© 2018 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 022/18 Rechtsstaat und Unrechtsstaat: Begriffsdefinition, Begriffsgenese, aktuelle politische Debatten und Umfragen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 2 Rechtsstaat und Unrechtsstaat: Begriffsdefinition, Begriffsgenese, aktuelle politische Debatten und Umfragen Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 022/18 Abschluss der Arbeit: 15. Juni 2018 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtsstaat und Unrechtsstaat: Begriffsdefinition, Begriffsgenese und aktuelle politische Debatten 4 2.1. Begriffsdefinition 4 2.2. Entstehung und Entwicklung des Rechtsstaatsbegriffs 5 2.3. Entstehung und Entwicklung des Unrechtsstaatsbegriffs 7 2.3.1. Unrechtsstaat als Begriff zur Bezeichnung des NS-Systems 8 2.3.2. Unrechtsstaat als Begriff zur Bezeichnung der DDR in Wissenschaft und Politik 10 2.3.3. Aktuelle politische Debatten zu Rechtsstaat und Unrechtsstaat 14 3. Umfragen zum Thema „Rechtsstaat“ 17 4. Literaturverzeichnis 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 4 1. Einleitung In der folgenden Ausarbeitung werden die Begriffe „Rechtsstaat“ und „Unrechtsstaat“ definiert, ihre Entstehung und Verwendung in Wissenschaft und Politik analysiert, aktuelle politische Debatten zu Rechtsstaat und Unrechtsstaat auftragsgemäß mit Blick auf CSU und AfD skizziert sowie Umfragen mit Rechtsstaatsbezug ausgewertet. 2. Rechtsstaat und Unrechtsstaat: Begriffsdefinition, Begriffsgenese und aktuelle politische Debatten 2.1. Begriffsdefinition Während über die Definition des Begriffes „Rechtsstaat“ in der wissenschaftlichen Literatur vergleichsweise Einigkeit besteht und dieser oftmals als positiver Bezugspunkt, wenngleich mit unterschiedlicher Akzentuierung, in der politischen Diskussion verwandt wird, ist die Definition und Verwendung des Begriffs „Unrechtsstaat“ in Forschung und Politik vor allem in Bezug auf die DDR in hohem Maße umstritten. Während man einen Rechtsstaat kurz und allgemein gefasst als einen Staat definieren kann, der die Staatsgewalt durch Recht beschränkt und kontrolliert1 und bei dem verschiedene rechtsstaatliche Elemente unterschieden werden können,2 lässt sich in der Forschung eine konsensfähige positive Definition des Begriffes „Unrechtsstaat“ nicht finden. Als kleinster gemeinsamer Nenner in der wissenschaftlichen Literatur kann allenfalls gelten, dass ein Unrechtsstaat ein Staat ist, in dem wesentliche Prinzipien des Rechtsstaats nicht verwirklicht sind. Er wird somit oftmals als Gegen- und Abgrenzungsbegriff zum Rechtsstaat verwandt.3 In der Forschung ist daher auch konstatiert worden, dass die Begriffe Rechtsstaat und Unrechtstaat in Deutschland in so hohem Maße aufeinander bezogen seien, „dass es – zumindest in öffentlich geführten Debatten – kaum möglich scheint, sie zu entkoppeln“4. 1 Vgl. u. a. Jörn Ipsen: Staatsrecht I - Staatsorganisationsrecht, 27. Auflage, München 2015, Rn. 753ff., S. 206-229; Beck’scher Online-Kommentar, Grundgesetz/Huster/Rux Art. 20 Rn. 138 2 Vgl. u. a. Reinhold Zippelius: Allgemeine Staatslehre. Ein Studienbuch, 17. Auflage München 2017, § 30, S. 249-253; Maunz/Düring/Grzeszick, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 GG, 81. EL September 2017, VII Rn. 22- 30, Philip von Kunig: Das Rechtsstaatsprinzip. Überlegungen zu seiner Bedeutung für das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Tübingen 1985. Sobota identifiziert in ihrer Habilitationsschrift sogar 142 Elemente , die Elemente des Rechtsstaates sein sollen (Katharina Sobata: Das Prinzip Rechtsstaat: verfassungs- und verwaltungsrechtliche Aspekte, Tübingen 1997). 3 Vgl. Dietmar Willoweit: Unrechtsstaat, Rechtsstaat – eine richtige Alternative? in: Koordinaten deutscher Geschichte in der Epoche des Ost-West-Konflikts, München 2004, S. 245-259, hier. S. 247. Zum Teil wird in der wissenschaftlichen Literatur auch zwischen Rechtsstaat, Nichtrechtsstaat und Unterrechtsstaat unterschieden, vgl. u. a. Gerd Roellecke: Rechtsstaat – Nichtrechtsstaat – Unrechtsstaat, in: Rechtstheorie, hrsg. v. Werner Krawitz , Bd. 28, Berlin 1997, S. 297-314 4 David Johst: Die Entdeckung des Unrechtsstaates, in: Moralisierung des Rechts. Kontinuitäten und Diskontinuitäten nationalsozialistischer Normativität, hrsg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Werner Konitzer, Frankfurt/New York 2014, S. 127-145, Zitat: S. 128 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 5 Eine weitergehende Definition hat Ulrich Lohmann unternommen. Er weist zunächst darauf hin, dass der Begriff „Unrechtsstaat“ weder in der sozialwissenschaftlichen noch in der juristischen Literatur ausgearbeitet vorliege: „Versucht man dennoch ein abstrakt-logisches Kriterium für einen Unrechtsstaat zu formulieren, so wäre es wohl ein Staat, der unter missbräuchlicher Verwendung der Form bzw. des Mediums des Rechts oder – anders ausgedrückt – mittels Gesetzlichem Un-Recht im Sinne von Anti-Recht die Menschenwürde von Personen negiert und verletzt, indem statt fundamentaler rechtlicher Gleichheit eine existenzielle Diskriminierung durch Ausgrenzung , Verfolgung bis hin zur psychischen, sozialen und physischen Vernichtung vorgesehen und fallweise oder sogar tendenziell ausgeführt wird.5 2.2. Entstehung und Entwicklung des Rechtsstaatsbegriffs Die Entstehung des Rechtsstaatsbegriffs hat sich über einen langen Zeitraum vollzogen.6 Seit dem Mittelalter hatte sich das Recht als eigenes Medium zur Lösung sozialer, wirtschaftlicher und politischer Konflikte etabliert. Dies beförderte die Ansicht, dass in einem ganz durch Rechtsbeziehungen definierten Staat das Recht eine Kraft darstellt, die den jeweiligen politischen Machthabern Grenzen setzt.7 Einen weiteren Entwicklungsschub bekam die Rechtsidee durch die Vernunftrechtslehren von Hugo Grotius. Sein Vernunftrechtsdenken brach die vormoderne prinzipielle Verklammerung von Recht und Moral auf, indem er die Unabhängigkeit der Geltung einer Norm von ihrer inhaltlichen Richtigkeit behauptet. 8 Infolgedessen wurde die Erzwingbarkeit des Rechts anstatt der Gerechtigkeit zum maßgeblichen Kriterium staatlichen Handelns. Auch die Revolution der englischen Kolonien in Amerika und die Französische Revolution brachten die Entwicklung des Rechtsstaatsbegriffs durch die Kodifizierung von Menschenrechten und Gewaltenteilung voran.9 Zudem hatte auch die Naturrechtslehre, wie sie unter anderem von Kant, Locke und Rousseaus entwickelt worden ist und die die Idee der natürlichen Ausstattung des Menschen mit Rechten und das Prinzip der Gewaltenteilung hervorhob, Einfluss auf die Entwicklung des Rechtsstaatsbegriffs der Neuzeit.10 5 Ulrich Lohmann: Sozialistischer Rechtsstaat, Unrechtsstaat oder …? Versuch einer Charakterisierung von Staat und Recht in der DDR, in: Ulrich Lohmann: Zur Staats- und Rechtsordnung der DDR. Juristische und sozialwissenschaftliche Beiträge 1977-1996, Wiesbaden 2015, S. 405-414, Zitat: S. 408 6 Die folgende Darstellung zur Entstehung des Rechtsstaatsbegriffs fußt auch auf einer früheren, von WD 1 erstellten Kurzinformation mit dem Titel „Zur Definition des Begriffs des Unrechtsstaates in der wissenschaftlichen Literatur“ (WD 1 – 061/08), die ergänzt und aktualisiert wurde. Auf die frühen inhaltlichen Bezugspunkte in der politischen Theorie und Staatslehre der Antike verweist Michael Stolleis: Art. „Rechtsstaat“, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 4, Berlin 1990, Sp. 367-375, hier: Sp. 368 7 Hasso Hofmann: Geschichtlichkeit und Universalitätsanspruch des Rechtsstaats, in: Der Universalitätsanspruch des demokratischen Rechtsstaates. Die Verschiedenheit der Kulturen und die Allgemeinheit des Rechtes, hrsg. von Hans-Martin Pawlokski und Gerd Roellecke, Stuttgart 1996, S. 9-32, hier: S.14. 8 Ebenda, S.16 9 Vgl. ebenda, S.18-27 10 Ebenda, S.19 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 6 Im deutschen Sprachraum entstand der Begriff des Rechtsstaates Ende des 18. Jahrhunderts. Er wurde zunächst als Gegenbegriff zum absolutistischen Polizei- und Obrigkeitsstaat begriffen. Dementsprechend stand der deutsche Rechtsstaatbegriff ursprünglich für eine Zurückdrängung und rationale Reformierung polizeistaatlich-patriarchalischer Herrschaftsstrukturen. Als erster hat der liberale Rechtsgelehrte Carl Theodor Welcker 1813 der Wortverbindung eine sachliche Bedeutung gegeben.11 Er bezeichnete Grundsätze wie die Freiheit der Auswanderung, das Petitionsrecht , die Publizität der Regierungshandlungen oder die Freiheit der öffentlichen Meinung als unerlässliche Prinzipien des Rechtsstaates.12 Systemstiftende Idee war dabei für Welcker die Freiheit bzw. die Autonomie des Individuums. Sie sei die Grundlage der staatlichen Ordnung und begrenze den Zweck und die Aufgaben des Staates auf die rechtliche Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung. Befürworter hatte die Idee des Rechtsstaates aber auch auf konservativer Seite, programmatisch ausgeführt vor allem von Friedrich Julius Stahl: „Der Staat soll Rechtsstaat sein, das ist die Losung und ist auch in Wahrheit der Entwicklungstrieb der neuern Zeit. Er soll die Bahnen und Grenzen seiner Wirksamkeit wie das freie Spiel seiner Bürger in der Weise des Rechts genau bestimmen und unverbrüchlich sichern und soll die sittlichen Ideen von Staatswegen, also direct, nicht weiter verwirklichen (erzwingen), als es der Rechtssphäre angehört. Das ist der Begriff des ‚Rechtsstaats‘ (…)“.13 Nach der gescheiterten Revolution von 1848 setzte sich in Deutschland eine Formalisierung und Entpolitisierung des Rechtsstaatsbegriffs durch: „Rechtsstaat war gewissermaßen das Surrogat für die nicht erreichte politische Partizipation.“14 Der Gehalt des Rechtsstaatsbegriffs wurde im Kern auf das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung samt verwaltungsrechtlichem Rechtsschutz reduziert.15 Der Rechtsstaatsbegriff wurde zu einem formellen gesetzespositivistischen Begriff („Gesetzesstaat“). Durch die Herrschaft allgemeiner und bestimmter Rechtssätze sollte erreicht werden, dass das staatliche Handeln vorhersehbar, berechenbar und durch unabhängige Gerichte kontrollierbar war. „Über den Ersten Weltkrieg hinweg und während der gesamten Weimarer Republik blieb das Wort ‚Rechtsstaat‘ die Kurzformel für rechtlich gebundenes und durch Gerichte kontrollierbares Staatshandeln, für Unabhängigkeit der Justiz, im weiteren Sinn auch für ein unbestechliches , dem Gemeinwohl verpflichtetes Beamtentum, insgesamt für den Schutz des Individuums vor der Willkür.“16 Dies änderte sich mit der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ im Jahr 1933 grundsätzlich. Innerhalb kurzer Zeit wurden zunächst die Grundrechte außer Kraft 11 Ebenda, S.11 12 Ebenda, S.12 13 Friedrich Julius Stahl: Die Staatslehre und die Principien des Staatsrechts, 3. Aufl. 1856, zitiert nach: Michael Stolleis: Art. „Rechtsstaat“, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 4, Berlin 1990, Sp. 367- 375, Zitat: Sp. 370 14 Michael Stolleis: Rechtsstaat und Unrechtsstaat im 20. Jahrhundert, in: Recht und Willkür, hrsg. von Christian Starck, Tübingen 2012, S. 47-62, Zitat: S. 49 15 Hasso Hofmann (1996), a.a.O., S.13 16 Michael Stolleis (2012), a.a.O., S. 49 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 7 gesetzt, „dann folgte das Ende der Gewaltenteilung, des Parlamentarismus und der Parteien, der Pressefreiheit und der freien Willensbildung, die Gleichschaltung aller freien Organisationen, die Reduzierung des Rechtsschutzes, die Lockerung der Gesetzesbindung, speziell, im Strafrecht, sowie die Entmachtung und schließlich faktische Einstellung der Verwaltungsgerichtsbarkeit.“17 In der Bundesrepublik wurde der Rechtsstaatsbegriff als Reaktion auf die Zeit des Nationalsozialismus in zwei Richtungen fortgebildet und neu bestimmt: zum einen in Richtung eines sozialen (Rechts-) Staates (anstelle eines nur bürgerlich-liberalen Rechtsstaates), zum anderen in Richtung eines materiellen (statt eines bloß formellen) Rechtsstaates. Der Rechtsstaat wurde nun, wie Michael Stolleis hervorgehoben hat, „in Art. 28 I S. 1 GG ausdrücklich erwähnt, in Art. 20 III i.V.m. 79 III GG inhaltlich festgeschrieben (Verfassungsbindung des Gesetzgebers, Bindung der Exekutive und Judikative an Gesetz und Recht) und für unabänderlich erklärt. Seine wesentlichen Pfeiler sind die mit unmittelbarer Geltung versehenen Grundrechte (Art. 1 III GG), die Gewaltenteilung (Art. 20 II GG) und die Garantie des Rechtsschutzes gegen die öffentliche Gewalt (Art. 19 IV GG) durch unabhängige Gerichte (Art. 97 GG). Lehre und Rechtsprechung haben eine Reihe weiterer grundlegender Prinzipien entwickelt: Rückwirkungsverbot, Übermaßverbot, Vertrauensschutz sowie vor allem die prinzipielle Durchdringung der gesamten Rechtsordnung mit dem Grundrechtsschutz“.18 2.3. Entstehung und Entwicklung des Unrechtsstaatsbegriffs Der Begriff „Unrechtsstaat“ weist ebenfalls eine länger zurückreichende Entstehungsgeschichte auf. Erstmals verwandte ihn Peter Reichensberger, der einer der Wegbereiter des politischen Katholizismus in Deutschland war, in der Mitte des 19. Jahrhunderts in einer Debatte um die Stellung der Katholiken in Preußen und zwar bezeichnenderweise bereits hier in Abgrenzung zum Begriff „Rechtsstaat“. In der 24. Sitzung der Zweiten Kammer des Preußischen Landtages am 12. Februar 1853 äußerte der Abgeordnete Reichensperger: „Ich denke, der Rechtsstaat besteht darin, dass der Obrigkeit das Schwert zum Schrecken der Bösen anvertraut ist, und zum Schutze derer, die in ihrem Recht sind, ihr Recht üben; einen Unrechtsstaat würde man dagegen meines Erachtens denjenigen zu nennen haben, welcher die Unruhestifter schützen und diejenigen bedrohen wollte, die in ihrem Rechte sind.“19 Seit der Jahrhundertwende wurde der Begriff in der wissenschaftlichen Literatur, aber auch von der politischen Linken, die ihn als Kampfbegriff gegen das Kaiserreich wendete, vereinzelt gebraucht . Eine größere Verbreitung erfuhr der Begriff aber erst nach 1945.20 Entscheidend für seine für seine Wirksamkeit und Verbreitung war es, dass er sich nicht auf den engeren Bereich der 17 Ebenda, S. 50 18 Zitat: Ebenda, S. 58f. 19 Zitat nach: Matthias Heine: Seit 1853 fürchten Staatsverbrecher dieses Wort“, in: DIE WELT vom 7. Oktober 2014 20 Ebenda Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 8 Staatsrechtslehre und der Rechtspraxis beschränkte, sondern dass er besonders in Bezug auf den Nationalsozialismus „bald zu einer zentralen Metapher der politischen Deutungskultur wurde“21. Laut David Johst kann man drei Dimensionen in der Verwendung des Begriffs „Unrechtsstaat“ unterscheiden: „Er dient erstens als analytische Kategorie zur Beschreibung einer staatlichen Ordnung, die im Hinblick auf ihre rechtliche Verfasstheit über bestimmte, sie von anderen staatlichen Ordnungen unterscheidende Merkmale verfügt. Zweitens wird er als polemischer Begriff benutzt, wobei bewusst auf eine Differenzierung verzichtet wird. ‚Unrechtsstaat‘ ist hier als moralisches Werturteil über eine staatliche Ordnung zu verstehen. Davon lässt sich drittens eine im engeren Sinne juristische Verwendung unterscheiden. Eine Besonderheit liegt darin, dass sich in ihm die drei genannten Dimensionen häufig überlagern.“22 2.3.1. Unrechtsstaat als Begriff zur Bezeichnung des NS-Systems Bereits 1946 entwickelte der ehemaliger Reichsjustizminister der Weimarer Republik und Rechtsphilosoph , Gustav Radbruch, eine neue Formel für das positive Recht (die sogenannte Radbruch ’sche Formel), die dem Problem des Rechtsmissbrauchs durch staatliche Gewalt, wie es im Nationalsozialismus offenkundig geworden war, Abhilfe schaffen sollte.23 Um „die Wiederkehr eines solchen Unrechtsstaates“ zu verhüten, so Radbruch, müsse sich ein Richter im Konflikt zwischen dem positiven (gesetzten) Recht und der Gerechtigkeit immer dann und nur dann gegen das Gesetz und für die materielle Gerechtigkeit entscheiden, wenn das fragliche Gesetz entweder als „unerträglich ungerecht“ anzusehen sei oder das Gesetz die im Begriff des Rechts grundsätzlich angelegte Gleichheit aller Menschen aus Sicht des Interpreten „bewusst verleugnet “. Daraus abgeleitet ergibt sich, positives Recht zu brechen ist in einem Unrechtsregime ethisch gerechtfertigt, wenn dieser Akt auf einer moralisch begründbaren Grundlage, z. B. den Menschenrechten, beruht.24 In der Folge wurde der Begriff „Unrechtsstaat“ zur Kennzeichnung des nationalsozialistischen Deutschlands auch im Bereich der Rechtsprechung genutzt. So wies Generalstaatsanwalt Fritz Bauer im Jahr 1952 in seinem Plädoyer im Remer-Prozess darauf hin, dass das NS-Regime seinem 21 David Johst (2014), a. a. O., S. 130 22 Ebenda., S. 129 23 Gustav Radbruch: Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht, in: Süddeutsche Juristenzeitung, Jg. 1 (1946), S. 105-108 24 Henning Pietzsch: Die DDR – ein Unrechtsstaat? Vom „Recht“ in der Diktatur und Unrecht der Täter, in: Gebergasse 18. Thüringer Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte und Politik, Heft 53, Ausgabe II/2009; zur Kritik an der Radbruch’schen Formel vgl. u. a. Dietmar Willoweit (2004), a. a. O., S. 245-259, bes. S. 251-253 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 9 Inhalt nach ein Unrechtsstaat gewesen sei, gegen den Widerstand zu leisten als Notwehr gerechtfertigt gewesen sei.25 In seinem Urteil gegen Remer skizzierte das Landgericht Braunschweig ausführlich die systematische Aushöhlung der Grundrechte durch die nationalsozialistische Reichsregierung seit dem Jahr 1933 und schlussfolgerte: „Ein Staat, dessen Staatsführung aber derartiges Unrecht nicht nur duldet , sondern zur Durchsetzung der politischen Ziele unter Außerachtlassung der unabdingbaren Menschenrechte bewußt durchführt oder durchführen läßt, kann nicht mehr beanspruchen, als Rechtsstaat, d. h. als ein in jeder Beziehung unter Wahrung rechtsstaatlicher Garantien nach rechtsstaatlichen Grundsätzen regierter Staat bezeichnet zu werden.“ In diesem Sinne sei der nationalsozialistische Staat „als ein Unrechtsstaat anzusehen“.26 Auch im Rahmen der Wiedergutmachungspolitik musste sich der Gesetzgeber mit verschiedenen Formen widerständigen Verhaltens im Nationalsozialismus auseinandersetzen. Dabei stellte sich erneut zwangsläufig die Frage nach dem Rechtscharakter des Nationalsozialismus. In der Folge wurden die Begriffe „Rechtsstaat“ und „Unrechtsstaat“ zu zentralen Kategorien der politischen und juristischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, wie David Johst betont hat.27 Dies lässt sich auch an der Gesetzesbegründung zur Novellierung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung ablesen, wo kategorisch zwischen dem „exemplarischen Unrechtsstaat“ des Dritten Reiches und dem „exemplarisch konstituierten Rechtsstaat“ der Bundesrepublik unterschieden wurde. Diese systematische Differenzierung diente vor allem auch der politischen Distanzierung vom Nationalsozialismus.28 Auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur und in rechtswissenschaftlichen Kommentaren fand der Begriff „Unrechtsstaat“ in der Folgezeit vermehrt Anwendung auf den NS-Staat.29 25 Vgl. Rudolf Wassermann: Fritz Bauers Plädoyer im Remer-Prozeß. Eine Erinnerung, in: Strafverteidiger 5 (1985), Heft 1, S. 40-43; Fritz Bauer ging es laut Johst in dem Prozess darum, „die Attentäter des 20. Juli vom Vorwurf des Landes- und Hochverrats zu befreien und damit juristisch zu rehabilitieren. Der Hochverrat, so die zentrale Argumentation Bauers, setze eine legale Verfassung voraus. Das Dritte Reich aber sei seiner Form nach eine usurpierte, nie legalisierte Macht gewesen. Das Ermächtigungsgesetz sei nur den Bruch der Weimarer Verfassung zustande gekommen.“ (David Johst 2014, a. a. O., S. 131) 26 Das Urteil ist abgedruckt in: Die im Braunschweiger Remer-Prozeß erstatteten moraltheologischen und historischen Gutachten nebst Urteil, hrsg. von Herbert Kraus, Hamburg 1953, S. 107-136, Zitat: S. 123 27 David Johst (2014), a. a. O., S. 132f. 28 Ebenda, S. 135; zu den Grenzen, Widersprüchen und Problemen einer generalisierenden Bezeichnung der nationalsozialistischen Rechtsordnung als Unrechtsstaat, vgl. ebenda S. 136-142 29 Vgl. etwa die von der Redaktion Kritische Justiz herausgegebenen Bände: Der Unrechts-Staat. Recht und Justiz im Nationalsozialismus, Sonderheft der Kritischen Justiz, Frankfurt a. M. 1979; Der Unrechts-Staat. Recht und Justiz im Nationalsozialismus. Sonderheft der Kritischen Justiz, Bd. II, Baden-Baden 1984; Der Unrechts-Staat. Recht und Justiz im Nationalsozialismus, Sonderheft der Kritischen Justiz, Bd. III, Baden-Baden 1990; für die Kommentare vgl. u. a. Maunz/Düring/Grzeszick, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 GG, 81. EL September 2017, VII Rn.15 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 10 2.3.2. Unrechtsstaat als Begriff zur Bezeichnung der DDR in Wissenschaft und Politik Bereits zu Zeiten ihres Bestehens wurde der Begriff „Unrechtsstaat“ im Hinblick auf die DDR benutzt . So verwendete ihn Bundespräsident Heinrich Lübke im Rahmen seiner Proklamation im Jahr 1963, mit der er den 17. Juni zum „Nationalen Gedenktag des deutschen Volkes“ erklärte.30 Unmittelbar nach dem Ende der DDR entbrannte eine bis heute andauernde Debatte in Politik und Wissenschaft darüber, ob und inwiefern die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet werden kann. In der wissenschaftlichen Literatur kam es in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zu einer kontrovers geführten Debatte darüber, inwieweit der Unrechtsstaatsbegriff zur Kennzeichnung und wissenschaftlichen Analyse des politischen Systems in der DDR geeignet ist. Ausgelöst wurde sie durch das Editorial zum Neustart der Zeitschrift „Neuen Justiz“, bis dahin führendes Organ der DDR-Jurisprudenz, in dem der ehemalige Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Horst Sendler , für den Herausgeberbeirat erklärte, die DDR sei jedenfalls „im Kern“ Unrechtsstaat gewesen.31 „Im Kern“ bedeute, erläuterte er in einem späteren Aufsatz, „dass es in einem solchen Staat durchaus Bereiche gibt, die sich auch in einem Rechtsstaat sehen lassen könnten“32. Es habe zwar auch in der DDR Gesetze gegeben, die jedoch nur Versatzstücke gewesen seien, „die bei Bedarf unkontrolliert beiseitegeschoben werden können, wenn sie der Staatsführung – konkret für die DDR: dem Politbüro – oder sonstigen zur Entscheidung befugten Organen nicht passen. Das kennzeichnet die DDR als einen Unrechtsstaat ‚im Kern‘, ebenso wie es NS-Deutschland in anderer Hinsicht und noch schlimmer war. Beide Staatswesen hatten sich nämlich nicht dem Recht verschrieben, sondern je länger je mehr der Aufrechterhaltung der Herrschaft um jeden Preis; hier wie dort galt das Recht nicht unverbrüchlich, sondern stand unter dem Vorbehalt des Politischen in Gestalt des Parteiwillens und wurde nach Willkür ausgelegt oder suspendiert“.33 Auch in Rechtsstaaten könnten, so Sendler, einzelne Rechtsverstöße vorkommen. Der entscheidende Unterschied aber sei, dass im Rechtsstaat „die Verwirklichung des Rechts angestrebt und im großen und ganzen auch erreicht wird“34. Just daran fehle es in Unrechtsstaaten. Auch Falco Werkentin kam in seiner Untersuchung über die politische Justiz in der Ära Ulbricht zu einem ähnlichen Ergebnis: „Der Verfassungsbruch war kein gelegentliches Einzelereignis, das – wie im bürgerlichen Verfassungsstaat – öffentlicher Kritik und nachträglicher Korrektur unterlag . Vielmehr war der Verfassungsverrat das politische Grundprinzip dieses Herrschaftssystems. 30 BGBl. I 1963, S. 397 31 Horst Sendler: Editorial, in: Neue Justiz 4/1991, S. 137 32 Horst Sendler: Die DDR ein Unrechtsstaat – ja oder nein? In: Zeitschrift für Rechtspolitik 1/1993, S. 1-5, Zitat: S. 3 33 Horst Sendler: Über Rechtsstaat, Unrechtsstaat und anderes – Das Editorial der Herausgeber im Meinungsstreit, in: Neue Justiz 9/1991, S. 379-382, Zitat: S. 380 34 Horst Sendler (1993), a. a. O., S. 4 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 11 Nicht im Sinne einer analytischen Qualifizierung, wohl aber im Sinne einer politischen Bewertung , die ihre eigene Bedeutung hat, läßt sich begründet von der DDR als ‚Unrechtsstaat‘ reden.“35 So einig sich die wissenschaftlichen Literatur grundsätzlich darüber ist, dass die DDR kein Rechtsstaat gewesen sei, so uneinig ist sie sich darüber, welche Prinzipien in welchem Umfang in einer realen politischen Ordnung konkret verwirklicht sein müssen, um diese als Rechtsstaat bzw. Unrechtsstaat zu bezeichnen. So vertrat Ingo Müller die Ansicht, dass genauso wenig es „den schlechthinnigen Rechtsstaat“ gebe, „der sich ein für allemal diesen Ehrentitel erworben hat“, genauso wenig existiere der „Unrechtsstaat“. Vielmehr müssten die einzelnen stattgefundenen Unrechtsakte jeweils für sich bewertet werden: „Pauschale Prädikate wie Rechtsstaat oder Unrechtsstaat können davon nicht dispensieren“.36 Volkmar Schöneburg plädierte dafür, die Rechtsnormen sowohl im NS-Staat als auch in der DDR genau zu analysieren und nicht einfach durch die Kategorie „Unrechtsstaat“ zu ersetzen. Eine Gleichsetzung von DDR und NS-Regime mit dem Begriff des Unrechtsstaats sei außerdem abzulehnen, da die Gefahr bestehe, dass dadurch die nationalsozialistische Herrschaft verharmlost werde, die ganz andere Dimensionen des Unrechts erreicht habe.37 Auch Guy Beaucamp legt in einem Aufsatz ausführlich dar, dass zentrale rechtsstaatliche Elemente in der DDR-Verfassung nicht oder nur eingeschränkt enthalten gewesen seien.38 Trotzdem kommt er zu dem Ergebnis, dass sich zwar „ein einigermaßen sicherer Konsens“ darüber herstellen lasse, „was zu einem modernen Rechtsstaat gehört. Gleiches gelingt aber nicht mit dem Gegenbegriff des Unrechtsstaate. (…) Ein quantitativer Ansatz könnte fragen: Gab es mehr ungerechte Gesetze, mehr ungerechte Entscheidungen als umgekehrt? Einen solchen Ansatz zu realisieren , stößt aber auf nahezu unüberwindbare Hindernisse. Wie will man das praktisch zusammentragen ? Wie genau bewerten, etwa bezogen auf die unterschiedliche Intensität des Unrechts? (…) Schließlich spielt die Perspektive eine Rolle: War man ein durchschnittlicher DDR-Bürger, fiel einem wenig Unrechtes im sozialistischen Alltag auf. Geballt traf die Staatsmacht diejenigen, die sich nicht anpassen wollten, die sogenannten Asozialen, aber auch Künstler, Ausreisewillige, überzeugte Christen, Umweltaktivisten und ähnliche Randgruppen.“ Daraus zieht er die Schlussfolgerungen : „Der Ausdruck Unrechtsstaat verdeckt eher die notwendigen Differenzierungen, als dass er weiterhilft. Er sollte deshalb – zumindest als rechtswissenschaftlicher Begriff – nicht verwendet und auch nicht auf die DDR angewendet werden.“39 35 Falco Werkentin: Politische Justiz in der Ära Ulbricht, Berlin 1995, S. 404 36 Ingo Müller: Die DDR – ein Unrechtsstaat? In: Neue Justiz 7/1992, S. 281-283 Zitate: S. 283 37 Volkmar Schöneburg: Recht im nazifaschistischen und im „realsozialistischen“ deutschen Staat - Diskontinuitäten und Kontinuitäten, in: Neue Justiz 2/1992, S. 49-54; zur Kritik weiterer, in der DDR sozialisierter Rechtswissenschaftler an der Verwendung des Begriffs „Unrechtsstaat“ in Bezug auf die DDR vgl. Lothar Bisky, Uwe-Jens Heuer, Michael Schumann (Hrsg.): „Unrechtsstaat“? Politische Justiz und die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit , Hamburg 1994 38 Guy Beaucamp: Warum die DDR kein Rechtsstaat war, in: Juristische Arbeitsblätter. Zeitschrift für Studenten und Referendare, Bd. 47 (2015), Heft 10, S. 725-729 39 Zitate: Ebenda, S. 729 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 12 Mit einer anderen Begründung lehnt auch Dietmar Willoweit die Verwendung des Begriffes „Unrechtstaat “ ab: „Da das moderne, grundsätzlich positivistisch geprägte Rechtsverständnis Recht und Moral unterscheidet, kommt dem Begriff des ‚Unrechtsstaates‘ ein juristischer, d. h. im Rahmen der Rechtsordnung definierbarer, Sinn nicht zu.“40 Er lasse sich auch nicht mit Hilfe der Radbruch’schen Formel begründen, da diese mit dem subjektiven Merkmal der „Unerträglichkeit “ eine objektive Abgrenzung nicht erlaube. Der Begriff des Unrechtsstaates erlaube keine Differenzierungen , sondern bringe eine Totalität zum Ausdruck, die der gesellschaftlichen Realität in der DDR nicht gerecht werde. Willoweit hält daher den Begriff des Unrechtsstaates trotz der historischen Tatsache staatlichen Unrechtes in der DDR für nicht gerechtfertigt.41 Auch die politische Diskussion über die Frage, ob die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei, gewann unmittelbar nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit an Fahrt. Bereits in den Bundestagsdebatten über die SED-Unrechtsbereinigungsgesetze wurde der Begriff „Unrechtsstaat “ kontrovers diskutiert, wobei er von Abgeordneten der CDU/CSU, FDP und SPD benutzt42 und von Abgeordneten der PDS als „wissenschaftlich unbrauchbar“43 und als „Kampfbegriff“, der der „Dämonisierung“ und Gleichsetzung der DDR „mit dem nazifaschistischen Staat“44 diene, abgelehnt wurde. Im Bericht der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ wurde der Begriff „Unrechtsstaat“ zwar nicht verwandt, allerdings ist verschiedentlich vom „Unrechtscharakter des SED-Regimes“ und vom „Justizunrecht“ die Rede.45 Hingegen verwahrte sich der Vertreter der Gruppe PDS/Linke Liste in der Enquete-Kommission in seinem Sondervotum zum Bericht explizit gegen die „Charakterisierung der DDR als ‚Unrechtsstaat ‘ oder ‚Unrechtssystem‘ (…), weil sie sich einer wissenschaftlichen Begründung entzieht . Daß die DDR ein anderes Rechtssystem als die Bundesrepublik Deutschland hatte, in dem die Rechtskultur unzureichend entwickelt war, ist kein Ruhmesblatt der DDR. Daß es in der DDR verbreitet Unrecht sowie Verfolgung, Demütigung und Entmündigung von Menschen gab, trifft 40 Dietmar Willoweit (2004), a. a. O., S. 245-259, Zitat: S. 259 41 Ebenda, S. 259; auch David Johst plädiert grundsätzlich dafür, in der wissenschaftlichen Analyse auf die Begriffe Rechtsstaat und Unrechtsstaat zu verzichten, da sich in beiden Begriffen juristische, politische und moralische Erwägungen zu einer kaum mehr auflösbaren Einheit verbänden. Zugleich sei es kaum möglich, die Begriffe von ihrer polemischen Funktion als Abgrenzungsbegriffe zu trennen. (David Johst 2014, a. a. O., S. 144) 42 Vgl. Plenarprotokoll 12/64 vom 5. Dezember 1991, S. 5369-5391 sowie Plenarprotokoll 12/97 vom 17. Juni 1992, S. 7996-8022 43 Zitat aus der Rede von Dr. Uwe-Jens Heuer (PDS/Linke Liste), Plenarprotokoll 12/64, S. 5381 44 Zitate aus der Rede von Dr. Uwe-Jens Heuer (PDS/Linke Liste), Plenarprotokoll 12/97, S. 8005 45 Bericht der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“, Bundestagsdrucksache 12/7820, 31. Mai 1994, Zitate: S. 5 und 132 sowie S. 92 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 13 zu. Die Anwendung des Begriffs ‚Unrechtsstaat‘ impliziert jedoch, die Legitimität der Existenz eines Staates zu bestreiten.“46 In den Folgejahren flammte die Debatte über den Begriff „Unrechtsstaat“ und seine Anwendung auf die DDR in periodischen Abständen wieder auf, z. B. als der damalige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner, im Jahr 1997 in mehreren Interviews und Beiträgen darauf hinwies, dass „die DDR als Unrechtsstaat nicht hinreichend charakterisiert“47 sei. In einem Interview mit der Magdeburger Volksstimme führte er hierzu ergänzend aus: „Die DDR war mehr als ein Unrechtsstaat. Er war für eine schwer zu beschreibende Gruppe von Menschen auch der Versuch , eine gerechtere Gesellschaft zu gestalten. (…) Daß dieser Versuch gescheitert ist, diskreditiert nicht unbedingt diejenigen, die auf diesem Weg nach einer gerechteren Gesellschaft suchten .“48 Auch in den 2000er Jahren setzte sich die politische Diskussion über die Verwendung des Begriffes „Unrechtsstaat“ fort. Nachdem die SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, Gesine Schwan, in einem Interview mit dem Tagesspiegel den Begriff „Unrechtsstaat“ abgelehnt hatte, da er impliziere, „dass alles unrecht war, was in diesem Staat geschehen ist“ und bekannte „So weit würde ich im Hinblick auf die DDR nicht gehen“49, löste sie im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl im Jahr 2009 eine erneut kontrovers geführte politische Debatte aus.50 Die Diskussion über den „Unrechtsstaat DDR“ gewann auch immer dann an Aktualität, wenn es um distanzierende Äußerungen einzelner ostdeutscher Ministerpräsidenten zu dem Begriff oder um die Beteiligung der Partei DIE LINKE an Landesregierungen in Ostdeutschland ging.51 In Thüringen machten SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach der Landtagswahl 2014 in den Koalitionsgesprächen ihre Regierungsbeteiligung davon abhängig, dass die DIE LINKE ausdrücklich 46 Sondervotum des Mitglieds Gruppe PDS/LL Abg. Dr. Dietmar Keller zu dem vorliegenden Bericht, in: Ebenda, Zitat: S. 270 47 Zitat in: Alexander Wendt, Eberhard Vogt: „Wehre mich gegen Einäugigkeit“. Reinhard Höppner, SPD-Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt, verteidigt seine nostalgische Sicht der DDR, in: Focus-Magazin, Nr. 19 (1997), abrufbar unter:https://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-wehre-mich-gegen-einaeugigkeit _aid_164403.html 48 Zitate ebenda abgedruckt; zur dadurch ausgelösten Debatte mit weiteren Belegstellen vgl. Rudolf Wassermann: Wieviel Unrecht macht einen Staat zum Unrechtstaat? in: Neue Juristische Wochenschrift, 50 (1997), S. 2152f. 49 Gerd Appenzeler, Stephan Haselberger und Hans Monath: „Vorsicht! Ich bin die andere!“ SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan über ihre Bewerbung fürs Schloss Bellevue, in: Der Tagesspiegel vom 17. Mai 2009 50 Vgl. dazu u. a. „Köhler sieht DDR als Unrechtsstaat. Bundespräsident geht nach Wiederwahl auf Distanz zu Schwan“, in: Leipziger Volkszeitung vom 25. Mai 2009 51 Vgl. zur Diskussion um die Ablehnung des Begriffes „Unrechtsstaat“ durch den Ministerpräsidenten von Mecklenburg -Vorpommern, Erwin Sellering, im Jahr 2009 sowie zur Diskussion im Land Brandenburg im Zusammenhang mit der Regierungsbeteiligung der Partei DIE LINKE im selben Jahr: Ingo von Münch: Rechtsstaat oder Unrechtsstaat DDR – eine Debatte, in: Ingo von Münch: Rechtspolitik und Rechtskultur. Kommentare zum Zustand der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 2011, S. 33-41 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 14 anerkannte, dass die DDR ein „Unrechtsstaat“ war und sich zur Aufarbeitung des Unrechts bekannte .52 Doch auch weiterhin war der Begriff für kontroverse Debatten und Artikelserien in Zeitungen gut. So setzen sich 2015 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Ernst-Wolfgang Böckenförde53 und Egon Bahr54 eher kritisch und ablehnend sowie Rupert Scholz55 befürwortend und unterstützend mit dem Begriff „Unrechtsstaat“ zur Kennzeichnung der DDR auseinander. 2.3.3. Aktuelle politische Debatten zu Rechtsstaat und Unrechtsstaat Auch in aktuellen politischen Debatten spielen die Themen „Rechtsstaat“ und „Unrechtsstaat“ eine wichtige Rolle. Die folgende Darstellung konzentriert sich auftragsgemäß auf Positionen und Äußerungen hierzu aus CSU und AfD. Im Zuge des Flüchtlingszuzugs nach Deutschland im September 2015 wurde in Politik und Wissenschaft auch über die Frage debattiert, inwieweit die damalige Entscheidung der Bundesregierung , auf Zurückweisungen von Asylsuchenden, die aus einem Drittstatt einreisen, zu verzichten , mit geltendem Recht vereinbar ist.56 In einem Artikel für das Magazin „Cicero“ im Dezember 2015 kritisierte der Staatsrechtler Professor Dr. Ulrich Vosgerau in diesem Zusammenhang die „völlige Rechtsblindheit und Rechtsfeindlichkeit staatlicher Stellen“ und charakterisierte das Handeln der Bundesregierung bereits in der Überschrift des Artikels als „Herrschaft des Unrechts “.57 Diese Formulierung nutzte auch der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer, als er in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse am 10. Februar 2016 in Bezug auf die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung erklärte: „Wir haben im Moment keinen Zustand 52 Folgende wurde Formulierung in den Koalitionsvertrag aufgenommen: „Weil durch unfreie Wahlen bereits die strukturelle demokratische Legitimation staatlichen Handelns fehlte, weil jedes Recht und jede Gerechtigkeit in der DDR ein Ende haben konnte, wenn einer der kleinen oder großen Mächtigen es so wollte, weil jedes Recht und jede Gerechtigkeit für diejenigen verloren waren, die sich nicht systemkonform verhielten, war die DDR in der Konsequenz ein Unrechtsstaat.“ (Zitiert nach: Sebastian Prinz: Die Linkspartei und der Unrechtsstaat DDR. Der Preis der Macht. Die Koalition „frisst ihre Kinder“, in: Politische Studie 464, 66. Jahrgang, Nov./Dez. 2015, S. 44-53, Zitat: S. 46) 53 Ernst-Wolfgang Böckenförde: Rechtsstaat oder Unrechtsstaat? in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. Mai 2015 54 Egon Bahr: Die DDR war nicht der einzige Unrechtsstaat im Ostblock, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. Mai 2015 55 Rupert Scholz: Wider die Relativierung: Die DDR war ein Unrechtsstaat, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1. Juni 2015 56 Vgl. hierzu Wissenschaftliche Dienste, WD 3 - 3000 - 109/17, Einreiseverweigerung und Einreisegestattung nach § 18 Asylgesetz, 2017, abrufbar unter http://www.bundestag .de/blob/514854/0bdb98e0e61680672e965faad3498e93/wd-3-109-17-pdf-data.pdf 57 Ulrich Vosgerau: Herrschaft des Unrechts, in: Cicero 12/2015, S. 92-98, Zitate: S. 94 und S. 92; noch ausführlicher hat er seine Position inzwischen in einem Buch dargelegt: Ulrich Vosgerau: Die Herrschaft des Unrechts : die Asylkrise, die Krise des Verfassungsstaates und die Rolle der Massenmedien, Norderstedt 2018 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 15 von Recht und Ordnung. Es ist eine Herrschaft des Unrechts.“58 Auch wenn Seehofer den Begriff selber nicht verwandte, kritisierten ihn viele Zeitungen für seine Äußerung, da er das Handeln von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik aus ihrer Sicht auf eine Stufe oder doch zumindest in die Nähe mit Unrechtsstaaten wie die DDR und Nordkorea gerückt habe.59 Auch in Plenardebatten der 19. Wahlperiode spielte das Verständnis von Rechtsstaat und Unrechtsstaat eine Rolle. Sowohl in der Debatte zur Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel über den Geschäftsbereich Recht und Verbraucherschutz im März 2018 als auch im Rahmen der Haushaltsdebatte zum Einzelplan 7 am 17. Mai 2018 wurden zwischen den Bundestagsfraktionen unterschiedliche Akzentuierungen des Rechtsstaatsbegriffes deutlich.60 Auf deutliche Kritik im Rahmen der Haushaltsdebatte stieß eine Äußerung von Alexander Dobrindt, der in einem Interview mit der Bild am Sonntag erklärt hatte: „Es ist nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird.“61 So sprach der FDP-Abgeordnete Dr. Jürgen Martens, ohne Dobrindt namentlich zu nennen, von einem „seltsamen Rechtsverständnis “: „Rechtsstaat heißt Rechtsstaat, weil er den Menschen nicht nur Rechte gibt, sondern auch Rechtsmittel zu deren Verteidigung. Wer hier von ‚Sabotage‘ spricht, der zeigt doch nur, dass er das für einen Rechtsstaat hält, was in Wirklichkeit bloß ein autoritärer Obrigkeitsstaat ist, der keinen Widerspruch duldet.“62 Von Bundestagsabgeordneten der AfD ist der Begriff von der „Herrschaft des Unrechts“ in verschiedenen Debatten zur Flüchtlingsthematik oftmals mit Bezug auf die Interviewäußerung von 58 Ernst Fuchs, Alexander Kain: „Herrschaft des Unrechts“ bei Flüchtlingspolitik. Interview mit CSU-Chef Horst Seehofer, in: Passauer Neue Presse vom 10. Februar 2016, abrufbar unter https://www.pnp.de/nachrichten/bayern /1958889_Seehofer-unterstellt-Merkel-Herrschaft-des-Unrechts.html 59 Vgl. Karl Doemens: Seehofer und der Unrechtsstaat, in: Berliner Zeitung vom 10. Februar 2016; kritisch äußerten sich auch Günter Bannas: Richtig grantig. Seehofer lässt sich das Poltern nicht verbieten, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Februar 2016; Jasper von Altenbockum: Seehofers Unrecht, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Februar 2016; Robert Birnbaum: Im Unrecht, in: Der Tagesspiegel vom 11. Februar 2016; Daniel Delhaes: Seehofer und der Unrechtsstaat. Gefährliche Zündelei in Bayern, in: handelsblatt.com vom 10. Februar 2016; Nico Fried: Grüß Gott im Unrechtsstaat, in: Süddeutsche Zeitung vom 10. Februar 2016 60 Vgl. hierzu Plenarprotokoll 19/24 vom 23. März 2018, S. 2167-2182 sowie Plenarprotokoll 19/33 vom 17. Mai 2018, S. 3102-3121 61 Sebastian Pfeffer: Bekommt Seehofer das Asyl-Chaos endlich in den Griff? in: Bild am Sonntag vom 6. Mai 2018 62 Plenarprotokoll 19/33 vom 17. Mai 2018, S. 3114f.; Kritik am Rechtsstaatsverständnis Dobrindts wurde auch von Rednern anderer Fraktionen in der Debatte (vgl. S. 3109, 3111, 3116) sowie in einigen Zeitungen geübt (vgl. exemplarisch Daniel Deckers: Magnet Rechtsstaat, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. Mai 2018). Kritik an der Aussage Dobrindts äußerte zudem der Präsident des Deutschen Anwaltsvereins, Ulrich Schellenberg, in einem Statement: „Wer einen starken Rechtsstaat fordert, fordert auch die Stärkung des Zugangs zum Recht. Und dieses gilt als rechtsstaatlicher Grundsatz für jeden in Deutschland, auch Asylsuchende. Es ist die gesellschaftliche Aufgabe der Anwaltschaft, für eine faire und rechtsstaatliche Behandlung aller Menschen einzutreten . Die Wahrnehmung dieser Aufgabe als Verhinderungsindustrie darzustellen, ist sachlich falsch. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte verteidigen mit ihrer Arbeit im Asylrecht daher genau diesen Rechtsstaat mit all seinen Grundsätzen, den Alexander Dobrindt in Gefahr sieht.“ („Der Rechtsstaat gilt für alle“. Statement des Deutschen Anwaltsvereins (DAV), Rechtsanwalt und Notar, Ulrich Schellenberg, abrufbar unter https://anwaltverein .de/de/newsroom/der-rechtsstaat-in-deutschland-gilt-fuer-alle) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 16 Horst Seehofer mehrfach aufgegriffen worden.63 Am 18. Mai 2018 gab die AfD-Bundestagsfraktion im Rahmen einer Pressekonferenz64 bekannt, dass sie im April 2018 beim Bundesverfassungsgericht eine Organklage gegen die Bundesregierung eingereicht habe. Mit ihr solle die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel von Anfang September 2015 überprüft werden, die Grenze von Österreich nach Deutschland für Flüchtlinge offen zu halten und die Menschen nicht abzuweisen . Es gehe mit der vom der Staatsrechtler Professor Dr. Ulrich Vosgerau formulierten Klageschrift darum, wie der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Stephan Brandner, erläuterte, durch das Bundesverfassungsgericht „die Herrschaft des Unrechts feststellen zu lassen“.65 Ebenfalls Bezug auf die Interviewäußerung von Seehofer nimmt die AfD-Bundestagsfraktion in ihrem Antrag „Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Asyl- und Migrationspolitik“ (Bundestagsdrucksache 19/2392).66 Der Untersuchungsausschuss solle sich „ein Gesamtbild der Handlungen oder Unterlassungen der Bundesregierung und der ihr nachgeordneten Behörden – strafrechtliche Aspekte ausgenommen – im Hinblick auf die Migrationskrise mit ihrem Höhepunkt im Jahr 2015 verschaffen, infolgedessen der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer den dadurch in der Bundesrepublik Deutschland entstandenen Allgemeinzustand als ‚Herrschaft des Unrechts‘ bezeichnete.“67 In ihrem Parteiprogramm bekennt sich die AfD dazu, den Rechtsstaat stärken zu wollen68 und auch in ihrem Bundestagswahlprogramm 2017 bezieht sie sich an mehreren Stellen auf den „freiheitlichen Rechtsstaat“69, zugleich malen ihre Protagonisten dessen augenblicklichen Zustand in der Bundesrepublik Deutschland in den schwärzesten Farben.70 So erklärte der Vorsitzende des 63 Vgl. Dr. Gottfried Curio, Plenarprotokoll 19/21 vom 16. März 2018, S. 1745; Dr. Alexander Gauland, Plenarprotokoll 19/22 vom 21. März 2018, S. 1821; Dr. Gottfried Curio, Plenarprotokoll 19/24 vom 23. März 2018 S. 2149; Dr. Christian Wirth, Plenarprotokoll 19/29 vom 26. April 2018, S. 2693; Dr. Gottfried Curio, Plenarprotokoll 19/33 vom 17. Mai 2018, S. 3086 64 Mitschnitt der Pressekonferenz abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?time_continue =1&v=J7hvBe9tzb4 65 Ebenda 66 Abrufbar unter http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/023/1902392.pdf ; auch in ihrer Rede zur Begründung der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bezog sich die Rednerin der AfD-Bundestagsfraktion, Beatrix von Stoch, auf das Seehofer-Zitat (vgl. Plenarprotokoll 19/36 vom 7. Juni 2018, S. 3442). 67 Ebenda, S. 2 und 9 68 So heißt es beispielsweise im Kapitel „Innere Sicherheit und Justiz“: „Wir wollen den Rechtsstaat stärken und dem Recht wieder zur Durchsetzung verhelfen.“ (Programm für Deutschland. Das Grundsatzprogramm der Alternative für Deutschland, S. 46, abrufbar unter https://www.afd.de/wp-content/uploads/sites/111/2018/01/Programm _AfD_Druck_Online_190118.pdf 69 Programm für Deutschland. Das Wahlprogramm der Alternative für Deutschland für die Wahl zum Deutschen Bundestag am 24. September 2017. Beschlossen auf dem Bundesparteitag in Köln am 22./23. April 2017, abrufbar unter https://www.afd.de/wp-content/uploads/sites/111/2017/06/2017-06-01_AfD-Bundestagswahlprogramm _Onlinefassung.pdf 70 Eine systematische wissenschaftliche Untersuchung des Rechtstaatsbegriffs der AfD liegt bisher nicht vor. Die Darstellung beschränkt sich daher auf Einzelbeispiele. Zur Verwendung des Rechtsstaatsbegriffs durch die AfD vgl. auch die entsprechenden Pressemitteilungen der Partei, abrufbar unter https://www.afd.de/?s=Rechtsstaat Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 17 Rechtsausschusses, Stephan Brandner, anlässlich einer von der AfD beantragten Aktuellen Stunde zum Thema „Demonstrationsrechte von Frauen stärken“ im Bundestag, „im Jahr 13 nach Merkels Amtsantritt“, zähle Deutschland zu „einem, was Demokratie und politische Vielfalt und Rechtsstaatlichkeit angeht, inzwischen mehr als rückständigen Land auf dieser Erde“ 71 und bezeichnete im weiteren Verlauf seines Debattenbeitrages den Zustand des Rechtsstaates in Deutschland als „erbärmlich“72. Peter Boehringer, Vorsitzende des Haushaltsausschusses in der 19. Wahlperiode, bezeichnete seinerseits in einem Blog im August 2015 die Bundesrepublik Deutschland explizit als „Unrechtsstaat“ und das Bundesverfassungsgericht als „oberstes Systemgericht “.73 3. Umfragen zum Thema „Rechtsstaat“ Im Folgenden wird auf eine Reihe von Umfragen eingegangen, in denen das Thema „Rechtsstaat“ tangiert wurde. Da in aller Regel nicht abstrakt nach dem Rechtsstaat gefragt wird, wurden auch Umfragen einbezogen, bei denen nach dem Vertrauen in die Arbeit der Justiz gefragt wird. In einer repräsentativen bundesweiten Online-Erhebung, die zwischen dem 23. März und 4. April 2018 durchgeführt wurde, fragte das Berliner Meinungsforschungsinstitut „pollytix straetgic research“ für t-online nach dem Vertrauen in politische und gesellschaftliche Institutionen74 und kam zu dem Ergebnis, dass das Vertrauen insgesamt eher gering sei. Dabei wiesen staatliche, parteiferne Institutionen wie Polizei, Justiz und kommunale Verwaltung ein deutlich höheres Vertrauen auf als die politischen Parteien, die im Vertrauensranking das Schlusslicht bildeten. Justiz und Gerichte liegen im Ranking der pollytix-Umfrage auf Platz 3. 55 % der Bevölkerung bringen ihnen sehr großes bzw. eher großes Vertrauen entgegen75, wobei der Prozentsatz zwischen den Wählern der Parteien stark variiert (CDU/CSU: 71 %, SPD: 68 %, GRÜNE: 63 %, FDP: 57 %, LINKE: 42 %, AfD: 21 %).76 Das größte Vertrauen bringen Justiz und Gerichten laut Umfrage Männer mit 58 % (Frauen 51%), die Gruppe der 18- bis 39-Jährigen mit 66 Prozent (40-59: 55 %, 71 Plenarprotokoll 19/13 vom 21. Februar 2018, S. 1050 72 Ebenda, S. 1051; in seinem Grußwort zur Eröffnung des Deutschen Anwaltstages 2018 kritisierte der Präsident des Deutschen Anwaltstages, Ulrich Schellenberg, Brandners Äußerung: „Ein solcher Satz ist nicht nur offenkundig falsch, er diskreditiert nicht nur die Arbeit von Tausenden von Richterinnen und Richtern, von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, von Anwältinnen und Anwälten; dieser Satz ist gefährlich. Es geht dabei nicht um die Analyse von Fehlern. Es geht dabei vielmehr um die Delegitimation des Rechtsstaats.“ (Das Grußwort vom 7. Juni 2018 ist abrufbar unter https://anwaltverein.de/files/anwaltverein.de/downloads/newsroom /pressemitteilungen/rechtspolitik/2018/grusswort.pdf; das Zitat befindet sich auf S. 12.) 73 Peter Boehringer: J‘ accuse – ein Anklageartikel zur heutigen Pathokratie, 11. August 2015, abrufbar unter http://www.pboehringer.com/post/jaaccuse-ein-anklageartikel-zur-heutigen 74 pollytix strategic research: Vertrauen in politische und gesellschaftliche Institutionen. Repräsentative bundesweite Online-Erhebung, durchgeführt 23.03.-04.04.2018, abrufbar unter: https://pollytix.de/wp-content/uploads /2018/05/pollytix_Vertrauen-in-politische-und-gesellschaftliche-Institutionen.pdf 75 Ebenda, S. 4 76 Ebendas, S. 5-10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 18 60+: 45 %), Menschen mit hohem Bildungsabschluss mit 60 % (niedriger bzw. Bildungsabschluss : 52 bzw. 53 %) und Westdeutsche mit 57 % (Ostdeutsche: 49 %) entgegen.77 In einer Umfrage des Online-Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Huffington Post wurde im Zeitraum vom 6. bis 9. April 2018 gefragt: „Haben Sie den Eindruck, dass der Staat nicht willens oder in der Lage ist, in manchen Stadtvierteln Recht durchzusetzen?“. Laut Bericht der Huffington Post vom 9. April 201878 bejahten fast 80 Prozent der Umfrage-Teilnehmer die Frage (Ja, auf jeden Fall: 56,3 %, Eher ja: 22,3 %), wobei sich die Zustimmung nach Parteipräferenz stark unterschied (beide Kategorien zusammen betrachtet: AfD: 96,7 %, FDP, 93,4 %, CDU/CSU: 79,9%, DIE LINKE: 72,0 %, SPD: 56,0 %, GRÜNE: 52,9 %). Die Huffington Post interpretiert die Zahlen in ihrem Bericht als Bestätigung der Aussagen von Gesundheitsminister Jens Spahn, der in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung vom 4. April davon gesprochen hatte, dass in Arbeiterviertel in Essen, Duisburg oder Berlin der Eindruck entstehe, dass der Staat gar nicht mehr willens oder in der Lage sei, Recht durchzusetzen.79 Im Auftrag der Roland Rechtsschutz-Versicherungs-AG fragte das Institut für Demoskopie Allensbach im Dezember 2017 im Rahmen des Roland Rechtsreports 2018 nach dem Vertrauen der Bevölkerung in das deutsche Rechtssystem.80 Demnach genießt das deutsche Rechtssystem in der Bevölkerung ein hohes Maß an Vertrauen. 68 % der Bürger hätten sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze, 64 % in die Gerichte. Damit nähmen diese beiden Institutionen im Vergleich mit anderen staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen eine herausgehobene Stellung ein.81 Laut Roland Rechtsreport 2018 ist das Vertrauen der Bevölkerung in das deutsche Rechtssystem seit Jahren relativ stabil. Das Vertrauen in die deutschen Gerichte bewege sich seit fast zehn Jahren in der Bandbreite zwischen 60 % und 71 %; das Vertrauen in die Gesetze habe im selben Zeitraum zwischen 58 % und 76 % geschwankt.82 77 Ebenda, S. 22 78 Die Ergebnisse der Umfrage sind auf der Seite des Meinungsforschungsinstituts Civey nicht veröffentlicht. Die Angaben beruhen auf dem Artikel „Schwacher Rechtsstaat? Die meisten Deutschen sehen es wie Spahn, zeigt eine HuffPost-Umfrage“, Huffington Post vom 9. April 2018, abrufbar unter https://www.huffingtonpost .de/entry/schwacher-rechtsstaat-die-meisten-deutschen-sehen-es-wie-spahn-zeigt-eine-huffpost-umfrage _de_5acb1d46e4b0337ad1e99f30 79 Benedict Neff, Marc Felix Serrao: Haben Sie ein Problem mit Kritik, Herr Spahn? Interview mit Jens Spahn, in: Neue Zürcher Zeitung vom 4. April 2018, abrufbar unter https://www.nzz.ch/international/jens-spahn-frontexbraucht -100-000-mann-und-soll-wirklich-die-grenze-schuetzen-ld.1371586 80 Roland Rechtsreport 2018, abrufbar unter https://www.roland-rechtsschutz.de/media/rechtsschutz/pdf/unternehmen _1/ROLAND_Rechtsreport_2018.pdf 81 Ebenda, S. 12; auf vergleichbar hohe Zustimmungswerte kommen Justiz und Gerichte mit 67 % auch im Rahmen des „Global Trust Report 2017“, für den im Auftrag des GfK Vereins im Zeitraum von September bis November 2016 in insgesamt 25 Ländern rund 28.000 Verbraucherinterviews durchgeführt wurden (vgl. hierzu https://www.gfk-verein.org/sites/default/files/medien/359/dokumente/pm_gfk_verein_global _trust_2017_dt.pdf) 82 Ebenda, S. 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 19 Ungeachtet des insgesamt hohen grundsätzlichen Vertrauens der deutschen Bevölkerung in die Gesetze und Gerichte äußerten die Bundesbürger unverändert zum Teil deutliche Kritik am deutschen Justiz- und Rechtssystem. 77 Prozent der Deutschen schätzen die Gerichte laut der Befragung als überlastet ein. Nur rund jeder Vierte sei der Meinung, dass deutsche Gerichte gewissenhaft und gründlich arbeiteten und hier alles mit rechten Dingen zugehe. Stattdessen bemängelten die Bürger wie schon im Vorjahr lange Verfahren, komplizierte Gesetze und zu milde Strafen. Zudem sei die Mehrheit (58 %) davon überzeugt, dass Urteil und Strafmaß stark vom zuständigen Gericht abhingen. 66 Prozent meinten, dass ein bekannter Anwalt die Chancen auf ein günstiges Urteil erhöhe.83 Auch zwei europäische Studien befassen sich mit dem Justizsystem und dem Vertrauen in Institutionen . Im Rahmen des von der EU-Kommission beauftragten EU-Justizbarometers 2017, das einen vergleichenden Überblick über Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der Justizsysteme in den EU-Mitgliedstaaten gibt,84 wurde auch nach der Wahrnehmung der Unabhängigkeit der Justiz in den EU-Mitgliedstaaten und damit nach einer zentralen Grundvoraussetzung für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit gefragt. Deutschland belegte dabei unter den EU-Mitgliedstaaten (zusammen mit Österreich und hinter Dänemark und Finnland) den dritten Platz. Auf die Frage, wie sie das Justizsystem hinsichtlich der Unabhängigkeit der Gerichte und der Richter beurteilen, antworteten 19 % der Befragten im Jahr 2017 mit „sehr gut“ und 59 % mit „ziemlich gut“. Dies ist ein deutlicher Anstieg um fast 10 % im Vergleich zur Befragung im Jahr 2016. Damals hatten die oben genannte Frage lediglich 15 % mit „sehr gut“ und 54 % mit „ziemlich gut“ beantwortet.85 Im Rahmen der europaweiten Studie „Generation What?“ beteiligten sich zwischen April und Juli 2016 europaweit rund eine Million 18- bis 34-Jährige und gaben u. a. Auskunft zu den Themenkomplexen Arbeit und Bildung, Vertrauen in Institutionen, Gesellschaft, Europa und Familie .86 Laut der Studie hat die junge Generation in Deutschland mit 40 Prozent das geringste Misstrauen gegenüber der Justiz des eigenen Landes. Das sei europaweit der zweitniedrigste Wert. Deutschland sei neben der Schweiz und den Niederlanden auch das einzige Land, in dem über 50 Prozent der eigenen Justiz völlig oder zumindest eher vertrauten.87 83 Ebenda, S. 8 84 European Commission, Directorate-General for Justice and Consumers: Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Central Bank, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions — The 2017 EU Justice Scoreboard, Luxemburg 2017, abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-890_de.htm 85 Ebenda, S. 37, Abbildung 51 86 Generation What?, abrufbar unter https://www.br.de/presse/generation-what-europaeischer-abschlussbericht- 102.html 87 Ebenda, S. 16f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 022/18 Seite 20 4. Literaturverzeichnis Altenbockum, Jasper von (2016): Seehofers Unrecht, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Februar 2016 Antrag der Bundestagsfraktion der AfD „Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Asyl- und Migrationspolitik“ (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/023/1902392.pdf) Appenzeler, Gerd, Haselberger, Stephan, Monath Hans (2009): „Vorsicht! Ich bin die andere!“ SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan über ihre Bewerbung fürs Schloss Bellevue, in: Der Tagesspiegel vom 17. Mai 2009 Bahr, Egon (2015): Die DDR war nicht der einzige Unrechtsstaat im Ostblock, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16. Mai 2015 Bannas, Günter (2016): Richtig grantig. Seehofer lässt sich das Poltern nicht verbieten, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Februar 2016 Beaucamp, Guy (2015): Warum die DDR kein Rechtsstaat war, in: Juristische Arbeitsblätter. Zeitschrift für Studenten und Referendare, Bd. 47 (2015), Heft 10, S. 725-729 Bericht der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“, Bundestagsdrucksache 12/7820, 31. 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