© 2020 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 023/20 Ausgewählte Aussagen der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 2 Ausgewählte Aussagen der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 023/20 Abschluss der Arbeit: 17. August 2020 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte, Politik Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Hinweise 4 2. Auswahl Pressemitteilungen 4 2.1. Pressemitteilung vom 21. Juli 2020 4 2.2. Pressemitteilung vom 10. Juli 2020 5 2.3. Pressemitteilung vom 7. Juli 2020 5 2.4. Pressemitteilung vom 30. Juni 2020 6 2.5. Pressemitteilung vom 19. Juni 2020 7 2.6. Pressemitteilung vom 16. April 2020 8 2.7. Pressemitteilung vom 27. Februar 2020 9 2.8. Pressemitteilung vom 18. Februar 2020 9 2.9. Pressemitteilung vom 5. Februar 2020 10 2.10. Pressemitteilung vom 29. Januar 2020 10 2.11. Pressemitteilung vom 16. Januar 2020 11 3. Auswahl Presseartikel (siehe Anhang) 11 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 4 1. Hinweise Die folgende Dokumentation enthält – den Vorgaben des Auftraggebers entsprechend – eine Auswahl aktueller Aussagen von Funktionärinnen und Funktionären der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Die Recherche erstreckte sich auf den Zeitraum Januar bis August 2020. In dieser Zeitspanne veröffentlichte die IGMG 26 Pressemitteilungen. Eine Auswahl davon macht den ersten Teil der Dokumentation aus. Der zweite Teil enthält als Anhang insgesamt zehn Presseartikel mit Aussagen von IGMG-Funktionären. 2. Auswahl Pressemitteilungen1 2.1. Pressemitteilung vom 21. Juli 2020 „Islamische Gemeinschaft zum Halle-Prozessauftakt: Eine weitere Enttäuschung verkraften wir nicht“ „Der Prozess zum rassistisch motivierten Anschlag in Halle ist mehr als ein Verfahren über eine abscheuliche Tat. Mit diesem Prozess steht und fällt auch das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Justiz. Ein weiteres Justiz-Debakel wie im NSU-Prozess verkraften wir nicht“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist der Auftakt des Prozesses zum rassistisch motivierten Anschlag in Halle. Bekir Altaş weiter: „Der Prozess über den rassistisch motivierten Anschlag in Halle ist eine Chance für die Justiz, verlorenes Vertrauen in den Rechtsstaat wiederzugewinnen. Das Gericht muss – anders als im NSU-Prozess geschehen – die Abscheulichkeit der Tat mit allen seinen Facetten herausarbeiten und die Tat in den richtigen Kontext stellen. Nämlich, dass der Täter kein Einzeltäter ist, sondern angetrieben wird von einer rassistischen Ideologie, die im Internet kollektiv gelebt, gepflegt und weitergegeben wird – von Oslo bis Christchurch , von Halle bis Hanau. In dieser Ideologie gehen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Rassismus in vielfältigen Variationen Hand in Hand. Es ist kein Zufall, dass der Täter für seine Untat gezielt eine Synagoge aufgesucht und anschließend einen türkischen Döner-Imbiss angesteuert hat, um Muslime zu töten. Es ist auch kein Zufall, dass er dabei wahllos Menschen umgebracht hat – weil in seiner menschenverachtenden Ideologie auch dafür Platz ist. Eine weitere Enttäuschung, so wie wir ihn vor dem Oberlandesgericht München beim NSU-Prozess erleben mussten, wäre für einen nicht unerheblichen Teil unserer Bevölkerung sehr schmerzhaft und nicht verkraftbar. Es würde das ohnehin verlorene Vertrauen an den Rechtsstaat und an die Justiz vollends zerstören. Auf dem Spiel steht auch das Vertrauen in die Politik, die stets lückenlose Aufklärung verspricht , dieses Versprechen bis heute aber kein einziges Mal eingelöst hat. Im Gegenteil, verant- 1 Alle Pressemitteilungen sind der Internetseite der IGM entnommen: https://www.igmg.org/pressemitteilung /page/4/G (abgerufen am 12. August 2020) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 5 wortliche Politiker haben teilweise mit dazu beigetragen, dass Vertrauen massiv verloren gegangen ist. Auch vor diesem Hintergrund steht das Gericht im Halle-Prozess in der Pflicht, bei der Aufklärung klare und deutliche Worte zu finden und Defizite schonungslos anzusprechen. Die Islamische Gemeinschaft steht allen Opfern des Anschlags und ihren Hinterbliebenen bei. Möge Allah ihnen Kraft und Geduld geben, diesen Prozess allen Schmerzen zum Trotz zu überstehen . Unsere Gedanken und Gebete sind bei ihnen.“ 2.2. Pressemitteilung vom 10. Juli 2020 „25 Jahre Srebrenica – Die Schande dauert an“ „Die Erinnerungen an Srebrenica sind geprägt von Unrecht und unendlichem Leid, die bis heute andauern“, so der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), Kemal Ergün, anlässlich des 25. Jahrestages des Massakers von Srebrenica. Ergün weiter: „Die Erinnerungen an das Massaker von Srebrenica sind geprägt von einem Verbrechen, der einen Tiefpunkt unserer Zeit zeichnet; sie sind geprägt von Unrecht und unendlichem Leid. Alle unsere Gedanken sind bei all jenen Menschen, denen Leid zugefügt wurde. Möge Allah den Seelen der verstobenen gnädig sein und ihren Hinterbliebenen weiterhin Kraft und Geduld geben. Die Schande von Srebrenica hat nicht geendet vor 25 Jahren. Sie dauert an, weil viele Verbrecher nach wie vor nicht ihrer gerechten Strafe zugeführt wurden, viele nicht einmal zur Verantwortung gezogen wurden. Sie dauert an, weil heute noch Menschen auf der Suche nach den Überesten ihrer Kinder, Ehefrauen und Ehemänner sind, um sie bestatten zu können – und immer noch neue Gräber mit sterblichen Überresten von Ermordeten entdeckt werden. Die Schande von Srebrenica dauert aber auch deshalb an, weil allen voran Europa offensichtlich nicht in der Lage ist – vielleicht auch nicht willens -, eine gebührende Erinnerungskultur an diesen Völkermord zu etablieren. Ein Völkermord, der sich gerade erst 25 Jahren vor den Augen der Vereinten Nationen und der Weltöffentlichkeit mitten in Europa vollzogen hat und zum Inbegriff für das kollektive Versagen geworden ist. Leider findet sie zu wenig Beachtung. Es wäre das Mindeste, sich mit Nachdruck um Versöhnung zu bemühen, sich der eigenen Verantwortung an diesen Verbrechen immer wieder bewusst zu werden, die Erinnerung daran wachzuhalten – mit gebührender Demut und als Mahnung für die Zukunft.“ 2.3. Pressemitteilung vom 7. Juli 2020 „Islamische Gemeinschaft: Aus für „Racial Profiling“-Studie stärkt das Vertrauen in die Polizei nicht“ „Das Aus der geplanten ‚Racial Profiling‘-Studie stärkt das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nicht. Im Gegenteil, es befeuert Spekulationen über Rassismus in der Polizei, die zu viele ‚Einzelfälle ‘ liefert“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die Absage des Bundesinnenministeriums der zuvor angekündigten Studie zu „Racial Profiling“ bei der Polizei. Bekir Altaş weiter: Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 6 „Die Absage der Studie über ‚Racial Profiling‘ bei der Polizei und die Begründung des Ministeriums , sind ein Schlag ins Gesicht jener, die Opfer rassistischer Polizeipraktiken sind. Es gibt einfach zu viele sogenannte ‚Einzelfälle‘ als dass man behaupten kann, ‚Racial Profiling‘ sei verboten , weshalb es diese Praxis gar nicht geben könne. Folgte man dieser Logik, dürfte es keine Straftaten mehr geben, weil sie verboten sind. Das Ministerium nimmt mit dem Studien-Aus die Polizei nur vermeintlich in Schutz. In Wahrheit erweist sie den Ordnungshütern einen Bärendienst. Denn, dass es Rassismus in den Sicherheitsbehörden gibt, ist inzwischen unstreitig. Die Studie hätte nach den unzähligen Rassismus- Skandalen etwas Licht ins Dunkel bringen und das Ausmaß des Problems offenbaren können. Mit dem Studien-Aus verspielt das Ministerium diese Chance und befeuert zugleich Spekulationen und Mutmaßungen zum Problem. Das ist keine vertrauensbildende Maßnahme. Dabei wäre das dringend nötig. Nach den Skandalen im NSU-Komplex ist das Vertrauen der Menschen mit ausländischen Wurzeln in das Sicherheitssystem und seine Strukturen stark gebröckelt. Zahlreiche weitere Skandal haben das Vertrauen zusätzlich geschmälert. Das Studien-Aus ist ein weiterer negativer Höhepunkt, das sich nahtlos in das ohnehin stark angeschlagene Bild fügt. Uns erreichen sehr viele negative Erfahrungsberichte von Bürgerinnen und Bürgern mit vermeintlich afrikanischem, arabischem, türkischem oder ‚muslimischem‘ Aussehen. Insbesondere Frauen mit Kopftuch berichten immer häufiger davon, dass sie bei Polizeikontrollen nicht selten mit abfälligen Bemerkungen konfrontiert werden. Sie berichten von Polizeimaßnahmen, die offensichtlich aus einer antimuslimischen Gesinnung heraus vorgenommen werden und schlicht darauf abzielen, die Betroffenen zu schikanieren. Es ist Zeit, dass die Bundesregierung entschieden gegen Rassismus vorgeht und seiner eigenen Ankündigung mit Taten und Maßnahmen Nachdruck verleiht – auch und gerade in den Reihen der Polizei. Die Ankündigung der Studie hatte Hoffnung gegeben, das Aus ist umso enttäuschender .“ 2.4. Pressemitteilung vom 30. Juni 2020 „Islamische Gemeinschaft fordert europaweites Engagement gegen Rassismus“ „Antimuslimischer Rassismus ist europaweit ein wachsendes Problem. Für Deutschland bietet die EU-Ratspräsidentschaft eine gute Gelegenheit, das Thema zu platzieren und selbst mit gutem Beispiel voranzugehen“, erklärt Aynur Handan Yazıcı, Vorsitzende der Frauenorganisation Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist der elfte Jahrestag der Ermordung von Marwa El-Sherbini im Dresdener Landgericht sowie der Beginn der EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli. Aynur Handan Yazıcı weiter: „Elf Jahre sind seit der Ermordung von Marwa El-Sherbini im Dresdener Landgericht vergangen. Wir müssen leider konstatieren, dass sich die Situation von muslimischen Frauen in Deutschland und Europa weiter verschlechtert hat. Sie werden immer häufiger beleidigt und tätlich angegriffen . Sie erleben immer häufiger Diskriminierung im Alltag, auf dem Arbeitsmarkt und bei der Wohnungssuche. Sie sind immer häufiger Opfer von rassistisch motiviertem Gewaltverbrechen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 7 Die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli bietet Deutschland eine gute Gelegenheit, das Thema auf die europäische Agenda zu setzen und selbst bei der Bekämpfung von gruppenbezogenem Rassismus mit gutem Beispiel voranzugehen. Deutschland weiß nach den einschneidenden Erfahrungen von Solingen, Mölln, Dresden, Halle oder zuletzt in Hanau um die Folgen des Nichtstuns. Antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus und weitere Ausprägungen rechtsextremer Gesinnungen sind seit vielen Jahren europaweit in Netzwerken organisiert. Es handelt sich um Personenzusammenschlüsse , die inzwischen aktiv auch den internationalen Schulterschluss mit gleichgesinnten weit über Europa hinaus suchen und auch leider finden – siehe Christchurch in Neuseeland. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen „Neustart“ in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik angekündigt, den wir ausdrücklich begrüßen. Die Leitlinien dieses Neustarts müssen Menschenrechte sein, wozu auch das Recht auf Asyl gehört. Deutschland und die EU müssen Verantwortung für die Menschen übernehmen, deren Fluchtursachen sie teilweise selbst verursachen. Die Bekämpfung von Rassismus in den Aufnahmeländern ist ein Teil dieser Verantwortung, die am Ende der Gesamtgesellschaft zugutekommt.“ 2.5. Pressemitteilung vom 19. Juni 2020 „Islamische Gemeinschaft fordert verantwortungsvolle Flüchtlingspolitik“ „Wir appellieren an die Politik, globale Verantwortung zu übernehmen und eine Politik zu etablieren , deren Leitlinie das Wohl des Menschen ist und nicht der Profit“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), anlässlich des Weltflüchtlingstags . Bekir Altaş weiter: „Die Bilanz zum Weltflüchtlingstag hätte kaum schlechter ausfallen können. Erneut ist die Zahl der Menschen weltweit, die aus Angst um ihr Leben flüchten müssen, gestiegen auf 79,5 Millionen – etwa die Hälfte sind Kinder. Noch vor zehn Jahren war die Zahl nur halb so hoch. Dabei sind die Fluchtursachen hinlänglich bekannt: bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen und Armut. Dennoch liefern Waffenexportländer, darunter auch Deutschland, von Jahr zu Jahr immer mehr Waffen aus. Die Klimapolitik hat angesichts der katastrophalen Folgen immer noch nicht den nötigen Stellenwert eingenommen und die Wirtschaftspolitik – ja sogar die Entwicklungshilfe – orientiert sich fast ausschließlich nach Profit und bietet armen Ländern keine Möglichkeit , aus ihrem Teufelskreis herauszukommen. Es ist fernab jeder Menschlichkeit, dass die Politik immer noch kein ernsthaftes Interesse daran zeigt, die Zahl der Geflüchteten zu senken. Es ist fernab jeder Moralvorstellung, dass Menschen aus Armut und Hunger fliehen müssen, wenn wir gleichzeitig in einer inzwischen maßlos produzierenden Wegwerfgesellschaft leben – auf dem Rücken der Ärmsten. Und es ist fernab jeder Verantwortung , wie wir mit unserer Umwelt umgehen und unser Klima ruinieren – ebenfalls auf Kosten jener, die ohnehin unter schwierigen klimatischen Bedingungen um das Überleben kämpfen müssen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 8 Kaum in Wort zu fassen ist, wie wir mit Geflüchteten umgehen – obwohl wir zu einem nicht unerheblichen Teil mitverantwortlich für ihre Situation sind. Selbst während der globalen Corona- Pandemie ist es der Politik nicht gelungen, Solidarität über die eigenen Landesgrenzen hinaus zu zeigen. Im Gegenteil: Menschen, die Schutz bei uns suchen, werden immer noch in überfüllten Lagern de facto gefangen gehalten und müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen ausharren . Und viele schaffen es erst gar nicht ans Festland. Sie ertrinken im Mittelmeer, weil wir sie nicht retten, obwohl wir es könnten. Wir wollen diese Politik nicht. Wir wollen keine Politik, die ihre Augen vor diesem zutiefst unmenschlichen Treiben verschließt, in Sonntagsreden Humanität und Menschenrechte predigt und schon am Montag wie gewohnt weitermacht. Wir wollen eine Politik, die Verantwortung übernimmt, sich am Wohl der Menschheit orientiert und sie nicht klassifiziert.“ 2.6. Pressemitteilung vom 16. April 2020 „Festhalten an Gottesdienst-Verboten nicht nachvollziehbar“ „Es ist nicht nachvollziehbar, wenn Moscheen, Kirchen oder Synagogen geschlossen bleiben müssen, das Shoppen in der Stadt aber erlaubt sein soll. Es entsteht der Eindruck, als stünden derzeit ökonomische Überlegungen über garantierten Grundrechten“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die Verlängerung der Einschränkungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie bis zum 3. Mai. Bekir Altaş weiter: „Der Schutz des Lebens und der Gesundheit gehen selbstverständlich vor. Deshalb haben wir bereits vor den offiziellen Gottesdienst-Verboten bundesweit in unseren Moscheen die Gemeinschaftsgebete ausgesetzt und Musliminnen und Muslime dazu aufgerufen, ihre Gebete zu Hause zu verrichten. Damit das funktioniert haben wir in einem Kraftakt und innerhalb kürzester Zeit Predigten und eine Vielzahl weiterer Religionsdienste digital in die Häuser und Wohnungen übertragen. Das haben wir getan, um einen Beitrag zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie zu leisten und weil wir die Maßnahmen für angemessen hielten. Nun stehen wir vor der Herausforderung zu verstehen, warum der Einkauf im Einzelhandel erlaubt sein soll, die Abhaltung von Gottesdiensten in Moscheen, Kirchen und Synagogen jedoch nicht. Die teilweise selbst auferlegten Beschränkungen der Religionsgemeinschaften in den vergangenen Wochen zum Schutz der Bevölkerung haben deutlich gemacht, wie ernst die Gefahr genommen und wie verantwortungsbewusst damit umgegangen wird. Deshalb ist es angebracht, Moscheen, Kirchen, Synagogen und anderen Gotteshäusern so weit Vertrauen entgegenzubringen, als dass auch ihnen auch unter gewissen Auflagen die schrittweise Öffnung erlaubt wird. Denkbar sind etwa Begrenzungen der Personenanzahl abhängig von der Größe des Gebetsraumes sowie ein rotierendes Anmeldeverfahren, damit möglichst viele Gläubige wieder in den Genuss kommen, in einer Moschee und in der Gemeinschaft zu beten. Durch das Anmeldeverfahren könnte man etwaige Infektionsketten nachvollziehen und im Zweifel schneller einschreiten. Ein erstes Konzeptpapier zur schrittweisen Öffnung der Moscheen wurde bereits erarbeitet und soll bei den anstehenden Gesprächen auf Landes- und Bundesebene mit Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 9 den jeweiligen Innenministerien eingebracht werden. Das Papier wird in Abstimmung mit Virologen und Experten fortlaufend an die aktuellen Gegebenheiten angepasst. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine gemeinsame und verantwortungsbewusste Lösung finden werden, die sowohl dem Ernst der Lage als auch der verfassungsrechtlich gewährten Religionsfreiheit gerecht wird. Denn gerade im Hinblick auf den Fastenmonat Ramadan würde die pauschale Schließung von Moscheen bei Musliminnen und Muslimen auf großes Unverständnis stoßen , wenn sie gleichzeitig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Shoppen in die Stadt fahren dürfen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als dass aktuell der verfassungsrechtlich geschützten Religionsfreiheit weniger Wert beigemessen wird als ökonomischen Überlegungen.“ 2.7. Pressemitteilung vom 27. Februar 2020 „Zum Kopftuchverbot – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist Wasser auf die Mühlen der Falschen“ „Die Entscheidung stellt für Musliminnen ein faktisches Berufsverbot dar und ist Wasser auf die Mühlen der Falschen. Der Beschluss überzeugt nicht und schließt Musliminnen weiter aus“, erklärt Aynur Handan Yazıcı, Vorsitzende der Frauenorganisation Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen (2 BvR 1333/17). Aynur Handan Yazıcı weiter: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen ist sehr enttäuschend. Sie hebelt nicht nur die grundgesetzlich geschützte Ausbildungsfreiheit aus, sondern stellt für Musliminnen im Ergebnis auch ein faktisches Berufsverbot dar. Mit dieser Entscheidung haben die Richter Musliminnen, die ohnehin mehrfach von Diskriminierung betroffen sind, noch ein Stück weiter ausgegrenzt. Ihnen wird nicht nur juristisch die gleichberechtigte Teilhabe vorenthalten, von solchen Entscheidungen gehen auch falsche Signale an die Gesellschaft aus – vor allem im Hinblick auf die Religionsfreiheit von Muslimen. Bitter ist, dass die Begründung des Senats nicht einmal überzeugt, stellenweise sogar konstruiert wirkt. Diese Entscheidung hätte genauso gut anders ausfallen können, wie die abweichende Meinung einer der Verfassungsrichter zeigt. Er legt offen, warum dieses Kopftuchverbot einen gewichtigen Eingriff sowohl in die Ausbildungsfreiheit als auch in die Glaubensfreiheit der betroffenen Muslimin darstellt und verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen ist. Im Ergebnis kann man sich nicht dem Eindruck entziehen, als hätten sich Richter vom negativ konnotierten Kopftuch- und Islam-Diskurs beeindrucken und zu dieser Entscheidung hinreißen lassen. Das ist sehr bedauerlich und Wasser auf die Mühlen der Falschen. Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesverfassungsrecht bei nächster Gelegenheit von dieser Position wieder abrückt und Schadensbegrenzung betreibt – wie einst beim pauschalen Kopftuchverbot für Lehrerinnen geschehen.“ 2.8. Pressemitteilung vom 18. Februar 2020 „Brandstifter der Hagener Moschee verurteilt“ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 10 „Die Verurteilung des Täters begrüßen wir. Angesichts niedriger Aufklärungsquoten von Angriffen und auf Musliminnen und Muslimen sowie ihren Einrichtungen ist das leider eine Seltenheit “, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die Verurteilung des 53-jährigen Brandstifters. Er hatte im Mai vergangenen Jahres Mülltonnen am Eingang der Ulu-Moschee in Hagen in Brand gesteckt. Es war nur dem Zufall zu verdanken , dass nur Sachschaden entstanden ist. Das Schwurgericht Hagen hat den Täter jetzt zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Bekir Altaş weiter: „Wir begrüßen die Verurteilung des Brandstifters. Es ist eher selten, dass Personen, die Straftaten gegenüber Musliminnen und Muslimen sowie ihren Einrichtungen verüben, ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. In den meisten Fällen werden die Ermittlungen ergebnislos eingestellt , die Täter kommen unbehelligt davon. Die Aufklärungsquote von islamfeindlich motivierten Straftaten ist nach wie vor erschreckend niedrig. Auch deshalb werden die meisten Straftaten von den Betroffenen oft nicht zur Anzeige gebracht. Sie gehen davon aus, dass die Täter ohnehin nicht ermittelt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass in Fällen, wo Täter gefasst werden, die islamfeindliche Motivation oft nicht ermittelt werden kann. Das sind fatale Entwicklungen: Opfer werden alleine gelassen, die Täter gestärkt oder kommen mit milden Strafen davon.“ 2.9. Pressemitteilung vom 5. Februar 2020 „Entsetzen über Wahlausgang in Thüringen“ „Was heute passiert ist, macht uns Muslimen Angst“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), anlässlich der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen . Bekir Altaş weiter: „Ich bin entsetzt über den Wahlausgang im Thüringer Landtag. Wir hätten einen Ministerpräsidenten , der mit Stimmen der AfD gewählt wurde, nicht für möglich gehalten. Die FDP hat damit eine rote Linie überschritten. Die AfD, und insbesondere die in Thüringen, ist eine offen islamfeindliche Partei, die im Kern eine Politik macht, die gegen alle Minderheiten gerichtet ist. Auch die CDU-Fraktion hat mit ihrer bisherigen Haltung ein denkbar schlechtes Bild abgegeben und dieses Desaster mit ermöglicht. Damit wird die oft gehörte Beschwörung zur Abgrenzung von der AfD unglaubwürdig. Offenbar war ihnen ein Ministerpräsident mit AfD-Unterstützung lieber als ein Ministerpräsident der Linkspartei. Das ist eine noch nie dagewesene Verschiebung nach rechts – wenige Tage nach dem Gedenken an die Auschwitz-Befreiung ist das umso erschütternder . Die einzig richtige Konsequenz aus diesem Desaster ist ein Rücktritt und anschließenden Neuwahlen .“ 2.10. Pressemitteilung vom 29. Januar 2020 „Das ist kein Friedensplan“ Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/20 Seite 11 „Der sogenannte Friedensplan versucht, das Recht des Stärkeren durchzusetzen und torpediert die Friedensbemühungen. Die Region braucht eine Politik der Vernunft, Weitsicht und des Konsenses und kein einseitiges Diktat“, erklärt Kemal Ergün, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist der sogenannte „Friedensplan“ im Nahost-Konflikt, den US-Präsidenten Donald Trump vorgelegt hat. Kemal Ergün weiter: „Dass Trumps Plan einseitig sein würde, war zu erwarten. Dass er dem Friedensprozess aber einen derart großen Schaden zufügen würde, überrascht dann doch. Der Plan ist einseitig und bedient die Interessen nur einer Partei. So löst man keine Konflikte. Das ist keine vernünftige Politik . Es dient nicht der Befriedung der Region. Im Gegenteil, er provoziert, weil er versucht, einen völkerrechtswidrigen Zustand durch ein Diktat zu legitimieren. Die Weltgemeinschaft und allen voran die EU und Deutschland dürfen nicht zulassen und zusehen , dass im Nahost-Konflikt das Recht des Stärkeren gilt. Wer Frieden und Ruhe in die Region bringen will, muss sich für eine faire und für beide Seiten akzeptable Lösung starkmachen. Wir brauchen eine Politik der Vernunft, des Konsenses und der Weitsicht. Am Ende ist es die Zivilbevölkerung, die unter dieser unverantwortlichen Wild-West-Politik leidet . Möge Gott ihnen Kraft und Geduld geben, diese schwierige Zeit zu überstehen, und ihnen dauerhaften Frieden bescheren.“ 2.11. Pressemitteilung vom 16. Januar 2020 „IGMG: Auch in Moscheen für Organspende werben“ „Wir begrüßen die Zustimmungslösung. Sie ist ethisch und theologisch richtig, bürgt uns allen aber auch Verantwortung auf, Menschen zu überzeugen – auch in Moscheen“, erklärt Celil Yalınkılıç, Vorsitzender der Abteilung für religiöse Wegweisung (Irschad) der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist die Entscheidung des Parlaments zur Organspende. Celil Yalınkılıç weiter: „Wir begrüßen die Entscheidung des Bundestags zur Organspende. Die Organspende ist aus islamischer Sicht erwünscht. Die Hilfe und Unterstützung von Notleidenden, Bedürftigen und Kranken gehört zu den obersten Geboten im Islam. Zugleich gilt aber auch, dass der menschliche Körper unantastbar ist. Das gilt auch nach dem Tod, sofern der Betroffene der Organspende nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Deshalb ist die jetzt beschlossene Zustimmungslösung richtig – nicht nur aus medizinethischer Sicht und aus Verfassungsgründen, sondern auch theologisch. Die jetzt gefundene Lösung bietet den Menschen die aktive Entscheidungsfreiheit. Nun muss es darum gehen, die Menschen zu überzeugen. Dazu muss zunächst einmal das Informationsangebot ausgebaut werden, sowohl kultur- als auch religionssensibel. Schließlich ist dies eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen alle Menschen ansprechen und überzeugen. Das muss unter anderem auch in Moscheen geschehen.“ 3. Auswahl Presseartikel (siehe Anhang) ***