© 2016 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 020/16 Nachlassende Bindungskraft der Volksparteien Ursachen und Handlungsmöglichkeiten Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 2 Nachlassende Bindungskraft der Volksparteien Ursachen und Handlungsmöglichkeiten Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 020/16 Abschluss der Arbeit: 18. Mai 2016 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung 4 2. Entwicklung der Mitgliederzahlen in den etablierten Parteien 4 3. Nachlassende Bindungskraft der Volksparteien, Ursachen und Handlungsoptionen 5 4. Aktuelle Stellungnahmen aus dem politischen Raum zur Lage und Zukunft der Volksparteien 10 5. Anlagenverzeichnis 13 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 4 1. Vorbemerkung Die vorliegende Dokumentation bündelt Medienberichte, wissenschaftliche Stellungnahmen und Äußerungen aus dem politischen Raum zur aktuellen Lage der Volksparteien in Deutschland. Ausgewählt wurden Beiträge, die vor dem Hintergrund eines vielfach diagnostizierten Bedeutungsverlustes der Volksparteien die Ursachen dieser Entwicklung diskutieren und gegebenenfalls Handlungsoptionen aufzeigen. Bestandteil der Dokumentation sind – wie erbeten – auch frühere Ausarbeitungen des Fachbereichs WD 1 (Geschichte, Zeitgeschichte und Politik) zu diesem komplexen Thema. Die erste Arbeit liefert eine Bestimmung des Begriffs Volksparteien aus historischer wie politikwissenschaftlicher Perspektive und skizziert die Organisationsstrukturen und Entscheidungsprozesse innerhalb von Parteien1 (Anlage 1). Die zweite Arbeit befasst sich mit den Ursachen für die niedrige Wahlbeteiligung in Deutschland. Sie stellt zunächst die Entwicklung der Beteiligung an Wahlen zum Deutschen Bundestag, zum Europäischen Parlament und zu Landesparlamenten (bis 2014) dar, wobei die ostdeutschen Bundesländer besondere Beachtung finden. In einem zweiten Schritt werden die von verschiedenen Forschungsinstituten ermittelten Motive von Nichtwählern ausgewertet und Empfehlungen von Wahlforschern und Politikern zur Steigerung der Wahlbeteiligung referiert2 (Anlage 2). 2. Entwicklung der Mitgliederzahlen in den etablierten Parteien Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland weist den Parteien eine hervorgehobene Rolle bei der „politischen Willensbildung des Volkes“ zu, es erhebt sie in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution.3 Politische Parteien bilden „die Zwischenglieder zwischen den Bürgern und dem Staat, ohne die eine parlamentarische Demokratie nicht denkbar ist“4. Trotz dieser zentralen Bedeutung der Parteien für das politische Leben in der Bundesrepublik sind heute weniger als zwei Prozent aller Beitrittsberechtigten Mitglied einer politischen Partei – bei fallender Tendenz: Die Rekrutierungsfähigkeit der etablierten Parteien betrug im Jahre 1990 3,65 Prozent. 2013 hatten nur noch 1,81 Prozent aller Beitrittsberechtigten einen Mitgliedsausweis5 (Anlage 3). 1 Volksparteien – Begriffsbestimmung und interne Entscheidungsabläufe (2014), Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 28. Januar 2014, WD 1 – 3000 – 003/14, Anlage 1. 2 Sinkende Wahlbeteiligung in Deutschland. Ursachen und Lösungsvorschläge (2015), Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 16. Januar 2015, WD 1 – 3000 – 008/15, Anlage 2. 3 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (1949), Artikel 21 (1), siehe: https://www.gesetze-im-internet .de/gg/art_21.html (Abruf am 11. Mai 2016). 4 Bundesministerium des Innern (o.J.), Gesellschaft und Verfassung: Parteienrecht, siehe: http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Gesellschaft-Verfassung/Staatliche-Ordnung/Parteienrecht/parteienrecht _node.html (Abruf am 11. Mai 2016). 5 Oskar Niedermayer (2015), Parteimitglieder in Deutschland: Version 2015. Arbeitshefte aus dem Otto-Stammer- Zentrum, Nr. 25, FU Berlin 2015, S. 4, siehe: https://www.google.de/#q=parteimitglieder+in+deutschland+version +2015 (Abruf am 11. Mai 2016), Anlage 3 (Seiten 1-17; die Studie hat insg. 80 Seiten). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 5 Einen spürbaren Rückgang bei den Mitgliederzahlen verzeichnen seit zweieinhalb Jahrzehnten die beiden großen Volksparteien CDU und SPD – „unabhängig davon, ob sie im Bund regieren oder in der Opposition sind, ob sie sich zerstritten oder geschlossen präsentieren“6 (Anlage 4). Die CDU hatte 1990 rund 790.000 Mitglieder, im November 2015 waren es noch 447.000 (ohne Bayern, wo die CDU nicht vertreten ist). Das ist ein Rückgang um 43 Prozent. Noch gravierender sind die Verluste bei der SPD. Sie hatte 1990 943.000 eingeschriebene Mitglieder, Ende 2015 waren es noch rund 445.000 (inklusive Bayern). Das sind 53 Prozent weniger7 (Anlage 5). Veränderungen bei den Mitgliederzahlen registrieren seit 1990 auch die drei kleineren im Bundestag vertretenen Parteien – CSU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke. Die CSU hatte im November 2015 rund 146.000 Mitglieder, 1990 waren es 186.000 (minus 21,5 Prozent). Bei Bündnis 90/Die Grünen waren Ende September 2015 knapp 60.000 Mitglieder eingeschrieben, 1990 hatten die Grünen 41.000 Mitglieder8 (ein Plus von rund 46 Prozent). Die Linkspartei hatte 1990, als sie noch PDS hieß, rund 281.000 Mitglieder, 2009 waren es ca. 78.000 und im September 2015 knapp 60.000 (minus 78 Prozent im Vergleich zu 1990). Auch die FDP verlor seit 1990 zwei Drittel ihrer zahlenden Anhänger: Sie hatte 1990 noch 168.000 Mitglieder, Ende September 2015 waren es 54.000 (minus 68 Prozent).9 Der hier skizzierte tendenzielle Schrumpfungsprozess ist im Übrigen kein deutsches Phänomen, er vollzieht sich in ganz Europa. Fast überall verlieren die Parteien immer mehr Mitglieder – und das Vertrauen der Wähler. „In Dänemark, Finnland, den Niederlanden traut immerhin noch ein gutes Drittel des Volkes ihren Parteien, in Deutschland und Österreich ein Viertel, aber in Frankreich , Italien, vielen osteuropäischen Ländern sind es gerade noch zehn Prozent oder noch viel weniger. Überall misstraut die Mehrheit der Bürger den Parteien, aus denen sich ihre Regierung rekrutiert“10 (Anlage 6). 3. Nachlassende Bindungskraft der Volksparteien, Ursachen und Handlungsoptionen Der drastische Rückgang der Mitgliederzahlen in den etablierten Parteien sowie die sinkenden Zustimmungswerte bei Bundestags- und Landtagswahlen, insbesondere für die SPD, haben in 6 Günter Bannas (2016), Der Mitgliederschwund. Die Parteien verlieren ihre kommunale Basis und haben weniger engagierte Ehrenamtliche, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Mai 2016, Anlage 4. 7 Oskar Niedermayer (2015), Parteimitglieder in Deutschland, a.a.O., S. 2. Zu den Angaben für September/November 2015 siehe: Gregor Mayntz (2015), Parteien werden immer kleiner, Rheinische Post vom 30. Dezember 2015, siehe: http://www.rp-online.de/politik/deutschland/cdu-csu-spd-fdp-gruene-parteien-verlieren-mitglieder -aid-1.5660266 (Abruf am 12. Mai 2016), Anlage 5. 8 Die Vereinigung mit Bündnis 90 erfolgte im Jahre 1993. 9 Oskar Niedermayer (2015), Parteimitglieder in Deutschland, a.a.O., ebd. Zu den Angaben für September/November 2015 siehe: Gregor Mayntz (2015), a.a.O. 10 Hans-Jürgen Schlamp (2016), Das Ende der Demokratie, wie wir sie kennen, in: Spiegel Online vom 22. Februar 2016, siehe: http://www.spiegel.de/politik/ausland/europa-den-parteien-laufen-die-mitglieder-weg-a- 1078084.html (Abruf am 17. Mai 2016), Anlage 6. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 6 den vergangenen Jahren die politikwissenschaftliche Debatte um die Zukunft des Parteiensystems in Deutschland geprägt. Befördert wird sie ganz wesentlich von den großen politischen Stiftungen . Mit dem Vertrauensverlust in Parteien und Politik setzte sich die Friedrich-Ebert-Stiftung auseinander . Auf einer Tagung der Politischen Akademie der FES (2011) bescheinigte Politikwissenschaftler Elmar Wiesendahl der SPD eine „Substanzauszehrung sowohl als Volkspartei als auch als Mitgliederpartei“11 (Anlage 7). Die Krise habe unter anderem damit zu tun, dass im zurückliegenden Jahrzehnt „der Markenkern der Partei beschädigt“ worden sei. Dies habe innerhalb der Partei zu einer Identitätskrise und gegenüber der Wählerschaft zu einer Abnahme an Glaubwürdigkeit geführt. Notwendig seien eine Organisationsreform und eine Veränderung der inneren Kultur der Partei (S. 5). Die Partei müsse sich für direkte demokratische Prozesse öffnen – für Urwahlen , für Mitgliederabstimmungen, für Mitgliederbegehren und -entscheide (S. 6). Der Düsseldorfer Parteienforscher Thomas Poguntke stellt die populäre These, dass die Ära der großen Volksparteien zu Ende gehe, in Frage12 (Anlage 8). Aktuelle Entwicklungen wie sinkende Mitgliederzahlen und schwindende Zustimmungswerte bei Wahlen diskutiert er im Kontext des sozialstrukturellen Wandels der Wählerschaft und der massiven Veränderungen, die die deutsche Parteienlandschaft im Zuge der Erweiterung des Parteienspektrums durch Grüne und Linke erfahren hat. Den Begriff Volkspartei hält der Autor für einen Mythos, schließlich könnten einzelne Parteien niemals ein ganzes Volk vertreten. (S. 122ff.) In der Demokratie sei die Herstellung des Gemeinwohls auf den Wettbewerb unterschiedlicher Interessen angewiesen. Angesichts der grundlegenden Veränderungen im Parteiensystem der Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten (Fünfparteiensystem, komplexer gewordene Koalitionsmöglichkeiten) plädiert Poguntke dafür, den von Oskar Niedermayer im Jahre 2008 eingeführten Begriff eines „fluiden Fünfparteiensystems “ zu verwenden. (S. 131) „Für die ernsthafte politische und wissenschaftliche Auseinandersetzung wäre es (…) allemal ein Gewinn, wenn das Schrumpfen der Großparteien dazu führte, dass der normativ aufgeladene und demokratietheoretisch problematische Begriff der Volkspartei aus der Diskussion verschwände.“ (S. 132) Die Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete im August 2011 eine Konferenz zur „Zukunft der Volksparteien“. Der Politikwissenschaftler Udo Zolleis zeigte sich in seinem Vortrag überrascht, dass den Volksparteien in publizistischen wie politikwissenschaftlichen Kreisen „das Totenglöckchen “ geläutet werde13 (Anlage 9). Parteien seien nicht nur „ein Resonanzboden in der Wählerschaft“, sondern auch „strategische Akteure, die durchaus in der Lage sein sollten, auf Wandlungsprozesse reagieren zu können“ (S. 13f.). Zolleis untersucht die Frage, „wie ernst die 11 Friedrich-Ebert-Stiftung (2011), Reformbaustelle Volkspartei, Tagung der Politischen Akademie, März 2011, Policy Paper Nr. 39, siehe: http://library.fes.de/pdf-files/akademie/08533.pdf (Abruf am 12. Mai 2016), Anlage 7. 12 Thomas Poguntke (2011), Ratlose Zwerge: Sind die Volksparteien am Ende?, in: Evelyn Bytzek, Sigrid Roßteutscher (Hrsg.), Der unbekannte Wähler? Mythen und Fakten über das Wahlverhalten der Deutschen, Campus Verlag , Frankfurt am Main 2011, S. 115-132, Anlage 8. 13 Udo Zolleis (2011), Zur Lage der Volksparteien in Deutschland, in: Ralf Thomas Baus (Hrsg.), Parteiensystem im Wandel. Perspektiven, Strategien und Potentiale der Volksparteien, Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 19.-21. August 2011, siehe: http://www.kas.de/wf/doc/kas_33829-544-1-30.pdf?131106170945 (Abruf am 12. Mai 2016), Anlage 9. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 7 aktuelle Lage der Volksparteien“ sei (S. 14) und arbeitet „fünf Rollen“ heraus, die ihr Selbstverständnis und ihre Handlungsmöglichkeiten im Parteienwettbewerb prägten (S. 19ff). Eine zentrale Herausforderung für jede Volkspartei sei es, alle in der Wählerschaft signifikanten Gruppen in den innerparteilichen Willensbildungsprozess einzubinden. Nur dann werde sie „das klassische Alleinstellungsmerkmal der Volkspartei beibehalten und vielleicht sogar ausbauen können: das Zusammenführen divergierender Interessen in einen gemeinsamen Politikansatz“ (S. 26). Der Politikwissenschaftler Timo Grunden diskutiert in seinem Konferenzbeitrag den Reformbedarf und die Reformoptionen der Volksparteien14 (Anlage 10). Die Ursachen für den Mitgliederund Wählerverlust der Parteien würden zumeist in den gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen verortet: „Nach der Auflösung gesellschaftlicher Großmilieus besäßen die Parteien keine ‚natürlichen‘ Rekrutierungspools und multiplikationsmächtige Verbündete in der Zivilgesellschaft mehr“ (S. 273). Die Überalterung der Gesellschaft wirke sich negativ aus. Außerdem könnten Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen den politischen Partizipationsbedürfnissen junger Menschen besser entsprechen als Parteigremien. Die Volksparteien hätten „ein Partizipationsund ein Führungsdefizit“. Das Partizipationsdefizit bestehe in der „Entkopplung der Willensbildung von Eliten und Basis“, das Führungsdefizit „in einem Mangel an normativer Orientierung, die neue Herausforderungen benennt, Lösungsstrategien anbietet und diese aus einem Wertekanon ableitet“ (S. 276f.). Der Verfasser empfiehlt den Volksparteien als strategische Reformoption eine „dosierte Amerikanisierung“. Die Parteien sollten „eine Erweiterung des Mitgliederkonzepts und die Einführung offener Vorwahlen akzeptieren“: „Direktwahlen, die nur den bisherigen Mitgliedern offen stehen, werden an der gesellschaftlichen Isolierung der Parteien nichts verändern können, weil die Mitgliederbasis aufgrund ihrer Sozialstruktur nicht mehr als gesellschaftlicher Resonanzboden wirken kann“ (S. 283). Die im Frühjahr 2011 in der Konrad-Adenauer-Stiftung gegründete Arbeitsgruppe „Zukunft der Volksparteien“ legte 2012 ihre erste Konzeptstudie vor. Diese bietet eine kritische Bestandsaufnahme zur Lage der Volksparteien in Deutschland und einen Ausblick auf mögliche Entwicklungen 15 (Anlage 11). Zukunftsfähige Volksparteien, so die Empfehlung, müssten sich einerseits öffnen für interessierte Bürgerinnen und Bürger. Andererseits müssten die formal eingeschriebenen Mitglieder „gepflegt“ und stärker als bisher am innerparteilichen Entscheidungsfindungsprozess beteiligt werden (S. 20). Wichtig sei, mehr Teilnahmemöglichkeiten (z.B. Zukunfts- und Bürgerforen ) anzubieten, die den veränderten Teilnahmewünschen entsprechen (S. 21). Im Dezember 2014 veranstaltete die Arbeitsgruppe „Zukunft der Volksparteien“ der Konrad-Adenauer -Stiftung eine Tagung unter dem Motto „Mehr Experimente! Nachdenken über die Volksparteien der Zukunft“. In vier Workshops diskutierten die Teilnehmer über Organisationsreformen und neue Beteiligungsformate, die Weiterentwicklung der Mitgliedergewinnung und eine verbesserte Beteiligung der Parteimitglieder. In „Zwölf Thesen zur Reform der Volksparteien“ 14 Timo Grunden (2011), Dosierte Amerikanisierung. Reformbedarf und Reformoptionen der Volksparteien, in: Ralf Thomas Baus (Hrsg.), a.a.O., S. 263-286, Anlage 10. 15 Karsten Grabow (2012), Was heißt Volkspartei heute – und morgen? Konzeption der Arbeitsgruppe „Zukunft der Volksparteien“, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg), Volks- und Großparteien in Deutschland und Europa. Stand und Perspektiven, S. 7-24, siehe: http://www.kas.de/wf/doc/kas_31234-544-1-30.pdf?120605102314 (Abruf am 12. Mai 2016), Anlage 11. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 8 wurden die Ergebnisse der Tagung veröffentlicht16 (Anlage 12). Die konkreten Handlungsvorschläge zielen u.a. auf die Wiederbelebung der Vorfeldorganisationen und die Ermöglichung eines projektbezogenen temporären Engagements (S. 13f.). Auf einer Fachtagung der Heinrich-Böll-Stiftung zum Thema „Woher? Wohin – Die Zukunft der Parteiendemokratie“ im November 2014 beschäftigte sich der Parteienforscher Richard Stöss mit der Entwicklung und Funktion von Volksparteien17 (Anlage 13). Zu beobachten sei eine „starke Vernachlässigung“ ihrer Repräsentationsfunktion, mithin eine Abwendung vom Bürger. Die Hinwendung der Parteien zum Staat sei weit vorangeschritten, sie agierten heute als „halbstaatliche Agenturen oder gar als Teile des Staates“ (S. 11f.). In der heutigen Konsensgesellschaft bestünden zwischen den etablierten Parteien bei wichtigen politischen Sachfragen kaum noch Unterschiede . Auch in ihren Wertorientierungen hätten sich die im Bundestag vertretenen Parteien einander angenähert. Die Wähler würden sich daher eher an Personen als an Programmen orientieren . Den Bürgern stehe heute „eine breite Palette von Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Gestaltung des öffentlichen Lebens zur Verfügung. Die bestehenden Partizipationschancen müssen aber auch wahrgenommen werden.“ Das Ausmaß der Autonomie der Parteien hänge von der Stärke der Zivilgesellschaft ab. Die Funktion der Partei als Ort demokratischer Repräsentation stehe auf dem Prüfstand (S. 12f.). Der Rechtswissenschaftler Peter Siller analysierte in seinem Beitrag die Ursachen der Parteienverdrossenheit 18 (Anlage 14). Ressentiments gegenüber Parteien reichten bis tief in die Mitte der Gesellschaft hinein, auch in die intellektuelle Mitte. „Heute sehen profilierte Fernseh-Intellektuelle ihre Aufgabe darin, die Bürgerinnen und Bürger für die Option des Nichtwählens zu sensibilisieren .“ (S. 5) Der Parteien- und Politikerverdruss werde „befördert durch einen Medienbetrieb, der auf den Zuspruch durch opportunistische Zuspitzung“ baue. Die „Malaise der Parteien“ fuße in einem „tiefgreifenden gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Wandel – und dem Unwillen der gesellschaftlichen Akteure, sich diesem Wandel gestaltend zu stellen“ (S. 6). Der Verfasser formuliert eine Reihe von Vorschlägen zur „Revitalisierung unserer Parteiendemokratie “, die auch die Parlamente und „ihr Gewicht gegenüber einer sich zunehmend verselbständigenden Exekutive wie auch gegenüber einer immer mehr Entscheidungen treffenden Judikative“ berühren. Ziel sei eine Stärkung der Parlamente, gerade auch mit Blick auf internationale Verhandlungen (S. 29 f.). 16 Arbeitsgruppe „Zukunft der Volksparteien“ (Hrsg.) (2015), Mehr Experimente! Zwölf Thesen zur Reform der Volksparteien, Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin 2015, S. 10-15, siehe: http://www.kas.de/wf/doc/kas_41398- 544-1-30.pdf?150522082237 (Abruf am 13. Mai 2016), Anlage 12. 17 Richard Stöss (2014), Ursprung und Wendemarken der Parteienentwicklung. Thesen zur Zukunft der Parteiendemokratie , in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Policy Paper Nr. 5, Januar 2015, siehe: https://gutvertreten .boell.de/sites/default/files/policy_paper_05_richard_stoess.pdf (Abruf am 13. Mai 2016), Anlage 13. 18 Peter Siller (2014), Die Aktualität der Parteien, in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Policy Paper No. 13, Januar 2015, siehe: https://www.boell.de/sites/default/files/2015-11-siller-parteien.pdf (Abruf am 13. Mai 2016), Anlage 14. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 9 Im Jahre 2014 legte TNS Infratest Politikforschung ein im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung erstelltes Gutachten zur Demokratiedistanz politisch unzufriedener Bürger vor19 (Anlage 15). Es beruht auf Ergebnissen einer repräsentativen Befragung, die im Oktober 2012 durchgeführt wurde. Die Studie beschreibt Symptome für die Bindungsschwäche der Volksparteien und analysiert die Gründe für die Unzufriedenheit der Befragten: „Die Gründe für die schwache Bindung an die Sozialdemokraten und die Unionsparteien sind insbesondere im Erscheinungsbild der Parteien zu suchen. Neben mangelnder Geschlossenheit wirft man den beiden Parteien Wankelmütigkeit und Profillosigkeit vor. Die Bürger haben zunehmend Schwierigkeiten zu erkennen, wofür die Parteien stehen und was sie unterscheidet. (…) Hinzu kommt ein genereller Trend zur Entideologisierung der Politik, was wiederum zu einer zurückgehenden Bindung an die jeweils ‚eigene‘ Partei führt. Schließlich führt die Individualisierung der Lebens- und Denkweisen zu immer heterogeneren Ansprüchen an Parteien – und insbesondere an Volksparteien – die im Ergebnis politische Unzufriedenheit verstärken, da unmöglich alle Anspruchsgruppen gleichzeitig zufrieden gestellt werden können.“ ( S. 25f.) Mit den Zukunftspotentialen der Volksparteien angesichts der Wahlerfolge der AfD bei den Landtagswahlen im März 2016 befasst sich der Organisationsentwickler Hanno Burmester in einem Debattenbeitrag für den Tagesspiegel20 (Anlage 16). Es sei „Kernaufgabe“ der etablierten Parteien , das große Lager der Nichtwähler zu mobilisieren. Diese Aufgabe dürfe nicht der AfD oder einer anderen Protestpartei überlassen bleiben (S. 2). Beide Volksparteien könnten von der Debatte über den Umgang mit Millionen Flüchtlingen und Migranten profitierten. „Sie müssten jetzt Orientierung bieten, Raum für Debatte und Dialog – und darüber Strahlkraft entfalten.“ Doch stattdessen wirkten beide Parteien „kopf- und orientierungslos“. Ihnen werde ihre „organisatorische Reformunfähigkeit zum Verhängnis“. Die Parteiapparate funktionierten „zäh, hierarchisch, formal, analog und ortsgebunden“. Dementsprechend reagierten sie verlangsamt auf gesellschaftliche Entwicklungen. Beiden Parteien würde es gut tun, „wieder unterscheidbarer“ zu werden: „Politik braucht Alternativen, ansonsten wirkt sie wie ein diskursives Diktat“ (S. 4). Wer langfristig bessere Wahlergebnisse anstrebe, benötige vor allem „einen Organisations- und Kulturwandel “. Notwendig seien „neue Ideen, Arbeitsweisen und Gesichter“ (S. 5). In dem Bestreben, neue Handlungsoptionen für eine Reform der etablierten Parteien zu entwickeln , haben die Heinrich-Böll-Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung und der Berliner Think- Tank „Das Progressive Zentrum“ ihre Kräfte gebündelt und das Projekt „Legitimation und Selbstwirksamkeit : Zukunftsimpulse für die Parteiendemokratie“ auf den Weg gebracht. Im Herbst 2015 legten die drei Akteure ihre Zukunftsstudie „Die Partei 2025“ vor, die unterschiedliche 19 Rainer Stocker (2014), Demokratiedistanz politisch unzufriedener Bürger/-innen. Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung von TNS Infratest Politikforschung, Berlin 2014, siehe: http://library.fes.de/pdf-files/dialog /10822.pdf (Abruf am 12. Mai 2016), Anlage 15. 20 Hanno Burmester (2016), Niederlage der Schnappatmigen: Wie die Volksparteien sich ins Abseits spielen, Beitrag für das Debattenportal Causa, Tagesspiegel Online vom 14. März 2016, siehe: https://causa.tagesspiegel .de/niederlage-der-schnappatmigennbspwie-die-volksparteien-sich-ins-abseits-spielen.html (Abruf am 17. Mai 2016), Anlage 16. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 10 Ideen und Ansätze für eine Reform der Parteien bündelt21 (Anlage 17). Aus Sicht der Verfasser dieser Studie bleiben Parteien „in ihrer Funktion als Scharnier zwischen Staat und Gesellschaft auch zukünftig wichtig für das Gemeinwohl in Deutschland. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität und Fragmentierung unserer Gesellschaft können Parteien als institutionalisierte Mediatoren agieren, die Jung und Alt, Arm und Reich, Rechts und Links, Stadt und Land, Einwohner mit und ohne Migrationshintergrund oder deutsche Staatsbürgerschaft in einem anhaltend produktiven Miteinander halten können.“ (S. 6) 4. Aktuelle Stellungnahmen aus dem politischen Raum zur Lage und Zukunft der Volksparteien Eines ihrer Ziele haben die Autoren der Studie „Parteien 2025“ erreicht – eine parteiübergreifende Debatte zur Zukunft der politischen Parteien in Deutschland anzustoßen. Am 27. April 2016 trafen sich die Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer von CDU, SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, um über die Ergebnisse dieser Studie zu diskutieren. Peter Tauber, Katarina Barley, Michael Kellner, Matthias Höhn und Nicola Beer stimmten der Auffassung zu, dass es in ihren Parteien Veränderungs- und Öffnungsbedarf gebe22 (Anlage 18). So müssten die Beteiligungsangebote an die erhöhte Mobilität in der Gesellschaft angepasst werden – zum Beispiel durch Onlinepartizipation, Mitgliederentscheide und basisdemokratische Spitzenkandidatenwahlen . Die Parteienvertreter erklärten aber auch, dass sie die Ortsvereine, deren verkrustete Strukturen so häufig kritisiert würden, weiterhin für unverzichtbar hielten. „Die halten den Laden am Laufen. 600 Bundestagsabgeordnete finden Sie immer, 35.000 Ehrenamtliche eher nicht“, so CDU-Generalsekretär Peter Tauber.23 Der Geschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, Michael Kellner, regte eine Änderung des Parteiengesetzes an, „um mehr Freiraum für uns selber als Organisationen“ zu haben und neue Dinge ausprobieren zu können. So seien bislang einige Abstimmungen formal noch an Parteitage gebunden, zum Beispiel die Verabschiedung von Programmen oder die Wahlen der Vorsitzenden. Hier gebe es Änderungsbedarf, so Kellner. Auch dieser Vorschlag stieß parteiübergreifend auf Zustimmung24 (Anlage 19). 21 Hanno Burmester, Philipp Sälhoff, Marie Wachinger (2015), Die Partei 2025. Impulse für zukunftsfähige politische Parteien, Studie der Heinrich-Böll-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung, des Progressiven Zentrums, September 2015, 65 Seiten, siehe: https://www.boell.de/sites/default/files/2015-09_die_partei_2025.pdf (Abruf am 13. Mai 2016), Anlage 17. 22 Lisa Caspari (2016), „Was Besseres als die Partei wurde noch nicht erfunden“, in: Zeit Online vom 28. April 2016, siehe: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-04/parteien-mitglieder-zukunft (Abruf am 17. Mai 2016), Anlage 18. 23 Ebd. 24 Mike Herbstreuth, „Menschlicher miteinander arbeiten“, Bericht des Deutschlandfunks vom 28. April 2016, siehe: http://www.deutschlandfunk.de/mitgliederschwund-bei-parteien-menschlicher-miteinander .1773.de.html?dram:article_id=352682 (Abruf am 19. Mai 2016), Anlage 19. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 11 Seit den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März 2016 ist die Debatte um die Rolle der Volksparteien und ihren Status im Parteiensystem neu entfacht . Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry erklärte für ihre Partei, die in den drei Ländern jeweils zweistellige Ergebnisse erzielt hatte: „Die AfD ist eine Volkspartei.“25 (Anlage 20) Der Finanzminister Bayerns, Markus Söder, bezweifelt allerdings, dass die Wähler der AfD tatsächlich auch Stammwähler dieser Partei seien26 (Anlage 21). Die AfD sei das „Fieberthermometer der Demokratie“. Sie werde gewählt aus Wut, Enttäuschung und Protest. Parteien, die rechts von der Union stünden, müssten bekämpft und ihre Wähler integriert werden. „Wenn die CDU es zulässt, dass sich die AfD dauerhaft in den Parlamenten einnistet, dann verliert sie den Charakter einer bürgerlichen Volkspartei. Das ist eine existenzielle Frage für die Union.“ Trotz der erheblichen Stimmenverluste für die SPD bei den Landtagswahlen sieht der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, die SPD weiterhin als „Volkspartei“: „Eine Volkspartei ist für alle gesellschaftlichen Gruppen offen und hat den Anspruch das Gemeinwesen zu gestalten und nicht nur Klientelinteressen zu vertreten. Das ist bei der SPD der Fall“, so Oppermann27 (Anlage 22). Das Mitglied der Grundwertekommission der SPD, Hans-Peter Bartels, sieht vor allem die SPD als Verlierer des multipolaren (statt wie bisher bipolaren) Parteiensystems28 (Anlage 23). Zwar sei „die älteste Volkspartei der Welt“ noch in sieben Bundesländern stärkste Kraft, aber in fünf weiteren Ländern erreiche sie nur noch 20 Prozent oder weniger. In zwei Ländern (Baden-Württemberg , Sachsen-Anhalt) liege sie auf Platz vier, hinter der erstmals angetretenen AfD. In jedem multipolaren System steige die Aufmerksamkeit für jedwede Anti-‚System‘-Agitation, so Bartels. „Man wird wieder über die Grundlagen von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sprechen müssen.“ Der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf vertritt die Auffassung, dass der Begriff Volkspartei heute nicht mehr von Relevanz sei. Schließlich könnten auch kleinere Parteien „die Wünsche der Bevölkerung darstellen und aufgreifen. Früher war es übersichtlicher, weil es 25 Carin Pawlak (2016), AfD plustert und feiert sich im TV – Petry: „Wir sind eine Volkspartei“ (2016), Focus Online vom 14. März 2016, siehe: http://www.focus.de/kultur/kino_tv/auftritte-nach-dem-wahl-beben-afd-plustertund -feiert-sich-im-tv-petry-wir-sind-eine-volkspartei_id_5355258.html (Abruf am 12. Mai 2016). 26 Markus Söder im Interview (2016), in: Focus vom 19. März 2016, Anlage 20. 27 Thomas Oppermann im Interview (2016), in: Der Spiegel vom 19. März 2016, siehe: http://www.spiegel.de/spiegel /print/d-143711840.html (Abruf am 17. Mai 2016), Anlage 21. 28 Hans-Peter Bartels (2016), Das multipolare Parteiensystem und seine Konsequenzen, Beitrag für das Debattenportal Causa, Tagesspiegel Online vom 17. März 2016, siehe: https://causa.tagesspiegel.de/das-multipolare-parteiensystem -und-seine-konsequenzen.html (Abruf am 18. Mai 2016), Anlage 22. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 12 klare politische Lager gab. Aber die CDU ist schon lange nicht mehr rechts, und die SPD schon lange nicht mehr links. Beide sind in der Mitte“, so Biedenkopf29 (Anlage 24). Der frühere Bundestagsabgeordnete und Stellvertretende Vorsitzende der CSU, Peter Gauweiler, hebt hervor, dass die Volksparteien in Deutschland „seit dem Krieg über nunmehr drei Generationen Großes geleistet“ hätten30 (Anlage 24). „Aber mittlerweile scheinen sie in einer Art Erfolgsdepression gefangen zu sein. Anfällig für Aberglauben jeder Art, mit einer politischen Sprache, die zerfressen ist von geheucheltem Mitleid und Schönfärberei. Und ohne jede Fantasie für die Zukunft. Es ist ein bisschen wie mit dem französischen Adel vor der Revolution von 1789.“ Der ehemalige SPD-Vorsitzende Björn Engholm entgegnet auf die Frage nach dem Volksparteistatus der SPD, dass der Zustand einer Partei unterschieden werden müsse von der Zustimmung zur Partei: „Die SPD ist substanziell eine geeinte und relativ starke Partei. Unser Problem ist, dass wir nicht genügend Zuspruch von den Wählern bekommen“31 (Anlage 25). Seiner Meinung nach ist der Begriff Volkspartei nicht allein an die Zustimmungswerte gebunden. Es gehe vielmehr um die Zusammensetzung der Partei und der Wählerschaft. „Danach sind wir weiterhin eine Volkspartei . Geht der Trend allerdings weiter nach unten, können wir den Charakter Volkspartei verlieren . Der CDU geht es ähnlich.“ In der Demokratie gebe es seit längerer Zeit eine „Repräsentationslücke “. Die großen Parteien würden mit ihrer Politik bestimmte Kreise heute nicht mehr erreichen . „Jene Wähler wachen nun auf und suchen nach Alternativen. Von den großen Parteien fühlen sie sich nicht mehr verstanden, und dass zeigen sie, indem sie eine Partei wie die AfD wählen . Das sind also mitnichten alles Neonazis und Rassisten. Wir sollten diese Menschen nicht abstempeln . Die AfD ist ein Übel. Aber ein signifikanter Teil der Wähler, die sie gegenwärtig an sich bindet, kommt von CDU und SPD.“ Die Repräsentationslücke gebe es, so Engholm, „weil die großen Parteien aus dem vorpolitischen Feld weitgehend verschwunden sind. (…) Die Folge dessen ist, dass wir nicht mehr wissen, was dort gedacht wird, welche Argumente fallen. Wir wissen nicht mehr, was die Menschen substanziell bedrückt.“ 29 Kurt Biedenkopf im Interview (2016), in: Bild am Sonntag vom 20. März 2016, siehe: http://www.bild.de/politik /inland/kurt-biedenkopf/der-begriff-der-volkspartei-taugt-nicht-mehr-44998566.bild.html (Abruf am 17. Mai 2016), Anlage 23. 30 Peter Gauweiler im Gespräch (2016), in: Focus vom 30. April 2016, siehe: http://www.focus.de/politik/deutschland /politik-und-gesellschaft-der-deutschlandversteher-ein-gespraech-mit-dr-peter-gauweiler_id_5481535.html (Abruf am 18. Mai 2016), Anlage 24. 31 Björn Engholm im Interview (2016), in: Die Welt vom 13. Mai 2016, siehe: http://www.welt.de/politik/deutschland /article155304789/SPD-muss-links-der-Mitte-ein-Bollwerk-aufbauen.html (Abruf am 18. Mai 2016), Anlage 25. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 13 5. Anlagenverzeichnis Volksparteien – Begriffsbestimmung und interne Entscheidungsabläufe (2014), Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 28. Januar 2014, WD 1 – 3000 – 003/14, Anlage 1. Sinkende Wahlbeteiligung in Deutschland. Ursachen und Lösungsvorschläge (2015), Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 16. Januar 2015, WD 1 – 3000 – 008/15, Anlage 2. Oskar Niedermayer (2015), Parteimitglieder in Deutschland: Version 2015. Arbeitshefte aus dem Otto-Stammer-Zentrum, Nr. 25, FU Berlin 2015, S. 4, siehe: https://www.google.de/#q=parteimitglieder +in+deutschland+version+2015 (Abruf: 11. Mai 2016), S. 1-17 (von 80 S.), Anlage 3. Günter Bannas (2016), Der Mitgliederschwund. Die Parteien verlieren ihre kommunale Basis und haben weniger engagierte Ehrenamtliche, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Mai 2016, Anlage 4. Gregor Mayntz (2015), Parteien werden immer kleiner, Rheinische Post vom 30. Dezember 2015, siehe: http://www.rp-online.de/politik/deutschland/cdu-csu-spd-fdp-gruene-parteien-verlierenmitglieder -aid-1.5660266 (Abruf am 12. Mai 2016), Anlage 5. Hans-Jürgen Schlamp (2016), Das Ende der Demokratie, wie wir sie kennen, in: Spiegel Online vom 22. Februar 2016, siehe: http://www.spiegel.de/politik/ausland/europa-den-parteien-laufendie -mitglieder-weg-a-1078084.html (Abruf: 17. Mai 2016), Anlage 6. Friedrich-Ebert-Stiftung (2011), Reformbaustelle Volkspartei, Tagung der Politischen Akademie, März 2011, Policy Paper Nr. 39, siehe: http://library.fes.de/pdf-files/akademie/08533.pdf (Abruf: 12. Mai 2016), Anlage 7. Thomas Poguntke (2011), Ratlose Zwerge: Sind die Volksparteien am Ende?, in: Evelyn Bytzek, Sigrid Roßteutscher (Hrsg.), Der unbekannte Wähler? Mythen und Fakten über das Wahlverhalten der Deutschen, Campus Verlag, Frankfurt am Main 2011, S. 115-132, Anlage 8. Udo Zolleis (2011), Zur Lage der Volksparteien in Deutschland, in: Ralf Thomas Baus (Hrsg.), Parteiensystem im Wandel. Perspektiven, Strategien und Potentiale der Volksparteien, Tagung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 14 der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 19.-21. August 2011, S. 13-28, siehe: http://www.kas.de/wf/doc/kas_33829-544-1-30.pdf?131106170945 (Abruf: 12. Mai 2016), Anlage 9. Timo Grunden (2011), Dosierte Amerikanisierung. Reformbedarf und Reformoptionen der Volksparteien , in: Ralf Thomas Baus (Hrsg.), Parteiensystem im Wandel. Perspektiven, Strategien und Potentiale der Volksparteien, Tagung der Konrad-Adenauer-Stiftung vom 19.-21. August 2011, S. 263-286, siehe: http://www.kas.de/wf/doc/kas_33829-544-1-30.pdf?131106170945 (Abruf: 12. Mai 2016), Anlage 10. Karsten Grabow (2012), Was heißt Volkspartei heute – und morgen? Konzeption der Arbeitsgruppe „Zukunft der Volksparteien“, in: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg), Volks- und Großparteien in Deutschland und Europa. Stand und Perspektiven, S. 7-24, siehe: http://www.kas.de/wf/doc/kas_31234-544-1-30.pdf?120605102314 (Abruf: 12. Mai 2016), Anlage 11. Arbeitsgruppe „Zukunft der Volksparteien“ (Hrsg.) (2015), Mehr Experimente! Zwölf Thesen zur Reform der Volksparteien, Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin 2015, S. 10-15, siehe: http://www.kas.de/wf/doc/kas_41398-544-1-30.pdf?150522082237 (Abruf: 13. Mai 2016), Anlage 12. Richard Stöss (2014), Ursprung und Wendemarken der Parteienentwicklung. Thesen zur Zukunft der Parteiendemokratie, in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Policy Paper Nr. 5, Januar 2015, siehe: https://gutvertreten.boell.de/sites/default/files/policy_paper_05_richard_stoess.pdf (Abruf : 13. Mai 2016), Anlage 13. Peter Siller (2014), Die Aktualität der Parteien, in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Policy Paper No. 13, Januar 2015, siehe: https://www.boell.de/sites/default/files/2015-11-siller-parteien.pdf (Abruf: 13. Mai 2016), Anlage 14. Rainer Stocker (2014), Demokratiedistanz politisch unzufriedener Bürger/-innen. Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung von TNS Infratest Politikforschung, Berlin 2014, 30 Seiten, siehe: http://library.fes.de/pdf-files/dialog/10822.pdf (Abruf: 12. Mai 2016), Anlage 15. Hanno Burmester (2016), Niederlage der Schnappatmigen: Wie die Volksparteien sich ins Abseits spielen, Beitrag für das Debattenportal Causa, Tagesspiegel Online vom 14. März 2016, siehe: https://causa.tagesspiegel.de/niederlage-der-schnappatmigennbspwie-die-volksparteien-sich-insabseits -spielen.html (Abruf: 17. Mai 2016), Anlage 16. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 020/16 Seite 15 Hanno Burmester, Philipp Sälhoff, Marie Wachinger (2015), Die Partei 2025. Impulse für zukunftsfähige politische Parteien, Studie der Heinrich-Böll-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung , des Progressiven Zentrums, September 2015, 65 Seiten, siehe: https://www.boell.de/sites /default/files/2015-09_die_partei_2025.pdf (Abruf: 13. Mai 2016), Anlage 17. Lisa Caspari (2016), „Was Besseres als die Partei wurde noch nicht erfunden“, in: Zeit Online vom 28. April 2016, siehe: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-04/parteien-mitgliederzukunft (Abruf: 17. Mai 2016), Anlage 18. Mike Herbstreuth, „Menschlicher miteinander arbeiten“, Bericht des Deutschlandfunks vom 28. April 2016, siehe: http://www.deutschlandfunk.de/mitgliederschwund-bei-parteien-menschlicher -miteinander.1773.de.html?dram:article_id=352682 (Abruf am 19. Mai 2016), Anlage 19 Markus Söder im Interview (2016), in: Focus vom 19. März 2016, Anlage 20. Thomas Oppermann im Interview (2016), in: Der Spiegel vom 19. März 2016, siehe: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-143711840.html (Abruf: 17. Mai 2016), Anlage 21. Hans-Peter Bartels (2016), Das multipolare Parteiensystem und seine Konsequenzen, Beitrag für das Debattenportal Causa, Tagesspiegel Online vom 17. März 2016, siehe: https://causa.tagesspiegel .de/das-multipolare-parteiensystem-und-seine-konsequenzen.html (Abruf: 18. Mai 2016), Anlage 22. Kurt Biedenkopf im Interview (2016), in: Bild am Sonntag vom 20. März 2016, siehe: http://www.bild.de/politik/inland/kurt-biedenkopf/der-begriff-der-volkspartei-taugt-nicht-mehr- 44998566.bild.html (Abruf: 17. Mai 2016), Anlage 23. Peter Gauweiler im Gespräch (2016), in: Focus vom 30. April 2016, siehe: http://www.focus.de/politik/deutschland/politik-und-gesellschaft-der-deutschlandversteher-eingespraech -mit-dr-peter-gauweiler_id_5481535.html (Abruf: 18. Mai 2016), Anlage 24. Björn Engholm im Interview (2016), in: Die Welt vom 13. Mai 2016, siehe: http://www.welt.de/politik/deutschland/article155304789/SPD-muss-links-der-Mitte-ein-Bollwerk -aufbauen.html (Abruf: 18. Mai 2016), Anlage 25.