© 2016 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 026/16 „Asoziale“ im Nationalsozialismus Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Zur Begriffsbestimmung: „Asoziale“ im Nationalsozialismus Im allgemeinen Sprachgebrauch werden auch heute noch Menschen mit dem Begriff „asozial“ abqualifiziert, deren Lebens- und Verhaltensweisen nach vorherrschender Meinung als von den allgemein akzeptierten gesellschaftlichen Normen abweichend und sozial unangepasst bewertet wird. Der Begriff „asozial“ ist weder von den Nationalsozialisten geprägt noch exklusiv von diesen als sozial- bzw. kriminalpolitische Kategorisierung von Einzelpersonen und sozialen Gruppen verwendet worden. Die mit dem Begriff „asozial“ verbundenen negativen sozialbiologischen Merkmale (die weit reichende Sanktionsmaßnahmen rechtfertigten) waren fester Bestandteil des sozialpolitischen Diskurses nicht nur in der Weimarer Republik, sondern auch noch lange nach 1945. So war „asozial“ auch in Politik und Öffentlichkeit der beiden deutschen Nachkriegsstaaten ein viele Jahre wenig hinterfragtes Etikett zur „marginalisierenden Klassifizierung“ und Exklusion bestimmter, am Rande der Gesellschaft lebender Gruppen.1 Von den Nationalsozialisten wurde somit die bereits vor 1933 vorherrschende Ausgrenzung, Stigmatisierung und Sanktionierung der als „asozial“ klassifizierten Gruppen „gezielt übernommen und forciert“.2 Das von zunehmender Unnachsichtigkeit, Radikalität und Unmenschlichkeit geprägte Vorgehen gegen diese Gruppen wurde dabei wesentlich von der nationalsozialistischen Vererbungslehre und Rassenhygiene legitimiert und verstärkt. Danach galten „Asoziale“ als „(moralisch) schwachsinnig“; Menschen ohne festen Wohnsitz, die längere Zeit auf der Straße lebten, wurde eine „primitive Geistesverfassung“ attestiert. Statt der in der Weimarer Republik praktizierten Wohlfahrtspflege, die in den Augen der neuen Machthaber nur ein wenig effizientes „Kurieren an Symptomen“ betrieben habe, zielte die nationalsozialistische Sozialpolitik auf eine vollständige Beseitigung der entsprechenden sozialen Probleme durch „radikale Ausmerzung“ aller „Minderwertigen“.3 Nicht der Sorge um das bedürftige Individuum, sondern der Erhaltung der Volksgemeinschaft galt das Hauptaugenmerk der nationalsozialistischen „Volks- und Erbgesundheitspflege “. Da „Asozialität“ von den Nationalsozialisten als vererbbares Merkmal angesehen wurde, sollte die „Volksgemeinschaft der „erbgesunden, produktiven und wertvollen deutschen Volksgenossen“ mit der umfassenden Anwendung (erb-)biologischer Maßnahmen wie Zwangssterilisation und anderer Formen der „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ bis hin zur physischen Vernichtung von Menschen, die als „minderwertig“ oder „erbkrank“ beurteilt wurden ,“ vor Schädigungen bewahrt und in ihrer Substanz gefestigt und gestärkt werden.4 1 Vgl. KZ Neuengamme, 2009, S. 15; Drs. 16/9887, S. 1; Stegemann, 2013. In Anmerkung 8 seines Textes geht Stegemann auch auf die Behandlung des „Asozialen“-Themas in der DDR ein. Dort heißt es: „Nicht nur in der Bundesrepublik , sondern auch in der DDR ein Stigma. Staatlicherseits wurden Menschen damit diffamiert, wenn sie sich der „umfassenden Beteiligung aller Menschen an der Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft“ entziehen wollten.“ 2 KZ Neuengamme, 2009, S. 7. 3 Vgl. Ayaß, 1998, S. XI f.; vgl. KZ Neuengamme, 2009, S. 15. Guse, 2005, 129f., erinnert daran, dass bereits im sozialfürsorgerischen Diskurs der Weimarer Republik die These von den biologischen Grundlagen asozialen Verhaltens und dessen Vererbbarkeit zunehmend akzeptiert wurde. 4 Reichs- und preußischer Innenminister, 1940, S. 251-256; vgl. Ayaß, 1989, S. XI-XIII; Drs. 16/9887, S.1; Guse, 2005, S. 131f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 5 „Asoziale“, die in der Sprache der Nationalsozialisten auch als „Gemeinschaftsfremde“ bezeichnet wurden, galten als minderwertig und waren demzufolge auch nicht Mitglieder der deutschen Volksgemeinschaft, selbst wenn sie ihrer Geburt nach „deutschblütig“ waren.5 Allerdings blieb letztlich ungeklärt, wer genau als „asozial“ oder „gemeinschaftsfremd“ zu gelten hatte. Diese Feststellung beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Rechtsverhältnisse im so genannten Dritten Reich. Der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur zufolge wurde der Begriff „asozial“ weder in nationalsozialistischer Zeit noch davor oder danach eindeutig definiert. Nach den „Richtlinien “ zum „Grunderlass vorbeugende Verbrechensbekämpfung" vom 4. April 1938, die für die Verhängung von kriminalpolizeilicher Vorbeugungshaft ausschlaggebend war, galt als „asozial“, „wer durch gemeinschaftswidriges, wenn auch nicht verbrecherisches Verhalten zeigt, dass er sich nicht in die Gemeinschaft einfügen will. Demnach sind z.B. asozial: a) Personen, die durch geringfügige, aber sich immer wiederholende Gesetzesübertretungen sich der im nationalsozialistischen Staat selbstverständlichen Ordnung nicht fügen wollen. […] b) Personen, ohne Rücksicht auf etwaige Vorstrafen, die sich der Pflicht zur Arbeit entziehen und die Sorge für ihren Unterhalt der Allgemeinheit überlassen.“6 Im Gegensatz zu anderen Opfergruppen waren die „Asozialen “ in der NS-Verfolgungspraxis keine per Erlass oder Verordnung klar definierte Gruppe. Vielmehr handelte es sich um „eine von außen auferlegte, extrem abwertende Sammelbezeichnung für abweichendes Verhalten unterschiedlichster Form“7 Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, wenn die mit der „Asozialenproblematik“ befassten Akteure des NS-Staats (wie z.B. Sozial - und Medizinalverwaltung, Wohlfahrtsverbände, Sicherheitsbehörden, Justiz) ganz unterschiedliche Personengruppen als „asozial“ oder „gemeinschaftsfremd“ charakterisierten und – in einem gewissen Rahmen – jeweils eigene „Lösungsansätze“ verfolgten.8 Entsprechend heterogen war die von den Nationalsozialisten als „asozial“ diffamierte und verfolgte Opfergruppe zusammengesetzt . Die mangelnde Bestimmtheit des Begriffs erfuhr im Zuge des 1937/38 erfolgten Übergangs zum „Prinzip einer umfassenden gesellschaftssanitären und sozialrassistischen Generalprävention “ (Karin Orth) noch eine weitere Steigerung, als nunmehr im Handeln von Administration , Polizei und Gerichten die Kategorien „asozial“ und „kriminell“ sowie weitere strafrechtlich relevante Kategorisierungen zunehmend miteinander vermischt wurden. 9 So wurden später auch Homosexuelle, Juden, Sinti und Roma oder politische Oppositionelle im Justiz- und Verwaltungshandeln des NS-Staats immer öfter unterschiedslos als „asozial“ bezeichnet und entsprechenden Sanktionsmaßnahmen unterworfen. Die Charakterisierung sowie administrativ-justizielle Erfassung von Personen oder Gruppen als „asozial“ blieb auf diese Weise ziemlich diffus und war daher tendenziell ausweitbar.10 Tatsächlich war die mangelnde Bestimmtheit und Präzision der Definition bestens geeignet, um nach Belieben Personen zu diffamieren, auszugrenzen und zu sanktionieren, die aus welchen 5 Vgl. Ayaß, 1989, S. XII. 6 Reichskriminalpolizeiamt, 1938, S. 125 (Nr. 62); vgl. ebd., S. XII; Stegemann (2013). 7 Vgl. Ayaß, 1998, S. XII; Ayaß, 2009, S. 22; KZ Neuengamme, 2009, S. 10. 8 Vgl. Ayaß, 1998, S. XIII; Ayaß, 2009, S. 22; Stegemann, 2013. 9 KZ Neuengamme, 2009, S. 11. 10 Ayaß, 2009, S. 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 6 Gründen auch immer das Missfallen der nationalsozialistischen Machthaber erregt hatten. Die definitorische Unschärfe erleichterte es den Nationalsozialisten, die öffentliche Stigmatisierung und strafrechtliche Verfolgung von immer mehr missliebigen Personen oder Gruppen zu legitimieren . Letztendlich reichten schon geringfügige Formen abweichenden Verhaltens aus, um Menschen als außerhalb der Gesellschaft stehend zu definieren sowie als „Fremdkörper“ verfolgen und vernichten zu können. 11 2. „Asoziale“ Personengruppen Der Unbestimmtheit und Offenheit der Definition des Begriffs „asozial“ im Nationalsozialismus entsprechen die Heterogenität und die Vielzahl der dieser Kategorie zugeordneten Gruppen. Die nachfolgende, keine Vollständigkeit beanspruchende Übersicht von Personen und Gruppen, die im Nationalsozialismus als „asozial“ definiert und entsprechend sanktioniert wurden, wurde aus den einschlägigen Erlassen und Verordnungen des NS-Regimes sowie der Justiz und Verwaltungspraxis dieser Zeit abgeleitet. Dabei wurden u.a. folgende Gruppen konkret benannt:12 - Wohnungslose, - Bettler, - Landstreicher („Wanderer“) bzw. „Zigeuner“, - Prostituierte, - Alkoholiker („Trunksüchtige“), - Suchtkranke, - Personen mit ansteckenden Krankheiten, insbesondere Geschlechtskrankheiten, „die sich den Maßnahmen der Gesundheitsbehörden entziehen“, - „Arbeitsscheue“ bzw. „Arbeitsverweigerer“, „die sich der Pflicht zur Arbeit entziehen und die Sorge für ihren Unterhalt der Allgemeinheit überlassen“, - Gelegenheitsarbeiter; - Fürsorgeempfänger (Empfänger von Sozialleistungen), - Zuhälter - Sinti und Roma, - Juden, - politisch Verfolgte, - Homosexuelle, - säumige Unterhaltspflichtige (und deren Familienangehörige), - Arbeiter in der Kriegswirtschaft, denen ungenügende Arbeitsleistung und häufige Fehlzeiten am Arbeitsplatz vorgeworfen wurde, - Personen, die „fortgesetzt mit Strafgesetzen, der Polizei oder den Behörden in Konflikt geraten “ sind, - in prekären wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen lebende und / oder auf Unterstützungsleistungen angewiesene Großfamilien, die „eine Belastung für die Volksgemeinschaft“ darstellen, 11 Vgl. Stegmann, 2013. 12 Reichskriminalpolizeiamt, 1938, S. 125; Reichs- und preußischer Innenminister, 1940, S. 251-256; vgl. Ayaß, 1998, S. XII; Ayaß 2009, S. 21; Stegemann, 2013; Schikorra, 2005, S. 106. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 7 - Personen, die „besonders unwirtschaftlich und hemmungslos sind und mangels Verantwortungsbewusstseins weder einen geordneten Haushalt zu führen noch Kinder zu brauchbaren Volksgenossen zu erziehen vermögen“, - Personen und Familien ohne „geordnete“ Haushaltsführung, - Personen, die „durch einen unsittlichen Lebenswandel“ auffallen, z.B. sexuell unangepasst lebende junge Frauen, - alleinstehende Frauen mit unehelichen Kindern. Diese Liste der nach und nach als „asozial“ deklarierten Personen und Gruppen unterstreicht die Plausibilität der These, dass der mangelnden Präzision der Begriffsbestimmung von „asozial“ die Tendenz zur beliebigen Ausweitung der vom Vorwurf der „Asozialität“ betroffenen Personen innewohnt . Wolfgang Ayaß kommt aufgrund seiner jahrelangen Forschungen zu dem Ergebnis, dass im Zuge der „Asozialen-Bekämpfung“ durch die Nationalsozialisten nicht nur immer mehr „gering abweichendes Verhalten zur ‚Asozialität‘ hochstilisiert wurde, sondern auch der Fokus vom „Problem männlicher Bettler“ zunehmend stärker auf das Problem „‘asozialer Großfamilien‘ bzw. sexuell unangepasst lebender junger Frauen“ gerichtet wurde. Damit sei im Laufe der Zeit, so die Schlussfolgerung von Ayaß, „das Feindbild der ‚Asozialen‘ […] weiblicher und familienbezogener “ geworden.13 Die Beliebigkeit und Willkür bei der Erfassung der „Asozialen“ zeigt, dass letztendlich jeder dieser Kategorie zugerechnet werden konnte, wenn die Machthaber dies wollten .14 3. Die Verfolgung der „Asozialen“ im Nationalsozialismus Nach nationalsozialistischem Verständnis handelte es sich bei den „Asozialen“ um Personen, die durch dauerhaft abweichendes, gemeinschafts- und / oder gesetzeswidriges Verhalten zu erkennen gäben, dass sie sich nicht in die „in einem nationalsozialistischen Staat selbstverständliche Ordnung“ fügen wollten15 und daher die Stabilität und „gesunde“ Fortentwicklung der Volksgemeinschaft als Ganzes gefährdeten. Das NS-Regime sah sich daher zu Genüge legitimiert, als „asozial“ klassifizierte Personen mit einer umfangreichen Palette an zumeist überzogen harten und unmenschlichen Maßnahmen zu sanktionieren.16 Den rechtlichen Rahmen für die verschärfte Verfolgung der „Asozialen“ bildeten zunächst noch die strafrechtlichen und fürsorgerechtlichen Bestimmungen der Weimarer Republik, die allerdings „rechtsschöpferisch“ immer weiter zulasten der Betroffenen ausgedehnt wurden17. Die Palette der Maßnahmen gegen die als „asozial“ abgestempelten Personen war breit. U.a. wurden sie polizeilich überwacht und in amtlichen Warnkarteien registriert, entmündigt, erniedrigenden Schikanen ausgesetzt, zur Pflicht- und Zwangsarbeit gezwungen, in Anstalten, Arbeitshäusern, 13 Ayaß, 1998, S. XII. 14 Stegemann, 2013. 15 Reichskriminalpolizeiamt, 1938, S. 125; vgl. Stegemann 2013, Anm. 2. 16 Vgl. Stegemann, 2013; Drs. 16/9887, S.1. 17 Vgl. Ayaß, 1998, S. XVII. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 8 Zwangs- und Arbeitserziehungslagern interniert, in Konzentrationslagern eingewiesen, zwangssterilisiert und ermordet.18 Obwohl der Kampf gegen die „Asozialen“ und deren „Ausmerzung“ ein erklärtes Ziel der Nationalsozialisten war, lässt sich zunächst kein zentral gesteuertes und einheitliches Vorgehen gegen die als „asozial“ definierten gesellschaftlichen Randgruppen feststellen. Tatsächlich war die Bekämpfung der „Asozialen“-Problematik in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft durch eine Vielzahl von teilweise widersprüchlichen Einzelmaßnahmen gekennzeichnet, an denen zahlreiche Institutionen und Organisationen auf den unterschiedlichsten Ebenen beteiligt waren: „Mehr oder weniger intensiv gestaltend beteiligt waren Stadtverwaltungen und ihr kommunaler Spitzenverband Deutscher Gemeindetag, öffentliche und private Fürsorge, Gesundheitsämter und Erbgesundheitsgerichte, Arbeitsverwaltung, NSDAP und ihr Rassenpolitisches Amt, provinzielle Selbstverwaltung, Reichssicherheitshauptamt mit Ordnungspolizei, Gestapo und insbesondere Kriminalpolizei, Strafverfolgungsbehörden, verschiedene Reichsministerien, Landesregierungen, universitäre wie außeruniversitäre Rassenhygieniker und Asozialenforscher .“19 Häufig arbeiteten Polizei und öffentliche Verwaltungen mit privaten Wohlfahrtsverbänden , Medizinern und Wissenschaftlern zusammen, nicht selten wirkten die beteiligten Akteure aber auch in entgegengesetzte Richtungen. Zudem kam es bei der Erfassung, Zuordnung, Überwachung und Verfolgung von „Asozialen“ immer wieder zwischen den beteiligten Stellen zu Kompetenz - und Zuständigkeitskonflikten. Infolge der Rivalitäten und Kompetenzstreitigkeiten zwischen den beteiligten Akteuren wurde in verschiedenen Handlungszusammenhängen und auf den einzelnen Ebenen eine Reihe unterschiedlicher Verfahren und Maßnahmen generiert, die – wie die Aktivitäten des bayerischen Landesverbands für Wanderdienst oder der nur in Niederösterreich eingerichteten „Asozialenkommissionen“ – ein einheitliches reichsweites Vorgehen konterkarierten .20 Ausmaß, Rigorosität und Härte der Verfolgung der als „asozial“ definierten Personengruppen nahmen während der nationalsozialistischen Herrschaft stetig zu. Nach Hitlers Regierungsantritt wurden zunächst Umfang und Unnachsichtigkeit der polizeilichen Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen gegen „asoziale“ Wanderer erhöht. Des Weiteren verschärften die maßgeblichen, nunmehr nationalsozialistisch bestimmten sozialpolitischen Instanzen ihr Vorgehen gegen die „Asozialen “, indem sie die geltenden strafrechtlichen Vorschriften und fürsorgerechtlichen Bestimmungen weitestgehend zu Ungunsten der betroffenen Fürsorgeempfänger ausnutzten. Auch bemühte man sich, bereits in der Weimarer Republik diskutierte Regelungen zur Lösung der „Asozialenfrage “ wie – z.B. die ggf. zwangsweise Unterbringung nicht sesshafter Menschen in eigens dafür einzurichtenden Anstalten oder Lagern („Bewahrungsgesetz“) – umzusetzen und geltende, aber in den Augen der maßgeblichen Akteure nur halbherzig umgesetzte Bestimmungen – wie die Verpflichtung arbeitsfähiger Fürsorgeempfänger zu Arbeitsleistungen („Pflichtarbeit“) oder der fürsorgerechtliche Arbeitszwang für säumige Unterhaltspflichtige – auszudehnen und zu verschärfen. 18 Vgl. Ayaß, 1998, S. XIV u. XIX; Stegemann, 2013; Roth, 2005, S. 65. 19 Ayaß, 1998, S. XIII. 20 Vgl. Ayaß, 1998, S. XIII-XV; KZ Neuengamme, 2009, S. 11; Stegemann, 2013. Zu den Konflikten über Zuständigkeiten und Kompetenzen speziell bei der Verfolgung jugendlicher „Asozialer“ vgl. Guse, 2005, S. 135. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 9 Auch die Erwerbslosen wurden verstärkt unter Druck gesetzt. Um die ohnehin mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach 1933 rückläufige Erwerbslosenzahl noch weiter zu reduzieren, kürzten die Arbeitsverwaltungen Arbeitslosen willkürlich Unterstützungsleistungen. Viele Arbeitslose wurden zur Zwangsarbeit verpflichtet sowie weiteren Repressionen der Fürsorgeämter ausgesetzt .21 Unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933 wurden auch die Mitglieder sozialer Randgruppen verstärkt von Razzien, Hausdurchsuchungen , Beschlagnahmungen und Verhaftungen heimgesucht. Fehlende öffentliche Kontrolle und die Außerkraftsetzung der Grundrechte verschaffte den Wohlfahrtsbehörden einen weiten Spielraum, um Pflichtarbeit, fürsorgerechtlichen Arbeitszwang, die Zwangsunterbringung in Arbeitshäusern sowie die Einweisung in Bewahrungsanstalten oder „Lager für geschlossene Fürsorge “ anzuordnen.22 Bei der Verschärfung der Repressionsmaßnahmen gegen die „Asozialen“ war insbesondere für viele kommunale Fürsorgeverwaltungen nicht zuletzt das Motiv handlungsleitend, auf diese Weise vielen Unterstützungsempfängern als Arbeitsverweigerern den Leistungsbezug versagen und damit Kosten sparen zu können. Auch die verbreitete Praxis der Fürsorgeämter, „Asoziale“ („Unterstützungshyänen“) von „unverschuldet Armen“ („förderungsfähige vollwertige Fürsorgeempfänger “) zu trennen und diesen jeweils unterschiedlich hohe Unterstützungsleistungen zu gewähren, zielte ebenfalls auf eine Reduzierung der Sozialausgaben.23 Eine erste reichsweite Aktion zur „Lösung“ des Problems der „asozialen“ Wanderer war die bereits wenige Monate nach der nationalsozialistischen Machtübernahme, im September 1933 durchgeführte „Bettlerwoche“. Die vom Reichspropagandaministerium vorbereitete und mit großer Härte durchgeführte Maßnahme leistete für viele Verwaltungsexperten der Sozialfürsorge einen Beitrag zur Erfüllung alter Forderungen, die bereits im sozialpolitischen Diskurs der Weimarer Republik erhoben worden waren. SA und SS nahmen – unterstützt von Ordnungspolizei im Rahmen der Aktion mehrere zehntausend Wohnungslose (Bettler und Landstreicher) in Haft. Der Großteil der Verhafteten erhielt eine Verwarnung und wurde nach kurzer Haftzeit, spätestens jedoch nach sechs Wochen, freigelassen. Ein Teil blieb aber auch länger in Gefängnissen, Arbeitshäusern oder eigens für diese Aktion errichteten Bettlerlagern eingesperrt, um so vor allem die besonders sichtbaren „Asozialen“-Gruppen aus dem öffentlichen Straßenbild zu entfernen.24 Einige Wochen später wurde mit dem „Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung“ vom November 1933 eine erste gesetzliche Grundlage für Verfolgungsmaßnahmen auch gegen „Asoziale“ geschaffen. Das Gesetz ermöglichte eine zeitlich unbestimmte, unter Umständen auch lebenslängliche Internierung von „asozialen“ Personen als „Arbeitsscheue“ und wegen des Vorwurfs der „Liederlichkeit“ oder der „gewerbsmäßigen 21 Vgl. Ayaß, 1995, S. 57f. u. 143. 22 . Vgl. Ayaß, 1995, S. 143. 23 Vgl. Ayaß 1995, S. 109; Ayaß, 1998, S. XV-XVII; Ayaß, 2009, S. 20. Spätestens seit dem Durchführungserlass zur Verordnung über Arbeitslosenhilfe vom September 1939 waren „Asoziale“ von den Leistungen der Arbeitsämter ausgeschlossen. 24 Vgl. Stegemann, 2013; Ayaß, 1998, S. XIV; Ayaß, 2009, S. 21f. ; Drs. 16/9887, S. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 10 Bettelei“.25 Die 1934 erlassenen „Maßregeln der Sicherung und Besserung" bedeuteten eine Abänderung des Strafgesetzbuchs und eröffneten den zuständigen Behörden die Möglichkeit, wiederholt unter dem Asozialitätsvorwurf eingelieferte Personen „so lange es der Zweck erfordert" – dies bedeutete unter Umständen auch lebenslänglich – in Fürsorgelagern, Arbeitshäusern oder Gefängnissen einzusperren.26 Diese und weitere von den Nationalsozialisten zum „Schutz der Volksgemeinschaft“ neu eingeführten rechtlichen Regelungen trugen ebenso wie die immer unnachsichtigere Behandlung der „Asozialen“ durch Verwaltung und Justiz dazu bei, die bis 1933 geltenden rechtstaatlichen Grundlagen im staatlichen Umgang mit den „Asozialen“ mehr und mehr auszuhöhlen, um auch noch die letzten Rechtsgarantien der Betroffenen sukzessiv zu beseitigen.27 Weitere großflächige Verhaftungswellen blieben jedoch bis 1938 regional begrenzt .28 Die Möglichkeiten, gegen „Asoziale“ vorzugehen, wurden mit dem „Grundlegenden Erlass über die vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei“ vom 14. Dezember 1937 noch erweitert . Dieser erlaubte der Polizei eine „polizeiliche Vorbeugungshaft“ nicht nur gegen Kriminelle , sondern auch gegen „Asoziale“ zu verhängen.29 Der Erlass leitete in verschiedener Hinsicht eine neue Phase in der Verfolgung von „Asozialen“ ein. Neben der Inhaftierung in speziell für „Asoziale“ vorgesehene Arbeitshäuser oder Arbeitslager konnten die von Vorbeugungshaft betroffenen Personen nun auch in ein Konzentrationslager eingewiesen werden, was seit 1938 der Regelfall war. Zudem verlagerte sich fortan die Zuständigkeit für die Asozialen in immer stärkeren Maße von den kommunalen Fürsorgeinstanzen und (Amts-) Gerichten auf die zentralisierte Polizei unter Führung des Reichskriminalpolizeiamts sowie später teilweise auch auf die Gestapo . Auch wenn die Reichsinstanzen bei der Verfolgung von „Asozialen“ auf die Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort angewiesen waren, trug diese Änderung der Zuständigkeiten wesentlich zu einem einheitlichen und damit „effizienteren“, d.h. für die Betroffenen rigideren Vorgehen bei. Tatsächlich erwies sich der Erlass als ein gefährliches, die bisherige Verfolgungspraxis erheblich verschärfendes Repressionsinstrument. Er ermöglichte, jegliches von den rigiden Normen der nationalsozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung abweichende Verhalten als gesellschafts - und staatsfeindlich zu verfolgen und rechtfertigte die flächendeckende Verhängung von Vorbeugungshaft gegen „Asoziale“ als kriminalpolizeiliche Präventivmaßnahme. Die Lage der Betroffenen wurde dadurch immer bedrohlicher. War mit der bis dahin geübten Internierungspraxis trotz des harten Lageralltags und der Gefahr der Zwangssterilisation immerhin noch die Aussicht verbunden, eventuell eines Tages entlassen zu werden oder zumindest zu überleben , bedeutete die auf Basis des Erlasses erfolgende massenhafte Deportation von „Asozialen“ in 25 Vgl. Stegemann, 2013. 26 Vgl. Ayaß, 1998, S. XIV; Stegemann, 2013. 27 Vgl. Ayaß, 1998, S. XV. 28 Vgl. Ayaß 1995, S. 40. 29 Vgl. Stegemann, 2013; Ayaß, 1998, S. XVIII; KZ Neuengamme, 2009, S. 10; Schikorra, 2005, S. 105. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 11 die Konzentrationslager für die meisten Häftlingen nicht nur schwerste Demütigungen, Unterdrückung und Folter, sondern letztlich auch die Vernichtung der physischen Existenz.30 Die Forschung sieht in dem Erlass folglich ein weiteres „kriminalbiologisches Repressionsinstrument“ zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines „gesunden Volkskörpers“: „Zusammen mit dem seit Juli 1933 geltenden „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das unter anderem etwa 300 000 Sterilisationen nach sich zog, bestand damit seit 1937/38 ein komplementär wirkendes Maßnahmenarsenal für die Durchsetzung sozialbiologischer Konzepte einer völkischen Gesellschaftsordnung .“31 Im Frühjahr und Sommer 1938 kam es im Rahmen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ zu einer zentral gesteuerten reichsweiten Massenverhaftung von so genannten „Arbeitsscheuen“, „Asozialen “ und „Gemeinschaftsfremden“. Unter anderem auf Grundlage des ein halbes Jahr zuvor erlassenen Vorbeugungshaft-Erlasses und ergänzender Verordnungen zur Rekrutierung von „Arbeitsunwilligen “ nahmen Gestapo und Kriminalpolizei unterstützt von den örtlichen Arbeitsverwaltungen mehr als 10.000 „Asoziale“ fest, um sie in Konzentrationslager einzuliefern. Neben den „Asozialen“ im o.g. Sinne wurden bei dieser Aktion auch zahlreiche Juden sowie Sinti und Roma verhaftet und in Konzentrationslager deportiert.32 Bereits wenige Wochen nach Abschluss der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ war die Verhängung von Vorbeugehaft in Konzentrationslagern gängige Praxis der an der „Asozialen“-Verfolgung beteiligten Polizei und Verwaltungsinstanzen geworden. Hierfür war sicherlich mit ausschlaggebend , dass die Verhängung von Vorbeugehaft eine hohe abschreckende Wirkung entfaltete und für die Sozialverwaltungen vor Ort ein günstiges Instrument darstellte, um sich missliebiger Versorgungsempfänger auf schnelle und einfache Weise zu entledigen. Zudem war sie für die Kommunen auch finanziell überaus lukrativ, da die Zahlung von Sozialleistungen an die Betroffenen eingestellt werden konnte und die Unterbringung in den Konzentrationslagern kostenfrei war. Es war von daher wenig verwunderlich, wenn in den Quellen wiederholt davon die Rede ist, dass die kommunalen Sozialbehörden von sich aus die Polizei zur Verhaftung von „Asozialen“ aufgefordert haben.33 In den Konzentrationslagern bildeten die „Asozialen“ eine eigene Häftlingskategorie. Zur Unterscheidung von anderen Häftlingsgruppen waren sie mit einem schwarzen Winkel auf ihrer Arbeitskleidung gekennzeichnet. In einigen Lagern war die Häftlingsgruppe der „Asozialen“ zeitweise die größte Gruppe überhaupt.34 Obwohl die weitaus meisten in der Gruppe der „Asozialen“ 30 Vgl. Ayaß, 1998, S. XVIII; KZ Neuengamme, 2009, S. 10. 31 KZ Neuengamme, 2009, S. 10f.; vgl. Roth, 2005, S. 72f.; Hermann; Braun, 2013. 32 Vgl. Ayaß, 1998, S. XVII; Stegemann, 2013; KZ Neuengamme, 2009, S. 11; Drs. 16/9887, S.1. 33 Vgl. Ayaß, 1995, S. 140-166; Ayaß, 1998, S. XVII. 34 Vgl. Ayaß, 1998, S. XVII; Ayaß, 2009, S. 21 u. 25f; Stegemann, 2013; KZ Neuengamme, 2009, S. 11; Schikorra, 2005, S. 105. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 12 zusammengefassten Lagerinsassen Wohnungslose waren35, war die Gruppe insgesamt doch äußerst heterogen zusammengesetzt. Die für die Gruppe der „asozialen“ Häftlinge charakteristische Vielfalt und Unterschiedlichkeit hinsichtlich Verhaltensdispositionen, regionale und soziale Herkunft , Charakter, Mentalität, Weltanschauung etc. verstärkte die schon vor der Verhaftung bestehende Isolation der Betroffenen. Die Herausbildung einer gemeinsamen Gruppen-Identität und ein gemeinschaftliches Handeln der Gruppenmitglieder waren bei diesen Gegebenheiten kaum möglich. Infolgedessen waren die inhaftierten „Asozialen“ ungleich weniger als andere Häftlingsgruppen in der Lage, in ihrer Gruppe gemeinsame Strategien für den Überlebenskampf in den Lagern zu entwickeln.36 Zusätzlich erschwert wurde das Lagerleben für die „Asozialen“ noch dadurch, dass sie in der Hierarchie der Häftlinge den untersten Platz einnahmen. Sowohl Lagerpersonal wie auch Mitgefangene begegneten ihnen mit der gleichen Voreingenommenheit und Ablehnung, die ihnen auch in der Gesamtgesellschaft entgegengebracht wurde: „‚Asoziale‘ galten als unzuverlässig und unsolidarisch , die vielfach von Hass, Eifersucht und Missgunst geprägt waren und durch gegenseitige Verleumdungen und Beschimpfungen den ohnehin harten Lageralltag noch erschwerten.“37 Auch die Aussagen von Mitgliedern anderer Häftlingsgruppen, die die gemeinsame Haft mit den „asozialen“ Gefangenen als zusätzliche Demütigung empfanden, belegen das Ausmaß der Diskriminierung und Ablehnung, denen die „Asozialen“ in den Konzentrationslagern ausgesetzt waren .38 Die Isolierung und Verachtung der „Asozialen“ innerhalb der Lagergesellschaft dürfte ein wesentlicher Grund dafür gewesen sein, dass sie in besonderem Maße ins Visier des Aufsichtspersonals gerieten und mehr noch als andere Gefangenengruppen Grausamkeiten, Folter und Schikanen ihrer nationalsozialistischen Peiniger ertragen mussten. Dies dürfte auch die vergleichsweise hohe Todesrate innerhalb dieser Gruppe in den Konzentrationslagern erklären. So wird etwa für das Konzentrationslager Flossenbürg berichtet, dass vier von fünf der während der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ dort eingewiesenen Häftlinge bereits nach zwei Jahren verstorben waren.39 Vorfälle wie dieser bestätigten nach Ansicht mancher Forscher aber auch die These, dass die Nationalsozialisten ihr sozial-rassistisches Selektionsprogramm besonders „effektiv“ und „gründlich“ bei dieser Gruppe realisiert haben.40 Die ab 1938 einsetzende erhebliche Verschärfung der „Asozialen“-Verfolgung ist auch im polizeilich -administrativen Umgang mit Prostituierten und jugendlichen „Asozialen“ festzustellen. Im Interesse einer „Reinhaltung des Straßenbilds waren Polizei und Justiz bereits zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft mit Razzien, kurzfristigen Inhaftierungen, Zwangskasernierungen und weiteren Repressalien insbesondere gegen Straßenprostituierte vorgegangen. Hierzu wurden zum einen die bestehenden Strafrechtsnormen gegen Prostitution weitestgehend ausgenutzt oder 35 Vgl. Ayaß, 2009, S.21. 36 Vgl. Schikorra, 2005, S. 116-119; KZ Neuengamme, 2009, S 7. 37 Ayaß, 2009, S. 17 38 Vgl. Ayaß, 2009, S. 16f. 39 Vgl. KZ Neuengamme, 2009, S. 11. 40 Vgl. KZ Neuengamme, 2009, S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 13 – wie im Falle der verbotenen Kasernierung – überschritten, zum anderen aber auch die bestehenden gesetzlichen Unzuchtsparagraphen zuungunsten der Betroffenen verschärft. Nach Kriegsbeginn wurde die Prostitution einer rigiden staatlichen Kontrolle unterworfen. Die Verhängung von Vorbeugehaft gemäß dem Erlass vom 14. Dezember 1937, die von Beginn an auch gegen Prostituierte gerichtet war, nahm nun stetig zu. Ebenso stieg die Einweisung von Prostituierten in Konzentrationslager wegen Verstoßes gegen polizeiliche Vorschriften rasant an. Das in der Praxis der zuständigen Behörden bereits häufig missachtete Kasernierungsverbot wurde 1940 vollends aufgehoben.41 Weil die Nationalsozialisten aufgrund des Krieges eine „Verwilderung“ der Jugendlichen und ein Ansteigen der Jugendkriminalität befürchteten, wurden auch die Maßnahmen gegen Jugendliche, die „bereits durch den Grad ihrer Verwahrlosung ein [sic] Gefahrenherd für die übrigen Jugendlichen darstellen“ intensiviert.42 Ziel dieser Maßnahmen war auch hier, die „Volksgemeinschaft“ vor Jugendlichen mit „kriminellen und asozialen Neigungen“ zu schützen.43 Bereits im Mai 1939 war die „Reichszentrale zur Bekämpfung der Jugendkriminalität" innerhalb des Reichskriminalpolizeiamts installiert worden, die sich im Rahmen der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung auf die „kriminalpolizeiliche Überwachung von Kindern und Jugendlichen, die erblich kriminell belastet erscheinen“ konzentrierte und dabei auch auf die Anwendung polizeilicher Zwangsmittel zurückgreifen konnte.44 Im selben Jahr hatte das Reichskriminalpolizeiamt die Schaffung von Möglichkeiten für eine polizeiliche Unterbringung von „kriminell gefährdeten und asozialen Minderjährigen", für die „trotz ihres kriminellen oder asozialen Verhaltens Fürsorgeerziehung wegen Aussichtslosigkeit oder Überschreitung der Altersgrenze nicht angeordnet oder aufrechterhalten werden kann," in Aussicht gestellt.45 Seit dem Sommer 1940 erfolgte unter Bezugnahme auf den „Vorbeugehafterlass“ von 1937 dann die Einweisung von „kriminellen und ‚asozialen‘ jungen Männern“ im Alter von 16 bis 19 Jahren (seit November 1940 bis 21 Jahren) in Konzentrationslager sowie in für diesen Zweck von der Sicherheitspolizei eigens eingerichtete und betriebene „Jugendschutzlager“, die nach dem Vorbild der Konzentrationslager organisiert waren.46 Die letztendliche Entscheidung über die Inhaftierung der Jugendlichen traf auf Vorschlag der zuständigen Jugendbehörden das Reichskriminalpolizeiamt. Die Unterbringung war nicht befristet. Häftlinge der Jugendschutzlager wurden bei Erreichen der Volljährigkeit ggf. in ein Konzentrationslager für Erwachsene verlegt.47 41 Vgl. Ayaß, 1998, S. XVIIIf. 42 Zit. nach Guse, 2005, S. 133. 43 Zit. nach Guse, 2005, S. 135. 44 Zit. nach Guse, 2005, S. 133; vgl. Ayaß, 1998 S XIX. 45 Zit. nach Ayaß, 1998 S XIX. 46 Vgl. Ayaß, 1998, S. XIXf.; Guse, 2005, S. 134. Spezielle Lager für junge Männer war das Jugendschutzlager Moringen / Solling (Niedersachen), für Mädchen das Jugendschutzlager Uckermark in der Nähe des KZ Ravensbrück (Brandenburg). 47 Vgl. Ayaß, 1998, S. XX. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 14 Wie aus einem Erlass des Reichsführers SS und der Deutschen Polizei Heinrich Himmler an die Polizeibehörden vom 25. April 1944 hervorgeht, waren Zielgruppen, Aufgaben und Arbeitsweise der Jugendschutzlager von der rassenbiologischen Programmatik der Nationalsozialisten bestimmt und zielten letztendlich auf die Aussonderung und physische Vernichtung von „gemeinschaftsschädlichen Elementen“: „(1) Aufgabe der Jugendschutzlager […] ist, ihre Insassen nach kriminalbiologischen Gesichtspunkten zu sichten, die noch Gemeinschaftsfähigen zu fördern, dass sie ihren Platz in der Volksgemeinschaft ausfüllen können, und die Unerziehbaren bis zu ihrer endgültigen anderweitigen Unterbringung (in Heil- und Pflegeanstalten, Bewahrungsanstalten , Konzentrationslagern usw.) unter Ausnutzung ihrer Arbeitskraft zu verwahren. (2) Erziehungsmittel sind straffe Lagerzucht, angespannte Arbeit, weltanschauliche Schulung, Sport, Unterricht , planmäßige Freizeitgestaltung. […] (3) Für die Einweisung in die polizeilichen Jugendschutzlager kommen über 16 Jahre alte Minderjährige in Frage, bei denen die Betreuung durch die öffentliche Jugendhilfe […] nicht zum Ziel geführt hat oder von vorneherein aussichtslos erscheint und deren kriminelle asoziale Neigungen mit polizeilichen Mitteln bekämpft werden müssen. Bei weiblichen Minderjährigen kommen insbesondere die sexuell schwer gefährdeten für die Unterbringung in Betracht“48 Im Laufe des Krieges wurden die Tatbestände, die zur Einweisung in die Jugendschutzlager führten, immer weiter ausgedehnt. Neben den amtlich als „asozial “, „kriminell“ oder „unerziehbar“ deklarierten Insassen befanden sich in den Lagern auch Jugendliche , die wegen Arbeitsverweigerung / -sabotage, Homosexualität, subkulturell-unangepassten oder oppositionellen Verhaltens (z.B. Verweigerung des HJ-Dienstes Abhören von Feindsendern , Mitglieder der „Swingjugend“, Widerstandstätigkeit) etc. in Vorbeuge- oder Schutzhaft genommen worden waren. Auch geistig und körperlich Behinderte, Zwangssterilisierte und jugendliche Angehörige „rassischer“ Minderheiten wie Sinti und Juden waren dort interniert.49 Für die jugendlichen Insassen war der Lageraufenthalt mit ständiger Kontrolle, strapaziöser körperlicher Beanspruchung, strikten Reglementierungen, permanenten und strengen Bestrafungen, Demütigungen , willkürlichen Übergriffen und Folter sowie extremen Einschränkungen ihrer Persönlichkeitsrechte verbunden. Fast jeder zehnte Häftling kam bei dem nationalsozialistischen „Erziehungsexperiment “, Heranwachsenden durch „Arbeit und Disziplin“ zu „Volksgenossen“ umzuerziehen , um Leben.50 Beides, die Ausdehnung der Tatbestände und Delikte die zur Inhaftierung in den Lagern führte wie auch die repressive Behandlung der Häftlinge, führte dazu, dass die Jugendschutzlager spätestens seit Mitte 1942 den Charakter von „Konzentrationslagern für Jugendliche “ annahmen.51 48 Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei, 1944, S. 374; vgl. Ayaß, 1998, S. XX; Guse, 2005, S. 135 u. 137 49 Guse, 2005, S. 137f. 50 Guse, 2005, S. 145. In diesem Zusammenhang wäre auch auf das von den Nationalsozialisten 1942 in Lodz eingerichtete Jugendverwahrlager für polnische Kinder und Jugendliche hinzuweisen, in dem Schätzungen zufolge etwa fünfhundert Kinder und Jugendliche ums Leben kamen; vgl. Ayaß, 1995, S. XX. 51 Guse, 2005, S. 138 u. 140 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 15 4. Zum quantitativen Umfang der von den Nationalsozialisten als „asozial“ verfolgten Personen Die Bestimmung des quantitativen Umfangs der von der nationalsozialistischen „Asozialen“- Verfolgung betroffenen Menschen ist nach wie vor ein Desiderat der Forschung. Genaue Zahlen oder wenigstens plausible Schätzungen sind nicht überliefert. Auch die Bundesregierung konnte in ihrer Antwort auf eine Anfrage im Deutschen Bundestag nach Anzahl und Art der Verfolgungen von „Asozialen“ durch die Nationalsozialisten keine konkreten Auskünfte geben.52 Die unzureichende Bestimmung des Ausmaßes der Verfolgungen ist nicht zuletzt der begrifflichen Unschärfe geschuldet, mit der die Nationalsozialisten den Begriff „asozial“ gebrauchten. Die mangelnde Präzision bei der Definition der als „asozial“ bezeichneten Gruppen, die im Laufe der Zeit erfolgte sukzessive Erweiterung der dieser Sozialkategorie zuzurechnenden Personenkreise und die damit zusammenhängenden Abgrenzungsprobleme gegenüber anderen Verfolgtengruppen, aber auch die regional unterschiedliche und sich im Zeitverlauf wandelnde Registrierungs- und Verfolgungspraxis hat bis heute einer auch nur annähernd plausiblen Schätzung der Zahl der verfolgten „Asozialen“ entgegengestanden. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Quellenüberlieferung äußerst lückenhaft ist. Reichsweite oder regionale Statistiken liegen weder zu den amtlich erfassten „Asozialen“ insgesamt noch zu den gegen diese Gruppen verhängten Sanktionen vor. Einige Kommunen führten zwar so genannte „Asozialen“-Karteien, aber diese sind keinesfalls flächendeckend verfügbar bzw. überliefert und besitzen wegen ihres lokalen Bezugs nur beschränkten Aussagewert. Rückschlüsse auf die Größenverhältnisse im Reich oder größere Regionen lassen sie jedoch nicht zu. Eine geplante reichsweite „Asozialen“-Kartei wurde nie realisiert .53 Die Gesamtzahl der Menschen, die aufgrund der nationalsozialistischen „Asozialen“-Verfolgung in Haft genommen wurden, ist ebenfalls nicht bekannt. Angaben über die zur Pflicht- und Zwangsarbeit verpflichteten Personen gibt es lediglich für einzelne Einrichtung zu bestimmten konkreten Zeitpunkten. So erreichte etwa die Zahl der Stuttgarter Pflichtarbeiter im August 1934 die Höchstzahl von 2.693 Personen.54 Einer überlieferten Akte der Hamburger Sozialbehörde zufolge waren im Jahr 1935 im Hamburger Arbeitsfürsorgelager in Rickling 243 Männer zwangsweise untergebracht .55 Im bremischen Arbeitszwangslager Teufelsmoor wurden bis Ende 1938 280 Männer eingewiesen .56 Seriöse Schätzungen über die Zahl der zwangsweise in Lager, Arbeitshäuser oder Bewahrungsanstalten verbrachten Personen auf Reichsebene liegen dagegen nicht vor. Die Verhafteten-Zahlen während der so genannten „Bettlerwoche“ im Sommer 1933 lassen sich für einige Städte und Regionen anhand archivalischer Dokumente und Presseartikel rekonstruieren (s. Tabelle 1). In Bezug auf die Inhaftierungszahlen im Reich insgesamt zieht Wolfgang Ayaß, der 52 Drs. 16/9887, S.2. 53 Vgl. Ayaß, 1988, S. 51f; Ayaß, 1998, S. XXIII; s. hierzu Ritter, 1941, S. 40. 54 Vgl. Ayaß, 1995, S. 76. 55 Vgl. Ayaß, 1995, S. 64. 56 Vgl. Ayaß, 1995, S. 71. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 16 die „Bettlerwoche“ in seiner Dissertation eingehend untersucht hat, folgende Schlussfolgerung: „Die Gesamtzahl der Verhafteten im Reich kann nur geschätzt werden. Allein die veröffentlichten Meldungen aus einzelnen Städten und Regionen überschreitet die Zahl von zehntausend Festnahmen . Wahrscheinlich sind mehrere zehntausend Menschen zumindest vorübergehend festgenommen worden.“ 57 Tabelle 1: Zahl der während der „Bettlerwochen“ im Sommer 1933 in einigen Städten und Regionen verhafteten Personen Volksstaat Württemberg 4818 (entspricht einer Festnahme auf 560 Einwohner) Stuttgart 115 Hamburg 1.400 Heidelberg 236 Pforzheim 21 Lahr (Bezirk) 80 (entspricht einer Festnahme auf 800 Einwohner) Leipzig 243 Anzeigen München 510 Etwas konkretere Angaben liegen zu den Opfern der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ vor. Nach Abschluss der in zwei Wellen erfolgten Verhaftung arbeitsfähiger „Asozialer“ und deren anschließender Einweisung, vornehmlich in die Konzentrationslager Buchenwald, Sachsenhausen und Dachau, befanden sich in Sachsenhausen 6.125 und in Buchenwald 4.582 (davon 1.200 Juden)58 „Asoziale“.59 Nach Angaben der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten lag die Zahl der im Konzentrationslager Sachsenhausen insgesamt als „Asoziale“ oder „Arbeitsscheue“ registrierten Häftlinge bis 1945 bei mindestens 11.500 Personen. Ca. 2.600 Häftlinge aus der Gruppe der „Asozialen“ kamen dort ums Leben.60 Im Konzentrationslager Dachau waren neueren Berechnungen zufolge bis zum Ende der NS-Herrschaft rund 9.173 „Asoziale“ interniert.61 In einem Vortrag vor SS-Offizieren bezifferte der Amtschef der Dienstelle Vierjahresplan, SS-Oberführer Ulrich Greifelt, die Zahl der während der Aktion verhafteten Personen auf „weit über 57 Ayaß 1955, S. 24. 58 Stand 1. Juli 1938, vgl. Drs. 16/9887, S.3. 59 Vgl. Ayaß,1996, S. 166. Laut Drs. 16/9887, S. 2, wurden im Rahmen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ etwa 6.300 Häftlinge in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingewiesen, davon 900 Juden und 500 Sinti und Roma. 60 Drs. 16/9887, S. 2f. 61 Allex, 2015, S. 33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 17 10.000“.62 Vermutlich war es diese Zahlenangabe, die die meisten Historiker bewog, die Gesamtzahl der Verhafteten auf rund 11.000 Personen zu taxieren.63 Demgegenüber geht Dirk Stegemann vom Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute“ davon aus, dass „mehr als 20.000 Menschen “ von dieser Repressionsmaßnahme betroffen waren. Belege hierfür legt er jedoch nicht vor. Allerdings ist es durchaus möglich, dass die geringe Trennschärfe beim Gebrauch des Begriffs „asozial “ durch die Nationalsozialisten Stegemann veranlasst haben könnten, auch noch weitere Verfolgtengruppen , die wie Sinti und Roma oder Juden ebenfalls von der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ betroffen waren, in seine Schätzung mit einzubeziehen.64 Generell ist festzustellen, dass zeitgenössische wie heutige Aussagen zur Gesamtzahl der als „asozial “ eingestuften Personen überaus spekulativ waren bzw. sind und folglich mit einem hohen Maß an Skepsis betrachtet werden müssen. Himmler schätzte die Zahl der insgesamt internierten „Asozialen “, Berufsverbrecher und Sicherungsverwahrten auf einer Tagung der Befehlshaber in Bad Schachen am 14. Oktober 1943 auf etwa 70.000 Menschen.65 Anne Alex vom Berliner Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute“ beziffert auf Basis einer Addition unterschiedlichster Zahlenangaben die Gesamtzahl der als "Kriminelle" und "Asoziale" verfolgten Personen auf ca. 34.000.66 Bezieht man sich auf diese beiden Angaben als Mindest- bzw. Maximalwerte, läge die Zahl der von der nationalsozialistischen „Asozialen“-Bekämpfung betroffenen Personen also zwischen 34.000 und 70.000 Menschen. 5. Heute noch lebende Mitglieder der „Asozialen“- Opfergruppe Die geschilderten Schwierigkeiten bei der Schätzung der als „Asoziale“ verfolgten Personen lassen es auch nicht zu, die noch lebenden Opfer exakt zu beziffern. Grundsätzlich wird man allerdings davon ausgehen können, dass die überwiegende Mehrzahl dieser Opfer bereits verstorben ist. Dies dürfte insbesondere auf die Gruppe der „Asozialen“ zutreffen, die am stärksten den diversen Maßnahmen der nationalsozialistischen „Asozialen“-Politik ausgesetzt war: die erwachsenen, arbeitsfähigen Männer. So bezog sich der Erlass Himmlers vom 25. Januar 1938, mit dem er eine Aktion zur umgehenden Verhaftung von „Arbeitsscheuen“ anordnete, ausdrücklich auf „Männer im arbeitsfähigen Lebensalter“. Auch der Schnellbrief Heydrichs vom 1. Juni 1938 an die Kriminalpolizeiämter ordnete an, „mindestens 200 männliche arbeitsfähige Personen (asoziale) in polizeiliche Vorbeugungshaft zu nehmen.“67 Die empirischen Befunde von Wolfgang Ayaß, der sich in Deutschland am intensivsten mit der NS-„Asozialen“-Politik befasst hat, untermauern die These, dass vor allem arbeitsfähige Männer Ziel der NS-Verfolgung waren: „Die im Kriminalpolizeistellenbezirk Kassel im Juni 1938 verhafteten 152 »Asozialen« waren durchschnittlich 38 Jahre alt. Dagegen waren die 116 im Jahre 1938 aus derselben Region […] eingelieferten Bettler und Landstreicher im 62 Vgl. Ayaß, 1995, S. 158. 63 Vgl. Kühnrich, 1960, S. 32. Ayaß, 1998, S. XVII; KZ Neuengamme, 2009, S. 11. 64 Vgl. Stegemann, 2013. 65 Vgl. Ayaß, 1995, S. 172. 66 Vgl. Allex, 2015, S. 33. 67 Zit. n. Buchheim, 1966, S. 191. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 18 Durchschnitt 48 Jahre alt […]. Auch die Ende Januar 1938 von den Wanderfürsorgeverbänden durchgeführte »Stichtagzählung der Wanderer« […] ergab bei 22.946 gezählten Personen ein mit 45 Jahren weit höheres durchschnittliches Alter als bei den während der »Juniaktion« der Kriminalpolizei Verhafteten.“68 Selbst wenn man davon ausgeht, dass die jüngsten Angehörigen der Opfergruppe arbeitsfähige „asoziale“ Männer 1945 höchsten 18 bis 20 Jahre alt gewesen wären, dürfte es angesichts der hohen Sterblichkeitsrate der „Asozialen“-Gruppen in den Konzentrationslagern, aber auch aufgrund des großen zeitlichen Abstands seit Kriegsende heute kaum noch Überlebende dieser Opfergruppe geben. 69 Ein vager Hinweis ergibt sich aus den Antworten der Bundesregierung auf zwei kleine Anfragen der Fraktion Die Linke in den Jahren 2008 und 2015. Demnach erhielten im Jahr 2008 insgesamt 205 ehemalige „Asoziale“ Entschädigungen nach der AKG-Härterichtlinie.70 2015 wurden insgesamt 181 Opfer aus der Gruppe der „Asozialen“ Leistungen nach §4 der Härterichtlinien des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes als einmalige Beihilfe zugebilligt.71 6. Entschädigung der „Asozialen“ nach 1945 „Asoziale“ sind in der Bundesrepublik bis heute nicht als Opfergruppe anerkannt. In der einschlägigen Literatur werden hierfür u.a. - die Ablehnung und Konkurrenz anderer Opfergruppen (wie z.B. die politischen und jüdischen Opfergruppen), die „Asoziale“ nicht als wirkliche Opfer der NS-Gewaltherrschaft anerkannten, aber auch - die von diesen Opfergruppen wesentlich mitgeprägte Gedenkkultur oder - die bis heute fortbestehende, in nicht geringem Maße von den sozialrassistischen Konzepten der Nationalsozialisten beeinflusste Vorurteilsstruktur gegenüber sozialen Randgruppen und deren auch heute noch andauernde Stigmatisierung durch große Teile der Mehrheitsgesellschaft angeführt. Gründe wie diese – da ist sich die einschlägige Literatur weitgehend einig – hätten die Aufklärung und Aufarbeitung der Verfolgung der „Asozialen“ durch die Nationalsozialisten in beiden deutschen Nachkriegsstaaten lange Zeit verhindert. Bis heute seien die an dieser Gruppe begangenen Verbrechen nicht als Unrecht anerkannt, nur ganz wenige Opfer würden entschädigt oder rehabilitiert. Auch habe es kaum Bemühungen gegeben, die von den Nationalsozialisten tradierten und bis heute nachwirkenden ablehnenden Einstellungen und Ausgrenzungspraktiken gegenüber sozialen Randgruppen kritisch zu hinterfragen und zu korrigieren.72 Im Gegenteil: manche Entscheidungen staatlicher Instanzen bis in die 1960er-Jahre legten den Schluss nahe, dass man die nationalsozialistischen Sanktionsmaßnahmen gegen die „Asozialen“ ausdrücklich nicht in Frage stellen oder sogar bestätigen wollte. So wies der Bundesgerichtshof 68 Vgl. Ayaß, 1995, S. 164. 69 Vgl. Ayaß, 1995, S. 166ff. 70 Vgl. Drs. 16/9887, S. 3. 71 Vgl. Drs. 18/6719, S. 2f. 72 Vgl. KZ Neuengamme, 2009, S. 10 u. 13; Stegemann, 2013; Ayaß, 2009, S. 17; Drs. 16/9887, S.1f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 19 mit seinem Urteil vom 7. Januar 1956 die Forderung nach einer Entschädigung von Sinti und Roma, die aufgrund des oben erwähnten Schnellbriefs Himmlers vom 27. April 1940 zwangsweise deportiert worden waren, mit der Begründung zurück, dass „nicht die Rasse als solche der Grund für die darin [=im Erlass Himmlers] getroffenen Anordnungen bildet, sondern die bereits erwähnten asozialen Eigenschaften der Zigeuner, die auch schon früher Anlass gegeben hatten, die Angehörigen dieses Volkes besonderen Beschränkungen zu unterwerfen.“73 In Prozessen gegen das Aufsichtspersonal der Jugendkonzentrationslager Uckermark und Moringen wurde nach Ansicht von Historikern „die soziale Deklassierung von Personen als »asozial« und »kriminell«, als »sexuell verwahrlost « und »sittlich gefährdet« zur nachträglichen Legitimation für verbrecherisches Handeln erhoben. Aussagen von Überlebenden wurden unter Verweis auf ihren Lebenswandel als unglaubwürdig eingestuft, den Angeklagten hingegen abgenommen, lediglich eine zeitgemäße und noch in den 1950er-/1960er-Jahren nicht hinterfragte Form der »Jugendfürsorge« praktiziert zu haben.“74 Das Bundessozialhilfegesetz von 1962 enthielt u.a. eine Regelung, der zufolge Personen, „die aus Mangel an innerer Festigkeit ein geordnetes Leben in der Gemeinschaft nicht führen können“ und die „besonders willensschwach“ oder in ihrem „Triebleben besonders hemmungslos “ und „verwahrlost oder der Gefahr der Verwahrlosung besonders ausgesetzt“ sind, zwangsweise in Anstalten eingewiesen werden konnten. Ebenso konnte für jemanden, der sich „trotz wiederholter Aufforderung beharrlich [weigert], zumutbare Arbeit zu leisten“, die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt angeordnet werden.75 Tatsächlich fand die Diskriminierung der „Asozialen“ in den Lagern durch das Aufsichtspersonal und die Mithäftlinge76 ihre Fortsetzung in der unterschiedlichen Behandlung der verschiedenen Opfergruppen in den beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften. Eine organisierte Interessenvertretung für die „asozialen“ Opfer des Nationalsozialismus hat es nie gegeben. Die nach Kriegsende rasch gegründeten Opferverbände erkannten ehemalige „asoziale“ und „kriminelle“ Mithäftlinge nicht als Leidensgenossen an und lehnten es ab, diese als Mitglieder aufzunehmen oder deren Interessen wahrzunehmen. Vielmehr wurden sie als lästige Konkurrenten im Kampf um Anerkennung und Entschädigung empfunden und ihre Forderungen nach Entschädigungsleistungen als 73 BGH, Urteil vom 7. Januar 1956 – Az. IV ZR 211/55 74 KZ Neuengamme, 2009, S. 14; Guse, 2005, S. 151 75 Bundessozialhilfegesetz in der Fassung vom 5. Juli 1961 §§ 26 u. 73; vgl. Stegemann, 2013. In diesem Zusammenhang wäre ebenfalls darauf zu verweisen, dass das von den Nationalsozialisten erlassene „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ von 1933/34, das unter anderem die juristische Grundlage der massenhaft vorgenommenen Zwangssterilisierungen bildete, nach 1945 nicht aufgehoben wurde und die Leidtragenden dieses Gesetzes nicht als zu entschädigenden Opfer des Nationalsozialismus anerkannt wurden; vgl. Hermann; Braun, 2013. 76 Siehe S. 12; vgl. KZ Neuengamme, 2009, S. 10; Ayaß, 2009, S. 16f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 20 nicht berechtigt abgelehnt.77 Das rückwirkend zum 1. Oktober 1953 beschlossene Bundesentschädigungsgesetz , das am 29. Juni 1956 verabschiedete wurde,78 trug der fortbestehenden Diskriminierung von Seiten der übrigen Opfer wie von der Gesamtgesellschaft insofern Rechnung, als es den überlebenden Mitgliedern der „asozialen“ Opfergruppe den Status als Opfer nicht zuerkannte und demzufolge diesen auch keine Entschädigungsleistungen zubilligte. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang zudem die Tatsache, dass in der Bundesrepublik die Gewährung von Entschädigungszahlungen bis in die achtziger Jahre hinein den Nachweis von so genannten NS-typischen Verfolgungsmaßnahmen, d.h. konkret von politischer, religiöser oder rassistischer Verfolgung erforderte.79 Da den überlebenden Mitgliedern der „Asozialen“-Opfergruppe weder in der Bundesrepublik noch in der Deutschen Demokratischen Republik der Status offiziell als NS-Opfer zuerkannt wurde, kam es nie zu einer zielgerichteten Entschädigung dieser Gruppe. Auch in der DDR verhinderte eine verbreitete negative Haltung gegenüber den „Asozialen“ deren vollgültige Anerkennung als NS-Opfer.80 Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die fortbestehende soziale Verachtung und Ablehnung sowie die unzureichende Organisationsfähigkeit und Interessenartikulation machte es den ehemals verfolgten „Asozialen“ besonders schwer, ihre Entschädigungsansprüche geltend zu machen und durchzusetzen. Entsprechend gering war die Zahl der Entschädigungsanträge, die von „asozialen“ Opfern der NS-Diktatur gestellt wurde.81 Erst nachdem Mitte der 1980er-Jahre in der Entschädigungsdiskussion und -praxis sich der Blick weniger auf die Motive der Täter, sondern mehr und mehr auf die Opfer gerichtet hatte, beschloss der Deutsche Bundestag die Einrichtung eines Härtefonds , aus dem die vormals als „asozial“ eingestuften Opfer finanzielle Unterstützung erfahren konnten. Der auf den Härterichtlinien des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (AKG) basierende Fonds gewährt überlebenden Opfern unter bestimmten Umständen eine Einmalzahlung in Höhe von 2.556,46 Euro und gegebenenfalls monatliche Zusatzleistungen in Höhe von 120 Euro.82 Aufgrund dessen sind inzwischen auch Personen als Opfer anerkannt und entschädigt worden, die von den Nationalsozialisten als „Asoziale“ eingestuft und verfolgt wurden.83 Nach Auskunft der Bundesregierung erhielten im Jahr 2008 insgesamt 205 überlebende Opfer aus der Gruppe der „Asozialen“ Entschädigungen nach der AKG-Härterichtlinie in der o.g. Höhe von 2.556,46 Euro. 163 dieser Leistungsempfänger waren von den Nationalsozialisten als „Asoziale“, 17 als „Arbeitsverweigerer “, 24 als „Arbeitsscheue“ und einer als „Landstreicher“ eingestuft und verfolgt worden. 77 Vgl. Ayaß, 2009, S. 17f.; Stegemann, 2013. 78 Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz BEG) in der Fassung vom 29. Juni 1956 (BGB1.I, 562, mit den Änderungen vom 1. Juli 1957; BGB1.I, 663, vom 14. August 1961; BGB1.I, 1347, vom 30. Juni 1965; BGBl. 1, 577, denen des BEG-Schlussgesetzes vom 14. September 1965, BGB 1.I, 1315, und des Gesetzes vom 26. August 1966, BGB1.I, 525); vgl. Evers, 2005, S. 181. 79 Vgl. Ayaß, 2009, S. 18; KZ Neuengamme, 2009, S. 14; Evers, 2005, S. 181f.; Drs. 16/9887, S.2. 80 Vgl. Ayaß, 2009, S. 18; KZ Neuengamme, 2009, S. 14. 81 Vgl. KZ Neuengamme, 2009, S. 10; Evers, 2005, S. 182. 82 Die Angaben zur Höhe der Leistungen beziehen sich auf das Jahr 2008; vgl. Drs. 16/9887, S.2; Drs. 18/6719, S. 1f. 83 Korzilius 2005, S. 53ff.; Evers, 2005, S. 180. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 026/16 Seite 21 Eine Antwort der Bundesregierung vom 16. November 2015 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zu den „Leistungen nach den Härterichtlinien des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes im Vergleich zum Bundesentschädigungsgesetz“ enthält Zahlenangaben zu den zum Berichtszeitpunkt gewährten Entschädigungsleistungen nach der AKG Härterichtlinie. Demnach waren von den insgesamt 181 Personen, denen eine einmalige Beihilfe nach §4 der AKG-Härterichtlinien gewährt wurde, 179 Opfer von Zwangssterilisierungen und zwei Euthanasiegeschädigte. Insgesamt 89 Personen erhielten 2015 ergänzende laufende Leistungen nach §6 AKG-Härterichtlinie, davon 75 Personen wegen Zwangssterilisierung, fünf wegen erlittener KZ-Haft und acht wegen Freiheitsentziehung im Gefängnis oder in Euthanasie-Anstalten.84 Konkrete Zahlen zu den Leistungen an ehemalige „asoziale“ Opfer enthält die Antwort der Bundesregierung nicht. Es ist aber davon auszugehen , dass die Angaben der Bundesregierung auch Personen umfassen, die als ehemalige „asoziale “ Opfer entsprechende Leistungen beziehen. 7. Quellen und Literatur - Allex, Anne (2015). Die vergessenen Opfer der Nazis. In: ak Nr. 610 (2015), S. 33. - Ayaß, Wolfgang (1988). „Ein Gebot der nationalen Arbeitsdisziplin“. Die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ 1938. In: Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik, Band 6, Berlin, S. 43-74. - Ayaß, Wolfgang (1995). „Asoziale“ im Nationalsozialismus. Stuttgart. - Ayaß, Wolfgang (1998). Einleitung. In Ayaß, Wolfgang (Bearb.). Gemeinschaftsfremde. Quellen zur Verfolgung von „Asozialen“ 1933- 1945. Koblenz, S. XI-XXV. - Ayaß, Wolfgang (2009). Schwarze und grüne Winkel. Die nationalsozialistische Verfolgung von »Asozialen« und »Kriminellen« — ein Überblick über die Forschungsgeschichte. 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