Deutscher Bundestag Parteiendemokratie in den USA: Mitglieds- und Beteiligungspraktiken sowie Nominierungsverfahren bei Demokraten und Republikanern vor dem Hintergrund des aktuellen Präsidentschaftswahlkampfs. Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 1 – 3000/074/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 2 Parteiendemokratie in den USA: Mitglieds- und Beteiligungspraktiken sowie Nominierungsverfahren bei Demokraten und Republikanern vor dem Hintergrund des aktuellen Präsidentschaftswahlkampfs. Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 1 – 3000/074/12 Abschluss der Arbeit: 12.09.2012 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Parteiorganisation 5 3. Wahlverhalten de jure und de facto 8 4. Die Rekrutierung von Spitzenpersonal Teil 1: Das System der Vorwahlen 12 5. Die Rekrutierung von Spitzenpersonal Teil 2: Der Nominierungskonvent 21 6. Fazit 25 7. Online-Quellen 27 8. Literaturverzeichnis 27 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 4 1. Einleitung Immer wieder gibt es in der Bundesrepublik Überlegungen, die Beteiligungsrechte von Mitgliedern (und Nicht-Mitgliedern) in den Parteien zu erhöhen. Ziel ist es, gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung zu tragen, wachsende Mitbestimmungsansprüche der Menschen in einer sich weiterentwickelnden Bürgergesellschaft zu berücksichtigen und dem Trend zur Parteien- oder Politikverdrossenheit zu begegnen. Häufig werden in diese Überlegungen die Erfahrungen anderer Länder einbezogen, und es sind besonders die Vereinigten Staaten von Amerika, auf die der Blick gerichtet wird. Deren Demokratie beruht auf einer beträchtlich älteren Tradition als in Deutschland, und „die USA sind weltweit noch immer das Land mit den meisten durch öffentliche Wahl besetzten Ämtern.“1 Durch diesen Kontrast erscheinen die Gegebenheiten in Amerika als lohnendes Objekt der Betrachtung. Dies gilt insbesondere im Augenblick. Wegen der Anfang September eröffneten „heißen Phase“ des Wahlkampfs für die am 6. November stattfindenden Präsidentschaftswahlen ist gegenwärtig ein „Live“-Blick auf die Parteipolitik in Übersee möglich, der sich nur alle vier Jahre ergibt und sich für eine vergleichende Betrachtungsweise geradezu anbietet. Es gehört nämlich zu den als erstes auffallenden Unterschieden zwischen Deutschland und den USA, dass die in Amerika aktiven Parteien außerhalb von Wahljahren so gut wie nicht existent sind, ja gar nicht benötigt werden.2 „A Party is to elect“3, sagt dazu ein amerikanisches Politologenverdikt und bringt damit die so in Deutschland nicht gegebene Wahlfixierung der US- Parteien auf den Punkt. Sowohl Demokraten als auch Republikaner verstehen sich als „big tents“, als programmatisch wenig festgelegte Organisationen, deren Hauptaufgabe es ist, unter ihrem großen „Zeltdach“ möglichst viele (unterschiedliche) Anhänger Platz finden zu lassen.4 Sie konzentrieren sich auf Wählermobilisierung5 und leisten Wahlkampfhilfe für ihre jeweiligen Kandidaten.6 Zu weiteren Zwecken werden sie nicht benötigt. Dies hängt mit dem Mehrheitswahlrecht der USA zusammen, das nach dem „Gesetz von Duverger“ nahezu immer zu Zweiparteienkonstellationen führt7 und im Falle der USA, wo sich ein solches System tatsächlich herausgebildet hat, beiden existierenden Großparteien eine Art 1 Schmidt, Organizing, S.30. Er ergänzt: „In einem Wahljahr mit Präsidentschaftswahl werden rund eine halbe Million Mandate auf lokaler, einzelstaatlicher oder auf Bundesebene besetzt.“ Ebd. 2 Vgl. Mewes, S.140/141. 3 Zit. nach: Schmidt, Organizing, S.31/32. 4 Vgl. Jillson, S.163 und Smith, American anomaly, S.124. 5 Dies wird in den USA als „catch-all voters“ Strategie bezeichnet. Zit. nach: Fabbrini, S.107. 6 Diesbezüglich haben sie in den letzten Jahren ein Höchstmaß an Professionalität erreicht, wie Fabbrini meint. Er schreibt, „parties have turned into highly efficient support organizations for candidates.“ Fabbrini, S.134. 7 Vgl. Decker, “Parteienbundesstaat”, S.131. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 5 Bestandsgarantie gibt, die sie von der in Deutschland gegebenen Pflicht entbindet, ausgefeilte Programme zur Legitimation im Parteienwettkampf zu entwickeln.8 2. Parteiorganisation Dies hat erhebliche Auswirkungen auf den organisatorischen Aufbau von Demokraten und Republikanern . Deren Parteistrukturen sind viel loser als in Deutschland. So gibt es z.B. kaum formelle Parteimitgliedschaften.9 Und nationale Führungspersönlichkeit beider Parteien wird kein von den Parteitagsdelegierten gewählter Funktionär, sondern immer und gleichsam automatisch der jeweilige Bewerber für das Präsidentenamt. Er übernimmt den Parteivorsitz („Head of Party“) mit seiner Nominierung und übt ihn dann de facto bis zum Ende seiner Amtszeit (oder dem Erlöschen seines Kandidatenstatus) aus.10 Dies wird von amerikanischen Politikwissenschaftlern kritisch gesehen, die sich seit geraumer Zeit am europäischen (deutschen Modell) orientieren und hiesige Parteien ob ihrer zentralistischeren Struktur, die höhere „Schlagkraft“ beinhaltet, bewundern. Steven Hill tat dies zuletzt etwa 2010 in einer großen Studie über die Vorbildhaftigkeit der EU-Staaten und ihrer politischen Strukturen für die USA.11 Und bereits 1986 fasste einer der besten USA-Kenner Deutschlands, Horst Mewes, die Bedenken seiner amerikanischen Fachkollegen, die auf Mängel im eigenen Land hinwiesen, mit folgenden Worten zusammen: „Das Fehlen von permanenten nationalen Parteiorganisationen wird ständig von politischen Kommentatoren beklagt, weil es die Tendenz zur Fragmentierung und Atomisierung der Politik auf Bundesebene fördere und die Interessengruppenpolitik eine reale Mehrheitspolitik unterminiere , wo effizientes Regieren ohnehin schon durch Föderalismus und Gewaltenteilung behindert wird. Amerika, so wird gesagt, benötige ein Parteiensystem europäischen Formats, mit straff organisierten Parteibürokratien, mit professionellen Führungsgremien, die den Parteimitgliedern 8 Vgl. Fabbrini, S.128. Entsprechend gilt für Wahlkämpfe, dass sie „highly candidate-centered“ sind, „with each office-seeker left largely to his or her own means.“ Smith, American anomaly, S.124. Zum Gegenmodell der sich aus dem Verhältniswahlrecht ergebenden Parteienvielfalt in Deutschland, die programmatische Schärfe erfordert, vgl. Korte/Fröhlich, S.146, ähnlich auch die Abschnitte über das Parteiensystem in Rudzio, Hesse/Ellwein und Beyme, drei Klassikern der Darstellung des politischen Systems in Deutschland. 9 Vgl. Schmidt, Organizing, S.31/32. Unbekannt ist in den USA auch die „Fraktionsdisziplin”, die etwa im Bundestag feststellbar ist. Helms verweist darauf, dass im US-Kongress bei namentlichen Abstimmungen in der Regel höchstens in 10 Prozent der Fälle die Parteiführungen ein einheitliches Stimmverhalten der Mehrheit ihrer „Gefolgsleute“ erreichen können, während das in Deutschland nahezu immer gelingt. Vgl. Helms, S.71 Fußnote 7. 10 Vgl. Schmidt, Organizing, S.26 und Kiesewetter, S.248. 11 Vgl. Hill, Europe´s Promise, passim. Dass von allen EU-Staaten Deutschland die größte Bedeutung hat, ist Hills Überzeugung. Deshalb wird es von ihm auch am intensivsten auf Vorbildhaftigkeit untersucht. Dies zeigt bereits ein Blick in den Index seines Buches. Die Deutschland betreffenden Einträge sind die umfassendsten aller Länder und reichen über anderthalb Seiten (S.454/455). Das neben Deutschland gewichtigste EU-Land Frankreich weist nur halb so viele Einträge auf (S.453), und Griechenland als eher marginaler Staat findet sogar nur mit zwei Zeilen Berücksichtigung (S.455), wird also beinahe ignoriert. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 6 und Wählern gegenüber für ein öffentlich artikuliertes Parteiprogramm verantwortlich zeichnen; mit Führungsgremien, die politisch erfahrene Präsidentschaftskandidaten aus ihren eigenen Reihen aufstellen können und die der Regierung im Parlament durch Fraktionszwang zur Verfügung stehen. Nichts von alledem ist in den heutigen amerikanischen Parteien und in ihrer Geschichte zu finden.“12 Die amerikanischen Parteien sind bis heute keine echten nationalen Instanzen geworden und haben mit der Zentralisierungs- und Nationalisierungstendenz des politischen Systems nicht Schritt halten können. Dies hat auch mit ihrer verfassungsrechtlichen Stellung zu tun, die sich von der deutschen Situation völlig unterscheidet. Die aktive Beteiligung der Parteien am Prozess der politischen Willensbildung gehört in den USA zwar traditionell zur akzeptierten Praxis13, war aber nie verfassungsrechtlich auf Nationalstaatsebene legitimiert wie in Deutschland.14 US- Parteien sind bestenfalls Erzeugnisse der amerikanischen Einzelstaaten: Denn während die Bundesverfassung Parteien nicht erwähnt, schreibt die große Mehrzahl der Einzelstaatsverfassungen in oft verblüffenden Details den Parteien nicht nur eine Wahlfunktion, sondern auch ihre Organisationsstrukturen vor, wie Mewes betont.15 „Ursache dafür ist die Verantwortlichkeit der Einzelstaaten für ihre jeweilige Wahlordnung. Demgemäß sind Parteistrukturen und ihre Funktionen in fast allen Fällen den Vorschriften für Kandidatenauslese und Wahlverfahren angepaßt. (…) Eine typische Parteiorganisation auf Einzelstaatsebene sieht somit eine Hierarchie von Ausschüssen vor, beginnend mit Nachbarschaftsdistrikten (´wards´ oder ´precinct´-Ausschüssen), von denen es in den USA über 100.000 gibt. Darüber findet man Stadt- und Landkreis-(county)Ausschüsse, Ausschüsse für die Wahlkreise der Legislative der Einzelstaaten, sowie für die Wahlbezirke des US-Kongresses. In den meisten Staaten wird diesen verschiedenen Ausschüssen, bis hinunter zum Nachbarschaftstreffen, ihre Verhaltensweise und personelle Zusammensetzung genauestens vorgeschrieben. Dies gilt insbesondere für den in jedem Staat existierenden Zentralausschuß (´state central committee´), dessen Zusammensetzung und Wahlmodus von seiten der Ausschüsse auf unterer Ebene jedoch in jedem Fall verschieden ist. Meist werden Mitglieder des Zentralausschusses jedoch entweder von den unteren Ausschüssen selbst gewählt oder von einem ´state party convention´ bestimmt.“16 Die Hoheit der Bundesstaaten bei der Ausgestaltung der Parteistrukturen macht deren Erscheinungsbild vielfältig und verwirrend. Es gibt im Grunde 50 verschiedene „Parteien“ der Republikaner und Demokraten, und zwar für jeden Bundestaat eine. Doch mit diesem Variantenreichtum , der kaum dem Anspruch auf wenigstens halbwegs verbindliches Auftreten auf gesamtstaat- 12 Mewes, S.140/141. 13 Ebd. 14 Vgl. Fliedner, S.57 und Schmidt, Organizing, S.32, der darauf verweist, dass Parteien „in der verfassungsrechtlichen Konfiguration der Institutionen eigentlich nicht vorgesehen sind“, also keinen speziellen Verfassungsauftrag zur politischen Willensbildung haben, wie er für die deutschen Parteien in Grundgesetzartikel 21 vorgesehen ist. Ebd. 15 Vgl. Mewes, S.141. 16 Ebd. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 7 licher Ebene zu genügen vermag, sei es, so Mewes, noch nicht genug der Strukturnachteile amerikanischer Parteien: „Auf Bundesebene ist es mit der Parteiorganisation noch schlechter bestellt. Getreu dem Prinzip, daß Parteien als Hilfsmittel für Wahlen fungieren, bleibt der nationalen Partei nur die Aufgabe, alle vier Jahre einen Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Der aus Delegierten der Einzelstaaten bestehende nationale Nominierungskonvent ist formal die höchste Autoritätsinstanz der Partei und erstellt neben der Auswahl des Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidaten auch ein offizielles Parteiprogramm (´party-platform´). Doch obwohl die Parteiplattform, gewöhnlich von einem Plattform-Ausschuß nach langen Anhörungen und Abmachungen veröffentlicht, für die Festsetzung und Bestimmung der Interessen und ideologischen Strömungen des Konvents sehr wichtig ist, spielt sie nach der Präsidentenwahl in der Alltagspolitik fast keine Rolle.“17 Auch das formal dem Bundesvorstand deutscher Parteien entsprechende „National Party Committee“ wird auf dem Parteikonvent in Wahljahren bestellt, ist aber im Vergleich zu seinen deutschen Pendants nur ein Schatten von Macht ohne wirklichen Einfluss: „Das Nationalkomitee vertritt die Partei in der Zeit zwischen den Präsidentschaftswahlen, bleibt aber überwiegend eine Ansammlung von diversen Politikern der Einzelstaaten. Das ´Republican National Committee´ setzt sich z.B. neben einem männlichen und weiblichen Vorsitzenden aus den Parteivorsitzenden (state chairman) aller Einzelstaaten und Territorien zusammen. Das ´Democratic National Committee´ besteht nicht nur aus den Vorsitzenden der Partei der Einzelstaaten und einem Vertreter des anderen Geschlechts, sondern zusätzlich noch aus 200 von den Einzelstaaten ernannten Delegierten, drei Gouverneuren, 3 Bürgermeistern, 3 Landkreisvorsitzenden , den Vorsitzenden des Kongresses und je einem Mitglied des Senats und des Repräsentantenhauses , ferner 10 Mitgliedern des Nationalausschusses. Die Gesamtzahl der Mitglieder des demokratischen Nationalausschusses kann die stattliche Größe von fast 370 Personen erreichen – Beweis genug, daß dieser Ausschuß nicht die Funktion eines führungskräftigen Parteivorstands oder Präsidiums zu übernehmen vermag.“18 Als reine Staffage kann auch der formelle Obmann der Partei angesehen werden. „Der Vorsitzende der nationalen Partei (national party chairman) ist ohne Machtkompetenzen und fungiert meist nicht einmal als offizieller Sprecher der Partei. Entweder ist er Handlanger und Wahlhelfer des Präsidentschaftskandidaten oder, wenn Mitglied der ´Oppositionspartei´, wird er als Repräsentant seiner Partei von einzelnen Senatoren, Repräsentanten und Gouverneuren seiner Partei in den Schatten gestellt.“19 Dass diese Mitte der 1980er Jahre erstellte Analyse heute noch gilt, ja sich die im Vergleich zu Europa geringere Bedeutung der US-Parteien im Prozess der politischen Willensbildung eher noch weiter reduziert hat20, bestätigt Josef Braml, der USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für 17 Ebd. 18 Ebd., S.142. 19 Ebd., S.143. 20 Vgl. Fabbrini, S.128ff. und Jillson, S.173. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 8 Auswärtige Politik. Er gab unlängst, angesichts der Vorstellung des Wahlprogramms der Republikaner 2012, zu bedenken: „Es ist erst einmal wichtig zu verstehen, dass es in Amerika keine Parteien nach unserem Verständnis gibt. Sie bestimmen nicht die Politik. Selbst im Wahlkampf gibt es wichtigere externe Gruppen, die mit Geld und ihren Partikularinteressen massiv Druck machen.“21 3. Wahlverhalten de jure und de facto Angesichts dieser fundamentalen Unterschiede zwischen dem Stellenwert der Parteien in den USA und Deutschland verwundert es nicht, dass auch hinsichtlich der Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger am politischen Willensbildungsprozess beide Länder von Grund auf verschieden sind. Zwar gibt es durchaus Gemeinsamkeiten. So verzichten sowohl Deutschland als auch die USA – wie die überwiegende Zahl demokratischer Staaten - auf eine Wahlpflicht aus Respekt vor der Freiheit der Wahlbürgerinnen und Wahlbürger, selbst zu entscheiden, ob sie ihre Stimme abgeben wollen oder nicht.22 Deutschland und die USA teilen auch die Auffassung aller anderen Demokratien, die Wahlberechtigung an bestimmte Minimalerfordernisse zu knüpfen, und haben dabei weitestgehend dieselben Kriterien festgelegt (Besitz der Staatsbürgerschaft, Volljährigkeit etc.).23 Doch ansonsten unterscheiden sie sich deutlich voneinander, z.B. in der Frage der Wählerregistrierung, ohne die das Wahlrecht nicht in Anspruch genommen werden kann. Während in Deutschland die Registrierung automatisiert erfolgt und über die Einwohnermeldestellen der kommunalen Behörden läuft, müssen Bürger in den USA selbst aktiv werden, wenn sie in den Wählerlisten Berücksichtigung finden wollen.24 Dabei wird der Registrierungsvorgang von den Einzelstaaten geregelt. Er fällt deshalb jeweils sehr unterschiedlich aus und ist teils recht kompliziert. Bisweilen wirken die Regeln sogar willkürlich. So kann z.B. jeder Einzelstaat darüber entscheiden, bestimmten Bevölkerungsgruppen das Wahlrecht dauerhaft oder wenigstens auf Zeit zu entziehen (z.B. sog. „felons“, also verurteilten Straftätern).25 Kein Wunder, dass wiederholt der Vorwurf aufkam, die in einzelnen Bundesstaaten jeweils herrschende Partei hätte manipulative Absichten mit diesen Regeländerungen verfolgt oder gar gezielt Wahlbetrug betrieben. So warfen die Demokraten nach den Präsidentschaftswahlen 2000 bzw. 2004 den Republikanern vor, in den von ihnen regierten Staaten Florida bzw. Ohio gezielte „Wählerlistensäuberungen“ vorgenommen zu haben. Sie hätten z.B. viele Afro-Amerikaner unter dem Vorwand von Fristversäumnissen oder zu spät deklariertem Wohnortwechsel von der Liste 21 Braml, Wahlprogramm, o.S. 22 Vgl. Smith, American anomaly, S.126. 23 Vgl. Jillson, S.193 und Smith, American anomaly, S.126. 24 Vgl. Jillson, S.198. 25 Ebd., S.196. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 9 gestrichen oder deren Antrag auf Neu-Registrierung abgelehnt, weil durch diese mutmaßlichen Anhänger der Demokraten die Wahlchancen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten George W. Bush geschmälert worden wären.26 Solchem Wahlbetrug ist formaljuristisch schwer beizukommen, weil nach dem Buchstaben der US-Gesetze die Begründungen für die Listenbereinigungen „korrekt“ erscheinen und die Betrugsabsicht im Einzelfall nicht nachgewiesen werden kann. Nach Meinung von Beobachtern ist diese Praxis des „Voter Fraud“ bei allen Parteien zu finden und bereits seit Jahrzehnten eine Begleiterscheinung der „Anomalien“ des amerikanischen Wahlsystems.27 So sahen sich auch die Demokraten 2006 und 2008 dem Vorwurf manipulativer Wählerlistenbereinigungen in den von ihnen regierten Bundesstaaten ausgesetzt, und sogar der historische Wahlsieg von John F. Kennedy über Richard Nixon 1960, der denkbar knapp ausfiel, erscheint amerikanischen Politikwissenschaftlern heute mit wenigstens partiellem „Voter Fraud“ verbunden gewesen zu sein.28 Klarer nachzuweisen als diese mutmaßlichen Betrugsmanöver rund um die Wählerregistrierung sind die Auswirkungen dieses „extraordinarily decentralized, even chaotic, system“29 auf die Quoten der Wahlbeteiligung.30 So übersteigt der Anteil der Wähler an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten in den USA bei Kongresswahlen selten die 40-Prozent- und bei Präsidentschaftswahlen kaum die 60-Prozent-Marke, fällt damit also geringer aus als in jeder anderen Demokratie mit Ausnahme der Schweiz.31 Dies wird von Beobachtern auf die „Abschreckungswirkung “ zurückgeführt, die von den Kompliziertheiten des Registriervorgangs ausgeht.32 Insbesondere Bevölkerungsschichten mit formal geringer Bildung verzichten unter diesen Umständen auf eine sonst möglicherweise in Erwägung gezogene Stimmabgabe.33 Der „Voter Turnout“, wie die Wahlbeteiligung in Amerika genannt wird34, hat insofern eine Schlagseite zugunsten der gebildeteren (und wohlhabenderen) Schichten.35 Dies wird zusammen mit Aspekten der Tradition und politischen Kultur der Vereinigten Staaten als wesentlichste 26 Vgl. Smith, American anomaly, S.122 und 126. 27 Vgl. Mewes, S.133. 28 Vgl. Smith, American anomaly, S.122. 29 Ebd., S.121. 30 Vgl. Kiesewetter, S.246. 31 Vgl. Smith, American anomaly, S.119 und 127/128. 32 Vgl. Jillson, S.196. Smith erwähnt weitere wahltechnische Gründe für die traditionell geringe Wahlbeteiligung in den USA: „Another practical barrier is that in the United States, unlike in many countries, Election Day is not a holiday, making it difficult to get to the polls for some people, such as those with long and inflexible work schedules, heavy childcare responsibilities, or poor transportation in sparsely populated areas.” Smith, American anomaly, S.126 33 Vgl. Smith, American anomaly, S.128. 34 Vgl. Jillson, S.194. 35 Vgl. Ebd., S.196 und 201. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 10 Erklärung dafür angesehen, dass eine genuin „linke“ bzw. sozialistische Partei in den USA bisher keine ernsthafte Erfolgschance bei Wahlen hatte, da sie auf die Zustimmung solcher Wählerschichten angewiesen ist.36 Wenn dies zutrifft, dürfte sich an dem „conservative bias“ oder „rightward tilt“ des amerikanischen Parteiensystems auch in absehbarer Zukunft nichts ändern.37 Jedenfalls werden von politikwissenschaftlicher Seite die Chancen, das „Chaos“ der komplizierten Wählerregistrierung zu beenden, als gering eingestuft.38 Eingriffe in die Hoheitsrechte der Bundesstaaten sind aus historischen und verfassungsrechtlichen Gründen schwer möglich, und das Interesse der beiden Großparteien, am etablierten Prozedere etwas zu ändern, ist überhaupt eher gering, jedenfalls solange sie gemeinsam und in etwa dem gleichen Ausmaß von den Ungereimtheiten des Wahlsystems profitieren.39 Eine andere Frage ist, ob geringe Wahlbeteiligungen grundsätzlich etwas Schlechtes sind.40 Nicht nur amerikanische Beobachter weisen darauf hin, dass Wahlenthaltung auch ein bewusster Akt sein kann, um grundsätzliche Zufriedenheit mit dem politischen System auszudrücken. 41 Dies gilt umso mehr, wenn die Nicht-Wähler darauf verzichten, Alternativaktivitäten zu entfalten wie Bürgerinitiativen, Demonstrationen oder gewalttätige Proteste.42 Tatsächlich gibt es davon vergleichsweise wenig in den Vereinigten Staaten. So gesehen wären die US-Bürger mit ihrem Land tatsächlich zufriedener als umgekehrt die Deutschen mit ihrem. Dort liegen die Wahlbeteiligungen traditionell beträchtlich höher, und auch das Protestverhalten wird als überdurchschnittlich hoch eingestuft, was, in der Logik der beschriebenen Sichtweise, mit dem akuten Bedürfnis nach Veränderung interpretiert, also als latente Unzufriedenheit mit dem Bestehenden gewertet werden müsste.43 36 Dies hatte schon Werner Sombart 1906 erkannt und damals eine Studie veröffentlicht mit dem Titel: “Warum gibt es in den Vereinigten Staaten keinen Sozialismus?” Vgl. dazu Leipold, S.4 und S.52. 37 Vgl. Smith, American anomaly, S.147/148. 38 Vgl. Jillson, S.196/197. 39 Vgl. Ebd., S.197 und 199. 40 Vgl. Ebd., S.197. 41 Smith etwa schreibt: „The political significance of the issue of voter turnout has sometimes been questioned, especially in long-established democracies such as the United States. It could well be argued that low voter turnout means that people are relatively content with the political system and that if they were more worried, they would turn out to vote in higher numbers. And, indeed, this was the case in 2004, when voter turnout jumped to 60 percent and then again in 2008 when it increased to 63 percent, the highest level since 1960.” Smith, American anomaly, S.128. 42 Vgl. Korte/Fröhlich, S.161. 43 Protest sei, so schreibt Manfred G. Schmidt in seinem „Wörterbuch zur Politik“ 2010, „ein auffälliges Merkmal der Politik in der Bundesrepublik Deutschland geworden. Die Gewohnheit zu protestieren, so N[iklas]. Luhmann, sei typisch für die bundesdeutsche Geschichte, und damit trete das Land auch weltweit hervor. Die empirische P[rotest].-Forschung bestätigt das: Die Protestdichte nahm in der Bundesrepublik seit 1950 relativ stetig zu und ist im internationalen Vergleich sehr hoch.“ Schmidt, Wörterbuch, S.650. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 11 Selbst Autoren, die diese Sichtweise nicht teilen, sehen eine geringe Wahlbeteiligung eher als etwas Positives und halten demzufolge das System der USA dem deutschen für überlegen. Dies sei besonders dann der Fall, wenn genau jene Bevölkerungskreise auf ihr Stimmrecht verzichten (oder zu diesem Verzicht „gebracht“ werden), die aufgrund eigener Urteilsdefizite dazu neigen würden, sich als „Stimmvieh“ populistischer oder extremistischer Parteien missbrauchen zu lassen. Der italienische Philosoph und Politiktheoretiker Alessandro Pinzani schrieb dazu 2008: „Die wahren Feinde der Demokratie sind nicht apathische Bürger, sondern arbeitslose, ungebildete , arme oder entfremdete Bürger.“44 Dieses elitistische Verständnis von Staatsbürgerlichkeit reicht in seinen Wurzeln auf den sozialdemokratischen (später faschistischen) Veteran der Parteiensoziologie Robert Michels zurück, einen Freund des Elitenforschers Vilfredo Pareto, der im wilhelminischen Deutschland geschrieben hatte, nicht die allgemeine Demokratisierung sei das erstrebenswerte Ziel aus Parteiensicht, sondern die Aktivierung der wirklich Urteilsfähigen: „Das Ideal wäre eine Aristokratie sittlich guter und technisch brauchbarer Menschen.“45 Viele Autoren des deutschen Sprachraumes sehen ein solches Ideal einer nur den „Würdigen“ vorbehaltenen Partizipation in den heutigen USA verwirklicht46 und empfehlen Deutschland und Österreich, sich vor dem Hintergrund einer drohenden Zersplitterung des Parteiensystems über eine Wahlrechtsreform nach US-Vorbild Gedanken zu machen.47 Dies überrascht, da das deutsche Wahlsystem, wie oben gesehen, bei amerikanischen Politikwissenschaftlern seinerseits für nachahmenswert betrachtet wird und bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts auch in der internationalen Literatur als vorbildlich gerühmt wurde. 48 Offensichtlich hat es in den letzten zehn Jahren , von den USA abgesehen, einiges von seiner guten Reputation verloren und an Glanz eingebüßt . Dies ist angesichts der Mängel des amerikanischen Systems, das von US-Seite selbst als dringend reformbedürftig bezeichnet wird49, erstaunlich. Allerdings scheint es bei näherer Betrachtung zumindest einen Bereich zu geben, in dem die US-Parteien ihren deutschen Pen- 44 Pinzani, S.340, ebenfalls erwähnt in: Kiesewetter, S.188 Fußnote 125. 45 Michels (1910), Hervorhebung im Original, zit. nach: Kiesewetter, S.155 Fußnote 4. 46 Beispielhaft zu nennen wären neben Pinzani Klaus Poier, Josef Isensee, Hans Herbert von Arnim, Jürgen Falter, Hubert Kiesewetter, Florian Hartleb, Gerd Strohmeier und, mit Einschränkungen, Dieter Nohlen. Vgl. Poier, Demokratie im Umbruch, S.42, Kiesewetter, S.384/385 sowie Decker, „Parteienbundesstaat“, S.143, 155 und 155 Fußnote 24. 47 Jeder der in der vorherigen Fußnote genannten Autoren hat in den vergangenen drei Jahren Bücher oder Aufsätze mit einem Plädoyer zugunsten des am amerikanischen Modell orientierten Mehrheitswahlrechts veröffentlicht, was folglich als ein Trend gewertet werden kann, den die Wahlrechtsdiskussion momentan einschlägt. Vgl. dazu bestätigend Decker, „Parteienbundesstaat“, S.143. 48 Vgl. ebd., S.145. 49 Interessant ist in diesem Zusammenhang der vollständige Einstellungswandel auf amerikanischer Seite. Während US-Politikwissenschaftler unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg von der Güte des eigenen Wahlsystems restlos überzeugt waren und sich im Vorfeld der Gründung der Bundesrepublik Deutschland dafür einsetzten, die Wahlordnung Westdeutschlands am US-Vorbild auszurichten (vgl. Feldkamp, S.90), betrachten sie mittlerweile eher die Wahlsysteme anderer Demokratien als nachahmenswert. Hill etwa spricht sich aktuell für eine Reform der amerikanischen Verhältnisse nach deutschem Vorbild aus. Vgl. Hill, Europe´s Promise, S.245ff. (Abschnitt: Represantative Democracy, Version 2.0). Über seinen ersten Besuch im Bundestag schreibt er begeistert: „that´s what democracy looks like, I remember thinking.“ Ebd., S.246. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 12 dants an Qualität tatsächlich nicht nur nahekommen, sondern sie sogar übertreffen. Dies ist die Kandidatenauswahl.50 4. Die Rekrutierung von Spitzenpersonal Teil 1: Das System der Vorwahlen 1968 führten die Demokraten ein neues innerparteiliches Verfahren zur Rekrutierung von Spitzenpersonal ein, und zwar für Anwärter zum Kongress ebenso wie bei Präsidentschaftskandidaten . Dabei handelt es sich um das System der Vorwahlen, das Bürgerinnen und Bürgern erlaubt, schon früh Einfluss darauf zu nehmen, wer im Endeffekt nominiert wird. Die Republikaner zogen in den siebziger Jahren nach, sodass sich das Vorwahlprozedere inzwischen zum dominierenden Nominierungsverfahren für die USA entwickelt hat.51 Dieses System verspricht einige Vorteile gegenüber der etablierten Form der Kandidatenkür durch Führungszirkel der Parteivorstände. So ist die Zahl der in den Auswahlprozess Einbezogenen enorm gestiegen. Auch ist der Kontakt zwischen Bewerbern und Wählern intensiver. Insbesondere bei der in einigen Bundesstaaten gängigen Vorwahlform der Mitgliederversammlung (Caucus) können sich Interessierte - im Gegensatz zu den anonymeren „Primaries“ 52, die als bundesstaatsweite Abstimmungen ablaufen - meinungsbildend mit den Kandidaten auseinandersetzen . Sie haben die Gelegenheit, an den Versammlungsorten (Turnhallen, Schulräumen etc.) Fragen zu stellen, Forderungen zu erheben, Anregungen zu geben, in Diskussionen Vor- und Nachteile der Bewerber abzuklopfen und sich einen plastischen Eindruck von der Eignung oder Nicht-Eignung der Kandidaten zu verschaffen.53 Diese Interaktion mit potentiellen Amtsträgern, die sich zur Wahl stellen, in einem bereits frühen Auslesestadium gibt es so in Deutschland (noch) nicht und wird von hiesigen Beobachtern zunehmend als nachahmenswert empfunden.54 Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang zu fragen, ob in der konkreten Ausprägungsform der Vorteil wirklich auf amerikanischer Seite liegt. So verweist etwa Patrick Keller, der USA-Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung, auf eine Schattenseite des Vorwahlsystems auf Präsidentschaftsebene, auf seinen strukturbedingten Zug ins Unernste, Unterhaltsame: 50 Vgl. Smith, American anomaly, S.124. 51 Vgl. Mewes, S.143-145. 52 Zu den Unterschieden zwischen „caucus“ und „primaries“, aber auch zwischen „direct primaries“ und „party primaries“, vgl. Fabbrini, S.129-31. 53 Vgl. Jillson, S.210/211. 54 Vgl. Decker, “Parteienbundesstaat”, S.160/161. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 13 „Die amerikanischen Vorwahlen sind ein Zirkus…eine Show der großen Gefühle und der großen Gesten, ein Wettrennen starker, kontrastreicher Charaktere um große Macht, das quer durch das hochdiversifizierte Sozialbiotop Vereinigte Staaten führt.“55 Unvermeidbarer Nebeneffekt einer solch „zirzensischen“ Aufmachung der Kandidatenauswahl ist eine Verflachung der politischen Auseinandersetzung, die kaum der Komplexität der zu behandelnden Probleme angemessen ist und zu Oberflächlichkeit bzw. „Hyperaktivität“ im politischen Wettstreit einlädt.56 Dies ist aber nicht der einzige Negativaspekt an der amerikanischen Form der Rekrutierung von Spitzenpersonal. Ein weiterer ist ihre Kompliziertheit. Wie schon bei der Wählerregistrierung sind auch in der Frage der Ausgestaltung der Vorwahlen die Bundestaaten (plus dem Hauptstadtdistrikt von Columbia) autonom. Sie legen eigenständig fest, wie die Vorwahlen ablaufen mit der Folge, dass letztlich 51 verschiedene Vorwahlarten in den USA existieren. Diese verwirrende Gemengelage produziert Verfahren der Kandidatengewinnung, die selbst Experten nicht mehr verstehen, wie Horst Mewes betont.57 Er begrüßt zwar den Grundgedanken der frühzeitigen Einbeziehung von Bürgern in Personalauswahlprozesse der Parteien und beschreibt mit Wohlwollen die Motive für die Einführung des Vorwahlprinzips: „Den Präsidentschaftsvorwahlen liegt die Absicht zugrunde, das Verfahren der Kandidatenauswahl zu demokratisieren, indem die Wähler an der Auffindung geeigneter Präsidentschaftskandidaten beteiligt werden. Vorwahlen sollen verhindern, was bis 1968 noch geschehen konnte, daß etwa der ehrgeizige Führer einer Partei die Delegierten seines Staates auf den Kandidaten seiner Wahl einschwört und als persönlichen Machtblock im ´bargaining´- Prozess des Konvents benutzt.“58 Dann wird Mewes jedoch kritisch und beschreibt detailliert die verwirrende Komplexität der Vorwahlarten, die in ihrer konkreten Ausgestaltung offensichtlich den demokratischen Anspruch unterlaufen, der mit ihrer Einführung verbunden wurde: „Unterschiedliche Gesetzesvorschriften der Bundesstaaten bestimmen, ob die Teilnahme bei Vorwahlen nur auf eingeschriebene Parteianhänger begrenzt wird (closed primaries), oder ob alle registrierten Wähler, unabhängig von parteilicher Sympathiebezeugung, teilnehmen dürfen (open primaries). Darüber hinaus gibt es entweder ´delegate primaries´, in der Delegierte direkt für den Nationalkonvent [i.e. die offizielle Nominierungsversammlung, V.S.] gewählt werden, oder eine ´presidential preference primary´, bei der die Wähler den Namen des von ihnen bevorzugten 55 Keller, Wandel, S.102. 56 Vgl. Schmidt, Organizing, S.36. 57 Vgl. Mewes, S.145. 58 Ebd. Einen plastischen Eindruck von dieser „alten“ Form der Kandidatenauswahl erhält man durch das heute noch aufgeführte Theaterstück „The Best Man“ von Gore Vidal. Hierin wird ein fiktives Nominierungsverfahren der Demokraten im Jahre 1960 geschildert und ebenso ausführlich wie pointiert der Machtkampf der Parteiführer hinter den Kulissen beschrieben. 1964 wurde das Stück auch verfilmt mit Henry Fonda und Cliff Robertson in den Hauptrollen. Zur aktuellen Broadway-Fassung vgl. den Internet-Trailer mit Angela Lansbury, http://www.youtube.com/watch?v=q0a1n_VBXkg (letzter Aufruf: 12.09.2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 14 Bewerbers für das Präsidentenamt auf einem Stimmzettel ankreuzen. In einigen Einzelstaaten werden beide Varianten noch auf verschiedene Weise miteinander verknüpft. So kann z.B. eine separate Präferenzwahl die Stimmabgabe der Gesamtdelegation eines Einzelstaates bestimmen. Oder es können durch ein Parteiversammlungssystem (´convention´ oder ´caucus´) mittels öffentlicher Akklamation eine Anzahl von Delegierten gewählt werden, deren Stimmen sodann auf Bundesstaatsebene proportional den Siegern einer Präferenzvorwahl zugeteilt werden.“59 Am Beispiel des wichtigen Bundesstaats Kalifornien und mit Blick auf eine der beiden US-Parteien (Demokraten) führt Mewes die schwer durchschaubaren Regularien der Vorwahlsystematik exemplarisch aus. Dabei bezieht er sich, der Entstehungszeit seines Buches entsprechend, auf die damals aktuellsten Zahlenwerte, also die „Presidential Election“ von 1984. Dies macht seine Schilderung aber nicht unzeitgemäß, da sich aufgrund regelmäßiger Volkszählungen zwar die Delegiertenzahlen pro Bundesstaat alle 10 Jahre erhöhen oder verringern, die Grundregeln des Verfahrens aber unverändert gültig bleiben. „Als bevölkerungsmäßig größter Einzelstaat standen Kalifornien im Jahre 1984 insgesamt 345 Delegierte zum Parteikonvent der Demokraten zu. Am 5. Juni des Wahljahres wurden 209 dieser Delegierten direkt gewählt. Dabei wurden jedem der 45 Kongreßwahldistrikte 3 bis 8 Delegierte zugeschrieben, wobei die genaue Anzahl pro Distrikt vom Wahlergebnis der Partei während der letzten Präsidentschaftswahl abhängig gemacht wurde. Der Stimmzettel des Wählers gab an, für welchen Präsidentschaftskandidaten der Delegierte sich entschieden hatte. Da in der kalifornischen Vorwahl sechs Demokraten teilnahmen, mußte der Wähler unter Umständen drei bis acht Namen aus einer Liste von bis zu 48 Namen wählen. Nach der Wahl der 209 ersten Delegierten wurden am 16. Juni zusätzlich 28 Delegierte bestimmt, die jedoch alle Parteimitglieder oder gewählte Amtsinhaber sein mußten und die den Präsidentschaftskandidaten gemäß dem Ergebnis der Wahl vom 5. Juni in den einzelnen Kongreßwahlkreisen zugeteilt wurden. Danach wurden noch einmal 69 Delegierte ausgesucht (auch wiederum Politiker und Parteiführer), die den Präsidentschaftskandidaten gemäß ihrem Stimmenanteil im gesamten Staat Kalifornien zugeteilt wurden. In der Auswahl dieser 69 Delegierten von seiten eines Parteikonvents wurde in Betracht gezogen, daß sich die Gesamtdelegation Kaliforniens (also alle 345 Delegierte) je zur Hälfte aus Frauen und Männern zusammensetze und mindestens 16 % Lateinamerikaner, 14 % Schwarze, 6 % Asiaten und 1 % Indianer enthalte. Stimmen diese Proportionen einigermaßen, dann sollen zusätzlich auch noch Arme, Homosexuelle, Körperbehinderte und ältere Bürger berücksichtigt werden. Die gewählten 306 Delegierten sind nicht formaljuristisch, sondern nur ´durch Absprache´ an einen Präsidentschaftskandidaten gebunden. Sie können in den Nationalkonventwahlgängen ihre Meinung ändern und ihrem eigenen Willen folgen. Aber dieser Vorgang wird immer seltener. Trotzdem werden zusätzlich 39 Delegierte bestimmt, die überhaupt nicht an einen Kandidaten gebunden sind. Bei diesen sog. ´Superdelegierten´ handelt es sich ausschließlich um Kongreßmitglieder , Bürgermeister der Großstädte und andere prominente demokratische Politiker Kaliforniens .“60 59 Mewes, S.145. 60 Ebd., S.145/146. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 15 Soweit die Schilderung von Mewes, deren Plastizität verständlich erscheinen lässt, dass amerikanische Beobachter ihr Wahlsystem höchst kritisch sehen. Sie bescheinigen ihm, Bürger eher abzuschrecken als zu basisdemokratischem Aktivismus anzuspornen. Angesichts der enormen „information costs“ bei der Beschäftigung mit den Vorwahlregularien würden sich viele potentielle Wähler fragen, ob sie überhaupt an der Kandidatenfindung teilnehmen sollen. Damit aber reduziert der potentiell mitbestimmungsfördernde Mechanismus der Vorwahlen die innerparteiliche Demokratie der US-Parteien eher, als dass er sie unterstützt. Und unter diesen Umständen ist er kaum ein zur Nachahmung empfohlener Vorteil.61 Eine weitere Konsequenz des Systems der Vorwahlen, von dem in den USA bei aller Kritik vermutlich „kein Weg zurück in die Vergangenheit der Parteiengeschichte“62 weist, ist die enorme Zunahme der Wahlkampfkosten. Der amerikanische Politikwissenschaftler Jillson bemerkt, dass sich das amerikanische Wahlkampfsystem von einem arbeitsintensiven zu einem kapitalintensiven gewandelt habe.63 Damit ist gemeint, dass dem Eintreiben von Wahlkampfspenden seit Jahren steigende Bedeutung zukommt .64 Die Kosten der Wahlkämpfe sind sprunghaft angewachsen65, und das augenblickliche Minimum an erforderlichen Mitteln für einen potentiellen Präsidentschaftsbewerber wird derzeit auf 100 Millionen US-Dollar geschätzt. Diese Summe muss er oder sie vorweisen können, um überhaupt in den aufwändigen und zeitraubenden Vorwahlmarathon eintreten zu können, der im Januar eines Wahljahres traditionell mit den Vorwahlen in Iowa und New Hampshire beginnt.66 61 Vgl. Smith, American anomaly, S.124. Auf einen weiteren möglichen Nachteil macht ebenfalls Smith aufmerksam: “Primary elections can also have the somewhat counterintuitive effect of reducing the competitiveness of moderate candidates in favor of more extreme ones. Consider that in the United States, speaking in rough terms, the most conservative third of voters in the country are likely to be Republicans, the most liberal third are predominantly Democrats, and the moderate middle third are largely independents who have registered to vote but not as members of any party. (Relatively few Americans are registered with minor or third parties.) Generally, it is the most ideologically driven and politically minded voters who turn out to vote in their party´s primaries. Thus, the Republican nominees produced by the primary system will likely fall somewhere in the middle of the pack of the most conservative third of the country – making them more conservative than about five-sixths of the country. Similarly, the Democratic nominee is likely to be more liberal than all but one-sixth of the country. In reality, candidates nominated in the Democratic and Republican primaries may be even further to the left and the right, respectively, because those voters who turn out to vote in relatively low-profile primary elections are likely to be more ideologically minded than the overall composition of their parties.” Ebd., S.124/125 62 Mewes, S.148. 63 Vgl. Jillson, S.173. 64 Vgl. Mewes, S.148/149, dessen Befund aus dem Jahr 1986 stammt und seine Gültigkeit bis heute bewahrt, ja gesteigert hat, wie die untenstehend zitierte neuere Literatur beweist. 65 Eine Übersicht der Kostenentwicklung bietet Fabbrini, S.133, der die heutigen Wahlkämpfe als „money-driven politics of American elections“ beschreibt. Ebd., S.134. 66 1980 reichten Ronald Reagan noch 62 Millionen Dollar zum Sieg, was den inflationären Trend der Wahlkampfkosten in den letzten Jahrzehnten noch einmal belegt, wenn heute knapp das Doppelte benötigt wird, um überhaupt ins Kandidatenrennen eintreten zu können. Vgl. Mewes, S.149. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 16 Und noch ein Vielfaches davon aufbringen muss, wer schließlich als Sieger aus den Vorwahlen hervorgehen will. Bei Barack Obama etwa erreichte die Spendensumme im Jahr 2008 erstmals die Milliardengrenze und dürfte auch bei seiner Wiederwahlbemühung 2012 kaum geringer ausfallen .67 Da es in den USA keine dem deutschen Fall vergleichbaren Finanzhilfen aus staatlichen Mitteln gibt68 und das Eintreiben der Wahlkampfgelder ausschließlich Aufgabe des jeweiligen Kandidaten ist69 (und zwar beim Präsidentschaftsbewerber ebenso wie bei jedem Aspiranten für einen Sitz im Repräsentantenhaus oder Senat)70, ergeben sich weitere bemerkenswerte Unterschiede zu Deutschland bei der Elitenselektion der Parteien. Während in Deutschland die Parteien ihre Kandidaten für Spitzenämter nach diversen innerparteilichen Gesichtspunkten aufstellen (Erfahrung, Hausmacht, programmatisches Profil, Verdienste ) und zusätzlich darauf schauen, welche Beliebtheitswerte der potentielle Bewerber in Umfragen attestiert bekommt, dominiert in den USA die Geschicklichkeit bei der Spendeneintreibung als das alle anderen Auswahlgründe überstrahlende Kriterium.71 Dies ermöglicht Überraschungen und den Aufstieg von Außenseitern, denen es in parlamentarischen Systemen kaum möglich wäre, eine Delegiertenmehrheit hinter sich zu bekommen und nominiert zu werden .72 Der gegenwärtige Präsident Obama etwa galt bei seinem Antritt im Nominierungsmarathon 2008 als ein solcher Außenseiter.73 Er war erst seit vier Jahren Senator und hatte auf nationaler oder internationaler Ebene kaum von sich reden gemacht, bevor er seinen Hut in den Ring warf, ja bekam von Beobachtern sogar ausdrücklich „programmatische Leere“74 bescheinigt.75 Dennoch 67 Zahlenangaben nach Jillson, S.219, etwas abweichende Zahlen, aber mit gleicher Tendenz, liefert Schmidt, Organizing, S.34. 68 Vgl. Kiesewetter, S.160 und Jillson, S.186. 69 Vgl. Smith, American anomaly, S.124. Parteien haben als Institution insgesamt wenig finanziellen Spielraum und wurden infolge einer Gesetzgebungsserie zwischen 1971 und 1976 regelrecht daran gehindert, eigene Vermögen aufzubauen. Fabbrini schreibt, Absicht der Gesetze sei es gewesen, „to deprive the parties of control over resources of crucial importance for their action. It is now the candidates who personally receive funds and support, no longer the parties.” Fabbrini, S.132/133. 70 Vgl. Fabbrini, S.132/133 und Mewes, S.147. 71 Vgl. Jillson, S.173, der schreibt: “Elections now turn on which candidates can raise the money required to run a state-of-the-art media campaign and get-out-the-vote-effort.” Vgl. auch Fabbrini, S.133, wo es mit Blick etwa auf die Wahlen von 2000 heißt, „the personalization of the competition was the most distinctive feature of the entire electoral process in that period. Candidates used primarily their own resources to fund their campaigns: their reputations, their networks of campaign contributors and supporters, their policy preferences, and their communication skills made the difference.” 72 Vgl. Smith, American anomaly, S.134/135. 73 Vgl. Schmidt, Organizing, S.12. 74 Keller, Wandel, S.102/103. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 17 gelang es ihm durch geschicktes Campaigning, mehr Gelder zu mobilisieren als alle seine innerparteilichen Rivalen. Dies verschaffte ihm schließlich den Sieg über die weit erfahreneren Mitbewerber und später auch über den arrivierten republikanischen Kandidaten John McCain. Aktuell hat der republikanische Kandidat Mitt Romney beim Spendensammeln die Nase vorn. Seine Fähigkeit, Gelder einzutreiben, scheint 2012 größer zu sein als die des Amtsinhabers, und die Agentur AFP spekulierte im Juli, dass Obama so langsam das Geld ausgehe, während Romney wohl noch weitere Quellen anzapfen könne.76 Obwohl Geld im Wahlkampf nicht alles ist und der Erfolg im Kandidatenrennen von mehr als nur pekuniären Aspekten bestimmt wird77, fällt doch auf, dass in den letzten Präsidentschaftswahlen immer der Kandidat siegte, der bis zum „Election Day“ auch die meisten Finanzmittel mobilisiert hatte.78 Dies scheint im Moment eher für Romney als für Obama zu sprechen79 und belegt den gestiegenen Stellenwert materieller Voraussetzungen für einen Wahlsieg.80 Damit hängt auch eine weitere Folge des Vorwahlverfahrens zusammen, der zunehmende Hang zum „negative campaigning.“81 Im Bemühen um Spendengelder lassen Kandidaten nichts unversucht , innerparteiliche Rivalen bzw. Kontrahenten beim Rennen um das öffentliche Amt herabzusetzen . Ihre Wahlkampfteams bemühen sich, den Bewerber des gegnerischen Lagers systematisch auf Affären oder Schwachstellen auszuforschen und ihn nach Möglichkeit in der Öffentlichkeit bloßzustellen. 75 Gerade diese Inhaltsleere kam Obama jedoch zugute: „Seine Positionen in der Außen-, Steuer-, Gesundheitsund Einwanderungspolitik bleiben..im Ungefähren, sind oft sogar widersprüchlich. Gerade deswegen bleibt der jugendlich wirkende Aufsteiger die ideale Projektionsfläche für die Sehnsüchte linker, junger und afroamerikanischer Wähler.“ Ebd., S.103. 76 „Wie wird man US-Präsident?“ (17.07.2012), http://nachrichten.t-online.de/wie-wird-man-us-praesident-daseinmaleins -der-wahlkampffuehrung/id_57998040/index. 77 Der Politikwissenschaftler Klaus von Beyme schreibt dazu: „Geld hat in Amerika eine gewisse Schleusenfunktion für die Bewerber, aber es ist keine zureichende Bedingung für den Sieg.“ Zit. nach: Kiesewetter, S.247 Fußnote 19. 78 Vgl. die tabellarische Übersicht bei Jillson, S.219. Demzufolge war es in den letzten 20 Jahren nur einmal der Fall, dass der Bewerber mit dem größten Erfolg bei der Spendeneintreibung n i c h t den Sieg davontrug. Das war 1996 Bob Dole, der doppelt so viele Gelder mobilisieren konnte wie Amtsinhaber Bill Clinton, aber dennoch gegen ihn verlor. 79 Allerdings ist im August die Summe der von Obama gesammelten Gelder beträchtlich gestiegen und lag erstmals über dem Wert der Mittel, die Romney mobilisieren konnte. Vgl. Online-Artikel „Obamas Umfragewerte vom 11.09.2012, http://nachrichten.t-online.de/barack-obama-umfragewerte-ueberspringen-die- 50-prozent-marke/id_59439128/index. Ob dies eine Trendwende markiert oder nur ein Strohfeuereffekt nach dem Nominierungsparteitag Anfang September ist, ist schwer zu beurteilen. 80 Vgl. Keller, Wandel, S.2 der Online-Ausgabe. 81 Schmidt, Organizing, S.34 und Jillson, S.204. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 18 So berichtet etwa aktuell der Politikexperte Steven Hill, dass Demokraten und Republikaner inzwischen sogar Privatdetektive einsetzen, um belastendes Material gegen die Kandidaten der jeweils anderen Partei zu finden.82 Und bereits im Juli kam die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu dem Ergebnis, dass im Präsidentschaftswahlkampf 2012 das „negative campaigning“ einen neuen Höhepunkt erreicht habe. 97 Prozent aller Wahlkampfspots Präsident Obamas und ebenso viele Spots seines republikanischen Herausforderers Mitt Romney würden mit Vorwürfen, Unterstellungen und Insinuationen meist gehässiger Art aufwarten und hätten die normalen Wahlwerbeparolen mit inhaltlichen Aussagen, positiv formulierten eigenen Zielen etc. nahezu komplett verdrängt.83 Diese auch von Befürwortern des amerikanischen Modells beklagte Tendenz84 ist ein weiterer Unterschied zwischen dem amerikanischen und deutschen Wahlsystem. Hierzulande ist das „negative campaigning“ bei weitem (noch) nicht so verbreitet wie in den USA. Allerdings weisen Kommunikationswissenschaftler wie Hans Mathias Kepplinger darauf hin, dass auch in Deutschland ein Trend zur Politikerherabsetzung durchaus erkennbar wird85, dabei aber mehr von den Medien und ihrer Tendenz zur Skandalisierung von Personen und Sachverhalten ausgeht als unmittelbar vom politischen Gegner.86 Der wesentlichste Unterschied zu den USA liegt aber nicht in diesem Ausgangspunkt bzw. Medium des „negative campaigning“, sondern in seiner Themenpalette und konkreten Ausprägungsform. So spielen etwa in den USA die im säkularen Europa vergleichsweise unwichtigen Einstellungen der Kandidaten gegenüber Religion eine zentrale Rolle. „Ein Mindestmaß an christlichem Vibrato …gehört zur Muttersprache der amerikanischen Demokratie“87, bestätigt der Philosoph und USA-Kenner Kallscheuer. Er betont, dass es sich kein amerikanischer Politiker leisten kann, vom politischen Gegner der A-Religiosität bezichtigt zu werden.88 Deswegen versuchen s.E. auch die 82 Er schrieb am 31.08.2012: „Die von beiden Seiten engagierten privaten Ermittler arbeiten seit Monaten rund um die Uhr, um möglichst viel Schmutz ans Tageslicht zu fördern.“ Hill, Tricksen und täuschen, S.1 der Online- Ausgabe. Vgl. auch den Artikel von Schmitz, Wahlkampf der Lügner, passim. 83 Vgl. „Wahlkampf in den USA: Wer den anderen erniedrigt, glaubt erhöht zu werden.“ Artikel von Matthias Rüb (genaue Quellenangabe im Literaturverzeichnis). 84 Vgl. Jillson, S.204 und Kiesewetter, S.145. 85 Vgl. auch Kiesewetter, S.145, der eine wachsende Tendenz auch der deutschen Parteien ausmacht, ihre jeweiligen Gegner zu diffamieren. 86 Vgl. Kepplinger, S.169/170. 87 Kallscheuer, Sieger und Sünder, S.2 in der Online-Fassung. 88 Ebd., S.3 und 4 in der Online-Fassung. Kallscheuer betont, dass in der jüngeren Vergangenheit gerade Obama diesen Trend befeuert hat. „Es war Obama, der einen Glaubenswahlkampf startete – und dies schon lange vor der diesjährigen [2008] Präsidentschaftskampagne. ´Sola fides´ - allein der Glaube rettet! Das hatte der Senator vor vier Jahren in Boston gepredigt, auf der Convention der Demokraten, die John Kerry zum Präsidentschaftskandidaten nominierte: ´Es ist der Glaube, dass ich meines Bruders Hüter, meiner Schwester Hüter bin, der dieses Land zusammenhält. Nur dieser Glaube erlaubt uns, unsere individuellen Träume zu verfolgen und doch zusammenzukommen als eine amerikanische Familie: E pluribus unum´.“ Ebd. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 19 beiden aktuellen Kandidaten für die Präsidentschaft ein betont frommes Verhalten an den Tag zu legen.89 Ähnlich bedeutsam wie die Religiosität ist in den USA auch die sexuelle Orientierung. Vorwürfe wegen tatsächlicher oder mutmaßlicher „Normabweichungen“ auf diesem Gebiet spielen dort eine bedeutendere Rolle bei der Skandalisierung von Politikern90 als in Deutschland.91 Werden hierzulande solche Aspekte der Privatsphäre zugerechnet und nicht politisch instrumentalisiert (außer bei strafrechtlicher Relevanz)92, erweist sich diese Unterscheidung in den USA als unmöglich . Dies erklärt, warum gegenwärtig sowohl Romney als auch Obama ihre Ehefrauen zentral im Wahlkampf einsetzen. Sie lassen sich von ihnen publikumswirksam attestieren, „ideale Partner“ zu sein, und wappnen sich so prophylaktisch gegen den Verdacht auf eheliche Untreue, der sich als Erfolgskiller erweisen könnte.93 Alle Betrachter sind sich darin einig, dass der Trend zum „negative campaigning“ für die Demokratie schädlich ist und auf längere Sicht nur eines erzeugen dürfte: Politikverdrossenheit der Bürger.94 Dies führt zu großer Skepsis hinsichtlich der Rolle von Medien (alten und neuen) in diesem Zusammenhang, da Medien das „negative campaigning“ häufig unterstützen bzw. ihm infolge „medialer Allgegenwart“95 eine ideale Plattform bieten.96 So laufen etwa die oben erwähnten aggressiven Wahlwerbespots im aktuellen amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf in Permanenz auf den verschiedensten Kanälen der Fernsehsender. Und es gibt in den Zentralen dieser privatwirtschaftlich geführten „Networks“ kaum noch Verantwortliche, die bereit sind, durch Qualitätsselbstkontrollen allzu wüsten Attacken einen Riegel vorzuschieben.97 Der Einfluss der Medien ist jedoch nicht nur im Bereich des „negative campaigning“ gestiegen.98 Kenner der amerikanischen Verhältnisse sehen Presse, Journalismus und Werbebranche insgesamt auf dem Vormarsch in der politischen Willensbildung und beklagen die damit einherge- 89 Ebd. 90 Vgl. Smith, American anomaly, S.157 und Kepplinger, S.20. 91 Ebd. 92 Vgl. Kepplinger, S.20. 93 Vgl. dazu den AP-Artikel „Michelle Obama verzaubert die Amerikaner“ und den Bericht über Romneys Frau: „Mein Mann wird nicht scheitern“ im Hamburger Abendblatt (genaue Literaturangaben im Anhang). 94 Vgl. Jillson, S.204 und Kiesewetter, S.145. 95 Ausdruck der Politikwissenschaftlerin Barbara Pfetsch, zitiert nach: Helms, S.79. 96 Vgl. Schmidt, Organizing, der auf diese beklagenswerte Folge einer schnelllebigen Medienwelt hinweist, „die vor allem auf Sensation und Kontroverse setzt und damit die Parteienauseinandersetzung begünstigt.“ Ebd., S.33/34. 97 Ebd. 98 Vgl. Fabbrini, S.128ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 20 hende Verdrängung der Parteien, besonders durch das Fernsehen. Die TV-Anstalten entwickeln sich zunehmend zu einer Hauptinstanz, die bei Wahlen den Ausschlag gibt. 99 Dass auch hierbei das System der Vorwahlen eine wichtige Rolle spielt und den beschriebenen Trend mit verursacht hat, erkannte Mewes bereits 1986: „Das Fernsehen wird zum eigentlichen Schauplatz der Vorwahlen und zum größten Kostenfaktor der Wahlkämpfe. Nicht die traditionellen Parteiführer, sondern Fernsehkommentatoren und Nachrichtensprecher übernehmen die Vermittlerrolle zwischen Wähler und Kandidaten. Die Kandidaten müssen sich in ihrem Erscheinungsbild und in der Darstellung ihrer politischen Standpunkte dem Medium des Fernsehens, d.h. den kurzen Nachrichtensendungen und Werbespots anpassen. Persönliche Kontakte zwischen Kandidaten und Wählern sind selten.“100 Inzwischen kommen noch die Möglichkeiten des Internets dazu. Seit Obamas erfolgreicher Kampagne 2008, die ihm das Image „Medienliebling“101 einbrachte und ihn gar als „ersten Internet- Präsidenten der Geschichte“ erscheinen ließ,102 nimmt dieses neue Medium an Bedeutung stetig zu.103 Die mit Blick auf das Fernsehen festgestellten Probleme werden dadurch forciert104, was die Sorge von Kritikern wie Steven Hill erklärt, die USA könnten mit ihrem Wahl(kampf-)system über kurz oder lang grandios scheitern, wenn sie sich nicht zu einem grundlegenden Kurswechsel zurück zu mehr „Seriosität“ in der politischen Auseinandersetzung entscheiden würden. Er schreibt, es sei „geradezu aberwitzig“ 105, wie sehr sich gegenwärtig Showelemente in der politischen Auseinandersetzung durchgesetzt hätten und der mit dem „negative campaigning“ verbundene Appell an die Affekte der Wähler zunehmend das Geschehen dominiere: „Wer das mächtigste frei gewählte Staatsoberhaupt der Welt wird, entscheidet also eine Handvoll ahnungsloser und unentschlossener Wähler in einer Handvoll Staaten. Ich zittere schon jetzt bei dem Gedanken an die TV-Spots, mit denen die Zuschauer in Florida, Ohio und Pennsylvania in der letzten Wahlkampfwoche bombardiert werden, wenn sich eine knappe Entscheidung abzeichnen sollte – und ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass das Ergebnis ebenso eng wird 99 Vgl. dazu den Hinweis von Kiesewetter, S.146/147. 100 Mewes, S.148. Eine weitere Folge wird ebenfalls von Mewes beschrieben: „Im Zuge des Einflußverlustes der Parteien der Einzelstaaten hat sich eine neue politische Elite von professionellen Wahlmanagern herausgebildet. ´Public relations´-Spezialisten, Medienexperten, insbesondere fürs Werbefernsehen, Umfrageexperten, Finanzexperten und Rechtsanwälte fungieren als persönliche Berater des Präsidentschaftskandidaten. Diese Beraterstäbe spielen…oft auch als enge Präsidentenberater nach dem Sieg ihres Kandidaten im Weißen Haus eine bedeutende Rolle. So wird Regieren zusehends Teil einer Politik, die sich als permanenter Wahlkampf versteht.“ Ebd., S.147. 101 Keller, Wandel, S.103. 102 Vgl. Schmidt, Organizing, S.15. 103 Vgl. grundsätzlich Schmidt, „Die Bedeutung des Internets im US-Präsidentschaftswahlkampf 2008“, gesamte Ausarbeitung. 104 Vgl. Kepplinger, S.169/170, der auf das Skandalisierungspotential des Internets verweist, besonders wenn sich dies „Hobby-Journalisten“ (Kepplinger) und Blogger zunutze machen. 105 Hill, Handvoll Wähler, o.S. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 21 wie bei der 2000er Wahl zwischen Gore und Bush. Und wenn dann beide Kandidaten versuchen, diese vergesslichen Wähler davon zu überzeugen, dass der jeweilige Gegenkandidat der übelste Bursche seit Attila dem Hunnen ist.“106 5. Die Rekrutierung von Spitzenpersonal Teil 2: Der Nominierungskonvent Der Trend zur Verflachung der politischen Auseinandersetzung wird auch beim Blick auf den Abschluss der Vorwahlen bestätigt, der im Spätsommer eines Wahljahres erfolgt und in den offiziellen Konventen zur Kandidatenkür besteht.107 Auch diese als „Krönungsmesse“108 bezeichneten Parteiversammlungen sind als zirkushaftes Politikspektakel aufgezogen und bedienen mehr das Gefühl als den Verstand der TV-Zuseher.109 Beim diesjährigen Parteitag der Demokraten etwa, der Anfang September 2012 in Charlotte, North Carolina, stattfand, standen derart auf Publikumswirkung ausgerichtete Regievorgaben des Wahlkampfteams im Mittelpunkt, dass Kommentatoren die Veranstaltung als „Drei Tage Show für Obama“ überschrieben.110 Seinen zuletzt schwächelnden Umfragewerten gemäß, hielt sich Obama selbst eher zurück und verzichtete auf rhetorische Höhenflüge wie vor vier Jahren. In einem „Auftritt ohne Zauber“111 warb er eher bescheiden um Verständnis für seine Politik und mied alle Sachthemen, die ihn in einem ungünstigen Licht erscheinen lassen könnten (23 Millionen Arbeitslose, Erhöhung der Staatsverschuldung während seiner Amtszeit von 10,6 Billionen auf 16 Billionen US-Dollar, Fortbestand des Internierungslagers auf Guantanamo, das er zu schließen versprochen hatte etc.).112 Die Rolle des Begeisterung weckenden Einpeitschers übernahmen an seiner Stelle die First Lady Michelle Obama, die ihrem Mann eine effektvolle Liebeserklärung via Rednerpult machte, und 106 Ebd. 107 Dass sich die Bedeutung dieser Konvente insgesamt reduziert hat, seit es das System der Vorwahlen gibt, betont Mewes: „Bis zur Reformbewegung der 70er Jahre und der wachsenden Bedeutung der Vorwahlen war die Auswahl der Präsidentschaftskandidaten meist Angelegenheit der prominenten Führungskräfte der Partei, die ´hinter den Kulissen´ des Konvents ihre Abkommen trafen. Seitdem die Vorwahlen aber bereits vor Zusammentreffen des Konvents die Auswahl des Präsidentschaftskandidaten entscheiden, wurde die Funktion des Delegiertenkonvents auf eine durch das Fernsehen veröffentlichte Parteifeier und Selbstdarstellung der Parteiführung reduziert.“ Mewes, S.142. 108 Smith, American anomaly, S.34 etwa nennt den Nominierungskonvent explizit „coronation-like“. 109 Vgl. Hill, Wettstreit, S.1-3 der Online-Ausgabe. 110 Vgl. dazu den Artikel „Drei Tage Show“ vom 03.09.2012 (genaue Literaturangabe im Anhang). 111 So die Wertung des „Spiegel“ in seinem Online-Artikel vom 07.09.2012. Pitzke, o.S. 112 Vgl. ebd., sowie den Online-Artikel „US-Staatsverschuldung klettert auf Rekordmarke“ (genaue Angaben im Literaturverzeichnis). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 22 Bill Clinton. Der populäre Ex-Präsident, dem Umfragewerte eine viel höhere Siegchance als Obama attestieren, wenn er noch einmal kandidieren könnte113, ist mit der Erinnerung an eine boomende Wirtschaft, besonders an ein Jobwunder auf dem Arbeitsmarkt, verbunden und genießt höchstes Ansehen.114 Er stellte sich demonstrativ vor Obama, verteidigte ihn vehement und attackierte die Republikaner, die er als Hauptverantwortliche der gegenwärtigen Wirtschaftsmisere bezeichnete, von der ein Kommentator meinte, das sie wohl noch auf unabsehbar lange Zeit anhalte.115 Dem Show-Charakter der Veranstaltung entsprechend, berichteten die Medien auch über Regiepannen , zu denen es auf dem Parteitag in erstaunlichem Umfang kam. Sie brachten dessen Ablauf teilweise so durcheinander, dass der Konvent in der späteren Rückschau als schlechtes Omen erscheinen könnte, falls Obama am 6. November verliert. So sollte der als Parteitagshöhepunkt betrachtete Auftritt des Präsidenten am Schlusstag des Konvents ursprünglich im 73.000 Menschen fassenden Bank-of-America-Stadion Charlottes stattfinden . Aufgrund vorhergesagter heftiger Gewitter musste er jedoch unverhofft in die überdachte Time Warner Cable Arena verlegt werden, in der der Parteitag begonnen hatte und die nur über ein Viertel des Fassungsvermögens des Stadions verfügt. Bereits dieser Schönheitsfehler brachte die auf maximale Publikumswirkung zielenden Pläne der Wahlkampfstrategen des Weißen Hauses durcheinander116, was auch der Umstand tat, dass auf das abschließende Feuerwerk verzichtet werden musste, das nur im Stadion hätte abgebrannt werden können. Auch auf die als Alternative für die Halle übliche Freisetzung von Luftballons in den Landesfarben musste verzichtet werden, weil die Ballons so kurzfristig nicht in der benötigten Menge besorgt werden konnten.117 Als größte Panne in der Parteitagsdramaturgie waren jedoch die Buh-Rufe zu werten, mit der zahlreiche Delegierte auf die Ankündigung reagierten, auf Wunsch des Präsidenten solle wieder ein Gottesbezug ins Parteiprogramm aufgenommen und Jerusalem als Hauptstadt Israels erwähnt werden. Hierin sah die Parteilinke eine unstatthafte Annäherung an Grundpositionen der Repub- 113 Vgl. zu diesem hypothetischen, aber interessanten Befund Keller, Gruppenbild, S.2 der Online-Ausgabe. 114 Vgl. Hill, Wettstreit, S.2 der Online-Ausgabe. 115 Ebd. Dort heißt es: „Die größte Unbekannte [im Wahlkampf] ist jedoch nach wie vor die Wirtschaft, die sich in einem verheerenden Zustand befindet und auch für die nähere Zukunft keine Anzeichen der Stabilisierung erkennen lässt.“ 116 Vgl. Pitzke, S.1-4 der Online-Ausgabe. Eine weitere „Panne“ mit der Qualität eines schlechten Omens für die Wahl war der Tod eines Leibwächters von Obama auf einer Wahlveranstaltung unmittelbar nach dem Nominierungsparteitag. Vgl. dazu den Bericht „Polizist aus Obama-Konvoi stirbt bei Verkehrsunfall“ (genaue Angaben im Literaturverzeichnis). 117 Der Spiegel beschreibt diese Panne plastisch: „Zum Abschluss seiner Rede [Obamas] gibt es also weder ein Feuerwerk, wie im Stadion geplant, noch Luftballons in den Landesfarben, wie sonst im Saale üblich – es fehlte die Zeit, letzteres so kurzfristig noch zu organisieren. Stattdessen stellen die Organisatoren Konfettikanonen auf. Es ist ein deutlicher Kontrast zu den gigantischen Jubelszenen von 2008.“ Pitzke, S.4 der Online-Ausgabe. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 23 likaner118 und zerstörte mit ihrer vernehmlichen Empörung den Eindruck einträchtigen Zusammenhalts im Obama-Lager.119 Die Republikaner waren diesbezüglich erfolgreicher. Ihr Ende August in Tampa, Florida, durchgeführter Nominierungskonvent verlief reibungslos. Der seit Wochen in den Vorwahlen führende Mitt Romney wurde offiziell auf den Schild gehoben und zusammen mit seinem Vize- Präsidentschaftskandidaten Paul Ryan als „running mate“ zum Herausforderer Obamas gekürt.120 Der amerikanischen Erfahrung entsprechend, dass die Vorwahlen der Mobilisierung der eigenen Basis dienen sollen, der Hauptwahlkampf aber, der mit dem Nominierungskonvent eröffnet wird, auf die Gewinnung von Wählern der Mitte gerichtet sein muss121, nahm Romney eine gemäßigte Position ein. Er bezeichnete es als Fortschritt für Amerika, dass vor vier Jahren ein schwarzer Präsident gewählt worden sei und damit bewiesen wurde, dass die USA wirklich ohne Rassenvorurteile seien. Obamas Leistungsbilanz erklärte er jedoch für so schlecht, dass es im Interesse des Landes liege, ihm eine zweite Amtszeit zu verweigern. Für die Showelemente, von denen auch der Republikaner-Parteitag geprägt war, sorgten Romneys Ehefrau Ann, die wie Michelle Obama das Herz des Publikums zu erreichen versuchte, und der Auftritt von prominenten Künstlern, darunter der Schauspieler Jon Voight, Oscar-Gewinner und Vater von Angelina Jolie.122 Besonderes Aufsehen erregte Hollywood-Altstar Clint Eastwood mit einer elfminütigen Wahlrede für Romney, die Begeisterungsstürme bei den Delegierten auslöste, in der Presse aber auf gemischte Reaktionen stieß.123 Der Regisseur und Schauspieler, dessen liberale Ansichten ihn zu einer überparteilichen Ikone der amerikanischen Populärkultur machen und dessen Wort bei vielen Wechselwählern Gewicht hat, von denen der Ausgang der Wahlen hauptsächlich abhängt, erklärte in deutlicheren Worten als Romney, warum es einen Wechsel im Weißen Haus geben 118 Stanford Professor Russell Berman rechnet mit weiteren Enttäuschungen auf der Linken durch Obamas derzeitigen Kurs und hält es für möglich, dass Romney davon profitiert, wenn bisherige Obama-Anhänger dem Präsidenten am 6. November die Gefolgschaft verweigern. Vgl. Berman, Aufstand, S.1-3 der Online-Ausgabe. 119 Vgl. den Parteitagsbericht der dapd vom 06.09.2012 „Bill Clinton legt sich für Obama ins Zeug“. Hier heißt es: „Nicht alles verlief allerdings so glatt wie der Auftritt von Ex-Präsident Clinton. So ließ die Parteiführung gegen erheblichen Widerstand von Delegierten zuvor entfallene Bezüge auf Gott sowie Jerusalem als israelische Hauptstadt nachträglich wieder in das Parteiprogramm schreiben. Präsident Barack Obama habe die Rückkehr zu der alten Formulierung persönlich angeordnet, hieß es aus seinem Wahlkampfteam. Ein Teil der Basis widersetzte sich aber dem Willen der Parteiführung. In einer chaotischen Abstimmung per Akklamation war keine klare Mehrheit herauszuhören. Der Parteitagsvorsitzende Antonio Villaraigosa nahm den Antrag dennoch mit einer Zweidrittel-Mehrheit an. Viele Delegierte quittierten die Entscheidung mit Buh-Rufen.“ S.3 der Online-Ausgabe. 120 Zur Person Ryans vgl. Tausendfreund, S.2 der Online-Ausgabe. 121 Vgl. zu dieser Erfahrung Hill, Wettstreit, S.2 der Online-Ausgabe. Er spricht sogar von „Faustregel“ und fasst sie so zusammen: „Kümmere dich in den Vorwahlen um deine Basis und in den Hauptwahlen um die Mitte.“ 122 Vgl. Argetsinger/Rucker, o.S. und Hill, Wettstreit, S.1-2 der Online-Ausgabe. 123 Vgl. etwa Pitzke, S.3 der Online-Ausgabe und den Reuters-Artikel „Bizarrer Auftritt eines alten Mannes“, S.1-2 der Online-Ausgabe. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 24 müsse. Er bezichtigte Obama, dessen Wahl 2008 ihm zunächst willkommen gewesen sei, versagt zu haben. Der Präsident habe die meisten seiner Wahlversprechen gebrochen und sei verantwortlich für die ökonomische Krise des Landes und den Ansehensverlust der USA in der Welt. Obama könne seinem Land deshalb nur noch dadurch einen Dienst erweisen, dass er nun seinen Stuhl räume, wie Eastwood unter Verwendung eines berühmten Zitats („make my day“) aus einem seiner populärsten Filme am Ende seiner Rede ausrief und damit stehende Ovationen erntete.124 Dass er seinen Auftritt größtenteils als Zwiesprache mit dem Präsidenten konzipiert hatte, der durch einen leeren Stuhl repräsentiert wurde und dessen „stumme“ Antworten Eastwood dem Publikum „übersetzte“, ließ Kommentatoren von einem bizarren Auftritt des ehemaligen Western-Darstellers reden. Er habe „aus der Hüfte geschossen“ und dabei einen unerwartet heftigen Rückstoß erfahren. Damit waren die Reaktionen der Demokraten gemeint, die versuchten, Eastwoods Rede als belanglos abzutun.125 Ob ihnen dies gelingt, ist nach Ansicht politischer Beobachter offen. Die eigentliche Bedeutung der Eastwood-„Botschaft“, die im Internet umläuft und stark nachgefragt ist126, dürfte sich überhaupt erst nach dem 6. November ergeben. Je nach Wahlausgang127 könnte sie als peinlichster Beitrag eines Schauspielers auf politischem Parkett seit Marilyn Monroes Geburtstagsständchen für John F. Kennedy 1962 in die Geschichte eingehen oder, im Falle eines Romney-Sieges, Kultstatus erlangen und Eastwood den Ruf einbringen, nach Ronald Reagan der zweite Schauspieler gewesen zu sein, der einen Demokraten zum „One-Termer“ stempelte, also zum Präsidenten, der die Wiederwahl verfehlte. Wichtiger jedoch als diese Spekulation ist im Themenzusammenhang der vorliegenden Ausarbeitung die Tatsache, dass Eastwoods Auftritt überhaupt so viel Aufmerksamkeit erfährt. Auch Wochen nach den Nominierungsparteitagen interessieren sich die Medien und das allgemeine Publikum mehr für die Rede des Regisseurs und Schauspielers als für die Parteitagsbeschlüsse von Republikanern und Demokraten. Dies zeigt noch einmal den „Show“-Charakter des US- Wahlsystems in aller Deutlichkeit128 und lässt die seit Jahren wachsende Skepsis amerikanischer 124 Die Washington Post zitierte einen von Eastwood beeindruckten Beobachter der Rede folgendermaßen: “For him [Eastwood] to go out there and to say that there’s a need to change presidents and that he supports Mitt Romney and talk about 23 million people out of work as he did and talk about when someone doesn’t do their job you need to change, that’s a powerful message.” Argetsinger/Rucker, o.S. 125 Ebd., vgl. auch Berman, der in etwas anderem Zusammenhang darauf verweist, dass die Demokraten mit wachsender Nervosität und eindeutig „schriller als üblich“ auf alle Maßnahmen der Republikaner reagieren, da sie ein Kippen der Stimmung im Neutralen-Lager fürchten. Vgl. Berman, Schriller, S.1-2 der Online-Ausgabe. 126 Sie ist z.B. auf YouTube zu sehen unter folgendem Link: http://www.youtube.com/watch?v=Z2xLwWN07W4 (letzter Aufruf am: 11.09.2012). 127 Der nach Expertenmeinung hauptsächlich von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung bestimmt werden dürfte. Guido Goldman, der Direktor des Harvard Center of European Studies, befand im Mai 2012, dass Obama die Wahl nur bei einer spürbaren Belebung des Arbeitsmarktes gewinnen könne. Vgl. Goldmann, Wahlkampf, S.2 der Online-Ausgabe. Und Patrick Keller bemerkte mit ähnlicher Zielrichtung bereits im Frühjahr 2011 apodiktisch kurz: „Sollte im Herbst 2012 die Lage immer noch so finster sein, verliert Obama auch gegen eine Nullnummer als Kandidat – verbessert sich die Lage, gewinnt er in jedem Fall.“ Keller, Gruppenbild, S.4 der Online-Ausgabe. 128 Dies tut auch der von Hill betonte Strohfeuereffekt, der von den Konventen ausgeht, ihre „Wirksamkeit“ also ihrem oberflächlichen Inhalt gemäß relativiert: „Der Schub, den die Kandidaten üblicherweise nach den Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 25 Politikwissenschaftler hinsichtlich der Vernünftigkeit des eigenen Wahlverfahrens als durchaus berechtigt erscheinen. „U.S. presidential elections can have many twists and turns and seem to hinge on trivial incidents and personal foibles that have little to do with the candidates´ fitness for office, political skills, or views of public policy.” 129 Mit diesen Worten beklagt Raymond Smith, einer der besten Kenner der politischen Strukturen Amerikas, die beschriebenen „Anomalien“ des US-Wahlsystems und bezweifelt, dass es in dieser Form Vorbild für andere Länder sein könne.130 6. Fazit Eine im Herbst 2008 erstellte Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages untersuchte den damaligen Internet-Wahlkampf Barack Obamas und kam zu dem Ergebnis , dass sich dessen Erfolgs-Prinzipien keinesfalls eins zu eins auf Deutschland übertragen ließen. Die politischen Traditionen, kulturelle Besonderheiten etc. seien dazu in beiden Ländern zu verschieden.131 Dieses Ergebnis gilt bilanzierend auch für das hier untersuchte System der innerparteilichen Demokratie und Kandidatenauswahl in den USA. Trotz einer wachsenden Zahl von deutschen Befürwortern amerikanischer Wahlkampfformen erscheinen die strukturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den USA zu groß, um eine flächendeckende Nachahmung des amerikanischen Beispiels in der Bundesrepublik sinnvoll erscheinen zu lassen. Beobachter aus den USA warnen sogar vor einer Nachahmung amerikanischer Standards, halten sie es doch aktuell für ausgemacht, dass das eigene System selbst dringend verbesserungsbedürftig ist und Reformen eher benötigt, als zum Muster für Veränderungen in anderen Ländern zu taugen.132 So schreibt etwa der in vorliegender Ausarbeitung mehrfach erwähnte Politikexperte Steven Hill aus San Francisco, dass das US-System der Elitenselektion und der Präsidentschaftswahlen sich immer mehr einer „schachartigen Taktiererei“133 annähere, die einer Demokratie unwürdig sei, und zählt ausführlich die Mängel des US-Wahlsystems auf, dem er bescheinigt, mehr Unsinn als Sinn zu enthalten: Parteitagen in den Meinungsumfragen erfahren, lässt oft binnen weniger Wochen nach, insbesondere, wenn die TV-Duelle beginnen.“ Hill, Wettstreit, S.2 der Online-Ausgabe. 129 Smith, American anomaly, S.135. 130 Ebd. 131 Vgl. Schmidt, Bedeutung, passim. 132 Deshalb gibt es seit Jahren eine ernsthaft geführte, nach 2008 noch intensivierte Debatte über eine grundlegende Reform des US-Parteiensystems. Vgl. Jillson, S.188/189. 133 Hill, Handvoll Wähler, o.S. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 26 „Tatsache ist, dass für rund 40 der 50 Staaten jeder erfahrene politische Beobachter voraussagen kann, welcher der beiden Kandidaten gewinnen wird. Die meisten dieser Staaten sind entweder verlässlich ´blau´, also demokratisch, oder ´rot´, sprich republikanisch; sie verfügen über so viele Wähler eines Lagers, dass der Wahlausgang von vornherein feststeht.134 Staaten wie Kalifornien, New York und Illinois würden stets den Esel, das Parteisymbol der Demokraten, wählen statt dem republikanischen Elefanten ihre Stimme zu geben. Im Gegenzug ist in Texas, Georgia und Arizona jedem Republikaner der Sieg über den Demokraten sicher, komme, wer da wolle. Es gibt nichts, was die Kandidaten gegen diese eherne demografisch-politische Regel ausrichten könnten – es sei denn, es gelänge ihnen, den Gegner als Betrüger oder Sexualstraftäter zu entlarven.“135 Dies alles lässt Hill mit großer Sorge auf die diesjährigen Wahlen schauen und verursacht ihm schlaflose Nächte: „Besonders alarmierend ist dabei, dass es nicht nur eine Handvoll Bundesstaaten gibt, die über den Ausgang der Wahl entscheiden, sondern dass nur eine Handvoll unentschlossener Wähler in ebendiesen Staaten bestimmt, welcher Kandidat im jeweiligen Staat den Sieg davonträgt. Ein politischer Berater hat die so genannten ´Swing-Wähler´ einmal wie folgt beschrieben: ´Es sind diejenigen, die sich am wenigsten für Politik interessieren und am wenigsten darüber wissen, die erst in den letzten paar Tagen auf den Wahlkampf aufmerksam werden und deren Stimmen man abschreiben kann, sofern man sie nicht innerhalb von acht Sekunden mit umwerfenden und fesselnden TV-Spots einfängt.´“136 Ungeachtet dieser Bedenken kann trotzdem festgehalten werden, dass bestimmte Teil-Elemente des amerikanischen Systems auf Deutschland durchaus übertragbar wären, etwa die Idee, Spitzenkandidaten der Bundesparteien per Urwahl durch die Mitglieder bestimmen zu lassen. Dies wird auch von Kritikern für erwägenswert gehalten und erscheint mit den politischen Traditionen und der Kultur Deutschlands vereinbar.137 134 Diese Situation resultiert auch aus dem erfolgreichen „gerrymandering“ der von Demokraten und Republikanern gestellten Lokalregierungen, also dem passgenauen Zuschneiden der Wahlkreise. Dies geschah in den vergangenen Jahren so nachhaltig, dass in 85 % der Wahlkreise der Gewinn für eine Partei von vornherein so gut wie feststeht. Vgl. dazu grundlegend Smith, American anomaly, S.124 und Decker, S.133, der kommentiert: „In der Bundesrepublik würde dergleichen als ´schlechter Stil´ und Verstoß gegen die ´parlamentarische Ehrenpflicht´ gelten. Denn diese gebietet, ´dass die Mehrheit die Minderheit nicht überfährt, dass sich alle Fraktionen um eine faire gemeinsame Lösung [der Wahlkreiseinteilung] bemühen und dass die Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages kommt, also nicht der Exekutive überlassen wird´.“ 135 Hill, Handvoll Wähler, o.S. 136 Ebd. 137 Vgl. etwa Kiesewetter, passim und Decker, Parteienbundesstaat, S.161. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/074/12 Seite 27 7. Online-Quellen Die Wahl der Repräsentanten (Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten), www.house.gov [letzter Aufruf: 30.07.2012] und http://www.wahlrecht.de/ausland/house.html [letzter Aufruf: 25.07.2012]. Die Wahl der Senatoren (US-Senat), http://www.wahlrecht.de/ausland/senat.html [letzter Aufruf: 25.07.2012]. Die Wahl des Präsidenten der USA, www.whitehouse.gov [letzter Aufruf: 30.07.2012] und http://www.wahlrecht.de/ausland/us-praesident.html [letzter Aufruf: 25.07.2012]. 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