© 2018 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 023/18 Berichte zur Religionsfreiheit und zu religionspolitischen Debatten Auswahl Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 2 Berichte zur Religionsfreiheit und zu religionspolitischen Debatten Auswahl Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 023/18 Abschluss der Arbeit: 3. Juli 2018 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Berichte zur Religionsfreiheit 4 2.1. Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsund Weltanschauungsfreiheit 4 2.2. Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland, Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 4 2.3. Open Doors e.V., Weltverfolgungsindex 5 2.4. Kirche in Not, Religionsfreiheit weltweit 6 2.5. Missio, Länderberichte 6 2.6. US-Department of State 7 2.7. Commission on International Religious Freedom (USCIRF) 8 2.8. Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Religions- und Weltanschauungsfreiheit (Report of the Special Rapporteur on Freedom of Religion or Belief) 9 2.9. Pew Research Center – Religion and Public Life 10 3. Religionspolitische Debatten in Deutschland 11 3.1. Schächten 11 3.2. Kopftuch 12 3.3. Beschneidung 12 3.4. Religiöse Symbole 13 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 4 1. Einleitung Die folgende Dokumentation listet eine Auswahl der wichtigsten Berichte zur weltweiten Religionsfreiheit in deutscher und englischer Sprache seit 2008 auf. 1 Zudem sind im Anhang ausgewählte Presse-Artikel zu religionspolitischen Debatten in Deutschland aufgeführt. Dabei wurden die Themen auf Wunsch des Auftraggebers auf die Debatten zum muslimischen Kopftuch, zum Schächten von Tieren, zu religiösen Symbolen und zur rituellen Beschneidung von Jungen eingegrenzt . 2. Berichte zur Religionsfreiheit 2.1. Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit 2016 legte die Bundesregierung erstmals einen Bericht zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit vor. Im Unterschied zu vergleichbaren Berichten ist er nicht in einzelne Länderberichte eingeteilt . Er strebt zudem weder eine umfassende Darstellung an noch formuliert er einen wissenschaftlichen Anspruch, sondern zeigt anhand konkreter Beispiele eine Typologie der Verletzungen des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Herausgeber Jahr Link Bundesregierung 2016 http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/087/1808740.pdf2 2.2. Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland, Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013 veröffentlichten die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) und die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) erstmals einen gemeinsamen Bericht zur weltweiten Religionsfreiheit von Christen, der vor allem die Zusammenhänge und Konflikte beleuchten will, die den Nährboden für Feindseligkeit oder gar Gewalt gegen Christen bilden. Im Dezember 2017 erschien die zweite Ausgabe, deren inhaltlicher Fokus auf dem Schwerpunktthema Apostasie (Übertritt zu einem anderen Bekenntnis) liegt. Daneben widmet sich der Bericht den Verletzungen der Religionsfreiheit weltweit, wobei er sowohl die Motive dafür darstellt als auch einen Überblick über die konkrete Situation in verschiedenen Weltgegenden gibt. 1 Es werden nur Berichte aufgeführt, die online verfügbar sind. 2 Abgerufen am 21. Juni 2018. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 5 Herausgeber Jahr Link DBK und EKD 2017 https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/oekumenischer_bericht_religionsfreiheit 2017.pdf 3 DBK und EKD 2013 https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads /presse_2012/GT21_Oekum-Bericht_web.pdf 2.3. Open Doors e.V., Weltverfolgungsindex Das überkonfessionelle, christliche Hilfswerk Open Doors fokussiert sich bei seiner Arbeit auf die Unterstützung verfolgter Christen weltweit und veröffentlicht seit 25 Jahren jährlich den „Weltverfolgungsindex “. Als einzige Organisation nimmt es dabei auch quantitative Schätzungen vor.4 Der aktuelle Index erschien im Januar 2018. Die Methodik des Weltverfolgungsindex folgt nach Angaben von Open Doors „eher einer theologischen als einer soziologischen oder juristischen Definition“.5 Online sind nur noch die Berichte aus den Jahren 2017 und 2018 abrufbar. Herausgeber Jahr Link Open Doors e.V. 2018 https://www.opendoors.de/sites/default/files/WVI-Bericht-2018- signiert.pdf 6 3 Abgerufen am 2. Juli 2018. 4 Von 2008 bis 2015 ging das Hilfswerk von rund 100 Millionen Christen aus, die „in alltäglicher Bedrängnis“ lebten. Seit 2017 spricht es von 200 Millionen, die „einem hohen Maß an Verfolgung“ ausgesetzt seien. 5 Nach diesem Ansatz sei Verfolgung definiert als „jegliche Art von erlebter Anfeindung aufgrund der Identifikation einer Person mit Christus. Dies kann feindselige Haltungen, Worte und Handlungen gegenüber Christen umfassen“. Damit lehnt sich Open Doors an die weite Begriffsbestimmung des UNHCR an, wonach sich Verfolgung und Diskriminierung nicht in allen Fällen eindeutig unterscheiden lassen. Der Weltverfolgungsindex diente zunächst als vorbereitendes, internes Mittel zur Planung der Arbeit der Organisation, die sich weniger als Menschenrechtsorganisation, sondern eher als christliches Hilfswerk bedrängter Glaubensgeschwister sieht. Als der Index erstmals veröffentlicht wurde, stieß er wegen der mangelnden wissenschaftlichen Nachvollziehbarkeit der Zahlen auf Kritik. Nach 2012 wurde die Methodik des Indexes überarbeitet. „Ziel dieses Prozesses war eine Steigerung der Glaubwürdigkeit, Transparenz, Objektivität und wissenschaftlichen Qualität. Seither sind weitere Verfeinerungen vorgenommen worden.“ 6 Abgerufen am 21. Juni 2018. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 6 Open Doors e.V. 2017 https://www.opendoors.de/sites/default /files/Open_Doors_Weltverfolgungsindex_2017_Bericht_0.pdf 2.4. Kirche in Not, Religionsfreiheit weltweit Alle zwei Jahre veröffentlicht das internationale, römisch-katholische Hilfswerk Kirche in Not den Bericht „Religionsfreiheit weltweit“. Der letzte Bericht stammt von 2016 und untersucht die weltweite Umsetzung der Religionsfreiheit im Beobachtungszeitraum von Juni 2014 bis Juni 2016. 196 Länderberichte geben einen Überblick über den gesetzlichen Rahmen der Religionsfreiheit und dessen praktischer Umsetzung. Darauf folgt eine Auflistung von Vorkommnissen, die in einem Zusammenhang mit religiöser Diskriminierung oder Verfolgung stehen.7 Die Ergebnisse sind online abrufbar und nach Ländern kategorisierbar. 2018 wurde der Bericht „Christen in großer Bedrängnis“ aktualisiert. Er ist jedoch nicht online abrufbar.8 Herausgeber Jahr Link Kirche in Not 2016 http://religious-freedom-report .org/de/home-de/ 9 Kirche in Not 2013 https://www.kirche-innot .de/downloads/christenin -grosser-bedraengnis 2.5. Missio, Länderberichte Das internationale katholische Hilfs- und Missionswerk Missio veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen Länderberichte zur Religionsfreiheit. Insgesamt sind bisher 38 Berichte erschienen, 7 Verfasst wurden die Länderberichte „von 24 unabhängigen Journalisten, Wissenschaftlern und Autoren, die größtenteils in den jeweiligen Regionen ansässig sind. Daneben präsentiert der Bericht Fallstudien zu einzelnen Ländern, Themen oder Ereignissen. Darüber hinaus ordnet Kirche in Not die Länder je nach Umfang der identifizierten Missstände den Kategorien „nicht klassifiziert“, „Diskriminierung“ und „Verfolgung“ zu. Als „Verfolgung “ wird hier bezeichnet, wenn ein Staat oder nichtstaatliche Gruppen aktiv Maßnahmen ergriffen, die darauf ab-zielen, eine bestimmte Religionsgemeinschaft zu vernichten, zu vertreiben oder zu unterjochen. 8 Der Bericht ist als Buch bestellbar: https://shop.kirche-in-not.de/Weltkirche-und-Hilfe/Christen-in-grosser-Bedraengnis -2018::366.html (abgerufen am 2. Juli 2018) 9 Abgerufen am 21. Juni 2018. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 7 zuletzt zu Nordkorea, Kirgistan, Indien und Oman. Darin werden sowohl rechtliche und soziale Rahmenbedingungen als auch relevante Detailfragen behandelt. Herausgeber Jahr Link Missio 2017/18 https://www.missiohilft .de/informieren/wofuerwir -uns-einsetzen/religionsfreiheit -menschenrechte/laenderberichte -religionsfreiheit/ 10 Missio diverse https://www.missiohilft .de/informieren/wofuerwir -uns-einsetzen/religionsfreiheit -menschenrechte/menschenrechtsstudien / 2.6. US-Department of State Seit 1998 legt das US-Außenministerium dem Kongress jährlich einen Bericht über den internationalen Umfang und die Qualität der Religionsfreiheit in 194 Ländern vor. Auf Grundlage von Meldungen der US-Auslandsvertretungen werden detaillierte Länderstudien präsentiert, die gesetzliche Regelungen, staatliche Restriktionen und aktuelle Verletzungen der Religionsfreiheit umfassen. Die Auslandsvertretungen stützen sich dabei auf Informationen von staatlichen und nicht-staatlichen Stellen, Medienberichten, wissenschaftlichen Publikationen und ähnliches. Die einzelnen Länderberichte sind teils sehr detailliert. Es gibt eine einfach zu bedienende Online-Datenbank, bei der man die Ergebnisse nach Jahr, Region und Themenfeldern filtern kann. Die Berichte sind bis 2011 online abrufbar. Herausgeber Jahr Link US Department of State 2017 https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom /index.htm#wrapper 11 US Department of State 2016 https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2016religiousfreedom /index.htm#wrapper 10 Abgerufen am 21. Juni 2018. 11 Abgerufen am 19. Juni 2018. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 8 US Department of State 2015 https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2015religiousfreedom /index.htm#wrapper US Department of State 2014 https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2014religiousfreedom /index.htm#wrapper US Department of State 2013 https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2013religiousfreedom /index.htm#wrapper US Department of State 2012 https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2012religiousfreedom /index.htm#wrappe US Department of State 2011 https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2011religiousfreedom /index.htm#wrapper 2.7. Commission on International Religious Freedom (USCIRF) Auf Grundlage der Daten des US-Außenministeriums und eigener Nachforschungen legt zudem seit 1998 die amerikanische Expertenkommission Commission on International Religious Freedom (USCIRF) einen jährlichen Bericht vor, der diejenigen Länder identifiziert, in denen die Religionsfreiheit eingeschränkt ist.12 Damit verbunden richten sich konkrete Vorschläge an die US- Regierung und den Kongress. Herausgeber Jahr Link Commission on International Religious Freedom 2018 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2018-annual-report 13 Commission on International Religious Freedom 2017 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2017-annual-report Commission on International Religious Freedom 2016 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2016-annual-report 12 Commission on International Religious Freedom (Hg.): Annual Report of the U.S. Commission on International Religious Freedom, 2018, online verfügbar unter: http://www.uscirf.gov/reports-briefs/annual-report/2017-annual -report (abgerufen am 30.1.2018). 13 Abgerufen am 21. Juni 2018. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 9 Commission on International Religious Freedom 2015 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2015-annual-report Commission on International Religious Freedom 2014 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2014-annual-report Commission on International Religious Freedom 2013 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2013-annual-report Commission on International Religious Freedom 2012 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2012-annual-report Commission on International Religious Freedom 2011 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2011-annual-report Commission on International Religious Freedom 2010 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2010-annual-report Commission on International Religious Freedom 2009 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2009-annual-report Commission on International Religious Freedom 2008 http://www.uscirf.gov/reports -briefs/annual-report /2008-annual-report 2.8. Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Religions- und Weltanschauungsfreiheit (Report of the Special Rapporteur on Freedom of Religion or Belief) Seit 1986 veröffentlicht der UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit jährlich sowie zu speziellen Anlässen einen Bericht. Derzeit ist der maledivische Diplomat Ahmed Shaheed im Amt. Er veröffentlichte zuletzt am 28. Februar 2018 einen Report. Die einzelnen Berichte sind über die unten angegebene Übersichtsseite direkt herunterzuladen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 10 Herausgeber Jahr Link Special Rapporteur on Freedom of Religion or Belief 1987-2018 (Übersichtsseite) https://www.ohchr.org/EN/Issues /FreedomReligion/Pages/Annual .aspx 14 2.9. Pew Research Center – Religion and Public Life Das renommierte amerikanische Forschungszentrum erhebt seit neun Jahren Daten zur Religionsfreiheit weltweit und veröffentlicht Studien zum Themenschwerpunkt Religion und Gesellschaft. Die Daten des unabhängigen, privat finanzierten Pew Research Center bilden unter anderem die Grundlage für die US-Regierungsberichte. Der letzte Bericht zur weltweiten Religionsfreiheit erschien am 21. Juni 2018 und enthält Daten, die 2016 erhoben wurden. Herausgeber Jahr Link Pew Research Center 2018 http://www.pewforum.org/category /publications/2018/ 15 Pew Research Center 2017 http://www.pewforum.org/category /publications/2017/ Pew Research Center 2016 http://www.pewforum.org/category /publications/2016/ Pew Research Center 2015 http://www.pewforum.org/category /publications/2015/ Pew Research Center 2014 http://www.pewforum.org/category /publications/2014/ Pew Research Center 2013 http://www.pewforum.org/category /publications/2013/ Pew Research Center 2012 http://www.pewforum.org/category /publications/2012/ Pew Research Center 2011 http://www.pewforum.org/category /publications/2011/ 14 Abgerufen am 21. Juni 2018. 15 Abgerufen am 25. Juni 2018. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 11 Pew Research Center 2010 http://www.pewforum.org/category /publications/2010/ Pew Research Center 2009 http://www.pewforum.org/category /publications/2009/ Pew Research Center 2008 http://www.pewforum.org/category /publications/2008/ 3. Religionspolitische Debatten in Deutschland 3.1. Schächten Schächten bezeichnet ein rituelles Schlachten von Tieren, das insbesondere im Islam und im Judentum verbreitet ist. Dabei wird teils auf eine Betäubung der Tiere verzichtet. Während Befürworter auf die schonenden und schmerzfreien Techniken dieser Schlachtmethode und auf die Religionsfreiheit verweisen, halten Tierschützer das Schächten für grausam und archaisch. Im Jahr 1995 lehnt das Bundesverwaltungsgericht in einer Grundsatzentscheidung eine Schächterlaubnis für muslimische Metzger ab. Das Bundesverfassungsgericht hebt dieses Urteil 2002 auf.16 Kurz darauf wird der Tierschutz als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen.17 Das Tierschutzgesetz untersagt das Schlachten ohne Betäubung; es gibt jedoch Ausnahmeregelungen für das Schächten aus religiösen Gründen.18 Die Diskussion um das Schächten wird in vielen europäischen Ländern geführt.19 16 Vgl. Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste WD 3 - 202/07 vom 19.7.2007: Schächten - Das verfassungsrechtliche Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit und Tierschutz. https://www.bundestag .de/blob/423608/e5fa07a579bbff97254aa3276922c626/wd-3-202-07-pdf-data.pdf (abgerufen am 26. Juni 2018) 17 https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_20a.html (abgerufen am 26. Juni 2018) 18 Vgl. Kurzinformation der Wissenschaftlichen Dienste WD 5 - 013/18 vom 12.02.2018 zur Ausnahmegenehmigungen zum Schächten. https://www.bundestag.de/blob/547486/1e641c72bb69478838acd6e1140fc4f2/wd-5- 013-18-pdf-data.pdf (abgerufen am 26. Juni 2018) 19 Vgl. Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste WD 5 - 093/17 vom 29. Januar 2018: Rechtliche Vorgaben für das Schlachten von Tieren ohne Betäubung in ausgewählten europäischen Ländern. https://www.bundestag .de/blob/544874/7b3063285c2894b431804d25d687f563/wd-5-093-17-pdf-data.pdf (abgerufen am 26. Juni 2018) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 12 Im Anhang 1 sind ausgewählte Presseartikel zum Thema von 2012 bis heute aufgelistet, die den Verlauf der Diskussion in Deutschland wiedergeben. 3.2. Kopftuch Seit einer Lehrerin 1998 in Baden-Württemberg das Tragen des Kopftuches im Unterricht gerichtlich untersagt wurde und sich 2003 das Bundesverfassungsgericht mit dem Fall befasste, gibt es in Deutschland, wie auch in anderen europäischen Staaten, hierzu eine politisch-rechtliche Diskussion .20 2015 urteilt das Bundesverfassungsgericht, dass ein generelles Kopftuchverbot für Lehrerinnen verfassungswidrig, es aber im Einzelfall bei einer schweren Störung des Schulfriedens möglich sei.21 Zweck und Nutzen eines Kopftuchverbots sind mit Blick auf die Integration, Selbstbestimmung und Religionsfreiheit umstritten. Dabei wird die Frage gestellt, ob kopftuchtragende Lehrerinnen dazu beitragen, Vorbehalte abzubauen und eine tolerante, pluralistische und offene Gesellschaft zu fördern, oder ob sie der Neutralität des Staates und möglicherweise auch der freien Entfaltung insbesondere muslimischer Schülerinnen entgegenstehen. Debattiert wird auch, ob bei einem Verbot des Kopftuchs nach Art des Berufes unterschieden werden muss, wobei hier der Staatsdienst und insbesondere das Richteramt als Berufe angesehen wird, die eine besondere Neutralität erfordern. Im Anhang 2 sind ausgewählte Presseartikel zum Thema von 2014 bis heute aufgelistet, die den Verlauf der Diskussion in Deutschland wiedergeben. 3.3. Beschneidung Die Debatte um die rituelle Beschneidung von Jungen erreicht nach einem Urteil des Kölner Landgerichts vom 7. Mai 2012, das die Beschneidung als Körperverletzung einstufte22, einen Höhepunkt . Befürworter der Beschneidung berufen sich auf die Religionsfreiheit der muslimischen und jüdischen Eltern, die auch eine entsprechende Prägung der Kinder durch Riten und Gebräuche umfasse. 20 Vgl. Sabine Berghahn/Petra Rostock: Der Stoff aus dem Konflikte sind. Debatten um das Kopftuch in Deutschland , Österreich und der Schweiz. Bielefeld 2009. Der Band erschien im Rahmen des Forschungsprojekts VEIL (Values, Equality and Difference in Liberal Democracies), das im 6. Rahmenprogramm der EU von 2005 bis 2007 finanziert wurde. Es untersuchte in 8 europäischen Ländern die Politikdebatten bezüglich des Tragens von muslimischen Kopftüchern. Inhaltsverzeichnis online: http://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/forschung/hon-verts -prof/transf-diskurs/team/team/berghahn/Dokumente/Inhalt-Der_Stoff_aus_dem_Konflikte_sind.pdf (abgerufen am 28. Juni 2018) 21 Vgl. Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes 020-17 vom 30.11.2017: Zur Kulturgeschichte des Kopftuches . https://www.bundestag.de/blob/543582/5ae376c30ac98b4e2bdc37d97cb0fefb/wd-1-020-17-pdf-data.pdf (abgerufen am 26. Juni 2018) 22 Vgl. https://adam1cor.files.wordpress.com/2012/06/151-ns-169-11-beschneidung.pdf (abgerufen am 27. Juni 2018) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 13 Im Dezember 2012 tritt nach intensiven Beratungen23 unter anderem im Deutschen Bundestag eine neue Regelung zur „Beschneidung des männlichen Kindes“ (§ 1631d BGB) 24 in Kraft, die die Beschneidung zum Teil der Personensorge macht. Die Regelung stößt immer wieder auf Widerstand, insbesondere bei Kinderärzten, die daran Anstoß nehmen, dass in den ersten sechs Monaten nach der Geburt eines Kindes auch Personen Beschneidungen durchführen dürfen, die von einer Religionsgesellschaft dafür vorgesehen und besonders ausgebildet sind, ohne Arzt zu sein.25 Die im Anhang 3 dokumentierten Artikel geben insbesondere die Debatte seit 2012 wieder, enthalten jedoch auch aktuellere Positionen. 3.4. Religiöse Symbole Bereits seit der Mitte der 1970er Jahre gibt es in Deutschland eine Debatte um religiöse Symbole im öffentlichen Raum. 1973 befasste sich das Bundesverfassungsgericht erstmalig mit Kreuzen in Gerichtssälen.26 Auch wird immer wieder diskutiert, ob aufgehängte Kreuze in Schulen oder in staatlichen Einrichtungen wie Behörden oder Gerichte das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates verletzen. Auch das Tragen von Kippa oder Kopftuch in der Öffentlichkeit ist Teil dieser Debatte. 1995 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass eine Pflicht zum Anbringen eines Kreuzes in einem Klassenzimmer verfassungswidrig sei.27 Von einigen Beteiligten wird argumentiert, dass christliche Symbole im öffentlichen Raum die Religionsfreiheit von Andersgläubigen und Nichtgläubigen verletzten. Kritiker dieser Auffassung verweisen auf das christlich abendländische Erbe. Die Diskussion über religiöse Symbole im öffentlichen Raum wird in ganz Europa geführt.28 23 Vgl. Plenarprotokoll 17/213 vom 17. Dezember 2012, S. 26076. http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/17/17213.pdf (abgerufen am 27. Juni 2018) 24 https://dejure.org/gesetze/BGB/1631d.html (abgerufen am 27. Juni 2018) 25 Ebd. 26 BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 17. Juli 1973 - 1 BvR 308/69; BVerfGE 35, 366-376 27 BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91; BVerfGE 93, 1-37 28 Vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 18. März 2011 – 30814/06 Vgl Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste WD 3 – 3000 – 105/11 vom 12.04.2011: Das „Kruzifix-Urteil“ des EGMR und die Rechtslage in Deutschland. https://www.bundestag .de/blob/418376/596580b63314703843676093f0504904/wd-3-105-11-pdf-data.pdf (abgerufen am 29.06.2018) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 023/18 Seite 14 Auch in anderen Bereichen kam es zu einer Vielzahl von – teilweise umstrittenen – Einzelfallentscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der sich unter anderem mit dem Tragen religiöser Symbole am Arbeitsplatz beschäftigte.29 Im Anhang sind ausgewählte Presseartikel zum Thema von 2012 bis heute aufgelistet, die den Verlauf der Diskussion in Deutschland wiedergeben. 29 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 15. Januar 2013 - 48420/10, 36516/10, 51671/10, 59842/10