© 2020 Deutscher Bundestag WD 10 – 3000 – 016/20 Medien und Journalisten im Kontext von „Kritischer Infrastruktur“ und „Systemrelevanz“ Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 2 Medien und Journalisten im Kontext von „Kritischer Infrastruktur“ und „Systemrelevanz“ Aktenzeichen: WD 10 – 3000 – 016/20 Abschluss der Arbeit: 21. April 2020 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Definitionen 4 2.1. Definition: „Kritische Infrastrukturen“ 4 2.1.1. Untergliederung nach Branchen auf Bundesebene 5 2.1.2. Untergliederung nach Branchen auf Landesebene – ausgewählte Beispiele 5 2.1.2.1. Beispiel: Nordrhein-Westfalen 6 2.1.2.2. Beispiel: Rheinland-Pfalz 6 2.1.2.3. Beispiel: Thüringen 6 2.2. Definition: Kritische Infrastrukturen im BSI-Gesetz 6 2.3. Definition: „Systemrelevanz“ 7 2.3.1. „Systemrelevanz“ in der Nationalökonomie: 7 2.3.2. „Systemrelevanz“ im deutschen Recht 7 2.3.3. „Systemrelevanz“ in einer Pressemitteilung 9 2.4. Definition: „Betriebsrelevanz“ 9 3. Rechtliche Bedeutung des Begriffs „Systemrelevanz“ 9 4. Systemrelevante Berufsgruppen 10 5. Rechtliche und praktische Konsequenzen bei Einstufung in eine „systemrelevante“ Berufsgruppe oder als Beschäftigter in einer „Kritischen Infrastruktur“ 10 6. Verhältnis von „Systemrelevanz“ zu „Kritischen Infrastrukturen“ 11 7. Mögliche Unterschiede bei der Einstufung von Journalisten und/oder Medien als „systemrelevant" oder als Beschäftigte in einer „Kritischen Infrastruktur“ 11 8. Einstufung von Journalisten als „systemrelevant" oder als Beschäftigte einer „Kritischen Infrastruktur" und Auswirkungen auf die Landespressegesetze 11 9. Zusammenfassung 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 4 1. Vorbemerkung Die Beantwortung der Fragen, ob und wie Medien zur „Kritischen Infrastruktur“ zählen und ob sie und Journalisten „systemrelevant“ sind, erfordert zunächst eine möglichst genaue Definition der Begriffe, die oft synonym verwendet werden. Andererseits ist festzustellen, dass dieselben Begriffe – je nach Kontext – einen unterschiedlichen Inhalt haben können. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass sowohl Bund als auch Bundesländer diese Begrifflichkeiten verwenden, den Bundesländern aber die praktische Umsetzung der vom Bund beschlossenen Gesetze mit den dort festgelegten Definitionen obliegt. Durch die „Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie)“, die am 17. Juni 2009 durch die Bundesregierung beschlossen wurde, wurde eine Überarbeitung der Sektoren- und Brancheneinteilung eingeleitet.1 Sie bildet den konzeptionellen Rahmen zum Schutz von den für die Versorgung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zentralen Versorgungsund Dienstleistungseinrichtungen. Sie enthält keine Sektorenliste, aber eine Unterscheidung verschiedener Infrastrukturbereiche in technische Basisinfrastrukturen und in ökonomische Dienstleistungsinfrastrukturen. Im Anschluss daran haben sich Bund und Länder auf eine einheitliche Sektoreneinteilung verständigt. Auf Bundesebene einigten sich die Bundesressorts auf eine einheitliche Erfassung der Branchenstruktur. Infolge der Corona-Pandemie haben die Bundesländer Verordnungen erlassen, die dazu beitragen sollen, die Ausbreitung des Virus so weit wie möglich zu verhindern. Dabei spielt auch die Festlegung der Empfangsberechtigten für staatliche Unterstützungsmaßnahmen nach Zugehörigkeit zu „Kritischen Infrastrukturen“ eine wichtige Rolle. Hier werden drei Bundesländer beispielhaft dargestellt (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen). 2. Definitionen 2.1. Definition: „Kritische Infrastrukturen“ Die KRITIS-Strategie der Bundesregierung definiert „Kritische Infrastrukturen“ wie folgt: „Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“2 1 Nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS-Strategie). https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bevoelkerungsschutz/kritis.html. 2 Homepage des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: https://www.kritis.bund.de/SubSites/Kritis/DE/Einfuehrung/einfuehrung_node.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 5 Dazu werden Organisationen und Einrichtungen aus folgenden Sektoren gezählt: Energieversorgung, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen, Staat und Verwaltung sowie Medien und Kultur. 2.1.1. Untergliederung nach Branchen auf Bundesebene Diese wiederum gliedern sich nach Abstimmung innerhalb der Bundesressorts auf Bundesebene in 29 Branchen.3 Für den Bereich „Medien und Kultur“ sind dies: Rundfunk (Fernsehen und Radio), gedruckte und elektronische Presse, Kulturgut und symbolträchtige Bauwerke. 2.1.2. Untergliederung nach Branchen auf Landesebene – ausgewählte Beispiele Die Regelungen auf Landesebene unterscheiden sich sowohl in der Systematik als auch hinsichtlich inhaltlicher Details. Während Nordrhein-Westfalen zunächst „Personenkreise der in Kritischen Infrastrukturen Tätigen“ definiert und dann z.B. in der Frage der Kinderbetreuung auf diese Definition verweist, sodass auch für weitere Maßnahmen auf diesen definierten Personenkreis Bezug genommen werden kann, verzichtet Rheinland-Pfalz auf eine gesonderte Definition, sondern beschreibt diesen Personenkreis als Berechtigte für die Kindernotbetreuung. Thüringen zählt lediglich Journalisten in der tagespolitischen Berichterstattung zu Mitarbeitern von Betrieben der „Kritischen Infrastruktur“, Nordrhein-Westfalen versteht darunter in dem Sektor „Medien“ Beschäftigte. Rheinland-Pfalz nennt dagegen allgemein Beschäftigte von Medienunternehmen als Berechtigte der Kinder Notbetreuung. 3 S. dazu: https://www.kritis.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/Kritis/KRITIS_Sektoreneinteilung.pdf ?__blob=publicationFile. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 6 2.1.2.1. Beispiel: Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen beschränkt sich nicht nur auf die vereinbarten neun Sektoren, sondern identifiziert zehn Sektoren „Kritischer Infrastrukturen“. In Nordrhein-Westfalen werden die in diesen Sektoren Beschäftigten als „Personenkreise der in Kritischen Infrastrukturen Tätigen“ bezeichnet. Zu dem Sektor Medien gehören insbesondere das Nachrichten- und Informationswesen sowie die Risiko-und Krisenkommunikation.4 2.1.2.2. Beispiel: Rheinland-Pfalz In der Dritten Corona-Begrenzungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 23. März 20205 wird kein Personenkreis der in „Kritischen Infrastrukturen“ Beschäftigten ausdrücklich definiert. § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung sieht aber für Kinder, „deren Eltern zu Berufsgruppen gehören, deren Tätigkeit zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung des Staates und der Grundversorgung der Bevölkerung notwendig“ ist, eine Notfallbetreuung vor. Ausdrücklich werden Mitarbeiter von Medienunternehmen als Beispiel aufgeführt. Insofern liegt es nahe, dass die in § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung genannten Gruppen „Personenkreise in Kritischen Infrastrukturen tätigen“ oder mit ihnen vergleichbare Personen sind. 2.1.2.3. Beispiel: Thüringen In den „Ausführenden Hinweisen zu den von Notbetreuung erfassten Kindern vom 25. März 2020 zu den Vorgaben zur Notbetreuung von Kindern in Schulen, Kindertageseinrichtungen und bei Kinderpflegepersonen nach § 43 SGB VIII“ des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport vom 25. März 20206 werden „Journalisten in der tagespolitischen Berichterstattung“ als Mitarbeiter eines Betriebes der „Kritischen Infrastruktur“ ausdrücklich genannt. Ihre Kinder können unter bestimmten Voraussetzungen notbetreut werden. 2.2. Definition: Kritische Infrastrukturen im BSI-Gesetz Kultur und Medien zählen nicht zu den „Kritischen Infrastrukturen“ im Sinne des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) und der BSI- 4 Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Leitlinie zur Bestimmung des Personals kritischer Infrastrukturen vom 15. März 2020. Abrufbar unter: https://www.mkffi.nrw/sites/default/files/asset/document/ll_kritische_infrastruktur_20_02_15_003.pdf. 5 Abrufbar unter: https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/Corona/2020-03-23_3._CoBeLVO.pdf . 6 Abrufbar unter: https://bildung.thueringen.de/fileadmin/2020/2020-03- 25_TMBJS_Vorgaben_Notbetreuung_Schulen_KITA_Tagespflege.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 7 Kritisverordnung7. Diese Vorschriften zielen auf die Sicherung und Aufrechterhaltung technischer Infrastrukturen ab. 2.3. Definition: „Systemrelevanz“ 2.3.1. „Systemrelevanz“ in der Nationalökonomie: Der Begriff der „Systemrelevanz“ kommt aus der Nationalökonomie und bezieht sich auf den Finanzsektor. Die Monopolkommission versteht darunter Unternehmen, „die eine derart wichtige Rolle im Finanzsystem spielen, dass ihre Insolvenz nicht hingenommen werden kann. Zurzeit gibt es keine abschließende und allgemein angewendete Definition von Systemrelevanz. Es besteht aber Einigkeit, dass es für die Feststellung von Systemrelevanz nicht auf die Größe, Komplexität und Marktmacht eines Finanzmarktakteurs als solche ankommt, sondern vielmehr auf die Vernetzung mit Wettbewerbern und der Marktgegenseite und die damit verbundene Gefahr, dass sich Risiken zwischen den Finanzmarktteilnehmern unkontrolliert ausbreiten können (Ansteckungseffekte).8“ 2.3.2. „Systemrelevanz“ im deutschen Recht Im deutschen Recht wird dieser Begriff in verschiedenen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG)9 und des Kreditwesengesetzes (KWG)10 und seit Neuestem im Sozialgesetzbuch III (SGB III)11 gebraucht. Nach § 13b Abs. 2 S. 2 EnWG ist eine Anlage „systemrelevant, wenn ihre Stilllegung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer nicht unerheblichen Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems führen würde und diese Gefährdung oder Störung nicht durch andere angemessene Maßnahmen beseitigt werden kann.“ 7 Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz - BSIG), vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2821), zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bsig_2009/BSIG.pdf. BSI-Kritisverordnung vom 22. April 2016 (BGBl. I S. 958), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 21. Juni 2017 (BGBl. I S. 1903) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bsi-kritisv/BJNR095800016.html. 8 Monopolkommission. Hauptgutachten XX (2012/2013). Kapitel VI. Wettbewerb auf den Finanzmärkten. Rn. 1392. Abrufbar unter: https://www.monopolkommission.de/images/PDF/HG/HG20/6_Kap_HG20.pdf. 9 Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2002) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-iminternet .de/enwg_2005/BJNR197010005.html. 10 Kreditwesengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 543) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/BJNR008810961.html. 11 Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 575) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/BJNR059500997.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 8 Im KWG wird „Systemrelevanz“ im Sinne der Definition der Nationalökonomie verstanden.12 Schließlich wird der Begriff noch in § 421c SGB III13 verwendet, der durch das „Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2“14 (Sozialschutz-Paket) in das SGB III eingefügt wurde. Der Normtext enthält keine Definition des Begriffes „systemrelevant“. In der Begründung des Gesetzes15 wird u.a. ausgeführt: „Das Gesetz sieht zudem vor, bei während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigungen in systemrelevanten Branchen und Berufen befristet auf die Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld teilweise zu verzichten. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, auf freiwilliger Basis vorübergehend Tätigkeiten in systemrelevanten Bereichen, wie z. B. der Landwirtschaft, aufzunehmen.“16 „Bestimmte Branchen und Berufe sind für das öffentliche Leben, Sicherheit und Versorgung der Menschen unabdingbar. Hierzu zählen die Ordnungs- und Sicherheitsbehörden, Energie- und Wasserversorger, der Transport und Personenverkehr aber auch die Aufrechterhaltung von Kommunikationswegen. Besondere Bedeutung haben zudem das Gesundheitswesen mit Krankenhäusern und Apotheken aber auch die Land- und Ernährungswirtschaft und die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln. Einen Maßstab für die Zuordnung von Tätigkeiten zu systemrelevanten Branchen und 12 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen. Systemrelevante Finanzunternehmen. In: BaFinJournal vom 1. Oktober 2013. Abrufbar unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2013/fa_bj_2013_10_too_big_to_fail.htm l. 13 § 421c SGB III: Vorübergehende Sonderregelungen im Zusammenhang mit Kurzarbeit In der Zeit vom 1. April 2020 bis 31. Oktober 2020 wird, abweichend von § 106 Absatz 3, Entgelt aus einer anderen, während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigung in systemrelevanten Branchen und Berufen dem Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet, soweit das Entgelt aus der neu aufgenommenen Beschäftigung zusammen mit dem Kurzarbeitergeld und dem verbliebenen Ist-Entgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung die Höhe des Soll-Entgelts aus der Beschäftigung, für die Kurzarbeitergeld gezahlt wird, nicht übersteigt. Die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommenen Beschäftigungen nach Satz 1 sind versicherungsfrei zur Arbeitsförderung. 14 Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 575ff). Abrufbar unter: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/sozialschutz-paketgesetz .pdf;jsessionid=335B049EC93F568D2FCD6199E35765F4?__blob=publicationFile&v=3. 15 Bundestags-Drucksache 19/18107 vom 24. März 2020. Abrufbar unter: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-sozialschutzpaket .pdf?__blob=publicationFile&v=3. 16 Bundestags-Drucksache 19/18107 vom 24. März 2020, S. 3. Abrufbar unter: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-sozialschutzpaket .pdf?__blob=publicationFile&v=3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 9 Berufen bietet die Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz).“17 Das Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) und die BSI-Kritisverordnung18 umfassen – s.o. – Medien nicht. 2.3.3. „Systemrelevanz“ in einer Pressemitteilung In der Pressemitteilung „Karliczek: Wir mildern die Corona-Beeinträchtigungen für Studierende und Wissenschaft ab“19 verwendet das Bundesministerium für Bildung und Forschung ebenfalls den Begriff „systemrelevant“, ohne ihn zu definieren. 2.4. Definition: „Betriebsrelevanz“ Betriebsnotwendige Personen sind beispielsweise in Thüringen „Mitarbeiter*innen, die für die Aufrechterhaltung des Betriebes unersetzbar sind. Diese Betriebsnotwendigkeit kann sich etwa aus Notfallplänen ergeben oder daraus, dass einzelne Personen über Spezialkenntnisse verfügen oder besondere Seite 5 von 5 Aufgaben wahrnehmen müssen. Zum betriebsnotwendigen Personal gehören alle Mitglieder von Krisenstäben.“20 3. Rechtliche Bedeutung des Begriffs „Systemrelevanz“ Die rechtliche Bedeutung des Begriffs „Systemrelevanz“ beschränkt sich auf Bundesebene auf das Energiewirtschaftsrecht und das Recht des Kreditwesens sowie auf den Dritten Teil des Sozialgesetzbuches (s.o.). 17 Bundestags-Drucksache 19/18107 vom 24. März 2020, S. 26. Abrufbar unter: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-sozialschutzpaket .pdf?__blob=publicationFile&v=3 18 Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz - BSIG), vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2821), zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bsig_2009/BSIG.pdf. BSI-Kritisverordnung vom 22. April 2016 (BGBl. I S. 958), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 21. Juni 2017 (BGBl. I S. 1903) geändert worden ist. Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bsi-kritisv/BJNR095800016.html. 19 Pressemitteilung Nr. 043/2020 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 8. April 2020. Abrufbar unter: https://www.bmbf.de/de/karliczek-wir-mildern-die-corona-beeintraechtigungen-fuerstudierende -und-wissenschaft-ab-11331.html. 20 Ausführende Hinweise zu den von Notbetreuung erfassten Kindern vom 25. März 2020 zu den Vorgaben zur Notbetreuung von Kindern in Schulen, Kindertageseinrichtungen und bei Kinderpflegepersonen nach § 43 SGB VIII des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport Abrufbar unter: https://bildung.thueringen.de/fileadmin/2020/2020-03- 25_TMBJS_Vorgaben_Notbetreuung_Schulen_KITA_Tagespflege.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 10 4. Systemrelevante Berufsgruppen Wie oben ausgeführt, haben Bund und Länder gemeinsam Bereiche „Kritischer Infrastrukturen“ definiert. Die Definition desjenigen Personenkreises, der in diesen beschäftigt ist, unterscheidet sich je nach Bundesland oder ist gar nicht gegeben. Es wäre aber plausibel, wenn diejenigen Personen, die z. B. Berechtigte der Kindernotbetreuung sind, auch in denjenigen Bundesländern, in denen dies bisher noch nicht geschehen ist, als Beschäftigte in einer „Kritischen Infrastruktur“ definiert würden. 5. Rechtliche und praktische Konsequenzen bei Einstufung in eine „systemrelevante“ Berufsgruppe oder als Beschäftigter in einer „Kritischen Infrastruktur“ Zu den rechtlichen Konsequenzen auf Bundesebene s.o. Auf Landesebene sollen die Personen, die einer als „systemrelevant“ eingestuften Berufsgruppe angehören oder Beschäftigte in einer „Kritischen Infrastruktur sind“, grundsätzlich (erleichterten) Zugang zur Kindernotbetreuung, bevorzugte Zuweisung von Schutzmasken, Recht auf Passierscheine, (erleichterten) Zugang zu Corona-Tests und ggf. modifizierte Ausgangsbeschränkungen erhalten. Welche rechtlichen Konsequenzen eine entsprechende Einstufung darüber hinaus haben wird, hängt von der Ausgestaltung der jeweiligen Verordnungen und deren Interpretation durch die Gerichte ab. Derzeit sind dazu keine Einschätzungen möglich. Ansonsten gelten auch für diesen Personenkreis die Grundrechte uneingeschränkt. Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages haben zu der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung zwischen Grundrechten und deren Beeinträchtigung durch staatliche Eingriffe am 8. April 2020 eine umfangreiche Ausarbeitung21 erstellt. Diese beiden Grundrechte sowie eine mögliche Einstufung einer Person als Beschäftigter in einer „Kritischen Infrastruktur“ oder als „systemrelevant“ müssen bei der Ausgestaltung und gerichtlichen Überprüfung von möglichen staatlichen Eingriffen angemessen berücksichtigt werden. Rechtsprechung zu dieser Frage gibt es derzeit noch nicht. 21 Deutscher Bundestag. Wissenschaftliche Dienste. Ausarbeitung vom 8. April 2020: Kontaktbeschränkungen zwecks Infektionsschutz: Grundrechte. Abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/690718/d37f86a0d2630831d13f70f16f63911b/WD-3-079-20-pdfdata .pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 – 3000 – 016/20 Seite 11 6. Verhältnis von „Systemrelevanz“ zu „Kritischen Infrastrukturen“ In Anbetracht einer sehr unscharfen und uneinheitlichen Begrifflichkeit (s.o.) kann dazu keine präzise und allgemeingültige Aussage getroffen werden. Generell dürfte gelten, dass der Begriff „Kritische Infrastrukturen“ enger gefasst ist als der Begriff „Systemrelevanz“. 7. Mögliche Unterschiede bei der Einstufung von Journalisten und/oder Medien als „systemrelevant" oder als Beschäftigte in einer „Kritischen Infrastruktur“ Derzeit wird der Personenkreis in den Bundesländern unterschiedlich definiert (siehe dazu oben). 8. Einstufung von Journalisten als „systemrelevant" oder als Beschäftigte einer „Kritischen Infrastruktur" und Auswirkungen auf die Landespressegesetze Die Einstufung von Personen als Beschäftigte „Kritischen Infrastrukturen“ oder als „systemrelevant“ hat derzeit keinen Einfluss auf Regelungen in Landespressegesetzen. 9. Zusammenfassung Die Begriffe „Systemrelevanz“ und „Kritische Infrastruktur“ werden uneinheitlich und teilweise synonym benutzt. Der Personenkreis derjenigen, die „systemrelevant“ oder Beschäftigte in einer „Kritischen Infrastruktur“ sind, kann je nach Bundesland variieren. Bis auf einen – je nach Bundesland variierenden – Anspruch auf Kindernotbetreuung hat es offenbar bisher noch keine rechtlichen Verpflichtungen/Einschränkungen für diesen Personenkreis gegeben. ****