© 2019 Deutscher Bundestag WD 10-3000-27/19 Initiativen gegen die Beeinflussung der Meinungsbildung durch ausländische Medien Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 2 ausländische Medien Aktenzeichen: WD 10-3000-27/19 Abschluss der Arbeit: 15.05.2019 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Initiativen zur Verhinderung von Fake News und Desinformation in demokratischen Staaten 4 2.1. Frankreich 4 2.2. Litauen 5 2.3. Deutschland 6 2.4. Italien 6 2.5. Kanada 7 2.6. Vereinigtes Königreich 8 2.7. Singapur 9 3. Weitere internationale Initiativen 9 3.1. EU-Ebene 10 3.2. Aktuelle Initiative: Gipfel gegen Online-Extremismus 11 4. Akkreditierung ausländischer Medien in der Bundesrepublik Deutschland 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 4 1. Einführung Der vorliegende Sachstand gibt einen kursorischen Überblick über aktuelle juristische Initiativen zur Vermeidung unkontrollierter Einflussnahme ausländischer Medien auf die allgemeine Meinungsbildung durch Verbreitung sogenannter Fake News und Desinformationen. Ausgangspunkt zu dieser Erörterung soll die bereits bekannte Gesetzeslage in den USA1, Russland2 und China3 sein, welche im Grunde genommen, eine ausländische mediale Beeinflussung dadurch zu unterbinden versucht, dass sie ermöglicht, kritische Medien zunächst als Agenten einzustufen und sie in einem zweiten Schritt verbieten zu lassen. Im Folgenden soll zunächst untersucht werden, ob in anderen Staaten vergleichbare Regularien bestehen oder sich zumindest ein Trend hinsichtlich der Einführung entsprechender Maßnahmen abzeichnet um einer Veröffentlichung von Fake-News und Desinformationen entgegenzuwirken. Anschließend soll die rechtliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland anhand des Rundfunkstaatsvertrags erörtert werden, welcher Vorschriften beinhaltet, die für die Zulassung ausländischer Medien von Bedeutung sind. 2. Initiativen zur Verhinderung von Fake News und Desinformation in demokratischen Staaten 2.1. Frankreich In Frankreich sieht man insbesondere seit der Präsidentschaftswahl im April und Mai 2017 eine Gefahr der Wahlbeeinflussung4 durch Fake News, so dass man sich für die Einführung eines Gesetzes 5 entschied, welches bis zu drei Monate vor einer landesweiten Wahl Anwendung finden 1 Foreign Agents Registration Act, abrufbar unter: https://www.govinfo.gov/content/pkg/USCODE-2009- title22/pdf/USCODE-2009-title22-chap11-subchapII.pdf. 2 Föderales Gesetz 121-FZ, abrufbar unter: http://www.eurotest.ru/upload /iblock/560/5608e2c68ee8f7dd4a99dbf99d8030a0.pdf. 3 Unter dem Stichwort „The Great Firewall of China“ werden zahlreiche Regulierungen der Volksrepublik China verstanden, die eine umfassende Kontrolle des Internets und seiner Inhalte in China beinhalten. Vgl. z. B. Griffiths , James, The Great Firewall of China - How to Build and Control an Alternative Version of the Internet, 14.03.2019. Ein Überblick der Publikation ist abrufbar unter https://www.zedbooks.net/shop/book/the-greatfirewall -of-china/. 4 Discours du Président de la République Emmanuel Macron à l'occasion des voeux à la presse, publié le 04 janvier 2018, http://www.elysee.fr/declarations/article/discours-du-president-de-la-republique-emmanuel-macrona -l-occasion-des-v-ux-a-la-presse/. 5 LOI no 2018-1202 du 22 décembre 2018 relative à la lutte contre la manipulation de l’information (1), JOUR- NAL OFFICIEL DE LA RÉPUBLIQUE FRANÇAISE, 23.12.2018 in Verbindung mit LOI organique no 2018-1201 du 22 décembre 2018 relative à la lutte contre la manipulation de l’information (1), JOURNAL OFFICIEL DE LA RÉ-PUBLIQUE FRANÇAISE, 23.12.2018, https://www.legifrance.gouv.fr/affich Texte.do?cidTexte=JORFTEXT000037847559&categorieLien=id. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 5 und die Manipulation von Informationen verhindern soll.6 Hierbei können Rundfunkbetreiber und Internetplattformen gesperrt werden sowie Urheber der Manipulationen mit Gefängnis- und Geldstrafen belegt werden. Das Gesetz soll ein rasches Handeln in Wahlkampfzeiten ermöglichen und konzentriert sich auf die Verhinderung jeglicher Versuche, insbesondere ausländischer Medien, die Wahl durch Falschinformationen zu beeinflussen oder zu manipulieren. Hierzu soll ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz eingeleitet werden, in dessen Verlauf ein Richter innerhalb von 48 Stunden über die vorgebrachten Tatsachen entscheiden muss, um die Verbreitung derartiger Informationen zu untersagen. Die Rundfunkbehörde soll letztlich die Befugnis dazu erhalten, Fernsehkanäle ausländischer Staaten aussetzen zu können. Der französische Senat hatte den hiesigen Gesetzesentwurf zunächst abgelehnt, da er Befürchtungen hatte, er sei mit der Meinungs- und Pressefreiheit nicht vereinbar. Gerade die Meinungsfreiheit sei insbesondere während des Wahlkampfes zur Führung von politischen Debatten von besonderer Bedeutung und dürfe nicht durch ein Gesetz eingeschränkt werden.7 Die Nationalversammlung entschied schlussendlich für die Einführung der genannten Maßnahmen. Da der Anwendungsbereich dieses Gesetzes jedoch zeitlich begrenzt ist, ist diese Vorschrift nur im Kern mit der oben aufgeworfenen Thematik verwandt. Es zeigt sich jedoch die steigende Tendenz eines politischen Bedürfnisses für regulatorische Maßnahmen im Hinblick auf den Einfluss ausländischer Medien auf die inländische Meinungsbildung. Derzeit liegt der französischen Nationalversammlung ein Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Hass im Internet8 vor, in dessen Begründung auch auf das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz9 Bezug genommen wird. Ähnlich der deutschen Regelung sollen bestimmte Internetplattformen verpflichtet werden, rechtswidrige Inhalte zu löschen. 2.2. Litauen In Litauen wird Desinformation ausdrücklich im Gesetz über die Bereitstellung von Informationen für die Öffentlichkeit von 1996 behandelt.10 Danach ist es verboten, Desinformationen und Infor- 6 Vgl. hierzu auch Wissenschaftliche Dienste, Gesetzgebungsvorhaben zur Bekämpfung von Falschinformationen in Frankreich, WD 10 - 3000 - 051/18, 08.08.2018. 7 Senatssitzung vom 18. Juli 2018 betreffend des Gesetzesentwurfs zur Verhinderung einer Beeinflussung von Wahlen, abrufbar unter: https://www.senat.fr/espace_presse/actualites/201806/lutte_contre_les_fausses_informations .html; https://www.senat.fr/enseance/2017-2018/623/Amdt_2.html. 8 PROPOSITION DE LOI N° 1785 visant à lutter contre la haine sur internet, Enregistré à la Présidence de l’Assemblée nationale le 20 mars 2019, http://www.assemblee-nationale.fr/15/propositions/pion1785.asp. 9 Siehe Ausführungen zu Gliederungspunkt 2.3. 10 Republic of Lithuania, Law on the Provision of Information to the Public, abrufbar unter: https://eseimas .lrs.lt/portal/legalAct/lt/TAD/2865241206f511e687e0fbad81d55a7c?jfwid=1clcwosx33. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 6 mationen zu verbreiten, die eine Person verleumden, beleidigen oder ihre Ehre und Würde herabsetzen , vgl. Art. 19 des Gesetzes. Ist eine betroffene natürliche oder juristische Person der Ansicht, dass ein Urheber bzw. Verbreiter von öffentlichen Informationen, solche Informationen veröffentlicht bzw. verbreitet hat, die vermutlich nicht veröffentlicht werden sollen, so hat er danach das Recht, bei der litauischen Rundfunkanstalt einen Antrag auf Durchführung von Ermittlungen zu stellen. Diese hat dann eine Entscheidung bzgl. der Veröffentlichung bzw. Verbreitung zu treffen. Sie kann auch Sanktionen aussprechen, wie die Aussetzung oder den Widerruf der Sendelizenzen. 2.3. Deutschland Im Gegensatz dazu liegt in Deutschland der Schwerpunkt grundsätzlich bei der Bekämpfung der Verbreitung von Inhalten im Internet, die im Zusammenhang mit sogenannter Hasskriminalität stehen. Das in 2017 verabschiedete Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)11 verpflichtet private Internet-Portalbetreiber einer bestimmten Größe, rechtswidrige Internet-Inhalte zu löschen. Sie müssen diese Inhalte identifizieren und innerhalb bestimmter Fristen entfernen. Wenn sie dieser gesetzlichen Auflage nicht nachkommen, drohen ihnen Strafen von bis zu 50 Mio. Euro. Das Gesetz enthält keine neuen Rechtsbegriffe oder -definitionen. Hass wird z. B. nicht definiert und die Rechtsverfolgung des Urhebers von Hasskriminalität ist nicht Gegenstand des Gesetzes. Das Gesetz stützt sich ausschließlich auf bereits existierende Normen des Strafgesetzbuches12, das generell und medienunabhängig gilt. 2.4. Italien Auch im römischen Senat wurde ein Gesetzesentwurf13 zur Bekämpfung von Fake-News eingebracht . Er beinhaltet Maßnahmen für das IT-Recht und strafrechtliche Konsequenzen für die Verbreitung von Fake-News. Die erste Lesung hat am 28. Februar 2017 stattgefunden. Weitere Verhandlungstermine wurden noch nicht bekanntgegeben.14 Die Gesetzesvorlage sieht zunächst die Einführung eines neuen Straftatbestands in Art. 656-bis Abs. 1 italienisches Strafgesetzbuch (iStGB) vor. Danach soll mit Geldbuße bis zu € 5.000,- bestraft 11 Netzwerkdurchsetzungsgesetz vom 1. September 2017 (BGBl. I S. 3352). 12 § 1 (3) NetzDG: „Rechtswidrige Inhalte sind Inhalte im Sinne des Absatzes 1, die den Tatbestand der §§ 86, 86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b in Verbindung mit 184d, 185 bis 187, 201a, 241 oder 269 des Strafgesetzbuchs erfüllen und nicht gerechtfertigt sind.“ 13 Gesetzesentwurf N. 2688 vom 07.02.2017 für Bestimmungen zur Verhinderung von Online-Informationsmanipulation , zur Gewährleistung der Transparenz im Internet und zur Förderung der Medienkompetenz, abrufbar unter: http://www.senato.ihttp://leg17.senato.it/leg/17/BGT/Schede/Ddliter/47680.htmt/service/PDF/PDFServer /BGT/01006504.pdf. 14 Senato della Repubblica, Disegni di legge, Atto Senato n. 2688, Disposizioni per prevenire la manipolazione dell'informazione online, garantire la trasparenza sul web e incentivare l'alfabetizzazione mediatica, XVII Legislatura , https://www.senato.it/leg/17/BGT/Schede/Ddliter/47680.htm. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 7 werden, wer falsche, übertriebene oder tendenziöse Nachrichten über offenkundig haltlose oder unwahre Daten bzw. Fakten über die sozialen Medien oder andere Webseiten, die nicht zum sog. Online-Journalismus gehören, veröffentlicht oder verbreitet, sofern der Sachverhalt keine schwere Straftat darstellt. Der zweite Absatz des neuen Art. 656-bis iStGB sieht ein Recht auf Wiedergutmachung vor, wenn durch die Verbreitung der in Absatz 1 genannten Nachrichten über das Internet eine strafrechtliche Verleumdung (Art. 595 iStGB) begangen wurde. In diesem Fall kann der Betroffene nicht nur Schadensersatz , sondern darüber hinaus auch einen Geldbetrag als Wiedergutmachung verlangen. Im Rahmen der Straftaten gegen den Staat sollen zwei weitere Straftatbestände eingeführt werden. Diese betreffen falsche, übertriebene oder tendenziöse Nachrichten, die die Öffentlichkeit beunruhigen , Bereiche der öffentlichen Meinung irreleiten oder Kampagnen darstellen, die der demokratischen Willensbildung schaden sollen. So wird nach Art. 265-bis iStGB mit Freiheitsstrafe nicht unter 12 Monaten bzw. Geldbuße bis zu € 5.000,- bestraft, wer falsche, übertriebene oder tendenziöse Gerüchte oder Nachrichten verbreitet oder veröffentlicht, die die Öffentlichkeit beunruhigen können. Ebenso wird bestraft, wer eine Tätigkeit durchführt, die die öffentlichen Interessen schädigt , auch mittels Kampagnen, die über die Medien oder andere Online-Medien durchgeführt werden und nicht zum Online-Journalismus gehören, oder mit dem Ziel getätigt werden, Bereiche der öffentlichen Meinung irrezuleiten. Der neue Art. 265-ter iStGB soll darüber hinaus Verantwortliche für Kampagnen bestrafen, die das Ziel haben oder zumindest geeignet sind, die öffentlichen Interessen und auch die korrekte Ausübung der demokratischen Willensbildung zu schädigen. Im Vorfeld der Parlamentswahlen in Italien am 4. März 2018 hatte die damalige Regierung ein Online-Portal15 eingerichtet, das die Bevölkerung zur Meldung von Fake News nutzen konnte.16 Dabei sei aber unklar geblieben, ob dieses Portal bzw. ob Fake News überhaupt eine reale Wirkung auf den Wähler gehabt hätten.17 2.5. Kanada Im Vorfeld der Wahlen zum kanadischen Unterhaus (General Election) am 21. Oktober 2019 wird in Kanada eine intensive Diskussion über Wahlbeeinflussung durch Fake News geführt. Die kanadische Bundesregierung hat Anfang Januar 2019 angekündigt, über sieben Millionen kanadische 15 Link laut FN 16: https://www.commissariatodips.it/collabora/segnala-una-fake-news.html. Die Seite lässt sich derzeit nicht mehr aufrufen: Commissariato di P.S., Pagina non trovata. 16 Funke, Daniel, Italians can now report fake news to the police, Poynter.Search, 19.01.2018, https://www.poynter .org/fact-checking/2018/italians-can-now-report-fake-news-to-the-police-heres-why-thats-problematic/. 17 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 8 Dollars zur Bekämpfung von Desinformation und Fake News einzusetzen. Die Mittel sollen hauptsächlich für Aufklärungskampagnen verwendet werden.18 Das Wahlgesetz (Canada Elections Act19) wurde bereits im Oktober 2018 durch ein Änderungsgesetz20 (Elections Modernization Act21) angepasst . Dabei wurden u. a. Berichtspflichten über Dritte in Wahlkampfaktivitäten, wie z. B. Wahlkampfwerbung , und deren Transparenz bei der Verwendung von Finanzmittel eingeführt. Außerdem wurden Vorkehrungen gegen Wahlbetrug und die Veröffentlichung falscher oder irreführender Angaben und Erklärungen getroffen. In diesem Zusammenhang ist auch auf das kanadische Strafgesetzbuch zu verweisen.22 In Section 181 ist normiert,23 dass jeder, der vorsätzlich eine Erklärung, eine Geschichte oder Nachrichten veröffentlicht, von der er weiß, dass diese falsch ist und sie eine Verletzung oder einen Schaden für ein öffentliches Interesse verursacht oder wahrscheinlich verursacht, sich einer strafbaren Handlung schuldig macht und zu einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren verurteilt werden kann. 2.6. Vereinigtes Königreich Das Unterhaus des Parlaments des Vereinigten Königreichs hat am 18. Februar 2019 einen Bericht24 zum Thema „Desinformation und Fake-News“ veröffentlicht. Darin wird unter anderem die Gefahr der Einflussnahme ausländischer (insbesondere russischer) Medien auf politische Wahlen angegeben . Im Zuge dessen sollen im Vereinigten Königreich zukünftig vor allem soziale Medien in die 18 Vgl. Hemmadi, Murad, Federal government to announce $7 million in funding to fight disinformation online ahead of 2019 election, The Logic, 29.01.2019, https://thelogic.co/news/exclusive/federal-government-to-announce -7-million-in-funding-to-fight-disinformation-online-ahead-of-2019-election/. 19 Canada Elections Act, Loi électorale du Canada, Stand 08.04.2019 mit letzter Änderung vom 01.04.2019, https://laws.justice.gc.ca/PDF/E-2.01.pdf. 20 Der beschlossene Gesetzentwurf ist abrufbar unter Parliament of Canada, BILL C-76, https://www.parl.ca/DocumentViewer/en/42-1/bill/C-76/royal-assent. 21 Elections Canada, Bill C-76, Elections Modernization Act, Royal Assent on December 13, 2018, https://www.elections.ca/content.aspx?section=med&dir=c76&document=index&lang=e. 22 Das kanadische Strafgesetzbuch (Criminal Code bzw. Code criminel) mit Stand 08.04.2019 und der letzten Änderung vom 18.12.2018 ist abrufbar unter https://laws-lois.justice.gc.ca/PDF/C-46.pdf. 23 „Every one who wilfully publishes a statement, tale or news that he knows is false and that causes or is likely to cause injury or mischief to a public interest is guilty of an indictable offence and liable to imprisonment for a term not exceeding two years.“, Section“ bzw. „Section“ 181 des kanadischen Strafgesetzbuchs (Criminal Code bzw. Code criminel), https://laws-lois.justice.gc.ca/PDF/C-46.pdf. 24 House of Commons, Digital, Culture, Media and Sport Committee, Disinformation and ‘fake news’: Final Report, 18 February 2019, abrufbar unter: https://publications.parliament.uk/pa/cm201719/cmselect /cmcumeds/1791/1791.pdf. Vgl auch Parliament.uk, Disinformation and ‘fake news’: Final Report published, 18.02.2019, https://www.parliament.uk/business/committees/committees-a-z/commons-select/digital-culturemedia -and-sport-committee/news/fake-news-report-published-17-19/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 9 Pflicht genommen werden, Fake-News und Desinformationen von ihren Plattformen zu nehmen. Außerdem wird die Regierung aufgerufen, derzeitige wahlspezifische Kommunikationsgesetze und Regeln über die Beeinflussung aus Übersee zu reformieren. 2.7. Singapur Am 8. Mai 2019 hat Singapur, ein neues Gesetz (Protection from Online Falsehoods and Manipulation Bill25) gegen die Verbreitung falscher Nachrichten verabschiedet.26 Danach sollen klassische Medien, sowie Internet-Konzerne nach Aufforderung durch den Staat entsprechende Artikel entfernen müssen. Auch sollen unter Umständen Berichtigungshinweise seitens des Herausgebers verlangt werden können. Gegen Zuwiderhandlungen drohen mehr als 650 000 Euro Geldstrafe oder bis zu zehn Jahren Haft. 3. Weitere internationale Initiativen Die außergewöhnlich intensive Diskussion zu Fake News und Desinformation hat offenbar ihren Ausgangspunkt bei dem Wahlkampf zu den 58. US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen im Dezember 2016 genommen. Mittlerweile konnten hier nach umfassenden Untersuchungen keine Wahlbeeinflussung von Externen (Russische Föderation) nachgewiesen werden.27 So hat z. B. der US-amerikanische Senat nach zwei-jährigen intensiven Recherchen im Februar 2019 verkündet, dass keine direkten Beeinflussungen der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl nachgewiesen werden konnten.28 Eine ähnliche Mitteilung hat der United States Attorney General William P. Barr dem Congress Ende März 2019 auf der Grundlage der Ergebnisse des US-amerikanischen Sonderermittlers (Special Counsel) Robert S. Mueller gemacht.29 Trotz dieser Erkenntnisse werden 25 Singapore Government, Protection from Online Falsehoods, and Manipulation Bill, Bill No. 10/2019, Read the first time on 1 April 2019, https://sso.agc.gov.sg/Bills-Supp/10-2019/Published/20190401?DocDate=20190401. 26 Heise online, Singapur verabschiedet Gesetz gegen "Fake News", 09.05.2019, https://www.heise.de/newsticker /meldung/Singapur-verabschiedet-Gesetz-gegen-Fake-News-4418545.html. 27 Unstimmigkeiten gab es eher im internen Bereich: beim Ausfüllen von Wahlzetteln – insbesondere Briefwahl (z.B. Bundespräsidentenwahl in Österreich 2016) und bei der Auszählung der Stimmzettel (z.B. Landtagswahl Bremen vom 10. Mai 2015). 28 Dilanian, Ken, RUSSIA INVESTIGATION: Senate has uncovered no direct evidence of conspiracy between Trump campaign and Russia, CNBC-News, 12.02.2019, https://www.nbcnews.com/politics/congress/senate-hasuncovered -no-direct-evidence-conspiracy-between-trump-campaign-n970536. 29 Dieses Ergebnis hat der United States Attorney General William P. Barr in seinem Schreiben vom 24.03.2019 dem Congress mitgeteilt; vgl. Reuters World News, Letter from attorney general to Congress on Mueller report, 24.03.2019, The Guardian, Mueller report did not find Trump campaign conspired with Russia, attorney general says, https://www.reuters.com/article/us-usa-trump-russia-summary/letter-from-attorney-general-to-congresson -mueller-report-idUSKCN1R50SV. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 10 weiterhin besondere Gefahren durch Desinformation und Fake News insbesondere bei Wahlen befürchtet . Die russische Regierung30 und russische Medien31 haben regelmäßig den Vorwurf staatlicher Beeinflussung ausländischer Wahlen als unbelegt zurückgewiesen. 3.1. EU-Ebene Auf der Ebene der EU-Kommission geht es dennoch in erster Linie um russische Desinformation und mögliche Wahlbeeinflussung. Nach Ansicht der EU-Analyseeinheit für hybride Bedrohungen stellen Desinformationsaktivitäten der Russischen Föderation die größte Bedrohung für die EU dar.32 Es gibt laut EU-Kommission auch noch andere staatliche Akteure: „Die hinter der Desinformation stehenden Akteure können von innen, d. h. aus den Mitgliedstaaten, kommen, oder externe Akteure sein, d. h. auch staatliche (oder staatlich finanzierte) und nichtstaatliche Akteure. Berichten zufolge setzen mehr als 30 Länder Desinformation ein und beeinflussen Aktivitäten auf unterschiedliche Weise, auch in ihren eigenen Ländern.“33 Gegen Wahlbeeinflussung hat die EU-Kommission einen Aktionsplan34 konzipiert, der aus folgenden Elementen besteht: 1. Ausbau der Fähigkeiten der Organe der Union, Desinformation zu erkennen, zu untersuchen und zu enthüllen; 2. mehr koordinierte und gemeinsame Maßnahmen gegen Desinformation, 3. Mobilisierung des 30 Vgl. z. B. „The facts tell us that there is no proof of those who are trying to hype up this topic [interference of the Russian Federation in the election process in the U.S.]“. Aussage des russischen Außenministers bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem US-amerikanischen Außenminister am 14.05.2019, U.S. Department of State, Press Availability With Russian Foreign Minister Sergey Lavrov, Michael R. Pompeo, Secretary of State, Rus Hotel, Sochi, Russia, May 14, 2019, https://www.state.gov/press-availability-with-russian-foreign-ministersergey -lavrov/. 31 Vgl. z. B. Räuberpistolen aus Brüssel: Die ewige russische Desinformation, RT Deutsch, 14.05.2019, https://deutsch.rt.com/international/88071-raeuberpistolen-aus-bruessel-die-ewige-russische-desinformation/, auch Rodinov, Ivan, RT gegen EU: Echt jetzt?, https://deutsch.rt.com/europa/88133-rt-gegen-eu-echt-jetzt/. 32 Vgl. EU-Kommission, Bekämpfung von Desinformation im Internet: ein europäisches Konzept, Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, COM(2018) 236 final, Brüssel, den 26.4.2018. https://ec.europa .eu/transparency/regdoc/rep/1/2018/DE/COM-2018-236-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF. Die EU-Kommission bezieht sich dabei sich auf ein offizielles russisches Dokument: The Embassy of the Russian Federation to the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, THE MILITARY DOCTRINE OF THE RUSSIAN FEDER- ATION, APPROVED by the President of the Russian Federation on December 25, 2014 No. Pr.-2976, Press Releases , 29.06.2015, https://www.rusemb.org.uk/press/2029. Vgl. Zum Ganzen EU-Kommission, Aktionsplan gegen Desinformation, Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, JOIN(2018) 36 final, Brüssel, den 5.12.2018, http://eudoxap01.bundestag.btg:8080/eudox/dokumentInhalt?id=207158. 33 Als Berichtsquelle führt die EU-Kommission an: Freedom House, Manipulating Social Media to Undermine Democracy , https://freedomhouse.org/report/freedom-net/freedom-net-2017. Freedom House ist eine Nichtregierungsorganisation (NGO) mit Sitz in Washington, D.C. Sie erhält u. a. Mittel der US-Regierung. Vgl. Freedom House, About us, https://freedomhouse.org/about-us. 34 EU-Kommission, Aktionsplan gegen Desinformation, Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, JOIN(2018) 36 final, Brüssel, den 5.12.2018, a.a.O. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 11 Privatsektors bei der Bekämpfung von Desinformation und 4. Sensibilisierung der Gesellschaft und Ausbau ihrer Widerstandsfähigkeit. Außerdem wurde eine spezielle Task Force für strategische Kommunikation beim Europäischen Auswärtigen Dienst eingerichtet.35 3.2. Aktuelle Initiative: Gipfel gegen Online-Extremismus Der französische Präsident und die Premierministerin von Neuseeland planen eine weltweite Initiative gegen Online-Extremismus, die „Christchurch Call“ benannt wird. Im Rahmen dieser Initiative sollen soziale Netzwerke verpflichtet werden zu prüfen, wie Nutzer zu gewaltverherrlichenden Inhalte kommen und diese Inhalte ggf. umleiten. Auch sollen Plattformbetreiber und andere Internetdiensteanbieter verpflichtet werden, Daten in größerem Ausmaß an Regierungen weiterzugeben .36 4. Akkreditierung ausländischer Medien in der Bundesrepublik Deutschland Im Rahmen der geltenden rundfunkrechtlichen Regelungen können auch Kontrollfunktionen gegenüber ausländischen Medien in Deutschland ausgeübt werden. Hierzu zählen insbesondere die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Zulassungen ausländischer Medien innerhalb Deutschlands. 35 Grundlage hierfür war der am 25. Juni 2015 angenommene Aktionsplan. Vgl. EU-Kommission, Aktionsplan gegen Desinformation, Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, JOIN(2018) 36 final, Brüssel, den 5.12.2018, a.a.O. und European Union External Action, Questions and Answers about the East StratCom Task Force, 05.12.2018, https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/2116/-questions-and-answers -about-the-east- , auch EU vs. Disinfo, News and analysis, https://euvsdisinfo.eu/. 36 Macron and Ardern host Paris summit against online extremism, Quantara.de, 15.05.2019, https://en.qantara .de/content/macron-and-ardern-host-paris-summit-against-online-extremism. Vgl. auch Graham-McLay, Charlotte und Satariano, Adam, New Zealand Seeks Global Support for Tougher Measures on Online Violence, The New York Times, 12.05.2019, https://www.nytimes.com/2019/05/12/technology/ardern-macron-social-media -extremism.html; Roy, Eleanor Ainge, Christchurch shooting - Christchurch Call: details emerge of Ardern's plan to tackle online extremism, The Guardian, 13.05.2019, https://www.theguardian .com/world/2019/may/13/christchurch-call-details-emerge-of-arderns-plan-to-tackle-online-extremism. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 12 Da eine solche Entscheidung in die Kompetenz der Länder fällt, richtet sich die rechtliche Bewertung nach dem Rundfunkstaatsvertrag (RStV)37. Damit sind die Landesmedienanstalten für die Erteilung einer Zulassung sowie für etwaige Widerrufe von bereits vorhandenen Akkreditierungen zuständig.38 Die Voraussetzungen einer Zulassung für Veranstalter von bundesweit verbreitetem Rundfunk sind in § 20a RStV geregelt. Danach darf eine Zulassung unter anderem nur an natürliche oder juristische Personen vergeben werden, die ihren Wohnsitz oder Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, einem sonstigen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und damit gerichtlich verfolgt werden können. Zudem muss die Gewähr dafür geboten werden, dass die gesetzlichen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags beachtet werden. In § 20 Abs. 3 Satz 3 iVm Satz 1 RStV findet sich eine spezielle Regelegung für ausländische Medien . Danach darf ausländischen öffentlichen oder staatlichen Stellen keine Zulassung erteilt werden . Dies zeigt, dass die landesrechtlichen Vorschriften bereits Regularien beinhalten, die es ermöglichen (ausländischen) staatlichen Medienunternehmen eine Zulassung für bundesweiten Rundfunk zu versagen. Dies gilt auch für Medien, die zumindest mittelbar durch den Staat finanziert werden, da auf diese Weise eine eigenständige Verantwortung für die gesendeten Inhalte nicht mehr gewährleistet werden kann. Dies zeigt auch eine jüngst ergangene Entscheidung39 des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg betreffend der russischen Radiosender „Mega Radio“ und „Mega Radio SNA“. Danach hat das Gericht nach vorläufiger Einschätzung Zweifel an der Veranstaltereigenschaft der Radiosender geäußert, da die Sender in einem hohen Maße finanziell von den staatlichen russischen Medienunternehmen Rossiya Segodnya (Russland heute) sowie Sputnik abhängig seien. Dieses Beispiel veranschaulicht, dass sowohl die Landesmedienanstalten als auch die Gerichte der Zulassung staatlich finanzierter, ausländischer Medien entschieden entgegenwirken können.40 Für die Zulassung ausländischer Medien, die nicht staatlich finanziert werden, sei auf die oben genannten Voraussetzungen verwiesen. Ob diese Zulassungskriterien zu weit gefasst sind und 37 Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) vom 31. August 1991 in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zweiundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) in Kraft seit 1. Mai 2019, https://www.die-medienanstalten .de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Gesetze_Staatsvertraege/Rundfunkstaatsvertrag_RStV.pdf. 38 Hierbei spielt die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) als zentrales Organ der Medienanstalten eine wichtige Rolle. Sie beschäftigt sich mit Kernfragen der Zulassung und Kontrolle für bundesweite private Rundfunkveranstalter , der Regulierung von Plattformen sowie der Entwicklung des digitalen Rundfunks. Vgl. ZAK, https://www.die-medienanstalten.de/ueber-uns/organisation/kommission-fuer-zulassung-und-aufsicht-zak/. 39 OVG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 17.1.2019 – OVG 11 S 79.18, BeckRS 2019, 301. 40 Hier sei erwähnt, dass auch demokratisch regierte Länder wie beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland oder die Vereinigten Staaten von Amerika staatliche und staatlich finanzierte Auslandssender (Deutsche Welle, https://www.dw.com/de/wer-finanziert-die-dw/a-279073) bzw. privatrechtliche, aber staatlich finanzierte Auslandssender (Voice of America, https://www.insidevoa.com/p/5831.html, Radio Liberty, https://pressroom .rferl.org/frequently-asked-questions ) betreiben, die bei solchen Regelungen ebenso im Ausland verboten werden könnten. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10-3000-27/19 Seite 13 demnach künftig eine Akkreditierung unter engeren Voraussetzungen erfolgen sollte, ist nach derzeitigen Stand wohl abzulehnen, da mit dem bestehenden Mechanismus, bereits eine unzulässige Einflussnahme durch ausländische Medien verhütet werden kann. In diesem Zusammenhang ist § 20b RStV zu erwähnen. Dort ist geregelt, dass Hörfunkprogramme, welche ausschließlich im Internet verbreitet werden, keiner Zulassung bedürfen. Es müssen lediglich die angebotenen Inhalte der zuständigen Landesmedienanstalt anzeigt werden. Auf diesem Wege können selbst die oben in Frage stehenden ausländischen Medien, welche staatlich finanziert werden, letztlich doch über das Internet auf die Meinungsbildung in der Bundesrepublik Deutschland Einfluss nehmen. Angesichts der stetig wachsenden Zahl an Internetnutzern scheint diese Art der Ausstrahlung jedenfalls eine nicht nur unerhebliche Reichweite zu erlangen, selbst wenn das Auffinden solcher Inhalte mit einem größeren Suchaufwand verbunden ist, als es beim herkömmlichen Rundfunk der Fall ist. ****