Deutscher Bundestag Wissenschaftliche Dienste Meinungsbildung in öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten - Ausarbeitung - C 2008 Deutscher Bundestag 10 - 005/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in Meinungsbildung in öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Femehanstalten Ausarbeitung WD 10 - 005/08 Abschluss der Arbeit: 7 Februar 2008 Fachbereich WD 1 0: Kultur: Medien und Spott Telefon : Ausarbeitungen und arldere Informationsarlgebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages: eines seiner Organe oder der Bundestagsvervvaltung wieder _ Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung_ Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt: Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. 1. 2. 3. 4. 5. 6. Vorbemerkung Rechtsform öffentlich-rechtlicher Rundfunk- und Fernsehanstalten Funktionieren der Meinungsbildung Beteiligung der Gebührenzahler Veröffentlichungspflichten und Transparenzvorgaben Literaturverzeichnis 4 5 5 7 8 9 1. -3- Vorbemerkung Die Ausarbeitung liefert einen Überblick über die Meinungsbildung in den öffentlichrechtlichen Rundfrnk- und Femseharlstalten in Deutschland. Sowohl der öffentlichrechtliche Rundfunk — ebenso das Fernsehen — als auch die privaten Sender sind der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung ebenso wie der Meinungsvielfalt verpflichtet. Beide Rundfinksysteme müssen in der Lage sein, den Anforderungen des nationalen und des intemationalen Wettbewerbs zu entsprechen. Die Sicherung der Meinungsvielfalt gehört zu den Grundlagen des Rundfrnkrechts: das nach den Art. 30 und 70 GG Sache der Lärlder ist. Der Landesgesetzgeber ist verfassungsrechtlich verpflichtet : „dafiir Sorge zu tragen: dass das Gesamtangebot der inländischen Programme der bestehenden Meinungsvielfalt im Wesentlichen entspricht: dass der Rundfrnk nicht einer Gruppe oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird und dass die in Betracht kommenden Kräfte im Gesamtprogrammangebot zu Wort kommen können " darüber hinaus hat er „Leitgrundsätze verbindlich zu machen: die ein Mindestmaß atl inhaltlicher Ausgewogenheit: Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten" (BVerGE 73: 188: 153) 2. _4_ Rechtsform öffentlich-rechtlicher Rundfunk- und Fernsehanstalten Die öffentlich rechtlichen Rundfrnk- und Fernsehanstalten sind der Rechtsform nach gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts. I Trotz dieser Orgarlisationsform sind sie keine staatlichen Verwaltungsträger, da Rundfink und Femsehen keine staatlichen Aufgaben sind: sondern eine im gesellschaftlichen Bereich liegende Angelegenheit. Nach Alt. 20 Abs. 2 GG vollzieht sich die Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorgarlen: nicht jedoch umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk. Rundfunk und Femsehen werden daher als Medium und Faktor im Prozess individueller und öffentlicher Meinungsbildung nur dem nichtstaatlichen, gesellschaftlichen Bereich zugeordnet . 3. Funktionieren der Meinungsbildung Zum Funktionieren der Meinungsbildung in den öffentlich-rechtlichen Rundfrnk- und Fernsehanstalten tragen die Orgarle bei. Die wesentlichen Organe sind der Rundfrnkrat (beim ZDF der Fernsehrat): der Verwaltungsrat: der/die Intendant/-in (bei Radio Bremen das Direktorium, das aus dem/der Intendanten/-in und den Direktoren/-innen besteht . 2 Der Rundfinkrat'Fernsehrat ist nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts „Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit" (BVerKiE 83: 238: 333) und Orgarl der Anstalt" 312 314: 328). Er ist ein Kollegialorgarl und setzt sich neben den Vertretem des Staates („Staatsbarlk") aus den Repräsentanten der gesellschaftlichen Organe (Verbärlde-: Kultur- und Bürgerbank) zusammen. Dieses binnenpluralistische Organisationsmodell stellt jedoch keine Interessenvertretung oder Verlautbarung der Interessen ihrer Orgarlisation dar: sondem ist vielmehr dem Gemeinwohl verpflichtet. Die pluralistische Zusammensetzung soll sicherstellen, dass die gesamte Vielfalt der bestehenden Meinungen in Rundfrnk und Femsehen zur Geltung kommt (BVerfGE 53: 60: 65 f; 83: 238: 333 t). 2 ZDF -Staatsvertrag, HmbGi•31 1991 , Medien-Rundfunkgesetze der Bundesländer eb enda -5- Nach den Landesgesetzen liegt die Berechtigung der Entsendung der Mitglieder regelmäßig unmittelbar bei den gesellschaftlichen Organisationen. Anders sieht es der S 21 Abs. 3 des ZDF-Staatsvertrages vor: Die Entscheidung obliegt nach Vorschlag der Orgarlisationen den Ministerpräsidenten der Lärlder_ Die Mitglieder des Rundfrnkrates/Femsehrates sind keine Interessenvertreter der entsendungsberechtigten gesellschaftlichen Gruppen: sondern lediglich deren Repräsentanten . Sie sind nur ihrem Gewissen und dem Gesetz unterworfen und daher an Weisungen nicht gebunden. Zur Wahrung ihrer Unabhärlgigkeit bestehen Inkompatibilitäten in Reglerung und Parlament sowie beim NIDR: NDR und WDR mit Beschäftigung bei einem privaten Rundfink- und/oder F ernsehsender_ Zu den Aufgaben des Rundfrnk-/Fernsehrates gehören die Wahl des Intendarlten bzw. des Direktoriums, die Wahl des Verwaltungsrates, die Beratung des Intendanten 'Direktoriums in allen Programmfragen: die repressive Programmkontrolle auf Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und Richtlinien: die mittelbare Programmgestaltung durch orgarlisatorische Rahmensetzung der Programmarbeit wie etwa durch den Erlass von Richtlinien sowie die Feststellung des Haushaltsplanes. 4 Der Verwaltungsrat ist ebenso wie der Rundfink-/Femsehrat ein Kollegialorgan_ Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehören die Beratung des Intendar1temDirektoriums außer in Prograrnmarlgelegenheiten: also vor allem in winschaftlichen und technischen Fragen : der Haushaltsplüå:ng: der Abschluss von Anstellungsverträgen hochdotierter Mitarbeiter in Führungspositionen: woraus sich ein mittelbarer Programmemfluss ergeben Zu den wesentlichen Aufgaben des der Intendanten/-in bzw. des Direktoriums gehören die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung: die Verantwortung fir den Betrieb und die Programmgestaltung. Die Leitungskompetenzen werden durch Orgarlisation: Auswahl und Überwachung soxvie Anweisung der Mitarbeiter ausgeübt. Der Rund- 4 ZDF -Staatsvertrag, HmbGi•31 1991 , Medien-Rundfunkgesetze der Bundesländer eb enda eb enda -6- fink/Fernsehrat kontrolliert dagegen in erster Linie die Prograrnme sowie den Intendanten bzw. das Direktonum_6 4. Beteiligung der Gebührenzahler Die Programmherstellung fällt als notwendige Voraussetzung Rir die Veranstaltung von Rundfink- und Fernsehprogrammen in den Schutzbereich des Art 5 Abs. 1 S. 2 GG Dies gilt nicht nur fi_ir Eigenproduktionen: sondem ebenfalls fi_ir Auftrags-z Koproduktionen und Beteiligung an Prograrnm herstellenden Unternehmen. 7 Eine direkte Beteiligung der Gebührenzahler an der Prograrnmherstellung und zugleich —darstellung ist nicht vorgesehen _ Im Bereich der Nutzung digitaler Technik können die Gebührenzahler durch interaktives Eingreifen einen Programmablauf geringfügig mit gestalten. Ebenfalls in geringem Umfang können Gebührenzahler im Zusammenhang mit Umfragen per Telefon: Email oder SMS ihre Meinung äußern. Hinzu kommt das Mittel der „Hörerpost"_ Die hier erfolgten relevanten und sachdienlichen Anregungen und Kritiken können im Rahmen der Redaktionsbesprechungen in die Programmarbeit einfließen. Gerade die wird von den Redaktionen in den öffentlich-rechtlichen Anstalten stark beachtet Ein weiteres Mittel der Meinungsbildungsbeteiligung ist die „Quote". Nicht nur bei den privaten Anbietem wird die Quote stark beachtet (hier geht es um die Berechnung der Höhe der Werbeeinnahmen) Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfrnk und Fernsehen werden Sendungen darin abgesetzt oder auf einen anderen: meist ungünstigeren Sendeplatz verlegt: wenn sie die geurünschten Zuhörer- bzw. Zuschauerzahlen nicht erreichen. Als ein herausragendes Mittel zur Beteiligung von TV-Nutzem ist der „Tagesschau- Blog" (w,vw tagesschau_de) zu nennen. Hier können Zuschauer über das Intemet Kritik üben und Anregungen geben. Die Redaktion erfährt: welche Themen in der Nachrichtengebung auf besonderes Interesse stoßen oder welche wemger interessieren. Diese 6 ZDF -Staatsvertrag: HmbGi•31 1991 , Medien-Rundfunkgesetze der Bundesländer Hesse, Rundfrnkrecht: S. 125 sowie Rechtsgrundlagen der ARD: S. 102 ff 7 Meinungsäußerungen der Tagesschau-Verbraucher fließen in die stärldige Redaktionsarbeit der Nachrichtensendung ein _ 5. Veröffentlichungspflichten und Transparenzvorgaben Die öffentlich-rechtlichen RundåLnk- und Fernsehanstalten sind verpflichtet: in regelmäßigen Abstärlden — bei der ARD im Zwei-Jahres-Rhythmus: beim ZDF jährlich Geschäftsberichte vorzulegen. s In den Leitlinien dazu ist Auskunft über Prograrnmvorhaben zu geben. In demselben Rhythmus erscheinen Rechenschaftsberichte dazu. Diese werden von den Gremien beraten und verabschiedet. Bei einigen ARD-Anstalten sind diese Sitzungen der Gremien öffentlich. Aufträge atl private Untemehmen, ebenso wie atl Unternehmen an denen die Sendeanstalten beteiligt sind: wird nach der Beschamxngsordnung der jeweiligen Anstalt vergeben _ Diese lehnt sich jeweils sehr stark an die Beschaffungsordnung des Bundes und den entsprechenden Regelungen der Bundeslärlder am Je nach Höhe der Aufträge sind die Gremien mitwirkungsberechtigt bzw. mitbestimmungspflichtig_ Die Auftragnehmer haben gegenüber ihren Auftraggebern die Pflicht: fir Transparenz: Nichtdiskriminierung und Wirtschaftlichkeit zu sorgen. Die Sendeanstalten kontrollieren wiederum: dass diese Punkte auch beachtet werden: zudem findet eine intensive Qualitätskontrolle statt. Weiterhin haben die Anstalten die Verpflichtung für eine entsprechende Marktförderung zu sorgen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfrnk- und Femseharlstalten veröffentlichen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) 9 Einzelverträge unterliegen in der Regel dem Datenschutz. Eine Plüå:ng von Verträgen unterliegt der Kontrolle einer garlzen Reihe von Institutionen wie den Aufsichtsgremien der Rundfrnk- und Fernsehanstalten; der Rechtsaufsicht, den Wirtschaftsprüfern: den Landesrechnungshöfen: der steuerlichen Betriebsprüfung sowie den Landesparlamenten. '.vuw_ ard. de/publikationen sowie www_zdf-jahrbuchde w-uw_aråde sowie www_zdf.de 6. 8 Literaturverzeichnis Hesse: Albrecht: Rundfrnkrecht: 2. Auflage 1999: München: Verlag Franz Vahlen_ Radeck: Bemd: Rechtsgrundlagen der ARD: Herausgeber: Saarländischer Rundfrnk: 2007: