© 2014 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 056/13 Bestandsaufnahme zur Christenverfolgung weltweit Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien, der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) und des Christlichen Medienverbundes (KEP) Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 2 Bestandsaufnahme zur Christenverfolgung weltweit Positionen der im Bundestag vertretenen Parteien, der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) und des Christlichen Medienverbundes (KEP) Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 056/13 Abschluss der Arbeit: 01.08.2013 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte, Politik Telefon: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkungen 4 2. Umfang, Verbreitung und Ausprägungen der Christenverfolgung 5 3. Die Haltung der im Bundestag vertretenen Parteien zur Religionsfreiheit und zur Christenverfolgung 11 4. Die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) und ihr Engagement gegen die Christenverfolgung 13 5. Der Christliche Medienverbund (KEP) und seine Presseund Öffentlichkeitsarbeit zur Christenverfolgung 14 6. Literaturverzeichnis 16 7. Anhang 19 7.1. Tabellen 19 7.2. Schaubilder 19 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 4 1. Vorbemerkungen Der vorliegende Beitrag ist der Versuch einer Bestandsaufnahme zur weltweiten Diskriminierung und Verfolgung von Christen, der Haltung der im Bundestag vertretenen Parteien zu Religionsfreiheit und Christenverfolgung sowie dem Engagement der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) und des Christlichen Medienverbundes (KEP) gegen die weltweite Christenverfolgung. Als besonders schwierig hat sich der Umgang mit den von unterschiedlichen Stellen präsentierten Berichten und Zahlen zur gegenwärtigen Christenverfolgung sowie die unterschiedliche Interpretation und Bewertung der dort zusammengetragenen Informationen herausgestellt. Aus diesem Grund ist dem Kapitel zu Umfang, Verbreitung und Ausprägungen der Christenverfolgung eine kritische Erörterung der Quellenlage vorangestellt. Daran anschließend werden einige wichtige Informationsquellen zur Christenverfolgung näher vorgestellt und die dort gewonnenen zentralen Informationen und Erkenntnisse zum Thema präsentiert. Auf konkrete Zahlenangaben zum Ausmaß der Christenverfolgung weltweit und in einzelnen Ländern wird aufgrund der damit verbundenen Probleme, insbesondere der eingeschränkten Möglichkeiten ihrer Verifizierung, weitgehend verzichtet. Für die Haltung der im Bundestag vertretenen Parteien zur Religionsfreiheit und Christenverfolgung wurde aufgrund fehlender vergleichender Untersuchungen in erster Linie programmatische Materialien wie die aktuellen Partei- und Wahlprogramme zur bevorstehenden Bundestagswahl herangezogen und – soweit sie ermittelt werden konnten – sonstige Parteimaterialien zum Thema . Die Ausführungen zur Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) und zum Christlichen Medienverbund (KEP) stützen sich primär auf die Selbstdarstellungen beider Organisationen. Darüber hinaus konnte nur eine Veröffentlichung Dritter ermittelt werden, die sich wissenschaftlich mit den Zielen und Arbeitsweise dieser evangelikalen Organisationen beschäftigt und insbesondere auch ihre Netzwerke und personellen Verflechtungen zu anderen christlichen Organisationen untersucht.1 1 Einige Informationen konnten dem allerdings bereits 1997 erschienenen, von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) veranlassten Handbuch der evangelistisch-missionarischen Werke, Einrichtungen und Gemeinden. Deutschland, Österreich, Schweiz, hrsg. von Reinhard Hempelmann in Zusammenarbeit mit Ingrid Reimer und Ulrike Liebau entnommen werden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 5 2. Umfang, Verbreitung und Ausprägungen der Christenverfolgung In 64 Ländern, mithin einem Drittel der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, gibt es derzeit keine bzw. nur eine sehr eingeschränkte Religionsfreiheit. In diesen Staaten leben rund zwei Drittel der Weltbevölkerung.2 Die Verfolgung und Diskriminierung von Christen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Christen zählen weltweit zu der aus religiösen Gründen am häufigsten verfolgten Personengruppe. Es bereitet jedoch große Schwierigkeiten, sich einen Überblick über das genaue Ausmaß der Christenverfolgung zu verschaffen.3 Die von den Medien und der Fachliteratur präsentierten Zahlen , auf die auch Wissenschaftler, Journalisten und Politiker gerne zurückgreifen, werden meist nicht näher erläutert und sind in der Regel nicht nachprüfbar. Sie stellen vorwiegend das Ergebnis von Schätzungen dar und sind nicht selten politisch motiviert. Der Sprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Max Klingberg, kommt in seiner Beurteilung des Umgangs mit Zahlen zur weltweiten Diskriminierung und Verfolgung von Christen zu der Feststellung , dass diese häufig zu hoch gegriffen seien und viel zu unkritisch verwendet und verbreitet würden. Er stellt fest: „Zahlen werden insbesondere im Kontext von Christen und Muslimen als Munition in ideologischen Grabenkämpfen ‚geschätzt‘ und missbraucht.“4 Große Vorbehalte gegenüber Angaben zur Anzahl der Todesopfer bei gegen Christen gerichteter Gewaltkriminalität äußert der Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit der weltweiten Evangelischen Allianz, Thomas Schirrmacher. Im Rahmen seiner kritischen Auseinandersetzung mit den hierzu genannten, nach seiner Einschätzung viel zu hohen Zahlen legt er vielfältige Gründe dar, warum es derzeit unmöglich sei, bei der Zahl christlicher Märtyrer zu realistischen Schätzungen zu gelangen.5 Das Problem von Zahlen und Schätzungen thematisiert Max Klingberg in seiner Bestandsaufnahme zur Diskriminierung und Verfolgung von Christen für die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) besonders anschaulich am Beispiel Ägypten. Bei einer 2008 vor Ort vorgenommenen Befragung unter Missionaren, Konvertiten. Gemeindeleitern u.a. nach der möglichen Zahl von Konvertiten im Land erhielt er Angaben von „gewiss über 300“ bis zu „etwa zwei Millionen“.6 Im Zusammenhang mit seinen Recherchen zur Herkunft der auch in Deutschland kursierenden Zahl von 100 000 Christen, die im Gefolge der Ägyptischen Revolution das Land verlassen hätten, ermittelte er den Bericht eines koptischen Anwalts, der diese Angaben enthielt. 2 Vgl. Schirrmacher, Thomas (2013). Religionsfreiheit und Christenverfolgung, in: Evangelische Verantwortung, Heft 3-4/2013, S. 8. 3 Vgl. hierzu auch Klingberg, Max (2012). Verfolgung und Diskriminierung von Christen. Ein Überblick, in: Schirrmacher, Thomas; Klingberg, Max; Kubsch, Ron (Hrsg.). Märtyrer 2012. Das Jahrbuch zur Christenverfolgung heute, Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft, S. 198-215. 4 Klingberg, Max (2012), S. 202. 5 Vgl. Schirrmacher, Thomas (201?).Zu der Zahl der Christen, die pro Jahr wegen ihres Glaubens getötet werden: http://www.igfm.de/themen/religionsfreiheit/todesopfer/ (Abruf: 09.07.2013). 6 Vgl. Klingberg (2012), S. 200f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 6 Mit den Zweifeln ägyptischer Christen gegenüber diesen Zahlen konfrontiert, denen die Schwierigkeiten vertraut sind, das Land zu verlassen, zog der Anwalt sich darauf zurück, dass sie auf Schätzungen von Kopten in den USA basierten, die ihm übermittelt worden seien.7 Hinzu kommt, dass sehr schwierig zu definieren ist, was noch als „Diskriminierung“ von Christen bezeichnet werden kann und was als Christenverfolgung bezeichnet werden muss. Nach diesen Vorbemerkungen sollen kurz einige wichtige Informationsquellen zum Thema vorgestellt und anschließend die neuesten Erkenntnisse zur Christenverfolgung weltweit präsentiert werden. Aktuelle Informationen zur Einschränkung der Religionsfreiheit und zur Christenverfolgung werden von überstaatlichen, staatlichen, nichtstaatlichen und kirchlichen Stellen verbreitet . Sie finden sich in den Meldungen von Nachrichtenagenturen sowie in zahlreichen Informationsportalen im Internet. Beispiele für Letzteres sind die ins Netz gestellten Länderberichte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI)8 oder die Beiträge auf der Homepage der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)9 sowie christlicher Hilfsorganisationen wie Open Doors10, Christian Solidarity International Deutschland11, Kirche in Not12 oder der missionarische Nachrichtendienst der katholischen Kirche Fides13. Neben aktuellen Informationen werden zahlreiche periodisch erscheinende Berichte zum Thema. veröffentlicht. Hierzu zählen die seit 1986 jährlich angefertigten Berichte des UN- Sonderberichterstatters für Religion- und Weltanschauungsfreiheit (Report of the Special Rapporteur on Freedom of Religion or Belief).14 Seit 2001 gibt das Außenministerium der Vereinigten Staaten den „Report on International Religious Freedom“ heraus15, der Informationen zu 200 Staaten und Territorien enthält und nach Einschätzung des UN-Sonderberichterstatters für Religion- und Weltanschauungsfreiheit, Heiner Bielefeldt, die derzeit umfangreichste Materialsammlung zum Thema enthält. Fundierte Erkenntnisse enthalten die Studien des Forum on Religion and Political Life bei dem in Washington ansässige Pew Research Center (PEW).16 Kennzeichnend für die erwähnten Beiträge ist, dass sie die Einschränkungen und Verletzungen der 7 Klingberg, Max (2012), S. 199. 8 http://www.amnesty.de/laenderberichte (Aufruf: 09.07.2013). 9 http://www.igfm.de/themen/religionsfreiheit/ (Aufruf: 09.07.2013). 10 http://www.opendoors.de/verfolgung/ (Aufruf: 09.07.2013). 11 http://www.csi-de.de/glaubensverfolgte.php (Aufruf: 09.07.2013).. 12 http://www.kirche-in-not.de/was-wir-tun/christen-in-bedraengnis-und-verfolgung (Aufruf: 09.07.2013). 13 http://www.fides.org/de. (Aufruf: 29.07.201). 14 Alle bisher erschienen Berichte können online abgerufen werden: http://www.ohchr.org/EN/Issues/FreedomReligion/Pages/Annual.aspx (Aufruf: 29.07.2013). 15 http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/ (Aufruf: 29.07.2013). 16 http://www.pewforum.org/category/publications/restrictions-on-religion/ (Aufruf: 15.07.2013). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 7 Religionsfreiheit für alle Religionen untersuchen, womit sie sich grundlegend von den nachfolgend vorgestellten, von christlichen Organisationen vorgelegten Studien unterscheiden, in denen es vorrangig oder ausschließlich um die Diskriminierung und Verfolgung von Christen geht. Hierzu zählen der seit 1993 jährlich von dem überkonfessionellen christlichen Hilfswerk Open Doors vorgelegte Weltverfolgungsindex (WVI)17, der von dem internationalen katholischen Hilfswerk Kirche in Not herausgegebene Bericht „Religionsfreiheit weltweit“18 sowie der gerade von der Katholischen Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorgelegte erste „Ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit“19. Von ihrem Aufbau her lassen sich zwei Arten von Berichten unterschieden. Zum einen gibt es Beiträge, die in erster Linie die konkrete Situation in den einzelnen Ländern beschreiben. Hierzu zählen die Reportagen der US-Regierung und der Bericht von Kirche in Not. Daneben gibt es Studien , in denen mehr die strukturellen Merkmale und Erscheinungsformen der Einschränkungen von Religionsfreiheit im Mittelpunkt stehen. Das gilt z.B. für die Studien des Pew Research Centers . Eine Mischform stellt der gemeinsame Bericht der beiden großen deutschen Kirchen dar. In Deutschland wird zur Ermittlung von Ausmaß und Formen der weltweiten Christenverfolgung besonders häufig auf den Weltverfolgungsindex zurückgegriffen. Er enthält eine Rangliste der 50 Länder, in denen Christen nach eigenen Erhebungen am meisten diskriminiert und verfolgt werden 20, sowie relativ ausführliche Berichte zur dortigen Lage von Christen. Informationen über die Art und Weise der Entstehung des Weltverfolgungsindex gibt Open Doors, das in vielen Ländern „im Untergrund“ arbeitet, nur spärlich.21 Ausführungen zum methodischen Vorgehen bei der Informationsbeschaffung und Informationsauswertung werden nur rudimentär gemacht. Die Zahl der Christen, die weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt werden, wird im Weltverfolgungsindex auf rund 100 Millionen geschätzt.22 Die Bestandsaufnahme von Kirche in Not berichtet in ihren 196 Länderberichten über Fakten und Ereignisse und verzichtet auf ein Länderranking. Die fundierten Berichte enthalten Informationen zu den rechtlich-institutionellen Rahmenbedingungen, Hinweise auf Veränderungen im Berichtszeitraum sowie Beispiele von Intoleranz und Verfolgung gegenüber religiösen Gruppen 17 Vgl. Open Doors (2013). Weltverfolgungsindex 2013. Wo Christen am stärksten verfolgt werden; http://www.opendoors.de/downloads/wvi/wvi_2013.pdf (Abruf: 09.07.2013). 18 Kirche in Not (Hrsg.) (2013). Religionsfreiheit Weltweit. Bericht 2012, Königstein im Taunus; online abrufbar unter: http://www.christenverfolgung.org/sites/all/themes/christenverfolgung/download/Religionsfreiheit_2012_DE.p df (Abruf: 25.07.2013). 19 Vgl. Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (Hrsg.) (2013). Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013. Das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit : Bedrohungen, Einschränkungen, Verletzungen. Bonn, Hannover; online abrufbar unter: http://www.ekd.de/download/religionsfreiheit_christen_weltweit_2013_07_01.pdf (Abruf: 09.03.2013). 20 Vgl. Weltverfolgungsindex 2013, S. 5, beigefügt im Anhang. 21 Vgl. Weltverfolgungsindex 2013, S. 2f. 22 Vgl. Weltverfolgungsindex 2013, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 8 durch Behörden und andere religiöse Gruppierungen. Der Umgang mit Zahlen wird problematisiert , die herangezogenen Quellen ausführlich dokumentiert und die Herkunft der verwendeten Zahlen offen gelegt. Die jüngste Veröffentlichung zum Thema, der „Ökumenische Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit“, wurde von Theodor Rathgeber vom Institut für Interkulturelle Kompetenz und Didaktik e.V. (IIKD) erarbeitet, der auch als Menschenrechtsexperte an der Universität Kassel lehrt. Für den Bericht wurde keine eigene Feldforschung betrieben, sondern auf die Datenbasis und die Forschungsergebnisse des Pew Research Center zurückgegriffen und diese unter eigenen Fragestellungen ausgewertet. Der Bericht enthält umfangreiche Ausführungen zu Begrifflichkeit und Methodik. Die Studie bleibt nicht nur auf die Verfolgung und Diskriminierung von Christen beschränkt, sondern verortet diese in den Kontext einer weltweit wachsenden Bedrohung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit.23 Sie berücksichtigt auch die nichtchristlichen Religionen . Im Gegensatz zu dem Bericht „Religionsfreiheit weltweit“ wo sich die primäre Ausrichtung auf die Lage der Christen aus dem Platz ergibt, der ihnen dort eingeräumt wird, erwähnt der ökumenische Bericht in seinem Resümee ausdrücklich seinen auf die Lage von Christen gerichteten Fokus.24 Der von beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland initiierte Bericht geht auf Distanz zu den in Umlauf befindlichen Zahlen zur Christenverfolgung.25 In ihrem gemeinsamen Geleitwort erklären der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, und der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider: „Der vorliegende ‚ökumenische Bericht‘ geht eher zurückhaltend mit den ‚Opferzahlen‘ um. Wissenschaftliche Redlichkeit gebietet es anzuerkennen, dass alle diesbezüglichen Schätzungen sowohl angesichts fehlender oder ungenauer Informationen als auch wegen der Komplexität der Situation nur schwer belegbar sind. Stattdessen treten in dem Bericht die ‚Strukturen‘ und ‚Muster‘, die Gründe und Hintergründe verweigerter Religionsfreiheit deutlich hervor.“26 Trotz der unterschiedlichen Informationen zu Umfang und Ausmaß der weltweiten Christenverfolgung kommen die hier vorgestellten Bestandsaufnahmen wie auch viele andere Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen, die sich mit dem Thema beschäftigen, zu dem Ergebnis, dass unter allen Religionsgemeinschaften weltweit die Christen am meisten diskriminiert und verfolgt werden. Nach der Studie des Pew Research Center wird die Religionsfreiheit von Christen derzeit 23 Vgl. Schaubild „Restriktionen (Einschränkungen) der Religionsfreiheit weltweit“, Ökumenischer Bericht DBK/EKD 2013, S. 11, beigefügt im Anhang. 24 Vgl. Ökumenischer Bericht DBK/EKD 2013, S. 53. 25 Vgl. hierzu auch den Bericht über die Pressekonferenz anlässlich seiner Präsentation von Matthias Kamann: Christen werden am schärfsten verfolgt, in: Die Welt, 02.07.2013 sowie den Bericht und Kommentar von Anna Lutz im zentralen evangelikalen Medienmagazin pro: „Ökumenischer Bericht. Christenverfolgung nimmt zu“: http://www.pro-medienmagazin.de/?id=nachrichten&news[action]=detail&news[id]=6809 (Abruf: 09.07.2013) bzw. „Interessengeleitet gegen Interessen“, in: pro – Christliches Medienmagazin: http://www.promedienmagazin .de/?id=kommentar&news[action]=detail&news[id]=6810 (Abruf: 09.07.2013). 26 Ökumenischer Bericht DBK/EKD 2013, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 9 in 111 Ländern eingeschränkt.27 Staatlichen Behinderungen sind sie in 95 Ländern ausgesetzt, gesellschaftlichen Anfeindungen in 77 Ländern.28 Beides kann zusammen auftreten. Obwohl keine der großen Religionsgemeinschaften einen so hohen Prozentsatz an Mitgliedern aufweist, die von ständigen Schikanen bis hin zur Bedrohung von Leib und Leben betroffen sind, gilt es in diesem Zusammenhang jedoch nach Thomas Schirrmacher auch festzuhalten, dass gleichzeitig der Anteil der Mitglieder, die unbehelligt ihre Religionsfreiheit leben können, bei keiner der großen Religionsgemeinschaften so hoch ist wie beim Christentum.29 Was die regionale Ausbreitung der Christenverfolgung betrifft, so lassen sich zwei Gruppen von Staaten ausmachen, die die Religionsfreiheit allgemein und die Entfaltungsmöglichkeit von Christen in besonderem Maße einschränken.30 Das sind zum einen die bestehenden Staaten sozialistisch kommunistischer Prägung China, Kuba, Laos, Nordkorea und Vietnam sowie die marxistisch orientierten Regierungen in Eritrea und in Zimbabwe. Zum anderen handelt es sich um Staaten mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit, wie z.B. Afghanistan, Ägypten, Indonesien , Irak, Iran, Jemen, die Malediven, Mali, Saudi-Arabien, Somalia, Syrien und der Sudan. Sie stellen gegenwärtig die Mehrheit der Länder, in denen Christen wegen ihres Glaubens diskriminiert und verfolgt werden. Darunter sind alle Länder der zehn vordersten Plätze im Ranking des nur die Einschränkung der Religionsfreiheit von Christen berücksichtigenden Weltverfolgungsindex von Open Doors: Nordkorea (Platz 1), Saudi-Arabien (Platz 2), Afghanistan (Platz 3), Irak (Platz 4), Somalia (Platz 5), Malediven (Platz 6), Mali (Platz 7), Iran (Platz 8), Jemen (Platz 9) und Eritrea (Platz 10).31 Acht der ersten zehn Länder auf dem Index sind islamisch geprägt. Die von dem internationalen christlichen Hilfswerks Christian Solidarity International ins Internet eingestellte „Weltkarte zur Religionsfreiheit“32, in der die Länder, in denen Christen diskriminiert und verfolgt werden, in sieben Kategorien unterteilt sind, listet unter der Kategorie „dauernde schwerste Verletzungen der religiösen Grundfreiheiten“ Nordkorea und Saudi-Arabien auf. Als Länder mit „schweren Verletzungen der religiösen Grundfreiheiten“ werden Afghanistan, Algerien , Eritrea, Irak, Iran, Malediven, Mali, Myanmar, Somalia, Sudan und Tibet benannt, als Staaten, die von „teilweise schweren Verletzungen der religiösen Grundfreiheiten“ betroffen sind, Ägypten , China, Jemen, Kuba, Laos, Mauretanien, Nigeria, Nord-Zypern, Pakistan, die Republik Sahara , Syrien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam. Alle Studien bestätigen den Befund, dass die 27 Vgl. die Statistik „Number of Countries where Religious Groups were Harassed by Year”, Pew Research Center /Pew Forum on Religion and Public Life (2012). Rising Tide of Restrictions on Religion, S. 22, beigefügt im Anhang. 28 Vgl. die Statistik „Number of Countries where Religious Groups were Harassed by Type of Harassment“, Pew Research Center/Pew Forum on Religion and Public Life (2012). Rising Tide of Restrictions on Religion, S. 24, beigefügt im Anhang. 29 Vgl. Schirrmacher, Thomas (2013), S. 13. 30 Vgl. den „Government Restriction Index“, Pew Research Center/Pew Forum on Religion and Public Life (2012). Rising Tide of Restrictions on Religion, S. 52ff. sowie das Schaubild „Länder mit einem hohen Maß an Restriktionen durch Regierungshandeln“, Ökumenischer Bericht DBK/EKD 2013, S. 24, beide beigefügt im Anhang. 31 Vgl. Weltverfolgungsindex 2013, S. 5, beigefügt im Anhang. 32 http://www.csi-de.de/weltkarte_religionsfreiheit.php (Abruf 31.07.2013) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 10 Lage von Christen sich in den letzten Jahren vor allen Dingen in zahlreichen islamisch geprägten Ländern verschlechtert hat. Unabhängig von der Politik und dem Verhalten ihrer Regierungen können Gesellschaften, in denen christliche Minderheiten leben, gegenüber diesen positiv, neutral oder feindselig eingestellt sein.33 Während z.B. in China Kirchen und andere christliche Religionsgemeinschaften durch staatliche Stellen überwacht und stark reglementiert werden, lässt sich innerhalb der chinesischen Gesellschaft keine spürbare Feindschaft gegenüber Christen feststellen. Andererseits kann die Verfolgung christlicher Minderheiten auch von der Mehrheitsgesellschaft ausgehen und nicht von staatlichen Stellen, wie die schwersten Übergriffe in der Geschichte der indischen Christen durch Hindus 2008 gezeigt haben. Staatliche Einschränkungen äußern sich in dem Verbot christlicher Kirchen und Religionsgemeinschaften , in der Einschränkung oder Verneinung von Religionsfreiheit, in der Verweigerung oder Begrenzung eines Wechsels der Religion, oder in der Regulierung des Umgangs mit religiösen Symbolen. Gesellschaftliche, teilweise von Gewalt begleitete Anfeindungen von Christen gehen vom Mob, dem sozialen Umfeld, der Familie oder auch von Einzelpersonen aus. Hierzu zählen auch die Anschläge der meist religiös motivierten Terrorgruppen oder die Belästigung von Frauen wegen Nichtbeachtung religiöser Kleidervorschriften. Maßnahmen, die Christen als Religionsgemeinschaft diskriminieren34, sind die Behinderung bzw. das Verbot von religiösen Handlungen wie Gebeten, Gottesdiensten und Prozessionen sowie das Verbot, Kirchen zu bauen oder zu renovieren. Hierzu können auch die Behinderung oder das Verbot der Missionierung durch Wort und Schrift sowie die Einrichtung und der Betrieb karitativer Einrichtungen gezählt werden. Auf der personellen Ebene werden Christen diskriminiert, indem sie staatlich registriert, überwacht und ihnen die Bürgerrechte vorenthalten werden, sie bei der Vergabe von Arbeitsplätzen nicht zugelassen oder benachteiligt, ihnen private Geschäftsgründungen verboten, oder erschwert und sie bei der Vergabe von Wohnungen, bei Gerichtsverfahren und in Erbschaftsangelegenheiten benachteiligt werden. Die Verfolgung von Christen drückt sich aus in ihrer staatlichen Überwachung, ihrer Verhaftung oder in gesellschaftlichen Übergriffen wegen ihres Glaubens. Sie ist teilweise von Schikanen und Gewaltanwendungen bis hin zum Mord begleitet. Sie kann auch Vertreibungen aus ihrer angestammten Heimat umfassen. Weiterhin zählt zur Christenverfolgung die Schließung und Zerstörung von Gotteshäusern. Die Übergänge zwischen Diskriminierung und Verfolgung sind teilweise fließend. 33 Vgl. den „Social Hostilities Index“, Pew Research Center/Pew Forum on Religion and Public Life (2012). Rising Tide of Restrictions on Religion, S. 55ff. sowie das Schaubild „Länder mit einem hohen Maß an Restriktionen durch soziale Anfeindungen“, Ökumenischer Bericht DBK/EKD 2013, S. 28, beide beigefügt im Anhang. 34 Vgl. Schaubild „Restriktionen (Einschränkungen) der Religionsfreiheit weltweit“, Ökumenischer Bericht DBK/EKD 2013, S. 12, beigefügt im Anhang. Die dort gemachten konkreten Zahlenangaben zur Anzahl der Länder bei den unterschiedlichen Arten der Einschränkungen und Behinderungen der Religionsfreiheit umfassen alle Religionen und nicht nur das Christentum. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 11 Die Ursachen der Christenverfolgungen sind häufig vielschichtig und nicht nur religiöser Natur. Meist kommen mehrere Faktoren zusammen. Dabei können auch politische, kulturelle, nationalistische , wirtschaftliche sowie persönliche Motive eine Rolle spielen. Nicht selten bekommen ursächlich nichtreligiöse gesellschaftliche Konflikte eine religiöse Komponente und versuchen sich mittels Gewalt gegenüber religiösen Minderheiten wie den Christen zu entladen. Verstärkten Verfolgungen sind insbesondere Konvertiten und Missionare ausgesetzt. Konvertiten stellen in islamisch geprägten Staaten nicht nur eine Brüskierung der Staatsmacht dar, weil in deren Verständnis die Abkehr vom Islam häufig einem Hochverrat gleichkommt, sondern im Selbstverständnis muslimisch geprägter Gesellschaften z.B. auch für die Familie. Ob es eine generelle und typische Verfolgungssituation für Christen gibt, die sich grundlegend von derjenigen gegenüber anderen Religionen unterscheidet, lässt sich nach den bisherigen Erkenntnissen zur weltweiten Einschränkung der Religionsfreiheit nach Auffassung des Verfassers des ökumenischen Berichts zur Religionsverfolgung der beiden großen Kirchen in Deutschland nicht eindeutig beantworten.35 3. Die Haltung der im Bundestag vertretenen Parteien zur Religionsfreiheit und zur Christenverfolgung In ihren programmatischen Verlautbarungen und sonstigen Parteimaterialien bekennen sich alle im Bundestag vertretenen Parteien zur Religionsfreiheit. In den aktuellen Wahlkampfprogrammen zur bevorstehenden Bundestagswahl wird sie vor allen Dingen im Kontext der Menschenrechte behandelt.36 SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen thematisieren die Bedeutung der Religionsfreiheit auch im Rahmen ihrer Vorstellungen zur gesellschaftlichen Integration von Ausländern und Migranten. Sozialdemokraten, Liberale, Grüne und Linke sehen die Religionsfreiheit als Ausdruck individueller Selbstentfaltung, die es zu sichern und zu schützen gilt. Dabei machen sie keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Religionen. Diese werden vielmehr alle als gleichrangig angesehen . Die christlich-demokratischen Parteien legen mehr Gewicht darauf, dass die christlichen Wurzeln unserer Gesellschaftsordnung bewahrt und gefördert werden müssen. Sie bekennen sich ebenfalls zur grundgesetzlich garantierten Freiheit des Glaubens und ungestörten Religionsausübung . Sie heben allerdings die Rolle des Christentums hervor. So heißt es im aktuellen Parteiprogramm der CDU: „Christliche Symbole müssen im öffentlichen Raum sichtbar bleiben. Sie sind ebenso zu schützen wie die christlich geprägten Sonn- und Feiertage.“37 Im aktuellen 35 Vgl. Ökumenischer Bericht DBK/EKD 2013, S. 10ff. 36 Vgl. hierzu für die CDU/CSU: Gemeinsam erfolgreich für Deutschland, Regierungsprogramm 2013 – 2017, S. 121; für die SPD: Das wir entscheidet. Das Regierungsprogramm 2013 – 2017, S. 50, S. 58; für die FDP: Bürgerprogramm 2013. Damit Deutschland stark bleibt. Nur mit uns, S. 46, S. 87.; für Die Linke: 100% sozial. Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013, S. 40, S.85; für Bündnis 90/Die Grünen: Zeit für den Grünen Wandel. Teilhaben, einmischen, Zukunft schaffen, S. 228, S. 305. 37 CDU (2007).Freiheit und Sicherheit. Grundsätze für Deutschland, S. 87. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 12 Grundsatzprogramm der CSU wird ausgeführt: „Der christliche Religionsunterricht und das Kreuz in den Klassenzimmern und in allen öffentlichen Gebäuden sind unverzichtbar. […] Unser Staat beruht auf Werten, die er selbst nicht schaffen kann. Deshalb müssen die christlichen Wurzeln unserer Gesellschaftsordnung bewahrt und gefördert werden.“38 Im Hinblick auf Erziehung und Bildung heißt es an anderer Stelle: „Die junge Generation soll das christlich-abendländische Wertefundament als Kompass für das Leben begreifen […]. Der christliche Religionsunterricht bildet die Grundlage einer werteorientierten Erziehung und schafft die Voraussetzungen für den Dialog der Kulturen. Deshalb bekennen wir uns zum Religionsunterricht als Pflichtfach.“39 Die FDP hebt hervor, dass für sie Religionsfreiheit auch die negative Religionsfreiheit umfasst und damit das Recht, keine Religion zu haben und in keiner Weise an religiösen Handlungen teilnehmen zu müssen. Sie erwähnt in diesem Zusammenhang explizit auch den Atheismus und agnostische Weltanschauungen. Die weltweite Christenverfolgung spielt in den programmatischen Materialien von SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke keine Rolle. Anders ist dies bei den Unionsparteien. Hier wird sie im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU/CSU explizit erwähnt.40 Auch die FDP spricht sich in ihrem aktuellen Wahlprogramm allgemein gegen die Verfolgung und Diskriminierung religiöser Minderheiten auf der Welt aus41, verzichtet aber darauf, die Verfolgung von Christen besonders hervorzuheben. In der Politik der Unionsparteien spielt das Engagement gegen die Christenverfolgung in den letzten Jahren eine wichtige Rolle. So hat die Bundestagsfraktion der CDU/CSU mehrere Anträge ins Parlament eingebracht mit dem Ziel einer Befassung des Deutschen Bundestages mit der Missachtung der Religionsfreiheit in zahlreichen Ländern sowie der Zunahme der weltweiten Christenverfolgung.42 Im Ergebnis der von ihr in der aktuellen Wahlperiode initiierten Parlamentsdebatte , in der insbesondere der Schwerpunkt der Unionsfraktion auf den Schutz der christlichen Minderheiten in islamischen Ländern kontrovers diskutiert wurde, erging die Aufforderung an die Bundesregierung, sich weltweit für Religions- und Glaubensfreiheit einzusetzen . Im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit haben die Unionsparteien – im Gegensatz zu den anderen im Bundestag vertretenen Parteien – auch eigenständige Veröffentlichungen zur weltweiten Ver- 38 CSU (2007). Grundsatzprogramm der Christlich-Sozialen Union in Bayern. Chancen für alle! In Freiheit und Verantwortung gemeinsam Zukunft gestalten, S. 29. 39 CSU (2007). Grundsatzprogramm der Christlich-Sozialen Union in Bayern. Chancen für alle! In Freiheit und Verantwortung gemeinsam Zukunft gestalten, S. 82f. 40 Vgl. CDU/CSU (2013). Gemeinsam erfolgreich für Deutschland. Regierungsprogramm 2013 – 2017, S. 121. 41 Vgl. FDP (2013). Bürgerprogramm 2013, S. 87. 42 Vgl. z.B. die Bundestagsdrucksache 16/3608 vom 29.11.2006 zur Solidarität mit verfolgten Christen und anderen verfolgten religiösen Minderheiten sowie die Bundestagsdrucksache 17/2334 vom 30.06.2010 zum weltweiten Schutz der Religionsfreiheit. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 13 folgung und Diskriminierung von Christen vorgelegt.43 Die Dokumentation konkreter Fälle von Christenverfolgung ist auch ein zentraler Gegenstand des Internetauftritts der Bundestagsfraktion von CDU/CSU zum Thema Kirche und Religion.44 Weiterhin haben die Konrad-Adenauer-Stiftung sowie die Hanns-Seidel-Stiftung Tagungen bzw. Expertengespräche zur weltweiten Christenverfolgung durchgeführt und die dort gehaltenen Vorträge bzw. ihre Ergebnisse veröffentlicht.45 Mit der Lage der Christen in der islamischen Welt hat sich auch eine von der Friedrich Ebert-Stiftung durchgeführte Tagung beschäftigt.46 Im Hinblick auf die verwendeten Zahlen zur weltweiten Christenverfolgung stützt sich die CDU/CSU in ihren Materialien vor allen Dingen auf die Angaben und Schätzungen der von Open Doors sowie auf die von dem christlichen Medienverbund KEP verbreiteten Zahlen. 4. Die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) und ihr Engagement gegen die Christenverfolgung Die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) ist ein Netzwerk von evangelisch-reformatorisch gesinnten Christen aus verschiedenen lokalen Gemeinden, Werken und Organisationen, aus Landes - und Freikirchen sowie sonstigen evangelikalen Religionsgemeinschaften und Einrichtungen. Sie hat ihren Sitz in Bad Blankenburg (Thüringen). Die DEA gibt das Quartalsmagazin „EiNS“ heraus. Theologische Basis der DEA ist eine traditionelle Interpretation der reformatorischen Bekenntnisse . Ihre Glaubensgrundsätze stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.47 Die DEA betont die 43 Vgl. z.B. folgende Broschüren: Für Religionsfreiheit und den Schutz von Christen. Das „C“ ist für uns Programm (November 2012); Unsere Politik. Religionsfreiheit verteidigen, Christen schützen (Januar 2011). 44 Vgl. hierzu die dortige Themenseite zu Kirche und Religion: http://www.cducsu.de/Titel__kirche_und_religionen/TabID__13/SubTabID__99/ThemenID__5000/StichwortID_ _72000/Inhalte.aspx (Abruf: 10.07.2013) 45 Vgl. z.B. die Tagung der Akademie für Politik und Zeitgeschehen bei der Hanns-Seidel-Stiftung zum Thema „‚Sie werden Euch hassen‘…Christenverfolgung weltweit“ vom 16. Juli 2007. Die Konferenzbeiträge sind veröffentlicht : Hildmann, Philipp W. (Hrsg.) (2007). ‚Sie werden Euch hassen‘…Christenverfolgung weltweit. München 2007: Hanns Seidel Stiftung (Reihe Argumente und Materialien zum Zeitgeschehen, Heft 59), online abrufbar unter: http://www.hss.de/uploads/tx_ddceventsbrowser/AMZ59_Christenverfolgung_01.pdf (Abruf: 15.07.2013). Vgl. weiterhin das von der Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam vom Stephanuskreis der Bundestagsfraktion von CDU/CSU im Deutschen Bundestag am 11. Mai 2011 durchgeführten Expertengespräch „Religionsfreiheit als Schwerpunkt deutscher Menschenrechtspoltik“ Hierzu hat die Konrad-Adenauer-Stiftung in der Reihe „Im Plenum Kompakt“ unter dem gleichen Titel einen zusammenfassenden Bericht vorgelegt: http://www.kas.de/wf/doc/kas_23204-544-1-30.pdf?110630154650 (Abruf: 10.07.2013). 46 Zu der am 17. April 2012 unter dem Titel „Christen in der islamischen Welt. Geduldet, diskriminiert, verfolgt“ in Berlin durchgeführten Veranstaltung konnte kein veröffentlichter Tagungsband oder ähnliches ermittelt werden . 47 Zur ihrer Glaubensbasis und zu ihrem Selbstverständnis vgl. die entsprechenden Ausführungen auf ihrer Homepage: http://www.ead.de/die-allianz/basis-des-glaubens.html sowie http://www.ead.de/dieallianz /auftrag.html (Abruf: 09.07.2013). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 14 höchste Autorität der Heiligen Schrift in allen Fragen des Glaubens und der persönlichen Lebensführung . Nach eigenen Angaben bekennen sich in Deutschland rund 1,3 Millionen Menschen zu den Organisationen und Einrichtungen der DEA. Ihre Arbeitsfelder sind diakonische, pädagogische, publizistische und missionarische Tätigkeiten in mehr als 230 Einrichtungen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Sicherung der Religionsfreiheit sowie die Dokumentation und Bekämpfung der weltweiten Christenverfolgung. Die DEA bezieht Stellung zu weltanschaulichen, ethischen, wirtschaftlichen und politischen Themen. Sie orientiert sich dabei weitgehend am Wortlaut der Bibel und fordert ihre Anhänger zu politischem Engagement und zur Mitarbeit in politischen Parteien auf. Ihr Ziel ist, gesellschaftliche Wertmaßstäbe an ihrem Verständnis der biblischen Ethik auszurichten und auf die Stärkung einer christlichen Leitkultur innerhalb der Gesellschaft hinzuwirken. Seit rund zehn Jahren existiert in der DEA ein Arbeitskreis für die Lobbyarbeit unter Politikern.48 Die DEA wurde von 1999 bis 2012 auch in der Lobbyliste des Deutschen Bundestages geführt. Leiter des Büros der DEA in Berlin ist Wolfgang Baake, der langjährige Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP. 5. Der Christliche Medienverbund (KEP) und seine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Christenverfolgung Der Christliche Medienverbund KEP e. V. (KEP) ist ein Zusammenschluss evangelikal orientierter Journalisten, Publizisten, Verleger und Vertreter von Medienorganisationen. Er ist aus der 1975 mit dem Ziel einer besseren Koordinierung der evangelikalen Öffentlichkeitsarbeit gegründeten Konferenz Evangelikaler Publizisten (KEP) hervorgegangen und hat seinen Sitz in Wetzlar ( Hessen ). Ziele und Aufgaben des Vereins49 sind u.a. die Popularisierung eines evangelikalen Weltbilds in den Medien, die Darstellung und Kommentierung aktueller Themen aus Kirche, Gesellschaft, Medien und Politik aus evangelikaler Sicht, die Aus- und Fortbildung qualifizierter Anhänger zu Journalisten sowie die Betreuung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit evangelikaler Veranstaltungen , Werke und Einrichtungen. Die KEP gibt sechs Mal im Jahr das kostenlose christliche Medienmagazin „pro“ heraus, das nach eigenen Angaben aktuell in einer Auflage von 76 000 Exemplaren erscheint und von seinen Herausgebern als eine der auflagenstärksten christlichen Zeitungen in Deutschland vorgestellt wird.50 Für das Medienmagazin, das auch über einen Online-Auftritt verfügt, schreiben nach Angaben des Magazins evangelische, katholische sowie freikirchliche Autoren. 48 Vgl. Rasche, Uta (2005). Wo gut und böse klar getrennt werden, FAZ-Sonntagszeitung, 30.10.2005. 49 Vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen auf seiner Homepage: http://www.kep.de/home/ueber-uns/ziele/ (Abruf: 09.07.2012). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 15 Wie die DEA, befasst sich auch der KEP in seiner Medien- und Öffentlichkeitsarbeit sehr stark mit den Themen Religionsfreiheit und Christenverfolgung. Er zeichnet entsprechende Beiträge, die sich mit Themen auseinandersetzen, die den christlichen Glauben betreffen, mit dem Medienpreis „Goldener Kompass“ aus. Er ist mit 2.500 Euro dotiert und wurde bisher 14 Mal verliehen . Für seine Beiträge in der "Welt am Sonntag" und der "Bild am Sonntag" sowie seine Redebeiträge , mit denen er im Deutschen Bundestag auf die Christenverfolgung in vielen Ländern aufmerksam machte, wurde 2010 auch der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Deutschen Bundestag , Volker Kauder, mit dem „Goldenen Kompass“ ausgezeichnet. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 056/13 Seite 16 6. Literaturverzeichnis Amnesty International Report 2012 (2012). Zur weltweiten Lage der Menschenrechte, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag. Backes, Reinhard (2005). Sie werden euch hassen. Christenverfolgung heute. Augsburg: Sankt Ulrich Verlag GmbH. Bielefeldt, Heiner (2012). Missionieren verboten (Interview), in: pro, Heft 4/2012, S. 6-7. Bielefeldt, Heiner (2011). 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Tabellen Rangliste aus dem Weltverfolgungsindex von Open Doors 2013 (aus: Open Doors (2013). Weltverfolgungsindex 2013. Wo Christen am stärksten verfolgt werden, S. 5) Anzahl der Länder, in denen religiöse Gruppen behindert wurden nach Jahren (aus: Pew Research Center/Pew Forum on Religion and Public Life (2012). Rising Tide of Restrictions on Religion , S. 22.) Anzahl der Länder, in denen religiöse Gruppen behindert wurden nach Art der Behinderung (aus: Pew Research Center/Pew Forum on Religion and Public Life (2012). Rising Tide of Restrictions on Religion, S. 24) Behinderung der Religionsfreiheit durch Regierungshandeln (Government Restrictions Index) (aus: Pew Research Center/Pew Forum on Religion and Public Life (2012). Rising Tide of Restrictions on Religion, S. 52ff.) Behinderung der Religionsfreiheit durch soziale Anfeindungen (Social Hostilities Index) (aus: Pew Research Center/Pew Forum on Religion and Public Life (2012). Rising Tide of Restrictions on Religion, S. 55ff.) 7.2. Schaubilder Einschränkungen der Religionsfreiheit weltweit (aus: Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (2013). Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013, S.11) Länder mit einem hohen Maß an Einschränkungen durch Regierungshandeln (aus: Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (2013). Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013, S. 26) Länder mit einem hohen Maß an Einschränkungen durch soziale Anfeindungen (aus: Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (2013). Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013, S. 28) Einschränkungen der Religionsfreiheit nach Religionen und Arten (aus: Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (2013). Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013, S. 12)