Rundfunkgebühren in Deutschland Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 10 - 026/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Rundfunkgebühren in Deutschland – Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Sachstand WD 10 - 026/08 Abschluss der Arbeit: 24. April 2008 Fachbereich WD 10: Kultur, Medien und Sport Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Funktionsgerechte Finanzierung 5 3. Rechtsgrundlagen 6 4. Festsetzung der Rundfunkgebühren 7 5. Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts 7 6. Dreistufigkeit der Ermittlung des Finanzbedarfs 9 7. Rundfunkgebühr und Konvergenz 11 7.1.1. Gebührenpflicht für Online-PCs 11 7.1.2. Kommunikationsabgabe 12 7.1.3. Steuer 12 7.1.4. Geräteabgabe 13 8. Modifizierte Rundfunkgebühr 13 9. Literaturverzeichnis 14 - 4 - 1. Einleitung Rundfunkgebühren sind nach § 12 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrags neben Werbeund sonstigen Einnahmen die „vorrangige Finanzierungsquelle“ des öffentlichrechtlichen Rundfunks. Die Gebührenpflicht wird nach § 12 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages bereits durch „das Bereithalten eines Rundfunkempfängers“ begründet. Definiert werden diese Begriffe in § 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages. Die Höhe der Rundfunkgebühr und das Verfahren ihrer Festsetzung werden durch den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag der Bundesländer bestimmt. - 5 - 2. Funktionsgerechte Finanzierung Ein wichtiger Aspekt jeder Organisation von Rundfunk ist die Finanzierung der Tätigkeit der Rundfunkveranstalter. Zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts1 lassen offen, ob die Finanzierung als „wesentlich“ dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegt und folglich vom Gesetzgeber geregelt werden muss. Demgegenüber bejaht Karlsruhe ,2 das Erfordernis gesetzlicher Regelungen des Verfahrens zur Gebührenfestsetzung unter dem Aspekt des prozeduralen Grundrechtsschutzes3. Zum einen entscheidet das Finanzaufkommen darüber, ob und welche Programme überhaupt ausgestrahlt werden können. Andererseits kann die Art der Finanzierung erhebliche Auswirkungen auf die Programmgestaltung haben. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Rundfunkfreiheit erstreckt sich auch auf die finanziellen Bedingungen, von denen es abhängt, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Aufgaben nachkommen kann, die ihm von Verfassungswegen obliegen. Hieraus ergibt sich das Gebot funktionsgerechter Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die ihn in die Lage versetzt, seine Funktion im dualen System zu erfüllen und ihn vor fremder Einflussnahme schützt.4 Wie der Gesetzgeber seiner Gewährleistungspflicht nachkommt, ist Sache seiner eigenen Entscheidung. Der öffentlichrechtliche Rundfunk hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Finanzierungsform, solange die Finanzierung insgesamt gewährleistet ist. Allerdings ist die Rundfunkgebühr die vorrangige Finanzierungsquelle, weil sie von Einschaltquoten unabhängig macht und damit die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk am besten entsprechende Art der Finanzierung darstellt.5 Daneben sind aber auch ergänzende Möglichkeiten der Finanzierung zulässig. In der Praxis hat sich daher ein System der Mischfinanzierung aus Gebühren und Werbung herausgebildet. In Zukunft sind auch alternative und ergänzende Finanzierungsformen wie etwa Pay-TV denkbar.6 1 BVerfGE 57, 295, 324; 73, 118, 154. 2 BVerfGE 90, 60. 3 Vgl. H. Bethge, Die Problematik des Gesetzesvorbehalts bei der Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks, NJW 1990, S. 245 ff. 4 BVerfGE 83, 238, 310; 87, 181, 199; 90, 60, 90. 5 BVferGE 87, 181, 199; 90, 60, 90; § 12 Abs. 1 RfStV; zur Frage der Vereinbarkeit der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit den Beihilfevorschriften des europäischen Rechts. 6 BVerfGE 74, 297, 347; W. Hoffmann-Riem, Pay-TV im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Media- Perspektiven 1996, S. 73 ff. - 6 - 3. Rechtsgrundlagen Die Entstehung der Rundfunkgebühr ist eng mit dem Fernmeldewesen verknüpft. Ursprünglich fiel der Rundfunkempfang unter das Fernmeldemonopol der Reichspost, später der Deutschen Bundespost nach § 1 des Fernmeldeanlagengesetzes (FAG). Die Fernmeldeverwaltung machte von ihrem Alleinbetriebsrecht von Beginn an keinen Gebrauch , sondern erteilte jedem Rundfunkteilnehmer eine Genehmigung nach § 2 FAG, die jedoch mit verschiedenen Auflagen versehen war. Eine dieser Auflagen verpflichtete den Rundfunkteilnehmer zur Entrichtung einer Gebühr an die Post, sodass sich die Rundfunkgebühr als Entgelt für die Verleihung einer fernmelderechtlichen Genehmigung darstellt.7 Die heute bestehende Rechtslage löste ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 1968 aus.8 In Anlehnung an das Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts entschied es, die Finanzierung von Rundfunkveranstaltungen sei eine Frage der Organisation. Deshalb seien die Länder für die Regelung der Rundfunkgebühr zuständig. Daraufhin schlossen die Länder zum 1. Januar 1970 den Staatsvertrag über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens,9 in dem die Festsetzung der Gebührenhöhe einem besonderen Staatsvertrag überlassen wurde. Die Staatsverträge werden durch Zustimmungsgesetze der einzelnen Bundesländer in Landesrecht transformiert, die die gesetzliche Grundlage für die Gebührenerhebung bilden.10 Auf dieser Rechtsgrundlage wurde die Rundfunkgebühr noch bis 1975 von der Bundespost erhoben. Ab 1976 übernahm die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) den Einzug im Namen und auf Rechnung der jeweiligen Landesrundfunkanstalt. Das Verfahren des Einzugs ist durch gleich lautende Satzungen der Rundfunkanstalten geregelt. Nach Aufhebung des Fernmeldemonopols im Zuge der Liberalisierung des Telekommunikationswesens bedarf der Betrieb von Rundfunkempfangsgeräten keiner fernmelderechtlichen Genehmigung mehr. Es genügt nunmehr die Feststellung durch eine Typenprüfung, dass die Empfangsgeräte einwandfrei funktionieren.11 7 A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rdn VII/128. 8 BVerGE 29, 214. 9 A. Grupp, Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, Frankfurt, 1983. 10 Vgl. BayVGH BayBgl. 1986, S. 16 und BVerGE 74, 139. 11 § 59 TKG i. V. m. der Telekommunikationszulassungsverordnung. - 7 - 4. Festsetzung der Rundfunkgebühren Die Hauptproblematik der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt im Festsetzungsverfahren. Die Grundlagen sind in zwei verschiedenen Staatsverträgen geregelt: dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag und dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag . Mit dieser Entkoppelung wird bezweckt, dass die Grundentscheidungen der Gebührenfinanzierung nicht bei jeder Gebührenerhöhung zur Disposition gestellt werden müssen. Rechtlich gibt es keinen Zwang, bundesweit eine einheitliche Rundfunkgebühr festzusetzen . Im Interesse der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse scheint dies jedoch politisch wünschenswert.12 Aus diesem Grund erfolgt die Festsetzung der Gebührenhöhe mit dem Instrument des Staatsvertrags. Der Abschluss eines solchen Vertrages setzt allerdings Einstimmigkeit aller Länder voraus, sodass eine Einigung immer auf der Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners erfolgt. Bereits die ersten Gebührenerhöhungen lösten in den einzelnen Landtagen und in der Öffentlichkeit heftige Diskussionen über die Angemessenheit aus. Dieser Umstand bewog die Ministerpräsidenten der Länder dazu, 1975 zur Objektivierung des Verfahrens eine Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) einzusetzen.13 Die Kritik am Verfahren der Festsetzung der Rundfunkgebühren verstummte jedoch nicht.14 5. Gebührenurteil des Bundesverfassungsgerichts Dazu hat sich das Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil vom 22. Februar 1994 geäußert,15 das auf einen Vorlagebeschluss des VGH München zurückgeht,16 der durch die Festsetzung der Gebühr mittels Staatsvertrag der Länder den Grundsatz der Staatsfreiheit verletzt sah. Denn die staatliche Gebührenfestsetzung begründe nicht nur die theoretische Möglichkeit der Einflussnahme über den „goldenen Zügel“17 wie etwa das 12 Zur Rolle der KEF vor der Neuregelung des Gebührenfortsetzungsverfahrens in §§ 1 – 7 RfFinStV P. Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, Frankfurt 1986, S 30 ff; H. P. Schneider/B. Radeck , Verfassungsprobleme der Rundfunkfinanzierung aus Werbeeinnahmen, 1989, S. 44 ff.; W. Schreckenberger, Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter besonderer Berücksichtung von Fragen der Wirtschaftlichkeit und der sich verändernden Medienordnung, in K. Stern, u. a. Programmauftrag und Wirtschaftlichkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, 1984, S. 5, 9 ff. 13 H. Bethge, Die gespaltene Rundfunkgebühr, Die öffentliche Verwaltung 1990, S. 629 ff. 14 H. Bühringer, Gründe für ein neues Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühren, Media Perspektiven 1985, S. 1 ff. 15 BVerfGE 90, 60; u. a. C. Eberle, Die Rundfunkgebühr, Archiv für Presserecht (AfP) 1995, S. 559. 16 VGH München, JZ 1989, S. 242. 17 J. Linck, Parlament und Rundfunk, NJW 1984, S. 2433, 2435. - 8 - Rechtsaufsichtsverfahren wegen des ARD-Programms EINS PLUS, die Kündigung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages am 9. Dezember 1986, die Auflagenbeschlüsse der Parlamente im Zusammenhang mit der Ratifizierung von Gebührenstaatsverträgen18 gezeigt hätten. Im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Gebührenerhöhung ab 1990 ist in einem nicht namentlich gezeichneten Papier der CDU-Landtagsfraktion Baden- Württemberg festgestellt worden: „Nicht zuletzt auf Grund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickeln sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu einem Staat im Staate. Sie benützen ihre absolute Stellung zu einer ungehemmten Ausdehnungsstrategie, die vor allem darauf zielt, die privaten Anbieter nicht hochkommen zu lassen. Wie das Urteil des BVerfG zu unserem Mediengesetz zeigt, ist es dem Gesetzgeber verwehrt, den Rundfunkanstalten Grenzen bei dieser Programmausdehnung zu setzen. Als einzige echte Einflussmöglichkeit ist die Festsetzung der Rundfunkgebühren geblieben.“19 In der VGH-Entscheidung hieß es dazu, dass eine öffentlich -rechtliche Rundfunkanstalt, die sich in der existenziellen Frage der Finanzierung politischem Eingriffsbelieben ausgesetzt sehe, könne sich nicht mehr unbefangen und frei bewegen. Unter diesen Verhältnissen werde die Rundfunkfreiheit durch die staatliche Gebührenfestsetzung unzulässig eingeschränkt, weil sich die Rundfunkanstalten nicht mehr frei entscheiden könnten, ohne gebührenrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Stelle sich die staatliche Festsetzung der Gebührenhöhe als Eingriff in die Rundfunkfreiheit dar, dann unterliege sie dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unter solchen Umständen verstoße sie gegen das Prinzip der Erforderlichkeit. Denn eine funktionsgerechte Finanzierung sei auch dann sichergestellt, wenn die Festsetzung der Gebührenhöhe etwa nach dem Vorbild des Kommunalabgabengesetzes oder des Postverwaltungsgesetzes von Rundfunkanstalten selbst auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werde. Aus diesem Grunde kam der VGH zu der Überzeugung, die ehemalige Ausgestaltung der Gebührenfestsetzung sei verfassungswidrig. Deshalb setzte er das Verfahren gemäß Art. 100 GG aus. Das Bundesverfassungsgericht hält demgegenüber die Festsetzung der Rundfunkgebühr durch staatliches Gesetz für zulässig. Es verlangt allerdings durchgreifende Verbesserungen bei der Ausgestaltung des Verfahrens, um sowohl dem Gebot funktionsgerechter Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Rechnung zu tragen als auch politische Einflussnahme auf die Programmgestaltung wirksam auszuschließen. Das Gericht knüpft an seine Rechtsprechung der Grundrechtssicherung durch Verfahren und der Kompensation mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit der materiellen Kriterien durch 18 P. Badura, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie, Frankfurt, 1986, S. 30 ff. 19 Frankfurter Rundschau vom 13. 7. 1988, S. 14. - 9 - Verfahren an und überträgt sie auf den Rundfunkbereich.20 Da der konkrete Betrag der Rundfunkgebühr sich nicht im Wege juristischer Deduktion aus Art. 5 GG ableiten lässt, darf die von der Rundfunkfreiheit umfasste Sicherung der Finanzierung nicht erst beim Ergebnis ansetzen, sondern muss bereits in die Ergebnisherstellung, das heißt in das Verfahren der Ermittlung und Festsetzung des Finanzbedarfs, vorverlagert werden. Wie das Verfahren der Gebührenfestsetzung im Einzelnen ausgestaltet wird, ist Sache der gesetzgeberischen Entscheidung. Von Verfassungswegen muss lediglich gewährleistet sein, dass die Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Auftrags erforderlichen Mittel erhalten und politische Einflussnahmen auf die Programmgestaltung mittels der Gebührenfinanzierung wirksam ausgeschlossen werden. Dem wird nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts am ehesten ein „gestuftes und kooperatives Verfahren“ gerecht . 6. Dreistufigkeit der Ermittlung des Finanzbedarfs Der Gesetzgeber hat diese Anregung aufgegriffen und in den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RfFinStV)21 ein dreistufiges Verfahren geschaffen, das folgende Grundzüge aufweist:22 Gemäß § 1 RfFinStV melden die Rundfunkanstalten ihren Finanzbedarf bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) an. Denn nur die Rundfunkanstalten können wissen, was zur Erfüllung des Programmauftrags in finanzieller Hinsicht erforderlich ist, weil sie das Programm herstellen. Auf der zweiten Stufe wird der angemeldete Finanzbedarf nach § 3 Abs. 1 RfFinStV von der KEF fachlich überprüft. Eine solche externe Kontrolle ist deshalb erforderlich, weil der Rundfunkteilnehmer nur insoweit mit der Rundfunkgebühr belastet werden darf, als diese auch tatsächlich erforderlich ist. Die KEF ist eine unabhängige Kommission gemäß § 2 RfFinStV, deren 16 Mitglieder nach § 4 RfFinStV auf fünf Jahre von den Ländern aus den Bereichen Wirtschaft, Technik, Medien und Rechnungshöfe berufen werden. In ihrem Bericht nach § 3 Abs 5 RfFinStV legt die KEF die Finanzlage der 20 K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rdn 358 ff. 21 §§ 1 – 7 RfFinStV. 22 K. Hümmerich, Rundfunkgebühren: Staatsvertragliche Entwürfe zur Umsetzung des 8. Rundfunkurteils , AfP 1996, §. 25 ff.; Knothe/Bialek, „Rundfunkgebühren: Staatsvertragliche Entwürfe zur Umsetzung des 8. Rundfunkurteils“ – Zum leichtfertigen Umgang mit dem Begriff der Verfassungswidrigkeit “, AfP 1996, S. 115 ff.; H. Kuch, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks im Lichte der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts, ZUM 1995, S. 161 ff.; J. Betz, Vorschläge für ein verfassungskonformes Gebührenfestsetzungsverfahren, Media Perspektiven 1995, S. 298 ff. - 10 - Rundfunkanstalten dar und nimmt zu der Frage Stellung, ob eine Erhöhung der Gebühren notwendig ist. Dieser Bericht wird wegen der Einheitlichkeit der Gebührenfestsetzung als Gesamtrechnung erstellt, ohne die Unterschiede zwischen den einzelnen Anstalten zu berücksichtigen. Im Rundfunkgebühren- und Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ist geregelt, dass die Grund- und die Fernsehgebühr an die Landesrundfunkanstalten zu entrichten sind, in deren Sendegebiet der Rundfunkteilnehmer das Gerät zum Empfang bereithält.23 Von dem Aufkommen aus der Grundgebühr erhalten die in der ARD zusammengeschlossenen Anstalten 93,1373 und das Deutschlandradio 6,8627 Prozent.24 Von der Fernsehgebühr erhält die ARD einen Anteil von 61,0994, das ZDF 38,9006 Prozent.25 Der Anteil von ARD und ZDF an der Finanzierung des Europäischen Kulturkanals ARTE beträgt 145,95 Millionen Euro pro Jahr.26 Die Höhe des Anteils der Landesmedienanstalten beträgt 1,9275 Prozent des Aufkommens aus der Grundgebühr und 1,8818 Prozent des Aufkommens aus der Fernsehgebühr. Aus dem Gesamtbetrag erhält jede Landesmedienanstalt jährlich vorab einen Sockelbetrag in Höhe von 511.290 Euro. Der Restbetrag wird auf die einzelnen Landesmedienanstalten im Verhältnis des Aufkommens aus der Rundfunkgebühr in ihren Ländern aufgeteilt.27 Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. September 2007 halten die Ministerpräsidenten der Länder an ihrem Vorhaben, diesen Status quo zu ändern, nicht weiter fest.28 Auf der dritten Stufe wird auf der Grundlage des KEF-Berichts die Rundfunkgebühr durch Staatsvertrag der Länder festgesetzt.29 Der Gesetzgeber ist an die Gebührenempfehlung der KEF weitgehend gebunden, weil er nach dem Gebührenurteil nur aus Gründen des Informationszuganges und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer vom Votum der KEF abweichen darf und die Abweichung begründen muss. Im Rahmen der Entscheidung über die Zumutbarkeit der Gebühr ist auch die Rundfunkgebührenbefreiungsverordnung zu berücksichtigen, nach der bereits etwa sieben Prozent der privaten Haushalte aus sozialen Gründen von der Rundfunkgebührenpflicht befreit sind. Das gestufte Verfahren führt dazu, dass die verbindliche Festsetzung durch die Landtage im Wege eines Zustimmungsgesetzes erst ganz am Ende erfolgt und auf Grund der Bindungswirkung der KEF-Empfehlung kein inhaltlicher Gestaltungsspielraum besteht. 23 RfGebStV, § 7, Abs. 3. 24 RFinStV, § 9, Abs. 1. 25 aaO, § 9, Abs. 2. 26 aaO, § 9, Abs. 3. 27 aaO, § 10, Abs. 1. 28 Hier lag weder Primär- noch Sekundärliteratur vor; deshalb telefonische Auskunft bei der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM), Stuttgart. 29 §§ 13 Abs. 4 RfStV, 7 Abs. 2 RfFinStv. - 11 - Auch wenn diese Situation verfassungsrechtlich vorgesehen ist, so ist sie doch für manche Abgeordnete mit ihrem Selbstverständnis nicht zu vereinbaren. Hieran wäre die Gebührenerhöhung im Rahmen des 5. Rundfunkänderungsstaatsvertrages fast gescheitert , weil der Sächsische Landtag seine Zustimmung verweigern wollte. Der Kompromiss , der die Zustimmung dann doch noch ermöglichte,30 war eine zusätzliche Information aller Landtage über die finanzielle und wirtschaftliche Situation einschließlich struktureller Veränderungen und Entwicklungsperspektiven der Rundfunkanstalten auch außerhalb einer konkreten Gebührenrunde im Abstand von zwei Jahren, die im Rahmen des 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrages31 verankert wurde.32 7. Rundfunkgebühr und Konvergenz 7.1.1. Gebührenpflicht für Online-PCs Mit dem Aufkommen des Internet stellte sich Ende der 90er-Jahre erstmals die Frage, ob im Zuge der Konvergenz Online-PCs der Rundfunkgebührenpflicht unterliegen, wenn sie zum Empfang von Rundfunkangeboten geeignet sind.33 Gemäß Rundfunkgebührenstaatsvertrag 34 handelt es sich um Rundfunkempfangsgeräte. Wer eine Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält, ist Rundfunkteilnehmer35 und damit zur Zahlung der Rundfunkgebühr36 verpflichtet. Seit dem 1. Januar 200737 ist die Rundfunkgebühr auf „neuartige Geräte“ – in erster Linie internetfähige PCs, Laptops, UMTS-fähige Mobiltelefone und PDAs – ausgeweitet worden. Betriebe, die bislang kein herkömmliches Rundfunkempfangsgerät vorhielten und somit auch keine Rundfunkgebühr zahlten, müssen seitdem 5,52 Euro an die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) abführen. Dabei besteht die Pflicht zur selbstständigen Anmeldung. 30 Vgl. Präambel zum Sächsischen Zustimmungsgesetz Sächs. GVBl. 2000, S. 526. 31 § 5 a RfFinStV. 32 Zusätzlich für einzelne Rundfunkanstalten gegenüber ihrem Landtag in § 31 RBB-StV, § 42 Abs. 2 SWR-StV. 33 R. Ricker, Rundfunkgebühren für Computer mit Internet-Zugang? NJW 1997, S. 3199 ff.; S. Ernst, Erst anmelden, dann surfen – Rundfunkgebühren für Internet-Anschlüsse? NJW 1997, S. 3006 ff.; A. Tschentscher, Gebührenpflichtigkeit des Internet- und Handy-Rundfunks? AfP 2/2001, S. 93 ff. 34 § 1 Abs. 1 RfGebStV. 35 § 1 Abs. 2 RfGebStV. 36 § 2 Abs. 2 RfGebStV. 37 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. - 12 - 7.1.2. Kommunikationsabgabe Um dem durch die Konvergenz ausgelösten Problem der Gerätebezogenheit und damit der Frage, welche Geräte als Rundfunkgeräte zu betrachten sind, zu entgehen, wurde erwogen, eine „Kommunikationsabgabe“ zu erheben. Diese sollte von jedem Einwohner der Bundesrepublik Deutschland über 18 Jahre entrichtet werden und der Finanzierung des öffentlichen Kommunikationsprozesses dienen. Ihr Vorteil wurde in der einfacheren Erhebung sowie darin gesehen, dass ihr Betrag ungefähr die Hälfte der bisherigen Rundfunkgebühr betragen hätte. Bei näherem Zusehen zeigte sich jedoch, dass diese Art der Abgabe rechtlich nicht haltbar war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält das Grundgesetz einen Numerus Clausus öffentlicher Abgaben, nämlich Steuern, Gebühren und Beiträge. Der Bürger soll so davor geschützt werden, mit immer weiteren Abgaben belastet zu werden. Nur ausnahmsweise sind Sonderabgaben zulässig, wenn sie von einem exakt abgrenzbaren Personenkreis erhoben werden und das daraus erzielte Aufkommen „gruppennützig“ für diesen Personenkreis verwendet wird.38 Beide Merkmale sind bei der Kommunikationsabgabe nicht gegeben. Weder ist der Personenkreis „Einwohner der Bundesrepublik über 18 Jahre“ im Sinne einer Gruppe von der übrigen Bevölkerung abgrenzbar, noch wird das Aufkommen gruppennützig verwendet. Ferner wäre auch nicht zuverlässig sicherzustellen, dass das Aufkommen nur für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwendet werden kann, wenn es der Finanzierung des öffentlichen Kommunikationsprozesses dient. Hierzu gehören auch die Presse und der private Rundfunk. 7.1.3. Steuer Außerdem wurde erwogen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Steuermitteln zu finanzieren. Abgesehen davon, dass diese Art der Finanzierung größere Angriffsflächen unter dem europäischen Aspekt der Beihilfe bietet, ergeben sich auch hier erhebliche rechtliche Probleme. Erfolgt die Finanzierung direkt aus dem Staatshaushalt, besteht die Gefahr, dass die Staatsfreiheit des Rundfunks in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Haushaltskürzungen bei der Deutschen Welle sind hierfür ein anschauliches Beispiel.39 Wird hingegen eine eigene Steuer für den Rundfunk vorgesehen, etwa die Erhöhung der Mehrwertsteuer um ein Prozent, so würde dies nach Art. 104a ff. GG zu einem Mitspracherecht des Bundes in einer zentralen Materie des bisher allein den Ländern zustehenden Rundfunksrechts führen. Dies ist aus Ländersicht kein erstrebenswertes Ergebnis. 38 BVerfGE 55, 274 (Berufsbildungsabgabe); 91, 186 (Kohlepfennig); 92, 91 (Feuerwehrabgabe). 39 R. Hartenstein, Die Finanzierungsgarantie des Bundes für die Deutsche Welle, 1999. - 13 - 7.1.4. Geräteabgabe Schließlich wurde auch erwogen, die Rundfunkgebühr bereits beim Verkauf eines Gerätes zu erheben – vergleichbar der Geräteabgabe im Urheberrecht. Hierdurch wäre aber die Frage, welche Art von Geräten von dieser Abgabe betroffen sein sollte, nicht gelöst gewesen. Ferner wäre die Abgabe in ihrer Höhe prohibitiv gewesen, weil die durchschnittliche Lebensdauer von Rundfunkgeräten rund zehn Jahre beträgt und die hierfür anfallenden Gebühren gleich beim Kauf des Gerätes zu entrichten wären. 8. Modifizierte Rundfunkgebühr Nach den hier aufgezeigten Möglichkeiten ist im Kern darauf zu schließen, dass sich eine Neuordnung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an den Grundzügen des bisherigen Gebührenmodells orientieren muss. Denn ohne Anknüpfungspunkt kann den Bürgern keine öffentlich-rechtliche Abgabe auferlegt werden. Hierfür kommt – wie bisher – letztlich nur der Besitz eines Gerätes in Frage. Das Abstellen auf die konkrete Nutzung scheidet dagegen aus, weil dies zu einer Abhängigkeit von Einschaltquoten führen würde, die dem Wesen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks widerspricht . Auf dieser Linie wird daher die Neuregelung der Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks weiterverfolgt.40 40 vgl. Ergebnisprotokoll der Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten der Länder vom 24. – 26. 10. 2001, Fragen 27 – 29. - 14 - 9. Literaturverzeichnis Badura, Peter, Rundfunkfreiheit und Finanzautonomie. Beiträge zum Rundfunkrecht Heft 35, 1986, Alfred Metzner Verlag, Frankfurt a. M./Berlin Grupp, Alfred, Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, 1983, Alfred Metzner Verlag, Frankfurt a. M./Berlin Hartenstein, Reinhard, Die Finanzierungsgarantie des Bundes für die Deutsche Welle, 1999, Köln Hesse, Albrecht, Rundfunkrecht, 3. Auflage, 2003, Verlag Franz Vahlen, München Hesse, Konrad, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Auflage, 1995, Verlag C. F. Müller, Heidelberg Schneider, Hans-Peter/Radeck, Bernd, Verfassungsprobleme der Rundfunkfinanzierung aus Werbeeinnahmen. Zur Vielfalt der Finanzierungsreform des öffentlichrechtlichen Rundfunks, 1989, Alfred Metzner Verlag, Frankfurt a. M./Berlin Schreckenberger, Waldemar, Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in K. Stern, Programmauftrag und Wirtschaftlichkeit der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, 1984, Band 37 der Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität zu Köln