Deutscher Bundestag Parlamentarische Höhepunkte 1949 bis 1989 Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 1 – 3000/042/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 2 Parlamentarische Höhepunkte 1949 bis 1989 Verfasser: Aktenzeichen: WD 1 – 3000/042/12 Abschluss der Arbeit: 8. Mai 2012 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 3 Parlamentarische Höhepunkte 1949 bis 1989 7. September 1949/15. September 1949: Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages und Wahl Konrad Adenauers zum Bundeskanzler Drei Wochen nach der Bundestagswahl konstituiert sich am Mittwoch, den 7. September 1949, der erste Deutsche Bundestag im neuen Plenarsaal in Bonn. Die Vorgänge im Plenum werden durch Lautsprecher auf die Außentribünen übertragen. Dort verfolgen die Zuschauer hinter der Glasscheibe des Plenarsaals, wie Alterspräsident Paul Löbe (SPD) die Sitzung eröffnet. Im Anschluss an seine Rede wählen die Abgeordneten den hessischen Bundestagsabgeordneten Dr. Erich Köhler (CDU) zum ersten Bundestagspräsidenten. 3. November 1949: Bonn wird Regierungssitz Der Deutsche Bundestag votiert mit 200 gegen 179 Stimmen für Bonn als vorläufigen Sitz der Legislative und Exekutive des Bundes. 1. Februar 1951: Bundesverfassungsgericht Der Deutsche Bundestag verabschiedet das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht, das am 12. März 1951 in Kraft tritt. Es regelt Zusammensetzung, Zuständigkeiten und Prozessordnung des obersten Gerichts. 12. Juli 1951: Bundestag berät den Beitritt zur Montanunion Am 12. Juli 1951 berät der Deutsche Bundestag in erster Lesung einen Gesetzentwurf, mit dem der Vertrag über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) ratifiziert werden soll. Der Montanunion gehören Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Italien, Luxemburg und die Niederlande an. Sie gilt als Meilenstein auf dem Weg zu einem vereinten Europa. 7./8. Februar 1952: Debatte zur Wiederbewaffnung Am 7. und 8. Februar 1952 debattiert der Deutsche Bundestag die auch in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit kontrovers diskutierte Wiederbewaffnung. Gegen die Stimmen der SPD stimmt das Parlament am 8. Februar 1952 einem deutschen Verteidigungsbeitrag grundsätzlich zu. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 4 11. Oktober 1952: Betriebsverfassungsgesetz Der Bundestag verabschiedet das Betriebsverfassungsgesetz, das allen Privatbetrieben mit mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern die Bildung eines Betriebsrates vorschreibt . In allen Aktiengesellschaften sind Arbeitnehmervertreter zu einem Drittel am Aufsichtsrat zu beteiligen. 4. März 1953: Wiedergutmachung Der Deutsche Bundestag stimmt dem Luxemburger Abkommen zu, in dem sich die Bundesrepublik zu Warenlieferungen und Dienstleistungen im Wert von drei Milliarden Mark an Israel und zur Zahlung von 450 Millionen Mark an die Conference of Jewish Material Claims Against Germany verpflichtet. 29. Juli 1953: Letzte Sitzung des 1. Bundestages - (Kölner Funkhaus!) Die letzte Sitzung des 1. Deutschen Bundestages findet im Großen Sendesaal des Kölner Funkhauses statt. 19. März 1953: Debatte zum Deutschlandvertrag Am 19. März 1953 ratifiziert der Deutsche Bundestag nach kontroverser Debatte gegen die Stimmen der SPD den Deutschlandvertrag mit den drei westlichen Siegermächten. Der bereits am 26. Mai 1952 geschlossene Vertrag kann schließlich am 5. Mai 1955 in Kraft treten und gibt der Bundesrepublik Deutschland wieder weitgehend die Rechte eines souveränen Staates. (Vorsicht! Der 1953 debattierte und ratifizierte Deutschlandvertrag konnte wegen Scheiterns der EVG nicht in Kraft treten und wurde dann neu verhandelt. Der 1955 in Kraft getretene 2. Deutschlandvertrag (nach Beitritt der Bundesrepublik zu NATO und WEU) brachte dann erst die Souveränitätsrechte. Ich habe das durch meine Änderungen zu umgehen versucht, könnte mir aber vorstellen, dass da Fragen kommen.) 18. Juni 1953: Bundestag gedenkt der Opfer des Volksaufstands in der DDR am 17. Juni 1953 Am 18. Juni 1953 gedenkt der Deutsche Bundestag des Volksaufstands am 17. Juni 1953 in Ost- Berlin und der DDR. Mit Hilfe der Volkspolizei hatte das sowjetische Militär die Erhebung blutig niedergeschlagen. Durch Gesetz vom 4. August 1953 wird der 17. Juni in der Bundesrepublik Deutschland zum "Tag der deutschen Einheit" und zum "nationalen Gedenktag" erhoben. Der Deutsche Bundestag fühlt sich dem Andenken an diejenigen verpflichtet, die in der DDR für Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 5 Freiheit und Einheit Opfer gebracht haben und erinnert deshalb in jedem Jahr an die Bedeutung des 17. Juni 1953. 27. Februar 1955: Pariser Verträge Der Deutsche Bundestag verabschiedet die Pariser Verträge, die am 5. Mai 1955 in Kraft treten. Die Bundesrepublik Deutschland wird weitgehend souverän: Das Besatzungsstatut erlischt, die Alliierte Hohe Kommission löst sich auf. Die Hohen Kommissare werden durch Botschafter ersetzt . Souveränitätserklärung vom 5. Mai 1955 in Verbindung mit den Pariser Verträgen (NATO + WEU) vom 23. Oktober 1954 und die Ratifizierung durch den Deutschen Bundestag am 27. Februar 1955 In den sogenannten Pariser Verträgen werden die Aufhebung des Besatzungsstatutes und die Verleihung der Souveränität sowie der Beitritt der Bundesrepublik zur Westeuropäischen Union (WEU) und zur NATO (in jeweils eigenen Verträgen) festgeschrieben. In der Bundesrepublik sind die Pariser Verträge heftig umstritten. Gegen den Widerstand einer von SPD, Gewerkschaften und weiten Teilen der evangelischen Kirche getragenen Oppositionsbewegung kann sich die Bundesregierung unter Konrad Adenauer durchsetzen. Die Pariser Verträge werden am 27. Februar 1955 durch den Bundestag ratifiziert und treten am 5. Mai 1955 in Kraft. 6. März 1956: Wehrpflicht Der Bundestag verabschiedet die 2. Wehrergänzung des Grundgesetzes und schafft damit die Voraussetzung für die Einführung der Wehrpflicht. Am 7. Juli verabschiedet der Bundestag mit 269 gegen 166 Stimmen bei 20 Enthaltungen das Wehrpflichtgesetz und führt damit die allgemeine Wehrpflicht ein. 21. Januar 1957: Rentenversicherungsrecht Der Deutsche Bundestag verabschiedet die Neuregelung des Rentenversicherungsrechtes, das rückwirkend zum 1. Januar 1957 in Kraft tritt und den Übergang von der statischen zur dynamischen Leistungsrente markiert. 5. Juli 1957: Römische Verträge Der Bundestag verabschiedet in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zu den Römischen Verträgen , mit denen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) gegründet werden. Das Vertragswerk war am 25. März 1957 von den sechs Staaten der Montanunion (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Lu- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 6 xemburg und die Niederlande) unterzeichnet worden. Sie vereinbaren den freien Waren-, Dienstleistungs -, Personen- und Kapitalverkehr, eine gemeinsame Handelspolitik sowie europäische Institutionen. Die Unterzeichnung der Verträge gilt als Gründungsdatum der Europäischen Union (EU). Die Verträge treten am 1. Januar 1958 in Kraft. 18. August 1961: Debatte zum Mauerbau In den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 beginnt die DDR mit der Abriegelung West- Berlins. Was für die Bevölkerung ein Schock ist, trifft auch die bundesrepublikanische Politik unvorbereitet. Am 18. August 1961 kommen die Bundestagabgeordneten zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Es ist eine emotionale Debatte, zu deren Beginn Bundeskanzler Konrad Adenauer eine Regierungserklärung abgibt. Auch Willy Brandt, Regierender Bürgermeister von Berlin, ist nach Bonn gereist, um im Bundestag zu sprechen. Doch aller Protest verhallt letztlich ohne Resultat. Die DDR-Regierung baut in den folgenden Wochen und Monaten die provisorische Abriegelung aus Stacheldraht zur schwer bewachten Grenzanlage aus. Mehr als 28 Jahre lang trennen Mauer und Stacheldraht Ost und West. 16. Mai 1963: Ratifizierung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages Im deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, dem sogenannten Elysée-Vertrag, wird eine weitreichende politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit beider Länder vereinbart. Der Elysée-Vertrag bildet den Kristallisationspunkt des gemeinsamen Willens, nach den Schrecken des Krieges Feindseligkeit und Misstrauen zwischen Deutschland und Frankreich zu überwinden , um zu einem dauerhaften Frieden auf dem Kontinent beizutragen. In der Bundesrepublik diskutieren die sogenannten "Atlantiker", die sich gegen eine exklusive Beziehung mit Frankreich zu Lasten der Bindung an Amerika wenden und die Befürworter des Vertrages ("Gaullisten ") quer durch alle Parteien über den künftigen außenpolitischen Kurs der Bundesrepublik. 10. März 1965: Debatte über die Verjährung von NS-Verbrechen Es ist eine Frage, die Politik, Justiz und Öffentlichkeit Mitte der sechziger Jahre stark bewegt: Sollen ungesühnte Verbrechen der Nationalsozialisten verjähren oder sollen die Grundsätze des Rechtsstaats, der ja gerade als Antwort auf das Unrechtsregime des "Dritten Reichs" geschaffen worden war, angetastet und ein erloschener Strafanspruch rückwirkend geltend gemacht werden ? Als Bundesjustizminister Ewald Bucher (FDP) am 10. März 1965 als erster Redner im Deutschen Bundestag dazu das Wort ergreift, ist das der Auftakt zu einer über weite Strecken emotionalen Debatte. Am 23. März 1965 beschließt der Deutsche Bundestag, den Beginn der Verjährungsfrist auf den 1. Januar 1950 festzulegen. Die strafrechtliche Ahndung der NS-Morde ist damit bis zum Ende des Jahres 1969 möglich. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 7 30. Mai 1968: Debatte über die Notstandsgesetze Mit dem 17. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes beschließt der Deutsche Bundestag am 30. Mai 1968 die Einführung einer Notstandsverfassung. Die Große Koalition verfügt über die für die Grundgesetzänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit. Die Notstandsverfassung stellt den Staatsorganen Maßnahmen zur Abwehr innerer und äußerer Notlagen zur Verfügung. Der Verabschiedung der Gesetze geht eine bundesweite heftige öffentliche Auseinandersetzung voraus. Besonders Studentengruppen und Gewerkschaften rufen zu Protesten auf. Diese Außerparlamentarische Opposition (APO) befürchtet, dass aufgrund der Notstandsgesetze die deutsche Demokratie autoritäre Züge annimmt. 23. – 25. Februar 1972: Debatte über die Ostverträge Wie kein anderes Thema polarisiert die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition die Bundesrepublik zu Beginn der siebziger Jahre: Mit der Formel "Wandel durch Annäherung" umschreibt Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) das Ziel der Bundesregierung, die starre Blockkonfrontation zwischen Ost und West aufzuweichen. Die CDU/CSU-Opposition fürchtet, dass die Oder-Neiße-Linie endgültig als Westgrenze Polens und die DDR als zweiter deutscher Staat anerkannt würden. Insgesamt 22 Stunden, verteilt auf drei Tage, streiten Abgeordnete von Koalition und Opposition über die Ostverträge. Am 17. Mai 1972 werden die Ostverträge schließlich (bei fast ausnahmsloser Enthaltung der Abgeordneten der Unionsfraktion) vom Bundestag ratifiziert. 27. April 1972: 1. Konstruktives Misstrauensvotum (CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender Rainer Barzel gegen Bundeskanzler Willy Brandt) Als in der Auseinandersetzung um die Ratifizierung der Ostverträge SPD- und FDP-Abgeordnete zur Union übertreten, ist dies für Oppositionsführer Barzel (CDU) der Auslöser, über den Sturz der Regierung nachzudenken. Am 24. April 1972 sucht er schließlich die Entscheidung und bringt nach Artikel 67 des Grundgesetzes einen Antrag auf ein konstruktives Misstrauensvotum ein. Am Ende einer dreistündigen, bisweilen hitzigen Debatte fehlen Barzel zwei sicher geglaubte Stimmen zur Mehrheit. Heute geht die Forschung davon aus, das ein CDU- und ein CSU- Bundestagsabgeordneter von der DDR-Staatssicherheit bestochen worden waren, um die neue Ostpolitik der Regierung Brandt zu sichern. 22. September 1972: Brandt stellt Vertrauensfrage Bundeskanzler Brandt stellt und verliert die erste Vertrauensfrage in der Geschichte der Bundesrepublik . Am 19. November kommt es zu vorgezogenen Wahlen zum 7. Deutschen Bundestag. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 8 11. Mai 1973: Debatte über den Grundlagenvertrag mit der DDR Der "Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik" wird am 21. Dezember 1972 in Ost-Berlin unterzeichnet und am 11. Mai 1973 durch den deutschen Bundestag ratifiziert. Die Vertragspartner vereinbaren, "normale gutnachbarliche Beziehungen zueinander auf der Grundlage der Gleichberechtigung " zu entwickeln und sich dabei leiten zu lassen von den Prinzipien der "souveränen Gleichheit aller Staaten, der Achtung der Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und territorialen Integrität , dem Selbstbestimmungsrecht, der Wahrung der Menschenrechte". Dies bedeutet jedoch keine völkerrechtliche Anerkennung der DDR. Debatte über den § 218 StGB vom 12. Februar 1976 und die Debatte zur Reform des § 218 StGB vom 25. Juni 1992 Seit 1871 stellt der Paragraf 218 des Strafgesetzbuches Abtreibungen grundsätzlich unter Strafe. Die sozialliberale Koalition plant im Rahmen einer breiten Strafrechtsreform auch eine Änderung dieses Paragrafen. Das Vorhaben ruft heftige Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit und im Deutschen Bundestag hervor. Das Parlament entscheidet sich zwar am 26. April 1974 für das von der Koalition favorisierte Fristenmodell, das Bundesverfassungsgericht hält diese aber für verfassungswidrig . Aufgrund der Vorgaben aus Karlsruhe verabschiedet der Bundestag am 6. Mai 1976 schließlich einen Kompromiss - die modifizierte Indikationsregelung. 29. September 1977: Debatte über den Deutschen Herbst – Kontaktsperregesetz Mit der Verschleppung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer am 5. September und der Entführung des Flugzeugs "Landshut" am 13. Oktober 1977 erreicht der Terror der RAF in der Bundesrepublik seinen Höhepunkt. Einen Tag nach der Entführung Schleyers beschließt der von Helmut Schmidt eingerichtete "Große Krisenstab" eine Kontaktsperre für alle Häftlinge der RAF. Eine gesetzliche Grundlage für dieses Vorgehen gibt es nicht. Um einer möglichen Klärung durch das Bundesverfassungsgericht zuvorzukommen, legt die Bundesregierung ein Gesetz vor, das die Kontaktsperre nachträglich rechtlich legitimiert. Mit 371 Ja-Stimmen gegen vier Nein-Stimmen bei 17 Enthaltungen beschließt der Bundestag am 29. September 1977 das Kontaktsperregesetz. Bereits am 2. Oktober tritt es in Kraft 1. Oktober 1982: 2. Konstruktives Misstrauensvotum (CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender Helmut Kohl gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt) Am 17. September 1982 treten die vier FDP-Bundesminister im Kabinett Helmut Schmidt zurück. Sie kommen damit ihrer Entlassung zuvor. Unüberwindbar scheinen die Gegensätze zwischen FDP und SPD in wirtschafts-, haushalts- und sozialpolitischen Fragen. Die Liberalen planen mit der CDU/CSU eine neue Regierung zu bilden - nicht durch Neuwahlen, sondern durch ein kon- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 9 struktives Misstrauensvotum. Am 1. Oktober 1982 entzieht die Mehrheit des Deutschen Bundestages nach hitziger Debatte dem Regierungschef das Vertrauen und wählt Dr. Helmut Kohl zum neuen Bundeskanzler. Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte vollzieht sich ein Regierungs - und Kanzlerwechsel durch ein konstruktives Misstrauensvotum. 29. März 1983: Die Grünen ziehen in den Bundestag ein - Mit der Konstituierung des 10. Deutschen Bundestages sind erstmals Abgeordnete der Grünen im Deutschen Bundestag vertreten. 22. November 1983: Debatte zum NATO-Doppelbeschluss, Mit der Zielsetzung, das Übergewicht der Sowjetunion im Bereich der Mittelstreckenraketen auszugleichen , verabschieden die Außen- und Verteidigungsminister der NATO-Mitgliedstaaten am 12. Dezember 1979 in Brüssel den NATO-Doppelbeschluss. Der Beschluss sieht Verhandlungen mit der UdSSR über den Abbau der Mittelstreckenraketen vor. Bei einem Scheitern der Gespräche sollen ab Ende 1983 atomare Mittelstreckenraketen in Europa stationiert werden. Der Deutsche Bundestag stimmt nach den aussichtlos gewordenen Verhandlungen zwischen der UdSSR und den USA am 22. November 1983 mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP der Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik zu. Noch während der zweitägigen Debatte protestieren Anhänger der Friedensbewegung, der sich auch prominente SPD-Politiker anschließen. 8. Mai 1985: Weizsäcker-Rede zum 8. Mai 1945 Bundespräsident Richard von Weizsäcker hält im Bundestag eine Rede anlässlich des 40. Jahrestages der Befreiung vom Nationalsozialismus, die sowohl in Deutschland als auch im Ausland weite Beachtung findet. 14. Mai 1986: Debatte zum Atomreaktorunfall von Tschernobyl Der Reaktorunfall in Tschernobyl löst eine grundsätzliche Debatte in Öffentlichkeit und Politik über die weitere Nutzung der Kernenergie aus. Am 14. Mai 1986 kommt der Deutsche Bundestag zu einer vierstündigen Plenardebatte zusammen. Die Bundesregierung versichert, sich für höhere Sicherheitsstandards einzusetzen, die SPD fordert ein Ende des Ausbaus der Kernenergie, die Grünen den sofortigen Ausstieg. Die schwarz-gelbe Koalition entscheidet sich als Konsequenz aus dem Reaktorunglück zur Einrichtung des ersten Bundesumweltministeriums in der Geschichte der Bundesrepublik. Seit dem Unfall in Tschernobyl wurde kein Kernkraftwerk in Deutschland mehr gebaut. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 – 3000/042/12 Seite 10 9. September 1986: Erste Sitzung des Deutschen Bundestages im Bonner Ersatzplenarsaal Wasserwerk , Am 9. September 1986 nimmt der Deutsche Bundestag mit seiner 227. Sitzung erstmals das zum Ersatzplenarsaal umgebaute ehemalige Bonner Wasserwerk in Anspruch. Debattiert werden das Haushaltsgesetz 1987 und der Finanzplan des Bundes für die Jahre 1986 bis 1990. Niemand ahnt, welche einschneidenden politischen Entscheidungen - vor allem im Zuge der deutschen Wiedervereinigung 1989/90 – an diesem Ort fallen sollten. 1992 verlassen die Abgeordneten das Wasserwerk wieder, um im neuen Plenarsaal bis zum Umzug 1999 zu beraten. 5. Juni 1987: Beschlüsse zu den Neubauplänen für den Plenarsaal im Bundeshaus 314 von 361 Abgeordneten stimmen für einen Neubau; noch knapper ist die Entscheidung über die Sitzordnung: 178 stimmen für die kreisrunde, 174 Abgeordnete für die alte Sitzordnung. 28. November 1989: Verkündung des Zehn-Punkte-Programms von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU/CSU) vor dem Deutschen Bundestag Verkündung im Rahmen der Haushaltsberatungen; Ziel des Plans: schrittweise Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas (Schaffung einer bundesstaatlichen Ordnung in Deutschland)