© Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 080/02 Die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) Entstehungsgeschichte, Struktur, Programmatik Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Zusammenfassung Die Partei Bibeltreuer Christen, die 1989 in Karlsruhe gegründet wurde, leitet sich im Gegensatz zu anderen nichtetablierten christlichen Parteien nicht von einer Vorgängerorganisation ab, sondern stellt eine originäre Neugründung dar. Sie kann weltanschaulich dem christlich-fundamentalistischen Protestantismus zugeordnet werden. Kennzeichnend sind ihre stark eschatologischen Politik-Ansätze, ihre inhaltliche Fokussierung auf Israel sowie das deutsch-israelische Verhältnis und ihr ausgesprochenes Sendungsbewusstsein. Ihre starken Züge einer religiösen Organisation lassen die PBC weniger als politische Partei als vielmehr als eine „politische Partei-religiöse Gemeinschaft “ erscheinen.1 Ihr Wählerklientel findet die PBC hauptsächlich in den südlichen und südöstlichen Bundesländern . Sie erhielt bei der Bundestagswahl 2002 0,1% der Erst- und 0,2% der Zweitstimmen . 2. Entstehungsgeschichte Die Partei Bibeltreuer Christen wurde am 22. November 1989 in Karlsruhe gegründet. Sie entstand aus einer Initiative von Pastoren, die dem evangelikal-freikirchlichen Bereich, speziell den pfingstlich-charismatischen Gruppen, zuzuordnen sind. Die überwiegende Zahl der 49 Gründungsmitglieder rekrutierte sich aus vormals partei-politisch nicht aktiven Personen. Auch ist die PBC im Unterschied zu anderen christlichen Kleinparteien 1 Hoyer, Parteien, S. 120. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 5 (wie der Christlichen Partei Deutschlands oder der Christlichen Mitte) keine Partei-Abspaltung , sondern eine originäre Neugründung.2 Mit-Gründer war der bis heute amtierende Bundesvorsitzende der PBC, Pastor Gerhard Heinzmann. Für die Gründungsinitiative ausschlaggebend sei für ihn ein Werbespot der esoterischen Partei „Neues Bewußtsein – die spirituell orientierte politische Vereinigung“ bei den Europawahlen 1989 gewesen. Heinzmann erkannte in dieser Partei die Kräfte der „anderen Seite“, der in der Funktion eines warnenden Rufers von christlicher Seite eine Partei der Gleichgesinnten „als Gewissen in der Politik“ entgegengesetzt hätte werden müssen.3 Weitere Motivation zur Gründung bildete die an den etablierten C-Parteien kritisierte Entfernung von den Maßstäben der Bibel. Ein Mittragen oder Mitgestalten von Programmen der C-Parteien sei für einen „vom Heiligen Geist geführten“ Christen nicht mehr möglich. Auch wurden die weltpolitischen Umbrüche des Jahres 1989 als Ausdruck des „Wirkens Gottes“ interpretiert, weshalb mit dem Gründungszeitpunkt der PBC auch die Überzeugung verbunden war, dass „entscheidende Dinge“ auf die PBC zukommen würden. Mit der Namensgebung wollte sich die PBC bewusst von den zahlreichen „christlichen“ Partei- Benennungen abgrenzen. In der Bezeichnung „Bibeltreue Christen“ erkannte der Namensgeber Pastor Heinzmann zugleich das Motto der Partei am besten verwirklicht: „Genau das wollen wir sein: Christen, die treu nach der Bibel leben.“4 2 Vgl. Thielking, Kleinparteien, S. 54; Hoyer, Parteien, S. 50. 3 Vgl. Interview mit Heinzmann v. 5. Juni 1998, in: Thielking, Kleinparteien, S. 127 f. 4 Hoyer, Parteien, S. 50. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 6 3. Programmatik Das aktuelle, seit dem 1. April 2000 gültige Partei-Programm der PBC basiert auf einem Grundsatz-Programm, das die Gründungsversammlung am 22. November 1989 in Karlsruhe beschlossen hat und welches seitdem zweimal im Oktober 1990 und im Sommer 1999 überarbeitet worden ist.5 3.1. Ziele und Reformvorschläge In der Präambel ihres Grundsatzprogrammes formuliert die PBC als Ziel, „Gottes ewig gültiges Wort zur Richtschnur nicht nur für das private Leben der Bürger, sondern auch für die Politik unseres Landes werden zu lassen“. Für die Entscheidungen ihrer Mitglieder seien „ausschließlich die Heilige Schrift und die daraus abgeleiteten Menschenrechte“ ausschlaggebend.6 Als fundamental beurteilt die PBC dabei die Außenpolitik, die im Programm an erster Stelle steht. Denn „die besten Familien-, Wirtschafts- und Sozialprogramme einer Partei oder Regierung [werden, d.Verf.] nichts nützen, wenn in der Außenpolitik gravierende Fehler gemacht werden, die eines Tages zu einer Katastrophe in Europa und der Welt führen könnten“.7 Zentraler Bestandteil deutscher Außenpolitik müsse es deshalb sein, die deutsch-israelische Freundschaft zu fördern, da das Wohlergehen Deutschlands von „unserer Liebe zu Israel“ abhänge. Diese Auffassung basiert auf dem biblischen Psalm 122,6: „Wünscht Israel Glück! Es möge wohl gehen denen, die dich lieben!“8, der im Grundsatzprogramm explizit zitiert ist. In ihrer Sektion „Friedens- und Verteidigungspolitik“, die im 5 Partei Bibeltreuer Christen, Übersicht, Grundsatzprogramm, S. 2. 6 Ebd., S. 5. 7 Ebd., S. 6. 8 Ebd., S. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 7 Programm jedoch erst an 13. Stelle folgt, bekennt sich die PBC zum Vorrang der Gewaltlosigkeit . Zwar könne Deutschland zur Abwehr äußerer Bedrohungen auf die Bundeswehr nicht verzichten, doch müsse Versöhnung und Gewaltlosigkeit die Priorität des politischen Handelns besitzen: Versöhnung werde dem Menschen alleine durch die Bibel angeboten . Die PBC fordert deshalb nationale Gebets- und Fastentage zur „Sicherung des Friedens und zur Abwehr eventueller Bedrohung“.9 Ehe und Familie werden als „Keimzelle des Staates“ betrachtet. Dabei ist allein die auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau das Fundament für eine „von Gott gesegnete Familie“ sowie für die Erziehung der Kinder. Eine Gleichstellung der Ehe mit eheähnlichen Verbindungen und „sogenannten Ehen zwischen Gleichgeschlechtlichen “ wird deshalb abgelehnt.10 Ehescheidungen sollen erschwert werden, das ungeborene Leben strafrechtlichen Schutz genießen, das Adoptionsverfahren soll vereinfacht werden und mit der Einführung eines Erziehungsgehaltes bis zum 16. Lebensjahr des Kindes soll die Erziehungsarbeit der Mütter und Väter aufgewertet und abgesichert werden.11 In der Bildungspolitik fordert die PBC die Ausrichtung der Lehrpläne an der Bibel und ihren Prinzipien. Dies gelte auch für die biblische Schöpfungslehre. Die PBC strebt nach Einführung regelmäßiger Bibelunterweisung. Für unverheiratete junge Frauen schlägt die Partei ein soziales Pflichtjahr vor. In Jugendschutzfragen fordert die PBC ein Verbot für Astrologie, Wahrsagerei und Horoskope in den öffentlichen Medien. Ebenso sollen Satans- 9 Ebd., S. 22 f. 10 Ebd., S. 8. 11 Ebd., S. 8 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 8 kulte, pornographische Darstellungen und Drogen verboten werden. Unzucht mit Jugendlichen und deren Verführung soll strafrechtlich verschärft geahndet werden. Die Bestrafung von „Kuppelei und Homosexualität mit Jugendlichen“ soll wiedereingeführt werden .12 Die Gesundheitspolitik soll die biblische Seelsorge und das „Gebet als Quelle göttlicher Heilung“ wieder verstärkt ins Bewusstsein der Bevölkerung heben. „Eine Lebensführung nach göttlichen Maßstäben, wie sie uns in der Bibel gezeigt werden, ist die beste Gesundheitsvorsorge “.13 Auch in der Innen- und Rechtspolitik nimmt das Gebet eine zentrale Rolle ein. Es ist nach Überzeugung der PBC auch heute noch das beste Mittel, „um einen weiteren Zerfall von Sitte und Moral in unserem Volk aufzuhalten“. In diesem Zerfall erkennt die PBC die Ursache der steigenden Kriminalitätsrate. Auch im Strafvollzug müsse deshalb allen Häftlingen regelmäßige Bibelarbeit angeboten werden, als Mittel zur Resozialisierung.14 Die Ausrichtung der Wirtschafts- und Sozialpolitik richtet sich für die PBC nach dem Gebot der Heiligen Schrift. Die PBC bekennt sich zu einer sozialen Marktwirtschaft, in der eine Bevormundung des einzelnen durch den Staat unterbleiben soll. Durch gezieltes Gebet solle erreicht werden, dass Arbeitgeber wie Arbeitnehmer gegenseitige Achtung praktizierten . 12 Ebd., S. 10; vgl. auch Thielking, Kleinparteien, S. 83 f. 13 Partei Bibeltreuer Christen, Übersicht, Grundsatzprogramm, S. 12. 14 Ebd., S. 13 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 9 Im Bereich der Umweltpolitik will die PBC die Kernenergie und fossile Energieträger begrenzen . Alternative Energiequellen und deren Erforschung müssten mit größter Intensität vorangetrieben und gefördert werden. In der Ausländerpolitik äußert sich die PBC dezidiert für den grundgesetzlich verankerten Asylanspruch für politisch Verfolgte. Das Gebot der christlichen Nächstenliebe schreibe eine „freundliche und liebevolle“ Behandlung der Fremden vor. Dies gelte auch für Gastarbeiter . Deutschland könne aber nicht alle Einwanderungswilligen aufnehmen. Deswegen sind Wirtschaftsflüchtlinge „behutsam, aber konsequent“ auszuweisen. Die PBC fordert für das Asylverfahren eine zeitliche Verkürzung sowie die Straffung des Instanzenweges. Die Anerkennung des Asylrechts „ist mit der Erlernung der deutschen Sprache zu koppeln “.15 3.2. Programmatisches Profil Charakteristisch für die Programmatik der PBC sind der außenpolitische Schwerpunkt Israel , die zentrale Stellung der Familie, die rigorose Abtreibungsgegnerschaft sowie die Ablehnung der sogenannten „Homo-Ehe“. Darüber hinaus signifikant ist die maßgebliche Stellung der Bibel und ihre wortgetreue Auslegung für die Politikansätze der PBC. Die Bibel dient der PBC explizit als Grundlage der politischen Arbeit. Dies wird schon im Text des Grundsatzprogrammes deutlich, wel- 15 Ebd., S. 20 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 10 cher über 30 Zitate aus der Heiligen Schrift aufweist. Mit ihnen werden Ziele und Handlungsanweisungen der Politik sowie die programmatischen Wertvorstellungen der PBC im Grundsatzprogramm begründet und Politikfelder in direkte Beziehung zur Bibel gesetzt. Korrespondierend hierzu kann als maßgebliches politisches Instrument der PBC das Gebet bezeichnet werden. Es wird nicht nur in vielen Politikfeldern, wie z.B. der Wirtschafts-, Sozial- oder Verteidigungspolitik, als Mittel der Konfliktlösung empfohlen. Das Parteiprogramm der PBC enthält eigens Richtlinien für Veranstaltungen der PBC, die vorschreiben, dass alle Veranstaltungen und Sitzungen mit Gebet zu eröffnen und zu beenden sind.16 Kennzeichnend für die PBC ist des weiteren ihr ausgeprägtes Sendungsbewusstsein. Sie versteht ihre politische Arbeit als christliche Missionsarbeit. Das Engagement in der PBC sei eine „Berufung, die in eine Auserwählung mündet, wenn wir als Berufene den Auftrag des Dienens auf der politischen Ebene im Gehorsam und in der Demut wahrnehmen“.17 Entsprechend wird schon die Parteigründung als von Gott geplant empfunden: Sie sei „nicht einer menschlichen Idee entsprungen“, sondern auf einen „bedachten Entschluß Gottes“ zurückzuführen.18 Stärker als bei anderen christlichen Kleinparteien verwischt deshalb bei der PBC die Grenze zwischen Partei und religiöser Gruppierung.19 Obwohl die PBC im Vergleich zur Christlichen Mitte oder der Christlichen Partei Deutschlands einen liberaleren Anschein besitzt, ist sie in ihren Grundlagen eine sehr konservative 16 Ebd., S. 27. 17 Zit. nach Boom, Macht, S. 101. 18 Zit. nach Hoyer, Parteien, S. 127. 19 Hoyer, Parteien, S. 120; Boom, Macht, S. 101. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 11 Gruppierung. Der Gedanke der Toleranz und Achtung Andersdenkender endet besonders dann, wenn Kernpunkte der PBC-Programmatik berührt werden. Dies zeigt anschaulich die Haltung der PBC in der Israel-Politik und ihre Sympathien für die ultraorthodoxen Parteien. Die PBC begründet ihren zionistischen Standpunkt, indem sie beispielsweise den Konflikt um Jerusalem in einen biblischen Zusammenhang setzt und darin das Wirken des Satans erkennt, der ein Interesse daran habe, die palästinensischen Forderungen zu befördern .20 Die PBC erfüllt die drei wesentlichen Kriterien einer christlich-fundamentalistischen Partei und muss als solche eingeordnet werden. Erstens glaubt sie an die Irrtumslosigkeit der Bibel, die für viele ungelöste Probleme das Patentrezept bereithalten würde. Die PBC verfügt zweitens über ein geschlossenes Denkgebäude. Nicht mehr die Komplexität der Missstände in der Welt wird wahrgenommen, sondern das Übel der Welt auf den fehlenden Glauben oder das Wirken des Teufels zurückgeführt. Drittens zeigt die PBC Züge von Intoleranz und Aggressivität, die sich vor allem in der missionarischen Absicht ausdrücken. So verpflichte gerade die Erfahrung der persönlichen Bekehrung auch zur Mission anderer, um damit die Abkehr von der Sünde sowie die Rückkehr zu Gott zu bewirken.21 4. Struktur und Personen 4.1. Parteigliederung Die PBC verfügt innerhalb der christlichen Kleinparteien über eine der größten Organisationen . Unterhalb der Ebene des Bundesvorstandes gliedert sie sich in 16 Landesverbände, 98 Kreisverbände, 11 Stadtverbände und 9 Gemeinde/Ortsverbände. 20 Vgl. Boom, Macht, S. 102. 21 Thielking, Kleinparteien, S. 108 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 12 Der Bundesvorstand besteht aus dem Vorsitzenden, zwei Stellvertretern, dem Schatzmeister , dem Generalsekretär, dem Bundesjugendsprecher sowie bis zu zehn Beisitzern. Das Präsidium der PBC umfasst den Bundesvorsitzenden, seine zwei Stellvertreter, den Bundesschatzmeister und den Generalsekretär.22 Die PBC verfügt über eine Jugendorganisation, die 1997 unter der Bezeichnung der „Jungen Bibeltreuen Christen in der PBC“ (JuBis) in Fulda gegründet wurde und seitdem von Carsten Efing geleitet wird. Sie soll die Interessen der 14- bis 35-jährigen Mitglieder in der Partei vertreten, ist jedoch so vermutet Thielking nur mit einer zahlenmäßig geringen Mitgliederbasis ausgestattet.23 An Hochschulen ist die PBC mit ihrer Hochschulgruppe „DAVID für Jesus“ vertreten. Daneben existieren in der PBC Arbeitskreise zu verschiedenen politischen Themen, z.B. für die Umweltpolitik der AK „Christen für Flora und Fauna“. Gebetskreise der PBC organisieren darüber hinaus sogenannte „Gebetsketten“, die gewährleisten sollen, dass über längere Zeiträume ununterbrochen für Deutschland und die PBC gebetet wird. 24 Neben Flugblättern und Broschüren publiziert die PBC die Zeitung „Salz und Licht“ in einer Auflagenhöhe von 10.000 Exemplaren. Sie soll vierteljährlich erscheinen und hebt 22 Partei Bibeltreuer Christen, Übersicht, Satzung, S. 13. 23 Vgl. Thielking, Kleinparteien, S. 60. 24 Vgl. Hoyer, Parteien, S. 53. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 13 sich durch ihre professionelle Aufmachung von vergleichbaren Publikationen anderer Kleinparteien ab. Die Zeitung finanziert sich überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.25 Die PBC verfügte 1998 etwa über einen Betrag von 390.000 Euro. Der durchschnittliche Anteil der Mitgliedsbeiträge an den Gesamteinnahmen lag 1992 bis 1995 bei ca. 43%, der Anteil der Spenden bei ca. 55%.26 4.2. Führungs- und Mitgliederstruktur Die PBC zählt zum 31. Dezember 1998 insgesamt 4.311 Mitglieder.27 Damit hat sich der langsame, aber kontinuierliche Aufwärtstrend fortgesetzt, der 1989 mit 765 Mitgliedern begann.28 Nach Presseberichten liegt der aktuelle Mitgliederstand inzwischen bei über 5.000 Mitgliedern.29 Seit Gründung der PBC steht Pastor Gerhard Heinzmann (aus Landau/Pfalz) an der Spitze des Bundesvorstandes. Er wurde 1940 geboren, wuchs in einem gläubigen Elternhaus im Schwarzwald auf, wurde aktiver Jungsozialist in der SPD und besuchte ein politisches Internat, um Parteifunktionär zu werden. Dort jedoch erfuhr Heinzmann sein Bekehrungserlebnis , weshalb er sich von der parteipolitischen Aktivität zurückzog. Er begann statt dessen eine sozialpolitische Arbeit unter den Sinti und Roma. Heinzmann unternahm 25 Thielking, Kleinparteien, S. 60. 26 Vgl. Deutscher Bundestag, Rechenschaftsbericht 1998, S. 300; Thielking, Kleinparteien, S. 61. 27 Deutscher Bundestag, Rechenschaftsbericht 1998, S. 314. 28 Vgl. Thielking, Kleinparteien, S. 62. 29 Vgl. „Von bibeltreu bis spaßig“, in: Ostsee-Zeitung v. 12.09.2002; „Miniparteien zur Bundestagswahl“, in: taz v. 19.09.2002. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 14 zahlreiche Missionsreisen nach Spanien, Portugal, Osteuropa, Indien und Pakistan und wurde Gründer und Leiter des deutschen Zweiges der Internationalen Zigeunermission.30 Dem Bundesvorstand gehören des weiteren an: die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Dieter Raddatz (aus Hannover; Verwaltungsdirektor) und Dieter Steffen (geb. 1948; aus Utenbach, Sachsen-Anhalt; Elektromeister); der Bundesschatzmeister Ole Steffens (geb. 1960; aus Dresden; leitender Bankangestellter); der Generalsekretär Udo Heusler; der Bundesjugendsprecher Carsten Efing (geb. 1972; aus Mosbach, Baden-Württemberg; Anlagenmechaniker ). Als Beisitzer fungieren: Prof. Klaus Blecken (geb. 1940; aus Frankenhardt, Baden-Württemberg), Udo Klüpfel (geb. 1956; aus Wertheim, Bayern; Abteilungsleiter), Gabriele von Rumohr (geb. 1945; aus Celle; Lehrerin), Johannes Schabert, (geb. 1968; aus Ansbach; kaufm. Angestellter), Bernd Gambert, Arnim Häbel, Dr. Albrecht Langrock und Baldwin Schneider.31 Die Struktur der PBC-Kandidaten hat sich diversifiziert. Kamen noch bei der Europawahl 1994 die überwiegende Mehrzahl der Kandidaten, nämlich 76,9%, aus der Berufsgruppe Dienstleistung (und davon 50% aus dem Bereich der Seelsorge), so sank bei der Bundestagswahl 1994 die Zahl dieser Gruppe auf 57,8%, während sich 11,1% auf die Gruppe Fertigungsberufe, 16,7% auf die Gruppe Technische Berufe und 14,4% auf die Gruppe Sonstige verteilten.32 30 Vgl. Heinzmann, Zukunft; Thielking, Kleinparteien, S. 125 ff. 31 Vgl. die PBC-Homepage „www.pbc.de“; Hoyer, Parteien, S. 52 f. 32 Thielking, Kleinpartein, S. 74. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 15 4.3. Wählerpotential und Wählerklientel Die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) hat bei den Bundestagswahlen am 22. September 2002 bundesweit 71.106 Erststimmen (= 0,1%) sowie 101.645 Zweitstimmen (= 0,2%) erhalten . Gemessen am Erststimmenanteil nimmt die PBC damit in der Gruppe der „Sonstigen Parteien“ nach der NPD (103.209 Erststimmen) und den Grauen (75.490 Erststimmen) den dritten Rang ein. Gemessen am Zweitstimmenanteil liegt sie auf Rang vier nach der NPD, den Grauen und der Partei „Tierschutz“ (159.655 Zweitstimmen).33 Auch unter den „Sonstigen Parteien“ im Bundesland Bayern widerspiegelt sich dieser deutschlandweite Trend. Die PBC liegt hier mit ihren 9.018 Erststimmen allerdings mit deutlichem Abstand auf Rang drei hinter der ödp (41.438) und den Republikanern (27.065). Mit ihrem Zweitstimmenergebnis von 10.121 rangiert die PBC dagegen lediglich auf Platz sechs, hinter den Republikanern (50.118), der ödp (26.896), der Tierschutzpartei (24.486), der Schill-Partei (16.809) und der NPD (16.796).34 Insgesamt verbesserte die PBC ihr Ergebnis im Vergleich zur Bundestagswahl 1998. Sie erzielte bundesweit einen Zuwachs bei den Erststimmen um 24.727, bei den Zweitstimmen um 29.704 Stimmen.35 Auch in Bayern konnte die PBC hinzugewinnen. Bei den Erststimmen um 3.912, was fast einer Verdoppelung entspricht, bei den Zweitstimmen jedoch lediglich um 546 Stimmen.36 33 Vgl. Bundeswahlleiter, Bundestagswahl 2002, Bundesergebnisse. 34 Bundeswahlleiter, Bundestagswahl 2002, Landesergebnis Bayern. 35 Bundeswahlleiter, Endgültiges Ergebnis Bundestagswahl 1998 – Bundesgebiet. 36 Bundeswahlleiter, Endgültiges Ergebnis Bundestagswahl 1998 – Bundesland Bayern. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 16 Die Parteimitglieder untergliedern sich nach Datenerhebungen aus dem Jahr 1998 in folgende Berufsgruppen: 40% Kaufleute/Techniker; 30% Sonstige; 20% Akademiker; 10% Seelsorger. 57% der Mitglieder sind männlich, 43% weiblich. Die Altersstruktur weist folgende Beschaffenheit auf: 25% 14-25 Jahre; 45% 26-50 Jahre; 25% 50-65 Jahre und 5% über 65 Jahre.37 Die PBC trat bundesweit erstmals 1994 zu den Europawahlen an. Damals erreichte sie aus dem Stand 0,3% der Stimmen und damit genau so viele Prozentpunkte, wie die beiden Kleinparteien Christliche Mitte und Christliche Liga zusammen.38 Zu den Bundestagswahlen 1990 war die PBC durch den Bundeswahlleiter noch nicht zugelassen worden, weil keine Gewähr für die „Ernsthaftigkeit der Zielsetzung“ bestanden hätte.39 Bei ihrer ersten Teilnahme an einer Bundestagswahl 1994 erreichte die PBC insgesamt 0,14% der Stimmen , obwohl sie nur mit sechs Landeslisten angetreten war.40 Die bisherigen Wahlergebnisse der PBC lassen den Schluss zu, dass der Schwerpunkt ihrer Wählerklientel im Süden, Südwesten und Südosten Deutschlands liegt, vor allem in Sachsen , Bayern und Baden-Württemberg.41 Auffällig ist, dass die PBC zusammen mit anderen christlichen Kleinparteien genau dort ihre Hochburgen hat (z.B. im ländlichen Bereich), wo auch die Unionsparteien ihre Schwerpunkte aufweisen. Thielking vermutet deshalb, 37 Thielking, Kleinparteien, S. 63 f. 38 Ebd., S. 93. 39 Vgl. Hoyer, Parteien, S. 50. 40 Hoyer, Parteien, S. 51. 41 Vgl. Hoyer, Parteien, S. 51 u. Thielking, Kleinparteien, S. 99 u. 104. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 17 „dass sich in den Regionen, in denen die christlichen Kleinparteien Hochburgen besitzen, ein spezifisches soziales Milieu herausgebildet hat, das einen stärkeren Bezug zu diesen Parteien entwickelt hat als andere Umgebungen“.42 Im Vergleich zu den anderen christlichen Kleinparteien erreicht gerade die PBC dort mit Abstand die meisten Wähler. Nach Aussagen ihres Bundesvorsitzenden schätzt die PBC selbst ihr mögliches Wählerpotenzial auf 1%.43 Auch die Studie van den Booms prognostiziert der PBC wegen ihres professionellen Erscheinungsbildes einen möglichen weiteren Anstieg ihrer Wählerschaft, allerdings hält er das Wachstum der PBC für begrenzt, weil viele christlich gesinnte Interessenten von dem „fundamentalistischen Alleinvertretungsanspruch“ der Partei abgestoßen würden.44 5. Verhältnis zu anderen Parteien Bisher sind alle Versuche gescheitert, einen dauerhaften Dialog oder gar Kooperationen zwischen den christlichen Kleinparteien PBC, Christlicher Mitte, Christlicher Partei Deutschlands sowie der Deutschen Zentrumspartei herzustellen, obwohl sich in Teilen eine hohe programmatische Übereinstimmung dieser Parteien nachweisen lässt. Nach Aussage des PBC-Bundesvorsitzenden Heinzmann versandeten entsprechende Sondierungen nach den Bundestagswahlen 1994 ergebnislos.45 Das Verhältnis bleibt deshalb durch Konkurrenz bestimmt, welche sich in Nichtbeachtung, Distanz oder sogar Polemik manifestieren kann.46 42 Thielking, Kleinparteien, S. 105. 43 Vgl. Thielking, Kleinparteien, S. 131. 44 Boom, Macht, S. 105 f. 45 Vgl. Thielking, Kleinparteien, S. 129. 46 Vgl. Hoyer, Parteien, S. 63; Thielking, Kleinparteien, S. 107. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 18 Die PBC sieht sich selbst nicht als Partei, die ihre Stimmen auf Kosten der etablierten christlichen Großparteien CDU und CSU gewinnt. Führende PBC-Vertreter argumentieren, dass überall dort, wo die PBC sichtbar (z.B. durch Wahlplakate) antrete, auch die Unionsparteien zulegen würden. Die PBC führt dies auf die Wirkung des Wortes Gottes als Schwert des Geistes zurück. Der Teufel würde überall dort weichen, wo das Wort Gottes geschrieben stehe.47 Inhaltlich steht die PBC den Großparteien CDU/CSU und SPD mit fundamentaler Kritik gegenüber. Die behauptete Zerstrittenheit der Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen wird auf den Verzicht der religiösen Eidesformel durch Bundeskanzler Schröder zurückgeführt . Auch die zahlreichen Scheidungen des Bundeskanzlers werden kritisiert – ebenso wie Bundesinnenminister Schily als „früherer Verteidiger der RAF-Terroristen“ abgelehnt wird. Den NATO-Einsatz auf dem Balkan geißelte die PBC als „Verrat“ an sozialdemokratischen Idealen.48 Obwohl die PBC durchaus Verständnis zeigt für bekennende Christen, die sich zu einem Engagement in den etablierten christlichen Parteien berufen fühlen, grenzt sich die PBC von den Unionsparteien ebenso scharf ab. CDU und CSU wird die Fähigkeit zur Vertretung christlicher Werte abgesprochen. Besonders im Visier der PBC-Kritik stehen dabei Themen wie Homosexualität und das Wirken der CDU-Gruppe „Schwule Christdemokraten“, sowie die Haltung der CDU zur Abtreibung und zum § 218, aber auch zum Thema Islam. 47 Vgl. die Ausführungen Heinzmanns, in: Thielking, Kleinparteien, S. 130; Hoyer, Parteien, S. 71 f. 48 Hoyer, Parteien, S. 75. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 19 Die PBC befürchtet eine Unterwanderung der etablierten Parteien durch Muslime und verweist dabei auf 11.000 muslimische CDU-Mitglieder.49 Auf die Frage, inwieweit die PBC eine parlamentarische Koalition oder Kooperation mit anderen Parteien für möglich halte, stellte ihr Bundesvorsitzender Heinzmann allerdings nur eine Bedingung, bei der er nicht kompromissbereit wäre: in der Frage der „Kindestötung im Mutterleib“. Dieses Gesetz müsse weg. „Wenn man sich also in dieser Frage einigen könnte, stünde einer Koalition nichts im Wege.“50 6. Literaturverzeichnis Boom, Dirk van den: Politik diesseits der Macht? Zu Einfluß, Funktion und Stellung von Kleinparteien im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1999. Der Bundeswahlleiter: Bundestagswahl 2002. Bundesergebnis, in: http://www.bundeswahlleiter .de/cgi-bin/wahlen/printview.pl. [Stand: 15.10.2002] Der Bundeswahlleiter: Bundestagswahl 2002. Landesergebnis Bayern, in: http://www.bundeswahlleiter.de/cgi-bin/wahlen/printview.pl. [Stand: 15.10.2002] Der Bundeswahlleiter: Endgültiges Ergebnis Bundestagswahl 1998 - Bundesgebiet, in: http://www.bundeswahlleiter.de/wahlen/ergeb98/d/t/bun999_02.htm. [Stand: 15.10.2002] 49 Ebd., S. 72. 50 Zit. nach Thielking, Kleinparteien, S. 132. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 080/02 Seite 20 Der Bundeswahlleiter: Endgültiges Ergebnis Bundestagswahl 1998 – Bundesland Bayern, in: http://www.bundeswahlleiter.de/wahlen/ergeb98/d/t/lan909_02.htm. [Stand: 15.10.2002] Deutscher Bundestag. Unterrichtung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages. Bekanntmachung von Rechenschaftsberichten politischer Parteien für das Kalenderjahr 1999 (2. Teil Sonstige Parteien) v. 30.03.2001: Partei Bibeltreuer Christen. Rechenschaftsbericht 1998, Drucksache 14/5725, S. 300 ff. Heinzmann, Gerhard: Was bringt die Zukunft?, in: http://www.double-s-music .de/cib/veranstaltungen/v_2002/v0208_Heinzmann.htm. [Stand: 17.10.2002] Hoyer, Guido: Nichtetablierte christliche Parteien. Deutsche Zentrumspartei, Christliche Mitte, Christliche Partei Deutschlands und Partei Bibeltreuer Christen im Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt a.M. u.a. 2001. Partei Bibeltreuer Christen: Übersicht der Vorstandsmitglieder. Satzung. Programm, Karlsruhe 2002. Thielking, Kai Oliver: Zwischen Bibel und Grundgesetz. Christliche Kleinparteien in der Bundesrepublik Deutschland, Marburg 1999. ***