übergreifenden verfahrensrechtlichen Anforderungen.59 Das Bundesverfassungsgericht sieht für den Abruf von Zugangsdaten nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 BKAG keinen praktischen Anwendungsbereich, weil das Bundeskriminalamt im Rahmen seiner präventiv-polizeilichen Zentralstellenfunktion über keine eigenständige Befugnis zur Nutzung von nicht offen zugänglichen Inhaltsdaten verfügt, die es zum Abruf von Zugangsdaten berechtigen würde60 Soweit das Bundeskriminalamt als Zentralstelle auch im Bereich der Strafverfolgung zur Abfrage von Zugangsdaten ermächtigt wird, kommt § 10 Abs. 1 BKAG von vornherein nicht als Ermächti- 57 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 211ff. 58 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 213. 59 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 237. 60 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 236. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 28 gungsgrundlage in Betracht. Handelt es sich um rein repressives Handeln, erfordert der Datenabruf das Vorliegen zumindest eines Anfangsverdachts. Wenn dieser gegeben ist, findet die Strafprozessordnung Anwendung (vgl. 4.6.2.). 4.8. § 10 Abs. 2 BKAG: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telekommunikationsdiensten , Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 4.8.1. Wortlaut § 10 Abs. 2 BKAG lautet: „Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes ).“ 4.8.2. Unverhältnismäßigkeit mangels hinreichend begrenzender Eingriffsschwelle § 10 Abs. 2 BKAG ist mit Art. 10 Abs. 1 GG unvereinbar, weil die Abrufbefugnis nicht hinreichend eingegrenzt und die Norm schon deshalb unverhältnismäßig ist.61 Sie knüpft nämlich an die unverhältnismäßigen Voraussetzungen der Befugnis zum allgemeinen Abruf von Bestandsdaten an und sieht daher auch für die Zuordnung von IP-Adressen keine hinreichend begrenzende Eingriffsschwelle vor.62 5. Verfassungsrechtliche Beurteilung der für die Beurteilung des Untersuchungsgegenstandes relevanten zukünftigen Rechtslage 5.1. § 15a S. 1 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, zur Erfüllung ihnen obliegender Auskunftspflichten Bestands- und Nutzungsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis), 5.1.1. Wortlaut § 15a S. 1 TMG n.F. lautet: „Wer geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt, daran mitwirkt oder den Zugang zur Nutzung daran vermittelt, darf die nach § 14 Absatz 1 erhobenen Bestandsdaten und die nach § 15 Absatz 1 erhobenen Nutzungsdaten nach Maßgabe dieser Vorschrift zur Erfüllung von Auskunftspflichten gegenüber den in Absatz 3 genannten Stellen verwenden.“ Absatz 2 der Vorschrift lautet: 61 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 237. 62 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 239. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 29 „Die Auskunft darf nur erteilt werden, soweit eine in Absatz 3 genannte Stelle dies unter Angabe einer gesetzlichen Bestimmung, die ihr eine Erhebung der in Absatz 1 in Bezug genommenen Daten erlaubt, in Textform im Einzelfall verlangt und dies zu einem der folgenden Zwecke erforderlich ist: 1. zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, 2. zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder 3. für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der in Absatz 3 Nummer 3 und 4 genannten Stellen. An andere öffentliche und nichtöffentliche Stellen dürfen Daten nach Absatz 1 nicht übermittelt werden. Bei Gefahr im Verzug darf die Auskunft auch erteilt werden, wenn das Verlangen nicht in Textform gestellt wird. In diesem Fall ist das Verlangen unverzüglich nachträglich in Textform zu bestätigen. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Auskunftsverlangens tragen die um Auskunft ersuchenden Stellen.“ Bei den nach Absatz 3 zuständigen Stellen handelt es sich um: • die für die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden ; • die für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden; • die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst; • die Behörden der Zollverwaltung und die nach Landesrecht zuständigen Behörden, soweit die Datenerhebung zur Wahrnehmung ihrer Prüfungsaufgaben nach § 2 Absatz 1 und 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und für die Verhütung und Verfolgung von damit zusammenhängenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten erforderlich ist. 5.1.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung § 15a S. 1 TMG n.F. richtet sich an die Anbieter von Telemediendiensten. Er greift – wie der wörtlich nahezu gleiche§ 113 Abs. 1 S. 1 TKG, der sich an die Anbieter von Telekommunikationsdiensten richtet – in das aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein und genügt nach den in 4.2.2 und 4.2.3. dargestellten Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.63 63 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 122. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 30 5.1.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle Die in § 15a S. 1 TMG n.F. statuierte Übermittlungsbefugnis dürfte mangels begrenzender Eingriffsschwelle ebenfalls unverhältnismäßig sein, da „eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszweck der betroffenen Informationen“ nicht gegeben ist.64 5.2. § 15a S. 3 TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelte Bestandsdaten zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis) 5.2.1. Wortlaut § 15a S. 3 und 4 TMG n.F. lauten: „Die in eine Auskunft aufzunehmenden Bestandsdaten dürfen auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse bestimmt werden; hierfür dürfen Nutzungsdaten auch automatisiert ausgewertet werden. Für die Auskunftserteilung sind sämtliche unternehmensinternen Datenquellen zu berücksichtigen.“ 5.2.2. Grundrechtseingriff: Art. 10 Abs. 1 GG § 15a S. 3 TMG n.F., der die Anbieter von Telemediendiensten zur Informationsübermittlung berechtigen soll, greift – wie der wortgleiche § 113 Abs. 1 S. 3 TKG, der sich an die Anbieter von Telekommunikationsdiensten richtet – in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ein und genügt nach den 4.4.2 und 4.4.3. dargestellten Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.65 5.2.3. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle Die in § 15a S. 3 TMG n.F. statuierte Übermittlungsbefugnis dürfte unverhältnismäßig sein, da „eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszweck der betroffenen Informationen“ nicht gegeben ist66, weil § 15a S. 3 TMG n.F. den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine begrenzende Eingriffsschwelle – gerade im Hinblick auf das erhöhte Eingriffsgewicht67 – nicht genügen dürfte. 64 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 133 mwN. 65 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 122. 66 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 133 mwN. 67 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 163ff; 183ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 31 5.3. § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis), 5.3.1. Wortlaut § 10 Abs. 1 S. 2 BKAG n.F. lautet: „Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 darf von demjenigen, der geschäftsmäßig eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt, Auskunft über die nach § 14 des Telemediengesetzes erhobenen Daten verlangt werden (§ 15a Absatz 1 Satz 1 und § 15b Absatz 1 Satz 1 des Telemediengesetzes [n.F. – d.V.]).“ 5.3.2. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle Auch diese Vorschrift, die sich an die Anbieter von Telemediendiensten richtet und inhaltlich dem Satz 1 entspricht, ist nicht durch eine hinreichende Eingriffsschwelle eingegrenzt und dürfte daher nach den unter 4.6.2. dargestellten Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts unverhältnismäßig sein. 5.4. § 10 Abs. 2 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis), 5.4.1. Wortlaut § 10 Abs. 2 BKAG n.F. lautet: „Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes und § 15a Absatz 1 Satz 3 des Telemediengesetzes [n.F. – d.V.])“. 5.4.2. Unverhältnismäßigkeit mangels begrenzender Eingriffsschwelle In Anbetracht der zu dem nahezu wortgleichen § 10 Abs. 2 BKAG, der nur die Anbieter von Telekommunikationsdiensten und nicht diejenigen von Telemediendiensten anspricht, ergangenen Rechtsprechung (s. dazu 4.8.1.) dürfte auch § 10 Abs. 2 BKAG n.F. mit Art. 10 Abs. 1 GG unvereinbar sein, weil die Abrufbefugnis nicht hinreichend eingegrenzt und die Norm schon deshalb unverhältnismäßig ist.68 Auch sie knüpft nämlich an die unverhältnismäßigen Voraussetzungen der Befugnis zum allgemeinen Abruf von Bestandsdaten an und sieht daher auch für die Zuordnung von IP-Adressen keine hinreichend begrenzende Eingriffsschwelle vor. 68 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 237. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 32 5.5. § 10a Abs. 1 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Nutzungsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis). 5.5.1. Wortlaut § 10a Abs. 1 BKAG n.F. lautet: „Soweit dies zur Erfüllung der in § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Aufgaben des Bundeskriminalamts erforderlich ist, darf von demjenigen, der geschäftsmäßig eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt, Auskunft über die nach § 15a [n.F. – d.V.] in Verbindung mit § 15 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Telemediengesetzes erhobenen Daten in den Fällen verlangt werden, in denen 1. dem Bundeskriminalamt der Inhalt der Nutzung des Telemediendienstes bereits bekannt ist, 2. eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder der Verdacht einer Straftat vorliegt, 3. das hierauf anlassbezogene Datum im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Telemediengesetzes zur Identifizierung des Nutzers erforderlich ist und 4. das Datum erforderlich ist, die zuständige Strafverfolgungsbehörde oder zuständige Polizeibehörde zu ermitteln, um zur Ermöglichung der Strafverfolgung oder zur Ermöglichung der Gefahrenabwehr die Identität des Nutzers und den Inhalt der Nutzung des Telemediendienstes an diese weiterzuleiten.“ 5.5.2. Intention des Gesetzgebers „Mit der Änderung soll das BKA im Rahmen seiner Zentralstellenaufgabe berechtigt werden , bei Telemediendiensteanbietern die Login-IP-Adressen von Urhebern strafbarer Internetinhalte abzufragen. Die Befugnis soll auf die Abfrage von IP-Adressen bei Telemediendiensteanbietern in den Fällen begrenzt sein, in denen dies ausschließlich zur Identifizierung erforderlich und der Inhalt bereits polizeilich bekannt ist. Damit soll dem BKA ermöglicht werden, die zuständige Strafverfolgungs- bzw. Polizeibehörde festzustellen, damit es dieser den Inhalt und Identität des Nutzers zur dortigen Aufgabenerfüllen weiterleiten kann. Mit der Regelung wird ein Wertungswiderspruch vermieden, der entstünde, wenn die dem NetzDG unterfallenden Netzwerkbetreiber dem BKA zwar die IP-Adresse des Urhebers übermitteln müssten, jedoch das BKA bei eigenen Recherchetätigkeiten im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben die letzte Log-In-IP bei Kenntnis nicht abfragen dürfte. Mit der Regelung wird zudem vermieden, dass Täter gezielt in Netzwerke ausweichen , die nicht dem NetzDG unterfallen und deren Betreiber daher nicht zur Übermittlung von Login-IP-Adressen verpflichtet sind.“69 69 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz. Bundestags-Drucksache 19/20163. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 33 5.5.3. Verfassungsrechtliche Beurteilung Die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts viel zu weit gefasste Abfragebefugnis zur bloßen Aufgabenerfüllung ist hier durch die vier eingrenzenden Voraussetzungen (Nr. 1 bis 4) präzisiert und stellt damit eine wesentlich höhere Eingriffsschwelle dar. So wird vermieden, dass Daten bereits dann abgefragt „werden können, wenn sie in irgendeinem Zusammenhang zu der staatlichen Aufgabenwahrnehmung stehen und einen Einzelfallbezug erkennen lassen, ohne dass ein auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützter Eingriffsanlass vorausgesetzt wird.“70 Insofern spricht viel für die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift. 5.6. § 15b TMG n.F.: Befugnis der Anbieter von Telemediendiensten, zur Erfüllung Ihnen obliegender Auskunftspflichten Zugangsdaten an bestimmte Behörden zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis ), 5.6.1. Wortlaut § 15b TMG n.F. lautet: „§ 15b: Auskunftsverfahren bei Passwörtern und anderen Zugangsdaten (1) Abweichend von § 15a darf derjenige, der geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt, daran mitwirkt oder den Zugang zur Nutzung daran vermittelt, die nach § 14 Absatz 1 erhobenen Passwörter und andere Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird, nach Maßgabe dieser Vorschrift zur Erfüllung von Auskunftspflichten gegenüber den in Absatz 2 genannten Stellen verwenden. Für die Auskunftserteilung sind sämtliche unternehmensinternen Datenquellen zu berücksichtigen . (2) Die Daten dürfen übermittelt werden: 1. an eine zur Verfolgung von Straftaten zuständige Behörde, soweit diese die Übermittlung unter Berufung auf eine gesetzliche Bestimmung, die ihr eine Erhebung der in Absatz 1 genannten Daten zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten nach § 100b Absatz 2 der Strafprozessordnung erlaubt, nach Anordnung durch ein Gericht verlangt, oder 2. an eine für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständige Behörde, soweit diese die Übermittlung unter Berufung auf eine gesetzliche Bestimmung, die ihr eine Erhebung der in Absatz 1 genannten Daten und zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für den Bestand des Bundes oder eines Landes erlaubt, nach Anordnung durch ein Gericht verlangt. 70 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 156. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 34 An andere öffentliche und nichtöffentliche Stellen dürfen Daten nach Absatz 1 nicht übermittelt werden. Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Auskunftsverlangens tragen die um Auskunft ersuchenden Stellen. (3) Derjenige, der geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt, daran mitwirkt oder den Zugang zur Nutzung daran vermittelt, hat die zu beauskunftenden Daten unverzüglich, vollständig und unverändert zu übermitteln. Eine Verschlüsselung der Daten bleibt unberührt . Über das Auskunftsersuchen und die Auskunftserteilung haben die Verpflichteten gegenüber den Betroffenen sowie Dritten Stillschweigen zu wahren. (4) Wer geschäftsmäßig Telemediendienste erbringt oder daran mitwirkt, hat die in seinem Verantwortungsbereich für die Auskunftserteilung erforderlichen Vorkehrungen auf seine Kosten zu treffen. Jedes Auskunftsverlangen ist durch eine verantwortliche Fachkraft auf Einhaltung der in Absatz 2 genannten formalen Voraussetzungen zu prüfen und die weitere Bearbeitung des Verlangens darf erst nach einem positiven Prüfergebnis freigegeben werden.“ 5.6.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung § 15b TMG n.F. greift in das aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Fraglich ist, ob diese Vorschrift in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. 5.6.3. Eingeschränkte Übermittlungsbefugnis nach § 15b Abs. 2 TMG n.F. Im Gegensatz zu den in § 113 Abs. 2 und 3 TKG liegt hier die begrenzende Eingriffsschwelle höher : Zum Zwecke der Strafverfolgung dürfen Zugangsdaten nur übermittelt werden an eine zur Verfolgung von Straftaten zuständige Behörde, soweit diese die Übermittlung unter Berufung auf eine gesetzliche Bestimmung, die ihr eine Erhebung der in Absatz 1 genannten Daten zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten nach § 100b Absatz 2 der Strafprozessordnung erlaubt, nach Anordnung durch ein Gericht verlangt. Zum Zwecke der Gefahrenabwehr darf dies nur geschehen an eine für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständige Behörde, soweit diese die Übermittlung unter Berufung auf eine gesetzliche Bestimmung, die ihr eine Erhebung der in Absatz 1 genannten Daten und zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für den Bestand des Bundes oder eines Landes erlaubt, nach Anordnung durch ein Gericht verlangt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 35 5.6.4. Verhältnismäßigkeit der eingeschränkten Übermittlungsbefugnis nach § 15b Abs. 2 TMG n.F. Damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei einem Eingriff in ein Grundrecht gewahrt wird, muss der Eingriff zunächst erforderlich sein. Hier ist der Eingriff nur dann erforderlich, wenn die übermittelten Daten auch tatsächlich genutzt werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn weitergehende Voraussetzungen, die die Nutzung der übermittelten Daten erst ermöglichen, erfüllt wären. Zu diesen Voraussetzungen zählt das Bundesverfassungsgericht etwa eine möglicherweise erforderliche richterliche Anordnung.71 Erforderlich sei zwar nicht, die Erhebung unter die Voraussetzungen zu stellen, die für deren eingriffsintensivste („maximale“) Nutzungsmöglichkeit gegeben sein müssten. Erforderlich für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr sei vielmehr, die Auskunftserteilung über solche Zugangsdaten an diejenigen Voraussetzungen zu binden, die bezogen auf den in der Abfragesituation damit konkret erstrebten Nutzungszweck zu erfüllen seien.72 Es spricht daher viel dafür, dass der zur Übermittlung von Zugangsdaten durch Telemediendiensteanbieter ermächtigende § 15b TMG n.F. vor diesem Hintergrund verfassungswidrig ist: Die Vorschrift knüpft als Voraussetzung an konkret benannte Eingriffsschwellen an, namentlich an den Zweck der Verfolgung einer besonders schweren Straftat aus dem Katalog des § 100b Abs. 2 StPO beziehungsweise eine konkrete Gefahr für eines der genannten Rechtsgüter Leib, Leben oder Freiheit der Person oder für den Bestand des Bundes oder eines Landes. Überdies muss zwingend eine Anordnung durch ein Gericht vorliegen. Diese Eingriffsschwellen liegen zwar im Einzelnen durchaus hoch, knüpfen jedoch nicht ausdrücklich an die Voraussetzungen für die konkret bezweckte Nutzung der Daten an. So heißt es in der Gesetzesbegründung ausdrücklich, die Vorschrift ermächtige zur Übermittlung von Zugangsdaten , „auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen ihrer Nutzung nicht vorliegen sollten “.73 Dies widerspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Erhebliche Bedenken bestehen im Übrigen an der Geeignetheit der Übermittlung der Zugangsdaten , die von Telekommunikations- und Telemediendiensteanbietern nur verschlüsselt gespeichert werden dürfen und als solche keinen Nutzen für Ermittlungsbehörden erbringen. 71 BVerfG, Beschluss vom 24.1.2012, 1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I –, juris Rn. 185. 72 BVerfG, Beschluss vom 24.1.2012, 1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I – juris, Rn. 185. 73 BT-Drs. 19/17741, S. 40. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 36 5.7. § 10 Abs. 1 S. 3 BKAG n.F.: Recht des Bundeskriminalamts, von Anbietern von Telemediendiensten Auskunft über Zugangsdaten zu verlangen (Abrufbefugnis) 5.7.1. Wortlaut § 10 Abs. 1 S. 3 BKAG n.F. lautet: „Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 oder Satz 2 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 113 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes und § 15b des Telemediengesetzes [n.F. – d.V.]), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen.“ 5.7.2. Verfassungsrechtliche Beurteilung Die Norm dürfte für sich genommen hinreichend begrenzt und verhältnismäßig sein und den übergreifenden verfahrensrechtlichen Anforderungen genügen. Im Gegensatz zu § 15b Abs. 2 TMG n.F. wird hier ausdrücklich klargestellt, dass die Zugangsdaten nur dann angefordert werden dürfen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Nutzung erfüllt sind. Das Bundesverfassungsgericht sah für den Abruf von Zugangsdaten bei Anbietern von Telekommunikationsdiensten nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 BKAG keinen praktischen Anwendungsbereich , weil das Bundeskriminalamt im Rahmen seiner präventiv-polizeilichen Zentralstellenfunktion über keine eigenständige Befugnis zur Nutzung von nicht offen zugänglichen Inhaltsdaten verfügt, die es zum Abruf von Zugangsdaten berechtigen würde Soweit das Bundeskriminalamt als Zentralstelle nämlich im Bereich der Strafverfolgung zur Abfrage von Zugangsdaten ermächtigt wird, kommt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts § 10 Abs. 1 BKAG von vornherein nicht als Ermächtigungsgrundlage in Betracht. Handelt es sich um rein repressives Handeln, erfordere der Datenabruf das Vorliegen zumindest eines Anfangsverdachts . Wenn dieser gegeben ist, findet die Strafprozessordnung Anwendung (vgl. 4.6.2. und 4.7.2.). Diese Grundsätze dürften auch in diesem Fall gelten. 5.8. § 3a NetzDG n.F.: Meldepflichten für die Anbieter sozialer Netzwerke an das Bundeskriminalamt als Zentralstelle 5.8.1. Wortlaut § 3a NetzDG n.F. lautet: „§ 3a: Meldepflicht (1) Der Anbieter eines sozialen Netzwerks muss ein wirksames Verfahren für Meldungen nach den Absätzen 2 bis 5 vorhalten. (2) Der Anbieter eines sozialen Netzwerks muss dem Bundeskriminalamt als Zentralstelle zum Zwecke der Ermöglichung der Verfolgung von Straftaten Inhalte übermitteln, Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 37 1. die dem Anbieter in einer Beschwerde über rechtswidrige Inhalte gemeldet worden sind, 2. die der Anbieter entfernt oder zu denen er den Zugang gesperrt hat und 3. bei denen konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie mindestens einen der Tatbestände a) der §§ 86, 86a, 89a, 91, 126, 129 bis 129b, 130, 131 oder 140 des Strafgesetzbuches, b) des § 184b in Verbindung mit § 184d des Strafgesetzbuches oder c) des § 241 des Strafgesetzbuches in Form der Bedrohung mit einem Verbrechen gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit erfüllen und nicht gerechtfertigt sind. (3) Der Anbieter des sozialen Netzwerks muss unverzüglich, nachdem er einen Inhalt entfernt oder den Zugang zu diesem gesperrt hat, prüfen, ob die Voraussetzungen des Absatzes 2 Nummer 3 vorliegen, und unverzüglich danach den Inhalt gemäß Absatz 4 übermitteln. (4) Die Übermittlung an das Bundeskriminalamt muss enthalten: 1. den Inhalt, 2. sofern vorhanden, die IP-Adresse einschließlich der Portnummer, die als letztes dem Nutzer, der den Inhalt mit anderen Nutzern geteilt oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, zugeteilt war. (5) Die Übermittlung an das Bundeskriminalamt hat elektronisch an eine vom Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellte Schnittstelle zu erfolgen. (6) Der Anbieter des sozialen Netzwerks informiert den Nutzer, für den der Inhalt gespeichert wurde, vier Wochen nach der Übermittlung an das Bundeskriminalamt über die Übermittlung nach Absatz 4. Satz 1 gilt nicht, wenn das Bundeskriminalamt binnen vier Wochen anordnet, dass die Information wegen der Gefährdung des Untersuchungszwecks , des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der persönlichen Freiheit einer Person oder von bedeutenden Vermögenswerten zurückzustellen ist. Im Fall der Anordnung nach Satz 2 informiert das Bundeskriminalamt den Nutzer über die Übermittlung nach Absatz 4, sobald dies ohne Gefährdung im Sinne des Satzes 2 möglich ist. (7) Der Anbieter eines sozialen Netzwerks hat der in § 4 genannten Verwaltungsbehörde auf deren Verlangen Auskünfte darüber zu erteilen, wie die Verfahren zur Übermittlung von Inhalten nach Absatz 1 gestaltet sind und wie sie angewendet werden.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 38 5.8.2. Grundrechtseingriff: Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG – Recht auf informationelle Selbstbestimmung Die auf Grund der Meldepflicht in § 3a Abs. 4 NetzDG n.F. von Anbietern sozialer Netzwerke – wenn möglich – zu übermittelnden IP-Adressen und Portnummern74 sind personenbezogene Daten , mit deren Hilfe die eindeutige Identifizierung von Nutzern ermöglicht werden soll. Die Übermittlungspflicht schafft somit einen Eingriffstatbestand in den geschützten Datenbestand und die Verfügungsmacht der Dateninhaber. Sie greift daher in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG ein.75 Dabei ist für den Eingriffscharakter unerheblich, dass § 3a Abs. 4 NetzDG n.F. eine Übermittlung der Daten seitens privater Diensteanbieter statuiert.76 5.8.3. Gesetzliche Ermächtigung für den Grundrechtseingriff Grundrechtseingriffe bedürfen einer gesetzlichen Ermächtigung, die einen legitimen Gemeinwohlzweck verfolgt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. 5.8.3.1. Legitimer Gemeinwohlzweck Eine angemessene Erfassung und Sanktionierung von „strafbaren Hassinhalten“77, also „von Hasskriminalität, insbesondere mit rechtsextremistischem Hintergrund“78 sowie der Verbreitung von Kinderpornographie ist nach der Auffassung des Gesetzgebers „für den Schutz der demokratischen und pluralistischen Gesellschaft von besonderer Bedeutung“79 und damit ein legitimer Gemeinwohlzweck. 74 Unberücksichtigt bleibt hier die Bewertung der Eingriffsqualität der Übermittlung der mutmaßlich rechtswidrigen Inhalte. 75 Einen Eingriff bejahend auch Liesching, Marc: Das Herkunftslandprinzip der E-Commerce-Richtlinie und seine Auswirkung auf die aktuelle Mediengesetzgebung in Deutschland, München 2020, S. 59 f. Bäcker, Matthias: Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität für die Anhörung im Rechtsausschuss am 6.5.2020, Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, Ausschuss-Prot. Nr. 19/91, Anhang, S. 36 (40). 76 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II, Rn. 95; BVerfG, Urteil vom 2.3.2010, 1 BvR 256 u.a. – Vorratsdatenspeicherung – juris, Rn. 194 f. 77 Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Bundestags-Drucksache 19/17741, S. 15. Abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/177/1917741.pdf. 78 Ebd., S. 16. 79 Ebd., S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 39 5.8.3.2. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Deshalb muss diese gesetzliche Ermächtigung zur Erreichung des legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. 5.8.3.2.1. Eignung Eine effektive Strafverfolgung setzt voraus, dass die Ermittlungsbehörden zeitnah nicht nur über gemeldete, von sozialen Netzwerken als strafbar bewertete und aufgrund dieser Einschätzung gelöschte Inhalte, sondern auch über die dem Verfasser des Inhalts zuletzt zugewiesenen IP-Adresse zum Zwecke seiner Identifizierung informiert werden. Die Mitteilung der dem Verfasser des Inhalts zuletzt zugewiesenen IP-Adresse durch den Anbieter von sozialen Netzwerken scheint geeignet, eine effektive Strafverfolgung zu befördern. So gelangt das Bundeskriminalamt zeitnah an die IP-Adresse und kann – bei entsprechend schneller Reaktion – vor der Löschung der Daten bei den Anbietern von Telekommunikationsdiensten und Telemediendiensten die Identifizierung des Verfassers veranlassen und danach die zuständige Strafverfolgungsbehörde auf Landesebene feststellen und dieser die gewonnenen Daten übermitteln . 5.8.3.2.2. Befugnisse des Bundeskriminalamts Fraglich ist, ob das Bundeskriminalamt überhaupt die Befugnis dazu hat, anhand der ihm vorliegenden IP-Adresse, die Identität des Nutzers bei den Anbietern von Telekommunikationsdiensten und Telemediendiensten abzufragen. 5.8.3.2.3. Doppeltürenmodell Nach dem oben unter 1.3. näher dargestellten sogenannten „Doppeltürenmodell“ des Bundesverfassungsgerichts begründen „Vorschriften, die zum Umgang mit personenbezogenen Daten ermächtigen , verschiedene, aufeinander aufbauende Eingriffe (insbes Erhebung, Speicherung und Übermittlung sowie Datenabruf und -übermittlung)“80. Ein Datenaustausch vollziehe sich durch korrespondierende Eingriffe von Abfrage und Übermittlung. Der Verpflichtete bedarf also der gesetzlichen Befugnis, die abgefragten Daten an die abfragende Stelle zu übermitteln (Übermittlungsbefugnis ). Die abfragende Stelle bedarf im Gegenzug der gesetzlichen Befugnis, von dem Verpflichteten die Daten abzufragen (Abfragebefugnis). 80 BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 –1 BvR 1299/05 – Bestandsdatenauskunft I, juris 2b zu Ls 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 40 5.8.3.2.4. § 113 Abs. 1 S. 3 TKG: Übermittlungsbefugnis für Anbieter von Telekommunikationsdiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten § 113 Abs. 1 S. 3 TKG greift – s. dazu 4.4. – in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ein und genügt in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.81 Die Anbieter von Telekommunikationsdiensten haben also keine Befugnis, dem Bundeskriminalamt und anderen in der Vorschrift genannten Stellen anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen IP-Adresse ermittelte Daten, z.B. die Identität des Nutzers, zu übermitteln. 5.8.3.2.5. § 15a S. 3 TMG n.F.: Übermittlungsbefugnis für die Anbieter von Telemediendiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten § 15a S. 3 TMG n.F., der die Anbieter von Telemediendiensten zur Informationsübermittlung berechtigen soll, greift – wie der wortgleiche § 113 Abs. 1 S. 3 TKG, der sich an die Anbieter von Telekommunikationsdiensten richtet – in den Schutzbereich des Art. 10 Abs. 1 GG ein und genügt nach den in 4.4.2 und 4.4.3. sowie 5.2. dargestellten Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts in materieller Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.82 Die Anbieter von Telemediendiensten haben also keine Befugnis, dem Bundeskriminalamt und anderen in der Vorschrift genannten Stellen anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen IP-Adresse ermittelte Daten, z.B. die Identität des Nutzers, zu übermitteln. 5.8.3.2.6. § 10 Abs. 2 BKAG: Abrufbefugnis des Bundeskriminalamts gegenüber den Anbietern von Telekommunikationsdiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten § 10 Abs. 2 BKAG – s. dazu 4.8. – ist mit Art. 10 Abs. 1 GG unvereinbar, weil die Abrufbefugnis nicht hinreichend eingegrenzt und die Norm schon deshalb unverhältnismäßig ist.83 Sie knüpft nämlich an die unverhältnismäßigen Voraussetzungen der Befugnis zum allgemeinen Abruf von Bestandsdaten an und sieht daher auch für die Zuordnung von IP-Adressen keine hinreichend begrenzende Eingriffsschwelle vor.84 Im Übrigen gilt für den Untersuchungsgegenstrand: „Soweit das Bundeskriminalamt als Zentralstelle auch im Bereich der Strafverfolgung zur Abfrage von Bestandsdaten ermächtigt wird, kommt § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKAG [auf den Abs. 2 verweist – d.V.] von vornherein nicht als Ermächtigungsgrundlage in Betracht. Handelt es sich um rein repressives Handeln, erfordert der Datenabruf das Vorliegen zu- 81 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 122. 82 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 122. 83 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 237. 84 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 239. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 41 mindest eines Anfangsverdachts (oben Rn. 146, 153). Sobald aber ein solcher vorliegt, findet grundsätzlich die Strafprozessordnung mit ihren Verfahrensgarantien Anwendung und das Bundeskriminalamt müsste gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 BKAG die zuständige Strafverfolgungsbehörde des Bundes oder der Länder unterrichten und den Vorgang an diese abgeben . Der Abruf von Bestandsdaten richtet sich dann nicht mehr nach der hier angegriffenen Abrufregelung, sondern allein nach § 100j StPO (vgl. Graulich, in: Schenke/Graulich /Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 10 BKAG Rn. 11; vgl. auch BTDrucks 17/12034, S. 13). Eine Befugnis des Bundeskriminalamts als Zentralstelle zur Bestandsdatenabfrage kann vor diesem Hintergrund im Bereich der Strafverfolgung grundsätzlich nicht bestehen (vgl. dazu auch BTDrucks 19/17741, S. 15). Soweit es - wie die Anwendungsbeispiele aus der Praxis zeigen - notwendig sein sollte, in einem konkreten Fall die örtlich zuständige Strafverfolgungsbehörde zu ermitteln, um den Vorgang dann zuständigkeitshalber an diese abzugeben oder um zeitkritische Anfragen im internationalen polizeilichen Dienstverkehr zu bearbeiten (vgl. BTDrucks 17/12034, S. 13), betrifft diese Koordinierungsaufgabe zwar den Kern der Zentralstellenfunktion des Bundeskriminalamtes . Für eine Befugnis zum Datenabruf durch das Bundeskriminalamt als Zentralstelle fehlt jedoch eine - verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossene - Regelung dahin, dass und unter welchen Voraussetzungen § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKAG hier anwendbar sein kann.“85 5.8.3.2.7. § 10 Abs. 2 BKAG n.F.: Abrufbefugnis des Bundeskriminalamts gegenüber Anbietern von Telemediendiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten In Anbetracht der zu dem nahezu wortgleichen § 10 Abs. 2 BKAG, der nur die Anbieter von Telekommunikationsdiensten und nicht diejenigen von Telemediendiensten anspricht, ergangenen Rechtsprechung (s. dazu 4.8. und 5.4.) dürfte auch § 10 Abs. 2 BKAG n.F. mit Art. 10 Abs. 1 GG unvereinbar sein, weil die Abrufbefugnis nicht hinreichend eingegrenzt und die Norm schon deshalb unverhältnismäßig ist.86 Auch sie knüpft nämlich an die unverhältnismäßigen Voraussetzungen der Befugnis zum allgemeinen Abruf von Bestandsdaten an und sieht daher auch für die Zuordnung von IP-Adressen keine hinreichend begrenzende Eingriffsschwelle vor. Sollte das Bundeskriminalamt als Zentralstelle auch im Bereich der Strafverfolgung zur Abfrage von Bestandsdaten ermächtigt werden, gelten auch in diesem Fall die Vorschriften der Strafprozessordnung (s. oben). 5.8.4. Zwischenfazit Es gibt derzeit keine mit dem Grundgesetz vereinbare Übermittlungsbefugnis der Anbieter von Telekommunikationsdiensten und Telemediendiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten. 85 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 214. 86 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, juris Rn. 237. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 42 Dies gilt vice versa auch für Abfragebefugnisse des Bundeskriminalamts gegenüber Anbietern von Telekommunikationsdiensten und Telemediendiensten für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten. Da es also weder verfassungsmäßige Übermittlungsbefugnisse noch verfassungsmäßige Abfragebefugnisse für durch Zuordnung von IP-Adressen gewonnene Bestandsdaten gibt, kann das Bundeskriminalamt die – sofern möglich – von dem Anbieter eines sozialen Netzwerks übermittelte IP-Adresse nicht dazu verwerten, den Nutzer zu identifizieren. Insofern ist die Übermittlung nicht dazu geeignet, den gewünschten Zweck – die Strafverfolgung – zu erreichen oder zu befördern. Daher ist die Pflicht, die IP-Adresse zu übermitteln, nicht verhältnismäßig und daher nicht verfassungsgemäß . 6. Übergangsregelung Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass u.a. § 113 TKG und § 10 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 BKAG nach Maßgabe der Gründe mit Artikel 2 Absatz 1 iVm Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar sind.87 Diese Vorschriften bleiben bis zur Neuregelung, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2021, nach Maßgabe der Gründe des Beschlusses weiter anwendbar.88 7. Fazit 7.1. Auswirkungen auf Übermittlungsbefugnisse der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen Die Übermittlungsbefugnisse der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen nach § 113 TKG, also von nach §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten (§ 113 Abs. 1 S. 1 TKG), von Zugangsdaten (§ 113 Abs. 1 S. 2 TKG) und 87 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, Tenor Nr. 1. 88 BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020, 1 BvR 1873/13 – Bestandsdatenauskunft II –, Tenor Nr. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 10 - 3000 - 030/20 Seite 43 von anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelte Bestandsdaten (§ 113 Abs. 1 S. 3 TKG), bleiben also derzeit anwendbar. 7.2. Auswirkungen auf Abrufbefugnisse des Bundeskriminalamts nach derzeitigem BKAG Dies gilt auch für die entsprechenden Abrufbefugnisse des Bundeskriminalamts nach derzeitigem BKAG, nämlich für nach §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten (§ 10 Abs. 1 S. 1 BKAG), für Zugangsdaten (§ 10 Abs. 1 S. 2 BKAG) und für anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelte Bestandsdaten (§ 10 Abs. 2 BKAG). 7.3. Doppeltürenmodell Da Übermittlungsbefugnisse und Abrufbefugnisse miteinander korrespondieren, dürfte zumindest pro forma das Doppeltürenmodell des Bundesverfassungsgerichts erfüllt sein. 7.4. Auswirkungen auf § 3a NetzDG n.F. im Zeitraum nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität bis zur Neuregelung der o.a. Vorschriften, längstens aber bis zum 31. Dezember 2021 In diesem Zeitraum bleibt sowohl die Übermittlungsbefugnis anhand einer dynamischen IP-Adresse ermittelter Bestandsdaten für die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen (§ 113 Abs. 1 S. 3 TKG) als auch die entsprechende Abfragebefugnis des Bundeskriminalamts (§ 10 Abs. 2 BKAG) anwendbar. Dies bedeutet, dass in diesem Zeitraum eine Abfragebefugnis des Bundeskriminalamts schon dann gegeben ist, wenn dies für die Erfüllung seiner Aufgabe als Zentralstelle geboten ist. Entsprechendes gilt für die Anbieter von Telemediendiensten auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Eine mögliche Verfassungswidrigkeit müsste vom Bundesverfassungsgericht festgestellt werden. Da das Bundeskriminalamt in diesem Zeitraum diese Abfragebefugnisse hat, kann es also die von dem Anbieter von sozialen Medien übermittelte IP-Adresse als Grundlage für eine entsprechende Abfrage verwenden. Insofern ist die Übermittlung der IP-Adresse des Nutzers an das Bundeskriminalamt (vgl. 5.8.4.) dazu geeignet, den gewünschten Zweck – die Strafverfolgung – zu erreichen oder zu befördern. Daher wäre die Übermittlung der IP-Adresse in diesem Zeitraum verhältnismäßig und verfassungsgemäß . ****