© 2016 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 011/16 Vorschriften des Bundes und der Länder zum Jugendschutz in Internet und neuen Medien Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 2 Jugendschutz und Internet Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 011/16 Abschluss der Arbeit: 25. Februar 2016 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Jugendschutzrechtliche Regelungen im Überblick 4 2.1. Medienrecht und spezielles Jugendschutzrecht 5 2.1.1. Jugendschutz des Bundes – Telemediengesetz und Jugendschutzgesetz 5 2.1.2. Jugendschutz der Länder – Jugendmedienschutz-Staatsvertrag 6 2.1.3. Unzulässige Angebote gemäß JMStV 7 2.1.3.1. Absolut unzulässige Angebote (§ 4 Abs. 1 JMStV) 7 2.1.3.2. (Einfach unzulässige) Angebote, § 4 Abs. 2 JMStV 7 2.1.4. Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote (§ 5 JMStV) 8 2.1.5. Jugendschutz in Werbung und Teleshopping 8 2.1.6. Bildträger mit Auszügen von Film- und Spielprogrammen 8 2.2. 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag 9 2.3. Vom Jugendmedienschutz nicht erfasste Sachverhalte 9 3. Besondere Problembereiche 10 3.1. Werbung gegenüber Kindern 10 3.2. Werbung im Internet 12 4. Vertragsabschlüsse / Einkaufen im Internet 14 4.1. Vertragsabschlüsse im Internet 14 4.2. Besondere Regelungen für den Versandhandel 16 5. Jugendschutz im Internet 18 6. Jugendschutz und soziale Medien 19 7. Literaturverzeichnis 22 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 4 1. Einleitung Smartphones gehören für Kinder und Jugendliche längst zum Alltag. Die Nutzung der Medienangebote ist für sie zu einer alltäglichen Spielweise geworden. Anbieter im Internet, die Aufmerksamkeit durch die Nutzung von erotischem oder gewaltverherrlichendem Bildmaterial gewinnen wollen, müssen dies wissen. Werbung nach dem Motto „sex sells“ wird nicht nur von Erwachsenen wahrgenommen, sondern erreicht ebenso Kinder und Jugendliche. Es ist aber die oberste und schon im Grundgesetz, Art. 5 und 6 verankerte Pflicht des Staates, Kinder und Jugendliche zu schützen und durch geeignete rechtliche Bestimmungen, Gefährdungen und Beeinträchtigungen für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen durch solche Angebote zu verhindern. Dementsprechend ist es Aufgabe des vom Bund geregelten Jugendschutzes dafür zu sorgen, dass Kinder und Jugendliche nicht mit gewaltverherrlichenden oder pornografischen Darstellungen oder auch mit angstauslösenden oder diskriminierenden Darstellungen konfrontiert werden. Nicht zuletzt da der Jugendschutz als Teil der öffentlichen Fürsorge Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) ist, finden sich jugendschutzrechtliche Regelungen in einer Vielzahl von Gesetzen und rechtlichen Vorschriften, wie im Folgenden überblicksartig dargestellt. 2. Jugendschutzrechtliche Regelungen im Überblick Internationale Grundnormen: UN-Kinderrechtskonvention Europäische AVMD-Richtlinie Menschrechtskonvention Audiovisuelle Mediendienste- Richtlinie Innerstaatliches Recht Verfassungsrecht Grundgesetz - Persönlichkeitsschutz Art. 2(1) i.V.m. Art 1(1) GG und Art. 6 (1) das elterliche Erziehungsrecht Verfassungen der Bundesländer Öffentliches Recht Sozialrecht Strafrecht SGB VIII StGB BtMG OWIG Gewerbeordnungsrecht GastG SpielV GewO BJagdG HWG WaffG Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 5 Medienrecht und spezielles Jugendschutzrecht Telemediengesetz (TMG) Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder Jugendschutzgesetz 2.1. Medienrecht und spezielles Jugendschutzrecht Regelungen zum Jugendschutz finden sich in verschiedenen Gesetzen, insbesondere im Jugendschutzgesetz (JuSchG)1, im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)2 oder auch in Form von Straftatbeständen im Strafgesetzbuch (StGB)3. Für die Werbung insbesondere in Telemedien und im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen ist außerdem das Telemediengesetz (TMG)4 zu berücksichtigen. 2.1.1. Jugendschutz des Bundes – Telemediengesetz und Jugendschutzgesetz Das Jugendschutzgesetz – JuSchG, ist ein Bundesgesetz, das dem Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit dient. Dementsprechend regelt es in seinem Abschnitt 2 den Jugendschutz im öffentlichen Raum und damit den Verkauf, die Abgabe und den Konsum von Tabak und Alkohol, die Abgabe von Filmen und Computerspielen oder auch den Aufenthalt in Gaststätten und bei Tanzveranstaltungen (Diskotheken). Abschnitt 3 betrifft den Jugendschutz im Bereich der Medien und hier insbesondere den Bereich der Trägermedien. Für körperliche Trägermedien wie Filme, Spiele, DVDs oder Videokassetten findet das JuSchG Anwendung. „Trägermedien“ sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 JuSchG alle „Medien mit Texten, Bildern oder Tönen auf gegenständlichen Trägern, die zur Weitergabe geeignet, zur unmittelbaren Wahrnehmung bestimmt oder in einem Vorführoder Spielgerät eingebaut sind“. Damit sollen alle potentiell jugendgefährdenden Inhalte erfasst sein. Außerdem wird hier geregelt, welche Angebote in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen werden sollen. Vom JuSchG ausgenommen sind lediglich gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 JuSchG Rundfunksendungen. 1 Jugendschutzgesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730), das zuletzt durch Art. 2 Abs. 55 u. Art. 4 Abs. 36 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. 2 Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz -Staatsvertrag – JMStV) vom 10. bis 27. September 2002 (Bay.GVBl. Nr. 5/2003, S. 147 ff.), in Kraft getreten am 1. April 2003. Siehe auch Punkt 2.2 dieser Arbeit. 3 Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2218) geändert worden ist. 4 Telemediengesetz vom 26. Februar 2007 (BGBl. I S. 179), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Juli 2015 (BGBl. I S. 1324) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 6 Den Jugendschutz im Bereich der Medien regeln § 11 Filmveranstaltungen - § 12 Bildträger mit Filmen oder Spielen -§ 13 Bildschirmspielgeräte - § 14 Kennzeichnung von Filmen und Filmund Spielprogrammen, § 15 Jugendgefährdende Trägermedien sowie der Unterabschnitt 2 § 16 zu Telemedien, der besagt, dass Regelungen zu Telemedien, die in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 18 aufgenommen sind, dem Landesrecht vorbehalten bleiben. Im JuSchG werden bestimmte Fallgruppen jugendgefährdender Medien aufgeführt, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM)5 zu indizieren sind. Es sind dies unsittliche , verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anstiftende Medien sowie Medien, in denen Gewalthandlungen wie Mord und Metzel Szenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahe gelegt wird (§ 18 Abs. 1 S. 2 JuSchG). Das JuSchG unterscheidet bei jugendgefährdenden Medien zwischen einfach jugendgefährdenden und schwer jugendgefährdenden Medieninhalten. Während einfach jugendgefährdende Medieninhalte (auf Antrag oder Anregung) von der BPjM überprüft und auf die Liste jugendgefährdender Medien gesetzt werden („Indizierung“), unterliegen schwer jugendgefährdende Medien auch ohne Indizierung den gesetzlichen Verbreitung- und Werbebeschränkungen des JuSchG. Da die Vorschrift des § 15 Abs.2 JuSchG jedoch nur jugendgefährdende Trägermedien erfasst, gelten für die Telemedien (z.B. Homepages, Internet-Suchmaschinen, Newsgroups, Chatroom oder Online-Spiele) die Unzulässigkeitstatbestände des § 4 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 3 Jugendmedienschutz -Staatsvertrag (JMStV). 2.1.2. Jugendschutz der Länder – Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Rundfunksendungen werden vom Jugendmedienschutz-Staatsvertrag- JMStV erfasst. Dieser zwischen den Bundeländern abgeschlossene Staatsvertrag regelt den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien. Unter Telemedien werden gem. § 2 Abs. 1 JMStV elektronische Informations- und Kommunikationsdienste verstanden. Mit dem JMStV haben die Länder eine einheitliche Rechtsgrundlage für den Bereich Internet und Rundfunk geschaffen. So bestimmen die §§ 4 – 6 JMStV, welche Inhalte im Internet unzulässig sind oder nur eingeschränkt gezeigt werden dürfen. Auch Beschränkungen für Online-Werbung, die sich an Kinder und Jugendliche richtet, findet sich hier (§ 6 Jugendschutz in Werbung und Teleshopping). Die Bestimmungen des JMStV sind somit nicht nur für Rundfunk und Fernsehen anwendbar, sondern betreffen auch Telemedien und damit das Internet und die im Internet abrufbaren Angebote. Im JMStV werden Telemedien-Angebote in drei Kategorien aufgeteilt: absolut unzulässige Angebote (§ 4 Abs.1 JMStV), (einfach) unzulässige Angebote (§ 4 Abs.2 JMStV) und entwicklungsbeeinträchtigende Angebote (§ 5 JMStV). Zu den absolut unzulässigen und gefährdenden Inhalten 5 Die BPjM, eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMFSFJ; sie ist eine der Jugendschutzinstitutionen Deutschlands. Weitere Jugendschutzinstitutionen sind: die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), jugendschutz.net, die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK), die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF), die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia Diensteanbieter e.V.(FSM) und die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Eine Kurzbeschreibung der Organisationen ist zu finden auf der Internetseite der Medienanstalten unter: http://www.die-medienanstalten.de/themen/jugendmedienschutz/jugendschutzinstitutionen -in-deutschland.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 7 gehören beispielsweise Abbildungen von sexuellem Missbrauch von Kindern, volksverhetzende Aussagen oder gewaltverherrlichende Darstellungen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 JMStV sind Telemedienanbieter für allgemein zugängliche Telemedien sowie Anbieter für Suchmaschinen dazu verpflichtet, einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen, wenn ihre Angebote entwicklungsbeeinträchtigende oder (einfach) unzulässige Inhalte enthalten. Von dieser Pflicht sind sie befreit, wenn sie weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen oder die monatlich durchschnittliche Zugriffszahl 10 Millionen Zugriffe unterschreitet und sie sich dafür einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anschließen. 2.1.3. Unzulässige Angebote gemäß JMStV 2.1.3.1. Absolut unzulässige Angebote (§ 4 Abs. 1 JMStV) Absolut unzulässige Angebote dürfen unter keinen Umständen dargestellt werden. In der Regel handelt es sich bei diesen um strafbare Angebote im Sinne des StGB, beispielsweise pornographische Angebote (§§184 ff. StGB). Es sind Angebote, die auch für Erwachsene verboten sind. Hierzu zählen Angebote, die • Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen (auch bei virtuellen Darstellungen), § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV, • die pornographisch sind und Gewalttätigkeiten, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben (auch bei virtuellen Darstellungen), § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 JMSV, • die (in den Teilen B und D) der Indexliste nach § 18 JuSchG aufgenommen sind oder mit solchen Werken ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 JMStV. Die Verbreitung von gewalt- und tierpornographischem Material sowie Verbreitung und Besitz von kinder- und jugendpornographischem Material sind strafbar und unzulässig nach oben genannten Bestimmungen. 2.1.3.2. (Einfach unzulässige) Angebote, § 4 Abs. 2 JMStV Grundsätzlich unzulässig sind auch (einfach) unzulässige Angebote (§ 4 Abs. 1 Satz 1 JMSV). Auch Angebote gemäß § 4 Abs.2 Satz 1 sind unzulässig. Allerdings gilt für Telemedien, dass diese Angebote zulässig sind, wenn von Seiten der Anbieter sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich sind. Stellt der Anbieter also sicher, dass die Angebote Kinder und Jugendliche nicht erreichen, so sind diese ‚unzulässigen‘ Angebote zulässig. Der Anbieter kann die Voraussetzung hierfür durch Anwendung von Altersverifikationssystemen (AVS) sicherstellen. Bei diesen hat sich der Nutzer zunächst durch persönlichen Kontakt zu identifizieren und muss sich anschließend bei der Nutzung ausweisen. Zu den Angeboten im Rahmen dieser Regelung gehören: • In sonstiger Weise pornographische Angebote, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JMStV, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 8 • Angebote, die (in den Teilen A und C) der Indexliste nach § 18 JuSchG aufgenommen sind oder mit solchen Werken ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind, § 4 Abs.2 Satz 1 Nr. 2 JMStV, • Angebote, die offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefährden, § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JMStV. 2.1.4. Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote (§ 5 JMStV) Entwicklungsbeeinträchtigende Angebote sind Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 5 Abs. 1 JMStV). Eine solche Eignung wird nach § 5 Abs. 2 JMStV vermutet , wenn keine Freigabe nach dem JuSchG für Kinder und Jugendliche der jeweiligen Altersstufe vorgesehen ist. 2.1.5. Jugendschutz in Werbung und Teleshopping6 Der Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Werbung und im Teleshopping ist in § 6 JMStV sowie in Ziffer 7 der Jugendschutzrichtlinien (JuSchRiL) der Landesmedienanstalten in der jeweils geltenden Fassung geregelt.7 2.1.6. Bildträger mit Auszügen von Film- und Spielprogrammen Für Anbieter beispielsweise von PC-Spielemagazinen, die ihren Zeitschriften ungekennzeichnete Demoversionen beifügen wollen, ist § 12 Abs. 5 JugSchG zu beachten. Die Vorschrift besagt, dass- Bildträger, die Auszüge von Film- und Spielprogrammen enthalten, im Verbund mit periodischen Druckschriften nur vertrieben werden dürfen, wenn sie mit einem Hinweis des Anbieters versehen sind, der verdeutlicht, dass eine Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle festgestellt hat, dass diese Auszüge keine Jugendbeeinträchtigung enthalten. Das Beifügen von ungekennzeichneten Demoversionen ist nach dieser Vorschrift folglich nicht zulässig. „Anbieter wie „PC-Games“ und “PC-Action“ sind bereits dazu übergegangen, ihre Zeitschriften mit entsprechenden Demo-Versionen nur noch per Abo und Altersverifizierung an Personen über 18 Jahren anzubieten.“8 6 Siehe auch Punkt 3.2 dieser Arbeit. 7 Vgl.: Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten zur Gewährleistung des Schutzes der Menschenwürde und des Jugendschutzes (Jugendschutzrichtlinie –JuSchRiL) vom 8./9. März 2005, im Internet abrufbar unter: http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Rechtsgrundlagen/Richtlinien /JuSchRiL2005.pdf. 8 http://www.e-recht24.de/artikel/jugendschutz/56.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 9 2.2. 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag In ihrer Sitzung am 3. Dezember 2015 unterzeichneten die Ministerpräsidenten der Länder den 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Es ist ein Vertragswerk, das Änderungen in mehreren Bereichen vorsieht, insbesondere eine Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV)9. Dieser sieht für die Telemedien (III. Abschnitt, § 11) Vorgaben für Jugendschutzprogramme vor, Alterskennungen sollen vereinheitlicht werden, die Selbstregulierung neu ausgerichtet und „jugendschutz . Net“ dauerhaft finanziert werden (§ 18). Mit dem Vertragswerk werden insgesamt fünf medienrechtliche Staatsverträge geändert. Außerdem enthält der Staatsvertrag Regelungen für das geplante Online-Jugendangebot von ARD und ZDF. Der geplante Online-Jugendkanal von ARD und ZDF soll im Oktober 2016 gestartet werden. Es richtet sich an die Zielgruppe der Vierzehn- bis Neunundzwanzigjährigen und wird als Online-Plattform eingerichtet. Hier sollen die verschiedenen Gattungen Text, Radio, Fernsehen miteinander verbunden sein.10 Die Staatsvertragsnovelle soll mit Ausnahme der Bestimmungen zum Rundfunkbeitrag zum 1. Oktober 2016 in Kraft treten. 2.3. Vom Jugendmedienschutz nicht erfasste Sachverhalte Das sogenannte Cybermobbing, Kostenfallen und Probleme beim illegalen Download von Musik, Filmen oder Spielen werden jedoch nicht durch den Jugendmedienschutz geregelt. Cyber-Mobbing oder Cyberbullying wird gesetzlich nicht direkt bestraft. Es ist allerding ein Problem , das insbesondere auch in Schulen immer wieder auftritt. Generell greifen in einem Cyber- Mobbing-Fall Gesetze des Strafrechts hinsichtlich Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§186 StGB), Verleumdung (§187 StGB), Nachstellung (§ 238 StGB), Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB), die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB), Nötigung und Bedrohung (§ 240 und § 241 StGB) oder auch in Fällen, in denen beispielsweise Fotos von Freunden ins Internet gestellt werden, § 22 KUG/KunstUrG, das Recht am eigenen Bild. 9 Eine nichtamtliche Fassung des Staatsvertrages ist im Internet abrufbar unter: http://www.kjm-online .de/recht/gesetze-und-staatsvertraege/jugendmedienschutz-staatsvertrag-jmstv.html. 10 Vgl. z.B.: http://www.medienkorrespondenz.de/politik/artikel/ministerpraesidenten-unterzeichnen-novellezum -rundfunkstaatsvertrag.html; http://www.heise.de/newsticker/meldung/Jugendmedienschutz-Staatsvertrag- Das-grosse-Bibbern-vor-den-Landtagen-2919087.html?view=print. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 10 3. Besondere Problembereiche Kinder und Jugendliche sind nicht zuletzt wegen ihrer gestiegenen Kaufkraft11 für Unternehmen ebenso wie für die Werbewirtschaft zu einer attraktiven Zielgruppe geworden. Kinder treffen immer häufiger selbst Konsumentenentscheidungen, seien es die Entscheidung über die Auswahl der Produkte beim Lebensmitteleinkauf oder bei der Kaufentscheidung über Konsumgüter wie Kleidung und elektronische Geräte oder auch der Abschluss von Handyverträgen oder das erste Bankkonto. Da Kinder und Jugendliche wichtige Konsumentenentscheidungen zunehmend selbst treffen, wird die frühzeitige Vermittlung von Verbraucher- und Medienkompetenzen ebenfalls immer wichtiger. 3.1. Werbung gegenüber Kindern Werbung, die sich an Kinder12 richtet unterliegt grundsätzlich besonderen Einschränkungen. Hier muss sich der Anbieter darauf einstellen, dass strengere rechtliche Anforderungen zu berücksichtigen sind. Für Produkte wie Tabak oder Alkohol, sogenannte ‚Erwachsenenprodukte‘, ist dies jedem offensichtlich. Doch auch bei der Werbung für beispielsweise Süßwaren oder Computerspiele sollten Anbieter mögliche Gefahren für Kinder einschätzen und im Auge behalten und dementsprechend mit dem nötigen Fingerspitzengefühl vorgehen. Rechtsvorschriften hierzu finden sich auch in den unter Punkt 2 dieser Arbeit genannten Vorschriften. Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)13 gibt es die zentrale Norm des § 3 Abs. 1 UWG, dass unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig sind. Im Anhang zu § 3 Abs.3 UWG14 wird unter Nr. 28 bestimmt, dass die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen als eine unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne der Vorschrift zu werten ist. Das UWG verbietet somit unmittelbare Kaufaufforderungen gegenüber Kindern. Dies bedeutet aber auch, dass mittelbare Kaufaufforderungen nicht unbedingt unter die Vorschrift fallen. Dass eine Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann, liegt nahe. Im Zweifel sollten jedoch strenge 11 Vgl.: http://www.ksta.de/wirtschaft/-verbraucher-studie-wirtschaftskraft-kind,15187248,23929044.html; http://www.abendblatt.de/wirtschaft/article107438328/Kinder-haben-so- Entviel-Geld-wie-nie-zuvor.html; http://www.svz.de/deutschland-welt/wirtschaft/wie-die-werbewirtschaft-kinder-bezirzt-id10206316.html, sowie : http://www.welt.de/wirtschaft/article145086623/Was-Ihre-digital-volljaehrigen-Kinder-im-Internettun .html. 12 ‚Kinder‘ sind nach der h. M. Personen unter 14 Jahren; Minderjährig sind Kinder und Jugendliche (Personen über 14, aber unter 18 Jahren). 13 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 2. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2158) geändert worden ist. 14 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Anhang (zu § 3 Absatz 3), BGBl: I 2010, 262 – 263. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 11 Maßstäbe angelegt werden. Dies zeigt auch die Begründung einer Entscheidung des BGH, der argumentiert , dass der Schutz der Kinder von den Anbietern eine besondere Zurückhaltung verlange . Auch der Bundesgerichtshof, dem die Entscheidung des BGH im Revisionsverfahren vorgelegt worden war, vertritt die Rechtsansicht, dass Kinder nicht durch Werbung im Internet zum Kauf von Spielgegenständen animiert werden dürfen. Werbeaussagen, die gezielt Kinder ansprechen seien verboten. Anlass für das Urteil war die Werbung für den Kauf von Spielzubehör im Zusammenhang mit dem Verkauf des Online-Spiels „Runes of magic“15. In einer anderen Entscheidung 16 urteilte der BGH ebenfalls, dass Werbung gegenüber Kindern den besonderen Einschränkungen des Nr. 28 Anhang zu § 3 Abs.3 UWG unterliegt. Dieser Fall – der Aktion eines Elektronik-Fachmarktes, der jedem/r Schüler/in für eine Eins im Zeugnis eine Kaufpreisermäßigung von 2 Euro versprochen hatte - wurde vom BGH nicht als Verstoß gegen die Norm eingestuft. Entscheidend für die Werbung sei, dass - ein allgemeiner Kaufappell vorliegt, der nicht auf konkrete Produkte, sondern auf das gesamte Sortiment des Fachmarktes abzielt, - kein unangemessener unsachlicher Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Schulkinder ausgeübt wird, - und auch nicht deren geschäftliche Unerfahrenheit ausgenutzt wird. Anbieter von Werbung - auch Werbung im Internet – sollten folglich bei der Gestaltung der Werbung berücksichtigen, inwieweit durch die Werbemaßnahme einem Kind eine Entscheidung zu einer entgeltlichen Handlung aufgedrängt wird, was unzulässig wäre, oder ob es sich noch um eine mittelbare und damit zulässige Kaufaufforderung handelt. Um zu bestimmen, welche Vorschriften im Zusammenhang von Jugendlichen und Werbung Anwendung finden, ist zunächst zu differenzieren, ob es sich um Rundfunk und wenn nein, ob es sich um Telemedien und in diesem Fall, um welche Art von Telemedien es sich handelt. Für ‚einfache‘ Telemedien findet § 1 TMG Anwendung, geschäftsmäßig angebotenen Telemedien sind in § 5 TMG geregelt, Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten in § 54 Abs. 2 RStV und Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind in § 58 Abs. 4 RStV. 15 BGH Urt. V. 18.09.2014 – Az.: I ZR 34/12 und BGH, Urt. V. 17.07.2013 – Az.: I ZR 34/12. 16 Urteil vom 3. April 2014 – I ZR 86/13 – Zeugnisaktion. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 12 Insbesondere bei der Berücksichtigung von Online-Werbung, die sich (auch) an Kinder richtet, ist § 3 UWG zu beachten.17 Auch Spezialvorschriften, wie etwa das Heilmittelwerbegesetz (HWG)18 enthalten Schutzvorschriften für Kinder. So darf für Arzneimittel und damit verwandte Produkte keine Werbung für die Allgemeinheit stattfinden, also für Menschen, die nicht zum fachinternen Personenkreis gehören , wie beispielsweise Angehörige von Heilberufen, wenn die Werbung so gestaltet ist, dass sie geeignet ist, speziell Kinder zum Konsum oder zum Kauf zu bewegen, wenn es sich um Werbemaßnahmen handelt, die sich ausschließlich oder überwiegend an Kinder unter 14 Jahre richten . Schutzvorschriften für Kinder und Jugendliche sind auch in Staatsverträgen der Länder zu finden . So beispielsweise im Staatsvertrag zum Glückspielwesen in Deutschland (Glückspielstaatsvertrag – (GlüSTV), der in § 5 Bestimmungen zur Werbung enthält. Dieser bestimmt ausdrücklich , dass sich Werbung nicht an Minderjährige richten darf. Werbung dürfe nicht irreführend sein und müsse deutliche Hinweise auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger, die von dem jeweiligen Glückspiel ausgehende Suchtgefahr und Hilfsmöglichkeiten enthalten. Werbung darf nicht so gestaltet sein, dass sie Kinder und Jugendliche zum Glückspiel, beispielsweise zur Teilnahme an der Lottoziehung, animiert. 3.2. Werbung im Internet Gerade im Internet ist es für Kinder oft schwierig, Werbung und Information oder Unterhaltung voneinander zu trennen. Insbesondere die Wirkung von Werbung, die hinter einer Werbebotschaft stehende Absicht, wird von Kindern oft nicht wahrgenommen. Anbieter dagegen haben ein Interesse, Kinder an ihre Werbebotschaft und ihre Produkte zu binden und sie so als potentielle Käufer zu gewinnen. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV enthält Regelungen, die Werbung in Informationsund Kommunikationsmedien untersagen, die Kindern und Jugendlichen körperlichen oder seelischen Schaden zufügen können. 17 Vgl. hierzu die Analyse von KEBER 2014, S. 189 – 216. Dieser kommt u.a. zu dem Ergebnis, dass die Regulierung, insbesondere die des Trennungsgebots für Telemedien (§ 58 Abs. 1 RStV), nach dem Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein muss, nicht kohärent umgesetzt sei. Außerdem stellt er fest: „Während der RStV Werbebeschränkungen im Fernsehen vorsieht, die speziell Kinder und Jugendliche schützen, fehlen entsprechende Vorgaben für Telemedien, die nicht fernsehähnlich sind. Namentlich ein spezifisches kinder- und jugendschutzorientiertes Trennungsgebot ist für fernsehähnliche Telemedien weder im Rundfunk- und Telemedienrecht, noch im JMStV vorgesehen. Dieser Befund ist vor allem dann nicht sachgerecht, wenn man bedenkt, dass sich bei der Verbindung von Werbung und Spielen die potentiell beeinflussende Wirkung durch Interaktivität signifikant erhöht“ (KERBER 2014, 216). 18 Heilmittelwerbegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3068), das zuletzt durch Artikel 8a des Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 13 Der 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, trifft mit Artikel 5 Änderung des Jugendmedienstestaatsvertrages . Der Jugendmedienstaatsvertrag sieht in § 6 Abs. 2– Jugendschutz in der Werbung und im Teleshopping - Regelungen vor, die den Schutz von Kindern und Jugendlichen betreffen. Konkret heißt es hier unter anderem: Werbung darf Kinder und Jugendliche weder körperlich noch seelisch beeinträchtigen, darüber hinaus darf sie nicht 1. direkte Aufrufe zum Kaufen oder Mieten von Waren oder Dienstleistungen an Kinder oder Jugendliche enthalten, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen, 2. Kinder oder Jugendliche unmittelbar auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Waren oder Dienstleistungen zu bewegen, 3. das besondere Vertrauen ausnutzen, das Kinder oder Jugendliche zu Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen haben, oder 4. Kinder oder Jugendliche ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen zeigen. Problematisch sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Platzierung von Werbung und deren vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Werbung im Internet ist deshalb oft nicht leicht erkennbar . Es ist deshalb von allen Nutzern, nicht nur von Kindern, im Umgang mit Internet-Werbung eine höhere Medienkompetenz erforderlich, als beispielsweise mit herkömmlichen Medien, wie Fernsehen oder Zeitschriften. Die häufigsten Online-Werbeformen: „Banner sind festgelegte Anzeigenflächen auf Internetseiten. Skyscraper beispielsweise finden sich häufig am rechten Rand der Website. Diese Anzeigenflächen bestehen aus Bild und Text, sind aber häufig auch mit aufwändigen Film- und Audiosequenzen versehen. Da Skyscraper oft eng an der Scroll-Leiste platziert werden und teilweise mit nach unten wandern, kann man sie leicht versehentlich anklicken. So genannte Wallpaper umrahmen den redaktionellen Bereich einer Website und erzielen durch ihre großflächige Gestaltung eine höhere Aufmerksamkeit bei den Betrachtern. Pop-ups, Pop-unders und Layer unterbrechen das Surfen,indem sie die Seite teilweise großflächig überlagern oder über den Bildschirm wandern. Oft sind sie animiert und mit kleinen Filmsequenzen gestaltet. Das X zum Schließen ist meist sehr klein, auch öffnen sich manchmal weitere Fenster. Videowerbung begegnet Kindern häufig auf kommerziellen Spiel- und Videoportalen. Die Werbeclips werden meist vor und nach dem gewünschten Inhalt geschaltet. Content integrierte Werbung ("Integrated advertising") ist im redaktionellen Bereich einer Website platziert und fügt sich gestalterisch in das Layout ein. Häufig passt die Werbeaussage auch inhaltlich zum Webangebot. Sponsoring findet man häufig auf Internetseiten von Fernsehsendern. Es werden Gewinnspiele , Downloads oder andere attraktive Aktionen von Sponsoren präsentiert, um ein positives Image bei der jungen Zielgruppe aufzubauen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 14 Werbespiele (Advergames, Adgames) sind gesponserte Onlinespiele, die in werbefinanzierten Websites oder auf firmeneigenen Websites eingebunden werden können. Werbespiele gibt es in sehr unterschiedlichen Variationen. Sie bieten unterhaltsame Form der Werbeansprache und bedienen das kindliche Interesse an Spielen. Bei demonstrativen Werbespielen steht die beworbene Marke stark im Vordergrund, so werden beispielsweise die Eigenschaften des Werbeprodukts zum Gegenstand bzw. Thema des Spiels. Der gesamte Internetauftritt kann als Werbefläche dienen. Auch Newsletter, Gewinnspiel und Clubmitgliedschaft dienen oft Werbezwecken. Durch E-Cards und Weiterempfehlen der Seite bzw. des Artikels wird das Kind direkt zum kostenlosen und besonders vertrauenswürdigen Werbebotschafter. Werbe-Mails kontaktieren effektiv, weil sich der Empfänger dadurch persönlich angesprochen fühlt. Sie sind mit Hinweisen auf Produkte und Bestellmöglichkeit und zum Teil auch mit Links zu Onlineshops versehen“19 4. Vertragsabschlüsse / Einkaufen im Internet 4.1. Vertragsabschlüsse im Internet Surfen im Internet ist für Kinder und Jugendliche eine beliebte und bereits früh praktizierte Beschäftigung . So stellte eine Studie des Hans-Bredow-Instituts fest, dass bereits Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren, „einige auch schon im Säuglings- und Krabbelalter“ die elterlichen Smartphones und Tablets nutzen (KÜHN/LAMPERT 2015, 31). Das Internet ist damit längst kein den Erwachsenen vorbehaltener Bereich mehr. Über diese Geräte konsumieren Kinder Kinderfilme und Onlinevideos, v.a. über YouTube. Zu dem wohl größten Anteil der mobilen Gerätenutzung von Kindern gehören aber Spielanwendungen, wie Puzzles, Zuordnungsspiele und Casual Games. Doch gerade im Internet finden sich zahlreiche Angebote großer Online-Shops die mit ihrer grenzenlosen Auswahl Konsumenten locken. Das Einkaufen wird dem Verbraucher hier oft leicht gemacht ; oft genügt das Anklicken eines Buttons, um eine Bestellung zu tätigen. Doch so kinderleicht dieses Einkaufen mit einem Klick ist, die Folgen haben oft die Eltern zu tragen. Verbraucherschützer raten deshalb zu rechtzeitiger Aufklärung und medienpädagogischer Anleitung von Kindern und Jugendlichen. Da Kinder jedoch nicht so ohne weiteres Kaufverträge abschließen können, spielt das Alter bzw. die Geschäftsfähigkeit des Kindes bzw. des Jugendlichen eine entscheidende Rolle. Jeder Vertragsabschluss setzt zwei übereinstimmende, wirksame Willenserklärungen voraus. Diese müssen von zwei (zumindest beschränkt) Geschäftsfähigen abgegeben werden. Durch Annahme des Vertragsangebots kann es dann zum Vertragsabschluss kommen. 19 Vgl.: Klicksafe, Werbung im Internet. Was steckt dahinter, im Internet abrufbar unter: http://www.klicksafe.de/themen/einkaufen-im-netz/werbung/werbung-im-internet-was-steckt-dahinter/ Ähnliche Aufstellungen sind auch zu finden bei: http://www.die-zeitungen.de/leistung/zeitungen-digital/abc-deronline -werbeformen.html, oder: http://www.werbeformen.de/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 15 Kinder, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind geschäftsunfähig. Geschäftsunfähigkeit bedeutet, dass ihre Willenserklärung nichtig ist. Kinder unter sieben Jahren können folglich keine Verträge abschließen, da sie geschäftsunfähig sind (§ 104 BGB). Als beschränkt geschäftsfähig (§§ 106-113 BGB) dagegen gelten Kinder zwischen sieben und achtzehn Jahren. Sie können ohne Zustimmung bzw. Genehmigung des gesetzlichen Vertreters (i.d.R. der Eltern) nur Rechtsgeschäfte eingehen, die ihnen lediglich rechtliche Vorteile einbringen (z.B. Annahme einer Schenkung), die sie mit ihrem Taschengeld abwickeln können, oder die sie im Rahmen eines Erwerbsgeschäfts eingehen, zu dessen Betrieb sie ermächtigt sind. Schließt ein Minderjähriger einen Vertrag ohne die vorherige Einwilligung/Genehmigung des gesetzlichen Vertreters ab, hängt das Wirksamwerden des Vertrages von der nachträglichen Genehmigung durch die Eltern ab. Verweigern die Eltern die Genehmigung, so ist der Vertrag als von Anfang an unwirksam anzusehen. Die beschränkte Geschäftsfähigkeit endet mit dem 18. Lebensjahr. Es gilt jedoch eine – für Jugendliche relevante - Ausnahme von dem Grundsatz, dass der gesetzliche Vertreter seine Zustimmung zu einem Vertrag/Rechtsgeschäft geben muss. Diese besteht in dem sogenannten Taschengeldparagraph, § 110 BGB. Danach ist ein Vertrag auch ohne Zustimmung der Eltern von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige „die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind‘. Jugendliche können folglich über das ihnen beispielsweise von den Eltern zur Verfügung gestellte Geld, hierzu gehört das Taschengeld , frei verfügen. Minderjährige können auch kleinere Alltagsgeschäfte, wie den Kauf von CDs oder T-Shirts/Jeans selber tätigen. Ein solcher Kaufvertrag wird allerdings nur dann wirksam , wenn der Minderjährige mit eigenen Mitteln bezahlt. Ziel des Taschengeldparagraphen ist es zu verhindern, dass Jugendliche sich verschulden. Verträge mit Minderjährigen sind folglich nicht verboten. Im Einzelfall kann es jedoch für den Online-Händler schwierig sein festzustellen, ob die eingesetzten Mittel des Jugendlichen noch unter dieser Vorschrift zu subsumieren sind. Dies ist ein Grund weshalb Online-Händler ggf. eine Zustimmung der Eltern verlangen. „Ein guter Glaube an die Volljährigkeit des Vertragspartners wird übrigens nicht geschützt . Es besteht auch keine Aufklärungspflicht des Minderjährigen, auf sein Alter hinzuweisen . Selbst wenn der Minderjährige einem Händler gegenüber wahrheitswidrig behaupten würde, er sei volljährig, würde dies dennoch keine (vor)vertraglichen Ansprüche gegen den Minderjährigen auslösen. Schadensersatzansprüche wären in diesem Fall aber ggf. denkbar. (…) Geschäfte mit beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen sind weder per se wirksam noch unwirksam. Der Gesetzgeber stellt den Schutz und die Erziehung Minderjähriger aber grundsätzlich über den guten Glauben des Händlers. Um Streitigkeiten zu vermeiden, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 16 empfiehlt es sich, Kinder schon früh darüber aufzuklären, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist und ihnen die entsprechenden Online-Kompetenzen zu vermitteln.“20 Im Online-Handel wie im täglichen Geschäftsverkehr finden die Regelungen über die Geschäftsfähigkeit Anwendung, d.h. nur wer volljährig ist, ist unbeschränkt geschäftsfähig und kann Verträge schließen. Kinder unter sieben Jahre sind nach dem Gesetz geschäftsunfähig und können deshalb keine Verträge schließen. Bei Bestellungen im Internet ist es jedoch regelmäßig so, dass die Rechnung hinterher bezahlt wird. Das fällt also gerade nicht unter den "Taschengeldparagraph". Daher müssen die Eltern bei Internet- Käufen entweder zuvor einwilligen oder das Geschäft nachträglich genehmigen. Erteilen sie keine Genehmigung , ist der Kaufvertrag unwirksam. Dann brauchen Eltern bei "heimlicher" Bestellung ihres Kindes das Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Vielmehr reicht es aus, wenn sie dem Unternehmen gegenüber erklären, dass sie die Genehmigung verweigern .21 Jugendschutzbestimmungen sind deshalb auch für Händler, insbesondere Händler von Computerspielen und Konsolen von Bedeutung. 4.2. Besondere Regelungen für den Versandhandel Das Jugendschutzgesetz definiert in seinen allgemeinen Begriffsbestimmungen auch den Versandhandel . Danach ist Versandhandel im Sinne des Gesetzes jedes entgeltliche Geschäft das im Wege der Bestellung und Übersendung einer Ware durch Postversand oder elektronischen Versand ohne persönlichen Kontakt zwischen Lieferant und Besteller oder ohne dass durch technische oder sonstige Vorkehrungen sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt, vollzogen wird (§ 1 Abs. 4 JSchG). Zunächst ist zu unterscheiden zwischen Trägermedien und dem Verkauf gesundheitsgefährdender Produkte. Der Verkauf von Trägermedien (z.B. DVDs oder Konsolen) an Minderjährige ist nur gestattet, wenn eine entsprechende Freigabe einer Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle (FSK, USK) vorliegt. Die Anwendung eines Altersverifikationssystems ist damit für den Versandhändler zwingend erforderlich. 20 Vgl.: Dürfen Kinder online einkaufen? http://www.trustedshops.de/info/durfen-kinder-online-einkaufen/; siehe auch: Verträge mit Minderjährigen – gültig oder ungültig? http://www.jugendamt.nuernberg.de/downloads/jugendschutz _vertraege.pdf. 21 Vgl.: http://www.verbraucherzentrale.de/So-funktioniert-der-Internet-Einkauf-7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 17 Die Eignung der Altersverifikationssysteme wird von den Gerichten allerdings unterschiedlich bewertet22 Online-Shops gehören zum Versandhandel. Hier besagt das JuSchG, dass Online-Händler und Online-Shops, die Alkohol, Tabak, E-Zigaretten oder auch andere Inhalte für Erwachsene, die zur ‘Unterhaltung von Erwachsenen‘ vorgesehen sind, anbieten zu beachten haben, dass, falls es sich um Geschäfte des Versandhandels handelt, die Altersverifikationssysteme berücksichtigt wurden . Ein Versandhändler der dies vernachlässigt, verstößt gegen das Jugendschutzgesetz. Die Familienministerin weist auf ihrer Internetseite auf das Versandhandelsverbot von Trägermedien hin: „Für jugendgefährdende Trägermedien gilt ein Versandhandelsverbot; dies betrifft sowohl die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indizierten Trägermedien als auch schwer jugendgefährdende Trägermedien, bei denen es keiner ausdrücklichen Indizierung mehr bedarf (indiziert kraft Gesetzes). Für Filme und Spiele, die ein Alterskennzeichen tragen, gilt die Pflicht, dass der Versender auf die Altersfreigabe deutlich hinweisen und bei der Abgabe auf die Einhaltung dieser Altersbeschränkungen achten muss. Für Spiele und Filme, die das Alterskennzeichen „Keine Jugendfreigabe“ erhalten haben oder die über keine Alterskennzeichnung der FSK bzw. USK verfügen, besteht nach dem Jugendschutzgesetz ein Versandhandelsverbot. Die Einschränkungen des Jugendschutzgesetzes beim Versandhandel gelten nicht, wenn technisch oder organisatorisch sichergestellt ist, dass nichts an Kinder- und Jugendliche verschickt wird, beispielsweise durch das Postident-Verfahren.“23 22 Vgl.: Jugendschutz im Online-Handel: Welche Altersverifikation ist ausreichend? http://www.shopbetreiberblog .de/2015/05/07/jugendschutz-im-online-handel-welche-altersverifikation-ist-ausreichend/ oder: http://www.e-recht24.de/artikel/ecommerce/6271-onlineshop-alterskontrolle-alkohol-tabak-jugendschutz.html; oder: http://www.e-commerce-magazin.de/altersverifikation-bei-onlineshops-gesetzliche-vorgaben, oder: http://www.it-recht-kanzlei.de/altersverifikation-webcam-check.html. Siehe auch: Rechtsauffassung und praxishinweise der Obersten Landesjugendbehörden zum Versandhandel nach § 1 Abs. 4 Jugendschutzgesetz (JuSchG), hrsg. vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, im Internet abrufbar unter. https://www.google.de/?gws_rd=ssl#q=Rechtsauffassung+und+Praxishinweise+der+obersten +Landesjugenbah%C3%B6rden+zum+VErsandhanel. 23 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Jugendschutz Aktiv, Versandhandel, im Internet abrufbar unter: http://www.jugendschutz-aktiv.de/de/informationen-fuer-gewerbetreibende-und-veranstalter /die-vorschriften-im-einzelnen/versandhandel.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 18 5. Jugendschutz im Internet Für den Kinder –und Jugendschutz im Internet gibt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), der dem Schutz der Kinder und Jugendlichen in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien dient, die Rahmenbedingungen des Kinder-und Jugendschutzes im Internet vor.24 Dieser enthält in § 14 Abs 3 JMStV die Regelung, dass eine Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gebildet wird, deren Aufgabe die Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen des JMSV ist. Zur Zuständigkeit der KJM im Bereich des Internets gehört die Anerkennung von Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle (§ 19 JMStV) sowie die Anerkennung von Jugendschutzprogrammen (§ 16 S. 1 Nr. 6 JMStV). Solche anerkannten Organe der Freiwilligen Selbstkontrolle sind neben „jugendschutz.net“, die Freiwillige Mulitmedia-Diensteanbieter e.V. (FSM), die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM), die FSK.online-Medien und die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK.online). Nach § 4 Abs. 2 JMSTV sind Angebote in Telemedien zulässig, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, d.h. das Angebot nur einer „geschlossenen Benutzergruppe“ zu Verfügung steht. Dies soll durch den Einsatz von Altersverifikationsystemen sichergestellt werden. Altersverifikaitonssysteme bedürfen der Zulassung durch die KJM (§ 11 Abs.3 JMStV). „Dieses muss den Zugang Minderjähriger tatsächlich komplett verhindern, um eine „effektive Barriere“ darzustellen. Die Angabe einer Personal- oder Reisepassnummer sowie die Postleitzahl des Ausstellungsortes seien nach Ansicht des BGH hingegen nicht ausreichend .25 Vielmehr bedarf es einer persönlichen Identifizierung des Nutzers, etwa per Post- Ident oder durch Nutzung des Identitäts-Checks mit Q-Bit der Schufa. Neben den in § 4 JMStV normierten Verbreitungsverboten, regelt der JMStV mit § 5 eine Verbreitungseinschränkung für entwicklungsbeeinträchtigende Angebote. Im Bereich der Telemedien muss der Anbieter dafür Sorge tragen, dass das Angebot getrennt von für Kinder bestimmten Angeboten verbreitet wird oder abrufbar ist. Dies soll u.a. durch sog. Jugendschutzprogramme i.S. d. § 11 JMStV sichergestellt werden, dessen Eignung wiederum von der KJM anerkannt werden muss (§11 Abs.2 S. 1 JMSV).“26 Hoeren weist darauf hin, dass es problematisch sei, Kriterien und Anforderungen der Jugendschutzprogramme zu benennen, die für eine Anerkennung durch die KJM vorliegen müssten. Diese seien nicht im JMStV festgelegt. In der geplanten Neuregelung des Jugendmedienschutzes durch den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist vorgesehen, dass Anbieter von Spielen und Filmen im Internet sowie Betreiber von 24 Siehe oben, Punkt 2 dieser Arbeit. 25 Hinweis auf BGH, Urt v. 18.10.2007 – IZR 102/05, MDR 2008,699 in FN 2245. 26 Hoeren, Thomas, Internetrecht, Stand: April 2015, S. 517/518, im Internet abrufbar unter: http://www.uni-muenster .de/Jura.itm/hoeren/materialien/Skript/Skript_Internetrecht_April_2015.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 19 Webseiten, Blogs und anderen Angeboten mit nutzergenerierten Inhalten ihr Gesamtangebot freiwillig 27 mit einer Alterskennzeichnung versehen. Diese ist neu geregelt, so dass es im Web-Jugendschutz nicht mehr die früher geltenden Stufen „ab 6 Jahre“ oder „ab 16 Jahre“ geben wird. Technische Jugendschutzprogramme (Software), sollen die Alterskennzeichnungen auslesen und Angebote zuverlässig den Altersstufen zuordnen (§ 11 JMStV). Damit soll der technischen Entwicklung von WLAN-Anschlüssen und Smartphones, die Kinder und Jugendliche ggf. auch ohne Beisein der Eltern nutzen, Rechnung getragen werden. Gesetzliche Regelungen allein werden jedoch nicht zu einem besseren Jugendschutz beitragen, solange die technischen Bedingungen, die Jugendschutzfilter, mit der Entwicklung im Internet nicht Schritt halten können. Dies aber wird von der KJM immer wieder kritisiert.28 6. Jugendschutz und soziale Medien Soziale Medien (Social media) ist der Überbegriff für Medien, mit denen Internetnutzer Meinungen , Eindrücke, Erfahrungen und Informationen austauschen. Soziale Medien dienen der Vernetzung von Benutzern und deren Kommunikation über das Internet (Web 2.0).29 Die verschiedenen Anwendungsformen der sozialen Medien (z.B. Foren, soziale Netzwerke wie facebook oder twitter , Wikis, Bewertungsportale) kennzeichnen sich dadurch aus, dass User über eine bestimmte Plattform im Internet durch Nachrichten und Kommentare kommunikativ interagieren und dadurch auch aktiv an der Gestaltung der medialen Inhalte teilhaben. Als Internet-basierte soziale Netzwerke, auch ‚Social Networks‘, bezeichnet man Internetplattformen , auf denen sich Menschen durch eine lose Verbindung zu einer Netzgemeinschaft zusammenfinden und sich digital vernetzen.30 Für den Kinder- und Jugendschutz sind die Funktionen dieser sozialen Netzwerke von besonderer Bedeutung, da Kinder und Jugendliche die Gefahren, die mit der Nutzung von social networks verbunden sein können, oft nicht kennen und sie sich deshalb zu gutgläubig im Netz bewegen. Dies kann beispielsweise bei der Angabe von Adressen und Telefonnummern zur Folge haben, dass Werbefirmen oder auch Pädokriminelle Kinder und Jugendliche kontaktieren. Auch in sozialen Netzwerken kann die Veröffentlichung von Bildern andere Mitglieder des Netzwerks dazu verleiten, diese Photos missbräuchlich weiterzuleiten oder auch als Medium für Cyber-Mobbing zu verwenden. In diesen Missbrauchsfällen finden die Bestimmungen der allgemeinen Gesetze und des Strafrechts Anwendung. 27 § 5 Abs. 1 JMStV besagt, dass die Anbieter dafür Sorge tragen sollen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufen (ab 6 Jahre/ab 12 Jahre/ab 16 Jahre und ab 18 Jahre) diese entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote „üblicherweise nicht wahrnehmen“, was z.B. durch den Einsatz technischer Mittel (§ 5 Abs. 3 JMSrV) ermöglicht werden soll. 28 Vgl.: KJM-Pressemitteilung 01/2015 vom 30. 01. 2015 und KJM-Stellungnahme zur Novellierung des JMStV (Fassung 11.08.2015), Stand: 30. 09.2015. 29 Vgl.: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/soziale-medien.html. 30 Vgl.: http://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/social-network. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 20 Soziale Netzwerke wie Facebook oder Youtube spielen eine immer größere Rolle im Internet. So geht aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag von Bitkom hervor, dass drei Viertel (74 %) der Internetnutzer in Deutschland in mindestens einem sozialen Online-Netzwerk angemeldet sind. Zwei Drittel nutzen die sozialen Netzwerke auch aktiv. Für die 14 bis 29-jährigen Internetnutzer wurde zudem festgestellt, dass von diesem Personenkreis bereits 92 Prozent Mitglied in einer oder mehrerer Online-Communitys seien.31Für Jugendliche stellen soziale Netzwerke einen zentralen Aspekt ihrer Internetnutzung dar. Neben Suchmaschinen und Videoportalen zählen sie zu den häufigsten Anwendungen Jugendlicher im Internet32. Auch für den Bereich der sozialen Medien finden die allgemeinen Gesetze sowie der Jugendmedienschutz -Staatsvertrag Anwendung. Zudem hatte die FSM bereits im Jahr 2009 gemeinsam mit ihren Mitgliedern Lokalisten Media GmbH, VZ Netzwerke Ltd, wer-kennt-wen.de GmbH einen Verhaltenskodex zum Jugendschutz in sozialen Netzwerken etabliert. „Im November 2011 gab Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich den Startschuss für die Entwicklung eines allgemeinen Kodex für soziale Netzwerke. Seitdem arbeiten die beteiligten Unternehmen Facebook Germany gmbH, Google Inc., LinkedIn Corporation, Lokalisten Media GmbH, StayFriends GmbH, VZ Netzwerke Ltd., we-kennt-wen.de GmbH und XING AG unter der Federführung der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia- Diensteanbieter (FSM) gemeinsam an pragmatischen Regeln zum Schutz der Nutzer und Verbraucher in den Netzwerken.“33 In dem Kodex verpflichten sich die Unternehmen, vor allem junge Nutzer durch technische Maßnahmen vor Missbrauchshandlungen Dritter, beispielsweise auch Cyberbulling, zu schützen und durch eine verstärkte Aufklärung von Minderjährigen, Eltern und Pädagogen gezielt darauf hinzuweisen , welche Schutzmöglichkeiten bestehen. Im Einzelnen wollen sich die Unternehmen für folgende Maßnahmen und Mechanismen einsetzen : • “deutlich sichtbare Hinweise zum Schutz der Privatsphäre auf Informationsseiten direkt nach dem Registrierungsprozess • standardmäßig voreingestellte strengere Privatsphäreneinstellungen bei unter 14-Jährigen: Proftildaten grundsätzlich nur für Freunde sichtbar 31 https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Studie-Soziale-Netzwerke-zweite-erweiterte-Studie.html. (Stand: 5.1.2012). 32 Vgl.: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, JIM-Studie 2014, http://www.mpfs.de/fileadmin/JIMpdf 14/JIM-Studie_2014.pdf. 33 BMI, Kodex für soziale Netzwerke: Dialog verläuft konstruktiv, Pressemitteilung zur Entwicklung eines Kodex für soziale Netzwerke, Pressemitteilung vom 7.3.2012, abrufbar unter: http://www.bmi.bund.de/Shared- Docs/Pressemitteilungen/DE/2012/03/kodex.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 21 • keine Auffindbarkeit der Profile von unter 16-Jährigen durch externe Suchmaschinen sowie keine Möglichkeit der Aufhebung dieser Einstellung • Bereitstellung von Beschwerdemöglichkeiten bei Verstößen gegen die Regeln der Community oder Verlinkungen auf Fotos durch Dritte • Ignorierfunktion: die Möglichkeit, andere Nutzer von der communityinternen Kommunikation zu sich selbst auszuschließen • einfach zu findende Möglichkeit, das Nutzerprofil zu löschen und damit Entfernung der vom Nutzer hochgeladenen Dateien.“34 Auch für andere Bereich hat die FSM Verhaltenskodizes entwickelt. Hierzu gehören die Bereiche Suchmaschinen, Chat, Mobilfunk und Teletext35. An der bestehenden Regelung, insbesondere an der Praxis der eingesetzten Filter wird jedoch immer wieder Kritik geübt. So fordert die KJM, die Entwicklung von Filterlösungen für Social Media Plattformen wie Youtube oder Facebook weiterzuentwickeln, nachdem sie bestehende Programme getestet hatte. Zudem fordert die KJM am 30. Januar 201336, die Entwicklung von Filterlösungen für Social Media Plattformen wie Youtube oder Facebook voranzutreiben. Bislang könnten dies nur komplett blockiert oder freigeschaltet werden. 34 Vgl.: https://www.fsm.de/selbstverpflichtungen/social-communities. 35 Die einzelnen Selbstverpflichtungserklärungen sind im Internet abrufbar auf der Seite der FSM unter: https://www.fsm.de/selbstverpflichtungen. 36 http://www.kjm-online.de/service/pressemitteilungen/detailansicht/article/kjm-pressemitteilung-012015-jugendschutzfilter -halten-nicht-schritt-mit-der-internetentwicklung.html Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 011/16 Seite 22 7. Literaturverzeichnis BLEICH, HOLGER 2012, Unerwünschte Freiheiten, Wie Politik und Wirtschaft beim Online-Jugendschutz scheitern, c’t Heft 4, S. 82 – 85. BÖKER ANFRIED 2012, Wo bleibt eigentlich die lang ersehnte Jugendschutz-App? Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis, KJuG, 57, Heft 4, S. 103 – 121. GERECKE, MARTIN 2015, Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen, in: NJW, Heft 44, S. 3185-3190. HILGENDORF, ERIC 2011, Strafrechtliche Anforderungen an den Jugendmedienschutz im Internet. Unter besonderer Berücksichtigung der strafrechtlichen Verantwortung von Zugangs-Providern, in: Kommunikation und Recht, K&R, S. 229 – 234. HOEREN, THOMAS 2015, Internetrecht, Stand: April 2015, im Internet abrufbar unter: http://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/materialien/Skript/Skript_Internetrecht_April _2015.pdf. HOPF KRISTINA, BRAML, BIRGIT 2015, Die Entwicklung des Jugendmedienschutzes 2014/2015, in: Zeitschrift für Urheber und Medienrecht (ZUM) S. 842 – 852. 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