© 2017 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 024/17 Eckpunkte der Biografie des Mediziners Prof. Dr. Gotthard Schettler Wirken und Auszeichnungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 024/17 Seite 2 Eckpunkte der Biografie des Mediziners Prof. Dr. Gotthard Schettler Wirken und Auszeichnungen Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 024/17 Abschluss der Arbeit: 19. Dezember 2017 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 024/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Biografische Grunddaten 4 3. Wirken 5 4. Auszeichnungen 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 024/17 Seite 4 1. Einleitung Grundlage dieses Sachstandes ist die Frage nach Eckpunkten der Biografie des deutschen Mediziners Gotthard Schettler (1917 – 1996). Dabei soll insbesondere auf sein fachliches Wirken sowie von ihm erhaltene Auszeichnungen eingegangen werden. 2. Biografische Grunddaten Gotthard Schettler wurde am 15. April 1917 in Falkenstein/Vogtland als Sohn eines Pfarrers geboren . Nach dem Abitur studierte er ab 1936 Medizin an den Universitäten Jena, Leipzig, Wien und Tübingen.1 Laut dem „Personenlexikon zum Dritten Reich“, in dem laut eigenen Angaben „die gesellschaftliche Elite der Zeit des Dritten Reiches“ dokumentiert ist, wurde er 1941 Mitglied der NSDAP und Gaustudentenführer in Thüringen.2 In seiner Autobiografie „Erlebtes und Erdachtes“ schildert Gotthard Schettler zwar ausführlich viele Aspekte der Jahre seines Medizinstudiums , erwähnt aber keine eigene NSDAP-Mitgliedschaft oder studentische Führungsposition .3 1942 legte Gotthard Schettler in Tübingen das medizinische Staatsexamen ab und wurde dort im selben Jahr zum Dr. med. promoviert. Bis 1945 arbeitete er als wissenschaftlicher Assistent am dortigen Pathologischen Institut und studierte zudem Chemie. Ab 1945 war er Assistent an der medizinischen Universitätsklinik Tübingen bis zu seiner Habilitation für Innere Medizin 1950. Von 1950 bis 1956 war er Oberarzt der medizinischen Universitätsklinik in Marburg/Lahn und anschließend bis 1961 Direktor der medizinischen Klinik in Stuttgart-Bad Cannstatt. 1961 bis 1963 war er Direktor der II. medizinischen Klinik und Poliklinik der FU Berlin und von 1963 bis 1986 Direktor der medizinischen Universitätsklinik Heidelberg.4 Nach seiner Emeritierung 1986 engagierte er sich weiterhin in einer Vielzahl verschiedener Institutionen und Gremien. Er starb am 20. April 1996 in Heidelberg.5 1 Vgl. Angaben zu Gotthard Schettler auf der Internetseite des Munzinger-Archivs (Munzinger Online) unter: https://www.munzinger.de/search/document?index=mol- 00&id=00000012476&type=text/html&query.key=Of9wzNGU&template=/publikationen/personen /document.jsp&preview= (Stand: 19. Dezember 2017). 2 Klee, Ernst. Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Frankfurt am Main 2003. Seite 7 und 532. 3 Vgl. Schettler, Gotthard. Erlebtes und Erdachtes. 50 Jahre Arzt, Wissenschaftler und Hochschullehrer. Berlin. 1993. Seite 29 bis 57. 4 Vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 15, 10. April 1992, Seite 1361. 5 Vgl. Angaben zu Gotthard Schettler auf der Internetseite des Munzinger-Archivs (Munzinger Online) unter: https://www.munzinger.de/search/document?index=mol- 00&id=00000012476&type=text/html&query.key=Of9wzNGU&template=/publikationen/personen /document.jsp&preview= (Stand: 19. Dezember 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 024/17 Seite 5 3. Wirken Gotthard Schettler gilt als „einer der führenden deutschen Mediziner der Nachkriegszeit“6 und als „einer der Pioniere der deutschen Arterioskleroseforschung“7. Zu seiner wissenschaftlichen Arbeit zählen mehr als 800 Veröffentlichungen und zahlreiche Fachbücher. Außerdem war er in zahlreichen Institutionen des Gesundheitswesens in Deutschland sowie international aktiv und teilweise auch deren Vorsitzender bzw. Präsident. So war er von 1962 bis 1972 Vorsitzender und 1973 Präsident der Europäischen Arterioskleroseforscher, von 1968 bis 1971 Vorsitzender des Westdeutschen Medizinischen Fakultätentages, 1971/1972 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 1977 bis 1985 Präsident der Internationalen Arteriosklerosegesellschaft, von 1986 bis 1990 Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und von 1989 bis 1991 Vorsitzender der Konferenz der Akademien der Wissenschaften in der Bundesrepunlik Deutschland .8 Besondere Verdienste erwarb er sich auch bei der Ausbildung und Fortbildung praktizierender Ärzte. So organisierte er von 1962 bis 1990 die „Berliner Kongresse für ärztliche Fortbildung“. Weiterhin war er Mitglied einer Kommission im Bundesgesundheitsministerium, die 1987 mit der Ausarbeitung einer Reform der ärztlichen Ausbildungsordnung begann.9 Wiederholt wird darauf hingewiesen, dass er einen wichtigen Beitrag zur internationalen Rehabilitation der deutschen Wissenschaften in der Nachkriegszeit geleistet habe und zur Knüpfung internationaler Kontakte auch für seine Studenten beigetragen habe.10 In dem Buch „Wiedergutmachung – Der Kleinkrieg gegen die Opfer“ von 1988 wird Gotthard Schettler vorgeworfen, als Gutachter eine Anerkennung von Arteriosklerose für Ansprüche von Verfolgten des Nationalsozialismus in der Regel abgelehnt zu haben, während er gleichlautende Ansprüche von Heimkehrern aus Kriegsgefangenschaft befürwortet habe.11 Auch im Bericht eines Holocaust-Überlebenden bei einer Gedenkveranstaltung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern am 27. Januar 2015 wird Gotthard Schettler im Zusammenhang mit einem Gutachten genannt , dass zur Ablehnung eines Entschädigungsanspruchs auf Grund nationalsozialistischer 6 Vgl. den Artikel „Wider die Fette - Arterioskleroseforschung: Zum Tode Gotthard Schettlers“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. April 1996, Seite 9. 7 Vgl. Angaben zu Gotthard Schettler auf der Internetseite des Munzinger-Archivs (Munzinger Online) unter: https://www.munzinger.de/search/document?index=mol- 00&id=00000012476&type=text/html&query.key=Of9wzNGU&template=/publikationen/personen /document.jsp&preview= (Stand: 19. Dezember 2017). 8 Vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 15, 10. April 1992, Seite 1361. 9 Vgl. Angaben zu Gotthard Schettler auf der Internetseite des Munzinger-Archivs (Munzinger Online) unter: https://www.munzinger.de/search/document?index=mol- 00&id=00000012476&type=text/html&query.key=Of9wzNGU&template=/publikationen/personen /document.jsp&preview= (Stand: 19. Dezember 2017). 10 Vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 15, 10. April 1992, Seite 1361. 11 Vgl. Pross, Christian. Wiedergutmachung – Der Kleinkrieg gegen die Opfer. Hamburger Institut für Sozialforschung . Frankfurt am Main. 1988. Seite 208 bis 211. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 1 - 3000 - 024/17 Seite 6 Verfolgung geführt habe. Demnach wurde Gotthard Schettler von einem anderen Mediziner mit der Aussage zitiert, dass die „jüdische Rasse“ zu bestimmten Erkrankungen neige, und dies mit als Begründung zur Anzweiflung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden genannt.12 4. Auszeichnungen Gotthard Schettler besaß mehrere Ehrenpromotionen: von der Technischen Universität München (1973), der University of Edinburgh (1978), der Universität Padua (1983), der Universität Montpellier (1984), der Freien Universität Berlin (1986), der Universität Budapest (1987) und der Tongji University Wuhan, Volksrepublik China (1992).13 Außerdem wurden ihm zahlreiche Orden bzw. Verdienst- und Ehrenmedaillen verliehen. So wurde er 1981 mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und 1991 mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet . In den Verleihbegründungen beider Auszeichnungen wurden vor allem sein Engagement im Bereich der Arteriosklerose sowie sein jahrzehntelanges Wirken als Leiter der Kongressgesellschaft für ärztliche Fortbildung in Berlin gewürdigt. Demnach sei es seiner weltweiten wissenschaftlichen Anerkennung und seiner Tatkraft zu verdanken, dass die jährlichen Kongresse dieser Gesellschaft zu den bedeutendsten medizinischen Veranstaltungen der Bundesrepublik Deutschland mit jeweils weit über 25.000 Teilnehmern ausgebaut worden seien. Zu seinen weiteren Auszeichnungen gehören die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg (1991), die Normann-Medaille der Deutsche Gesellschaft für Fettwissenschaft (1975), die Heinrich-Wieland-Medaille in Gold (1989), die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft (1991) und die Gustav-von-Bergmann-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (1996).14 Weiterhin nennt er in seiner Biografie die Verleihung der Jerusalem-Medaille in Silber durch den Staat Israel 1991.15 Bei der Recherche zu diesem Sachstand konnte keine solche Medaille ermittelt werden, die vom Staat Israel selbst als offizielle Auszeichnung an Personen verliehen wird. Inwieweit – neben käuflich zu erwerbenden Jerusalem-Gedenkmedaillen des Staates Israel – eine Jerusalem-Medaille ggf. von staatlichen Einrichtungen, Hochschulen oder wissenschaftlichen Institutionen verliehen wird, konnte in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht abschließend geklärt werden. *** 12 Vgl. „All das geschah am helllichten Tage“. Der Holocaust-Überlebende Horst Selbiger berichtet über sein Schicksal. Gedenkveranstaltung des Landtages am 27. Januar 2015. Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Referat Öffentlichkeitsarbeit. Schwerin. Januar 2015. Seite 55/56. 13 Vgl. Vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 15, 10. April 1992, Seite 1361. 14 Vgl. Vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 15, 10. April 1992, Seite 1361. 15 Vgl. Schettler, Gotthard. Erlebtes und Erdachtes. 50 Jahre Arzt, Wissenschaftler und Hochschullehrer. Berlin. 1993. Seite 287 und 423.