Außenwissenschaftspolitik – ein Stiefkind der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik? Ansatzpunkte zur Stärkung der wissenschaftlichen Kooperation im Rahmen in der Auswärtigen Kulturpolitik - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 028/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Außenwissenschaftspolitik als Querschnittsbereich der Politikgestaltung Ausarbeitung WD 10 - 3000 – 028/08 Abschluss der Arbeit: 17. 4. 2008 Fachbereich WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Herausforderungen der globalen Wissensgesellschaft 6 3. Wissenschaft und Forschung im Rahmen der Auswärtigen Kulturpolitik 11 4. Ausbau und Stärkung der Außenwissenschaftspolitik 16 5. Perspektiven 23 6. Literatur 25 - 3 - 1. Einleitung Die Globalisierung hat auch in der Wissenschaft zu neuen Formen des internationalen Wettbewerbs, gleichzeitig aber auch zu einer neuen Vielfalt der internationalen Kooperation geführt. Neue Kommunikationstechniken lassen zeitliche und räumliche Distanzen schrumpfen.1 Reiseaktivitäten und das internationale Auftreten erfolgreicher Wissenschaftler unterscheiden sich nur wenig von denen der großen Politik. Hinzu kommt die Ausbreitung global agierender Netzwerke der Wissenschafts- und Berufsorganisationen , aber auch anderer Wissensakteure, etwa im Rahmen des UN-Systems (BERGER 1997). Die Globalisierung der wissenschaftlichen Welt bedeutet, dass der nationale Raum nicht mehr allein zählt, wenn es um Ausrichtung und Stil, Medien und Mittel, Karriere und Reputation geht. Hinzu kommen neue Wettbewerbsmuster auf dem Markt des Wissens (BOGDANDY 2004). Die Attraktivität von Bildungs- und Wissenschaftsstandorten und das Vertrauen in deren derzeitige und zukünftige Leistungsfähigkeit wird zu einem wichtigen Faktor der Mobilität der wissenschaftlichen Produktion und der Wissenschaftler, aber auch für Kooperationsentscheidungen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen und nicht zuletzt auch für die Investitionen grenzüberschreitender Unternehmen. Die Nationalstaaten und ihre Wissenschaftsorganisationen sind bestrebt, ihre Wissenschaftsstandorte auf diesen Wettbewerb um das Kreativpotenzial auszurichten. Zu Recht wird – etwa im deutschen Pakt für Forschung und Innovation – die verbesserte Positionierung von Forschung und Wissenschaft im weltweiten Vergleich als eine wichtige Voraussetzung für technologische Leistungsfähigkeit und ökonomische Entwicklung angesehen. Forschung und Wissenschaft sind aber zugleich eine zentrale Basis für die globale Mitverantwortung. Die internationale Forschungs- und Wissenschaftszusammenarbeit steht vor großen Herausforderungen : Der Klimawandel, die künftige Energieversorgung, die Grundlagen der Agrarproduktion , der Schutz vor Infektionskrankheiten sind Probleme, die nur in internationaler Kooperation bewältigt werden können. Jedoch ist immer noch ein großer Teil der Welt von der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit und von internationalen Innovationsprozessen weitgehend abgekoppelt. Funktionierende Bildungs- und Forschungssysteme sind jedoch eine entscheidende Voraussetzung für die Teilhabe am internationalen wissenschaftlichen Fortschritt. Wirtschaftlich und wissenschaftlich fortgeschrittene Länder tragen hier gemeinsam mit den Entwicklungsländern Verantwortung . Die internationalen Konflikte der Gegenwart und Zukunft werden zudem auch als Folge von komplexen globalen Herausforderungen ausgetragen werden, zu deren Bewältigung die Wissenschaft entscheidende Beiträge liefern kann. Damit gerät die 1 Vgl. den instruktiven Report „Nomads at last. A spezial Report on Mobile Telecoms“ der Zeitschrift „The Economist“ vom 12. April 2008, abrufbar unter http://www.economist.com. - 4 - internationale Dimension der Wissenschaft auch in außen- und sicherheitspolitischer Hinsicht in das Blickfeld der Betrachtung. In diesem Sinn hat sich seit einiger Zeit der Begriff der „Außenwissenschaftspolitik“ im politischen Diskurs etabliert. Zunächst von Vertretern der großen Wissenschaftsorganisationen vorgetragen, so etwa von SCHÜTTE (2006),2 hat er inzwischen auch im Regierungshandeln Platz gefunden. Mit der Etablierung einer neuen Außenwissenschaftspolitik verbindet sich die Überzeugung, dass die Wissenschafts- und Hochschulzusammenarbeit mit anderen Ländern auf eine neue Grundlage gestellt werden müsse.3 Entsprechend den Zielen von Auswärtigen Kulturpolitik und Public Diplomacy zielt eine nach außen gerichtete Wissenschaftspolitik auf die Stärkung der Attraktivität des deutschen Wissenschafts- und Bildungssystems und ihres Outputs. Die Internationalisierung von Wissenschaft ist jedoch kein technokratisches Unternehmen. Und es geht auch nicht nur um den Ausbau der Präsenz im Ausland, sondern erfordert gleichzeitig eine neue Offenheit nach innen. So zeigt sich etwa, dass ausländische Studenten in hohem Maß ihr Studium in Deutschland abbrechen. Die akademische Integration scheitert häufig deshalb, weil die grundlegenden Voraussetzungen für interkulturelle Kommunikation nicht vorhanden sind. Interkulturelle Kompetenz muss zu einem zentralen Bestandteil von Curricula und Austauschprogrammen werden. Wissenschaft ist nicht zuletzt eine kulturelle Ausdrucksform und ein kulturelles Deutungssystem , das Gesellschaften, in denen sie gedeiht, positiv beeinflusst. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklären und reflektieren nicht nur die Entstehungsund Arbeitsbedingungen ihres eigenen Tätigkeitsfeldes und tragen damit zur Eigensteuerung des Wissenschaftssystems bei. Hinzu kommen ihre vielfältigen Beiträge zur Unterstützung politischer Konsultations- und Entscheidungsprozesse im Rahmen der wissenschaftlichen Politikberatung.4 Gleichzeitig hat sich jedoch die Aufgabenteilung zwischen öffentlichem und privatem Engagement in der Forschung und Entwicklung nachhaltig verändert. Multinationale Unternehmen richten ihre Forschungs- und Entwicklungs -Aktivitäten weltweit aus und gleichzeitig ist ein scharfer Wettbewerb um die Standorte von Forschungseinrichtungen entstanden. Die Unternehmen suchen an 2 Vgl. dazu auch die Beiträge in AUSWÄRTIGES AMT (2006). 3 Vgl. dazu die Rede von Bundesaußenminister Steinmeier vor dem Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestags am 13. Februar 2008: „Gemeinsam mit meiner Kollegin Schavan arbeiten wir an einer Internationalisierungsstrategie für Wissenschaft und Forschung. Wir bringen hier unter dem Stichwort der Außenwissenschaftspolitik unsere außenpolitischen Kompetenzen und natürlich die Überlegungen unserer großen Mittlerorganisationen – dem DAAD und der Alexander von Humboldt-Stiftung – mit ein.“ Die Rede ist abrufbar unter http://www.auswaertigesamt .de/diplo/de/Infoservice/Presse/Reden/2008/080213-SteinmeierKulturausschuss.html 4 Dies betrifft vor allem die institutionelle Ausformung von politikorientierten Expertengremien und Forschungskapazitäten, die Veränderung der politischen Aktionsfelder durch spezifische Prozesse der Professionalisierung und die "Verwissenschaftlichung" der öffentlichen Diskurse. Die akademische Wissenschaft ist dabei nur ein Teil der "interpretive communities" (Fish 1979), die in der Auseinandersetzung um die kognitive Kanalisierung politischer Prozesse beteiligt sind. - 5 - ihren Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsstandorten die Nähe zu Forschungsinstituten und Hochschulen, um Probleme bei der Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen gezielter zu lösen und neue Ideen der Forscher schneller in marktfähige Produkte umzusetzen. Die dabei entstehenden Interessenkonflikte zwischen Einzelinteressen (etwa der Wirtschaft) und dem öffentlichen Gemeinwohl dürfen jedoch nicht ignoriert werden.5 Auch deshalb müssen Hochschulen und Wissenschaft „unternehmerischer" werden, damit sie im Zeitalter der Europäisierung und Globalisierung der Bildungs- und Forschungsräume den Grundsatz der Wissenschaftsfreiheit bewahren und ihre emanzipatorischen Ziele weiter verfolgen können. Zugleich müssen sie zur Stärkung einer demokratischen Leistungs- und Verantwortungselite beitragen. Die Exzellenzinitiative des Bundes ist ein Schritt in die richtige Richtung.6 Jedoch wird das gegenwärtige System der deutschen Studienfinanzierung dieser Aufgabe nur wenig gerecht.7 Auch bei den Programmangeboten des DAAD und anderer Förderorganisationen einschließlich jener der Europäischen Union sollten diese sozialökonomischen Implikationen nicht übersehen werden.8 Mit der steigenden wirtschaftlichen Bedeutung von Forschungsergebnissen stellen sich außerdem neue Fragen für die Offenheit und Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen. Eine wichtige Rolle spielen Wissenschaftler auch in der öffentlichen Debatte. Sie bringen Kreativität und Vision auch in öffentliche Foren ein, die zu rationalen Entscheidungen und einer vernünftigen Aufteilung knapper finanzieller Mittel beitragen. Der Wandel der Industrie- zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft, die Folgen des demografischen Wandels in diesen Gesellschaften und die Folgen der Globalisierung auf die Lebens- und Arbeitswelt oder die interne wie internationale Spaltung von Gesellschaften durch ungleichen Zugang zu Informationen, ungleiche Bildungs- und berufliche Qualifikationschancen bedürfen der wissenschaftlichen Aufklärung, um geeignete politische Antworten formulieren zu können. Insbesondere den Natur- und Technikwis- 5 So vertreten etwa GIBBONS u. a. (1994) die Vorstellung, dass das ursprünglich dominante Referenzmodell – ein wesentlich selbstbezüglicher Diskurs der Wissenschaft (LUHMANN 1990) – abgelöst worden sei durch ein neues „Produktionsmodell“, in dem Wissenschaft und Forschung mit Auftraggebern und/oder Anwendern zusammenwirken.; andere Autoren sehen jedoch auch neue Verbindungen zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Medien (WEINGART 2001, ETZKOWITZ 1998). Wissenschaft und Forschung mit öffentlichen Mitteln zu fördern begründet sich dabei aus der zentralen Bedeutung, die der Produktion neuen Wissens und dessen Weitergabe an die Gesellschaft zukommt. Das Wissenschafts- und Forschungssystem erfüllt in diesem Zusammenhang einen öffentlichen, dem Gemeinwohl dienenden Auftrag. Vgl. dazu etwa Bericht der internationalen Kommission zur Systemevaluation der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Max-Planck- Gesellschaft (VOLKSWAGEN-STIFTUNG 1999). 6 Vgl. dazu http://www.bmbf.de/de/1321.php. 7 Wie die HIS-Studie „Public/Private Funding of Higher Education“ nachdrücklich unterstreicht, ist eine Revision der undurchschaubaren, ineffizienten und zugleich die soziale Schichtung zementierenden Studienfinanzierung erforderlich (SPANGENBERGER 2008). Ein deutschsprachiger Überblick findet sich unter www.his.de/pdf/23/CSProject_Kurzinfos-zum-Projekt-auf-Deutsch.pdf. 8 Vgl. dazu http://www.deutsche-kultur-international.de/dir/index.html?dir_id=93&lang=de#205 - 6 - senschaften, aber auch den Sozial- und Geisteswissenschaften kommt bei der Lösung dieser internationalen Aufgaben eine besondere Rolle zu. Um diesen Prozess auch politisch weiter zu gestalten, bedarf es der wissenschaftlichen Reflexion, um die wesentlichen Herausforderungen der Gegenwart zu beschreiben und zu deuten. 2. Herausforderungen der globalen Wissensgesellschaft Mit der Globalisierung der Waren-, Dienstleistungs- und Informationsströme hat sich auch der Austausch in Wissenschaft und Forschung weiter globalisiert. Ausgangspunkt für diese Betrachtungsweise ist die Ausbreitung des Internets und digitaler Produkte bzw. Dienstleistungen. Wichtige Wachstumsfaktoren in der wissensbasierten Ökonomie sind Wissen und Kreativität. Wissenschaftliches Wissen und seine Anwendung sind in postindustriellen Gesellschaften zu einer Schlüsselressource für die wirtschaftliche Entwicklung geworden (OECD 2003).9 Die neue technische Infrastruktur, eine wesentliche Grundlage der Globalisierung, hat zugleich erhebliche Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wissenschaftliche Arbeit und Forschung heute stattfindet. Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien haben zu neuen Formen der Produktion, Verbreitung und Nutzung von neuem Wissen geführt. Neues Wissen entsteht vielfach in Disziplinen überschreitender Weise. Neben die zwischenstaatliche Kooperation im Wissenschaftsbereich treten zunehmend – nicht nur in den Natur- und Technikwissenschaften – international vernetzte Forschungsverbünde. Vielfach haben sich die traditionellen Grenzziehungen zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen aufgelöst. Gleichzeitig hat sich die Arbeitsteilung zwischen öffentlichem und privatem Engagement in Wissenschaft und Forschung verändert. Die Internationalisierung der Wissenschaft10 ist jedoch nur teilweise Ausdruck einer Eigendynamik nationaler Wissenschaftssysteme. In einer zunehmend komplexer vernetzten Welt ist sie vielmehr auch Folge eines Internationalisierungsdrucks, der die nationalen Wissenschaftssysteme beständig herausfordert. Die weltwirtschaftlichen Gewichtsverlagerungen – mit neuen Akteuren wie etwa China und Indien – finden ihren Ausdruck auch in einem intensivierten Wettbewerb der Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungssysteme. Angetrieben von einem rasanten Wirtschaftswachstum investieren diese Länder massiv in Forschung, Entwicklung, Wissenschaft, Bildung und Ausbil- 9 Vgl. dazu auch die entsprechenden Empfehlungen der OECD für das deutsche Bildungssystem (OECD 2008: 95ff.). 10 Vgl. dazu SCHROGL (2006). - 7 - dung. So hat sich der Anteil Chinas an den weltweiten FuE-Aufwendungen von knapp 4 Prozent im Jahr 1996 auf knapp 11 Prozent im Jahr 2004 erhöht.11 Sichtbar wird dies vor allem angesichts eines intensivierten Wettbewerbs um das weltweite Kreativpotenzial der Wissenschaft. Es geht dabei nicht nur um den Wettbewerb um wissenschaftliche Ideen und Kreativität, sondern auch um Entscheidungen von Unternehmen, die für ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen wie auch für ihre Produktionsstätten im weltweiten Vergleich die optimalen Standorte suchen. Gerade auch im Übergang von der grundlagenorientierten zur wettbewerblichen Forschung werden Erfolge und Vorsprünge in Forschung und Technologieentwicklung wohlstandsrelevant. Jedoch ist auch festzustellen, dass sich diese Schwerpunkte und Zentren in Wissenschaft und Forschung immer weiter ausdifferenzieren. Eine Erkenntnis steht im Mittelpunkt aller Überlegungen: Der Fortschritt der Wissenschaft gründet nicht zuletzt auf ihrer grenzüberschreitenden Erkenntnissuche. Wissenschaft braucht Freiheit, Offenheit , Kooperation und Internationalität. Das Ende der ideologischen Blockkonkurrenz, die Verfügbarkeit weltweiter Reisemöglichkeiten zwischen den wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Zentren der Welt und die Revolution der Telekommunikation haben dazu beigetragen, dass eine neue Form der Internationalisierung entstanden ist, die die Binnenverhältnisse der Wissenschaft grundlegend verändert (SCHROGL 2006). Dies bedeutet etwa: Großteil des weltweit verfügbaren Wissens entsteht heute außerhalb eines einzelnen Nationalstaates. Die wissenschaftliche Gemeinschaft ist gekennzeichnet durch internationale Zusammenarbeit und grenzüberschreitende Mobilität. So hat sich etwa die Zahl internationaler Ko-Publikationen deutscher wissenschaftlicher Autoren in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Die internationale Mobilität von Studierenden und Wissenschaftlern steigt kontinuierlich. Gab es im Jahr 2002 rund 1,8 Millionen international mobile Studierende, so werden es im Jahr 2025 deutlich über 7 Millionen sein. Deutschland ist das einzige Land, das sowohl zur Gruppe der fünf Länder gehört, die weltweit rund 80 Prozent aller international mobilen Studierenden anzieht als auch die meisten Studierenden in andere Länder entsendet.12 Hinzu kommt, dass eine Reihe von Fragestellungen der Grundlagenforschung heute kaum noch im Rahmen nationalstaatlicher Universitätsforschung bearbeitet werden können. Ein wichtiger Aspekt der Internationalisierung von Wissenschaft und For- 11 Vgl. dazu den Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands, der im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstellt wurde (BMBF 2007). Vgl. dazu auch MALLET (2008). 12 Vgl. dazu die „Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland“ (WISSENSCHAFTSRAT 2000) und den Übersichtstext von HAHN (2004). Vgl. auch OECD (2004) und VAN DER WENDE (2007). - 8 - schung richtet sich in diesem Zusammenhang auf die neuen globalen Herausforderungen der Menschheit. Neben den Herausforderungen des Klimawandels und den damit verbundenen Problemen (Verlust biologischer Vielfalt, Süßwasserverknappung und -verseuchung; Verschmutzung der Weltmeere und der Anthroposphäre, Bodendegradation und Wüstenbildung; Gesundheitsgefahren durch globale Seuchen und Zivilisationskrankheiten ) wird es in den kommenden Jahren vor allem um die neue Ungleichgewichte in der Produktion und Konsumtion von Grundstoffen und Nahrungsmitteln gehen . Diese Problembereiche sind nur noch mit weltweit verteilten Messstationen, international zusammengetragenen Daten oder durch Analysen und Vergleiche unterschiedlicher sozialer Gefüge zu bewältigen. Die Debatte um die Stammzellenforschung zeigt zudem, dass sich auch die ethischen Herausforderungen längst globalisiert haben. Vorstellungen vom Beginn des Lebens oder der Würde des Menschen bestimmen die Bedingungen und Möglichkeiten der Genforschung in einzelnen Ländern. Über Landesgrenzen hinaus erweist es sich als zunehmend schwierig, allgemeinverbindliche Standards zu definieren und durchzusetzen . Im Wettbewerb um wissenschaftliche Erkenntnis- und wirtschaftliche Innovationsvorsprünge entstehen vielmehr Anreizsysteme, die zur Missachtung wissenschaftlicher Standards führen, wie unter anderem der spektakuläre Fall des koreanischen Genforschers Hwang Woo Suk aus dem Jahr 2005 zeigte. Auch der Umgang mit Patenten hat eine ethische Dimension. Den notorischen Patentverletzungen chinesischer Unternehmen versuchen die Welthandelsorganisation WTO und die OECD nicht nur mit rechtlichen Mitteln und wirtschaftlichen Sanktionen, sondern auch mit Mitteln der kulturellen und ethischen Überzeugung zu begegnen. Internationales Konfliktpotenzial bergen auch Subventionierungen von Forschungsarbeiten, die als industrieller Wettbewerbsvorteil gewertet werden können. Internationale Konventionen, nationale Standards und nationales Recht müssen sich diesen Herausforderungen stellen. Zu berücksichtigen sind auch die globale Entwicklungsdisparitäten und die – zum Teil damit verbundenen – Probleme der grenzüberschreitenden Migration. Bereits heute greifen die Auswirkungen dieser Megatrends des globalen Wandels tief in alle Lebensbereiche ein. Jedoch zeigt sich gleichzeitig eine Lücke zwischen dem heute bereits vorhandenen Zukunftswissen und den realen globalen, nationalen und regionalen Lösungskonzepten und Handlungsweisen (KREIBICH 2006).13 Eine Vielzahl dieser wissenschaftlichen Themen kann nur noch mit kostspieligen Großgeräten oder hohem Zeit- und Ressourceneinsatz behandelt werden. In diesen Fällen ist es geboten, die Kosten zwischen den Akteuren aufzuteilen. Seit rund 50 Jahren kooperieren beispielsweise zahlreiche europäische und außereuropäische Länder beim Betrieb des europäi- 13 Vgl. zu den global drängenden Zukunftsfragen auch anderen Beiträge der Themenausgabe der Zeitschrift „Internationale Politik“ (2006/12). - 9 - schen Teilchenphysik-Zentrums CERN.14 Beim Aufbau und Betrieb des internationalen thermonuklearen Reaktors ITER arbeiten die EU, Japan, China, Indien, Südkorea, Russland und die USA zusammen. Allein die Konstruktionskosten werden auf rund 5 Milliarden Euro geschätzt. Schließlich kooperierten Wissenschaftler aus rund 20 Nationen im Human Genome Project (HGP), um das menschliche Erbgut zu entschlüsseln. Derartige Kooperationen helfen, Investitions- und Forschungsdopplungen zu vermeiden und die Erfolgsaussichten wissenschaftlicher Experimente durch gezielten und koordinierten Ressourceneinsatz zu steigern. Dazu müssen die Rahmenbedingungen in internationalen Organisationen und ihren Programmen entsprechend ausgerichtet werden. Ein aktives deutsches Engagement in diesen internationalen Organisationen (z.B. OECD und UNESCO) ist erforderlich, um Aufgaben und Ausrichtung der einzelnen Organisationen und deren Fachgremien wirksam mit eigenen Zielen und internationalen Schwerpunkten in Einklang zu bringen. Insbesondere den Natur- und Technikwissenschaften, aber auch den Kultur- und Geisteswissenschaften kommt bei der Lösung dieser internationalen Aufgaben eine besondere Rolle zu. Zunehmend wichtig ist dabei die europäische Zusammenarbeit. Gerade in der neuen Ausrichtung der Lissabon-Strategie der Europäischen Union wurde die Schlüsselrolle von Bildung und Forschung für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten hervorgehoben.15 Besonderes Gewicht wird deshalb zu Recht auf die EU-Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit und der Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft gelegt. Spürbar sind gerade die Bemühungen auf europäischer Ebene, um die intra-europäische Mobilität und Zusammenarbeit zu forcieren. Sichtbar wird dies vor allem im Bologna-Prozess zur Errichtung eines Europäischen Hochschulraums bis zum Jahr 2010. Das Ziel ist ein europaweites System vergleichbarer Studiensysteme und Abschlüsse (Europäisierung des Tertiären Bildungssektors).16 Die Weiterentwicklung Europas zu einem Europäischen Forschungsraum sowie die Öffnung der Europäischen Forschung für die Welt gelten in diesem Zusammenhang als wichtige Erfolgsfaktoren für die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und damit für die Erreichung des in Lissabon gesetz- 14 Ein neues – vor allem durch die EU finanziertes – Projekt, an dem neben CERN auch Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen von 14 Universitäten beteiligt sind, ist „"Explaining Religion". Vgl. dazu http://www.icea.ox.ac.uk/research/cam/projects/explaining_religion/exrel.pdf. 15 Die Lissabon-Strategie (auch Lissabon-Prozess oder Lissabon-Agenda) ist ein auf einem Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs im März 2000 in Lissabon verabschiedetes Programm, das zum Ziel hat, die EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Nach anfänglich mäßigem Erfolg wurde die Strategie vereinfacht und 2005 neu auf den Weg gebracht. Als ein Mangel gelten dabei die rechtlichen und institutionellen Schranken, die der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungsinstituten, Unternehmen und Forschern entgegenstehen. Vgl. dazu die Informationen unter http://ec.europa.eu/growthandjobs/index_de.htm. 16 Vgl. dazu die Übersicht bei LINSENMANN (2007). Weitere ausführliche Informationen finden sich unter http://www.bmbf.de/de/3336.php und http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=1824. - 10 - ten Zieles, Europa zum international wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum zu entwickeln (TUREK 2007). Verstärkte Investitionen in Forschung, Entwicklung , Bildung und Ausbildung sind notwendig, damit auch mittelfristig die hohe Durchsetzungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf den internationalen Märkten für Technologiegüter erhalten bleibt. Gemessen an den Herausforderungen an die technologischen Potenziale, waren die Anstrengungen in Forschung und Entwicklung der Unternehmen und auch des Staates in den letzten Jahren zu gering. Auch im Vergleich zu anderen entwickelten Volkswirtschaften hat Deutschland hier deutlich an Boden verloren (BUNDESREGIERUNG 2008: 5ff.).17 Die nationalen Wissenschafts- und Innovationssysteme werden dadurch jedoch nicht weniger wichtig. Auch in einer stärker integrierten EU werden die jeweiligen Wissenschafts - und Wissenskulturen und die sie tragenden nationalen Institutionen den wissenschaftlichen Fortschritt und seine Nutzbarmachung in Wirtschaft und Gesellschaft wesentlich prägen. Eine wichtige Aufgabe stellt sich jedoch mit der Frage, wie die nationalen Strukturen und Arbeitsprozesse international anschluss- und zugleich wettbewerbsfähig gestaltet werden können. Ein transnationaler Wissenschaftsraum benötigt das Fundament starker und leistungsfähiger nationaler Wissenschaftssysteme. Zwar besteht in diesem seit langem anhaltenden Prozess der Internationalisierung der Wissenschaftssysteme prinzipiell die Gefahr einer Erosion ihrer jeweils nationalen Basis. Unterschiedliche nationalstaatliche Räume rücken enger zusammen, zuvor getrennte Bereiche verschmelzen. Hochschulen und Forschungseinrichtungen stehen dabei vor neuen institutionellen Herausforderungen: Input-orientierte Steuerungsmodelle – die bisher auch die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik kennzeichnen – sind dieser Dynamik der internationalen Entwicklung und der Notwendigkeit zur internationalen Vernetzung nicht mehr gewachsen. Deshalb wird es künftig vor allem darum gehen müssen, ergebnisorientierte Steuerungsformen in diesem Politikfeld zu etablieren. Prioritätensetzungen und Evaluationen sind deshalb in ein angemessenes Verhältnis zu jenen Freiräumen der Forschung zu setzen, die auch künftig einer zentrale Grundvoraussetzung für wissenschaftliche Kreativität sein werden. 17 Vgl. dazu auch die Aussagen zur Entwicklung der Wissensgesellschaft im Nationalen Reformprogramm Deutschland 2005 bis 2008 (BT-Drs. 16/31 vom 21.12.2005) und im entsprechenden Umsetzungs- und Fortschrittsbericht 2007 (BT-Drs. 16/4560 vom 10. 08. 2007) sowie den Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands 2007 (BMBF 2007). Vgl. dazu auch BELITZ u. a. (2008) und den FuE-Datenreport 2007 des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft (http://www.stifterverband.de). - 11 - 3. Wissenschaft und Forschung im Rahmen der Auswärtigen Kulturpolitik Die Förderung des wissenschaftlichen Austausches gehörten zu den Kernthemen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP). Die internationale Dimension der Wissenschaft steht insofern weniger im Zentrum genuin außenpolitischer Debatten, sondern wird vor allem als ein Aspekt der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik diskutiert und ist dort ein wesentlicher Aspekt von „soft power“ (Joseph Nye).18 (SCHÜTTE 2005). Ihre Stärke ist seit langem die globale institutionell und personell vernetzte Präsenz : Kulturabteilungen von Botschaften, Goethe-Institute, deutsche Auslandsschulen, Außenstellen des Deutschen Akademischen Auslandsdiensts (DAAD), entsandte Lektoren , deutsche Kulturgesellschaften und andere deutsche Kultureinrichtungen vor Ort bilden ein weitverzweigtes Netz. So heißt es in der „Konzeption 2000“, der bislang jüngsten konzeptionellen Grundlegung der AKP:19 „Schwerpunkte sind die Zusammenarbeit in Bildung und Wissenschaft, der internationale Kulturdialog, der Kunst-, Kultur- und Personenaustausch, die Nutzung und Entwicklung der Medien in der internationalen Zusammenarbeit, die Erhaltung und Stärkung der deutschen Sprache als Schlüssel zur deutschen Kultur sowie das Auslandsschulwesen.“ (AUSWÄRTIGES AMT 2000: 2). Angestrebt wurde insbesondere die Überprüfung der regionalen und sektoralen Schwerpunktsetzung der jeweiligen Programme, die Justierung der Strukturen der Auswärtigen Kulturpolitik im In- und Ausland (Zuständigkeiten und Strukturen der Mittlerorganisationen ), die Verbesserung der Zusammenarbeit der beteiligten staatlichen und nichtstaatlichen Stellen im In- und Ausland und schließlich auch um die Verbesserung der Koordinierungsfunktion des Auswärtigen Amts und seiner Auslandsvertretungen. Gleichzeitig ging es um die Formen der Zusammenarbeit mit anderen Politikbereichen zusammen, insbesondere der Entwicklungs- und Außenwirtschaftspolitik sowie der internationalen Kooperation in den Bereichen Wissenschaft, Forschung, Technologie, Erziehung, Berufsbildung, Jugendaustausch und Sport. Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit der Umsetzung der Auswärtigen Kulturpolitik eine Reihe privatrechtlich orga- 18 Vgl. dazu die ausführliche Darstellung von SCHÜTTE (2005). Leider wird in einer neuen – auch analytisch nicht überzeugenden – Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) der Aspekt der Wissenschaftspolitik nur wenig berücksichtigt (SCHREINER 2008: 16). 19 In der „Konzeption 2000“ des Auswärtigen Amtes wurden die Grundsätze und Zielsetzungen der Auslandskulturarbeit vor allem mit Blick auf die deutsche Einheit, die neuen internationalen Herausforderungen und die europäische Integration weiterentwickelt und zum Teil auch neu definiert. Im einzelnen ging es insbesondere um die Überprüfung der regionalen und sektoralen Schwerpunktsetzung der jeweiligen Programme, die Justierung der Strukturen der Auswärtigen Kulturpolitik im In- und Ausland (Zuständigkeiten und Strukturen der Mittlerorganisationen), die Verbesserung der Zusammenarbeit der beteiligten staatlichen und nichtstaatlichen Stellen im In- und Ausland und schließlich auch um die Verbesserung der Koordinierungsfunktion des Auswärtigen Amts und seiner Auslandsvertretungen (AUSWÄRTIGES AMT 2000). Vgl. dazu auch die Präsentation von Außenminister Steinmeier im Ausschuss für Kultur und Medien (Ausschussprotokoll 14/23). - 12 - nisierter, in ihrer Programmgestaltung weitgehend freier Mittlerorganisationen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Zielsetzungen beauftragt sind. Besondere Betonung erhielt in der „Konzeption 2000“ die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Deutschland. Verwiesen wurde etwa darauf, dass dies nur möglich sei, wenn die wissenschaftlichen Leistungen auch im Ausland unter Beweis gestellt werden können. Der Öffnung und Zusammenarbeit im den Bereichen Forschung, Wissenschaft und Hochschulen sollte deshalb eine größere Bedeutung beigemessen werden. Angesichts der zunehmenden weltweiten Mobilität und Vernetzung werde dabei neben fachlicher Spitzenqualität die interkulturelle Kompetenz immer wichtiger.20 Diese Sicht entsprach auch der gemeinsamen Erklärung der Regierungschefs von Bund und Ländern vom Dezember 1999,21 mit der die Bedeutung der Internationalität der Hochschulen und Forschungseinrichtungen erneut unterstrichen wurde (AUSWÄRTIGES AMT 2000: 13ff).22 Die Programmdurchführung ist vor allem Aufgabe der Mittlerorganisationen Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) und Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) sowie der bilateralen Fulbright-Kommission. Diese Mittlerorganisationen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sind privatrechtlich konstituiert und werden institutionell vom Auswärtigen Amt gefördert. Als größte deutsche Förderorganisation für die internationale Hochschulzusammenarbeit erfüllt der Deutscher Akademischer Austauschdienst mit erheblichen öffentlichen Finanzmitteln zugleich Aufgaben der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, der Entwicklungspolitik sowie der nationalen Hochschulpolitik, die ihrerseits in der Internationalisierung von Forschung, Lehre und Studium ein vorrangiges Anliegen sieht. Der DAAD hat dabei mit seinem Aktionsprogramm zur Förderung des Wissen- 20 Neuere Untersuchungen ergaben freilich, dass die interkulturelle Bildung in den europäischen Ländern sich bisher auf die schulischen Bereiche konzentriert; die Entwicklung interkultureller Kompetenzen und Qualifikationen als Teil einer übergreifenden Konzeption lebenslangen Lernens bleibt bisher allerdings noch eine Zukunftsaufgabe. Belegt wird dies durch eine neue Studie zum interkulturellen Dialog (WIESAND u. a. 2008: 40ff.); nationale und sektorale Übersichten finden sich unter www.interculturaldialogue.eu. Vgl. dazu auch die Beiträge in HAUSTEIN u. a. (2007), STRAUB u. a. (2007), BREIDENBACH und NYIRI (2008) und OTTEN u a. (2007). 21 Der „Pakt für Forschung und Innovation“ wurde am 23. Juni 2005 von den Regierungschefs von Bund und Ländern beschlossen. Bund und Länder verpflichten sich darin, alle Anstrengungen zu unternehmen, um den gemeinsam geförderten Forschungseinrichtungen finanzielle Planungssicherheit zu geben und die jährlichen Zuwendungen bis zum Jahre 2010 jeweils um mindestens 3 % zu steigern. Der Pakt zielt auf eine verstärkte Förderung der von Bund und Ländern gemeinsam geförderten großen Wissenschafts- und Forschungsorganisationen (Helmholtz- Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft sowie Deutsche Forschungsgemeinschaft (http://www.pakt-fuer-forschung.de). 22 Die Bundesregierung betonte in diesem Zusammenhang auch die gestiegene europäische Orientierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland und verweist dabei auf den Bologna-Prozess, der bis zum Jahr 2010 zu einem Europäischen Hochschulraum führen soll (BUNDESREGIERUNG 2002: 7ff.). Vgl. dazu auch ausführlich die Unterrichtung zum Thema “Bildungspolitik im Rahmen der AKBP - Auslandsschulwesen, Wissenschaft und Hochschulen, Hochschulmarketing” im Ausschuss für Kultur und Medien am 25. Juni 2003. - 13 - schafts- und Studienstandorts Deutschlands auch Anstöße zur Reform des deutschen Hochschulwesens gegeben. Naturgemäß kommt dabei der Förderung im postgradualen Bereich eine besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus nimmt der DAAD eine Mittlerfunktion im Rahmen der europäischen Bildungspolitik wahr – insbesondere bei den Austausch- und Mobilitätsprogrammen der EU.23 Die Ziele der Alexander von Humboldt -Stiftung sind dagegen vor allem auf die Förderung der internationalen Forschungskooperation , ausgerichtet. Sie ermöglicht hoch qualifizierten ausländischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern langfristige Forschungsaufenthalte in Deutschland und unterstützt die sich daraus ergebenden wissenschaftlichen und kulturellen Verbindungen. Die Alexander von Humboldt-Stiftung fördert außerdem ein aktives Netzwerk von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit.24 Beide Organisationen tragen durch die Vergabe von Stipendien und Preisen wesentlich zur personellen Internationalisierung deutscher Hochschulen bei und ermöglichen deutschen Studierenden und Wissenschaftlern Aufenthalte im Ausland. Die Mitglieder der weltweiten Alumni-Netzwerke, die AvH und DAAD über mehr als fünf Jahrzehnte aufgebaut haben, sind vielfach die Initiatoren oder die ersten Ansprechpartner für bilaterale wissenschaftliche Kooperationsprojekte der anderen deutschen Wissenschaftsorganisationen . Durch verschiedene weitere Förderprogramme und Marketingmaßnahmen ermöglicht darüber hinaus insbesondere der DAAD die institutionelle Internationalisierung der deutschen Hochschulen. Die Alexander von Humboldt-Stiftung berät deutsche Hochschulen, Wissenschaftsorganisationen und die politische Exekutive zu Fragen der internationalen Wissenschaftlermobilität. Schließlich ermöglicht das Programm der bilateralen Fulbright-Kommission25 den Austausch zwischen den Vereinigten Staaten und mehr als 180 Ländern weltweit. Mehr als 50 permanente Kommissionen, unter ihnen die Deutsch-Amerikanischen Kommission , unterstützen die Arbeit des Fulbright-Programms auf der zwischenstaatlichen Ebene. Insgesamt förderte das Auswärtige Amt diesen Programmbereich im Jahr 2006 mit 100,8 Mio. €. Das Ziel dieses Programms – ergänzt durch Maßnahmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) – ist es, im weltweiten Wettbewerb die besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für eine Forschungstätigkeit in Deutschland zu gewinnen. Ein besonderes Anliegen war in diesem Zusammenhang die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Der Öffnung und Zusammenarbeit im Bereich Wissenschaft und Hochschulen sollte in diesem Zusammenhang größere Bedeutung beigemessen werden. Im Hinblick auf die gestiegene 23 Vgl. dazu www.daad.de. 24 Vgl. dazu www.humboldt-foundation.de. 25 Vgl. dazu www.fulbright.de. - 14 - weltweite Mobilität und Vernetzung sollte neben der fachlichen Qualität vor allem auch die interkulturelle Kompetenz in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Verbindung beider Aspekte wurde deshalb zu einem Kernelement der Austauschprogramme und Kooperationsprojekte im Bereich Wissenschaft und Hochschulen. Der enge finanzielle Rahmen in der Folge der damaligen finanzpolitischen Konsolidierungsanstrengungen ließ jedoch eine substantielle Verstärkung der Förderung im Bereich Wissenschaft und Hochschulen nicht zu. Deshalb kam es auch in diesem Politikfeld zu Einschränkungen und – soweit möglich und geboten – auch zu Verlagerungen der finanziellen Verantwortung auf den privaten Sektor oder auf die Eigenanstrengungen der Partnerländer bzw. Partnerorganisationen. In einer Weiterführung und Fortentwicklung der Stellungnahme der Bundesregierung zum Bericht der Enquete-Kommission „Auswärtige Kulturpolitik“ des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 197726 sollten außerdem die traditionellen Individual-Austauschprogramme für Studenten und Wissenschaftler und Hochschulpartnerschaftsprogramme verstärkt und ergänzt werden durch eine Reihe neuer Fördermaßnahmen: - Intensivierung der Werbung für den Wissenschafts- und Studienstandort Deutschland (Hochschulmarketing)27 parallel zur Weiterentwicklung der auslandsorientierten Studiengänge (insbesondere durch die Verbesserung der internationalen Vergleichbarkeit von Abschlüssen); flankierende ausländerrechtliche Maßnahmen und Ausbau der Studienberatung im Ausland insbesondere unter Einsatz der Sprachlektoren des DAAD an ausländischen Hochschulen. Ziel war die Steigerung des Anteils ausländischer Studierender in Deutschland auf 10 % (ohne Bildungsinländer) und den der deutschen Studierenden im Ausland auf 20 %. Vorangegangen war bereits die Ernennung eines Beauftragten für Hochschulmarketing im Ausland durch die Bundesminister des Auswärtigen und für Bildung und Forschung im Jahr 1998; - Erhöhung der Zahl der "Deutschland-Zentren" an Hochschulen in wichtigen Partnerländern, in denen Deutschland-bezogene interdisziplinäre Forschung und Lehre gebündelt wird: - Vertiefung der institutionellen Verzahnung mit Schwerpunktländern (Beispiel Deutsch-Französische Hochschule; deutschsprachige Studiengänge in Osteuropa ; Deutsch-Chinesisches Hochschulkolleg in Shanghai); - Setzung regionaler Prioritäten - neben traditionellen Schwerpunkten Westeuropa und Nordamerika - in MOE und Schwellenländern in Asien und Lateinamerika ; - Effizienzsteigerung des Mitteleinsatzes unter Nutzung der Leistungskraft der Partner bei Reduzierung des deutschen Finanzierungsanteils - z.B. Stipendien- 26 Vgl. dazu BUNDESREGIERUNG (1977). 27 Vgl. dazu etwa die Maßnahmen aus der „Konzertierte Aktion Internationales Marketing für den Bildungs- und Forschungstandort Deutschland“ und das seit Ende 2004 vom BMBF finanzierten „Programms zur Förderung der Internationalisierung an den deutschen Hochschulen“ (PROFIS) (BUNDESREGIERUNG 2007: 12). - 15 - programme ausländischer Regierungen (China, Japan, Malaysia, Brasilien, Mexiko ) sowie durch Übergang von Voll- zu Teilstipendien; Insgesamt sollte auf der Basis dieser Eigenanstrengungen der Hochschulen die Auswärtige Kulturpolitik – in enger Zusammenarbeit mit der Kultusministerkonferenz, der Hochschulrektorenkonferenz und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung – auf eine Verbesserung der äußeren Rahmenbedingungen für eine noch stärkere Internationalisierung in den Hochschul- und Wissenschaftsbeziehungen nachdrücklich hinwirken. Die entsprechenden Politikänderungen und Maßnahmen finden sich in den Berichten der Bundesregierung zur Auswärtigen Kulturpolitik. Auffällig ist dabei die zunächst nur relativ geringe europäische Ausrichtung der angestrebten Forschungsund Wissenschaftskooperationen. In der Konzeption 2000 nur wenig angesprochen, traten im Laufe der folgenden Jahre die europäischen Rahmenbedingungen immer deutlicher in den Vordergrund (insbesondere im Hinblick auf die Stärkung des Bologna- Prozesses und die Schaffung eines europäischen Forschungsraumes im Rahmen der Lissabon-Strategie). Ein weiterer Aspekt, der in den letzten Jahren größerer Beachtung findet, ist die zunehmende entwicklungspolitische Ausrichtung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit.28 Gefordert werden in diesem Zusammenhang neue Formen der Zusammenarbeit auf nationaler , aber auch auf europäischer und internationaler Ebene. Hierzu wird seit einigen Jahren ein neuer und ehrgeiziger Anspruch formuliert. So fordert etwa Schütte (2005), dass diese Koordinationsleistung – die bisher vor allem im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik – stattfindet – sich auf eine explizite Außenwissenschaftspolitik ausrichten müsse. Das anspruchsvolle Ziel besteht darin, mit einer Außenwissenschaftspolitik einen neuen Querschnittsbereich zu formen, der verschiedene Aspekte der Hochschul-, Forschungs- und Technologiepolitik, der Wirtschafts-, Entwicklungs -, Energie- und Umweltpolitik unter dem Blickwinkel der Auswärtigen Kultur - und Bildungspolitik zusammenführt. Dabei erscheint es jedoch erforderlich, den Zielkranz der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu justieren; auch die Organisationsstruktur dieses Politikfeldes ist in diesem Sinn zu überprüfen. Dies bedeutet vor allem, die künftige Außenwissenschaftspolitik stärker auf die Zielvorstellungen des Wissenschaftssystems auszurichten („bottom-up“-Verfahren). Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass zentrale Entscheidungen und Schwerpunktsetzungen („top-down“-Ansatz) stärker den Eigenrationalitäten und Zeithorizonten des Wissenschaftssystems Rechnung tragen sollen. Gerade durch den kritischen internationalen Vergleich („best practicesapproach “) können die Felder des neuen Wissens, die optimalen Strukturen und Prozesse identifiziert werden und für den europäischen und deutschen Wissenschaftsstandort nutzbar gemacht werden. Eine solche Strategie bietet zugleich Orientierung für die 28 Vgl. BUNDESREGIERUNG (2002ff.). - 16 - Kooperation von Akteuren des Wissenschafts- und Innovationssystems, um die Wissenschafts -, Forschungs- und Mittlerorganisationen im internationalen Umfeld durch verbesserte Koordination und verstärkten Informationsaustausch zu unterstützen und um bisher nicht ausreichend genutzte Synergien zu erschließen. 4. Ausbau und Stärkung der Außenwissenschaftspolitik Vieles spricht dafür, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik weiter an Bedeutung gewinnen wird. Dabei ist augenscheinlich, dass es nicht an Akteuren – insbesondere mit Bezug zum Wissenschaftssystem – mangelt, jedoch es mangelt an Plattformen, um das vielfältige Engagement zu bündeln und neue Allianzen zu schmieden. Deutlich wird dies nicht zuletzt in der wissenschaftlichen Kooperation. Zwar hat sich auch die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) der internationalen Kooperation in Wissenschaft und Forschung gewidmet. Die gegenwärtigen Aktivitäten sind jedoch vor allem auf den Wissenschafts- und Hochschulaustausch ausgerichtet. Ein zentraler Schwerpunkt der AKBP im Bereich Wissenschaft und Hochschulen sind Stipendienprogramme , die vor allem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) und der auf den deutsch-amerikanischen Austausch spezialisierten Fulbright-Kommission vergeben werden. Nach wie vor sind Stipendien und Wissenschaftleraustausch das „Kerngeschäft“ der Auswärtigen Kulturund Bildungspolitik im Bereich Wissenschaft und Hochschulen (BUNDESREGIERUNG 2007). In einer Zeit sich globalisierender Wissensgesellschaften sollte jedoch die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet von Wissenschaft, Forschung und Bildung intensiviert werden.29 Zu Recht wird vor diesem Hintergrund auch eine Überprüfung der Ziele und Organisationsprinzipien der Auswärtigen Kulturpolitik gefordert. So hat etwa die Bundesregierung nach der Reform des Goethe-Instituts und der Auslandsschulen für die kommenden Jahre eine neue Akzentuierung der Außenwissenschaftspolitik in Aussicht genommen: „Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, setzten wir im Auswärtigen Amt seit Beginn meiner Amtszeit einen Dreiklang: Nämlich einen Dreiklang der Reformen unserer zentralen Aktionsfelder und Akteure - Goethe-Institute, Auslandsschulen und Außenwissenschaftspolitik.“30 Das Ziel ist dabei, die Inhalte und Instrumente der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu modernisieren und sie international besser zu vernetzen. Dies erfordert freilich Koordinierungsleistungen, die bisher nicht in aus- 29 Vgl. dazu SCHÜTTE (2005, 2006, 2007). 30 So Bundesminister Steinmeier in der Rede anlässlich des Wechsels an der Spitze der Alexander von Humboldt-Stiftung am 24.01.2008 in Berlin; der Beitrag findet sich unter www.auswaertigesamt .de/diplo/de/Infoservice/Presse/Reden/2008/080124-Steinmeier-HumboldtStiftung.html. - 17 - reichendem Maß erbracht worden sind. Die staatliche Strategie muss zwischen Bund, Ländern und nicht-staatlichen Akteuren, aber auf Bundesebene auch zwischen den verschiedenen Bundesressorts abgestimmt werden. Darüber hinaus gilt es auch innovationsstarke Unternehmen zu beteiligen. Gesucht wird nach neuen Modellen der Zusammenarbeit von universitärer und außeruniversitärer , von öffentlich und privat finanzierter und organisierter Forschung und Entwicklung. Mit der steigenden wirtschaftlichen Bedeutung von Forschungsergebnissen stellen sich auch neue Fragen für die Offenheit und Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen sowie den Schutz geistigen Eigentums. Die einzelnen Akteure des Wissenschaftssystems verfolgen bei ihren internationalen Aktivitäten zu diesen Fragen je eigene Ziele und Strategien. Sie leiten sich aus den jeweiligen Tätigkeitsfeldern und Geschäftspolitiken ab und bilden auf diese Weise eine Komponente einer nationalen Außenwissenschaftspolitik. Darüber hinaus lassen sich jedoch auch zentrale gesamtstaatliche Ziele bestimmen. Hier geht es vor allem um eine optimale Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und um Maßnahmen gegen die Abwanderung wissenschaftlicher Talente in andere Tätigkeitsfelder und andere Länder. Dazu gehören angemessene Forschungsinfrastrukturen ebenso wie international angesehene und ausgewiesene Forscherinnen und Forscher. Es geht also um Fragen der apparativen Ausstattung , des Forschungs- und Hochschulmanagements, der Nachwuchsrekrutierung und - ausbildung, der Berufungsverfahren oder auch der Dotierung von Spitzenpersonal (in Forschung, Lehre und Management). Im internationalen Kontext gilt es, deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Zugang zur weltweit führenden Wissenschaft, d.h. zu weltweit führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, ihren Forschungseinrichtungen und Forschungsergebnissen zu verschaffen. Die individuelle Mobilitätsförderung und die Unterstützung bi- und multinationaler Forschungsprojekte dienen diesem Ziel. Internationale Verhandlungen und Beschlüsse, welche die Mobilität von Studierenden, Forschenden und Lehrenden fördern, schaffen die notwendigen Rahmenbedingungen. Die deutschen Mittlerorganisationen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sowie die Wissenschaftsförderorganisationen sind auf diesen Gebieten aktiv, genießen international Vertrauen und entwickeln nachfragegerechte Förderprogramme. Gleichzeitig ist in diesem Zusammenhang zu prüfen, inwieweit die politischen Institutionen für die Außenwissenschaftspolitik verbessert bzw. ergänzt werden können. So gibt es etwa in den USA sowohl bei Präsidenten wie auch im Außenministerium einen „Scientific Advisor “; unterstützt werden sie durch den National Research Council, der als unabhängi- - 18 - ges Gremium der Wissenschaft zum Teil unaufgefordert, zum Teil auf Anfrage der Regierung wissenschaftliche Studien in Auftrag gibt und veröffentlicht.31 Es gilt, eine langfristige Gesamtstrategie zur Bewältigung der globalen Herausforderungen zu entwickeln. Voraussetzung für eine durchsetzungsfähige internationale Strategie ist eine überzeugende nationale Strategie. Sie kann nicht im Gegen-, sondern nur im Miteinander der beteiligten Akteure entstehen und umgesetzt werden. Die Stärke des deutschen Wissenschaftssystems mit einer Vielzahl kompetenter Selbstverwaltungsorganisationen der Wissenschaft muss deshalb genutzt werden, indem die Internationalisierungsstrategien dieser Organisationen in Beziehung gesetzt werden zu einer staatlichen Strategie der Internationalisierung von Wissenschaft, Forschung und Entwicklung. Diese nationale Strategie muss dann in den entsprechenden bi- und multinationalen Kontakten und Gremien mit anderen Ländern abgestimmt werden. Hier ist eine Vielfalt von Zielsetzungen der verschiedenen Politikfelder und Handlungsrestriktionen zu berücksichtigen . Jedoch sind die horizontale Auffächerung der ministeriellen Zuständigkeiten und die damit verbundenen Koordinationsprobleme weiterhin eine der zentralen Schwachstellen der Auslandskulturarbeit.32 Betroffen sind neben dem Auswärtigen Amt vor allem das Bildungsressort,33 aber auch die Entwicklungspolitik34 und die Kulturund Medienpolitik des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und der Me- 31 Vergleichbare Institutionen gibt es auch in anderen Ländern: In der japanischen Regierung berät der Council for Science and Technology Policy als Teil des Cabinet Office den Ministerpräsidenten. In Finnland hat der Ministerpräsident den Vorsitz im Science and Technology Policy Council, der die finnische Regierung in Fragen der Wissenschafts- und Technologiepolitik berät. In Südkorea koordiniert der National Science and Technolgy Council die Regierungsaktivitäten. Und in Großbritannien berät das Office of Science and Innovation die Regierung; der „Chief Scientific Advisor“ hat direkten Zugang zum Premierminister (SCHÜTTE 2006) 32 Trotz der Vereinbarungen zwischen den Ministerien zur Abgrenzung der Geschäftsbereiche ergeben sich freilich immer wieder Konflikte vor dem Hintergrund unterschiedlicher Ressort-Zielsetzungen und Organisationskulturen (so etwa zwischen BMZ und AA). Allerdings gibt es vielfältige – zum Teil auch informelle – Koordinationsmechanismen, die solche Konflikte auffangen bzw. verhindern sollen (personelle Verflechtungen der Ministerien, interministerielle Ausschüsse, Arbeitsgruppen). SCHULTE (2000: 85ff.) verweist in diesem Zusammenhang auf die verschiedenen Aspekte des „Kompetenz-Wirrwarrs“ (Joachim Sartorius) in der Bundesadministration und benennt ausführlich eine Reihe von historischen und strukturellen Gründen dafür. Vgl. dazu auch (2003). 33 Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert etwa in seinen Programmen den internationalen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern. Gefördert werden Studienreisenund Austauschmaßnahmen sowohl für Einzelpersonen als auch für Gruppen im Rahmen von Partnerschaften zwischen deutschen und ausländischen Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen. Der Studenten- und Wissenschaftleraustausch wird organisiert durch Mittlerorganisationen mit jeweils eigenen Austauschschwerpunkten. Ausführliche Informationen hierzu finden sich im Web-Angebot des BMBF (http://www.bmbf.de/564_1505.html). 34 Zum außenkulturellen Aufgabenfeld des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gehört vor allem die berufliche Aus- und Fortbildung von Angehörigen der Entwicklungsländer. Das BMZ fördert etwa im Rahmen der Wissenschafts- und Hochschulkooperation die Qualifizierung akademischer Fach- und Führungskräfte in entwicklungsrelevanten Sektoren und die Anbindung der Kooperationsländer an globale Wissensnetze. Das BMZ finanziert darüber hinaus Programme, die der Hochschul- und Wissenschaftskooperation dienen und vom DAAD und – in geringerem Umfang – von der Humboldt-Stiftung bzw. der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführt werden (JÖNS 2003). - 19 - dien (BKM).35 Der zentrale Akteur ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Es gestaltet die internationalen Beziehungen der deutschen Forschung auf der zwischenstaatlichen Ebene. Hauptinstrument bilateraler Regelungen sind die sogenannten Abkommen über die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit (WTZ-Abkommen). Darüber hinaus vertritt das BMBF die deutsche Forschung in einer Reihe internationaler Gremien. Zudem entsendet das BMBF Wissenschaftsreferenten an eine Reihe deutscher Botschaften im Ausland. Damit ist ein personeller Bezug zum Auswärtigen Amt geschaffen, das über die Zuständigkeit für die deutschen Auslandsvertretungen und mit den Instrumenten der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik die internationalen Hochschul- und Wissenschaftsbeziehungen mitgestaltet.36 Auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat in den vergangenen Jahren die Relevanz der Bildungs- und Wissenschaftsförderung für die Entwicklungszusammenarbeit erkannt und fördert - unter anderem über die AvH und den DAAD – die internationale akademische Mobilität mit dem Ziel, tragfähige akademische Strukturen in den Ländern Afrikas, Südamerikas und Asiens mit aufzubauen . Darüber hinaus pflegen jedoch eine Reihe weiterer Bundesressorts internationale Kontakte mit engem Bezug zur Wissenschaft. Fachressorts wie das Umwelt-, das Gesundheits - oder das Justizministerium verfolgen und fördern internationale Forschungs- und Kooperationsprojekte in ihrem Zuständigkeitsbereich. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ist für das zunehmend wichtige Feld der Innovationspolitik mitverantwortlich. Es unterhält mit der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) unter anderem eine Servicestelle zur Beobachtung der Marktzutrittsregularien anderer Länder. Zu berücksichtigen sind außerdem die Akteure auf den unteren föderalen Ebenen . So haben einzelne deutsche Bundesländer begonnen, internationale wissenschaftliche Beziehungen aufzubauen bzw. zu unterstützen. Sie haben beispielsweise Konsortien gebildet, um die Hochschulen ihres Bundeslandes international zu präsentieren. Am weitesten hat Baden-Württemberg dies mit der Gründung der Baden-Württemberg International Wirtschafts- und Wissenschaftsförderungsgesellschaft professionalisiert. Aber auch andere Bundesländer berücksichtigen beim Ausbau und bei der Pflege ihrer 35 Im Bereich des internationalen Kulturaustauschs und der Auswärtigen Kulturpolitik sind dadurch dem BKM eine Reihe von Aufgaben übertragen worden. Es handelt sich um folgende Themenbereiche: Ressortverantwortung für Deutsche Welle und Deutschen Auslandskanal, Maßnahmen der wirtschaftlichen Filmförderung mit der Förderung der audiovisuellen Zusammenarbeit mit anderen Staaten, bzw. der Förderung der Verbreitung deutscher Filme im Ausland, Künstlerförderung (u. a. das Projekt „Writers in Exile“ und die Förderung deutscher Künstler im Ausland); hinzu kommt die Zuständigkeit für das europäische Programm „Kultur 2007“. 36 Zu berücksichtigen sind auch die Vorgaben, die sich aus bilateralen Kulturabkommen ergeben. - 20 - bilateralen Auslandsbeziehungen zunehmend die Belange ihrer jeweiligen Bildungsund Wissenschaftseinrichtungen.37 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang die durch die Föderalismusreform neu geregelte Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Forschungsförderung. Bund und Länder können danach zusammenwirken bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb der Hochschulen, Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen sowie Forschungsbauten an Hochschulen einschließlich Großgeräten. Eingerichtet wurde dazu eine Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK), mit der die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der nationalen , europäischen und internationalen Wissenschafts- und Forschungspolitik verbessert werden soll.38 Ein wichtiger Bezugspunkt außenwissenschaftlicher Maßnahmen ist dabei die Kooperation mit den großen Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen , um – vor allem im Rahmen des 2005 verabschiedeten „Paktes für Forschung und Innovation“39 – die Leistungsfähigkeit der Forschungsförderung und Qualitätssicherung zu verbessern. Ein besonderes Kennzeichen dieses Paktes ist seine internationale und europäische Ausrichtung: Die deutschen Wissenschaftsorganisationen werden darin bestärkt, forciert Internationalisierungsstrategien zu erarbeiten und umzusetzen. Dies bedeutet auch, die Sichtbarkeit von Forschung und Wissenschaft im Ausland zu erhöhen. Dabei sollen insbesondere Fragen zum "Internationalen Marketing für den Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschland" zu einem Arbeitsschwerpunkt der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz gemacht werden.40 Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist die größte deutsche Selbstverwaltungsorganisation der deutschen Wissenschaft zur Finanzierung und Förderung der Grundlagenforschung an deutschen Hochschulen. Die Max Planck-Gesellschaft und die Helmholtz -Gemeinschaft leisten in ihren Mitgliedsinstituten und Forschungszentren international anerkannte Grundlagenforschung. Dies gilt auch für einen Teil der Mitgliedsin- 37 Daneben gibt es eine Reihe staatlicher und nicht-staatlicher Akteure, die die deutsche Außenwissenschaftspolitik mitgestalten, etwa die Interessenverbände der Wirtschaft, einzelne große, z.T. multinationale Unternehmen, aber auch die Medien, etwa die deutsche Auslandsrundfunkanstalt Deutsche Welle. Je weniger stark die wissenschaftliche Arbeit Haupttätigkeitsfeld dieser Organisationen ist, umso größer wird die Überlappung mit anderen internationalen Politikfeldern, etwa der Außenwirtschaftspolitik oder der Medienpolitik. 38 Ab 1. Januar 2008 hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern ihre Arbeit aufgenommen. Die GWK ist die Nachfolgeorganisation der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK). Die Errichtung der GWK wurde am 14. Juni 2007 von den Regierungschefs von Bund und Ländern beschlossen. Die Neuorganisation der gemeinsamen Wissenschafts- und Forschungsförderung von Bund und Ländern ist Folge der am 1. September 2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform. Durch diese Reform erfuhr Artikel 91 b Grundgesetz eine Präzisierung und Erweiterung. Vgl. dazu www.gwk-bonn.de. 39 Vgl. dazu http://www.pakt-fuer-forschung.de. 40 Vgl. dazu im Einzelnen den ersten Monitoring-Bericht 2007 zur Umsetzung des Paktes für Forschung und Innovation unter http://www.pakt-fuer-forschung.de. - 21 - stitute der Leibniz-Gemeinschaft (während der andere Teil den Serviceeinrichtungen der deutschen Wissenschaft zugerechnet wird). Die Institute der Fraunhofer Gemeinschaft arbeiten an der Schwelle von Grundlagen- zu stärker anwendungsorientierter Forschung. Im Leistungsbereich Vertragsforschung kommen fast 20 % der externen Erträge aus dem Ausland. Strategische Zielregionen höchster Priorität sind Europa einschließlich Mittel- und Osteuropa, Nordamerika (mit Fokus USA) und Asien. Für die weitere Internationalisierung der Fraunhofer-Gesellschaft setzt der Pakt für Forschung und Innovation wichtige Impulse. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft ist nicht nur als zentrale Fördereinrichtung für Forschung an Hochschulen in Deutschland herausgefordert , sondern hat - auch als aktiver Teilnehmer am Pakt für Forschung und Innovation - das übergeordnete Ziel im Blick, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und auch Europas zu gewährleisten.41 Auch die deutschen Akademien der Wissenschaft pflegen internationale Beziehungen, u.a. indem sie renommierte internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu korrespondierenden Mitgliedern ernennen, durch Beteiligung internationaler Kollegen an den Forschungsvorhaben der Akademien sowie durch die Vertretung deutscher Interessen in internationalen Zusammenschlüssen von Gelehrtengesellschaften wie etwa dem InterAcademy Council. Das Wissenschaftskolleg zu Berlin ist in ein internationales Netz von Institutes of Advanced Studies eingebunden und bringt international und national führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Berlin. Durch die Zusammenarbeit dieser international zusammengesetzten Gruppe an einem Ort entstehen neue Einsichten und Erkenntnisse. Darüber hinaus haben die deutschen Hochschulen in den vergangenen Jahren begonnen, Auslandsvertretungen einzurichten. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat als Interessenvertretung der deutschen Hochschulen einen Vizepräsidenten mit der Pflege der internationalen Beziehungen betraut. Die HRK sammelt u.a. Informationen über die bilateralen internationalen Partnerschaftsabkommen ihrer Mitgliedshochschulen. Darüber hinaus unterzeichnet sie mit vergleichbaren Hochschulorganisationen anderer Länder Rahmenabkommen und Interessensbekundungen zur Intensivierung der jeweiligen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedshochschulen. Unterstützt werden die deutschen Hochschulen und Forschungseinrichtungen von den Mobilitäts- und Internationalisierungsagenturen Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) und Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD). Der DAAD verfügt über ein weit gefächertes Netz von Auslandsvertretungen und internationalen Informationszentren. Die AvH wird von diesen Vertretungen mitrepräsentiert und engagiert sich über Alumni- und Fördervereine ebenfalls in den Herkunftsländern ihrer Forschungsstipendiatinnen und -stipendiaten. 41 Vgl. dazu auch http://www.gwk-bonn.de/index.php?id=27. - 22 - Angesichts der voranschreitenden europäischen Integration und eines entstehenden "Europäischen Forschungsraums" richtet sich das besondere Augenmerk auch auf die wissenschaftliche Zusammenarbeit in Europa. Im Rahmen der Europäischen Union bündeln die Mitgliedsstaaten ihre forschungspolitischen Kräfte und arbeiten daran, einen gemeinsamen europäischen Hochschul- und Forschungsraum aufzubauen. Vor großer Bedeutung ist dabei das 2007 verabschiedete Forschungsrahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (FRP). Basierend auf den europäischen Verträgen – insbesondere Art. 163ff. EGV – werden alle Maßnahmen auf dem Gebiet der Forschungsförderung und technologischen Entwicklung unter dem Dach des "Gemeinschaftlichen Rahmenprogramms Forschung" zusammengefasst.42 Vordringliches Ziel dieses Forschungsrahmenprogramms ist es, die wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der in der Gemeinschaft angesiedelten Industrie zu stärken und die Entwicklung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu fördern sowie alle Forschungsmaßnahmen zu unterstützen, die aufgrund anderer Politikbereiche der Gemeinschaft für erforderlich gehalten werden. Diese bestehen vor allem darin, durch Kooperations - und Austauschprozesse international verfügbares Wissen und technologisches Know-How in nationale und europäische Innovationsprozesse zu integrieren. Insgesamt stehen für den Zeitraum 2007 bis 2013 rund 50 Mrd. Euro für die europäische Forschungskooperation zur Verfügung.43 Mit dem Rahmenprogramm werden die allgemeinen Ziele des Artikels 163 des EG- Vertrags (Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit und Deckung des Forschungsbedarfs anderer gemeinschaftlicher Politikbereiche) verfolgt, wodurch - aufbauend auf dem Europäischen Forschungsraum und ergänzend zu den Maßnahmen auf nationaler und regionaler Ebene - ein Beitrag zur Schaffung der Wissensgesellschaft geleistet werden soll. Deutlich wird dies insbesondere durch die Förderung unterschiedlicher Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Union in den zentralen Gebieten der Wissenschaft und Forschung. Die dadurch beschleunigte Europäisierung der Forschungspolitik hat weitreichende Rückwirkungen auf die jeweils nationalen Wissenschaftspolitiken der Mitgliedsländer der Europäischen Union. Deshalb ist eine angemessene Vertretung deutscher Interessen in der europäischen Politikformulierung und die Partizipation von Institutionen der deutschen Wissenschaft ebenso wie deutscher Unternehmen eine der zentralen Herausforderungen für eine nach außen orientierte deutsche Wissenschaftspolitik, die dem föderalen System der Bundesrepublik hinreichend Rechnung tragen muss. 42 Vgl. dazu auch die europarechtlichen Grundlagen der europäischen Forschungs- und Wissenschaftspolitik; vgl. dazu etwa EIKENBERG (2008) und TUREK (2007). 43 Vgl. Amtsblatt der Europäischen Union L 412/1 vom 30. Dezember 2006. Weitere Informationen finden sich unter http://www.forschungsrahmenprogramm.de/index.htm. - 23 - 5. Perspektiven Die sich abzeichnende Außenwissenschaftspolitik zielt auf eine umfassende Strategie der internationalen Interessenvertretung aller staatlichen und nichtstaatlichen Akteure der deutschen Wissenschaft. Jedoch darf eine künftige Außenwissenschaftspolitik die Strukturen von Wissenschaft und Forschung nicht in ein neues Regulierungskorsett zwängen. Es geht vielmehr darum, die Modi der Wissenschaftssteuerung – dies sind vor allem wissenschaftsinterne Regeln und Anreizsysteme – in den Zielkranz eines funktionsfähigen und effektiven Innovationssystems zu stellen. Dabei muss den daraus sich ergebenden regionalen Schwerpunktsetzungen und den Eigenrationalitäten und Zeithorizonten des Wissenschaftssystems in besonderer Weise Rechnung getragen werden. Geschichte und Tradition gehört ebenso dazu wie der Austausch mit anderen Kulturen. Eine solchermaßen verstandene Außenwissenschaftspolitik kann an eine Tradition der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik anknüpfen, die Vertrauen und Kooperation in den Mittelpunkt der internationalen Politikgestaltung stellt. Die Förderung internationaler wissenschaftlicher Eliten hat ein Vertrauensnetz für Deutschland in der Welt geschaffen , das weit über die Grenzen der Wissenschaft hinaus in zahlreichen Ländern Breitenwirkung entfaltet. Jedoch sind die perzipierten Auswirkungen der Globalisierung nicht nur wirtschaftlich-technischer Art, sondern auch Ausdruck kulturell geformter Überzeugungssysteme. Insbesondere die Geistes- und Sozialwissenschaften finden hier ihre internationale Rolle. Denn die internationale Kooperation und der internationale Austausch in diesen Wissenschaftsgebieten dienen neben dem Aufbau kultureller und gesellschaftlicher Übersetzungskapazitäten auch der kulturellen und gesellschaftlichen Selbstbestimmung. Breite und Vielfalt der Themen der Außenwissenschaftspolitik haben jedoch ihren Preis. Ein erstes Problem ist die Vielschichtigkeit der Zielsetzungen. Die sich abzeichnende außenwissenschaftliche Agenda enthält nicht nur Anliegen auf dem unmittelbaren Gebiet der Wissenschaft, sondern erstreckt ihr Handlungsfeld auch auf das Feld des Kulturellen, Sozialen und Ökonomischen. So soll Außenwissenschaftspolitik nicht nur dazu dienen, die wissenschaftliche Exzellenz und die technologische Leistungsfähigkeit des Standorts Deutschland zu fördern, sondern soll ihre Wirkung zugleich in globalem Zusammenhang entfalten (Wissenschaft und Kreativität als internationales öffentliches Gut). Jedoch stößt diese Vielfalt der Zielsetzungen allzu leicht an die Grenzen ihrer politischen Steuerbarkeit und administrativen Bewältigung.44 Hinzu kommt, 44 SCHREINER (2008: 17) stellt im Zusammenhang des gesamten Politikfeldes fest: „Sowohl die übergroße Zahl an Zielen als auch die ungenauen Zielformulierungen haben jeweils negative - 24 - dass der innere Zusammenhang und die Kompatibilität der einzelnen Elemente einer solchen außenwissenschaftlichen Strategie bisher kaum überprüft worden sind. Nicht alle Synergie-Effekte schlagen sich in positiver Weise nieder. Dies alles macht auch eine Erfolgskontrolle erforderlich. Die bisherigen Versuche zur Evaluation der Leistungen der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik geben keinen Anlass zu großem Optimismus. Mutige Schritte sind deshalb vonnöten. Der Erfolg der Außenwissenschaftspolitik muss sich an den formulierten Zielen messen lassen. Dies setzt sowohl eine koordinierte Umsetzung als auch klare Zielvorgaben voraus. Gleichzeitig sollten die Leistungen der Außenwissenschaftspolitik – auch vor dem Hintergrund der verausgabten finanziellen Ressourcen – sachkundig überprüft werden. Empfehlenswert wären Prüfverfahren nach dem Evaluationsmuster des deutschen Wissenschaftsrates . Es geht vor allem um die Begutachtung des Leistungsprofils aller Akteure der Außenwissenschaftspolitik (Systemevaluation),45 notwendig ist außerdem eine Querschnittsbegutachtung des gesamten Politikfeldes (Überprüfung von Gesamtstruktur und Zusammenarbeit der institutionellen Einheiten). Zu berücksichtigen ist dabei auch die wissenschaftspolitische Bedeutung der außenwissenschaftlichen Grundkonzeption. Erforderlich ist darüber hinaus die parlamentarische Reflexion und Kontrolle. Bereits im Jahr 2002 hat der Deutsche Bundestag - Plenarprotokoll 14/212 vom 24. Januar 2002, Beschluss, S. 20936 C – die Bundesregierung aufgefordert, „zu Inhalten, Perspektiven und Schwerpunkten der Auswärtigen Kulturpolitik eine Evaluierung – auch unter Einbeziehung des Parlaments und externen Sachverstandes – vorzunehmen“ (Bundestagsdrucksache 14/5799).46 Der Bundestag sollte sich aber auch als Forum der Kommunikation und Diskussion zwischen Politik, Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft verstehen. Der Ort dafür lässt sich ohne Schwierigkeiten benennen: Seit dem Jahr 2006 gibt es den Unterausschuss „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“ des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. Folgen. Diese betreffen zum einen die Steuerungsfähigkeit des Politikfeldes und zum anderen die Vermittlung der Handlungszwänge, Strategien und Erfolge vor Ort.“ 45 Vgl. dazu WISSENSCHAFTSRAT (2008) und die Informationen unter www.wissenschaftsrat.de. Ein Überblick zu den Problemen der Evaluation von Wissenschaft und Forschung findet sich auch in KUHLMANN (2002). 46 Vgl. dazu auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema „Auswärtige Kulturpolitik“ (Drucksache 16/4024 vom 11. 01. 2007). - 25 - 6. Literatur AUSWÄRTIGES AMT (2000). Auswärtige Kulturpolitik – Konzeption 2000. Berlin: Auswärtiges Amt, abrufbar unter www.auswaertigesamt .de/diplo/de/Aussenpolitik/KulturDialog/ZieleUndPartner/Konzept2000.pdf AUSWÄRTIGES AMT (2006). Menschen bewegen – Kultur und Bildung in der deutschen Außenpolitik (Tagung 25./26. 10. 06). Berlin: Auswärtiges Amt, abrufbar unter www.diplo.de/diplo/de/Infoservice/Broschueren/AKBPMenschenBewegen.pdf [Stand 15.01.08]. EXPERTENKOMMISSION FORSCHUNG UND INNOVATION (Hrsg.) (2008). Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Deutschland im internationalen Vergleich (Studien zum deutschen Innnovationssystem 1- 2008). 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