© 2019 Deutscher Bundestag WD 10 - 3000 - 005/19 DIE VIELEN e.V. - Die Kampagne „Erklärung der Vielen“ - Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 2 DIE VIELEN e.V. - Die Kampagne „Erklärung der Vielen“ - Aktenzeichen: WD 10 - 3000 - 005/19 Abschluss der Arbeit: 5. April 2019 Fachbereich: WD 10: Kultur, Medien und Sport Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Ursprung und Gründung 4 3. Organisation 5 4. Aktivitäten 6 4.1. Veranstaltungen 6 4.2. Die Kampagne „Erklärung der Vielen“ 7 5. Ziele und politische Einordnung 8 6. Reaktionen 9 6.1. Befürwortende Bewertungen 10 6.2. Kritische Bewertungen 11 7. Fazit 13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 4 1. Vorbemerkung Dieser Sachstand befasst sich mit dem Verein DIE VIELEN e.V. und seiner Kampagne „Erklärung der Vielen“. Ausgehend von dem Ursprung und der Gründung des Vereins, geht er auf seine Organisation und Aktivitäten ein. Nachdem er die Ziele des Vereins umreißt, versucht er die politische Einordnung aufzuzeigen. Abschließend gibt dieser Sachstand einen kursorischen Überblick über ausgewählte Reaktionen auf den Verein DIE VIELEN e.V. und seine Aktivitäten. 2. Ursprung und Gründung Laut Angaben auf seiner Webseite ist der Verein DIE VIELEN e.V. ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, der im Juni 2017 in Berlin zur Förderung der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur gegründet wurde.1 Initiator ist Holger Bergmann, der 1965 im Ruhrgebiet geboren wurde, u.a. Theaterwissenschaften studierte und für zahlreiche Theaterprojekte als Kurator u.a. für die Ruhrtriennale 2002-2004 tätig war. Heute ist er Geschäftsführer des Fonds Darstellende Künste in Berlin und fungiert als Vorsitzender des Vereins DIE VIELEN e.V.2 Philine Rinnert und Jörg Albrecht sind stellvertretende Vorsitzende.3 Der Verein hat seinen Sitz am Mariannenplatz 2, 10779 Berlin , und betreibt die Webseite www.dievielen.de. Die Satzung des Vereins DIE VIELEN e.V. ist nicht veröffentlicht. Eine Veröffentlichung der Vereinssatzung ist nicht verpflichtend.4 Nach § 79 Abs. 1 BGB5 ist es aber jedem gestattet, das Vereinsregister einzusehen. Auf der Website „Gemeinsames Registerportal der Länder“ ist der Verein mit der VR 363816 eingetragen. Die Satzung vom 14.06.2017 liegt diesem Sachstand aufgrund einer Anfrage bei dem Verein vor. Sie wurde zuletzt geändert durch Beschluss vom 05.12.2017.7 Sie besteht aus fünfzehn Paragraphen. § 4 der Satzung des DIE VIELEN e. V. regelt die Mitgliedschaft. Danach „können natürliche und juristische Personen Mitglied der Vereinigung werden, die Ziele und Aufgaben sowie Satzung und Programm anerkennen. Der Aufnahmeantrag ist schriftlich zu stellen.“ Dafür gibt es auch ein 1 Vgl. DIE VIELEN e.V., https://www.dievielen.de/dievielen, (Stand: 28.03.2019). 2 Vgl. Holger Bergmann, http://holger-bergmann.de/index2.php?detail=8, (Stand: 28.03.2019). 3 Vgl. Aktueller Registerinhalt, Amtsgericht Charlottenburg - Vereinsregister -, abgerufen am 13.03.2019. 4 Vgl. BMJV, Leitfaden zum Vereinsrecht, S. 16, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Leitfaden _Vereinsrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=14 , abgerufen am 15.03.2019. 5 Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Januar 2019 (BGBl. I S. 54) geändert worden ist. 6 Registerinhalt, Amtsgericht Charlottenburg - Vereinsregister - VR 36381, abgerufen am 13.03.2019. 7 Vgl. ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 5 Formular über die Webpräsenz des Vereins. Korporatives Mitglied können „Organisationen, Vereine und Interessengemeinschaften werden.“ Über die Mitgliedschaft entscheidet der Vorstand. Nach § 6 der Satzung des DIE VIELEN e. V. „steht jedem Mitglied das Recht zur Mitwirkung an der Willensbildung des Vereins sowie das aktive und passive Wahlrecht für alle Organe des Vereins zu.“ Zu den Pflichten der Mitglieder zählt, „sich aktiv für die Ziele und Aufgaben des Vereins einzusetzen und regelmäßig den Mitgliedsbeitrag zu zahlen.“ Die Finanzen des Vereins sind im § 7 der Satzung des DIE VIELEN e. V. geregelt. Dieser besagt, dass er sich „durch Beiträge8, Spenden und sonstige Einnahmen für satzungsgemäße Zwecke“ finanziert . In § 2 der Satzung des DIE VIELEN e. V. ist die Gemeinnützigkeit bestimmt. Darin ist festgelegt, dass „die Vereinigung ein überparteilicher Zusammenschluss von Künstler*innen, Akteur*innen und Assoziierten aus dem Feld der Darstellenden Künste und benachbarter künstlerischer Disziplinen ist. DIE VIELEN e. V. verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 52-55 der Abgabenordnung9. Gemeinnützige Zwecke des Vereins sind insbesondere die Förderung des Friedens, des kulturellen Austausches, sowie Aktionen für ein friedliches, tolerantes Zusammenleben in gesellschaftlicher Diversität und einer Fortentwicklung der Demokratie .“ DIE VIELEN e.V. „ist selbstlos tätig, der Verein verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Die Mittel des Vereins dürfen nur für satzungsgemäße Zwecke und auch nicht als Zuwendung für Mitglieder verwendet werden. Zudem darf keine Person durch zweckfremde Ausgaben oder unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigt werden.“ 3. Organisation Der Verein ist dezentral organisiert. Auf der Webseite des Vereins sind Namen und Beruf von 2040 Unterstützern bundesweit aufgelistet.10 Zu den Unterstützern des VIELEN e. V. gehört auch die Stiftung „Between Bridges“ des Fotografen Wolfgang Tilmans.11 Diese setzt sich für Demokratie und Kunst, aber auch die Rechte Homosexueller ein. 8 Der Mitgliedsbeitrag beträgt jährlich 24,00 EUR, vgl. https://www.dievielen.de/dievielen/ ; https://api.dievielen .de/wp-content/uploads/2018/11/DV_Mitgliedsantrag_Gold.pdf, (Stand: 28.03.2019). 9 Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 15 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist. https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/AO.pdf, (Stand: 28.03.2019). 10 Vgl. DIE VIELEN e.V., https://www.dievielen.de/unterstuetzerinnenn, (Stand: 28.03.2019). 11 Vgl. Between Bridges unterstützt die Berliner Erklärung der Vielen, http://www.betweenbridges.net/erklaerungder -vielen.php. Vgl. auch Between Bridges, http://www.betweenbridges.net/; Franke, Sarah, GZ live, Tillmans gründet die Stiftung „Between Bridges“, 29.09.2018, https://live.goslarsche .de/post/view/5baf54370f54dc3fe12bd26c/Goslar/Tillmans-gruendet-Stiftung-Between-Bridges, (Stand: 28.03.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 6 Die Mitglieder, bei denen es sich um Kultureinrichtungen und -institutionen, Theater, Museen und deren Verbände handelt, sagen zu, die weiter unten erläuterte „Berliner Erklärung“ 12 auf ihren eigenen Webseiten, Programmheften und Aushängen zu veröffentlichen. So gibt es bereits größtenteils wortgleiche Erklärungen aus fast allen Bundesländern und einigen Städten wie Dresden , Frankfurt oder Mannheim.13 Am 26. Januar 2019 wurde beim Autor- und Autorinnenkollektiv „Nazis & Goldmund“ in Wien eine österreichische „Erklärung der Vielen“ vorgestellt.14 4. Aktivitäten 4.1. Veranstaltungen Der Verein DIE VIELEN e.V. ist bisher offenbar nicht selbst als Veranstalter in Erscheinung getreten . Allerdings rief er am 27. Mai 2018 zur „glänzenden Demo“ als Reaktion auf eine Demonstration der AfD auf.15 Auf seiner Webseite listet er unter dem Punkt „Aktuelles“16 einen Veranstaltungskalender verschiedener kultureller Einrichtungen auf. Dazu gehören z.B. Podiumsdiskussionen auf der Leipziger Buchmesse oder die Buchvorstellung der Streitschrift #unteilbar im Ullsteinverlag , die die Reden während der Demonstration unter dem Motto #unteilbar vom 13. Oktober 2018 zusammenfasst. Am Sonntag, 19. Mai 2019, sollen in mehreren deutschen Städten sogenannte „glänzende Demos“ unter dem Motto „EUROPA DER VIELEN“ stattfinden.17 Auf Facebook unterhält der Verein DIE VIELEN e.V. eine eigene Seite, auf der er über bevorstehende Veranstaltungen informiert, aber auch auf Artikel in den Medien verweist, die Kulturpolitik zum Thema haben. Derzeit hat die Facebook-Seite18 rund 3387 Abonnenten. Auch auf Instagram 19 ist DIE VIELEN e.V. vertreten mit derzeit 1701 Followern. 12 Weitere Informationen zur „Erklärung der Vielen“ siehe Gliederungspunkt 4. Aktivitäten. 13 Vgl. DIE VIELEN e.V., https://dievielen.de/erklaerungen/bayern/. 14 Weiterführend: Studio brut, Veranstaltungsprogramm, Autor- und Autorinnenkollektiv Nazis & Goldmund, https://brut-wien.at/de/Programm/Kalender/Programm-2019/Jaenner-2019/Nazis-Goldmund-Interspeeches-1. 15 Informationen dazu unter Nitzsche, Dorothea/Herrmann, Kirsten/Kohse, Petra/Kopietz, Andreas, Newsblog zur AFD-Demo, Berliner Zeitung, 27.05.18 https://www.berliner-zeitung.de/berlin/newsblog-zur-afd-demo-25-000- gegendemonstranten-gegen-5000-teilnehmer-auf-afd-seite-30515428. 16 Vgl. DIE VIELEN e.V., https://www.dievielen.de/aktuelles. 17 Vgl. ERKLÄRUNG DER VIELEN des Vereins DIE VIELEN e.V.- FÜR EIN EUROPA DER VIELEN, OPUS-Kulturmagazin , 2. Februar 2019, https://www.opus-kulturmagazin.de/erklaerung-der-vielen-des-vereins-die-vielen-ev / ; https://www.facebook.com/events/235261574017570/. 18 Vgl. dazu die Facebook-Seite DIE VIELEN e.V, https://www.facebook.com/Die-Vielen-824714171070821/. 19 Vgl. den Instagram-Account DIE VIELEN e.V., https://www.instagram.com/dievielen/, (Stand: 28.03.2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 7 4.2. Die Kampagne „Erklärung der Vielen“ Am 9. November 2018 veröffentlichte der Verein seine „Erklärung der Vielen“20 in Berlin. Diese Kampagne hat einen überregionalen Charakter. „Alle Kultureinrichtungen werden gebeten, sich regional oder stadtweit zu ERKLÄRUNGEN zusammenzuschließen.“ heißt es auf der Webseite des Vereins. Zum damaligen Zeitpunkt hatten bundesweit rund 140 Kulturinstitutionen die Erklärung unterzeichnet.21 Unter den Erstunterzeichnern waren u.a. Dietmar Schwarz, Intendant der Deutschen Oper Berlin, Kai Uwe Peter, Mitglied im Kuratorium der Stiftung Brandenburger Tor22 und Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber der Zeitung des Deutschen Kulturrates „Politik & Kultur“.23 Die Erklärungen aus verschiedenen Bundesländern und einzelnen Städten orientieren sich inhaltlich an der „Berliner Erklärung“24 und können diese übernehmen, ergänzen oder erweitern. Fast allen gemeinsam ist ein Verweis auf die Verbrechen der Nationalsozialisten und ihren Umgang mit Kunst und Kultur zu Propagandazwecken (so beispielsweise die „Bayerische Erklärung“ und „Berliner Erklärung“) sowie ein Bekenntnis zu einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft , die die Freiheit der Kunst und Menschenrechte achtet. In ihren Erklärungen verpflichten sie sich, einen offenen und kritischen „Dialog über rechte Strömungen“ zu führen und erklären sich solidarisch mit Menschen, die durch rechtsextreme Politik diskriminiert würden. Des Weiteren wehrten sie „die illegitimen Versuche der Rechtsnationalen ab, Kulturveranstaltungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und böten kein Podium für völkisch-nationalistische Propaganda “ (siehe „Berliner Erklärung“). Einige Erklärungen gehen weiter, beispielsweise die „Baden -Württemberger Erklärung“. In ihr heißt es „Dieses Bündnis will nicht nur die Symptome bekämpfen , sondern in die Tiefe wirken. Wir setzen uns deswegen mit den eigenen Strukturen auseinander und stellen diese zur Verhandlung.“ Die Erklärungen enthalten einen konkreten Katalog von Absichtserklärungen in Form einer Selbstverpflichtung wie z.B. die Organisation von Informationsveranstaltungen oder Gesprächen. 20 Vgl. DIE VIELEN e.V., https://www.dievielen.de/erklaerungen. 21 Siehe auch Interview Dietmar Schwarz im Gespräch mit Nicole Dittmer, Der Kulturbetrieb steht auf gegen rechts, Deutschlandfunk Kultur, 09.11.2018, https://www.deutschlandfunkkultur.de/erklaerung-der-vielen-inberlin -praesentiert-der.1008.de.html?dram:article_id=432857. 22 Weiterführend Stiftung Brandenburger Tor, Pressemitteilung, 17. Mai 2018 https://stiftungbrandenburgertor .de/wp-content/uploads/2018/05/Pressemitteilung_Vorstand-der-Stiftung-Brandenburger-Tor.pdf. 23 Siehe die Information auf Deutscher Kulturrat, https://www.kulturrat.de/author/olafzimmermann/. 24 Vgl. DIE VIELEN e.V., https://www.dievielen.de/erklaerungen/berlin/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 8 Bis Mitte Januar 2019 sollen mehr als 500 Kultureinrichtungen bundesweit den Aufruf des Vereins DIE VIELEN e.V. unterzeichnet haben.25 5. Ziele und politische Einordnung Ziele und Aufgaben des Vereins sind in § 3 der Satzung des DIE VIELEN e. V. aufgeführt. Dazu zählt insbesondere die „Stärkung der Kommunikation und Handlungsmöglichkeiten unter Künsler *innen, Ensembles und Akteur*innen der Darstellenden Künste“.26 Auf der Webseite des Vereins heißt es zur Zielsetzung: „Der Verein DIE VIELEN solidarisiert sich mit allen Aktiven der Kunst- und Kulturlandschaft und deren Institutionen, die von rechtspopulistischen und rechtsextremen Positionen attackiert oder in Frage gestellt werden, befördert die Kunst genreübergreifend als Wegbereiterin einer gleichberechtigten, offenen Gesellschaft, tritt für ein Zusammenleben mit offenen Grenzen ein – nach innen wie nach außen, (…) organisiert Aktionen und Happenings, die sich gegen Hass wenden . Er stößt streithaft Debatten innerhalb der Theater- und Kunstlandschaft an und agiert dabei unterstützend als aktives Netzwerk und bietet Plattformen zur Vernetzung für Kunst- und Kulturinstitutionen und Künstler*innen.“27 „Ziel und gemeinnütziger Zweck ist die Beförderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des *Völkerverständigungsgedankens sowie der Förderung der *Volksbildung. (*Begriffe im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts).“28 Außerdem sollen die Stärkung der Kommunikation und Handlungsmöglichkeiten unter Künstlern und Künstlerinnen, Ensembles sowie Akteuren und Akteurinnen der Darstellenden und Bildenden Künste gefördert werden. Als oberstes Ziel formuliert der Verein die Freiheit der Kunst, die er durch das Erstarken rechtsnationalistischer Strömungen in Gesellschaft und Politik gefährdet sieht. So wird in der „Berliner Erklärung“ nicht nur zum kritischen „Dialog über rechte Tendenzen“ aufgerufen. Die Unterzeichner sagen auch zu, kein Podium für völkisch-nationalistische Propaganda zu bieten. Als Symbol dient eine golden-glitzernde Rettungsdecke, wie sie von Seenotrettern benutzt wird. Die Unterzeichner sollen dieses Symbol im Zusammenhang mit der Erklärung verwenden.29 Der Intendant der Deutschen Oper, Dietmar Schwarz, sagte dem Deutschlandfunk, man wolle sich „gegen die zunehmende Einmischung von Rechtspopulisten in die Arbeit der Kulturszene“ 25 Siehe auch die Behandlung des Themas im Programm des NDR 1 Radio MV, "Die Vielen": Theater-Bündnis gegen rechts, NDR, 15.01.2019, https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Die-Vielen-Theater- Buendnis-gegen-rechts,theater2794.html?fbclid=IwAR08-usBiRb- Lub0ZWCmUxXV5hklNYhHGXslFGw0SWap66FWmzgML5M3dOR8. 26 Im Gliederungspunkt 4 wird näher darauf eingegangen. 27 Vgl. DIE VIELEN e.V., https://www.dievielen.de/dievielen/. 28 Vgl. ebenda. 29 Vgl. DIE VIELEN e.V., https://www.dievielen.de/erklaerungen/berlin/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 9 wehren.30 Vereinsgründer Holger Bergmann konkretisiert laut ZDF31: „Forderungen sind hier: Keine Kürzungen in den Theateretats, auch wenn eine politische Partei dies vorschlägt und keinen politischen Einfluss auf die Gestaltung der Spielpläne, auch nicht durch finanziellen Druck, der eine höhere Platzausnutzung erzwingt und damit zeitgenössisches oder politisch-aktives Theater verhindert.“ Der Verein DIE VIELEN e.V. gibt keine politische Empfehlung ab. In der Berichterstattung werden allerdings immer wieder kritisch die Reaktionen der AfD auf Künstleraktionen aufgeführt, die sich gegen AfD-Politiker und gegen die Partei AfD richten oder bei denen es sich aus der Sicht der AfD um gesetzeswidrige künstlerische Aktionen handelt.32 6. Reaktionen Die „Berliner Erklärung“ des Vereins DIE VIELEN e.V. fand, ebenso wie die Erklärungen in den Bundesländern sowie in einigen Städten, ein breites mediales33 Echo. Alle größeren bundesweit erscheinenden Zeitungen sowie Kulturzeitschriften wie „Monopol“ berichteten ausführlich, zum Teil auch mit Interviews34 über die Bewegung und ihre Ziele. Auch in Frankreich und Österreich wurde über den Verein berichtet.35 30 Zum Thema siehe auch Interview Dietmar Schwarz im Gespräch mit Nicole Dittmer, Der Kulturbetrieb steht auf gegen rechts, Deutschlandfunk Kultur, 09.11.2018, https://www.deutschlandfunkkultur.de/erklaerung-der-vielen -in-berlin-praesentiert-der.1008.de.html?dram:article_id=432857. 31 Näher hierzu Kniess, Michael, "Die Vielen": Kunst zeigt Haltung- Kulturschaffende setzen Zeichen für Toleranz, ZDF, 02.03.2019, https://www.zdf.de/nachrichten/heute/kunst-zeigt-haltung-zeichen-fuer-toleranz-100.html. 32 So thematisiert Hölter, Katharina, AfD und "die Vielen": Wie junge Künstler sich gegen Rechts engagieren, bento, 11.02.2019, https://www.bento.de/politik/afd-und-die-vielen-wie-junge-kuenstler-sich-gegen-rechts-engagieren -a-484cf9fb-26c6-4bce-9550-58bcb877f9cf. 33 Umfassende Informationen sind zu finden unter „ERKLÄRUNG DER VIELEN“: Über 140 Kulturinstitutionen in Berlin bilden Bündnis gegen Rechts, FAZ, 09.11.2018, https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/kulturinstitutionen -in-berlin-bilden-buendnis-gegen-rechts-15882287.html ; Laudenbach, Peter, Kulturkampf: "Es beginnt immer mit der Sprache", SZ, 11. November 2018, https://www.sueddeutsche.de/kultur/die-vielen-kulturpolitik -theater-1.4207305 ; https://www.kulturrat.de/pressemitteilung/berliner-erklaerung-der-vielen/ ; Das offizielle Hauptstadtportal, Bezirksamt Mitte, Informationen aus Bezirk und Senat, https://www.berlin.de/bamitte /politik-und-verwaltung/beauftragte/integration/gefluechtete-menschen/newsletter/newsletter .758789.php#Vielfalt ; 2000 Kulturinstitutionen bilden Bündnis gegen Rechts- Baden-Württemberg jetzt auch dabei, SWR2, 5.2.2019 https://www.swr.de/swr2/musik/hunderte-kulturinstitutionen-bilden-buendnis-gegenrechts -mit-glanz-gegen-angst/-/id=661124/did=22825244/nid=661124/12y63fv/. 34 Weiterführend Trebing, Saskia, "Erklärung der Vielen": "Man kann nicht mehr wegschauen", MONOPOL - Magazin für Kunst und Leben, 9.11.2018, vgl. https://www.monopol-magazin.de/man-kann-nicht-mehr-wegschauen. 35 Näher hierzu Glaubitz, Sabine, En Allemagne, le milieu de la culture en lutte contre le populisme, Le Quotidien de l’Art, 18 janvier 2019, https://www.lequotidiendelart.com/articles/14151-en-allemagne-le-milieu-de-la-culture -en-lutte-contre-le-populisme.html?fbclid=IwAR2NN6v9I-TQ1bVvdkeDUcGgDs0TUD0pHchV4gF0fnZILSb LTX-oRzuxvds ; Schmidt, Colette M., Widerstand unter glitzernden Rettungsdecken, DER STANDARD, 27. Jänner 2019, https://derstandard.at/2000097097878/Widerstand-unter-glitzernden-Rettungsdecken?fbclid=Iw AR1yxWfmkTciQeCnWK_Ih3H2qhlbQRCPfxa672wFs7OuIWGWZju_kUsZY8M. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 10 6.1. Befürwortende Bewertungen Im Landtag von Hessen kam es anlässlich der „Erklärung der Vielen“ am 7. Februar 2019 auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu einer Debatte. Dabei äußerten sich Abgeordnete von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, DIE LINKE. („Es ist gut, dass der Landtag dieses Engagement würdigt“) und SPD („Wir haben allen Anlass „DIE VIELEN“ zu unterstützen“) positiv über den Verein. Der CDU-Abgeordnete Andreas Hofmeister bewertete die Frankfurter Erklärung als „gelungen “.36 In der Antwort37 des Senats der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg im Dezember 2018 auf eine Große Anfrage von Abgeordneten der AfD zur „Erklärung der Vielen“ hat der Senat u. a. „das besondere Engagement von Kampnagel als eine von vielen Kultureinrichtungen, die die Freiheit der Kunst und die Meinungsfreiheit im Rahmen der geltenden Rechtsordnung verteidigen “ gewürdigt.38 Anlass war die Aufnahme der Hamburger Erklärung der Vielen am 9. November 2018 in die Website des Theaters.39 Der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) solidarisierte sich ebenfalls mit dem Verein DIE VIELEN e.V. und seinen Zielen. Er nahm an der Anti-AfD-Demonstration am 27. Mai 2018 in Berlin teil und postete ein kurzes Video auf Facebook.40 36 Vgl. Videos aus dem Landtag: Debatte um die "Erklärung der Vielen", hessenschau, 07.02.2019, https://www.hessenschau.de/politik/landtag/landtagsvideos/2019/videos-aus-dem-landtag-debatte-um-die-erklaerung -der-vielen-,debatte-tolleranz-100.html?fbclid=Iw AR0Z7Ww8NE0IHNINm7LL0EM5B3_t3DCIZjwQnrR2ZauAEO_5Heg5Ple-UBQ ; Hessischer Landtag, Plenarprotokoll 20/4, 07.02.2019. 37 Senat der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Antwort auf die große Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Wolf, Dirk Nockemann, Detlef Ehlebracht, Andrea Oelschläger, Harald Feineis und Peter Lorkowski (AfD) vom 28.11.18, Drucksache 21/15134, 21.12.18, https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument /64615/erklaerung_der_vielen_parteipolitische_und_weltanschauliche_einflussnahme_durch_die_behoerde _fuer_kultur_und_medien_sowie_durch_oeffentlich_gefoerdert.pdf. 38 Kritisch dazu: Dr. Alexander Wolf, Vorsitzender der Fraktion der AfD der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg: „Die Hamburger Kulturbehörde kann keinen einzigen Vorgang auflisten, wo die AfD-Fraktion Hamburg die Kunstfreiheit in Frage gestellt, Aufführungen gestört oder in Spielpläne eingegriffen habe“. Vgl. AfD-Fraktionschef Dr. Wolf führt die „Erklärung der Vielen“ vor, 24.01.2019, https://afd-fraktion-hamburg .de/2019/01/24/afd-fraktionschef-dr-wolf-fuehrt-die-erklaerung-der-vielen-vor/. 39 Kampnagel, WIR SIND VIELE – JEDE*R EIZENLNE VON UNS; https://www.kampnagel.de/de/service/kontakt /hamburger-erklaerung-der-vielen/. 40 Siehe auch die Facebook-Seite von Cem Özdemir, MdB, https://www.facebook.com/Cem/videos /10156279565352881/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 11 Im Februar 2019 veröffentlichte die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus“ (MBR)41 Berlin eine Broschüre42 über den „Kulturkampf gegen Rechts“. Darin werden der Verein DIE VIELEN e.V. und seine Ziele positiv hervorgehoben. Wörtlich heißt es darin: „,Die Vielen’ sind ein Beispiel für offensives Engagement.“ Gemeint ist das Ziel, Angriffe auf die Freiheit der Kunst durch „rechtsnationale Kreise“ zu unterbinden. Allerdings musste diese Broschüre wegen wahrheitswidriger Behauptungen zurückgenommen werden.43 6.2. Kritische Bewertungen Die kulturpolitischen Sprecher der AfD-Bundestags- und Landtagsfraktionen haben auf die „Erklärung der Vielen“ geantwortet und sich zur „aggressiven Agitation“ des Vereins gegen die AfD und zum „Aufruf des Vereins an die Kulturschaffenden zu einer Demonstration am 19. Mai 2019 in Berlin“ geäußert.“44 „Die darin [in der Erklärung der Vielen] behauptete Offenheit und Verteidigung der Pluralität wird durch die aggressive Ausgrenzung aller, die etwa mit der Politik der Masseneinwanderung nicht einverstanden sind oder generell ein alternatives Kulturverständnis pflegen, unmittelbar Lügen gestraft. Das Auftreten der „Vielen“ ist nicht pluralistisch und offen, sondern monolithisch und autoritär. Wenn die Ausgrenzung einer Minderheit, der „Wenigen“, durch die reklamierte Mehrheit, die „Vielen“, betrieben wird, so manifestiert sich darin keine demokratische , sondern eine in Ansätzen bereits totalitäre Gesinnung. Wer die Demokratie wirklich verteidigen will, der sollte auch Minderheitenmeinungen zulassen, in den Diskurs einbeziehen 41 Die MBR ist ein Projekt des „Vereins für Demokratische Kultur in Berlin e.V.“ (VDK) und wird gefördert im Rahmen des Landesprogramms „Demokratie.Vielfalt.Respekt. - Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus “ der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung sowie durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Vgl. Handlungsempfehlungen, in: MBR, Alles nur Theater? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts, 2019, Impressum, https://www.mbr-berlin.de/wp-content/uploads/2019/03/190313_mbr_Brosch%C3%BCre_Kulturkampf _Auflage2_Online.pdf ; vgl. die Webseite von MBR https://www.mbr-berlin.de/uber-uns-2/tragerverein /?lang=de; VDR wird erwähnt in: Berliner Landeskonzept zur Weiterentwicklung der Antisemitismus-Prävention , 13.03.2019, S. 49, file:///Users/sedaeden/Downloads/konzept-zur-weiterentwicklung-der-antisemitismuspraevention .pdf. 42 Die Broschüre, an deren Vorstellung u.a. auch Ulrich Khuon, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, und Klaus Lederer, Kultursenator von Berlin, teilnahmen, wurde nach heftiger Kritik zurückgezogen, weil sie u.a. die falsche Behauptung aufstellte, der ehemalige Feuilleton-Chef der Wochenzeitung „Die Zeit“, Ulrich Greiner, habe 2018 eine migrationsfeindli-che Erklärung unterschrieben. Vgl. Behrendt, Barbara, Broschüre in Berlin wird eingestampft. Mehr als peinliche Fehler, taz, 1.3.2019, http://www.taz.de/!5574132/ ; Lemke-Matwey, Christine/Soboczynski, Adam, Wer nicht für uns ist, kann nur verdächtig sein, ZEIT ONLINE, 28. Februar 2019, https://www.zeit.de/2019/10/handreichung -mobile-beratung-broschuere-kultur-theater-rechtsextremismus-handlungsanweisung. 43 Vgl. Handlungsempfehlungen, in: MBR, Alles nur Theater? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts, 2019, S. 26, https://www.mbr-berlin.de/wp-content/uploads/2019/03/190313_mbr_Brosch%C3%BCre_Kulturkampf _Auflage2_Online.pdf. 44 AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Die kulturpolitischen Sprecher der AfD-Bundestags- und Landtagsfraktionen antworten auf die „Erklärung der Vielen“, 26.03.2019, https://www.afdbundestag.de/die-kulturpolitischen -sprecher-der-afd-bundestags-und-landtagsfraktionen-antworten-auf-die-erklaerung-der-vielen/. Vgl. auch die Ausführungen des kulturpolitischen Sprechers der AfD-Bundestagsfraktion, Dr. Marc Jongen: Für die Freiheit der Kunst – gegen die Diktatur der "Vielen", „Immer mehr zeigt sich die linksgrüne Kulturhegemonie in Diffamierungskampagnen gegen die AfD.“, 26.03.2019, https://www.afdbundestag.de/fuer-die-freiheit-derkunst -gegen-die-diktatur-der-vielen-afd-fraktion-im-bundestag/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 12 und den Dialog mit deren Vertretern suchen.“ Weiter: „Nichtsdestoweniger laden die kulturpolitischen Sprecher der AfD-Fraktionen alle Kulturschaffenden, die die „Erklärung der Vielen“ unterzeichnet haben, ein, mit ihnen in einen zivilisierten und konstruktiven Dialog zu treten. Wir tun dies in der Überzeugung, dass Kunst und Kultur frei bleiben sollen von ideologischer und politischer Einflussnahme. Eine „aktivierende Kulturpolitik“ im Sinne einer ideologischen Gängelung der Bevölkerung lehnen wir ab. Gerade darum hat die „Freiheit der Kunst“ für uns oberste Priorität. Wem diese ein echtes Anliegen ist, kann den Dialog mit uns nicht verweigern.“45 Schon am Tag der Veröffentlichung der „Erklärung der Vielen“ am 9. November 2018 hat der kulturpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Dr. Marc Jongen, MdB, dazu eine Stellungnahme abgegeben.46 „Eine Erklärung, die die Kulturszene auf ein fragwürdiges ideologisches Leitbild einschwören will, tritt die Freiheit der Kunst selber mit Füßen. Unter Freiheit versteht diese Klientel ganz im Sinne Rosa Luxemburgs offenbar nur die Freiheit für ihresgleichen. ,Bürgerliche ‘ oder andere Feinde des Sozialismus waren für Luxemburg nämlich keine ‚Andersdenkenden ‘, sondern als ,Konterrevolutionäre‘ ohne Wenn und Aber zu bekämpfen.“ Ebenfalls kritisch äußerte sich der Schriftsteller Uwe Tellkamp in einem offenen Brief47, der im Elbhang-Kurier veröffentlicht wurde: „Diese Erklärung [der Vielen], ein weiteres Dokument, für das sich einige der Unterzeichner vielleicht einmal schämen werden, zeigt den viel bestrittenen Gesinnungskorridor ebenso erschütternd wie deutlich. Man wolle diskutieren, Meinungen, die nicht passen, aber kein Forum bieten. Wer zieht die Grenze? Wie will man diskutieren, ohne ein Forum zu bieten? Wer legt fest, welche Position noch diskutabel ist – und welche bereits unter „kein Forum bieten“ fällt? Ist die freie Debatte nicht eine Grundlage der Demokratie, in deren Namen sie von den Unterzeichnern dieser Erklärung behindert, wenn nicht unterbunden werden soll? Kommt man nicht erst in freier Debatte zur Selbstvergewisserung und zu Positionen, die tragen ? Diese Erklärung, nach Aussagen einiger Interviewter bewußt am 9. November veröffentlicht, ist für mich ein Tiefpunkt der Debatten- und Toleranzkultur und zeugt von nichts anderem als dem moralischen und intellektuellen Bankrott der Initiatoren. Was bleibt, ist Hysterie – ein „Wehret den Anfängen“, dem das „Wehret dem Ende“ längst abhanden gekommen ist.“ Das „unabhängige und überregionale Theaterfeuilleton im Internet“ hat sich auch mit der „Erklärung der Vielen“ befasst. In der Kolumne „Als ob!“ setzt sich der Redakteur Michael Wolf kritisch mit der „Erklärung der Vielen“ auseinander. Er spricht von einer „zwiespältigen Solidarität “ der Kulturschaffenden, die dazu führe, all jene, die sich dem Verein und seinen Zielen nicht anschlössen, unter eine Art Generalverdacht zu stellen. Wolf schreibt: „Es ist längst ein Klischee, wie Demut sich hier nationalistischer Arroganz nähert. Erst waren wir weltweit die Nummer eins im Fach Faschismus und jetzt macht uns keiner was vor bei dessen Bekämpfung. Ich beobachte 45 Ebenda. 46 Jongen, Marc, „Die Vielen“ und deren Unterstützer aus der Kulturszene sind besessen vom Wahnbild des Rechtspopulismus, https://www.afdbundestag.de/jongen-die-vielen-und-deren-unterstuetzer-aus-der-kulturszene -sind-besessen-vom-wahnbild-des-rechtspopulismus/. 47 ELBHANG-KURIER, Offener Brief von Paul Kaiser und Hans-Peter Lühr, Reaktionen von Susanne Dagen und Uwe Tellkamp, 15. November 2018, https://elbhangkurier.de/2018/11/offener-brief-von-paul-kaiser-und-hanspeter -luehr-reaktionen-von-susanne-dagen-und-uwe-tellkamp/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 10 - 3000 - 005/19 Seite 13 in letzter Zeit immer öfter eine mindestens geschmacklose Umkehrung der sogenannten "Nazi- Keule": Der Verweis auf den Nationalsozialismus legitimiert dann jede Einlassung und sichert sie gegen Kritik ab. Die Erinnerung an die "größten Staatsverbrechen der Menschheitsgeschichte" verkommt zum rhetorischen Kniff.“48 7. Fazit Der Verein DIE VIELEN e.V. wurde offenbar aus gesellschaftspolitischen Überlegungen ins Leben gerufen, deren oberstes Ziel die Freiheit der Kunst ist. Eine politische Einordnung ist insoweit möglich, als der Verein beispielsweise Bündnisse wie #unteilbar unterstützt, deren Großdemonstration für Toleranz in Berlin von Parteien wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder DIE LINKE. ausdrücklich unterstützt, vom Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion der CDU im Abgeordnetenhaus von Berlin kritisiert wurde.49 **** 48 Vgl Wolf, Michael, Kolumne: Als Ob! – Michael Wolf sieht Moral am Werk, wo politische Ideen geboten wären, Rechtschaffene Rituale Rechtschaffene Rituale“, nachtkritik.de, 19. März 2019, https://www.nachtkritik.de/index .php?option=com_content&view=article&id=16537:kolumne-als-ob-michael-wolf-sieht-moral-am-werk-wopolitische -ideen-geboten-waeren&catid=1624&Itemid=100389. 49 Laut Der Tagesspiegel hat sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion der CDU im Abgeordnetenhaus von Berlin, Stefan Evers, beim Landesparteitag der CDU in Berlin am 13.10.2018 kritisch zur Großdemonstration geäußert: „Der Anmelder sei ein linksextremer Rechtsanwalt, der Hausbesetzungen für ein legitimes Mittel der Wohnraumschaffung halte und der zur „Roten Hilfe“ gehöre, die vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Wenn bekannte Politiker wie Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt die Demo unterstützten, dann sollten sie sich besser fragen, mit wem sie da Seite an Seite laufen.“ Vgl. Keilani, Fatina, Berliner CDU beschließt "Masterplan Wohnen", 13.10.2018, https://www.tagesspiegel.de/berlin/landesparteitag-berliner-cdu-beschliesst-masterplan-wohnen /23183464.html. Vgl. auch Presseartikel Berliner Kurier vom 13.10.2018: 150.000 Teilnehmer bei#Unteilbar- Demo - Berliner CDU attackiert Veranstalter als „Linksextremistische Verbrecher“, #Unteilbar: Fast eine Viertel Million Menschen protestieren gegen Rassismus und Hetze, BERLINER KURIER, 13.10.18, https://www.berliner -kurier.de/berlin/kiez---stadt/-unteilbar-fast-eine-viertel-million-menschen-protestieren-gegen-rassismusund -hetze-31435018. Nachrichtlich kann darauf hingewiesen werden, dass sich die Aktionen des Vereins DIE VIELEN e.V. sich nicht gegen konkrete Personen richten wie z.B. die amerikanische Vereinigung „Artists against Trump“, die laut ihrer Website im Rahmen einer 2016 gegründeten Democratic Coalition mehr als 50 Künstler vereint, ursprünglich mit dem Ziel, die Wahl des amtierenden US-amerikanischen Staatspräsidenten zu verhindern und jetzt seine Amtsenthebung zu betreiben. Vgl. hierzu Democratic Coalition, https://www.democraticcoalition .org/ verlinkt auf der Website der „Artists against Trump“, Artists against trump, https://www.democraticcoalition .org/artists-against-trump; Democratic Coalition, IMPEACH TRUMP, https://www.impeachfortyfive .org/; „Artists against Trump”, https://www.facebook.com/artistsagainstdrumpf/.