© 2018 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 028/18 Finanzierung von Moscheen bzw. „Moscheevereinen“ Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 2 Finanzierung von Moscheen bzw. „Moscheevereinen“ Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 028/18 Abschluss der Arbeit: 07.05.2018 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Probleme repräsentativer Darstellung 5 2.1. „Die“ Moscheevereine 5 2.2. Repräsentation der Muslime bzw. des Islams in Deutschland 7 2.3. Moscheen und Moscheebau in Deutschland 9 3. Finanzierung von Moscheevereinen und Moscheebauprojekten in Deutschland 10 3.1. Gemeindeinterne Einnahmen und (externe) Spenden 10 3.2. Öffentliche Mittel 12 3.3. Finanzielle Unterstützung aus dem Ausland 13 4. Fazit 15 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 4 1. Einleitung Der vorliegende Sachstand untersucht, wie sich die sogenannten „Moscheevereine“ bzw. Moscheen in Deutschland finanzieren. Die Schwierigkeit einer solchen Darstellung ist, dass sie Teil eines kontrovers diskutierten Themas ist. Es steht im Spannungsverhältnis zwischen der einerseits immer wieder auftauchenden Frage, inwieweit umstrittene Akteure, insbesondere ausländische Staaten, Parteien oder Organisationen nicht nur in materieller sondern auch inhaltlicher Weise Einfluss auf Gesellschaft und Politik in Deutschland ausüben könnten; andererseits wie sich die selbstbestimmte Finanzierung der vielseitigen Arbeit von muslimischen Vereinen und Organisationen gestalten kann. Darüber hinaus konnten öffentlich zugängliche, übergreifende, wissenschaftlich erhobenen Kenntnisse über Höhe und Struktur der finanziellen Unterstützung von muslimischen Organisationen nicht aufgefunden werden. Zwar tauchen vereinzelt Zahlen auf, sie wurden bisher jedoch nicht systematisch erhoben.1 Dafür gibt es zahlreiche Gründe: der grundlegende Mangel vorausgesetzter Daten, fehlender Zugriff und Kontrollmöglichkeit möglicherweise existierender Datensätze ; vor allem aber ist „der“ Islam traditionell nicht in der Weise verfasst wie die christliche Kirchen oder die jüdische Gemeinschaft in Deutschland.2 Insbesondere ist ein Vergleich ausgehend von einem historisch gewachsenen Verhältnis zwischen christlichen Kirchen und Staat sowie deren institutionellen Strukturen in Deutschland, nicht ohne weiteres mit den sehr unterschiedlich organisierten und in ihrem politischen, ethnischen, religiösen und konfessionellen Selbstverständnis differierenden Gruppen möglich. Ein Typologisieren jedenfalls unter Anerkennung dieser Heterogenität ist daher von vornherein erschwert.3 Der Sachstand kann daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die sich durch die Fragestellung offenbarenden Schwierigkeiten bezüglich der Erhebung, Darstellung und Aussagekraft der nachgefragten Daten sollen jedoch insoweit aufgezeigt werden, dass die Annahme, es fehlte nur an der erforderlichen Erhebung, jedenfalls zu kurz greift. 1 Vgl. zu dieser Problematik bereits die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages „Ausländische Finanzierung von Religionsgemeinschaften in Deutschland“, 12.05.2016, WD 1 - 3000 - 021/16. 2 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Renate Künast, Monika Lazar und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, „Stand der rechtlichen Gleichstellung des Islam in Deutschland“, 18.04.2007, BT-Drs. 16/5033, S. 3 (Im Folgenden kurz: BT-Drs. 16/5033). 3 Vgl. Kandel, Johannes, „Organisierter Islam in Deutschland und gesellschaftliche Integration“, Friedrich- Ebert-Stiftung, September 2004, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 5 2. Probleme repräsentativer Darstellung 2.1. „Die“ Moscheevereine Wenn von sogenannten „Moscheevereinen“ die Rede ist, dann ist damit grundsätzlich die kleinste Organisationseinheit muslimischer Organisationen in Deutschland gemeint.4 Häufig wird auch Synonym von der Moschee oder einer Ortsgemeinde gesprochen. Jedoch ist aus den im Folgenden dargestellten Gründen, eine Erhebung über „die“ Moscheevereine bzw. –gemeinden bestenfalls erschwert. Islamische Gemeinden organisieren sich traditionell nach dem Vereinsrecht, da ihnen ursprünglich die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts verschlossen blieb, vgl. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 4 WRV i.V.m. §§ 21 ff. BGB.5 Die Vereine sind entweder selbständig organisiert oder haben sich Verbänden auf Landes- bzw. Bundesebene angeschlossen, die sich wiederum zu Dachorganisationen zusammengeschlossen haben6.7 Die DITIB gilt hinsichtlich ihrer zugehörigen „Moscheevereine“ als die größte islamische Organisation in Deutschland.8 Problematisch ist bereits, dass der semantische Gehalt des Begriffs „Moscheevereine“ unterschiedlich verstanden bzw. nicht definiert wird und damit die in diesem Zusammenhang erhobenen Daten und Informationen weder interpretiert noch als Grundlage für andere Erhebungen nutzbar gemacht werden können. Dies verdeutlicht sich bereits bei der Frage, wie viele „Moscheevereine “ in Deutschland existieren. Dabei reichen Schätzungen von mindestens 2.350 bis 4 Vgl. BT-Drs. 16/5033, S. 4. 5 Bisher wurde nur der Verband Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland (AMJ) vom Land Hessen als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt, vgl. BT-Drs. 16/5033, S. 4; Auch andere Gemeinden bzw. Gemeindeverbände bemühen sich um entsprechende Anerkennung, bspw. die Alevitische Gemeinde in Deutschland e.V. (AABF), vgl. „Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts“, AABF (http://alevi.com/de/?page_id=319 [letzter Zugriff: 24.04.2018]); „Auch Aleviten wollen Kirchenstatus“, Tagespiegel Online, 17.01.2018 (https://www.tagesspiegel.de/berlin /religions-und-weltanschauungsgemeinschaften-in-berlin-auch-aleviten-wollen-kirchenstatus/20853840.html [letzter Zugriff: 24.04.2018]). 6 Mit Ausnahme von DITIB sollen diese Zusammenschlüsse in Deutschland nicht auf Veranlassung ausländischer Staaten sondern ausschließlich auf Eigeninitiative entstanden sein, vgl. Rohe, Martin, Der Islam in Deutschland, München 2016, S. 130. 7 Spielhaus, Riem/ Färber, Alexa (Hg.), „Islamisches Gemeindeleben in Berlin“, S. 6; BT-Drs. 16/5033, S. 4; Vgl. außerdem zu den einzelnen Organisationen die ausführliche Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste „Islamische Organisationen in Deutschland“, 2015, WD 1 - 3000 - 004/15. 8 Vgl. Information des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, „Islam in Deutschland“, (https://www.bmi.bund.de/DE/themen/gesellschaft-integration/staat-und-religion/islam-in-deutschland/islam-indeutschland -node.html [letzter Zugriff: 24.04.2018]). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 6 2750 Moscheegemeinden bzw. -vereinen.9 Zum einen ist hier nicht eindeutig, ob tatsächlich nur die eingetragenen Vereine betrachtet wurden. Zum anderen sollte davon auszugehen sein, dass uneinheitlich die Alevitischen Gemeinden berücksichtigt werden, ohne dass dies immer kenntlich gemacht wird.10 Dies ist schon deshalb methodisch relevant, weil die Aleviten die zweitgrößte islamische Glaubensgruppe nach den Sunniten darstellen.11 Die Annahme, die Alevitischen Gemeinden seien zu den Moscheegemeinden zu zählen, ist nicht selbstverständlich, denn: Die Aleviten haben eine eigenständige Theologie entwickelt, betrachten die Gebote der Scharia als für sie aufgehoben, sodass sie nicht zwangsläufig als islamische sondern auch als eigenständige Glaubensrichtung kategorisiert werden können.12 Darüber hinaus halten die Aleviten die 9 BT-Drs. 16/5033, S. 7; Ceylan, Rauf, „Wer predigt den Islam in Deutschland“, Deutsche Islam Konferenz, 2009 (http://www.deutsche-islam-konferenz.de/DIK/DE/DIK/4ReligioesesPersonal/ImameTheologie/ZahlenDatenFakten /zahlen-daten-fakten-node.html [letzter Zugriff: 16.04.2018]); „Fromm, unauffällig - und gefährlich?“, Deutschlandfunk , 03.08.2016 (http://www.deutschlandfunk.de/moscheen-in-deutschland-fromm-unauffaellig-und-gefaehrlich .724.de.html?dram:article_id=361983 [letzter Zugriff: 16.04.2018]) ; „Das ist eine Moschee“, Die Zeit, 14.07.2016, S.6. 10 So zum Beispiel die Information des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, „Islam in Deutschland “, die von 2.350 Moscheegemeinden ausgeht (Vgl. Ebd. Fn. 6) während die angegebene Referenzquelle, die Kurzzusammenfassung der DIK-Studie „Islamisches Gemeindeleben in Deutschland“, zwischen Moscheegemeinden und Alevitischen Gemeinden bzw. islamischen Gemeinden und Alevitischen Gemeinden differenziert, Vgl. Halm, Dirk/ Sauer, Martina/ Schmidt, Jana/ Stichs, Anja, DIK-Studie 2012, „Islamisches Gemeindeleben in Deutschland“, Kurzfassung , 2012, S. 2. Ebenfalls differenzierend auch die DIK-Studie 2008 „Muslimisches Leben in Deutschland“: „Bei dem Hochrechnungsverfahren , das angewandt wurde, um die Zahl der in Deutschland lebenden Muslime zu schätzen, wird auch die Gruppe der Aleviten berücksichtigt. Ebenfalls werden an weiteren Stellen des vorliegenden Berichts Aleviten getrennt von den anderen muslimischen Glaubensrichtungen wie beispielsweise Sunniten oder Schiiten betrachtet. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum einen entspricht diese Vorgehensweise dem Wunsch der Auftraggeberin dieser Studie der DIK, die durch diese differenzierte Betrachtung erstmalig fundierte Auskünfte über die einzelnen religiösen Gruppen erhält, die in ihr vertreten sind. Zum anderen ist die Alevitische Gemeinde (AABF) in vier Bundesländern als Religionsgemeinschaft im Sinne von Art. 7 Abs. 3 GG anerkannt. Als dritter Grund ist anzuführen, dass sich Aleviten in ihrer spirituellen Ausrichtung und in ihrer religiösen Praxis deutlich von dem Islam sunnitischer und schiitischer Prägung unterscheiden (dazu Kap. 4) und eine hier fehlende Differenzierung zu Ungenauigkeiten bei der Interpretation der Ergebnisse führen könnte.“. Vgl. Haug, Sonja/ Müssig, Stephanie/ Stichs, Anja, DIK-Studie 2008, „Muslimisches Leben in Deutschland“, 2009, S.22 (Im Folgenden: DIK-Studie 2008). 11 „Islam in Deutschland“, Information des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (https://www.bmi.bund.de/DE/themen/gesellschaft-integration/staat-und-religion/islam-in-deutschland/islam-indeutschland -node.html [letzter Zugriff: 24.04.2018]). 12 Zum Selbstdefinitionsrecht: Rohe, Martin, Der Islam in Deutschland, München 2016, S. 75. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 7 „Cem“ (Gottesdienst) in den als „Cem“-Häuser („Cemevi“) bezeichneten Gemeindehäusern ab und nutzen keine Moscheen.13 Eine repräsentative Darstellung, die für sich beanspruchen kann den Status Quo abzubilden, ist auch dadurch erschwert, dass auf lokaler wie regionaler Ebene eine Vielzahl verschiedener Gruppierungen entstanden sind und darüber hinaus innerhalb der bestehenden Strukturen ein zunehmender und unterschiedlich ausgeprägter Transformationsprozess wahrzunehmen ist.14 So trägt auch der Generationenwechsel zwischen Migranten und deutschen Muslimen der zweiten, dritten Generation15 zu diesen strukturellen Veränderungen bei.16 2.2. Repräsentation der Muslime bzw. des Islams in Deutschland Keine der islamischen Organisationen kann für sich beanspruchen „die“ Muslime in Deutschland zu repräsentieren.17 Dies hat vielfältige Gründe, die nicht abschließend dargestellt werden sollen: 13 Rohe, Martin, Das Islamische Recht – Geschichte und Gegenwart, 3. Auflage, München, 2011, S. 17; Kandel, Johannes, Islamische Organisationen im Überblick, Bundeszentrale für politische Bildung, 22.12.2004 (http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/konfliktstoff-kopftuch/63317/islamische-gruppen [letzter Zugriff: 16.04.2018]). 14 Rohe, Martin, Der Islam in Deutschland, München 2016, S. 128; Vgl. zu möglichen Gründen, dass Gruppierungen nicht wahrgenommen werden: „Das ist eine Moschee“, Die Zeit, 14.07.2016, S. 6. 15 Sie verfügen über eine bessere Ressourcenausstattung und Bildung, besetzen Positionen in den Vorständen der Vereine und Verbände und wollen ohne die Migrationsgeschichte zu verleugnen als pluralistische deutsche religiöse Organisationen wahrgenommen zu werden, vgl. Rohe, Martin, Der Islam in Deutschland, München 2016, S. 120; Suder, Piotr, „Repräsentative Moscheen, Legitimität und kommunales Networking“, S. 70, in: Alexander-Kenneth Nagel (Hg.), Diesseits der Parallelgesellschaft, Neuere Studien zu religiösen Migrantengemeinden in Deutschland, Bielefeld , 2013. 16 Vgl. Alboğa, Bekir, „Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Finanzierung religiöser und sozialer Dienste der DITIB“, S. 38, in: Molthagen, Dietmar (Hg.), „Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland“, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018; Rohe, Martin, Der Islam in Deutschland, München, 2016, S. 120. 17 Kandel, Johannes, „Islamische Organisationen im Überblick“, Bundeszentrale für politische Bildung, 22.12.2004 (http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/konfliktstoff-kopftuch/63317/islamische-gruppen [letzter Zugriff: 16.04.2018]); So auch BT-Drs. 16/5033, S. 5; Pick, Ulrich, „Von der Schwierigkeit, Sprachrohr zu sein“, Deutschlandfunk , 14.05.2015 (http://www.deutschlandfunk.de/islamische-verbaende-in-deutschland-von-der-schwierigkeit .724.de.html?dram:article_id=319811 [letzter Zugriff: 17.04.2018]). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 8 In Deutschland leben zwischen 4,4 bis 4,7 Millionen Muslime unterschiedlichster Glaubensrichtung ,18 Konfession, Ethnie und politischer Gesinnung.19 Darüber hinaus lassen sich keine belastbaren Zahlen zu Mitgliedern in einzelnen oder allen Moscheegemeinden führen, gleiches gilt für die Verbände.20 Lediglich eine Minderheit von zwischen 15 bis 30 Prozent der Muslime ist in dieser Weise organisiert.21 Dies allein gibt aber nicht zwingend Aufschluss über den tatsächlichen gesellschaftlichen oder politischen Einfluss der Organisationen und Kollektive. Einerseits ist der Grad der Religiosität unter den Muslimen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Andererseits ergibt sich aus dem muslimischen Selbstverständnis nicht unbedingt die Zwangsläufigkeit der Mitgliedschaft in einem (Moschee-)Verein, um seinen religiösen Verpflichtungen nachzukommen oder eine Moschee – vielleicht „nur“ für das Freitags-, Fest- und Totengebet – aufzusuchen, sodass eventuell auch nicht alle Familienmitglieder, insbesondere Kinder, formell involviert sind.22 Für die Aussagekraft etwaiger Zahlen wäre daher ein differenzierter Mitgliedschaftsbegriff zugrunde zu legen, der Vereinsmitglieder im rechtlichen und im weiteren Sinne unterscheidet.23 Gleiches gilt auch für die nicht immer bestehende formelle Mitgliedschaft der Moscheegemein- 18 Vgl. anschließend an die Problematik mangelnder Offenlegung, wie die Aleviten bzw. die Alevitischen Gemeinden in den Statistiken berücksichtigt werden: Differenzierend die DIK-Studie 2008, S.22; Ebenso: Volkert, Marieke , „Methodenbericht: Muslimisches Leben in Deutschland 2016“, 2017, S. 9. 19 Stich, Anja, „Wie viele Muslime leben in Deutschland“ der DIK-Studie 2016 „Muslimisches Leben in Deutschland “, S. 5; Halm, Dirk/ Sauer, Martina, „Muslime in Europa – Integration, aber nicht akzeptiert“, Bertelsmann Stiftung , 2017, S. 16; Zur Problematik der Religionsstatistik: Röther, Christian, „Zahl der Muslime in Deutschland“, Deutschlandfunk, 26.01.2018 (http://www.deutschlandfunk.de/religionsstatistik-zahl-der-muslime-in-deutschland .886.de.html?dram:article_id=408677 [letzter Zugriff: 16.04.2018]). 20 Lemmen, Thomas, „Muslimische Organisationen in Deutschland, Entstehung, Entwicklungen und Herausforderungen “, S. 314 f. in: Antes, Ceylan, Muslime in Deutschland, Historische Bestandsaufnahme, Wiesbaden 2017. 21 So BT-Drs. 16/5033, S. 5; Kandel, Johannes, Islamische Organisationen im Überblick, Bundeszentrale für politische Bildung, 22.12.2004 (http://www.bpb.de/politik/innenpolitik/konfliktstoff-kopftuch/63317/islamische-gruppen [letzter Zugriff: 16.04.2018]); „Das Who is Who der deutschen Muslime“, Bayerischer Rundfunk, 11.08.2016 (https://www.br.de/themen/religion/islam-deutschland-muslime100.html [letzter Zugriff: 24.04.2018]). 22 Lemmen, Thomas, „Muslimische Organisationen in Deutschland“, Entstehung, Entwicklungen und Herausforderungen , S. 314 f. in: Antes, Ceylan, Muslime in Deutschland, Historische Bestandsaufnahme, Wiesbaden 2017; Volkert , Marieke, „Methodenbericht: Muslimisches Leben in Deutschland 2016“, 2017, S. 9; Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Erhebungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aus dem Jahr 2008, wonach sich nur eine Minderheit der insgesamt befragten Muslime durch islamische Organisationen vertreten fühle, DIK-Studie 2008, S. 173 ff., 175. 23 Lemmen, Thomas, Muslimische Organisationen in Deutschland, Entstehung, Entwicklungen und Herausforderungen , S. 314 f. in: Antes, Ceylan, Muslime in Deutschland, Historische Bestandsaufnahme, Wiesbaden 2017. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 9 den in den Verbänden, die eine ideelle Zugehörigkeit nicht ausschließt. Der Einfluss auf die Ausrichtung der einzelnen Moscheevereine sowie die Besetzung von Vorstandspositionen ist in beiden Fällen weder auszuschließen, noch zwangsläufig.24 2.3. Moscheen und Moscheebau in Deutschland Auch die Erkenntnisgewinnung bezüglich der Finanzierung von Moscheen und Moscheebauprojekten birgt Schwierigkeiten, da keine amtlichen Statistiken über die Anzahl religiöser Gebäude geführt werden.25 Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 2600 und 2700 muslimische Gebetsstätten unterschiedlicher Ausgestaltung existieren.26 Wenige werden in ihrer äußeren Gestalt als Moscheen im klassischen Sinne wahrgenommen.27 Die repräsentativen Neubauten weisen eine neo-osmanische bis postmoderne Glas- und Betonarchitektur auf.28 Die große Mehrheit der teilweise als „Hinterhofmoscheen“ bezeichneten Gemeindehäuser befindet sich allerdings anonym in Hinterhöfen, Gewerberäumen oder Gewerbegebieten, umgewandelten Fabrikanlagen oder anderen Räumlichkeiten.29 24 BT-Drs. 16/5033, S. 5. 25 Vgl. zu dieser Problematik bereits den Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste, „Moscheen in Deutschland “, 22.05.2015, WD 10 - 3000 - 041/15. 26 Rohe, Martin, Der Islam in Deutschland, München 2016, S. 183. 27 Vgl. Schätzung der Bundesregierung aus dem Jahr 2007 auf ca. 150 klassische Moscheen, BT-Drs. 16/5033, S. 7. 28 Rohe, Martin, Der Islam in Deutschland, München 2016, S. 182. 29 Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste, „Moscheebau in Deutschland und die Religionsfreiheit“, 24.04.2013, WD 10 - 3000 - 037/13. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 10 3. Finanzierung von Moscheevereinen und Moscheebauprojekten in Deutschland Es existieren keine gesicherten Kenntnisse über Finanzquellen.30 Die Daten, die – von der Frage ihrer Zuverlässigkeit abgesehen – verfügbar gemacht werden können, sind hinsichtlich der verflochtenen Organisationsstrukturen nicht aufgeschlüsselt. 3.1. Gemeindeinterne Einnahmen und (externe) Spenden Bilanzen oder Rechenschaftsberichte von Vereinen, die Aufschluss über deren Finanzierung geben könnten, sind den Mitgliedern bzw. dem Finanzamt vorbehalten (und insofern vom Steuergeheimnis umfasst). Eine Offenlegungspflicht gegenüber der Allgemeinheit besteht nicht. In den Satzungen der Verbände sind zwar Vereinsbeiträge im Sinne von § 58 Nr. 2 BGB teilweise vorgesehen,31 aufgrund des dargestellten Umstands der differenzierten Mitgliedschaft dürfte es sich dabei in der Regel jedoch um keine Haupteinnahmequellen handeln. Im Übrigen sind dazu wohl der Verkauf von Publikationen und anderen Produkten sowie Einnahmen aus Veranstaltungen wie Konzerten und Kulturveranstaltungen zu zählen.32 Nach Angaben vieler Gemeinden wird der Großteil des Gemeindelebens über freiwillige Spenden der Gläubigen, sog. „zakat“,33 insbesondere anlässlich des Freitaggebets finanziert.34 Gleiches soll auch für den Ankauf von Gemeindehäusern gelten, wobei sich bei Bedarf auch durch Spenden anderer Gemeinden geholfen 30 Vgl. so auch schon BT-Drs. 16/5033, S.8. 31 Vgl. § 5 Nr. 17 Satzung des Vereins für Dialog und Völkerverständigung in Karlsruhe e.V., Annur Moschee vom 18.01.2015; § 8.1. Satzung der Türkisch-Islamischen Gemeinde zu Mannheim e.V.; § 8 Mustersatzung der Türkisch -Islamische Kulturvereine Diyanet/DITIB vom 13.03.2003 (http://bravors.brandenburg.de/verwaltungsvorschriften /diyanet [letzter Zugriff: 03.05.2018]); Muckel, Stefan/ Henzschel, Lukas, „Rechtliche Grenzen und Möglichkeiten öffentlicher Finanzierung Muslimischen Lebens in Deutschland“, S. 10, in: Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018. 32 Vgl. bspw. § 17 der Satzung für die „Alevitische Gemeinde Deutschland“ vom 15.-16.03.2014. 33 „Die islamische Pflichtabgabe; eine der fünf Grundpflichten der Muslime. Die Almosengabe zur Finanzierung sozialer (Unterstützung Bedürftiger), karitativer und missionarischer Aufgaben bildet einen grundlegenden Bestandteil der islamischen Ethik und ist neben der verpflichtenden Form der regelmäßig abzuführenden Zakat, eingeführt bereits zu Lebzeiten Mohammeds, den Muslimen auch als freiwillige Gabe zu bestimmten Anlässen geboten.“, Brockhaus, Zakat (http://brockhaus.de/ecs/enzy/article/zakat [letzter Zugriff: 19.04.2018]). 34 „Wie finanzieren sich Moscheen?“, Deutschlandfunk Kultur, 18.01.2016 (http://www.deutschlandfunkkultur .de/religion-wie-finanzieren-sich-moscheen.1008.de.html?dram:article_id=343845Wie [letzter Zugriff: 03.05.2018] Vgl. Alboğa, Bekir, „Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Finanzierung religiöser und sozialer Dienste der DITIB“, S. 34, in: Molthagen, Dietmar (Hg.), „Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland “, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018: „Sowohl die Miet- oder Baukosten als auch die laufenden Kosten nach der Fertigstellung des Moscheebaus werden ausschließlich von der Gemeinde vor Ort getragen. Bis heute fließen keinerlei staatliche oder öffentliche Gelder in die DITIB-Gemeindekassen. Ausnahmefälle sind dabei äußerst selten. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 11 werde.35 Die Erhebung von Beiträgen im Sinne des Steuereinzugsverfahrens ist dagegen nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 WRV nur den Körperschaften des öffentlichen Rechts vorbehalten .36 Allerdings gewährt das Steuerrecht den Körperschaften im Sinne des Körperschaftssteuergesetzes (KStG), das den eingetragenen Verein umfasst, § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG, die gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 3 Abgabenordnung verfolgen, steuerartige Vergünstigungen im Rahmen der Körperschafts-, Einkommens- und Umsatzsteuer.37 Allerdings haben nicht alle der in der Rechtsform des eingetragenen Vereines organisierten Moscheegemeinden den Gemeinnützigkeitsstatus38 bisher erhalten.39 Auch vom Deutschen Staat bekommen die Moscheegemeinden keinerlei finanzielle Förderung für einen Moscheebau, den Unterhalt der Moschee sowie religiöse und soziale Dienste.“. 35 Nofal, Lydia „Gründung einer islamischen Stiftung Berlin zur transparenten Finanzierung des islamischen Lebens“, S. 45, in: Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018. 36 Der These, an der Erhebung von Mitgliedsbeiträgen im Wege des Steuereinzugsverfahrens hätten islamische Verbände im Hinblick auf die freiwillige Spende des „zakat“ kein Interesse, um das Prinzip der Freiwilligkeit nicht zu kompromittieren, wird insoweit teilweise widersprochen, da jedenfalls das Satzungsrecht einiger muslimischer Verbände die Mitgliedsbeiträge ausdrücklich vorsähen; auch müsse davon ausgegangen werden, dass muslimische Verbände in Deutschland inzwischen auch das Instrument der Mitgliedsbeiträge nutzen, um ihren Finanzbedarf zu decken ; Vgl. Muckel, Stefan/ Henzschel, Lukas, „Rechtliche Grenzen und Möglichkeiten öffentlicher Finanzierung Muslimischen Lebens in Deutschland“, S. 10, in: Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Friedrich- Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018; Andere Einschätzung: Spielhaus, Riem/Herzog, Martin, „Die rechtliche Anerkennung des Islams in Deutschland“, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2015, S. 30. 37 Spielhaus, Riem/ Herzog, Martin, „Die Rechtliche Anerkennung des Islams in Deutschland“, Friedrich Ebert Stiftung, Forum Berlin, 2015, S. 30 f.; Die Befreiung von der Grundsteuer ist dagegen den Körperschaften des öffentlichen Rechts oder jüdischen Kultusgemeinden vorbehalten, vgl. § 4 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 4, 5 GrStG. 38 „Maßgeblich für den Status der Gemeinnützigkeit ist, dass die betreffende Organisation die Allgemeinheit fördert . Dies setzt unter anderem voraus, dass sie sich bei ihrer Betätigung im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 GG hält. Dazu muss sie sich im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung betätigen, die die materiellen und formellen Normen der Verfassung beachtet. Die Verwendung der aus inländischen oder ausländischen Quellen erhaltenen Mittel verantworten die für den Verein Handelnden vereinsrechtlich vor ihren Mitgliedern und steuerrechtlich vor der deutschen Steuerverwaltung. Letztere wird dabei insbesondere prüfen, ob die Organisation die Mittel ausschließlich für ihre satzungsgemäßen Zwecke verwendet hat.“, vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Katja Keul, Dr. Tobias Lindner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, „Einfluss ausländischer Staaten, Parteien und Stiftungen auf islamische Gemeinschaften in Deutschland und offene Fragen aus der Deutschen Islam Konferenz (DIK)“, 29.09.2017, BT- Drs. 18/13658, S. 4 (Im Folgenden: BT-Drs. 18/13658). 39 Spielhaus, Riem/ Herzog, Martin, „Die Rechtliche Anerkennung des Islams in Deutschland“, Friedrich-Ebert- Stiftung, Forum Berlin, 2015, S. 30. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 12 3.2. Öffentliche Mittel Eine Förderung der grundsätzlichen Arbeit von Moscheevereinen bzw. Moscheen oder von Neubauprojekten ist nicht bekannt. Soweit eine Förderung aus öffentlichen Mitteln erfolgt, handelt es sich um projekt- oder anlassbezogene Förderungen. Dabei ist sich vor Augen zu führen, das muslimische Vereine häufig sehr viel mehr sind als Gebetshäuser. Über den spirituellen Bereich hinaus , weisen die Gemeinden ein nicht abgrenzbares und unterschiedlich ausgeprägtes Profil an sozialen und kulturellen Angeboten auf, wie Beratungsdienste, Organisation von Spenden für Bedürftige , Deutschunterricht und Hausaufgabenhilfe um nur einige zu nennen sowie diverse soziale Leistungen und Aktivitäten, insbesondere auch in der Flüchtlingshilfe, die daher teilweise und unabhängig von der religiösen Ausrichtung gefördert werden.40 Bezüglich der Frage, welche islamischen Organisationen in den Jahren 2014 bis 2018 aus welchen Haushaltstiteln des Bundeshaushalts Mittel erhalten haben oder werden, wird auf die Anlagen 1 bis 5 der Bundestagsdrucksache 18/13658 verwiesen.41 Dieser Übersicht ist zu entnehmen, dass die Vereine projektbezogene finanzielle Mittel für soziale, kulturelle und zivilgesellschaftliche Programme erhalten, bspw. im Wege der monatlichen Erstattung von Taschengeldern und Sozialversicherungsbeiträgen (bis zu einer bestimmten Höchstgrenze) für die eingesetzten Freiwilligen sowie als Zuschuss zur pädagogischen Begleitung der Freiwilligen;42 oder im Rahmen des Bundesprojekts „Demokratie Leben!“, das die Demokratieförderung und Radikalisierungsprävention unterstützen soll43. Auch diesen Aufstellungen stellt die Bundesregierung voran, dass die Auflistung nicht abschließend sei und keine Einordnung von Trägern als islamische Organisationen seitens der Bundesregierung darstelle. In der Regel würden Organisationen und Institutionen unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund gefördert. Daher erfolge diesbezüglich auch keine statistische Erfassung. Aus diesem Grund sei es nicht möglich, Projekte islamischer Organisationen abschließend aufzuführen. Soweit Zuwendungen an die Türkische Gemeinde in Deutsch- 40 Spielhaus, Riem/ Färber, Alexa (Hg.), „Islamisches Gemeindeleben in Berlin“, S. 7; Suder, Piotr, „Repräsentative Moscheen, Legitimität und kommunales Networking“, S. 69 f., in: Alexander-Kenneth Nagel (Hg.), Diesseits der Parallelgesellschaft, Neuere Studien zu religiösen Migrantengemeinden in Deutschland, Bielefeld, 2013; Rohe, Martin, Der Islam in Deutschland, München 2016, S. 117, 121; Muckel, Stefan/ Henzschel, Lukas „Rechtliche Grenzen und Möglichkeiten öffentlicher Finanzierung Muslimischen Lebens in Deutschland“, S. 27, in: Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018. 41 BT-Drs. 18/13658, S. 21-62. 42 Bspw. die Förderung im Bundesfreiwilligendienst für die Islamische Gemeinde Magdeburg e.V. in Höhe von 400 €, vgl. BT-Drs. 18/13658, S. 58. 43 „Bundesprogramm "Demokratie leben!"“, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 21.02.2018, (https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/engagement-und-gesellschaft/demokratiefoerderung-und-extremismuspraevention /landes-demokratiezentren/bundesprogramm--demokratie-leben--/73948 [letzter Zugriff: 24.04.2018]). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 13 land e.V. aufgeführt seien, erfolge dies aufgrund der Mitgliedschaft des Verbandes in der Deutschen Islam Konferenz in der 18. Legislaturperiode. Nach Kenntnis der Bundesregierung sehe sich die Türkische Gemeinde in Deutschland e.V. nicht als islamische Organisation.44 Eine vergleichbare, die Landeshaushalte der Bundesrepublik Deutschland oder die Kommunen betreffende Übersicht zur finanziellen Unterstützung von Vereinen bzw. Organisationen ist nicht ersichtlich. Nur fragmentarisch und beispielhaft kann auf einzelne veröffentlichte Daten hingewiesen werden. Dem liegt zumindest auch zu Grunde, dass Förderungen oder Bezuschussungen, die einzelne Projekte betreffen, grundsätzlich unabhängig von der weltanschaulichen oder religiösen Orientierung des jeweiligen Trägers gewährt werden können und diese Daten dementsprechend nicht erhoben werden.45 Das (finanzielle) kommunale Engagement bezüglich des Moscheebaus war ausschließlich der Presse zu entnehmen. Schlagzeilen machte die Stadt Monheim, die den Moscheebau mit 845.000 Euro (15 Prozent der Investitionssumme), mit denen die islamischen Gemeinden die Grundstücke von städtischen Tochtergesellschaften kaufen können, bezuschusste .46 3.3. Finanzielle Unterstützung aus dem Ausland Obwohl die Frage immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen ist,47 waren (öffentlich zugängliche ) systematisch erfasste Informationen über Finanzströme von Geldgebern aus Drittstaaten , die islamische Organisationen, insbesondere Moscheen bzw. Moscheevereinen begünstigen, nicht auffindbar. 44 Vgl. bspw. BT-Drs. 18/13658, S. 43. 45 Vgl. insoweit bspw. die Antwort der Landesregierung in Baden-Württemberg vom 26.0.2016 auf die Anfrage vom 08.08.2016, Drucksache 16/405 Landtag von Baden-Württemberg, S. 3; Die Frage war darauf gerichtet, welche islamisch -konfessionellen Einrichtungen der Religionspflege bzw. der Sozialfürsorge in Baden-Württemberg seit 2011 auf gesetzlicher Grundlage welche Zuwendungen bzw. Fördermittel aus öffentlichen Mitteln zu welchem Zweck erhalten haben. Genannt wurden unter anderem Träger von Kindertageseinrichtungen, dabei handele es sich jedoch um eine von der religiösen Prägung des Trägers unabhängige Förderung und nicht um die Förderung der Glaubensvermittlung; Vgl. dazu Körting, Ehrhart, „Die Legende von einer umfassenden staatlichen Finanzierung christlicher Glaubensvermittlung – Kein tragbares Modell zur Finanzierung von Moscheen und islamischen Verbänden“, S. 50 f, in: Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018. 46 „Stadt Monheim fördert Moscheebau mit 840.00 Euro“, Die Welt, 27.10.2016 (https://www.welt.de/politik /deutschland/article159078203/Stadt-Monheim-foerdert-Moscheebau-mit-845-000-Euro.html [letzter Zugriff: 24.04.2018]); Bernd Dörries, Abschied vom Hinterhof, Süddeutsche Zeitung, 06.07.2016. 47 Dagegen sollen bei der Sanierung einer Gebetsstätte der Al Nour Moschee Hamburg 40 % der 2,5 Millionen Euro aus Kuwait geflossen sein, vgl. „Draußen vor der Tür“, Süddeutsche Zeitung, 03.06.2017, S. 8; Ebenso kursieren Mutmaßungen darüber, ob die Dar-Assalam-Moschee in Berlin-Neukölln ebenso finanziert worden sei, vgl. „Moschee : Keine Spenden aus dem Ausland erhalten“, Berliner Morgenpost, 07.01.2018, S.7; „Dar-Assalam-Moschee klagte Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 14 Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Katja Keul, Dr. Tobias Lindner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, inwieweit Einflüsse ausländischer Staaten, Parteien, Stiftungen und sonstiger Personen und Geldgeber Verbindungen zu islamischen bzw. islamisch religiöse Vereine oder Religionsgemeinschaft, insbesondere durch Entsendung von Personal, finanzielle Zuwendungen oder Sachleistung der Bundesregierung bekannt seien, antworte die Bundesregierung, dass sie nicht anlasslos, allgemein und systematisch eigene Erkenntnisse über Verbindungen und Einflüsse ausländischer Stellen auf religiöse Vereine und Religionsgemeinschaften erhebe.48 Im Rahmen dieser Anfrage gab die Bundesregierung bezüglich der in gleicher Weise gerichteten Fragen bzgl. diverser Staaten (namentlich Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bosnien und Herzegowina, die Palästinensische Autonomiegebiete, Saudi- Arabien, Katar, Marokko, Pakistan , Indonesien, Ägypten und Iran) an, dass die Beantwortung der Fragen aus Gründen des Staatswohl nicht offen erfolge.49 Diese Informationen wurden angefragt und werden dem berechtigten Fragesteller zugänglich gemacht, sobald diese durch die Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus geht die Bundesregierung von Finanzströmen aus der Islamischen Republik Iran aus. Da der Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) durch das Büro des Revolutionsführers Ali Khameneis und als dessen religiöser Vertreter entsendet werde, sei neben der inhaltlichen Beeinflussung auch von einer finanziellen Unterstützung auszugehen.50 Dies könnte mittelbar auch die Gemeinden der IZH betreffen und aufgrund der auch personellen Verflechtungen der IZH mit dem Dachverband schiitischer Gemeinden Deutschland (IGS), auch dieser des IGS.51 Schließlich ist zumindest von einer mittelbaren finanziellen Unterstützung der Türkei bezüglich einiger der DITIB angehörenden Gemeinden auszugehen.52 Denn die Diyanet İşleri Başkanlığı, das Präsidium für Religionsangelegenheiten, die direkt dem Ministerpräsidenten unterstellt ist, gegen den Verfassungsschutz“, Die Welt, 07.09.2017 (https://www.welt.de/politik/deutschland/article168426602/Dar- Assalam-Moschee-klagt-gegen-Verfassungsschutz.html [letzter Zugriff: 17.04.18]). 48 Vgl. BT-Drs. 18/13658, S. 4. 49 BT-Drs. 18/13658, S. 8 ff. 50 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Katja Keul und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, „Ausrichtung der schiitischen Verbände und ihre Verbindungen zum iranischen Regime“, 21.08.2017, BT-Drs. 18/13362, S. 4; Vgl. auch Bundesministerium des Innern (Hg.), Verfassungsschutzbericht 2016, S. 206. 51 Ebd., BT-Drs. 18/13362, S. 2 f. 52 Muckel, Stefan/ Henzschel, Lukas, „Rechtliche Grenzen und Möglichkeiten öffentlicher Finanzierung Muslimischen Lebens in Deutschland“, S. 25, in: Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Friedrich- Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 15 entsendet Imame der Diyanet in Gemeinden der DITIB.53 Sie übernimmt auch die Honorare dieser Imame. Dabei entspräche die finanzielle Entlastung etwa 4.000 bis 5.000 € für die jeweilige Gemeinde, unabhängig von der Frage, ob es in Deutschland entsprechende studierte islamischen Theologinnen und Theologen überhaupt gäbe, so Dr. Bekir Alboğa, Generalsekretär der Türkisch- Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) und Lehrbeauftragter am Institut für Islamische Theologie an der Universität Münster.54 Die in Medien und populärwissenschaftlichen Ausarbeitungen vertretene These, dass sich Moscheevereine in Deutschland hauptsächlich auf ausländische Finanzquellen stützen, findet hier keine zahlenmäßige Grundlage. Die Bundesregierung betont schließlich, dass eine ausländische Finanzierung nicht gleichzusetzen sei mit Steuerung. Daher müsse in dieser Allgemeinheit offen bleiben, was den Begriff der Steuerung ausmache.55 Die Thematik entziehe sich einer pauschalen Beurteilung.56 4. Fazit Die Frage, wie sich Moscheen und Moscheevereine finanzieren, kann nicht mit konkreten Zahlen beantwortet werden. Für informell zusammengeschlossene oder nach dem Vereinsrecht organisierte Gemeinden besteht – ebenso wie bei den Kirchen und sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts – gegenüber der Öffentlichkeit keine Rechenschafts- bzw. Offenlegungspflicht bezüglich der Bilanzen . Auch eine Unterbindung von Finanzströmen – etwa nach österreichischem Vorbild – ist nach deutschem Recht nicht denkbar.57 Eine Unterbindung von finanziellen Aktivitäten im Hinblick auf einzelne Vereine ist nach deutschem Recht nur im Rahmen eines Organisationsverbots 53 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE., „Die deutsch-türkische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit und Terror-Abwehr“, 13.03.2017, BT-Drs. 18/11492, S. 4. 54 Vgl. Alboğa, Bekir, „Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Finanzierung religiöser und sozialer Dienste der DITIB“, S. 35, in: Molthagen, Dietmar (Hg.), „Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland“, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018. 55 Muckel, Stefan/ Henzschel, Lukas, „Rechtliche Grenzen und Möglichkeiten öffentlicher Finanzierung Muslimischen Lebens in Deutschland“, S. 25, in: Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Friedrich- Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018: „Die DITIB steht eindeutig unter dem Einfluss des türkischen Staates. Sie ist darum aber keine „Außenstelle der türkischen Regierung“ oder Stelle, deren Wirken hier schon deshalb problematisch erscheint . Die DITIB besteht aus in Deutschland lebenden Menschen. Bin in die Vorstände der Landesverbände gehören zahlreiche Personen an, die nicht die türkische, sondern nur die deutsche Staatsangehörigkeit haben.“. 56 BT-Drs. 18/13658, S. 2 f. 57 Vgl. die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste, „Das Grundrecht der Religionsfreiheit bei Finanzierung und Lenkung der Religionsgemeinschaft aus dem Ausland“, WD 10 – 3000 -006/17. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 028/18 Seite 16 möglich.58 Dies setzt voraus, dass sich ihre Aktivitäten gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, Art. 9 Abs. 2 GG. Unterhalb der Verbotsschwelle ist eine Überprüfung durch die Finanzbehörden zumindest hinsichtlich der Gemeinnützigkeit bzw. unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Bundesverfassungsschutzgesetzes durch die Verfassungsschutzbehörden möglich.59 Zur Beantwortung der Frage, wie mehr Transparenz im Spendenwesen und finanzielle Autonomie der muslimischen Dachverbände ermöglicht werden kann, könnte der Versuch Frankreichs mit der „Fondation pour l’Islam de France“ (zuvor „Fondation pour les Oeuvres de l’islam en France“) beispielhaft sein.60 Ähnliche Konzepte werden auch in Deutschland diskutiert.61 Selbstverständlich ist auch der direkte und freiwillige Austausch mit den in Rede stehenden Akteuren, soweit sie denn bekannt sind, nicht ausgeschlossen . 58 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Heike Hänsel, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE., „Saudi-Arabien und der ,Islamische Staat‘ “, 03.02.2016, BT-Drs. 18/7471, S. 5. 59 Ebd., BT-Drs. 18/7471, S. 3 f.; Bundesministerium des Innern (Hg.), Verfassungsschutzbericht 2016, S. 188. 60 Riedel, Sabine, „Moscheebau und islamische Zentren“, in: Moscheebau und islamische Zentren, SWP-Studie, Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Sicherheit und Politik, Berlin, Juni 2010, S. 18, 22; Galetti, Nino/ Wissmann, Nele Katharina, „Paris will einen französischen Islam“, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Länderbericht, Oktober 2016; „La fondation pour l'islam de France“, Centre français des fonds et fondations, 31.08.2016 (https://www.centre-francais-fondations.org/copy_of_news/la-fondation-pour-lislam-de-france [letzter Zugriff : 24.04.18]). 61 Nofal, Lydia, „Gründung einer islamischen Stiftung Berlin zur transparenten Finanzierung des islamischen Lebens“, S. 44 ff., in: Die Finanzierung Muslimischer Organisationen in Deutschland, Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, 2018.