© 2020 Deutscher Bundestag WD 10 – 3000 – 018/20 „Newsroom" – Definition, Beispiele und Finanzierung sowie Betrieb von Medien durch Fraktionen im Deutschen Bundestag Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 2 „Newsroom“ – Definition, Beispiele und Finanzierung sowie Betrieb von Medien durch Fraktionen im Deutschen Bundestag Aktenzeichen: WD 10 – 3000 – 018/20 Abschluss der Arbeit: 19. Mai 2020 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 5 2. Definition „Newsroom“ 5 2.1. Entwicklung 5 2.1.1. Organisationsformen 6 2.1.2. Crossmedia 6 2.1.3. Verlust der Gatekeeper-Funktion der Journalisten 7 2.1.4. Newsrooms in der Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen, Unternehmen, Parteien etc. 8 2.2. Funktionsweise und Größe – Beispiele 9 2.2.1. Diözese Rottenburg-Stuttgart 9 2.2.2. Senatskanzlei Berlin 9 2.2.3. Deutsche Presse-Agentur GmbH (dpa) 10 2.2.4. RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) 10 2.3. Definition - zusammenfassend 11 3. Newsrooms bei obersten Bundesbehörden und Fraktionen im Deutschen Bundestag 11 3.1. Newsrooms bei ausgewählten obersten Bundesbehörden 12 3.1.1. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 12 3.1.2. Bundesministerium der Finanzen (BMF) 12 3.1.3. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) 12 3.1.4. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) 12 3.1.5. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) 12 3.2. Newsrooms bei Fraktionen im Deutschen Bundestag 13 3.2.1. Fraktion der CDU/CSU 13 3.2.2. Fraktion der SPD 13 3.2.3. Fraktion der AfD 13 3.2.4. Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 13 3.2.5. Fraktion der FDP 14 3.2.6. Fraktion DIE LINKE. 14 4. Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen im Deutschen Bundestag 14 4.1. Rechtliche Grundlagen 14 4.2. Organisationsform 14 4.3. Kanäle der Öffentlichkeitsarbeit 14 4.4. Inhalt 15 4.5. Finanzierung 15 4.6. Bundesrechnungshof 15 5. Betrieb von Medien durch die Fraktionen im Deutschen Bundestag 16 5.1. Rechtsstellung der Fraktionen im Deutschen Bundestag 16 5.2. Presse 16 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 4 5.2.1. Begriff der Presse 16 5.2.2. Grundsatz: Gebot der Staatsferne 18 5.2.3. Ausnahme: staatliche Öffentlichkeitsarbeit 18 5.2.4. Zwischenergebnis 20 5.3. Rundfunk 20 5.3.1. Definition 20 5.3.1.1. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff 20 5.3.1.2. Der Rundfunkbegriff des § 2 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) 21 5.3.2. Rundfunkqualität medialer Auftritte 22 5.3.3. Staatsferne des Rundfunks 22 5.3.4. Zwischenergebnis 23 5.4. Sonstige mediale Auftritte 23 5.5. Telemedien 23 6. Zusammenfassung 24 7. Anlagen 24 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 5 1. Vorbemerkung Der Sachstand umreißt zunächst den Begriff des „Newsrooms“ und skizziert die Entwicklung des Konzepts des „Newsrooms“ von einer Organisationsform und Infrastruktur von Medien zu einem Arbeitsmittel in der Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen, Unternehmen, Parteien und Fraktionen. Zur Verdeutlichung der Vielfalt hinsichtlich Größe, Organisation und technische sowie personelle Ausstattung werden zunächst einige praktische Beispiele vorgestellt. Daran schließt sich ein Überblick darüber an, ob und in welcher Form Newsrooms bei ausgewählten obersten Bundesbehörden und den Fraktionen im Deutschen Bundestag eingerichtet worden sind. Außerdem wird der rechtliche und tatsächliche Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen im Deutschen Bundestag unter besonderer Berücksichtigung einer möglichen Etablierung und Finanzierung eines Newsrooms skizziert. Schließlich werden noch die Möglichkeiten für den Betrieb von Medien – darunter auch Rundfunksender – durch die Fraktionen angesprochen. 2. Definition „Newsroom“ 2.1. Entwicklung Die ersten Newsrooms wurden Mitte der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts in Zeitungsredaktionen in den Vereinigten Staaten von Amerika eingerichtet. Zunächst wurde darunter ein Großraumbüro verstanden, in dem durch die Zusammenarbeit in einem Raum die Kommunikation der an der Produktion der Zeitung beteiligten Redakteure verbessert werden sollte. Dadurch, dass sämtliche Ressorts an einem Nachrichten-Tisch versammelt sind, sollte – wie bei Zeitschriften damals schon längst üblich – eine größere Effizienz und ein einheitlicher Auftritt der Zeitung erreicht werden.1 Nachdem sich diese Organisationsform in den Vereinigten Staaten von Amerika durchgesetzt hatte, wurde dieses Konzept auch in Deutschland aufgegriffen. 1 Kaiser, Markus: Newsroom und Newsdesk im Journalismus und in der Unternehmenskommunikation. In: Otto, Kim; Köhler, Andreas (Hrsg.): Crossmedialität im Journalismus und in der Unternehmenskommunikation. Berlin, Heidelberg, New York 2018, S. 121ff [122]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 6 2.1.1. Organisationsformen Der der Etablierung eines Newsrooms zugrunde liegende Gedanke ist die verbesserte Absprache und Koordination der in einer Redaktion beschäftigten Journalisten durch die Zusammenfassung der Arbeitsplätze in einem Großraumbüro.2 So werden architektonisch neue redaktionelle Konzepte des ressort- und medienübergreifenden Planens und Arbeitens in der Redaktion („Konvergenz der Redaktion“) unterstützt. In einem Newsroom kann – muss aber nicht – ein Newsdesk als Koordinations- und Produktionszentrale vorhanden sein. Dort läuft das der Redaktion zur Verfügung stehende Material ein. In Zeitungsredaktionen werden dort die Seiten verschiedener Ressorts gemeinsam koordiniert und produziert.3 2.1.2. Crossmedia Die zunehmende Einrichtung von Newsrooms erfolgte zeitgleich mit der immer größer werdenden Verbreitung des Internets als kostengünstiger Vertriebsweg für Inhalte und der durch dieses ermöglichten sozialen Medien sowie weiterer Kommunikationsmöglichkeiten, z.B. YouTube und Twitter. Gleichzeitig soll damit der zunehmend individualisierten Nutzung von Medien Rechnung getragen werden.4 Journalistischer Inhalt wird inzwischen sehr oft nicht mehr mono-medial (z.B. in einer Redaktion ausschließlich für die Print-Ausgabe einer Zeitung) produziert. Er wird in vielen Fällen auf verschiedenen Kanälen gleichzeitig produziert, rezipiert und gesendet. Das traditionelle mono-direktionale Verhältnis vom Journalisten zum Rezipienten ist durch soziale Medien und neue Kommunikationsformen wie z.B. Foren in den Onlineausgaben der Zeitungen durch eine wechselseitige Kommunikation abgelöst worden.5 Das Publikum ist nicht mehr passiv und ausschließlich konsumtiv, sondern wird zu einem Dialogpartner der Journalisten. Durch Meinungsäußerungen in den sozialen Medien kann es Themen setzen, die dann von Journalisten aufgegriffen werden. 2 Meier, Klaus: Unter Strom. Der Newsroom. Bundeszentrale für politische Bildung 2012. Abrufbar unter: https://www.bpb.de/gesellschaft/medien-und-sport/lokaljournalismus/151607/unter-strom-der-newsroom. Hinweis: Alle im Folgenden angegebene URLs entsprechen dem Stand des Fertigstellungsdatums der vorliegenden Arbeit. 3 Ebd. 4 Kramp, Leif; Loosen Wiebke: The Transformation of Journalism: From Changings Newsroom Cultures to a New Communicative Orientation? In: Hepp, Andreas; Breiter, Andreas; Hasebrink, Uwe (Hrsg.): Communicative Figurations. Transforming Communications in Times of Deep Mediatization. Berlin, Heidelberg, New York 2017, S. 205ff [205f]. 5 Ebd., S. 205ff [206]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 7 Ebenfalls neu ist, dass Medienunternehmen nicht mehr – wie in der analogen Zeit – vermuten müssen, welche Themen die Leser oder Zuschauer interessieren. Die Clicks auf den Websites werden in Echtzeit übermittelt und ausgewertet. Die traditionelle Überschrift entwickelt sich weiter zu einem „Clickbait“ (Klickköder). So können die Unternehmen ihren Werbekunden ein passgenaues Umfeld anbieten, sind aber auch einem erhöhten Druck dadurch ausgesetzt, dass die Reichweite einer geschalteten Werbung exakt bestimmt werden kann. Dies führte dazu, dass viele Medienhäuser Newsrooms nutzen, um ihre verschiedenen Medienkanäle dort zu koordinieren und zu bespielen. Dort werden die Medien „gekreuzt“. Drei verschiedene Ebenen von Crossmedia werden beschrieben:6 das „Kreuzen der Medien“ bei der Veröffentlichung eines Themas, das „Kreuzen der Medien“ auf einer einzigen Plattform und das „Kreuzen der Medien“ in der Organisation eines Medienunternehmens. Entsprechend änderte sich auch das Konzept des Newsrooms. Ressort-, programm- und medienübergreifendes Arbeiten wird zu einer Selbstverständlichkeit. Am Newsdesk werden crossmedial mehrere Plattformen abgestimmt und bedient.7 2.1.3. Verlust der Gatekeeper-Funktion der Journalisten In der Vergangenheit haben Journalisten für ihre Leser und Zuschauer darüber entschieden, welche Themen für sie wichtig sind und welche Themen – aus welchen Gründen auch immer – nicht berichtenswert sind. Dafür wurde der Begriff „Gatekeeper“ geprägt.8 In diesem Zusammenhang sei noch auf den Diskurs über Unterschiede zwischen der „veröffentlichten Meinung“ und der „öffentlichen Meinung“ hingewiesen. „Von politischer Öffentlichkeit ist zu sprechen, wenn Öffentlichkeit Transparenz herstellt, Diskursivität über Themen, Meinungen und Überzeugungen ermöglicht und Orientierung in der Meinungsvielfalt bietet. Öffentliche Meinung (ö.M.) als politischer Begriff ergibt sich nicht automatisch aus der Addition individueller Meinungen. Sie ist weder ein quasi– statistisches Aggregat demoskopisch erhobener Bevölkerungseinstellungen, noch ist sie gleichzusetzen mit der veröffentlichten Meinung. Ö.M. muss vielmehr begriffen werden als "ein kollektives Produkt von Kommunikationen, das sich zwischen den Sprechern als 'herrschende' Meinung darstellt" (…). Für die Legitimität demokratischer Herrschaft ist 6 Meier, Klaus; Giese, Vanessa; Schweigmann, Tobias: Das „Kreuzen“ der Medien. Das Konzept des crossmedialen Labors. In: Dernbach, B.; Loosen, W (Hrsg.): Didaktik der Journalistik. Wiesbaden 2012, S. 311f. 7 Meier, Klaus: Unter Strom. Der Newsroom, a.a.O. 8 Begriffsprägend dazu schon: White, David Manning (1950): The Gate Keeper: A Case Study in the Selection of News. In: Journalism Quarterly 27, S. 383–390. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 8 ö.M. eine zentrale Kategorie. Dennoch: Eine allgemein akzeptierte Definition von ö.M. gibt es nicht (…).“9 Durch die neuen Möglichkeiten der Kommunikation haben die Journalisten ihre Rolle als Gatekeeper zu einem großen Teil verloren. Sie entscheiden nicht mehr allein darüber, welche Nachrichten und Analysen wichtig genug sind, dass die Öffentlichkeit davon erfährt. In den sozialen Medien10 können von den Nutzern andere thematische Akzente gesetzt und andere Informationen verbreitet werden. 2.1.4. Newsrooms in der Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen, Unternehmen, Parteien etc. Mit dem Verlust der Bedeutung von Journalisten als Gatekeeper durch die Veränderungen in der Medienlandschaft entstand die Möglichkeit, Menschen direkt anzusprechen. 11 Folgerichtig weitete sich auch das Konzept des Newsrooms aus: Inzwischen haben nicht nur Unternehmen und einige Parteien12, sondern unter anderem auch einige oberste Bundesbehörden und einige Fraktionen im Deutschen Bundestag ihre Öffentlichkeitsarbeit in Newsrooms organisiert. Für dieses Organisationsmodell spricht aus der Sicht der Betreiber, dass Inhalte auf unterschiedliche Kanäle verteilt werden können. Außerdem könnten so Empörungs- und Protestwellen vor allem in den sozialen Medien frühzeitig erkannt werden. Schließlich könnten 9 Artikel „Öffentiche Meinung“. In: Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 7., aktual. Aufl. Heidelberg: Springer VS 2013. 10 Der Begriff wird hier im weitesten Sinn gebraucht. 11 Dankbar, Christine: Auf allen Kanälen. Im Roten Rathaus gibt es jetzt einen Newsroom. Er ist für die Öffentlichkeitsarbeit in den sozialen Medien gedacht, verändert aber auch die Politik. In: Berliner Zeitung vom 11. Mai 2019, S. 9. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil MdB: „Wir verlängern die Kommunikation aus den klassischen Medien ins Internet direkt zu den Leuten.“. Zitiert nach: Schmidt, Tobias: Manipulation statt Information? Statt Interviews und Pressekonferenzen zu geben, setzen Regierung und Koalitionsparteien immer stärker auf soziale Netzwerke – und entziehen sich der kritischen Beurteilung. Wird Öffentlichkeitsarbeit zur Propaganda? In: Neuer Osnabrücker Zeitung vom 7. Mai 2019, S. 3. 12 S. dazu: Kaymak, Mely: Parteien im Internet. Pling, pling, pling. Zeit Online vom 2. Oktober 2019. Abrufbar unter: https://www.zeit.de/kultur/2019-10/spd-newsroom-cdu-digital-bootcamp-rezo-deutschstunde. Der Berliner Betrieb rüstet medial auf. In: Stuttgarter Zeitung vom 17. August 2019, S. 2. Zentral und multimedial – so fließen Nachrichten heute. In: Mannheimer Morgen vom 28. April 2018, S. 3. Köpke Jörn; Geyer, Steven; Sternberg, Jan: Soziale Medien im Wahlkampf. Immer auf Sendung. Parteien verbreiten Botschaften mit eigenen „Newsrooms“, FDP wertet die Online-Aktivitäten ihrer Abgeordneten aus und fordert sie per App zu mehr Beiträgen im Netz auf. Was macht die neue Art der Dauer-Eigen-PR mit der Politik? In: Berliner Zeitung vom 16. April 2019, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 9 einer von den Betreibern identifizierten „Hetze“ im Netz sachliche Informationen entgegengesetzt werden. 13 Ein Vorteil dieses Weges sei auch, dass so nach Auffassung der Betreiber der Newsrooms ihre ungenügende Präsenz in den „traditionellen“ Medien kompensiert werden könne. Außerdem könnten dann auch Themen, die von den „traditionellen“ Medien nicht aufgegriffen würden, in die Öffentlichkeit getragen werden.14 Eine „Gegenöffentlichkeit“ solle hergestellt werden.15 Inhalte sollten direkt, unverfälscht und ungekürzt vermittelt werden.16 2.2. Funktionsweise und Größe – Beispiele Funktionsweise und Größe von Newsrooms hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Zu nennen sind beispielsweise Größe und Finanzkraft des Betreibers, Anzahl der bespielten Kanäle (Zeitung, Fernsehen/Fernsehspots, Internet-Auftritte, Twitter, Facebook, WhatsApp und sonstige soziale Medien) etc. Daher seien hier einige Newsrooms exemplarisch vorgestellt: 2.2.1. Diözese Rottenburg-Stuttgart Die Diözese Rottenburg-Stuttgart besitzt seit September 2017 einen Newsroom. In diesem Bereich sind 16 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit tätig: TV-Redakteure, Journalisten oder Experten für soziale Medien. Sie produzieren Videos, bestücken die Internetseite und Kanäle in den sozialen Medien und übernehmen die klassische Pressearbeit. Der Vorsitzende der publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Gebhard Fürst, zur Motivation: „Wir als Kirche müssen dort präsent sein, wo Menschen aktiv sind, miteinander kommunizieren und interagieren.“17 2.2.2. Senatskanzlei Berlin Auch im Roten Rathaus existiert ein Newsroom. In diesem arbeitet das fünfköpfige Social-Media- Team des Regierenden Bürgermeisters zusammen mit anderen Öffentlichkeitsarbeitern. Der 13 Der Berliner Betrieb rüstet medial auf. In: Stuttgarter Zeitung vom 17. August 2019, S. 2. 14 Zentral und multimedial – so fließen Nachrichten heute. In: Mannheimer Morgen vom 28. April 2018, S. 3. 15 Zweiter Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jürgen Braun MdB. Zitiert nach: Köpke Jörn; Geyer, Steven; Sternberg, Jan: Soziale Medien im Wahlkampf. Immer auf Sendung. Parteien verbreiten Botschaften mit eigenen „Newsrooms“, FDP wertet die Online-Aktivitäten ihrer Abgeordneten aus und fordert sie per App zu mehr Beiträgen im Netz auf. Was macht die neue Art der Dauer- Eigen-PR mit der Politik? In: Berliner Zeitung vom 16. April 2019, S. 2. 16 Zweiter Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jürgen Braun MdB. Zitiert nach: Schmidt, Tobias: Manipulation statt Information? Statt Interviews und Pressekonferenzen zu geben, setzen Regierung und Koalitionsparteien immer stärker auf soziale Netzwerke – und entziehen sich der kritischen Beurteilung. Wird Öffentlichkeitsarbeit zur Propaganda? In: Neuer Osnabrücker Zeitung vom 7. Mai 2019, S. 3. 17 Zentral und multimedial – so fließen Nachrichten heute. In: Mannheimer Morgen vom 28. April 2018, S. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 10 stellvertretende Referatsleiter betont, dass diese Einrichtung kein Fernsehsender sei, um traditionelle Medien zu umgehen. Pressearbeit finde jetzt vielmehr auch in den sozialen Netzwerken statt. Diesem Anspruch entsprechen die Räumlichkeiten: „Konferiert wird im Stehen. An der Wand hängt ein großer Bildschirm, auf dem die Facebook-Seite des Regierenden Bürgermeisters geöffnet ist. Durch eine geöffnete Bürotür fällt der Blick auf einen Tischkicker.“18 2.2.3. Deutsche Presse-Agentur GmbH (dpa) Die Deutsche Presse-Agentur GmbH (dpa) eröffnete im September 2010 die neue Zentralredaktion in Berlin. In dem Newsroom mit einer reinen Redaktionsfläche von 2200 m² stehen insgesamt rund 300 Arbeitsplätze zur Verfügung. Basisredaktionen, Foto, Grafik, Online, Audio & Video Themendienst, Dokumentation, Kindernachrichten und der englische Dienst sind hier zusammengefasst. In dem 150 m langen Raum befindet sich der Newsdesk. Am Newsdesk werden die dpa-weiten Planungen abgeglichen und aktuell priorisiert. Von dort aus wird das gesamte Produkt der Agentur über alle medialen Linien geplant, gesteuert und aufeinander abgestimmt. Der Newsdesk ist damit Ort einer ständigen Redaktionskonferenz.19 2.2.4. RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) Der Newsroom des RedaktionsNetzwerks Deutschland in Hannover, in dem auf 2600 m² mehr als 180 Journalisten, Marketing- und Digitalexperten arbeiten, wird von der „Leipziger Volkszeitung“ folgendermaßen beschrieben: „Herzstück ist ein kreisrunder Nachrichtendesk, intern „das Ufo" genannt. Von hier aus werden an zwölf Funktionsarbeitsplätzen fast rund um die Uhr Themen und Inhalte zentral koordiniert. Alle Bereiche unter einem Dach - das fördert eine Kultur der kurzen Wege. Dazu gehört der sogenannte Print Hub, wo täglich mehr als 300 Zeitungsseiten für rund 60 Zeitungstitel entstehen. Dazu gehört der Digital Hub, wo neben den regionalen Internetportalen der Mediengruppe auch die im September 2019 gestartete Website RND.de gesteuert wird - das erste nationale Nachrichtenportal einer regionalen Mediengruppe in 18 Dankbar, Christine: Auf allen Kanälen. Im Roten Rathaus gibt es jetzt eine Newsroom. Er ist für die Öffentlichkeitsarbeit in den sozialen Medien gedacht, verändert aber auch die Politik. In: Berliner Zeitung vom 11. Mai 2019, S. 9. 19 Pressemitteilung der Deutschen Presse-Agentur vom 15. September 2010. Abrufbar unter: https://www.presseportal.de/pm/8218/1681696. Dort befindet sich im Anhang auch ein Organisationsplan des Newsdesk. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 11 Deutschland. Dazu gehören Sitemanager, Autoren. Producer, Entwickler, Vermarkter, Social-Media-, Video- und Audiospezialisten. Und dazu gehören ein TV-Studio, ein Audiostudio, mehrere Konferenzräume und ein großzügiger Loungebereich.“20 2.3. Definition - zusammenfassend Wie die obigen Beispiele zeigen, kann der Begriff des „Newsrooms“ hinsichtlich Größe, Ausstattung, Aufgaben, Anzahl der Mitarbeiter, Kosten usw. nicht konkret definiert werden. Die Verwendung des Begriffs für bestimmte organisatorische Einheiten ist in das Ermessen des Betreibers gestellt. In einem crossmedialen Newsroom können Mitarbeiter Meldungen, analytische Texte, Videos etc. sortieren, gewichten und für die jeweiligen Kanäle aufbereiten und ihnen eine dem jeweiligen Kanal entsprechende Form geben. Im Falle von Parteien und Unternehmen geht es dabei vor allem um Nachrichten, die sie betreffen, auf die sie reagieren wollen oder die sie im Optimalfall selbst generieren.21 Zusammenfassend kann festgestellt werden: „Es gibt keine einheitliche Form, wie ein Newsrooms aussieht, wer am Desk sitzt, welche Stellenbeschreibungen zu finden sind. Bei sämtlichen Newsrooms handelt es sich um individuelle Lösungen, die auf die Historie der Redaktion bzw. Kommunikationsabteilung eingehen. Eine bedeutende Rolle für diese Unterschiede spielt, welche Kanäle (Print, Online, Fernsehen, Hörfunk, Social Media) vom Newsroom aus gesteuert werden und welche Periodizität die Medienprodukte aufweisen. Auch die Zahl der Redakteure am Desk unterscheidet sich gravierend …“22 3. Newsrooms bei obersten Bundesbehörden und Fraktionen im Deutschen Bundestag Im Rahmen dieser Sachstandsdarstellung wurde im Interesse der Aktualität eine stichprobenartige Anfrage bei einigen obersten Bundesbehörden und bei allen Fraktionen im Deutschen Bundestag vorgenommen. 20 Grimm, Imre: Raum für Ideen. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) ist in einen der größten Newsrooms Europas gezogen. Es ist der Versuch, Journalismus neu zu denken. In: Leipziger Volkszeitung vom 17. Februar 2020, S. 26. 21 Wenn Parteien sich im Nachrichtengeschäft versuchen. Die AfD hat den Anfang gemacht, nun ziehen die anderen nach: Sie gründen eigene Newsgroups. Mehrere Nöte treiben die Entwicklung ein - auch die Macht der Rechten in sozialen Netzwerken. In: Die Welt vom 23. April 2019, S.4. 22 Kaiser, Markus: Newsroom und Newsdesk im Journalismus und in der Unternehmenskommunikation. In: Otto, Kim; Köhler, Andreas (Hrsg.): Crossmedialität im Journalismus und in der Unternehmenskommunikation. Berlin, Heidelberg, New York 2018, S. 121ff [131]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 12 Gefragt wurde dabei, ob es ein Großraumbüro gibt, in dem mehrere Mitarbeiter/innen (gegebenenfalls auch wie viele) arbeiten und verschiedene Kanäle (klassische Pressearbeit, soziale Netzwerke, YouTube etc.) bespielen. 3.1. Newsrooms bei ausgewählten obersten Bundesbehörden 3.1.1. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung ist die Redaktion Digital in einem Großraumbüro für die Kommunikation im Internet/den sozialen Medien zusammengefasst. In einem weiteren Großraumbüro befindet sich der CvD (Chef vom Dienst) für die Pressearbeit. Das Lagezentrum für Nachrichten- und Social-Media-Auswertung befindet sich in einem dritten Großraumbüro.23 3.1.2. Bundesministerium der Finanzen (BMF) Im BMF gibt es keinen Newsroom im Sinne der Anfrage.24 3.1.3. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) Einen Newsroom im Sinne der Anfrage gibt es in der Pressestelle des BMI nicht. Die Mitarbeiter des Pressereferats und des Social Media/Internet-Referats sind in Doppel- bzw. Einzelbüros untergebracht.25 3.1.4. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Im BMWi gibt es eine Projektgruppe Newsroom, an der fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Referaten Presse, Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerdialog teilnehmen und sich um digitale Kommunikation und Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern in den sozialen Netzwerken kümmern.26 3.1.5. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) In dem sogenannten „Neuigkeiten-Zimmer“ des BMVI arbeiten nach einem Medien-Bericht 14 Mitarbeiter crossmedial.27 23 Mitteilung der Pressestelle vom 12. Mai 2020. 24 Telefonische Information der Pressestelle vom 7. Mai 2020. 25 Mitteilung der Pressestelle vom 11. Mai 2020. 26 Mitteilung der Pressestelle vom 7. Mai 2020. 27 Schmidt, Tobias: Manipulation statt Information? Statt Interviews und Pressekonferenzen zu geben, setzen Regierung und Koalitionsparteien immer stärker auf soziale Netzwerke – und entziehen sich der kritischen Beurteilung. Wird Öffentlichkeitsarbeit zur Propaganda? In: Neuer Osnabrücker Zeitung vom 7. Mai 2019, S. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 13 In einem Presseartikel wird dies folgendermaßen beschrieben: „Auch die Pressesprecher haben auf Großbildschirmen im Blick, worüber verkehrspolitisch auf Twitter diskutiert wird. Klassische Bürgeranfragen, die das Ministerium per E-Mail oder Brief erreichen, landen genauso im Neuigkeiten-Zimmer wie jene über Facebook, Instagram oder Twitter.“28 3.2. Newsrooms bei Fraktionen im Deutschen Bundestag 3.2.1. Fraktion der CDU/CSU Die Kommunikationsabteilung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat ein Gruppenbüro, in dem in der Regel elf Personen arbeiten. Sie sind in den Bereichen klassische Pressearbeit und Kommunikation über die sozialen Medien tätig.29 3.2.2. Fraktion der SPD Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit der SPD-Fraktion kümmern sich vier Referentinnen und Referenten sowie ein Sachbearbeiter als Teil eines größeren Teams schwerpunktmäßig um die Kommunikation in den sozialen Medien (Facebook, Twitter, Instagram, Youtube). Die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und Pressestelle stehen bezüglich der Kommunikation der Fraktion in engem Austausch, sind aber organisatorisch zwei getrennte Arbeitseinheiten.30 3.2.3. Fraktion der AfD Die Bundestagsfraktion der AfD hat die entsprechende Anfrage nicht beantwortet. 3.2.4. Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Die Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilte auf die Anfrage mit: "Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen betreibt keinen eigenen Newsroom in dem Sinne, dass die Fraktion an unabhängigen Medien vorbei agieren will. Fraktionen sind keine Presse. Sie haben sich der kritischen Beurteilung durch Journalistinnen und Journalisten zu stellen. Wir verteidigen die Pressefreiheit. Die Social-Media-Aktivitäten der Fraktionen zielen nicht auf Schaffung einer Parallelöffentlichkeit. Sie ergänzen die freie Berichterstattung unabhängiger Medienschaffenden. Zur Abteilung Pressestelle gehören Pressereferent*innen, die die Pressearbeit der Fraktion betreuen, und Social-Media Referent*innen, die die Social-Media-Arbeit der Fraktion 28 Der Berliner Betrieb rüstet medial auf. In: Stuttgarter Zeitung vom 17. August 2019, S. 2. 29 Mitteilung der Pressestelle vom 7. Mai 2020. 30 Mitteilung der Pressestelle vom 11. Mai 2020. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 14 betreuen. Dabei sitzen sie nicht gemeinsam in einem Großraumbüro, stimmen sich aber natürlich täglich zu ihrer Arbeit ab."31 3.2.5. Fraktion der FDP Die Bundestagsfraktion der FDP betreibt keinen Newsroom.32 3.2.6. Fraktion DIE LINKE. Die Bundestagsfraktion DIE LINKE. betreibt keinen Newsroom „im landläufigen Sinn“.33 4. Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen im Deutschen Bundestag 4.1. Rechtliche Grundlagen Zur Finanzierung ihrer Arbeit erhalten die Fraktionen im Bundestag sowie in den Landtagen öffentliche Mittel aus dem Bundes- bzw. jeweiligen Landeshaushalt. Diese Gelder dürfen sie nur für ihre Fraktionsaufgaben verwenden. Eine Finanzierung von Parteiaufgaben aus Fraktionsmitteln ist unzulässig. Auf Bundesebene folgt dies aus § 50 Abs. 4 Abgeordnetengesetz (AbgG)34. 4.2. Organisationsform § 47 Abs. 3 AbgG schreibt den Fraktionen im Deutschen Bundestag keine bestimmte Organisationsform für ihre Öffentlichkeitsarbeit vor. 4.3. Kanäle der Öffentlichkeitsarbeit Dies gilt auch für die Kanäle, über die die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen im Deutschen Bundestag betrieben wird. 31 Mitteilung der Pressestelle vom 11. Mai 2020. 32 Mitteilung der Pressestelle vom 13. Mai 2020. 33 Mitteilung der Pressestelle vom 7. Mai 2020. 34 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz - AbgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1996 (BGBl. I S. 326), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 5. Januar 2017 (BGBl. I S. 17) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 15 4.4. Inhalt Nach § 47 Abs. 3 AbgG dürfen Fraktionen die Öffentlichkeit über ihre Aktivitäten informieren. Dabei ist die Abgrenzung zwischen Fraktionsaufgaben einerseits und Parteiarbeit andererseits nicht immer einfach vorzunehmen. Diese Frage wurde bereits ausführlich von den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages behandelt.35 4.5. Finanzierung Nach § 50 Abs. 1 AbgG haben die Fraktionen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anspruch auf Geldund Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt. Gemäß § 50 Abs. 4 AbgG iVm § 47 Abs. 3 AbgG gehört zu diesen Aufgaben auch die Öffentlichkeitsarbeit über ihre Aktivitäten. 4.6. Bundesrechnungshof Laut seiner letzten Prüfungsmitteilung vom 11.04.2017 über "Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen der Fraktionen des Deutschen Bundestages" im Wahljahr 2013 hat der Bundesrechnungshof bei allen fünf Fraktionen (CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE.) Mängel bei der rechtmäßigen Verwendung öffentlicher Mittel festgestellt.36 Nach § 53 Abs. 1 AbgG prüft der Bundesrechnungshof die Rechnung sowie die den Fraktionen nach § 50 Abs. 1 AbgG zur Verfügung gestellten Geld-und Sachleistungen auf ihre wirtschaftliche 35 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Verwendung von Fraktionsgeldern zur Finanzierung von Parteiaufgaben. WD 3 - 3000 - 455/10. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/412766/f38bdecb95369d08c6f25b08e91c5544/WD-3-455-10-pdfdata .pdf. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit von Bundestagsfraktionen - Analyse des dem Bundesrechnungshof erstatteten Rechtsgutachtens. WD 3 - 362/06. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/407384/77ad7c53e1ebfe8db21697eb0a43d575/wd-3- 362-06-pdf-data.pdf. 36 Im Einzelnen – insbesondere zu den Prüfungsgrundsätzen – vgl. Bundesrechnungshof, Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Prüfungsmitteilungen vom 2.11.2013 und 11.04.2017, https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/pruefungsmitteilungen/oeffentlichkeits wirksame-massnahmen-der-fraktionen-des-deutschen-bundestages-im-wahljahr-2013. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 16 und ordnungsgemäße Verwendung nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen gemäß § 51 Abs. 1 AbgG. 5. Betrieb von Medien durch die Fraktionen im Deutschen Bundestag Es werden Überlegungen darüber angestellt, aus dem politischen Raum heraus eigene Medien zu betreiben.37 Daher sei hier der entsprechende Rechtsrahmen für die Fraktionen im Deutschen Bundestag skizziert: 5.1. Rechtsstellung der Fraktionen im Deutschen Bundestag Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die – im Grundgesetz nicht genannten – Fraktionen im Deutschen Bundestag „… Teile und ständige Gliederungen des Bundestags, die durch dessen Geschäftsordnung anerkannt und mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Sie sind notwendige Einrichtungen des ‚Verfassungslebens‘, nämlich der durch Verfassung und Geschäftsordnung geregelten Tätigkeit des Bundestags.“38 Auf Grund ihrer Eigenschaft als „ständige Gliederungen des Bundestags“ sind sie in die „organisierte Staatlichkeit“ 39 eingefügt und ein Verfassungsorgan40. Als teilrechtsfähige Verbände des öffentlichen Rechts sind sie nicht Teil der grundrechtlich garantierten Freiheitssphäre.41 5.2. Presse 5.2.1. Begriff der Presse In sachlicher Hinsicht ist der Begriff der Presse weit auszulegen und knüpft klassischerweise an „die Eigenschaft eines Presseerzeugnisses als Druck bzw. als körperliches Verbreitungsmedium 37 „Unser ambitioniertes Fernziel ist es, dass die Deutschen irgendwann AfD und nicht ARD schauen.“ Dr. Alice Weidel MdB, Co-Fraktionsvorsitzende der AfD im Deutschen Bundestag. Zitiert nach: Eine Partei im „war room“. In: Neue Zürcher Zeitung vom 11. Mai 2018, S. 6. 38 BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56-119. Juris Rn. 129. 39 BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56-119. Juris Rn. 129. 40 Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, 58. EL Januar 2020, Rn. 71 mwN. 41 Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, 58. EL Januar 2020, Rn. 71 mwN. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 17 an“.42 Umfasst sind jedenfalls Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Plakate, Flugblätter oder Handzettel.43 Nach diesem traditionellen Ansatz umfasst die Pressefreiheit nicht mediale Produkte, die ausschließlich elektronisch verbreitet werden.44 Teilweise wird deshalb die Einbeziehung von Online-Angeboten weiterhin abgelehnt. Diese unterfielen wegen der fehlenden Verkörperung, ebenso wie das World Wide Web, vielmehr der Rundfunkfreiheit.45 Es wird aber auch erwogen, Art. 5 Abs. 1 GG auf die „neuen Medien insgesamt“ zu erstrecken und ein einheitliches, nicht abschließendes Mediengrundrecht zu schaffen.46 Dabei wird die klassische Abgrenzung nach der Form der Verkörperung aufgegeben und der Schutzbereich der Pressefreiheit auf Online-Angebote erweitert.47 Aufgrund der hohen Anzahl der Online-Medien und den Online-Auftritten von Tages- und Wochenzeitungen im Internet würde der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit „verglichen mit jenen des traditionellen Fernsehens und Hörfunks überspannt“.48 Vertreter dieses Ansatzes plädieren deshalb dafür, „massenmediale Kommunikation dann unter den Begriff der Presse zu fassen, wenn sie Formen der Allgemeinkommunikation annimmt, die in ihrem Erscheinungsbild der Kommunikation von Text und Bild in den traditionellen Presseerzeugnissen ähnlich ist-.“49 Danach soll somit nicht mehr nur auf das gedruckte Wort, sondern vielmehr auf den „Rezeptionsvorgang des Lesens von Texten“ abgestellt werden.50 Sobald ein Online-Medium nicht nur Bilder, sondern lesbare Texte enthält, sei der Schutzbereich der Pressefreiheit eröffnet. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Verfassungsgeber historisch gesehen die 42 Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn. 239. 43 Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn. 239. 44 Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn. 247. 45 Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn 247 mwN; in diese Richtung etwa BeckOK GG/Schemmer, 42. Ed. 1.12.2019, GG Art. 5 Rn. 43. 46 Vgl. BeckOK GG/Schemmer, 42. Ed. 1.12.2019, GG Art. 5 Rn. 43.1. 47 So etwa Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn. 251; vgl. in diese Richtung auch BGH, Urt. v. 14.10.2020 – I ZR 191/08 – AnyDVD = ZUM-RD 2011, 290 Rn. 26. 48 Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn. 251. 49 So etwa Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn. 251. 50 Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn. 252. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 18 neuen Medien, die den traditionellen Presseerzeugnissen nahekommen, aus dem Schutzbereich der Pressefreiheit ausklammern wollte.51 5.2.2. Grundsatz: Gebot der Staatsferne Die Presse muss grundsätzlich staatsfern und privatrechtlich organisiert sein. Der Staat unterliegt gegenüber der privatrechtlich organisierten Presse – insbesondere bei einer möglichen Förderung – eine strengen inhaltliche Neutralitätspflicht. Er muss sich jegliche Einflussnahme auf die unmittelbare unternehmerische und publizistische Tätigkeit enthalten.52 Die Ausübung der Funktion der Presse ist dem Staat grundsätzlich verboten.53 5.2.3. Ausnahme: staatliche Öffentlichkeitsarbeit Der Staat als solcher ist nicht grundrechtsfähig und kann daher nur im Rahmen der ihm zugewiesenen Kompetenzen handeln. Dies gilt auch für staatliche Kommunikationstätigkeiten, die sich als Annex zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben darstellen. Das Bundesverfassungsgericht sieht nicht nur ein Recht, auf den verschiedensten Kanälen Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, sondern geradezu eine zentrale Aufgabe des Staates: „Können Aufgaben der Regierung oder der Verwaltung mittels öffentlicher Informationen wahrgenommen werden, liegt in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln. Dies ist bei der Staatsleitung der Regierung der Fall. Diese Aufgabe zielt auf die in einer Demokratie wichtige Gewinnung politischer Legitimation und umfasst die Mitwirkung an der Erfüllung konkreter öffentlicher Aufgaben außerhalb der Tätigkeit der Administration. Staatsleitung wird nicht allein mit den Mitteln der Gesetzgebung und der richtungsweisenden Einwirkung auf den Gesetzesvollzug wahrgenommen, sondern auch durch die Verbreitung von Informationen an die Öffentlichkeit (vgl. Beschluss des Ersten Senats vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - Osho). Die staatliche Teilhabe an öffentlicher Kommunikation hat sich im Laufe der Zeit grundlegend gewandelt und verändert sich unter den gegenwärtigen Bedingungen fortlaufend weiter. Die gewachsene Rolle der Massenmedien, der Ausbau moderner Informations- und Kommunikationstechniken sowie die Entwicklung neuer Informationsdienste wirken sich auch auf die Art der Aufgabenerfüllung durch die Regierung aus. Regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit war herkömmlich insbesondere 51 Maunz/Dürig/Grabenwarter, 89. EL Oktober 2019, GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 C. Rn. 262. 52 Ausführlich dazu: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Staatsferne im Rahmen der Rundfunk- und Pressefreiheit. WD 10 – 3000 – 056/10. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/491782/8c8d23b7383fcfc5ba6c7471081e9538/wd-10-056-16-pdfdata .pdf. 53 Gersdorf, Hubertus: Staatliche Kommunikationstätigkeit. Voraussetzungen und Grenzen der Teilnahme des Staates an öffentlicher Kommunikation. In AfP 2016, S. 293ff [303]. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 19 auf die Darstellung von Maßnahmen und Vorhaben der Regierung, die Darlegung und Erläuterung ihrer Vorstellungen über künftig zu bewältigende Aufgaben und die Werbung um Unterstützung bezogen (vgl. BVerfGE 20, 56 <100>; 44, 125 <147>; 63, 230 <242 f.>). Informationshandeln unter heutigen Bedingungen geht über eine solche Öffentlichkeitsarbeit vielfach hinaus (vgl. auch VerfGH NW, NWVBl 1992, S. 14 <15 f.>). So gehört es in einer Demokratie zur Aufgabe der Regierung, die Öffentlichkeit über wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld ihrer eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit zu unterrichten. In einer auf ein hohes Maß an Selbstverantwortung der Bürger bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme ausgerichteten politischen Ordnung ist von der Regierungsaufgabe auch die Verbreitung von Informationen erfasst, welche die Bürger zur eigenverantwortlichen Mitwirkung an der Problembewältigung befähigen. Dementsprechend erwarten die Bürger für ihre persönliche Meinungsbildung und Orientierung von der Regierung Informationen, wenn diese andernfalls nicht verfügbar wären. Dies kann insbesondere Bereiche betreffen, in denen die Informationsversorgung der Bevölkerung auf interessengeleiteten, mit dem Risiko der Einseitigkeit verbundenen Informationen beruht und die gesellschaftlichen Kräfte nicht ausreichen, um ein hinreichendes Informationsgleichgewicht herzustellen. Von der Staatsleitung in diesem Sinne wird nicht nur die Aufgabe erfasst, durch rechtzeitige öffentliche Information die Bewältigung von Konflikten in Staat und Gesellschaft zu erleichtern, sondern auch, auf diese Weise neuen, oft kurzfristig auftretenden Herausforderungen entgegenzutreten, auf Krisen schnell und sachgerecht zu reagieren sowie den Bürgern zu Orientierungen zu verhelfen. Aktuelle Krisen im Agrarund Lebensmittelbereich haben beispielhaft gezeigt, wie wichtig öffentlich zugängliche, mit der Autorität der Regierung versehene Informationen sind, um solche spannungsgeladenen Situationen angemessen meistern zu können. Würde die Regierung sich in solchen Lagen der Aufgabe entziehen, den Bürgern durch Aufklärung, Beratung und Verhaltensempfehlungen Orientierung zu geben, und sich stattdessen auf Gesetzesinitiativen beschränken oder auf administrative Maßnahmen anderer Staatsorgane warten, würde ein wichtiges Element schneller, wirkungsvoller und auf möglichst geringe Beeinträchtigungen Dritter gerichteter Krisenbewältigung fehlen. Das Schweigen der Regierung würde von vielen Bürgern im Übrigen als Versagen bewertet werden. Dies kann zu Legitimationsverlusten führen.“54 Das Bundesverfassungsgericht fordert als weitere Voraussetzung die Kompetenz der Bundesregierung für die Vornahme der Öffentlichkeitsarbeit: „Die Bundesregierung ist überall dort zur Informationsarbeit berechtigt, wo ihr eine gesamtstaatliche Verantwortung der Staatsleitung zukommt, die mit Hilfe von Informationen erfüllt werden kann. Anhaltspunkte für eine solche Verantwortung lassen sich etwa aus sonstigen Kompetenzvorschriften, beispielsweise denen über die Gesetzgebung, gewinnen, und zwar auch unabhängig von konkreten Gesetzesinitiativen. Der Bund ist zur Staatsleitung insbesondere berechtigt, wenn Vorgänge wegen ihres Auslandsbezugs oder ihrer länderübergreifenden Bedeutung überregionalen Charakter haben und eine bundesweite Informationsarbeit der Regierung die Effektivität der 54 BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 –, BVerfGE 105, 252-279. Juris Rn. 51ff mwN. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 20 Problembewältigung fördert. In solchen Fällen kann die Bundesregierung den betreffenden Vorgang aufgreifen, gegenüber Parlament und Öffentlichkeit darstellen und bewerten und, soweit sie dies zur Problembewältigung für erforderlich hält, auch Empfehlungen oder Warnungen aussprechen.“55 Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird in der Literatur die Meinung vertreten, dass staatliche Kommunikationstätigkeiten, die die sachlichen Voraussetzungen der Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG erfüllten, seien unzulässige Staatsmedien.56 Diese Auffassung liefe auf ein absolutes staatliches Kommunikationsverbot hinaus.57 5.2.4. Zwischenergebnis Der Staat – und damit auch die auf Grund ihrer Eigenschaft als „ständige Gliederungen des Bundestags“ in die „organisierte Staatlichkeit“ 58 eingefügten Fraktionen als Verfassungsorgane59 – hat unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, durch Presseerzeugnisse Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. 5.3. Rundfunk 5.3.1. Definition 5.3.1.1. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff Art. 5 S. 2 GG gewährleistet die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk. Aufgrund seiner Aktualität, Breitenwirkung und Suggestivkraft schreibt das Bundesverfassungsgericht dem Rundfunk eine Sonderrolle im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung zu.60 Nach klassischem Verständnis versteht man unter Rundfunk „die für die Allgemeinheit bestimmte und geeignete Übertragung von Informationsinhalten über physikalische, vor allem elektromagnetische Wellen“61, üblicherweise also das Fernsehen und das Radio. Trotz dieser Definition stellte das 55 BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 –, BVerfGE 105, 252ff. Juris Rn. 55 mwN. 56 Überblick dazu bei: Gersdorf, Hubertus: Staatliche Kommunikationstätigkeit. Voraussetzungen und Grenzen der Teilnahme des Staates an öffentlicher Kommunikation. In AfP 2016, S. 293ff [294]. 57 Gersdorf, Hubertus: Staatliche Kommunikationstätigkeit. Voraussetzungen und Grenzen der Teilnahme des Staates an öffentlicher Kommunikation. In AfP 2016, S. 293ff [294]. 58 BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56-119. Juris Rn. 129. 59 Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, 58. EL Januar 2020, Rn. 71 mwN. 60 BVerfGE 119, 181ff [214 ff]. 61 Maunz/Dürig/Grabenwarter GG Art. 5 Abs. 1, 5 Abs. 2 Rn. 603. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 21 Bundesverfassungsgericht im Jahr 1986 fest, dass es einen allgemeingültigen Rundfunkbegriff nicht gebe:62 „In dieser Hinsicht ist die technische Entwicklung von Bedeutung, durch die sich die Voraussetzungen der Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunksendungen verbessert haben, die indessen nichts daran ändert, daß die Zahl der für alle Teilnehmer im Bereich eines Bundeslandes oder im lokalen Bereich empfangbaren Programme noch für längere Zeit auf terrestrisch verbreitete Programme beschränkt bleiben wird.“63 Bei den Medienfreiheiten insgesamt handele es sich stattdessen um entwicklungsoffene Begriffe, die im Einklang mit der Verfassung den technischen Entwicklungen anzupassen seien.64 5.3.1.2. Der Rundfunkbegriff des § 2 Rundfunkstaatsvertrag (RStV)65 In einem Sachstand vom 2. Juli 2019 stellen die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages dazu fest: „Der zuvor erläuterte verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff ist nicht mit dem Rundfunkbegriff des § 2 S.1 RStV kongruent. Gemäß § 2 S. 1 RStV ist Rundfunk ein ‚linearer Informations- und Kommunikationsdienst [welcher] die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen [bietet]‘ Danach handelt es sich also um Rundfunk, wenn ein Angebot zum zeitgleichen Empfang entlang eines Sendeplans verbreitet und journalistisch-redaktionell gestaltet wird. Die Voraussetzung der linearen Sendung schließt sämtliche Video-on- Demand Angebote vom Rundfunkbegriff aus. Eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung ist nach Angaben der Medienanstalt Berlin- Brandenburg (MAAB) anzunehmen, wenn der dargestellte Inhalt „journalistischredaktionell zu bewerten ist und/oder Bestandteile von klassischen Rundfunkangeboten enthält (z. B. den Einsatz von mehreren Kameras, Auswahl von Bildausschnitten mittels Zooms und Schwenks oder eine Kommentierung des Geschehens)“. Sie liegt also vor, wenn planvoll ein Angebot hergestellt wird, das zeitnah wiedergegeben werden soll. Dabei kommt insbesondere der Recherche, Gewichtung, Auswahl, Systematisierung, 62 BVerfGE 73, 118ff [121] – 4. Rundfunkentscheidung. 63 BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 – 1 BvF 1/84 –, BVerfGE 73, 118ff. Juris Rn. 94. 64 BVerfGE 74, 297ff [324f]. – 5. Rundfunkentscheidung. 65 Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) vom 31. August 1991 in der Fassung des Zweiundzwanzigsten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zweiundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) in Kraft seit 1. Mai 2019. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 22 Strukturierung sowie der sprachlichen oder sonstigen Aufbereitung gesammelter Quellen besondere Bedeutung zu.66 Ferner ist zu beachten, dass gemäß § 2 III RStV sämtliche Angebote vom Rundfunkbegriff ausgeschlossen werden, die ‚weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden‘. Es spielt dabei keine Rolle, wie viele Personen das Angebot tatsächlich nutzen.67“68 5.3.2. Rundfunkqualität medialer Auftritte Mediale Auftritte von Fraktionen im Deutschen Bundestag können die angesprochene Rundfunkqualität aufweisen. 5.3.3. Staatsferne des Rundfunks Zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen der Staatsferne des Rundfunks sei auf zwei bereits vorliegende Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags verwiesen.69 Das Gebot der Staatsferne findet seinen Niederschlag auch in § 20a Abs. 3 RfStV. Nach dieser Vorschrift darf eine Zulassung für Veranstalter von bundesweit verbreitetem Rundfunk nicht an juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Kirchen und Hochschulen, an deren gesetzliche Vertreter und leitende Bedienstete sowie an politische Parteien und Wählervereinigungen erteilt werden. 66 BeckOK InfoMedienR/Gersdorf RStV § 11d Rn. 6. 67 Die Medienanstalten: Checkliste zur Einordnung von Streaming-Angeboten im Internet (2018), abrufbar unter: https://www.diemedienanstalten .de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Richtlinien_Leitfaeden/Checkliste_-_Streaming- Angebote_im_Internet.pdf. 68 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Die rechtliche Qualität medialer Auftritte der Bundesregierung mit Blick auf den Rundfunkstaatsvertrag. WD 10 – 3000 – 035/19. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/656502/b61bab8c0d6c5e3f3e451537cd3012d5/WD-10-035-19-pdfdata .pdf. 69 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Die rechtliche Qualität medialer Auftritte der Bundesregierung mit Blick auf den Rundfunkstaatsvertrag. WD 10 – 3000 – 035/19. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/656502/b61bab8c0d6c5e3f3e451537cd3012d5/WD-10-035-19-pdfdata .pdf. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Staatsferne im Rahmen der Rundfunk- und Pressefreiheit. WD 10 – 3000 – 056/10. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/491782/8c8d23b7383fcfc5ba6c7471081e9538/wd-10-056-16-pdfdata .pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 23 5.3.4. Zwischenergebnis Es spricht viel dafür, dass Fraktionen als teilrechtsfähige Verbände des öffentlichen Rechts70 „juristische Personen des öffentlichen Rechts“ im Sinne des § 20a Abs. 3 RfStV sind und daher keine Zulassung für ein bundesweites Rundfunkprogramm erhalten dürfen. Auf jeden Fall wäre ein vom Staat – und damit auch von den auf Grund ihrer Eigenschaft als „ständige Gliederungen des Bundestags“ in die „organisierte Staatlichkeit“ 71 eingefügten Fraktionen als Verfassungsorgane – betriebener Rundfunksender verfassungswidrig.72 5.4. Sonstige mediale Auftritte In Anbetracht der möglichen Vielfalt bei der Erzeugung und Verbreitung medialer Auftritte, kann eine allgemeingültige Aussage über mediale Auftritte, die nicht unter die „Presse“ oder „Rundfunk“ subsummiert werden können, getroffen werden. 5.5. Telemedien Gemäß § 2 Nr. 1 Telemediengesetz (TMG)73 könnte eine Fraktion, „die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt; bei audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die die Auswahl und Gestaltung der angebotenen Inhalte wirksam kontrolliert“ Diensteanbieter sein und damit den Vorschriften des Telemediengesetzes unterliegen. „Telemedien“ sind nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 TMG „alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sind“. 70 Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, 58. EL Januar 2020, Rn. 71 mwN. 71 BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 – 2 BvF 1/65 –, BVerfGE 20, 56-119. Juris Rn. 129. 72 S. zu den Einzelheiten: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Die rechtliche Qualität medialer Auftritte der Bundesregierung mit Blick auf den Rundfunkstaatsvertrag. WD 10 – 3000 – 035/19. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/656502/b61bab8c0d6c5e3f3e451537cd3012d5/WD-10-035-19-pdfdata .pdf. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Staatsferne im Rahmen der Rundfunk- und Pressefreiheit. WD 10 – 3000 – 056/10. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/491782/8c8d23b7383fcfc5ba6c7471081e9538/wd-10-056-16-pdfdata .pdf. 73 Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 018/20 Seite 24 Dieses Gesetz gilt für alle Anbieter einschließlich der öffentlichen Stellen unabhängig davon, ob für die Nutzung ein Entgelt erhoben wird. 6. Zusammenfassung Der Begriff „Newsroom“ ist nicht exakt definiert. Größe, Ausstattung und Anzahl der in einem Newsroom beschäftigten Personen hängt von der Art und dem Umfang der Aufgabe ab. Nach einer stichprobenartigen Untersuchung haben weder alle angefragten obersten Bundesbehörden noch alle Fraktionen des Deutschen Bundestages einen Newsroom. Die Fraktionen dürfen ihre Öffentlichkeitsarbeit aus den ihnen zugewiesenen staatlichen Mitteln bestreiten, ohne dass sie an haushaltsrechtliche Vorgaben bezüglich der Wahl des Inhalts und der Informationskanäle gebunden wären. Aufgrund des Verfassungsprinzips der Staatsferne des Rundfunks dürfen Fraktionen keinen Rundfunksender betreiben. 7. Anlagen Anlage 1: dpa, Organisation dpa-Newsroom (2020) - Der Newsdesk, Anlage 2: Meier, Klaus: Unter Strom: Der Newsroom. Bundeszentrale für politische Bildung 18.06. 2012, Anlage 3: Newsroom – die Redaktion im digitalen Journalismus, in: Medienwirtschaft, Heft 3/2007, 11.10.2007, Anlage 4: Weichert, Stephan, Der neue Journalismus, VS Verlag für Sozialwissenschaft 2011, online publiziert, 01.10.2011, Anlage 5: Markus Kaiser, Newsroom und Newsdesk im Journalismus und in der Unternehmenskommunikation. In: Otto, Kim; Köhler, Andreas (Hrsg.): Crossmedialität im Journalismus und in der Unternehmenskommunikation. Berlin, Heidelberg, New York 2018, S. 121-131. ****