Deutscher Bundestag Fragen zur Situation der Sinti und Roma in Deutschland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 1 – 3000 - 095/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 2 Fragen zur Situation der Sinti und Roma in Deutschland Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 1 – 3000 - 095/12 Abschluss der Arbeit: 16. Oktober 2012 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Allgemeine Informationen 4 1.1. Zur ethnischen Zusammensetzung und Herkunft der Roma und zu ihrem Selbstverständnis als Ethnie 4 1.2. Zur Religionszugehörigkeit der Roma 6 1.3. Interne Macht- und Entscheidungsstrukturen innerhalb der Gemeinschaft der Roma und ihrer Familien 7 1.4. Zum Rechtssystem und zur Rechtsprechung der Roma 8 1.5. Zur menschenrechtlichen Situation von Roma Frauen und Mädchen 9 1.6. Zur politischen Interessenvertretung der Roma in Bund, Ländern und Kommunen 10 2. Demographische, soziale, wirtschaftliche Daten 11 2.1. Aktuelle Daten, Indikatoren und Statistiken zur Minderheit der deutschen Sinti und Roma 11 2.2. Bevölkerungszusammensetzung der Roma nach Alter, Familienstand, Geschlecht 13 2.3. Bildungsniveau, Schulbesuch und Schulabstinenz 13 2.4. Gesundheit, Lebenserwartung, Fertilität, Mortalität 16 2.5. Wohnsituation, Wohnort, Mobilität 16 2.6. Integration in den Arbeitsmarkt, Branchen, Einkommen, Bezug von Sozialleistungen, Sozialleistungsbetrug 17 2.7. Verwicklung in Straffälle, Straffälligkeit, Roma als Opfer von Straftaten, z.B. Menschenhandel 18 3. Diskriminierungserfahrungen und Integrationsbemühungen 19 3.1. Angaben zu Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung von Sinti und Roma 19 3.2. Studien und Erhebungen zur aktuellen Lage der Sinti und Roma in Deutschland 20 3.3. In Politik, Wissenschaft und Verbänden diskutierte Ursachen für Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung 22 3.4. Bereiche, in denen die Integration der Roma verstärkt kritisch bewertet wird 23 3.5. In Diskussion befindliche Maßnahmen und Programme zur Förderung der Integration der Sinti und Roma 25 4. Quellen- und Literaturverzeichnis 27 5. Anhang 30 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 4 1. Allgemeine Informationen 1.1. Zur ethnischen Zusammensetzung und Herkunft der Roma und zu ihrem Selbstverständnis als Ethnie Nach heutigen Erkenntnissen war das Volk der Roma ursprünglich in Nordwestindien beheimatet .1 Historiker berufen sich hierbei insbesondere auf sprachliche Parallelen des Romanes, der Sprache der Sinti und Roma, zum altindischen Sanskrit.2 Während die geographische Herkunft der Roma unumstritten ist, besteht Uneinigkeit über ihre Lebensweise und gesellschaftliche Stellung in der indischen Gesellschaft. Aufgrund der sprachwissenschaftlichen Verwandtschaft der Bezeichnung „Rom“ mit dem Hindi-Wort „Dom“ wird jedoch vermutet, dass die Roma in lockeren Stammesverbänden lebten, die außerhalb des rigiden indischen Kastensystems standen. 3 Auch die genauen Umstände der Auswanderung der Roma aus Indien sind bis heute ungeklärt. Weder indische noch arabische oder persische Quellen geben hierzu Auskunft.4 Ein Großteil der Historiker geht allerdings davon aus, dass die meisten Roma Indien zu Zeiten der Kriegszüge des afghanischen Fürsten Mahmud von Ghazni im 11. Jahrhundert verlassen mussten.5 Dieser eroberte die nordwestindischen Regionen Panjab, Sindh sowie Rajastan und versklavte oder vertrieb die dort ansässige Bevölkerung. Wie zahlreiche Quellen aus dem 14. Jahrhundert belegen, zogen die Roma zunächst über Griechenland in den Balkan und nach Osteuropa. 6 Hierbei wanderten sie jedoch keinesfalls als geschlossene Gruppe aus, sondern teilten sich in einer über Jahrhunderte andauernden Wanderbewegung immer wieder in zahlreiche Untergruppen auf. Einige von ihnen zogen schließlich weiter Richtung Westeuropa in die Länder des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Als erster Quellenbeleg für den Aufenthalt von Roma in Deutschland wird eine Eintragung in den „Hildesheimer Stadtrechnungen“ aus dem Jahre 1407 angesehen.7 Bei den Roma handelt es sich somit nicht um ein homogenes Volk, das gemeinsam auswanderte, sondern vielmehr um zahlreiche kleinere Gruppen, die über Jahrhunderte hinweg in mehreren Migrationsschüben nach Europa gelangten.8 So wanderten die Roma wohl zumeist in kleinen Familienverbänden aus, die sich auf ihrem Weg nach Europa immer wieder aufsplitterten. Je nach lokalen Gegebenheiten und Arbeitsmöglichkeiten ließen sie sich an einem Ort nieder oder zogen weiter. 1 Council of Europe (o.J); Demir 2011: 27; Margalit 2001: 23; Reemtsma 1996: 13 2 Demir 2011: 27; Reemtsma 1996: 69 ff. 3 Kenrick, Puxon 1981: 19. 4 Margalit 2001: 23; Reemtsma 1996: 13 ff. 5 Demir 2011: 27. 6 Kenrick, Puxon 1981: 20. 7 Reemtsma 1996: 27. 8 Reemtsma 1996: 17, 18. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 5 Immer wieder waren die Migrationsbewegungen der Roma von Versuchen einer zwangsweisen Assimilierung durch die jeweilige staatliche Obrigkeit geprägt.9 Vorrangiges Ziel dabei war, die Roma durch eine zwanghaft herbeigeführte Aufgabe ihrer traditionellen Lebensgewohnheiten zur Sesshaftigkeit zu bewegen. Eine besonders strenge Assimilationspolitik verfolgte Kaiserin Maria Theresia, die langjährige Monarchin von Österreich-Ungarn. Sie verpflichtete die Roma sich niederzulassen , indem sie ihnen den Besitz von Kutschen und Pferden untersagte. Des Weiteren verbot sie die Eheschließung von Roma untereinander und ordnete an, Roma-Kinder ihren leiblichen Eltern abzunehmen und zur Erziehung christlichen Pflegeeltern zu übergeben. Auch in Spanien waren die Roma (die dort als „Egipcianos“,„Gitanos“ oder „Calre“bezeichnet werden) insbesondere im 17. und 18. Jahrhundert der Verfolgung und Versuchen der Zwangsassimilation ausgesetzt. Unter anderem war es ihnen verboten, ihre Muttersprache zu sprechen und sich anders als Spanier zu kleiden. Obwohl die meisten dieser Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg herbeiführen konnten, wurden einige Roma-Gruppen dennoch sesshaft. Diese heirateten auch oft Nicht-Roma, wodurch es zu einer Vermischung mit der einheimischen Bevölkerung kam. In den Sozial- und Kulturwissenschaften bezeichnet der Begriff der „Ethnie“ (von griechisch éthnos »Volk«, »Volksstamm«) nach einer verbreiteten Auffassung eine Menschengruppe, die in kultureller, sprachlicher, sozialer und historischer Hinsicht eine Einheit bildet und sich durch die Zugehörigkeit zur selben Volksgruppe auch miteinander verbunden fühlt.10 Angesichts der komplexen Abfolge von Spaltungs-, Vermischungs-, Ausgrenzungs- und Assimilierungsprozessen , die die verschiedenen Roma-Gruppen im Verlaufe ihrer geschichtlichen Entwicklung erfahren haben, und der daraus resultierenden sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Heterogenität der als „Roma“ bezeichneten Individuen und Gruppen macht es analytisch wenig Sinn, die Roma in ihrer Gesamtheit als einheitliches Volk oder Ethnie zu klassifizieren.11 Tatsächlich bilden die Roma eine Vielzahl unterschiedlicher Gemeinschaften mit jeweils eigenen Lebensstilen, kulturellen Traditionen. sozialen Orientierungen und Bedürfnissen. In vielen europäischen Ländern lassen sich die dort lebenden Roma-Gruppen oft nicht mehr klar von der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft abgrenzen.12 Dies gilt auch für die deutschen Sinti und Roma, von denen nicht wenige fest in die Mehrheitsgesellschaft integriert und kaum noch als Sinti oder Roma erkennbar sind.13 In jedem Fall ist für die deutschen Sinti und Roma heutzutage charakteristisch , dass sie in Bezug auf ihre ökonomische und soziale Lage wie auch hinsichtlich ihres Lebensstils und ihrer kulturellen Einbindungen durch eine große Vielfalt gekennzeichnet sind. Obwohl die Interessenorganisationen der deutschen Sinti und Roma großen Wert auf die Anerkennung ihrer Gruppe als nationale Minderheit legen und damit deren innere Verbundenheit betonen, werden sie auf der anderen Seite nicht müde, die Verschiedenartigkeit ihrer Klientel zu betonen. Stellungnahmen in 9 Demir 2011: 28. 10 Brockhaus Enzyklopädie Online. 11 Reemtsma 1996: 60 ff.. 12 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2005: VII; BMI (2011); Europäische Kommission (o.J.); Reemtsma 1996: 9. 13 BMI 2011: 12. Die weit reichende Integration der deutschen Sinti und Roma wird u.a. daran deutlich, dass ihre exakte Zahl nicht zu ermitteln ist, weil viele von ihnen nicht mehr als Angehörige dieser Minderheit zu identifizieren sind. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 6 Staat und Gesellschaft, die Sinti und Roma als einheitliche Gruppe definieren – z.B. bei der Konzeption von besonderen Unterstützungsmaßnahmen – werden in der Regel als diskriminierend zurückgewiesen. Diese „Ethnisierung“ von Mitgliedern einer Minderheit entspräche nicht den sozialen Realitäten und befördere die Verbreitung von Vorurteilen und Stereotypen.14 Auch vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, die deutschen Sinti und Roma nicht als einheitliche Ethnie zu definieren. 1.2. Zur Religionszugehörigkeit der Roma Die Frage, welchen Religionsgemeinschaften die Roma angehören, lässt sich nicht eindeutig beantworten .15 Auf ihren zahlreichen Wanderungen haben die Roma immer wieder Elemente der jeweils dominanten Religionen ihrer Aufenthaltsländer übernommen, mit Vorliebe solche, die ihren eigenen religiösen Vorstellungen nahe kamen. So haben sie z.B. ihre traditionellen Formen der Taufe, Hochzeit, Beerdigung und Wallfahrt jeweils an die christlichen oder muslimischen Vorstellungen und Rituale angepasst.16 Zahlreiche Quellen belegen, dass sie in vielen Ländern als „Gottlose“ verfolgt worden sind. Daher waren sie oft gezwungen, ihre eigenen Glaubensvorstellungen abzulegen und die offizielle Religion des jeweiligen Aufenthaltslandes anzunehmen.17 In Ländern des Islam wurden sie zu Moslems, in christlichen Ländern traten sie überwiegend der katholischen Kirche bei. Da die Roma ihre religiösen Bräuche nicht niedergeschrieben hatten, sondern nur mündlich an nachfolgende Generationen weitergaben, wurde ihr Glaube im Laufe der Zeit immer mehr von den fremden Religionen verdrängt. Nur einzelne religiöse Elemente, die teilweise noch auf ihre indische Herkunft zurückzuführen sind, konnten sie sich bewahren.18 Dies gilt insbesondere für zahlreiche von den Roma verwendeten religiösen Begriffe, die häufig noch indischen Ursprungs sind. So benutzen die Roma noch immer den Begriff „Devel“ als Bezeichnung für Gott.19 Derselbe Begriff wurde in altindischen Quellen zur Bezeichnung des Gottes „Indra“ verwendet. Bei katholischen Roma wird das christliche Kreuz „Trusul“ (Dreizack) genannt , ein Wort, mit dem im hinduistischen Glauben die Waffe des höchsten Gottes Shiva bezeichnet wird.20 Auch der religiöse Alltag vieler Roma-Gruppen wird bis heute von hinduistischen Glaubensvorstellungen und Ritualen geprägt.21 So beachten die meisten Roma noch immer eine Reihe von traditionellen Reinheitsgeboten, wie beispielsweise das Verbot, mit Ausgestoßenen zu verkeh- 14 Rolly 2011: 2; Zentralrat 15 Demir 2011: 28; Reemtsma 1996: 60 ff. 16 Djuric, Becken, Bengsch 1996: 294. 17 Djuric, Becken, Bengsch 1996: 294; Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 431. 18 Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 431. 19 Djuric, Becken, Bengsch 1996: 296. 20 Margalit 2001: 25. 21 Margalit 2001: 25. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 7 ren.22 Des Weiteren werden bis heute hinduistische Sterbe- und Beerdigungsrituale befolgt, wie die Verbrennung der Verstorbenen und deren Eigentums. Außerdem befolgen die Roma strenge Trauervorschriften, die mit einer Verehrung der Ahnen sowie dem Glauben an Totengeister einhergehen . Somit lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die Roma grundsätzlich die Religionen der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung angenommen haben.23 Neben der Übernahme dieser Glaubenshaltungen hielten sie jedoch auch an zahlreichen hinduistischen Bräuchen fest, die bis heute mit unterschiedlicher Intensität gepflegt werden. Dies hat zur Folge, dass sich in den religiösen Praktiken der Roma Elemente verschiedener Religionen im Laufe der Zeit miteinander vermischt haben . Deshalb lässt sich die Frage der Religionszugehörigkeit der Roma nicht pauschal beantwortet . 1.3. Interne Macht- und Entscheidungsstrukturen innerhalb der Gemeinschaft der Roma und ihrer Familien Die Sozialstruktur der Roma-Gruppen beruht auf einem Verwandtschaftssystem, in dem die Großfamilie die Basis der Gemeinschaft bildet.24 In der Regel umfasst eine Großfamilie drei Generationen , die als „Satra“ (ursprünglich: Zigeunerzelte) bezeichnet werden. Mehrere Großfamilien bilden ein Geschlecht, ein sogenanntes „njamo“, das von einem Familienoberhaupt angeführt wird.25 Dieses kann Sanktionen gegen andere Mitglieder des Familienverbands verhängen, beispielsweise bei Verstößen gegen traditionelle Verhaltensregeln.26 Als höchste Strafe kann das Familienoberhaupt auch den Ausschluss aus dem Familienverband beschließen. Durch Verbindungen verschiedener Familienverbände wiederum entsteht eine „vitsa“, ein Stamm. Dies kann entweder durch Eheschließungen oder in Einzelfällen auch durch die Übernahme von Patenschaften geschehen.27 Der Einfluss und das Ansehen der Stämme richtet sich nach deren Größe, wobei Stämme teilweise mehrere hundert Großfamilien umfassen können. Jedem Stamm steht ein gewählter Ältester vor, der sich durch Ansehen und Weisheit auszeichnet.28 Dieser ist auch immer zugleich Vorsitzender des Altenrates, der sich zumeist aus fünf Stammesältesten zusammensetzt . Wichtigste Aufgabe des Rates ist es, alle wichtigen Entscheidungen zu treffen, die den eigenen Stamm betreffen. Außerdem werden die Altenräte bei Streitfällen zwischen mehreren Stämmen einberufen. 22 Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 431. 23 Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 431. 24 Margalit 2001: 25, 26. 25 Djuric, Becken, Bengsch 1996: 326. 26 Margalit 2001: 26. 27 Reemtsma 1996: 62. 28 Djuric, Becken, Bengsch 1996: 326. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 8 Die Roma sehen die Familie als Solidargemeinschaft an, in der man sich unterstützt und einander Rückhalt gibt.29 Der familiäre Alltag wird hierbei von traditionellen Strukturen und Verhaltensregeln bestimmt. Wichtig ist insbesondere die Rollenteilung zwischen Jungen und Alten sowie Männern und Frauen, die Beachtung des Reinheitsgebotes, die Achtung der Alten sowie Absprachen über Fragen der Familienehre.30 Die traditionelle Form der Großfamilie unterliegt jedoch immer mehr dem gesellschaftlichen Wandel der modernen Zeit.31 Jüngere Paare entziehen sich inzwischen vermehrt den familiären Verpflichtungen und spalten sich von ihren Familien ab. Dies ist insbesondere dann zu beobachten, wenn sie fest in ein soziales Netz von Nicht-Roma integriert sind. Zudem ist bei jüngeren Paaren auch verstärkt eine Tendenz zum Leben in Kleinfamilien mit ein bis zwei Kindern zu beobachten. 1.4. Zum Rechtssystem und zur Rechtsprechung der Roma Kommt es innerhalb der Roma-Gemeinschaft zu Streitigkeiten, ist es üblich, die Institution des „Kris“ einzuberufen.32 Dieser stellt ein unabhängiges Gremium dar, das nach sorgfältiger Würdigung aller Beweise Entscheidungen über Konflikte zwischen Roma trifft. Der Kris urteilt grundsätzlich über alle Arten von Rechtsstreitigkeiten, am häufigsten hat es jedoch über vermögensrechtliche Probleme sowie familienrechtliche Streitigkeiten, insbesondere Scheidungsangelegenheiten , zu entscheiden. Der Institution des „Kris“ steht in der Regel ein gewähltes Stammesoberhaupt vor.33 Um dessen Unbefangenheit zu garantieren, muss dieser stets dem Stamm einer unbeteiligten Partei angehören . Bei der Beweiswürdigung wird er zudem von mehreren unabhängigen Beobachtern unterstützt . Vertreter beider Seiten tragen dem Kris den Fall im Namen ihrer Mandaten vor und beraten und verteidigen diese. Des Weiteren ist es den Streitparteien auch erlaubt, Entlastungszeugen mitzubringen. Sind alle Parteien anwesend, eröffnet der Vorsitzende des Kris die Verhandlung erst dann, wenn beide Seiten versichert haben, dass sie das Urteil des Kris anerkennen werden. Während des Verfahrens obliegt es dem Vorsitzenden, Ordnung im Saal herzustellen und Beweismaterial zu sammeln . Nach Prüfung aller Fakten verkündet er schließlich das Urteil und setzt den jeweiligen Strafrahmen fest. Die Todesstrafe wird von den Roma grundsätzlich abgelehnt, da sie im Widerspruch zu ihren religiösen Vorstellungen steht.34 So hat ein Kris aus ihrer Sicht zwar das Recht, die Schuld des Täters festzustellen, nicht jedoch über Leben und Tod zu entscheiden. Als höchste Strafe kann der Angeklagte zu einem lebenslangen Ausschluss aus der Roma-Gemeinschaft verurteilt werden. Dieser bedeutet die vollständige Isolation von der Gemeinschaft und kommt 29 Margalit 2001: 25; Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 428, 429. 30 Schmalz-Jacobsen, Hansen 1997: 132. 31 Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 429. 32 Djuric, Becken, Bengsch 1996: 327 ff.; Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 429; Reemtsma 1996: 63. 33 Djuric, Becken, Bengsch 1996: 327 ff. 34 Djuric, Becken, Bengsch 1996: 332. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 9 daher für viele Verurteilte einem Todesurteil gleich. Zahlreiche Delinquenten, die per Urteil aus der Roma-Gemeinschaft ausgeschlossen wurden, begingen Selbstmord. Obgleich die Institution des Kris in Teilen der Roma-Gemeinschaft heute noch existiert, hat diese in den vergangenen Jahren zunehmend an Autorität verloren.35 Dies lässt sich insbesondere darauf zurückführen, dass viele Paare der jüngeren Generationen standesamtlich und nicht mehr nur nach alter Roma-Tradition heiraten. Im Falle der Scheidung müssen sie daher vor ordentliche Gerichte ziehen. 1.5. Zur menschenrechtlichen Situation von Roma Frauen und Mädchen Die Lebensbedingungen von Roma-Frauen und –Mädchen sind noch immer stark von den traditionellen Familienstrukturen der Roma geprägt werden.36 So ist es bei den Roma Brauch, dass die Mädchen früh verheiratet werden, wenn möglich sogar vor Beginn ihrer Pubertät. Wichtig ist, dass sie noch unberührt sind, da Jungfräulichkeit als Zeichen der Reinheit der Familie gewertet wird. Die Eheschließungen sollen der Herstellung von Familienallianzen dienen.37 Aus diesem Grund werden die Absprachen über eine Heirat zumeist allein von den Eltern getroffen, ohne den Mädchen ein Mitspracherecht einzuräumen. In traditionellen Familien ist es außerdem üblich, dass Roma-Frauen schon in jungen Jahren schwanger werden und sie durchschnittlich mehr Kinder auf die Welt bringen als Frauen anderer Bevölkerungsgruppen.38 Die traditionellen Familienstrukturen und Lebensweisen der Roma führen zudem dazu, dass Roma-Frauen nur selten höhere Schul- und Bildungsabschlüsse erreichen, was wiederum ihren Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert. Junge Roma-Frauen wehren sich jedoch vermehrt gegen Zwangsehen und entziehen sich immer häufiger dem Einfluss ihrer Familien.39 Die Beteiligung von Roma-Frauen am politischen und öffentlichen Leben in Deutschland scheint nach wie vor gering zu sein.40 Ein verstärktes Engagement kann allenfalls im Bereich der Vereinsarbeit und an Schulen, wo Roma-Frauen häufig als Mediatorinnen auftreten, beobachtet werden .41 Da die Frauen jedoch bis auf wenige Ausnahmen in den unteren Ebenen der Organisationen arbeiten, sind ihre (Mit-) Gestaltungsmöglichkeiten begrenzt. Eine Organisation, die sich für mehr politischen Einfluss der Roma-Frauen einsetzt, existiert in Deutschland nicht. 35 Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 429. 36 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2005: 24 ff. 37 Reemtsma 1996: 61. 38 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2005: 24. 39 Schmalz-Jacobsen, Hansen 1995: 429. 40 Bachmann, Blaschke 2007: 28. 41 Bachmann, Blaschke 2007: 28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 10 1.6. Zur politischen Interessenvertretung der Roma in Bund, Ländern und Kommunen Zur Vertretung ihrer Interessen haben sich die deutschen Roma in zahlreichen Verbänden und Organisationen zusammengeschlossen.42 Auf Bundesebene existieren zwei Interessenverbände der Roma nebeneinander, der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sowie die Sinti-Allianz Deutschland. Diese unterscheiden sich durch ein grundlegend unterschiedliches Selbstverständnis , weshalb eine Zusammenarbeit in der Vergangenheit nicht zustande kam. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mit Sitz in Heidelberg wurde im Februar 1982 gegründet .43 Ihm gehören zehn Landesverbände sowie weitere regionale und lokale Organisationen an.44 Die Landesverbände haben ihre Vertretungen in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Saarland. Zu den regionalen Vereinen zählen unter anderem die Sinti-Union Deutschland e.V. in Freiburg, der Sinti-Verein e.V. in Karlsruhe und der Verein der katholischen Roma e.V.45 Hauptanliegen des Zentralrates ist die politische Gleichstellung der nationalen Minderheit .46 So setzte sich der Rat über viele Jahre für die gesetzliche Anerkennung der Sinti und Roma als nationale Minderheit sowie deren Sprache „Romanes“ als Minderheitensprache ein. Seit seiner Gründung kämpft der Verband zudem gegen gesellschaftliche Diskriminierung und rechtsradikale Gewaltdelikte. Des Weiteren unterstützt der Zentralrat auch die strafrechtliche Aufklärung von NS-Verbrechen und setzt sich für Entschädigungszahlungen an Opfer der NS- Diktatur ein. So konnte er für die Überlebenden der Konzentrationslager eine Änderung der Entschädigungspraxis durchsetzen, was in zahlreichen Fällen zu Neuentscheidungen der Behörden führte. Außerdem arbeitet der Zentralrat eng mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma e.V. in Heidelberg zusammen.47 Dieses befasst sich mit der Erforschung und Dokumentation der Geschichte der deutschen Roma, insbesondere mit der historischen Aufarbeitung des nationalsozialistischen Völkermordes an der Minderheit. Im Jahr 2000 schlossen sich mehrere nicht dem Zentralverband angehörige Organisationen sowie 20 Stammesvertreter zur Sinti Allianz Deutschland e.V. (SAD) zusammen.48 Die Mitglieder der Allianz verstehen sich als Interessenvertretung aller Stämme und Sippen deutscher „Zigeuner“ und sehen sich selbst nicht als nationale Minderheit an.49 Die Sinti Allianz engagiert sich für die gesellschaftliche Integration der Sinti-Gemeinschaft und mehr Akzeptanz für deren kulturelle Identität. Besonderes Anliegen der SAD ist es jedoch, die alten Traditionen und Bräuche der Sin- 42 BMI (o.J.); Schmalz-Jacobsen, Hansen 1997: 133. 43 Zentralrat deutscher Sinti und Roma – Historie. 44 Bachmann, Blaschke 2007: 26, 27. 45 Weitere regionale Mitgliedsorganisationen sind abrufbar unter: http://zentralrat.sintiundroma.de/. 46 47 Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma. 48 Sinti Allianz Deutschland e.V. 49 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 11 ti-Kultur zu pflegen und diese an nachfolgende Generationen weiterzugeben. Hierzu hat die Allianz in der Vergangenheit zahlreiche kulturelle Projekte gefördert, wie die Veranstaltung von Workshops für Kinder und Jugendliche. Auch im sozialen Bereich ist die SAD tätig, so betreut der Verein Jugendliche und Senioren und unterstützt außerdem Opfer des NS-Regimes. Obwohl der Zentralrat und die Sinti Allianz in vielen ihrer Tätigkeitsbereiche dieselben Ziele verfolgen, stehen sie sich nach wie vor kritisch gegenüber. 50 Die Differenzen der beiden Verbände beruhen insbesondere auf einem grundlegend unterschiedlichen Verständnis der eigenen Volksgruppe. Während die Mitglieder der Sinti Allianz sich nicht als nationale Minderheit betrachten , hat der Zentralrat jahrelang für eine Anerkennung als nationale Minderheit gekämpft. Deutlich wurden die verschiedenen Standpunkte der Verbände auch beim Streit um die Inschrift des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma in Berlin. So herrschte jahrelang Uneinigkeit über die Bezeichnung der Opfergruppe, weshalb sich der Bau der Gedenkstätte immer wieder verzögerte.51 Der Zentralrat bestand darauf, das Mahnmal den ermordeten „Sinti und Roma“ zu widmen.52 Vehement wehrte er sich gegen eine Bezeichnung der Opfer als „Zigeuner“, da es sich bei diesem Begriff um eine diskriminierende Formulierung handle, die insbesondere im Sprachgebrauch der Nationalsozialisten verwendet worden sei.53 Die SAD sprach sich dagegen für die Verwendung des Wortes „Zigeuner“ aus, da nur von diesem Begriff sämtliche von den Nationalsozialisten als „Zigeuner“ verfolgte Gruppen miterfasst würden.54 Da eine Annäherung der beiden Verbände bis heute nicht stattgefunden hat, existiert kein zentrales Organ, das die Interessen der Sinti und Roma in Deutschland vertritt. Im Gegensatz zu den anderen nationalen Minderheiten in Deutschland konnte für die Sinti und Roma daher auch kein Beratender Ausschuss beim Bundesministerium des Innern eingerichtet werden.55 2. Demographische, soziale, wirtschaftliche Daten 2.1. Aktuelle Daten, Indikatoren und Statistiken zur Minderheit der deutschen Sinti und Roma In der Bundesrepublik Deutschland werden von Amts wegen keine bevölkerungsstatistischen und sozioökonomischen Daten auf ethnischer Basis erhoben. „Dies ist unter anderem in den historischen Erfahrungen in Deutschland begründet, insbesondere im Zusammenhang mit der Verfolgung von Minderheiten in den Zeiten des Nationalsozialismus.“56 Zudem stehen einer Erhe- 50 51 Berliner Morgenpost (20.12.2008). Die Welt (02.08.2012); Die Welt (10.02.2005); Süddeutsche Zeitung (20.12.2008). 52 Frankfurter Allgemeine (23.03.2005); Stuttgarter Zeitung (16.02.2005). 53 Die Welt (10.12.2004); Neues Deutschland (05.09.2003). 54 Berliner Morgenpost (06.10.2003). 55 BMI 2011: 15. 56 BMI 2011: 12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 12 bung statistischer Daten auf ethnischer Basis rechtliche Argumente entgegen, da das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit gemäß Art. 3 des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten frei ist.57 Argumente dieser Art dürften im Übrigen auch dazu geführt haben, dass die nationalen Minderheiten selbst der Erhebung von ethnischen Daten zur Lage ihrer Gemeinschaften mit großer Skepsis gegenüberstehen.58 Weder das Statistische Bundesamt noch die Statistischen Ämter der Länder und Kommunen können deshalb Statistiken erstellen, die Angaben über Angehörige ethnischer oder nationaler Minderheiten mit deutscher Staatsangehörigkeit enthalten.59 Auch in den amtlichen Melderegistern wird die Zugehörigkeit der in Deutschland lebenden Personen zu einer nationalen Minderheit nicht erhoben.60 Ebenso ist es nicht möglich, entsprechende repräsentative Informationen im Rahmen der amtlichen Stichproben zu erheben, da die Zahl der Angehörigen nationaler Minderheiten in Deutschland gemessen an der Gesamtbevölkerung sehr gering ausfällt und so gut wie keine Informationen über die Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit und deren Siedlungsgebiete vorliegen.61 Auch außeramtlichen Quellen können keine belastbaren Aussagen über Zahl und Siedlungsgebiete der deutschen Sinti und Roma entnommen werden. Die in Wissenschaft und Öffentlichkeit gelegentlich genannten Zahlen beruhen fast ausschließlich auf mehr oder weniger plausiblen Schätzungen und weichen nicht selten stark voneinander ab. Es dürfte daher schwierig sein, fundierte wissenschaftliche Untersuchung zur Demographie und sozialen Lage der deutschen Sinti und Roma auf Basis repräsentativer Stichproben durchzuführen.62 Die gelegentlich von Autoren derartiger Studien behauptete Repräsentativität ihrer Untersuchungsergebnisse dürfte vor dem Hintergrund des grundlegenden Defizits an zuverlässigen statistischen Daten mit großer Skepsis zu betrachten sein.63 57 BMI 2011: 12. 58 BMI 2911: 13. 59 vgl. Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 16. 60 BMI 2011: 12. 61 BMI 2011: 13. 62 BMI 2011: 13. Die Generaldirektion Beschäftigung und Soziales der Europäischen Kommission, Referat D3, hat bereits 2004 im Bericht „Die Situation der Roma in der erweiterten Europäischen Union“ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „verlässliche Roma-spezifischen Daten, die für die Politik der EU zur sozialen Eingliederung und der Nichtdiskriminierung relevant sind“ nicht oder nur in unzureichendem Maße zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang kritisiert der Bericht auch eine in Politik, Administration und Wissenschaft verbreitete missverständliche Auffassung des Datenschutzes, die zu der irrigen Annahme führe, dass „das Sammeln von Daten über Roma und andere ethnische Minderheiten geltende Datenschutzgesetze verletze und somit nicht legal sei.“ Dabei wird explizit auf die von der Bundesregierung vertretene Position Bezug genommen, derzufolge „die Sammlung derartiger Daten wegen grundlegender rechtlicher Erwägungen nicht in Betracht“ gezogen werden könne. Vgl. Generaldirektion Beschäftigung und Soziales 2004: 44 und Anm.103. 63 Vgl. etwa Strauß 2011: 15f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 13 Vor dem Hintergrund dieser Situation werden im Folgenden die im einschlägigen Schrifttum gelegentlich berichteten Daten dokumentiert. 2.2. Bevölkerungszusammensetzung der Roma nach Alter, Familienstand, Geschlecht Die Angaben zur Gesamtzahl der deutschen Sinti und Roma schwanken. Die meisten Publikationen wie etwa der Bericht der Bundesregierung zu den nationalen Integrationsstrategien für Roma nennen eine Schätzwert von rund 70.000 in Deutschland lebenden deutschen Sinti und Roma (60.000 Sinti/10.000 Roma).64 Auch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma geht Angaben von 2007 zufolge von diesem Wert aus65 Andere Schätzungen gehen von einer Zahl von etwa 80.000 deutschen Sinti und Roma aus, von denen ca. 50.000 Sinti und 30.000 Roma seien.66 Dagegen geht Strauß in seiner Studie zur aktuellen Bildungssituation deutscher Sinti und Roma von ca. 80.000 bis 120.000 Personen aus, ohne Anhaltspunkte zu nennen, weshalb er einen weitaus höheren Maximalwert veranschlagt als die meisten anderen deutschen Quellen.67 Auch die von der EU-Kommission genannten Schätzwerte liegen mit einem Minimalwert von 70.000, einem Maximalwert von 140.000 und einem Durchschnittswert von 105.000 Personen um ein Vielfaches höher als die in den meisten deutschen Publikationen genannten Werte.68 Zur Altersstruktur, zum Familienstand und zum Geschlecht der deutschen Sinti und Roma liegen keine quantitativen Daten vor. Die einzigen verfügbaren Informationen beziehen sich auf die Altersstruktur der Roma in Europa. Hierzu wird in einer Mitteilung der Europäischen Kommission von 2011 an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Europäischen Wirtschafts - und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen ausgeführt: „Die Roma sind eine junge Bevölkerungsgruppe: 35,7 % von ihnen sind unter 15 Jahre alt, in der EU- Gesamtbevölkerung liegt der Anteil dieser Personen bei 15,7 %. Die Roma sind im Durchschnitt 25 Jahre alt, das Durchschnittsalter in der EU liegt hingegen bei 40 Jahren.“69 2.3. Bildungsniveau, Schulbesuch und Schulabstinenz Da auch die deutschen Bildungsstatistiken keine Differenzierung nach ethnischer Herkunft vornehmen , sind Aussagen zum Bildungsstand von Sinti und Roma in Deutschland, die auf amtlichen Daten basiert, nicht möglich.70 Einen – allerdings nur unvollkommenen - Ersatz bietet eine von Daniel Strauß herausgegebene Studie zur Bildungssituation deutscher Sinti und Roma, die auf nicht-repräsentativen Befragungen von Angehörigen dieser Minderheit aus dem Jahre 2007 64 BMI 2011: 12; Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 16. 65 Zentrum für Antisemitismusforschung 2007: 3. 66 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 16. 67 Strauß 2011: 4. 68 Integration der Roma 2011. 69 Mitteilung der Kommission 2011: 3; vgl. BMI 2011: 8; Integration der Roma 2011. 70 BMI 2011: 30. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 14 fußt.71 Auch wenn die Studie aufgrund ihres Datenmaterials und ihrer wissenschaftlich anfechtbaren Methoden72 nicht unkritisch bewertet werden darf, liefern die vorgestellten Ergebnisse doch Hinweise auf grundlegende Trends und Zusammenhänge. Ihr zentrales Ergebnis ist, dass die Minderheit der deutschen Sinti und Roma im Vergleich zur deutschen Mehrheitsbevölkerung ein erhebliches Bildungsdefizit aufweist. Neben der schwierigen sozialen Lage, die die Lebensbedingungen der meisten Sinti und Roma kennzeichnet, führt Strauß deren Bildungsbenachteiligung vor allem auf „Diskriminierungserfahrungen auch und besonders in der Schule“ zurück.73 Unter anderem untermauert Strauß seine Thesen mit folgenden Befunden: – 13 Prozent der befragten Sinti und Roma haben keine Schule besucht (Gesamtbevölkerung weniger als 1 Prozent); 44 Prozent der Befragten haben die Schule ohne Abschluss verlassen (Gesamtbevölkerung 7,5 Prozent). Trotz wachsender Bildungsanstrengungen verfügten immer noch 7,5 Prozent der befragten 15- bis 17-jährigen Sinti und Roma über keinen Hauptschulabschluss .74 – Allerdings lässt sich feststellen, dass das Bildungsengagement in den jüngeren Generationen spürbar gestiegen ist. Während 39,5 Prozent der befragten über 50-Jährigen keine Grundschule besuchten, war dies bei den 26- bis 50-Jährigen zu 18,8 Prozent und bei den 14- bis 25- Jährigen sogar nur noch zu 9,4 Prozent der Fall.75 – Mit 10,7 Prozent lag der Anteil der befragten Sinti und Roma, die eine Förderschule besuchten , mehr als doppelt hoch als in der Gesamtbevölkerung (4,9 Prozent). Allerdings fallen die entsprechenden Anteile in den einzelnen Altersgruppen unterschiedlich aus. Während 9 Prozent der befragten 14- bis 25-Jährigen und 13,4 Prozent der 26- bis 50-Jährigen auf eine spezielle Förderschule gegangen sind, trifft dies nur auf 7 %; der über 50-Jährigen zu.76 – Lediglich 18,8 Prozent der befragten Sinti und Roma haben eine berufliche Ausbildung absolviert , dagegen verfügen in der jüngeren Altersgruppe der deutschen Mehrheitsbevölkerung 83,4 Prozent über eine abgeschlossene Berufsausbildung.77 – Mit 2,3 Prozent fällt auch der Anteil der befragten Sinti und Roma mit Abitur äußerst gering aus. In der deutschen Mehrheitsbevölkerung haben dagegen insgesamt 24,4 Prozent die All- 71 Strauß 2011. 72 So dürfte beispielsweise der als Vorzug gepriesene Einsatz von geschulten, aber wissenschaftlich nicht vorgebildeten Interviewern, die selbst der Roma-Volksgruppe angehören, aus Sicht der Umfrageforschung problematisch sein, da eine allzu große Empathie mit den Befragten die Gefahr mit sich bringt, ein subjektiv verzerrtes Antwortverhalten zu produzieren; vgl. Strauß 2011: 7-16. 73 Strauß 2011: 11. 74 Strauß 2011: 11 u. 101. Ende der 1970er / Anfang der 1980er-Jahre war das Bildungsdefizit der erwachsenen Sinti und Roma allerdings noch wesentlich höher. So hatten nach einer Studie des Bundesfamilienministeriums von 1982 30 Prozent der Sinti und Roma keine Schule besucht und weitere 50 Prozent hatten die Schule vor dem Abschluss abgebrochen; vgl. Zentrum für Antisemitismusforschung 2007: 5. 75 Strauß 2011: 102. 76 Strauß 2011: 101; Ende der 1970er / Anfang der 1980er-Jahre lag der Anteil der Sinti und Roma-Kinder, die eine Sonderschule besuchten, mit 25 bis 30 Prozent allerdings noch wesentlich höher; vgl. Zentrum für Antisemitismusforschung 2007: 5. 77 Strauß 2011: 101. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 15 gemeine Hochschulreife, in der Altersgruppe der 20- bis 25-Jährigen liegt der entsprechende Wert sogar bei über 40 Prozent.78 – Die Erfahrungen von Sinti und Roma in der Schule sind in starkem Maße von offenen und verdeckten Diskriminierungen in Form von alltäglichen antiziganistischen Beschimpfungen und Vorurteilen bestimmt: So fühlten sich 55,9 Prozent der Schüler manchmal, 8,4 Prozent regelmäßig, 12,3 Prozent häufig und 4,6 Prozent sehr häufig diskriminiert. Lediglich 17,6 Prozent haben keine Diskriminierungserfahrungen gemacht (keine Angaben 1,1 Prozent).79 – Außer Diskriminierungserfahrungen dürfte aber auch die mangelnde Unterstützung der Schüler durch das Elternhaus für das konstatierte Bildungsdefizit der Sinti und Roma mitverantwortlich sein. So gaben fast die Hälfte der Befragten (45,6 Prozent) an, bei den Hausaufgaben keine Hilfen in der Familie zu erhalten bzw. erhalten zu haben. Als Gründe hierfür wurden u.a. genannt: „keine eigene Schulbildung der Eltern", „selbst nur begrenzte schulische Ausbildung ", „zu geringe schulische Bildung", „kann weder lesen noch schreiben" o.ä.80 Allerdings sprechen die Befunde von Strauß dafür, dass sich dieser Zustand nicht zuletzt aufgrund des wachsenden Bildungsniveaus in den nachwachsenden Generationen allmählich zum Besseren wendet.81 Auch wenn die von Strauß vorgestellten Befunde ein gegenüber der deutschen Mehrheitsbevölkerung erhebliches Bildungsdefizit der deutschen Sinti und Roma anzeigen, nehmen diese im Vergleich zum Bildungsstand der Sinti und Roma in anderen europäischen Ländern immer noch eine führende Position ein. Nach einer Mitteilung der Europäischen Kommission von 2011, die sich auf eine Studie in sechs europäischen Staaten (ohne Deutschland) bezieht, „schließen nur 42 Prozent der Roma-Kinder die Grundschule ab, wohingegen der EU-Durchschnitt hier bei 97,5 Prozent liegt. Schätzungen zufolge besuchen nur 10 Prozent der Roma eine Sekundarschule.“82 Etwas anders fallen dagegen die Ergebnisse zweier Studien zur Situation der Roma in insgesamt 11 europäischen Staaten (ohne Deutschland)83 aus, die die European Union Agency For Fundamental Rights (FRA) 2009 vorgestellt hat: Danach besuchte jedes zweite in der Umfrage erfasste Roma-Kind eine Vorschule oder einen Kindergarten und neun von zehn Roma-Kindern im schulpflichtigen Alter von sieben bis 15 Jahren besuchten eine Schulen. Allerdings legen auch diese Studien gravierende Bildungsdefizite offen, wenn konstatiert wird, dass lediglich 15 Prozent der befragten jungen erwachsenen Roma die Sekundarstufe II oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben (Mehrheitsbevölkerung: über 70 Prozent).84 78 Strauß 2011: 102. 79 Strauß 2011: 99. 80 Strauß 2011: 102. 81 Strauß 2011: 102. 82 Integration der Roma 2011. 83 Die Umfrage wurde in Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Polen, Portugal, Rumänien, der Slowakei, Spanien, der Tschechischen Republik und Ungarn durchgeführt; vgl. FRA 2009: 1. 84 FRA 2009: 1f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 16 2.4. Gesundheit, Lebenserwartung, Fertilität, Mortalität Daten zum Gesundheitszustand der deutschen Sinti und Roma liegen ebenfalls nicht vor, da weder die Gesundheitsberichterstattung der Amtlichen Statistik noch die Krankenversicherungsstatistiken oder andere Krankheitsstatistiken die ethnische Herkunft von Patienten berücksichtigen .85 Im Bericht der Bundesregierung zu den nationalen Integrationsstrategien für Sinti und Roma wird daher zur Frage der gesundheitlichen Situation dieser Minderheitengruppe ausgeführt: „Die gesundheitliche Versorgung der Sinti und Roma mit Wohnsitz in Deutschland wird grundsätzlich über die gesetzliche oder private Krankenversicherungspflicht sichergestellt; ihnen stehen die Angebote der Gesundheitsversorgung und Prävention in demselben Umfang zur Verfügung wie den anderen versicherten Personengruppen, so dass ihre gesundheitliche Versorgung sichergestellt ist.“86 Studien auf EU-Ebene haben wiederholt eine allgemein schlechtere Gesundheitssituation der Roma im Vergleich zur übrigen Bevölkerung konstatiert. Als Gründe hierfür werden u.a. die ärmlichen Lebensverhältnisse, ein Mangel an gezielten Informationskampagnen, der begrenzte Zugang zu einer guten Gesundheitsfür- und -vorsorge sowie die Tatsache, dass die Roma vom medizinischen Personal diskriminiert werden, angeführt. Unter anderem lässt sich der schlechtere Gesundheitszustand etwa an der geringeren Lebenserwartung der europäischen Roma ablesen, der zehn Jahre unter dem Durchschnitt der EU-Bevölkerung liegt (Frauen 82, Männer 76 Jahre). Die Kinder- und Säuglingssterblichkeit wird bei den europäischen Roma zwei- bis sechsmal höher geschätzt als in der Gesamtbevölkerung. Mehr als 25 Prozent der Roma-Kinder verfügen über keinen ausreichenden Impfschutz.87 2.5. Wohnsituation, Wohnort, Mobilität Auch hierzu lassen sich keine gültigen Aussagen treffen, da die entsprechenden Daten der amtlichen Statistik nicht nach ethnischer Zugehörigkeit differenziert erhoben werden. In ihrem Bericht zu den nationalen Integrationsstrategien stellt die Bundesregierung 2011 fest, dass sie keine Erkenntnisse darüber habe, „dass die Wohnraumversorgung der Sinti und Roma sich insgesamt signifikant von der Wohnraumversorgung der übrigen Bevölkerung unterscheidet.“88 Eine 1982 im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erarbeiteten Studie kam hingegen zum Ergebnis, dass ein überdurchschnittlich großer Teil der Volksgruppe in Armut lebe und sozial kaum abgesichert sei. Die ökonomische Lage wirke sich vor allem auf die Wohnsituation aus, die für einen beträchtlichen Teil der Minderheit unter den gängigen Mindeststandards liege. Die Untersuchung zeigte außerdem, dass Ende der siebziger Jahre fast alle deutschen Sinti sesshaft waren .89 Hinsichtlich der Wohnqualität ließen sich deutliche Unterschiede zwischen den Wohnun- 85 BMI 2011: 44. 86 BMI 2011: 44 87 Mitteilung der Kommission 2011; Integration der Roma 2011. 88 BMI 2011: 47; Peucker 2009: 5. 89 Zentrum für Antisemitismusforschung 2007: 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 17 gen der finanziell und sozial besser gestellten Sinti-Familien und denen, die von Sozialhilfen abhängig waren, erkennen. So leben 52,4 Prozent der Familien, die Hilfen zum Lebensunterhalt erhielten, in so genannten Einfachstwohnungen und weitere 21 Prozent sogar in Notunterkünften .90 Nach dieser Studie lebten somit Ende der 1970er / Anfang der 1980er-Jahre zwei Drittel der bedürftigen Sinti in Wohnungen, die in puncto sanitäre Einrichtungen und Komfort nicht den allgemeinen Standards entsprachen. Demgegenüber bewohnten mehr als die Hälfte (52,6 Prozent) der gut situierten Familien Normalwohnungen, teilweise auch eigene Häuser (ca. 15 Prozent).91 Auch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Wohnräume und die Größe der Wohnfläche waren stark von der sozialen Stellung der jeweiligen Familien abhängig. Die Wohnungen der finanziell unabhängigen Familien waren größer und hatten mehr Zimmer als die Wohnungen der zumeist größeren Familien, die auf Sozialhilfen angewiesen waren.92 Ein weiteres Ergebnis der Studie von 1982 war, dass im Gegensatz zu verbreiteten Vorurteilen die weitaus meisten Mitglieder der Sinti-Minderheit bereits damals überwiegend in Städten oder größeren Gemeinden wohnten. Dies gilt gleichermaßen für wohlhabende wie für bedürftige Sinti. Über die Hälfte der Sinti-Familien hatten ihre Wohnungen in den Kernbereichen der Innenstädte, wohingegen lediglich fünf Prozent außerhalb der Städte wohnte.93 Nur gut neun Prozent der Sinti -Familien lebten damals noch in mobilen oder ehemals mobilen Unterkünften (vor allem in Wohnwagen) und bestätigten somit das in der Mehrheitsbevölkerung verbreitete Klischee vom „fahrenden Volk“.94 Aktuelle Befunde auf europäischer Ebene zeigen, dass die Roma in zahlreichen europäischen Staaten95 auch heute noch in oft prekären Wohnverhältnissen ohne angemessenen Zugang zu den öffentlichen Versorgungsnetzen (z. B. Wasser, Strom oder Gas) leben. Nicht sesshafte Roma haben häufig sogar Schwierigkeiten, Aufenthaltsorte mit einer Wasserversorgung zu finden. Nicht selten hat die schlechte Wohnsituation gesundheitliche Beeinträchtigungen und negative Auswirkungen auf die gesellschaftliche Integration der Roma zur Folge.96 2.6. Integration in den Arbeitsmarkt, Branchen, Einkommen, Bezug von Sozialleistungen, Sozialleistungsbetrug Auch zu diesem Themenkomplex liegen wegen der fehlenden Differenzierung der amtlichen Statistik nach ethnischer Zugehörigkeit keine Daten vor. Ebenso verzichten die Sozialbehörden bei 90 Hundsalz 1982: 111. 91 Hundsalz 1982: 111. 92 Hundsalz 1982: 112. 93 Hundsalz 1982: 22 u. 108. 94 Hundsalz 1982: 111, 112. 95 In diesem Zusammenhang ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass die einschlägigen Erhebungen auch Daten für Länder wie Bulgarien und Rumänien einschließen, wo der Lebensstandard generell ungleich niedriger ist als in den wohlhabenden Staaten West- und Nordeuropas. 96 Mitteilung der Kommission 2011; Integration der Roma 2011. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 18 der statistischen Erfassung von für sie relevanten Informationen auf einer Differenzierung nach ethnischen Kriterien. Allerdings lässt sich dem Bericht der Bundesregierung über nationale Integrationsstrategien entnehmen, dass die Bundesregierung sich dem Ziel, „die Erwerbstätigenquote der Sinti und Roma der Erwerbstätigenquote der übrigen Bevölkerung“ als Voraussetzung für deren gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft anzugleichen, verpflichtet fühlt. Auch wenn die tatsächliche „Erwerbstätigenquote der Roma in Deutschland nicht bekannt ist, da grundsätzlich die ethnische Zugehörigkeit in der Erwerbstätigenstatistik in Deutschland nicht erfasst wird“, bringt die Bundesregierung mit diesen Formulierungen zum Ausdruck, dass es in Deutschland weiterhin Defizite bei der Integration der Sinti und Roma in den Arbeitsmarkt gibt.97 Für diese These spricht auch, dass die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auf die gesetzlichen Förderprogramme zur Berufsausbildung und zur Integration in den Arbeitsmarkt verweist, auf deren Leistungen die deutschen und europäischen Sinti und Roma ebenso wie alle anderen Förderungsberechtigten einen gesetzlichen Anspruch hätten.98 Die auf europäischer Ebene vorliegenden Daten zeigen, „dass die Erwerbsquote der Roma drastisch hinter der der übrigen Bevölkerung hinterherhinkt. Nach Angaben der Weltbank bleiben die Erwerbsquoten der Roma, insbesondere die der Frauen, weit hinter denen der übrigen Bevölkerung zurück. Auch eine von der Europäischen Agentur für Grundrechte in sieben Mitgliedstaaten durchgeführte Erhebung zeigt erhebliche Diskrepanzen auf; u. a. wird berichtet, dass sich die Roma im Bereich der Beschäftigung erheblich diskriminiert fühlen.“99 2.7. Verwicklung in Straffälle, Straffälligkeit, Roma als Opfer von Straftaten, z.B. Menschenhandel Die Bundesregierung hat 1999 in ihrem ersten Bericht zum Schutz nationaler Minderheiten klargestellt : „In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigten oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten , dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber schutzbedürftigen Gruppen schüren könnte (Richtlinie 12.1.).“100 Die kriminalstatistischen Erhebungen, die jährlich vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht werden, enthalten dementsprechend keine Angaben, die sich auf Angehörige der Volksgruppe der Sinti oder Roma beziehen lassen. Bei den Tatverdächtigen wird nur noch zwischen Personen nichtdeutscher und deutscher Staatsangehörigkeit unterschieden. 101 Auch bei der Erfassung der verschiedenen Opferstatistiken, z.B. von Menschenhandelsdelikten, wird keine Differenzierung nach ethnischer Herkunft vorgenommen. Bei der Erhebung der Daten wird lediglich die Staatsangehörigkeit der Täter und Opfer ermittelt. 102 97 BMI 2011: 40. 98 BMI 2011: 40. 99 Mitteilung der Kommission 2011; Integration der Roma 2011. 100 BMI 1999: 22 101 BMI 2012: 33 102 BKA 2010: 9ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 19 Im Gegensatz zur heutigen polizeistatistischen Praxis, die auf ethnische Differenzierungsmerkmale weitgehend verzichtet, war es in der Vergangenheit durchaus üblich, in der polizeilichen Ermittlungsarbeit ethnische, „rassische“ oder verschiedene biologische Kriterien zu berücksichtigen . Dies galt auch und besonders für die Erfassung von Straftaten, an denen Sinti und Romabeteiligt waren. Zu verweisen wären in diesem Zusammenhang vor allem auf folgende in der praktischen Ermittlungsarbeit übliche Vorgehensweisen: – Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) führte in der Nachkriegszeit unter der Rubrik „überörtliche Täter“ auch die Kategorie „Landfahrer“. – Die Eintragungen im seit 1951 vom BKA als Fahndungsinstrument herausgegebenen „Bundeskriminalblatt “ wurden in der praktischen Polizeiarbeit durch zusätzliche handschriftliche Vermerke und Hinweise zu ergänzen. Dabei war es durchaus üblich, Personenbeschreibungen durch Begrifflichkeiten wie „Landfahrer“ oder „Zigeuner“ zu „präzisieren“. – Der kriminalpolizeiliche Meldedienst erfasste Hinweise auf „Auffälligkeiten in der äußeren Erscheinung“ und leitete daraus Rückschlüsse auf die Zugehörigkeit zu bestimmten „Rassen“ oder Volksgruppen ab. Man unterschied dabei unter anderem nach „Romanen“, „Südländern“ und „Zigeunern“. – Die erfassten Hinweise wurden in das polizeiliche Informationssystem INPOL eingespeist, dessen Personenprofile auch Kategorien wie „Landfahrer“ oder „Zigeunername“ enthielten. 103 Erst im Dezember 1980 wurde angeordnet, den Begriff „Landfahrer“ in der polizeilichen Arbeit nicht mehr zu verwenden. 1983 entfiel der Hinweis „Zigeunername“ und seit 1989 verzichtete man auch auf die Verwendung des Kryptonyms „HWAO“ („häufig wechselnder Aufenthaltsort “).104 3. Diskriminierungserfahrungen und Integrationsbemühungen 3.1. Angaben zu Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung von Sinti und Roma Die Sinti und Roma waren in ihrer Geschichte immer wieder Diskriminierungen ausgesetzt. Sie wurden aus Erwerbszweigen verdrängt oder aus Städten und Regionen vertrieben. Während der NS-Diktatur erreichte die Jahrhunderte alte Stigmatisierung und Verfolgung ihren Höhepunkt.105 Die Traumatisierungen während des Holocaust bestimmen bis heute das Selbstbild auch dieser Minderheit und ihr Verhältnis zur deutschen Mehrheitsgesellschaft.106 Viele der rund zehn bis zwölf Millionen in Europa lebenden Roma sind in ihrem Alltag mit Vorurteilen , Intoleranz, Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung konfrontiert und leben am Rande der Gesellschaft in äußerst schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen.107 Dies gilt ebenso für die Roma in Deutschland. Das Leben der deutschen Sinti und Roma war auch noch lange nach dem Krieg von vielfacher Diskriminierung und Ausgrenzung gekennzeichnet. Eine historische Aufar- 103 Stephan 2011: 269-273. 104 Stephan 2011: 273. 105 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 17. 106 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 17. 107 EU-Kommission 2012: (Stand: 13.06.2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 20 beitung des Völkermordes an den Sinti und Roma unterblieb über viele Jahre und lange Zeit wurden den Überlebenden Entschädigungen für erlittenes Unrecht versagt.108 Auch die Praxis der gesonderten polizeilichen Erfassung von Sinti und Roma wurde zunächst fortgesetzt und von der nationalsozialistischen Rassentheorie beeinflusste Thesen über Leben und Gewohnheiten dieser Minderheit bestimmten noch lange die wissenschaftliche und öffentliche Diskussion. Trotz zahlreicher gesetzlicher und sonstiger Maßnahmen, mit denen Diskriminierung und Benachteiligung bekämpft werden sollten109, sieht sich die Minderheit der Sinti und Roma in Deutschland auch heute noch mannigfaltigen Diskriminierungen und Stigmatisierungen durch die Mehrheitsbevölkerung ausgesetzt. Auch die rechtliche Anerkennung als nationale Minderheit im Jahr 1998 konnte die Ausgrenzungen und Benachteiligungen dieser Volksgruppe nicht beseitigen.110 Diskriminierung von Sinti und Roma geschieht etwa über die Produktion und Verbreitung abwertender Klischees und Stereotypen oder eine tendenziöse, vorurteilsbehaftete Berichterstattung in Öffentlichkeit und Medien, aber auch durch die immer noch vorhandene ungleiche bzw. ausgrenzende Behandlung von Sinti und Roma durch Arbeitgeber, Vermieter, Polizei, Schulen und Behörden etc. Zudem werden Sinti und Roma nach wie vor häufig Opfer rassistisch motivierter Gewalttaten. In der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion werden insbesondere das Bildungs- und Gesundheitswesen, der Arbeits- und Wohnungsmarkt, Verwaltung, Justiz und Polizei sowie die Medien als Bereiche genannt, in denen Sinti und Roma aufgrund strukturell verfestigter Vorurteile und Ablehnung in besonderer Weise Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung ausgesetzt sind. Konkrete und belastbare Zahlenangaben über Anzahl und Art derartiger Erfahrungen liegen zumindest für die jüngere Zeit nicht vor.111 3.2. Studien und Erhebungen zur aktuellen Lage der Sinti und Roma in Deutschland Nur wenige methodisch gehaltvolle Studien beleuchten die aktuelle Situation der deutschen Sinti und Roma. Dies dürfte nicht zuletzt auch darin begründet sein, dass so gut wie keine statistische Daten zu dieser Volksgruppe vorliegen (s. Kap. 2). Studien, die ein repräsentatives Bild der allgemeinen Lage oder bestimmter Lebensbereiche der Sinti und Roma zeichnen, sind daher praktisch nicht möglich. Eine weitere Schwierigkeit ergibt aus der Tatsache, dass die Angehörigen dieser nationalen Minderheit aufgrund schlechter Erfahrungen mit Umfragen gegenüber Befragungen äußerst misstrauisch sind und daher oft nicht bereits sind, sich an Umfragen zu beteiligen .112 Auch heute noch häufig zitiert wird die 1994 vom Forschungsinstitut Emnid im Auftrag des American Jewish Committee durchgeführte repräsentative Umfragestudie zu den Einstellungen der Deutschen gegenüber Juden und anderen Minderheiten. Ein hier besonders interessierendes 108 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 25. 109 Vgl. Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 57-61. 110 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 31. 111 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung 2007: 62-67; Strauß 2011: 10 u. 100; vgl. hierzu auch Kap. 3.2. 112 Strauß 2011: 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 21 Ergebnis war, dass Sinti und Roma verglichen mit anderen Gruppen (z.B. Araber, Türken oder Polen) von den Befragten am stärksten abgelehnt wurden. 64 Prozent der Befragten lehnten es damals ab, dass Sinti und Roma in ihrer Nachbarschaft wohnten; 38 Prozent der Befragten vertraten zudem die Auffassung, dass „Zigeuner“ durch ihre Anwesenheit und ihr Verhalten Feindseligkeiten in der Bevölkerung hervorriefen.113 Des Weiteren ist auf eine Umfrage des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma aus dem Jahr 2006 hinzuweisen, an der sich 309 Mitglieder von Sinti- und Roma-Familien beteiligten. Ziel der Studie war die Gewinnung von Erkenntnissen über die eigenen Erfahrungen, die Sinti und Roma mit Diskriminierung und Rassismus in Deutschland gemacht hatten. 76 Prozent der Befragten gaben an, dass sie bei der Arbeit, von Nachbarn, in Gaststätten oder an anderen Plätzen schon häufiger diskriminiert wurden. 44 Prozent hatten bei der Bewerbung um eine Arbeitsstelle, 54 Prozent bei der Bewerbung um eine Wohnung Diskriminierung erfahren. Fast 46 Prozent der Befragten gaben an, dass Polizei oder andere Behörden ihre Minderheitenzugehörigkeit registriert hätten, obwohl die gesetzlichen Bestimmungen dies nicht zulassen. Zudem gingen 40 Prozent nicht davon aus, dass ihre Kinder oder Enkelkinder in der Schule in ausreichendem Maße gefördert werden. 14 Befragte berichteten von Beleidigungen und Diskriminierungen von Roma-Kindern durch Mitschüler und Lehrer; 34 Studienteilnehmer gaben an, dass sie in der Vergangenheit durch Mitbürger und Nachbarn beleidigt oder bedroht wurden, und 26 Befragte waren bereits Opfer von Angriffen durch Neonazis. 114 Zuletzt hat Daniel Strauß in der Zeit von 2007 bis 2011 275 Interviews zur aktuellen Lebens- und Bildungssituation der Sinti und Roma in Deutschland durchgeführt und ausgewertet. Dem 2011 vorgelegten Forschungsbericht115 zufolge hatten bereits 81 Prozent der Studienteilnehmer persönliche Diskriminierungs erfahren. Ein Viertel der Befragten berichtete sogar davon, regelmäßig bis sehr häufig Opfer von Diskriminierungen gewesen zu sein. Über die Hälfte der Befragten (54 Prozent ) fühlte sich bei Behördengängen eingeschüchtert, schlecht behandelt oder diskriminiert.116 Persönliche Schilderungen im qualitativen Teil der Studie legen zudem nahe, dass es in der Mehrheitsbevölkerung zahlreiche Vorbehalte und eine weit verbreitete Ablehnung gegenüber der Minderheit der Sinti und Roma gibt. So berichteten die Teilnehmer des Öfteren von Beleidigungen , Entlassungen und Gewalttätigkeiten, die ihnen in der Vergangenheit widerfahren sind.117 Bei der Bewertung der Ergebnisse dieser Studien ist zu berücksichtigen, dass ihr methodisches Vorgehen nicht unproblematisch ist. So ist zunächst aufgrund des Fehlens exakter Zahlen zur Gesamtzahl und zu den grundlegenden sozialen Merkmalen der deutschen Sinti und Roma eine Auswahl der zu Befragenden, die als repräsentativ für die Gesamtheit dieser Volksgruppe bezeichnet werden könnte, nicht möglich. Verallgemeinernde Aussagen über die gesamte Gruppe sind daher aus methodischen Gründen nicht zulässig. Des Weiteren ist zu bedenken, dass die 113 Mengersen v. 2012: 3. 114 Zentralverband Deutscher Sinti und Roma 2006: 1-3. 115 Strauß 2011: 10-11. 116 Strauß 2011: 100. 117 Strauß 2011: 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 22 vorgestellten Befunde teilweise auf Befragungen beruhen, die bereits lange zurückliegen und mithin aktuelle Entwicklungen nicht berücksichtigen. Vor allem ist jedoch kritisch einzuwenden, dass Studien wie die Umfrage des Zentralrats der Sinti und Roma aus dem Jahr 2006 oder der im letzten Jahr vorgestellte Forschungsbericht von Strauß nicht deutlich machen, welche konkreten Formen von Diskriminierung oder Ausgrenzung den jeweils gemachten Erfahrungen zugrunde lagen. So erfährt man zwar in der zuerst genannten Studie, dass 44 Prozent der Befragten bei der Bewerbung um eine Arbeitsstelle schon einmal Diskriminierungserfahrungen gemacht hätten. Aber abgesehen davon, dass in den Antworten subjektive Empfindungen abgefragt werden, tatsächlich aber andere Gründe für die Entscheidungen der Arbeitgeber ausschlaggebend sein könnten , geben die Ergebnisse der Befragung keine belastbare Auskunft über Art, Form und Auswirkungen der Diskriminierung. Auch bleibt unklar, ob die Diskriminierung verursachenden Vorurteile sich gegen Sinti und Roma im Allgemeinen richteten oder ob diese eher die äußere Erscheinung , den Wohnort oder die soziale Stellung etc. der Bewerber betrafen. Angesichts der Verwendung derart unpräzise definierter Kategorien lassen sich die geschilderten Diskriminierungs- und Ausgrenzungserfahrungen streng genommen weder innerhalb derselben Studie noch zwischen verschiedenen Studien vergleichen. 3.3. In Politik, Wissenschaft und Verbänden diskutierte Ursachen für Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung Die gesellschaftliche Debatte über Ursachen der Diskriminierung, Stigmatisierung und Ausgrenzung von Sinti und Roma wird unter dem Oberbegriff des Antiziganismus geführt. Der Begriff hat sich zu Beginn der 1980er-Jahre in der Wissenschaft etabliert und prägt seitdem in zunehmendem Maße auch die politischen Debatten.118 Unter Antiziganismus werden sowohl die Stereotypen , Klischees und Vorurteile, die Außenstehende mit den Sinti und Roma in Verbindung bringen , verstanden wie auch die Stigmatisierung dieser Gruppe als „Zigeuner“ sowie die tatsächliche Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung der Mitglieder dieser Minderheit.119 Weitgehend Einigkeit herrscht darüber, dass die mit den Sinti und Roma verbundenen Bilder, Stereotype und Vorurteile als Hauptursache für Diskriminierung zu gelten haben. Diese sind über die Jahrhunderte kulturell tradiert worden. Viele Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft verinnerlichen die Vorurteile bereits in früher Kindheit und können sie auch im Erwachsenenalter nicht überwinden.120 Eine besondere Rolle spielen dabei die „Zigeunerbilder“, die im Laufe der Jahrhunderte entwickelt wurden und sich bis heute gehalten haben. Sie stellen die Angehörigen dieser Volksgruppe mit Vorliebe als müßiggängerische Menschen dar, die ihren Lebensunterhalt durch Bettelei, Betrügereien und Diebstähle bestreiten. Insbesondere das Bild des kriminellen, stehlenden und betrügerischen „Zigeuners“ war eine bewährte Methode, um in der Mehrheitsgesellschaft Zustimmung für die Ausgrenzung und Abwertung der Mitglieder dieser Minderheit zu gewinnen. Dabei spielte es keine Rolle, dass stets nur Vergehen einzelner Angehöriger dieser Minderheit dazu benutzt werden, um die Sinti und Roma in ihrer Gesamtheit als „kriminell“ zu brandmarken.121 Dass daneben immer auch positiv verklärende oder romantische Vorstellungen 118 End 2011: 15-16. 119 End 2011: 16. 120 End 2011: 16. 121 Engbring-Romang 2001. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 23 vom unbeschwerten „lustigen Zigeunerleben“ kursieren, steht dazu nicht im Widerspruch, befördert doch auch dieses Bild die Vorstellung von einer Gruppe von Menschen, die außerhalb der Gesellschaft mit ihren anerkannten Normen und Moralvorstellungen steht.122 Angesichts der Wirkmächtigkeit antiziganistischer Zerrbilder in Vergangenheit und Gegenwart wird es umso verständlicher, wenn der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma sich entschieden dagegen wehrt, dass historisch gewachsene Vorurteile über eine angeblich „besondere Lebensweise“ der Sinti und Roma im öffentlichen Raum unterschwellig oder offen — z.B. in der Berichterstattung der Medien — weiter verstärkt oder befördert werden.123 3.4. Bereiche, in denen die Integration der Roma verstärkt kritisch bewertet wird Dem Bericht der Bundesregierung zum nationalen Integrationsplan ist zu entnehmen, dass insbesondere in vier sozialen Bereichen Nachholbedarf gesehen wird. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen , dass die konstatierten Integrationsdefizite nicht allein und in erster Linie die deutschen Sinti und Roma betreffen, sondern auch die in Deutschland lebenden Roma ohne deutsche Staatsangehörigkeit.124 Dass es diese vier Bereiche mit erhöhten Integrationsbedarf im Übrigen nicht nur in Deutschland gibt, zeigt ein Blick auf die europäische Ebene, wo angesichts der extremen sozialen Ausgrenzung eines Großteils der Roma und der schlechten sozioökonomischen Lebensbedingungen, unter denen sie leben müssen, ähnliche Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Situation und zur Integration diskutiert werden.125 Konkret handelt es sich um folgende Handlungsfelder, auf denen zusätzliche Anstrengungen für nötig erachtet werden: 1. Bildung Besonders kritisch wird die Integration der Sinti und Roma im Bildungsbereich bewertet. Als eine der wesentlichen Ursachen für die schlechten Bildungschancen dieser Gruppe gilt die räumliche Segregation der Angehörigen dieser Minderheit. So leben etwa 30 bis 40 Prozent der Sinti und Roma isoliert von der deutschen Mehrheitsgesellschaft in sozialen Brennpunkten.126 Oft führt auch mangelnde Kenntnis über die soziale Situation und die Bildungshintergründe der Kinder dazu, dass die Lehrer die Schüler aufgrund unzureichender Lese- und Schreibkenntnisse schon früh an Sonderschulen überweisen.127 Insbesondere die fehlende frühkindliche Förderung wird als ursächlich dafür angesehen, dass die meisten Roma-Kinder lediglich Förderschulen oder Hauptschulen besuchen.128 Ein ähnliches Bild ergibt sich auch für Roma-Kinder mit Migrations- 122 End 2011: 17. 123 Zentralrat Deutscher Sinti und Roma 2011. 124 BMI 2011: 5-6. 125 EU-Kommission 2011. 126 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (2007): 42. 127 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (2007): 41. 128 Die hohe Zahl von Roma-Kinder, die eine Förder- oder Sonderschule besuchten, veranlasste die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarates, in ihrem zweiten Bericht über Deutschland aus dem Jahr 2000 der Bundesregierung zu empfehlen, die Ursachen für die Tatsache zu prüfen, dass Kinder von Minderheiten in “den Hauptschulen und Sonderschulen überrepräsentiert und dementsprechend in den Realschulen und dem Gymnasium unterrepräsentiert sind”; vgl. Generaldirektion Beschäftigung und Soziales 2004: 23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 24 hintergrund. Ein sozial schwaches Milieu, die Bildungsferne der Eltern, mangelnde Sprachkenntnisse , fehlende Anerkennung und Perspektivlosigkeit reduzieren deren Bildungschancen erheblich.129 2. Arbeitsmarkt und Beschäftigung Die schwierige Lage besonders der jungen Sinti und Roma auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist eng verknüpft mit deren Problemen im Bildungsbereich. Sie finden nur schwer Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt, da sie in den meisten Fällen keine oder nur niedrige Bildungsabschlüsse nachweisen können.130 Außerdem haben Jugendliche ohne oder mit niedrigen Bildungsabschlüssen angesichts allgemein gestiegener Anforderungen deutlich geringere Chancen am Arbeitsmarkt als besser qualifizierte Berufseinsteiger. Deshalb ist die berufliche Integration der jungen Sinti und Roma mit unzureichenden Bildungsqualifikationen oft unmöglich.131 Ebenfalls eine Folge des Bildungsdefizits ist die zumeist marginale Positionierung der meisten Sinti und Roma auf dem Arbeitsmarkt. Sie befinden sich in deutlich größerem Maße als Angehörige der deutschen Mehrheitsbevölkerung in prekären Beschäftigungsverhältnissen, die in der Regel mit schlechten Arbeitsbedingungen und geringem Einkommen verbunden sind.132 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auf dem Arbeitsmarkt „rassistisch motivierte Diskriminierungen und Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft, insbesondere gegen Roma-Gemeinschaften, begangen werden.“133 3. Gesundheitswesen: Die von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission entwickelten Gesundheitsindikatoren bestätigen, dass sozioökonomische Faktoren wie die Zugehörigkeit zu Minderheiten- und Migrantengruppen entscheidend zum Gesundheitszustand beitragen : „Armut und schlechte Wohnverhältnisse haben unter den Roma-Gruppen neben anhaltender Diskriminierung bei der Gesundheitsfürsorge zu hohen Raten bei ansteckenden Erkrankungen wie Tuberkulose und Hepatitis geführt, und so ist die Lebenserwartung von Roma und Fahrenden erwiesenermaßen niedriger.“134 Präzise Angaben über den Gesundheitsstand innerhalb der Roma-Gemeinschaft liegen nicht vor. Befragungen von Angehörigen der Volksgruppen deuten jedoch auf eine große Unkenntnis über das deutsche Gesundheitswesen hin. So wissen viele Sinti und Roma nicht, dass sie einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen haben. Auch begegnen viele Sinti und Roma sowohl den Krankenkassen und ihrem Personal als auch dem medizinischen Personal in Krankenhäusern und ärztlichen Praxen mit großem Misstrauen und verzichten deshalb oft darauf, diese in Anspruch zu nehmen.135 129 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (2007): 45-46. 130 Directorate-General for Internal Policies (2011): 129. 131 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (2007): 54. 132 Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (2007): 55. 133 Generaldirektion Beschäftigung und Soziales 2004: 2. 134 Generaldirektion Beschäftigung und Soziales 2004: 3. 135 Directorate-General for Internal Policies 2011: 178. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 25 4. Wohnraum Im Gegensatz zu den verbreiteten Vorurteilen leben die meisten deutschen Sinti und Roma dauerhaft an einem bestimmten Ort, vorwiegend in den Brennpunkt-Gebieten der westdeutschen Metropolen und Berlins. Häufig bewohnen sie einfache, überwiegend aus Mitteln des sozialen Wohnungsbaus finanzierte Wohnungen.136 Obwohl repräsentative Studien nicht vorliegen, deuten die vorliegenden Erkenntnisse über die Wohnsituation dieser nationalen Minderheit darauf hin, dass deren Angehörige überproportional häufig in zu kleinen und überbelegten Wohnungen leben und in hohem Maße mit ihrer Wohnsituation nicht zufrieden sind.137 Die zumeist von den Wohnsiedlungen anderer gesellschaftlicher Gruppen separierten Standorte der von Sinti und Roma bewohnten Häuserblocks und Wohngebiete, die in einigen deutschen Städten wie zum Beispiel in München oder Kiel von den Mitgliedern der Minderheit ausdrücklich gewünscht wurde, trägt zur weiteren Ab- und Ausgrenzung der Volksgruppe von der Mehrheitsgesellschaft bei und stellt ein weiteres wesentliches Hindernis für die Integration dar .138 Zudem leben „Roma und Fahrende in ganz Europa in Unterkünften, die unter dem normalen Standard liegen und als “Ghetto” bezeichnet werden können. Ihnen fehlen angemessene Infrastrukturen und Dienstleistungen , (...) sie zeichnen sich durch höhere Krankheitsraten und eine größere Bedrohung durch Zwangsräumungen aus.“139 Oft befinden sich die von Sinti und Roma bewohnten Stadtgebiete in ökologisch problematischen Zonen, die durch industrielle Altlasten und Lärm stark belastet sind und erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Anwohner bergen.140 Nicht zuletzt gelingt es vielen Sinti und Roma angesichts der für sie oft schwierigen Bedingungen auf dem Wohnungsmarkt ohnehin selten, eine angemessene und bezahlbare Wohnung zu finden.141 3.5. In Diskussion befindliche Maßnahmen und Programme zur Förderung der Integration der Sinti und Roma Die Europäische Kommission hat im April 2011 einen EU-Rahmen für nationale Strategien zur Eingliederung der Roma vorgelegt, der verstärkte Anstrengungen auf allen Ebenen fordert, um die Integration von Sinti und Roma in Europa gezielt zu fördern. Für die vier zuvor genannten Handlungsfelder mit besonders großen Integrationsdefiziten wurden in diesem Zusammenhang folgende Ziele festgelegt142: - Bildung: Es soll sichergestellt werden, dass alle Roma-Kinder zumindest die Grundschule abschließen. - Beschäftigung: Die Beschäftigungsquote der Roma soll sich derjenigen der übrigen Bevölkerung annähern. 136 Directorate-General for Internal Policies 2011: 178; Peucker 2009: 5. 137 Peucker 2009: 5f. 138 Directorate-General for Internal Policies 2011: 155; Peucker 2009: 6. 139 Peucker 2009: 6; Generaldirektion Beschäftigung und Soziales 2004: 2. 140 Peucker 2011: 6. 141 Generaldirektion Beschäftigung und Soziales 2004: 2. 142 Integration der Roma 2011; vgl. hierzu auch Generaldirektion Beschäftigung und Soziales 2004: 2.-5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 26 - Gesundheitsfürsorge: Die Gesundheitssituation der Roma soll sich an die der Gesamtbevölkerung angleichen, z. B. durch Verringerung der Kindersterblichkeit. - Wohnraum: Der Anteil der Roma mit Zugang zu Wohnraum und zu den öffentlichen Versorgungsnetzen (z. B. Wasser, Strom) soll auf dem entsprechenden Anteil in der Gesamtbevölkerung angeglichen werden. Die Kommission hat zugleich vorgeschlagen, EU-Programme wie den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums oder den Strukturfonds stärker auf eine wirksame Unterstützung von Roma-Projekten auszurichten.143 Außerdem forderte sie die nationalen Regierungen auf, Strategien zur Erreichung dieser Ziele auszuarbeiten. Die Bundesregierung hat daraufhin in ihrem Bericht über die nationale Strategie zur Integration der Roma bis 2020 auf ein Bündel von Maßnahmen verwiesen, mit denen die Integration der Sinti und Roma in Deutschland befördert werden soll. Bei der überwiegende Mehrzahl der von der Bundesregierung angeführten Projekte und Unterstützungspakete handelt es sich allerdings im Wesentlichen um sozialpolitische Maßnahmen, die prinzipiell allen unterstützungsbedürftigen gesellschaftlichen Gruppen zugute kommen können.144 Die Bundesregierung geht davon aus, mit diesen Hilfsangeboten in den vier Handlungsfeldern mit besonders schweren Integrationsdefiziten folgende Ziele realisieren zu können: 1. Zugang zu Bildung: Die Bundesregierung engagiert sich für mehr Chancengleichheit und Bildungsbeteiligung für benachteiligte Gruppen. Dabei sollen besonders in der frühkindlichen Bildung Akzente gesetzt werden. Hierfür werden die Bildungsanstrengungen in Kindertageseinrichtungen intensiviert, vor allem durch sprachliche Bildung, aktivierende Elternarbeit und verbesserte Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern. Weiterhin soll gewährleistet werden, dass für alle ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen eine Qualifizierung mit Berufsabschluss ermöglicht wird. 145 2. Zugang zu Beschäftigung Die Fördermaßnahmen im Beschäftigungsbereich sind problemorientiert auf die regional unterschiedlichen Bedürfnisse der Sinti und Roma ausgerichtet. Sie werden u.a. durch Europäische Strukturfonds mitfinanziert. Ziel ist es, die Erwerbstätigenquote der Roma dem Beschäftigungsgrad der übrigen Bevölkerung anzunähern, indem bestehende Barrieren auf dem Arbeitsmarkt abgebaut werden. Die Auswahl der Maßnahmen soll hierbei auf die individuellen Bedürfnisse verschiedener Personengruppen abgestimmt werden. Weiterhin soll die soziale Eingliederung benachteiligter Personengruppen im Hinblick auf ihre dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt verbessert werden. 146 3. Zugang zur Gesundheitsfürsorge Die gesundheitliche Versorgung der Roma wird grundsätzlich über die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen sichergestellt. Ihnen stehen dabei dieselben Angebote der Gesundheitsversorgung und Prävention zur Verfügung, wie allen anderen Versicherten auch. Barrieren bei der Inanspruchnahme, z.B. Sprachprobleme oder mangelnde Kenntnis des Versorgungssystems, 143 Integration der Roma 2011. 144 BMI 2011 passim; detaillierte Beschreibungen der verschiedenen Maßnahmen zur Integration der Sinti und Roma sind im Anhang aufgelistet; vgl. Peucker 2009: 4f. 145 BMI 2011: 5, 31-32, 37. 146 BMI 2011: 5, 41-42. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000 - 095/12 Seite 27 sollen durch verschiedene nichtstaatliche Einrichtungen (z.B. die in den Ländern bestehenden Flüchtlingsräte) abgebaut werden. 147 4. Zugang zu Wohnraum Ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung ist es, die Bevölkerung mit bezahlbarem und bedarfsgerechtem Wohnraum zu versorgen. Dabei sollen Haushalte unterstützt werden, die sich aus eigener Kraft nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können. Private Investoren oder kommunale Wohnungsunternehmen sollen hierfür preiswerte Mietwohnungen zur Verfügung stellen. Des Weiteren sollen Wohngeld und Zuschüsse zu den Unterhaltskosten gezahlt werden, damit ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen für Roma-Familien sichergestellt ist.148 Eine detaillierte Übersicht über die von der Bundesregierung genannten Maßnahmenpakete und Unterstützungsprojekte befindet sich im Anhang. 4. Quellen- und Literaturverzeichnis a) Literatur 1. Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (2005). Aspekte der ökonomischen Situation von Romafrauen. Bericht. Im Auftrag des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Interne Politikbereiche der Union. Bürgerrechte und Verfassungsfragen. Brüssel. http://edz.bib.uni-mannheim.de/daten/edz-ma/ep/06/pe365970-de.pdf (Stand: 9.10.2012). 2. 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EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020 – Integrierte Maßnahmenpakete zur Integration und Teilhabe der Sinti und Roma in Deutschland – Berlin. ). http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2011/ sinti_roma.html (Stand: 18.09.2012). – Anlage 2: Zugang zu Bildung – Exemplarische Projekte – Anlage 3: Zugang zu Beschäftigung – Exemplarische Projekte – Anlage 4: Zugang zu Gesundheit – Exemplarische Projekte – Anlage 5: Zugang zu Wohnraum – Exemplarische Projekte 2. Arbeitsgruppe Roma und Sinti, im Rahmen des Nationalen Thematischen Netzwerks Asyl in der europäischen Gemeinschaftsinitiative EQUAL (2007). Zugang zum Arbeitsmarkt für Roma und Sinti. Informationen zur beruflichen Integration von Roma und Sinti in Deutschland. Berlin. http://www.equal-asyl.de/fileadmin/dokumente/arbeitsmarkt_fuer_sinti_und_fuer_ roma.pdf (9.10.2012). 3. Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (2011). Roma und der Arbeitsmarkt: Berufs - und Bildungsförderung für Sinti und Roma in Deutschland. Berlin: Edition Parabolis: Kapitel „Bundesweite und lokale Förderung von Berufsbildung und Zugang zum Arbeitsmarkt für Roma und Sinti in Deutschland (S. 73-139).