© 2019 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 – 025/19 Regional- und Minderheitensprachen und ihre Förderung in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 2 Regional- und Minderheitensprachen und ihre Förderung in Deutschland Aktenzeichen: WD 10 - 3000 – 025/19 Abschluss der Arbeit: 12. März 2019 Fachbereich: WD 10: Kultur-Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung 4 1. Anerkannte Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland 5 2. Prinzipien des Erlernens von Minderheitensprachen im deutschen Bildungssystem 6 2.1. Nationale / regionale Grundsätze zur Förderung regionaler- Minderheitensprachen 7 2.2. Angebote für einzelne Sprachgruppen von Regional-und Minderheitssprachen in Deutschland im Bildungsbereich 8 3. Prinzipien des Erwerbs von Minderheitensprachen im Rahmen der Hochschulbildung 15 3.1. Dänisch 16 3.2. Sorbisch 16 3.3. Friesisch 16 3.4. Niederdeutsch 17 3.5. Romanes 17 4. Weitere Rahmenbedingungen 18 4.1. Finanzierung von Hochschullehrern 18 4.2. Kosten des Studiums 18 4.3. Mindestzahl der Studenten in Seminaren philologischer Fakultäten 18 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 4 Vorbemerkung In Deutschland ist der Schutz nationaler Minderheiten sowie ihrer Sprachen durch Vorschriften des deutschen Rechts und internationaler Abkommen gewährleistet. So verbietet schon die Verfassung jede Form der Diskriminierung und damit auch jede Form der Diskriminierung aufgrund der Herkunft oder der Sprache (Artikel 3 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz). Hieran sind sowohl die Gesetzgebung als auch die Verwaltung auf allen Ebenen gebunden. Es gibt darüber hinaus aber weitere Regelungen und Vereinbarungen zum Schutz von Minderheiten in Deutschland. Das Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten1 verbietet jede Diskriminierung einer Person wegen deren Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit. In Deutschland ist das Rahmenübereinkommen am 1. Februar 1998 in Kraft getreten und hat Geltung im Rang eines Bundesgesetzes. Unterzeichnerstaaten müssen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten den Europarat umfassend über die Umsetzung des Abkommens informieren. Danach müssen sie alle fünf Jahre einen Bericht erstatten. Der fünfte Bericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 25 Abs. 2 des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten (Rahmenübereinkommen)2 wurde durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat in Zusammenarbeit mit anderen Bundesressorts sowie den zuständigen Behörden der Länder und unter Beteiligung der Dachverbände der nach dem Rahmenübereinkommen in Deutschland geschützten nationalen Minderheiten erstellt. In diesem heißt es, dass im Berichtszeitraum zwischen mehreren Ländern und den Landesverbänden Deutscher Sinti und Roma Staatsverträge, Rahmenvereinbarungen und gemeinsame Erklärungen abgeschlossen worden sind, auf die dieser Bericht im Detail länderbezogen eingeht. Zu den in Deutschland anerkannten nationalen Minderheiten zählen die dänische Minderheit (in Schleswig-Holstein), die friesische Volksgruppe (in Schleswig-Holstein und Niedersachsen), die Sorben (in Brandenburg und Sachsen), sowie die deutschen Sinti und Roma3. 1 Council of Europe, Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, Straßburg/Strasbourg, 1.II.1995, im Internet abrufbar unter: https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions /rms/090000168007cdc3. 2 Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Fünfter Bericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 25 Absatz 2 des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten 2019, im Internet abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/heimat -integration/minderheiten/5-fuenfter-staatenbericht-rahmenuebereinkommen.pdf?__blob=publication- File&v=2. 3 Der Bericht weist darauf hin, dass sich die deutschen Sinti und Roma teilweise in zwei Ethnien verstehen. Auf europäischer Ebene werde u.a. durch den Europarat „Roma“ als Überbegriff für Sinti und Roma und ggfs. weiter Gruppen verwendet. Diese Systematik wird aber vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bewusst nicht übernommen, sodass in einigen Empfehlungen des Beratenden Ausschusses und des Ministerkomitees der Begriff „Roma“ ins Deutsche mit „Sinti und Roma“ übersetzt wurde. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 5 Mit der Europäischen Charta der Regional-und Minderheitensprachen4 sollen die mit den traditionell in einem Vertragsstaat gesprochenen Sprachen als bedrohtem Aspekt des europäischen Kulturerbes geschützt und gefördert werden. Die am 5. November 1992 vom Europarat gezeichnete Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen wurde durch die Bundesregierung 1998 ratifiziert und trat am 1. Januar 1999 in Kraft. 1. Anerkannte Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland In Deutschland werden sechs Minderheitensprachen5 nach der Charta geschützt: • Dänisch bei den Dänen in Schleswig-Holstein nach Teil II (Artikel 7) und Teil III (Artikel 8-14) der Charta, • Niedersorbisch6 bei Sorben in Brandenburg, nach Teil II (Artikel 7) und Teil III (Artikel 8-14) der Charta, • Obersorbisch, bei Sorben in Sachsen, nach Teil II (Artikel 7) und Teil III (Artikel 8-14) der Charta, • Nordfriesisch bei Friesen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen nach Teil II (Artikel 7) und Teil III (Artikel 8-14) der Charta, • Saterfriesisch, die Sprache der Saterfriesen, eine Variante der ostfriesischen Sprache, nach Teil II (Artikel 7) und Teil III (Artikel 8-14) der Charta, 4 https://www.coe.int/de/web/european-charter-regional-or-minority-languages/wortlaut-der-charta, sowie: Council of Europe, Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen, Straßburg/Strasbourg, 5.XI. 1992, im Internet abrufbar unter: https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/148. 5 Der Unterschied zwischen Regional- und Minderheitensprachen besteht darin, dass Regionalsprachen geographisch definiert sind, Minderheitensprachen dagegen Sprachen bezeichnen, die von einer Minderheit in der Bevölkerung gesprochen werden. Vgl. hierzu: Wikipedia, Minderheitensprache, https://de.wikipedia .org/wiki/Minderheitensprache; Regional- und Minderheitensprachen in Europa, https://de.wikipedia .org/wiki/Regional-_und_Minderheitensprachen_in_Europa; Radatz, Hans-Ingo, Regional-und Minderheitensprache , in: Herling e.al. (Hg.): Weltsprache Spanisch, Auszug im Internet abrufbar unter: https://www.uni-bamberg .de/fileadmin/ba4rm97/Publikationen/Radatz__forthcoming__Regionalsprachen.pdf. 6 Die sorbische Sprache gehört zur Familie der slawischen Sprachen und ist besonders mit dem Polnischen, Tschechischen und Slowakischen verwandt. Es gibt zwei sorbische Sprachen: Niedersorbisch und Obersorbisch . Vor allem das Niedersorbische ist vom Aussterben bedroht. Niedersorbisch wird heute im Südosten des Landes Brandenburg, Obersorbisch im Nordosten des Freistaates Sachsen gesprochen, vgl.: https://www.aussiedlerbeauftragter .de/AUSB/DE/Themen/nationale-minderheiten/sorbisches-volk/sorben_node.html;jsessionid =536EE63C6BC3D8D11F87B5045301AB9E.2_cid287. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 6 • Romanes, die Sprache der (Sinti) und Roma, nach Teil II (Artikel 7) oder Teil II (Artikel 7) und Teil III (Artikel 8-14) der Charta. Die Regionalsprache ‚Niederdeutsch‘ (Teil II (Artikel 7) und Teil III (Artikel 8-14) der Charta) wird ebenfalls als eigenständige Sprache geschützt. Sie wird in acht der sechzehn deutschen Bundesländer gesprochen: in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, sowie in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. 2. Prinzipien des Erlernens von Minderheitensprachen im deutschen Bildungssystem Als Vertragsstaat der Charta ist gemäß dem Völkerrecht die Bundesrepublik Deutschland für die Umsetzung aller eingegangenen Verpflichtungen verantwortlich. In der innerstaatlichen Kompetenzverteilung obliegen der Schutz und die Förderung von Regional- oder Minderheitensprachen (Zuständigkeit für den Bereich Kultur) hauptsächlich den Bundesländern und Kommunen. Die vorhandenen Reglungen variieren somit stark von Bundesland zu Bundesland. Die Verpflichtung aus Artikel 14 Absatz 2 des Rahmenübereinkommens, sicherzustellen, dass Angehörige nationaler Minderheiten angemessene Möglichkeiten haben, die Minderheitensprache zu erlernen, ist - wie Artikel 10 Abs. 2 des Rahmenübereinkommen auf Gebiete beschränkt, die von Angehörigen nationaler Minderheiten traditionell oder in beträchtlicher Zahl bewohnt werden. Die Verpflichtung, sich um diese Möglichkeiten zu bemühen, gilt nur im Rahmen des Bildungssystems und ist auf das der jeweiligen Vertragspartei Mögliche beschränkt. Sie ist außerdem an eine ausreichende Nachfrage seitens der Angehörigen einer nationalen Minderheit geknüpft . Die alternativ hierzu vorgesehene Verpflichtung, angemessene Möglichkeiten zur Unterrichtung in der Minderheitensprache sicherzustellen, ist an die gleichen Voraussetzungen gebunden . Für jede der in Deutschland anerkannten Minderheitensprachen wurden getrennt unterschiedlich weitreichende Maßnahmen benannt, über deren Umsetzung die Bundesregierung in Berichten an den Generalsekretär des Europarats informiert. In den Berichten können auch Vertreter der Sprachgemeinschaften Stellungnahmen anfügen. Unter Federführung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) werden die Berichte der Bundesländer zum sogenannten Staatenbericht zusammengefasst, dessen Anhang auch die Kommentierungen der Sprachgruppen ausweist. Der Staatenbericht umfasst die Anmerkungen zu den Verpflichtungen aus der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen für alle Regional- und Minderheitensprachen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 7 Zuletzt wurde der Sechste Staatenbericht im November 2017 veröffentlicht. Vertreterinnen und Vertreter des BMI, aller acht Länder sowie der Sprechergruppen haben ihre Texte und Stellungnahmen eingebracht. Das BMI hat den finalen Staatenbericht Anfang 2018 dem Europarat vorgelegt 7. Im Folgenden werden aufgrund der angesprochenen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern vor allem exemplarisch Regelungen bzw. Bestrebungen zum Erhalt und der Förderung von Regional- und Minderheitensprachen der einzelnen Bundesländer und deren Kommunen dargestellt. Wie bereits erwähnt liegt auf Bundesebene die Zuständigkeit für Sprecher von Regional-und Minderheitensprachen beim Bundesminister des Innern. Dieser informiert beispielsweise über diese Bevölkerungsgruppen in von ihm herausgegebenen Informationsmaterialien.8 2.1. Nationale / regionale Grundsätze zur Förderung regionaler Minderheitensprachen Fünf Bundesländer - Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig -Holstein- stellten das Niederdeutsche unter den Schutz von Teil III der Sprachencharta. Aus einem breiten Spektrum von Aspekten und Maßnahmen formten sie jeweils einen Aktionsplan aus mindestens 35 Punkten, zu deren Einhaltung sie sich verpflichteten. Mit Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt übernahmen drei weitere Länder die allgemeinen Erklärungen zum Schutz des Niederdeutschen, die in Teil II der Sprachencharta festgeschrieben sind. Auch hierbei handelt es sich um verbindliche Positionen, die zu aktivem Handeln verpflichten. Die Bewahrung der niederdeutschen Sprache, Literatur und Kultur wird insbesondere durch das Institut für niederdeutsche Sprache in Bremen unterstützt, dessen Arbeit finanziell durch einige Länder und den Bund gefördert wird. Das Institut für niederdeutsche Sprache e.V. (INS) ist die einzige überregional tätige Einrichtung zur Förderung des Niederdeutschen. Das INS kooperiert mit Schulen, Kindergärten, Autoren, Pastoren, Musikern, Medien- und Theaterleuten sowie mit Vereinen und Verbänden. Das INS mit Sitz in Bremen wird von einem 1973 gegründeten Verein getragen.9 7 Vgl.: Sechster Bericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, im Internet abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads /DE/veroeffentlichungen/themen/heimat-integration/minderheiten/6-sechster-staatenbericht-sprachcharta .pdf?__blob=publicationFile&v=3. 8 Vgl.: Bundesministerium des Innern, Nationale Minderheiten- und Regionalsprachen in Deutschland, im Internet abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/heimat-integration /nationale-minderheiten/minderheiten-und-regionalsprachen-dritte-auflage.pdf?__blob=publication- File&v=3. 9 Die Webseite des Instituts für niederdeutsche Sprache ist im Internet abrufbar unter: http://www.ins-bremen .de/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 8 Das Recht, die sorbische Sprache zu erlernen und in festzulegenden Fächern und Jahrgangsstufen in der sorbischen Sprache unterrichtet zu werden, wird für Schüler im sorbischen Siedlungsgebiet sowohl durch das Sächsische Schulgesetz (§2 SächsSchulG)10 als auch das Brandenburgische Schulgesetz (§5 BbgSchulG)11 garantiert. 1991 wurde durch Lehrer, Erzieher und Eltern der Sorbische Schulverein ins Leben gerufen, der als Fachverein sorbische Interessen im Bildungswesen vertritt und als Ansprechpartner dient. 2.2. Angebote für einzelne Sprachgruppen von Regional- und Minderheitssprachen in Deutschland im Bildungsbereich Bund, Länder sowie zahlreiche Kommunen unterstützen die Angehörigen der nationalen Minderheiten sowie die Niederdeutsch-Sprecher durch viele Maßnahmen bei der Bewahrung ihrer kulturellen Identität, z.B.: Ausbau von dänischen Kulturzentren in Flensburg und Büdelsdorf /Rendsburg, Förderung des Friesenradios (Friisk Funk) auf Föhr, Unterstützung des sorbischen National-Ensembles in Bautzen oder die Förderung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Die optimale Phase für den Erwerb und die Entwicklung der Sprache liegt in der frühen Kindheit und in der Zeit der Alphabetisierung. Die meisten Bundesländer bemühen sich deshalb, die Schutzbestimmungen der Charta auf allen Stufen - Kindergarten, Grundschule, Ober- und Gymnasialstufe , Universität - lückenlos zu erfüllen. Als flankierende Maßnahme wird dafür gesorgt, dass geeignetes Unterrichtsmaterial zur Verfügung steht und eine angemessene Lehrerausbildung gewährleistet ist. Sprache Maßnahmen Dänisch Der dänische Schulverein (Dansk Skoleforening for Sydslesvig)12 unterhält ein gut ausgebautes Privatschulsystem für die dänischen Minderheit mit Grund- und Gemeinschaftsschulen, einer Nachschule (Internat) und zwei Gymnasien. Auch die Erwachsenenbildung gehört zum Bereich des dänischen Schulvereins. Bei den Schulen handelt es sich nicht um Sprachschulen, sondern um gezielt auf die Minderheit ausgerichtete Bildungseinrichtungen Sorbisch Ab 2001 wurde die strikte Einteilung in Muttersprachler und Nichtmuttersprachler (A- und B- Klassen) an sorbischen Schulen aufgehoben und zunehmend durch ein Konzept zweisprachigen 10 Sächsisches Schulgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. September 2018 (SächsGVBl. S.648), das durch Artikel 14 des Gesetzes vom 14. Dezember 2018 (SächsGVBl. S. 782) geändert worden ist. 11 Gesetz über die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Schulgesetz – BbgSchulG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. August 2002 (GVBl. I/02. (Nr.08), S.78) zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (GVBl. I/18, (Nr. 35), S. 15). 12 Dänischer Schulverein, im Internet abrufbar unter: http://www.skoleforeningen.org/deutsch. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 9 sorbisch-deutschen Unterrichtes ersetzt. Das Ziel des Konzeptes „2plus“ ist es, durch bilingualen Sach-Fachunterricht in einzelnen Fächern und intensiven Sorbisch-Unterricht ein möglichst muttersprachliches Niveau sowohl in Deutsch als auch in Sorbisch zu erreichen. Das sorbische Schulnetz ist in Sachsen besser ausgebaut als in Brandenburg. Insgesamt gibt es in der Lausitz heute etwa 25 Grundschulen, in denen Sorbisch obligatorisches Unterrichtsfach ist. In Sachsen gibt es derzeit vier Oberschulen mit Sorbisch als Lehrvermittlungssprache in Bautzen , Räckelwitz, Ralbitz und in Radibor, sowie eine Oberschule mit zweisprachigem Unterricht in Schleife. Darüber hinaus wird in drei weiteren sächsischen Oberschulen Sorbisch als Fremdsprache vermittelt. (Stand 2009)13 Im sorbischen Siedlungsgebiet in Sachsen und Brandenburg gibt es mehrere Kindertagesstätten und Schulen von der Grundschule bis zum Gymnasium, in denen die ober- bzw. niedersorbische Sprache entweder in Form von zweisprachigem Unterricht oder als Fremdsprache unterrichtet wird. Wie das Nachrichtenportal moz.de unter Bezug auf die Nachrichtenagentur dpa im Februar 2018 bekanntgab14, lag das Interesse am Sorbisch-Schulunterricht in Brandenburg auf stabilem Niveau. Rund 1160 Schüler an 20 Schulen würden Sorbisch lernen, wie das Staatliche Schulamt Cottbus in einer Sitzung des Rates für Angelegenheiten der Sorben/Wenden mitgeteilt habe. Im Schuljahr 2016/17 seien es 1114 gewesen. Seit Jahren sei die Schülerzahl stabil. Die Daten beziehen sich auf die Primarstufe, also die Klassen 1 bis 6. Daten für die höheren Klassenstufen lägen nicht vor. Die Schulen mit Sorbisch-Unterricht liegen im Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden in Südbrandenburg . Die Zahl der Sorben und Wenden, die in der Niederlausitz leben, wird auf 20 000 geschätzt . In der sächsischen Oberlausitz sind es der Schätzung zufolge doppelt so viele. In den Regionen in Brandenburg und Sachsen, die zum Siedlungsgebiet zähen, gilt die Zweisprachigkeit . Ortsschilder sind zum Beispiel auf Deutsch und Sorbisch, genauso wie Straßenschilder . Es gibt zweisprachige Kitas und Schulen. Das Volk der Sorben und Wenden mit slawischen Wurzeln siedelt seit ungefähr 1500 Jahren in der Lausitz und heute nur noch dort. In insgesamt zehn Kindertagesstätten des Landes Brandenburg werden Kinder in sorbischer Sprache betreut. Diese befinden sich in verschiedenen Trägerschaften, es engagieren sich kommunale Träger ebenso wie Träger der freien Jugendhilfe. Die finanzielle Ausstattung der Einrichtungen liegt in der Eigenverantwortung der Träger. 13 Wikipedia, Sorbisches Schulwesen, im Internet abrufbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Sorbisches_Schulwesen . 14 Vgl.: https://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1641817/ Dpa, Meldung vom 28.02.2018. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 10 Im Schulamtsbereich Cottbus bieten 20 staatliche Schulen sowie eine kirchliche Unterricht in sorbischer Sprache in allen Jahrgangsstufen der Primarstufe an. Außerdem sind Projekte zur sorbischen Sprache an einzelnen Schulen zu verzeichnen. Im Schuljahr 2011/12 konnten im Bereich Cottbus insgesamt 906 Schülerinnen und Schüler die sorbischen Unterrichtsangebote im Primarbereich und 239 Schülerinnen und Schüler die Angebote des WITAJ Sprachenzentrums15 nutzen. Im Schulamtsbereich Wünsdorf wird an zwei Grundschulen Sorbisch unterrichtet, davon an einer Grundschule zusätzlich das WITAJ-Projekt. Die Schulen bieten den Unterricht in sorbischer Sprache in allen Jahrgangsstufen der Primarstufe an. In Cottbus gibt es das einzige Niedersorbische Gymnasium. Straßen- und Ortsschilder in dieser Region sind zweisprachig, und verschiedene Vereine und Organisationen setzen sich für den Erhalt und die Pflege der Niedersorbischen Kultur und Sprache ein. Bei dem Sorbisch Unterricht an Schulen handelt es sich im Allgemeinen um ein fakultatives Unterrichtsangebot, mit Ausnahme des Unterrichts am Niedersorbischen Gymnasium, an dem für alle Schülerinnen und Schüler die Verpflichtung besteht, am Sorbisch-Unterricht als zweiter Fremdsprache teilzunehmen. Niedersorbisch Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg hat einen „Landesplan zur Stärkung der niedersorbischen Sprache“16 herausgegeben. Zu den Arbeitsbereichen , die der Stärkung des Niedersorbischen dienen sollen gehören: - die Entwicklung sprachpolitischer Konzepte, - das Informieren über Sprache und Sprachenrechte, - die Ermutigung zum Sprachgebrauch, - eine Ausweitung des öffentlichen Sprachgebrauchs, und - Sprachenlernen und Wissenschaft. Im Bereich von Sprachenlernen und Wissenschaft sind beispielsweise folgende Maßnahmen geplant : - Das Projekt „öffentliche Vermittlung der sorbisch/wendischen Sprache an Kindertagesstätten , - die Fortführung einer Arbeitsgruppe für sorbisch/wendische Bildung, - die Evaluierung sorbisch/wendischer Bildungsangebote an Grundschulen, - die Verstärkung der Fachdidaktik Niedersorbisch am Institut für Sorbistik der Universität Leipzig, - die Unterstützung von Projekten zur Digitalisierung der niedersorbischen Sprache. 15 Zum WITAJ-Sprachenzentrum, vgl.: https://www.cottbus.de/wissenswert/sorbische_institutionen/witaj-sprachzentrum _-_abteilung_cottbus.html. 16 Landesplan zur Stärkung der niedersorbischen Sprache, im Internet abrufbar unter: https://mwfk.brandenburg .de/media_fast/4055/Landesplan_Niedersorbisch_final.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 11 Niederdeutsch Im Land Brandenburg wird Niederdeutsch in einigen Grundschulen im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften angeboten. Hierbei handelt es sich um ein freiwilliges schulisches Angebot für die Schüler, bei dem erbrachte Leistungen nicht auf der Grundlage der für den Unterricht geltenden Bestimmungen bewertet werden. Für die Durchführung können Lehrkräfte aber auch nichtschulisches Personal eingesetzt werden. In der Freien Hansestadt Bremen gibt es einen Kooperationsvertrag zwischen dem Institut für niederdeutsche Sprache und der Universität Bremen. Die Pflege und Förderung der niederdeutschen Sprache, Literatur und Kultur ist unter anderem Aufgabe des Instituts für niederdeutsche Sprache (INS). Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind die Dokumentation, die Information, der Aufbau und die Pflege eines Netzwerks sowie Erhalt und Weitergabe des Niederdeutschen17. Der Erlass „Die Region und ihre Sprachen im Unterricht“ (RdErl. d. MK v. 7.7.2011)18 sieht vor, dass Grundschulen in ausgewählten Fächern der Pflichtstundentafel mit Ausnahme der Fächer Deutsch, Mathematik und der Fremdsprachen Unterricht in der Regional- oder der Minderheitensprache (bilingual, d. h. als Immersionsunterricht) erteilen.19 Schulen des Sekundarbereichs I können zusätzlich im Wahlpflichtunterricht bzw. in Wahlpflichtfächern (mit Ausnahme der Fremdsprachen) niederdeutsche oder saterfriesische Angebote machen. Die Schulen sind aufgefordert, über den Fachunterricht hinaus Angebote zum aktiven Sprachgebrauch bzw. zum Spracherwerb im wahlfreien Unterricht (Arbeitsgemeinschaften), in Projekten und im Ganztagsschulbetrieb zu unterbreiten. Schulen, die sich nachhaltig um den Erwerb der Regional- bzw. Minderheitensprache verdient machen und sie als Teil des Schulprofils sehen, kann der Titel „Plattdeutsche Schule“ bzw. „Saterfriesische Schule“ durch das Niedersächsische Kultusministerium verliehen werden. Die niedersächsische Landesschulbehörde erstellt im Rahmen der Umsetzung des Erlasses regelmäßige Berichte. Das Institut für niederdeutsche Sprache weist darauf hin, dass an mehreren Universitäten in Norddeutschland niederdeutsche Philologie in unterschiedlichen Zusammenhängen studiert werden kann. Lehrstühle für Niederdeutsch oder mit niederdeutschen Anteilen gäbe es derzeit in Hamburg, Kiel, Münster, Oldenburg und Rostock. In Studiengänge eingebunden und somit 17 Vgl.: Institut für niederdeutsche Sprache, Jahresbericht 2016, im Internet abrufbar unter: http://www.ins-bremen .de/fileadmin/ins-bremen/user_upload/jahresberichte/Jabe2016.pdf. 18 Runderlass des Kultusministeriums vom 7.7.2011. 19 Siehe auch: Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ Hildesheim), Weiterbildungsmaßnahme Niederdeutsch und Saterfriesisch an Schulen des Primarbereichs und des Sekundarbereichs I in Zusammenarbeit mit der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, im Internet abrufbar unter: http://www.nibis.de/uploads/redheineke/files/Konzeption_WBM_Niederdeutsch_Saterfriesisch_11082016.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 12 im regelmäßigen Angebot finden sich Niederdeutsch in Bremen, Flensburg, Greifswald, Magdeburg und Paderborn.20 Schwerpunkte der niederdeutschen Philologie bilden traditionell die Mediävistik und die Dialektologie . In den meisten Fällen ist das Studium des Niederdeutschen an die Germanistik angebunden . Bisher gibt es nur vereinzelte Ansätze für eine verbindliche Berücksichtigung regionalsprachbezogener Kenntnisse oder Fertigkeiten in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Die Entwicklung von didaktischen und methodischen Ansätzen für den Niederdeutsch-Unterricht zählt sicherlich zu den Herausforderungen künftiger Forschung und Lehre. An der Carl-von Ossietzky-Universität Oldenburg kann innerhalb des Germanistikstudiums Niederdeutsch und Saterfriesisch als Schwerpunkt belegt werden. Dieses Angebot beinhaltet auch Möglichkeiten der Dissertation.21 Außerdem wurde ein Zertifikat Niederdeutsch eingeführt, das den erfolgreichen Besuch fachspezifischer Lehrveranstaltungen, Übungen zur Sprachpraxis und eine auf das Niederdeutsche bezogene Abschlussarbeit erfordert. Im Bereich der universitären Bildung und Ausbildung ist für das Land Nordrhein-Westfalen zu vermerken, dass an der Universität Münster22 die „Professur Niederdeutsch“ aufgewertet wurde. Auch in Münster sind Promotions- und Habilitationsverfahren im Fach Niederdeutsch möglich. Verschiedene universitäre Projekte erforschen Aspekte der niederdeutschen Sprache. Weitere universitäre Forschungsbereiche gibt es an den Universitäten Bielefeld23 oder Paderborn . So hat an den Universitäten Paderborn, Bonn, Münster, und Siegen im Jahr 2016 das Projekt „Dialektatlas Mittleres Westdeutschland“ (DMW)24 begonnen. Es ist ein Projekt, das von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste gefördert wird und das das Ziel hat, die Dialekte im gesamten Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie in den angrenzenden Bundesländern Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz zu erfassen, zu dokumentieren und zu untersuchen. Im Rahmen dieses Projektes soll das Niederdeutsche (Plattdeutsche), dort, wo es gesprochen wird, erfasst werden. 20 Institut für niederdeutsche Sprache, Platt an Hochschulen, im Internet abrufbar unter: http://www.ins-bremen .de/de/sprache/bildung/platt-an-hochschulen.html. 21 Vgl.: https://uol.de/germanistik/niederdeutsch/. 22 Centrum für Niederdeutsch an der Westfälischen Universität Münster, Vgl.: https://www.uni-muenster.de/Germanistik /cfn/. 23 Die Universität Bielefeld beteiligt sich beispielsweise an dem Projekt „Niederdeutsch in Westfalen – Historisches Digitales Textarchiv“, das vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, der LWL Kultur Stiftung, dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der Stiftung Westfalen-Initiative gefördert wird. 24 Vgl.: https://www.niederdeutsch-in-westfalen.de/de/projektinhalte/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 13 Im Land Sachsen-Anhalt ist im Masterstudiengang Germanistik: Kultur, Transfer und Intermedialität das Wahlpflichtmodul „Niederdeutsch zwischen Oralität und Schriftlichkeit“ realisiert worden. Die Arbeitsstelle Niederdeutsch Sachsen-Anhalt an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg bietet gemeinsam mit dem Landesheimatbund regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zum Niederdeutschen für Lehrkräfte und Erziehungspersonal an. Der Gebrauch des Niederdeutschen im Bereich der Bildung (Kindergarten, Schule, Aus-und Weiterbildung von Lehrkräften) und dessen Umsetzung ist auch Thema einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage25. In der Antwort der Landesregierung (zu Frage 4) heißt es unter anderem: „Im Bereich der frühkindlichen Bildung (Kindergärten) hat das Landesverwaltungsamt - Landesjugendamt - im Jahr 2016 eine Fortbildung mit dem Thema „Platt for Kinner - Frühkindlicher Spracherwerb: Niederdeutsch“ in der Landeshauptstadt Magdeburg für pädagogische Fachkräfte aus Kindertageseinrichtungen, Tagespflegepersonen und interessierte Eltern angeboten. Die Veranstaltung wurde allerdings nicht durchgeführt, da es keine Anmeldungen hierzu gab. 2017 organisierte das Landesverwaltungsamt, Landesjugendamt, keine Fortbildung zu dieser Thematik. (…) Im damaligen Kultusministerium (Abteilung Kultur) wurde eine Fibel für Niederdeutsch entwickelt , die einige Schulen nutzen. Der Einsatz kann im Deutschunterricht der Primarstufe bei der Entwicklung der Lese-, Ausdrucks- und Gestaltungsfähigkeit erfolgen, indem neben der Orientierung an der Standardsprache auch regionale sprachliche Besonderheiten berücksichtigt werden . So ist bei der Behandlung im Bereich „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen sowie richtig schreiben“ die Ausbildung von Teilkompetenzen (wie Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Sprachen und Sprachformen entdecken oder Dialekt - Standardsprache) im Lehrplan ausgewiesen. Des Weiteren ist die Thematisierung der Mundarten entsprechend der regionalen Bedeutung Bestandteil des Lehrplanes Deutsch der Sekundarstufe I (Teilkompetenz: Perioden der Sprachentwicklung des Deutschen - Existenzformen des Deutschen). Darüber hinaus gibt es regional (Altmark /Harz) den Vorlesewettbewerb „Schülerinnen und Schüler lesen PLATT“. An diesem Wettbewerb beteiligen sich ausgewählte Schulen. Der Aufruf dazu wird auf dem Bildungsserver des Landes Sachsen-Anhalt veröffentlicht. Schulen können außerunterrichtlich im Rahmen der verlässlichen Öffnungszeiten mit den Heimatverbänden, Heimatvereinen oder dem Landesheimatbund (u. a. in Zusammenarbeit mit dem Altmärkischen Heimatbund) kooperieren und Niederdeutsch als Sprache in Arbeitsgemeinschaften anbieten. (…)“. Im Land Schleswig-Holstein regelt der Erlass „Niederdeutsch in der Schule“26, dass Plattdeutsch durchgängiges Unterrichtsprinzip in allen Schulen in Schleswig-Holstein ist. Daneben wird die 25 Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Niederdüütsche Sprook in Sachsen-Anhalt wedeer opleven laten, Drucksache 7/1506 vom 12.06.2017, im Internet abrufbar unter: https://kleineanfragen.de/sachsen-anhalt/7/1506-niederdueuetsche -sprook-in-sachsen-anhalt-wedder-opleven-laten.txt. 26 Runderlass der Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur – X 5/X210 – vom 7. Januar 1992. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 14 Möglichkeit eingeräumt, Arbeitsgemeinschaften einzurichten. An einzelnen Schulen wird Niederdeutsch sowohl als Unterrichts- als auch als Forschungsgegenstand durch die Landesregierung gefördert. Gemäß eines Senatsbeschlusses der Hamburger „Behörde für Bildung und Sport“ soll der Deutschunterricht in Hamburg verbindlich einen Pflichtteil Niederdeutsch enthalten. Die Rahmenpläne sehen vor, dass in der Grundschule pro Schuljahr mindestens ein kurzer niederdeutscher Text, ein Lied und ein Gedicht behandelt werden. Das Niederdeutsche wird in der Sekundarstufe I in Grund-, Real- und Hauptschulen sowie dem Gymnasium der Integrierten Gesamtschule berücksichtigt. Auch im Deutschunterricht der gymnasialen Oberstufe findet es Anwendung . Der Schleswig-Holsteinische Landtag, das Ministerium für Bildung und Wissenschaft sowie der Schleswig-Holsteinische Heimatbund haben gemeinsam einen Preis zur Förderung des Niederdeutschen in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Hochschulen und Jugendgruppen ins Leben gerufen. Dieser nennt sich „Emmi för Plattdüütsch in Sleswig-Holsteen“. Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages verleiht diesen Preis einmal jährlich gemeinsam mit der Ministerin für Bildung und Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein und dem Schleswig- Holsteinischen Heimatbund. An der Universität Flensburg ist das Fachgebiet Niederdeutsch am Institut für Germanistik angesiedelt .27 Alle Studierenden des Teilfaches Deutsch müssen im ersten Semester wahlweise eine Einführung in das Niederdeutsche oder in das Friesische belegen. Im dritten Studienjahr haben die Studierenden des Faches Deutsch die Möglichkeit, einen "Studienschwerpunkt Niederdeutsch " zu wählen. Neben dem regulären Abschluss im Bachelor of Arts-Teilfach Deutsch erteilt die Universität nach erfolgreichem Abschluss der Module zusätzlich ein "Niederdeutsch Zertifikat". Am Germanistischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist die Niederdeutsche Abteilung (Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft, insbesondere für niederdeutsche Sprache und Literatur) fest verankert28. Studierende des Faches Deutsch haben in vielen Modulen des Bachelor- und des Masterstudiums die Möglichkeit, Kurse mit einem niederdeutschen Schwerpunkt zu wählen. Zudem haben sowohl Germanistikstudenten als auch Studierende anderer Fächer über die dritte Säule eines nicht lehramtsbezogenen Studiums ("Profilbereich Fachergänzung") die Möglichkeit, Module mit niederdeutscher Thematik zu wählen, um sich besonders in der niederdeutschen Philologie zu qualifizieren. Lehramtsstudierende aller Fächer können "Niederdeutsch als Ergänzungsfach" im Rahmen eines Lehramtsstudiums oder im Anschluss an ein Lehramtsstudium wählen. Im Bereich des Zwei-Fächer-Masterstudiengangs Deutsch mit der Abschlussoption Master of Arts besteht weiterhin die Möglichkeit, einen 27 Vgl.: https://www.uni-flensburg.de/germanistik/arbeitsbereiche/abteilung-fuer-niederdeutsche-sprache-undliteratur -und-ihre-didaktik/. 28 Vgl.: https://www.studium.uni-kiel.de/de/studienangebot/studienfaecher/niederdeutsch-ergaenzungsfach. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 15 Schwerpunkt "Deutsch: Niederdeutsch" zu wählen, der die Kenntnisse im Bereich der niederdeutschen Philologie vertieft. Saterfriesisch Im Land Niedersachsen gibt es innerhalt eines Projektes zur frühen Mehrsprachigkeit an einzelnen Schulen auch eine Grundschule des Saterlandes. Im Saterland lernen Grundschulkinder regulär Saterfriesisch. Außerdem gibt es an der Universität Oldenburg ein erstes Projekt zum Sprachkontakt zwischen dem Saterfriesischen, Niederdeutschen und Hochdeutschen im Saterland , das von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) bewilligt wurde. Die Universität Oldenburg tritt mit dem Schwerpunkt Niederdeutsch und Saterfriesisch als Kooperationspartner in verschiedenen weiteren Projekten auf, bei denen Aspekte der Sprachförderung, des Sprachenschutzes und der Kulturarbeit überwiegen.29 Für den Erhalt und die Förderung des Saterfriesischen initiierte der Seelter Buund (Heimatverein Saterland) zweisprachige Ortsschilder und saterfriesischen Unterricht in Kindergärten und Schulen. Inzwischen wird an allen öffentlichen Schulen des Saterlandes von hauptamtlichen Lehrkräften freiwilliger Unterricht (Arbeitsgemeinschaften, Wahlpflichtunterricht) in saterfriesischer Sprache angeboten. 3. Prinzipien des Erwerbs von Minderheitensprachen im Rahmen der Hochschulbildung Im Rahmen der Hochschulbildung stellen neben den unter Punkt 2.2 dieser Arbeit bereits erwähnten Maßnahmen, die „Minderheitensprachen“ Teilaspekte von philologischen Studiengängen dar. Ein Studium der Frisistik (Friesische Philologie) ist aber ebenso wenig wie ein Studium der Skandinavistik ein Angebot zum Erwerb einer dieser Sprachen. Vielmehr ist, beispielsweise an der Universität Kiel die aktive Beherrschung von mindestens einer Variante der friesischen Sprache für einen Abschluss notwendig. Dies sind die nordfriesischen Mundarten Mooring bzw. Bökingharder Friesisch (Festlandnordfriesisch) und das Fering-Öömrang bzw. Föhr-Amrumer Friesisch (Inselnordfriesisch). Zwei Sprachkurse vermitteln grundlegende Kompetenzen für den aktiven Gebrauch einer und den passiven Gebrauch einer zweiten nordfriesischen Mundart. Auch der Erwerb des Dänischen ist im Rahmen eines Hochschulstudiums ein notwendiger Teilbereich . Gegenstand des Hauptfaches Skandinavistik an der Univerisät Kiel sind die skandinavischen Sprachen und Literaturen von den Anfängen bis zur Gegenwart unter Einbeziehung des jeweiligen historischen und soziokulturellen Kontextes. Ein wichtiger Teil der Lehre ist die sprachpraktische Ausbildung in den nordgermanischen Sprachen Norwegisch, Schwedisch, Dänisch und Isländisch. 29 Siehe auch: Niedersächsisches Kultusministerium, Plattdeutsch und Saterfriesisch in der Schule, im Internet abrufbar unter: https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/schule/schuelerinnen_und_schueler_eltern/plattdeutsch _und_saterfriesisch_schule/plattdeutsch-und-saterfriesisch-in-der-schule-150271.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 16 3.1. Dänisch Das Studium "Dänisch" kann an folgenden Universitäten absolviert werden: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Dänisch (Zwei-Fächer-Bachelorstudiengang, Profil Lehramt an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen); Regelstudienzeit 6 Fachsemester, Philosophische Fakultät. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Dänisch (Zwei Fächer-Masterstudiengang, Profil Lehramt an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen); Regelstudienzeit 4 Fachsemester, Philosophische Fakultät. Universität Greifswald Dänisch (Lehramt an Gymnasien/Drittfach), Dänisch (Lehramt an Regionalschulen/Drittfach). Europa-Universität Flensburg, Institut für Sprache, Literatur und Medien, Dänisches Seminar Dänisch (Lehramt Bachelor of Arts) Dänisch (Lehramt, Master of Education). Universität Freiburg Das Studium "Dänisch" an der staatlichen Universität Freiburg hat eine Regelstudienzeit von 10 Semestern und endet mit dem Abschluss "Staatsexamen". Das Studium ist ein Vollzeitstudium. Der Studiengang wird als „Beifach “ für ein Lehramtsstudium für Gymnasien mit dem Abschluss Staatsexamen angeboten. 3.2. Sorbisch Im Rahmen von Hochschulbildung kann die Sorbanistik als wissenschaftliche Disziplin lediglich am Institut für Sorbanistik der Universität Leipzig studiert werden. Die Sorbanistik beschäftigt sich mit beiden sorbischen Sprachen, aber auch der sorbischen Literatur und Kultur. Die Universität bietet Master- und Lehramtsstudiengänge mit dieser Fachrichtung an. 3.3. Friesisch Die akademische Disziplin, die sich mit den friesischen Sprachen und Literaturen befasst, nennt sich „Frisistik“ (oder Friesische Philologie). Wie bei der Sorbanistik schließt das Fach auch die Landeskunde und Kultur der Frieslande ein. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 17 In Deutschland gibt es nur in Schleswig-Holstein Friesisch-Professuren. An der Christian-Albrechts -Universität zu Kiel besteht ein eigener Lehrstuhl für friesische Philologie. Hier kann Frisistik als Zwei-Fächer-Bachelorstudiengang, Profil Fachergänzung studiert werden.30 An der Europa -Universität Flensburg gibt eine Professur für Nordfriesisch, Minderheitenforschung und Minderheitenpädagogik, daneben wird der Lehrbetrieb durch zwei Honorarprofessoren sichergestellt .31 3.4. Niederdeutsch Das Institut für niederdeutsche Sprache informiert darüber, dass an mehreren Universitäten in Norddeutschland niederdeutsche Philologie in unterschiedlichen Zusammenhängen studiert werden kann. Lehrstühle für Niederdeutsch oder mit niederdeutschen Anteilen gibt es derzeit in Hamburg, Kiel, Münster, Oldenburg und Rostock. In Studiengänge eingebunden und somit im regelmäßigen Angebot findet sich Niederdeutsch in Bremen, Flensburg, Greifswald, Magdeburg, Paderborn.32 Schwerpunkte der niederdeutschen Philologie bilden traditionell die Mediävistik und die Dialektologie . In den meisten Fällen ist das Studium des Niederdeutschen an die Germanistik angebunden . Bisher gibt es aber nur vereinzelte Ansätze für eine verbindliche Berücksichtigung regionalsprachbezogener Kenntnisse oder Fertigkeiten in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern . 3.5. Romanes Wie das Goethe-Institut erläutert, gab und gibt es gerade in Deutschland große Vorbehalte von Sinti und Roma, ihre Sprache mit anderen zu teilen. Dies sei zurückzuführen auf die Zeit des Nationalsozialismus , in der „Rassenforscher“ Romanes gelernt hätten, um die Sinti und Roma besser befragen und aushorchen zu können. Das Misstrauen dieser Bevölkerungsgruppe gegenüber der Wissenschaft ist deshalb sehr groß. Romanes soll vor allem innerhalb der Minderheit gesprochen werden. „Romanes wird weder in der Schule unterrichtet, noch ist es Studienfach an den Hochschulen und nach dem Willen vieler Vertreter der Minderheit soll Romanes auch nicht durch das staatliche Bildungssystem gelehrt und gelernt werden. Andere Gruppen streben dagegen eher eine größere Öffentlichkeit, Verbreitung und damit den Erhalt an, nicht zuletzt im Internet. Mitte 2016 hat der Europarat beschlossen, in Berlin das „Europäische Roma-Institut für Kunst und Kultur“ 30 Vgl.: http://www.studium.uni-kiel.de/de/studienangebot/studienfaecher/frisistik-ba-fachergaenzung. 31 Vgl.: Friesisches Seminar Universität Flensburg, https://web.archive.org/web/20170305113837/http://www.uniflensburg .de/friesisch/wer-wir-sind/personen/. 32 Institut für niederdeutsche Sprache, „Platt an Hochschulen“, im Internet abrufbar unter: http://www.ins-bremen .de/sprache/bildung/platt-an-hochschulen.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 025/19 Seite 18 (ERIAC) zu gründen. Es soll mit Projekten in ganz Europa dazu beitragen, dass Vorurteile gegen Sinti und Roma abgebaut werden.“33 4. Weitere Rahmenbedingungen 4.1. Finanzierung von Hochschullehrern Die Höhe des Grundgehalts eines Professors wird von den Bundesländern festgelegt, sofern der Professor von einer Hochschule berufen worden ist oder vom Bund selbst, wenn er an einer Einrichtung des Bundes tätig ist Für beamtete Professoren gibt es eine eigene Besoldungsklasse (W- Besoldung). Das Professoren-Gehalt setzt sich zusammen aus dem Grundgehalt, der Familienzulage und zusätzlichen Leistungsbezügen. Dabei gibt es drei Besoldungsstufen: W1 betrifft Juniorprofessoren , die Stufen W2 und W3 hingegen gelten für alle anderen Professoren mit Beamtenstatus . 4.2. Kosten des Studiums An öffentlichen Hochschulen gibt es in Deutschland keine Studiengebühren. 4.3. Mindestzahl der Studenten in Seminaren philologischer Fakultäten Eine Mindestzahl von Studenten für Seminare auch in dem hier behandelten Bereich der Minderheiten - und Regionalsprachen gibt es nicht. Seminare können auch für vier Studenten im Arbeitszimmer des Professors stattfinden.34 **** 33 Goethe-Institut, Sprache der Sinti und Roma, im Internet abrufbar unter: https://www.goethe .de/ins/gb/de/kul/mag/20890063.html. 34 Vgl.: Diem, Viola, Mini-Studiengänge, Studium zu viert, Friesische Philologie, Büro statt Hörsaal, Zeit Online vom 27. Januar 2014, im Internet abrufbar unter: https://www.zeit.de/studium/hochschule/2014-01/kleine-studiengaenge -studium.