© 2019 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 016/19 Das Konzept der „Formierten Gesellschaft“ nach Ludwig Erhard Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 2 Das Konzept der „Formierten Gesellschaft“ nach Ludwig Erhard Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 016/19 Abschluss der Arbeit: 19. September 2019 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Problemaufriss und Ausgangsüberlegungen 4 3. Das Konzept der Formierten Gesellschaft – Grundzüge 10 4. Reformmaßnahmen 15 5. Kritik des Konzepts der Formierten Gesellschaft 20 6. Quellen und Literatur 26 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 4 1. Einleitung Unter dem Oberbegriff „Formierte Gesellschaft“ diskutierten in den 1960er-Jahren konservative Intellektuelle und Publizisten gesellschaftspolitische Zielperspektiven für eine moderne, demokratisch verfasste Gesellschaft mit einer auf den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft basierenden Ökonomie. Ganz allgemein gesprochen ging es den Protagonisten der Formierten Gesellschaft um eine Umstrukturierung der bundesdeutschen Gesellschaft, und zwar in der Weise, „dass die verschiedenen sozialen Gruppen nicht mehr einander ausschließende Ziele verfolgen, sondern sich vielmehr zu einer zusammenwirkenden Gemeinschaft zusammenfinden.“1 In der bundesdeutschen Öffentlichkeit wurde dem Begriff vor allem dadurch erhöhte Aufmerksamkeit zuteil, dass der seit 1963 amtierende Bundeskanzler Ludwig Erhard sich die mit dem Konzept der Formierten Gesellschaft verbundenen Ideen zu eigen machte und sie in mehreren öffentlichen Ansprachen zu wesentlichen Leitlinien seiner Politik erklärte. Allerdings sind Erhards Ausführungen zur Formierten Gesellschaft mitunter recht allgemein und abstrakt gehalten oder beschränken sich auf Andeutungen, so dass man zum besseren Verständnis und Konkretisierung des Konzepts der Formierten Gesellschaft nicht ganz umhin kann, auch die Ausführungen anderer an der Debatten beteiligten Autoren zu berücksichtigen. Auch lässt sich die Heftigkeit, mit der damals über die Formierte Gesellschaft debattiert wurde, nur verstehen, wann man auch die Thesen anderer Befürworter dieses Gesellschaftskonzepts einbezieht. Auch wenn in der nachfolgenden Darstellung die Aussagen Erhards im Vordergrund stehen, wird daher auch auf Beiträge anderer Autoren einzugehen sein. Dies gilt insbesondere für die Texte des Publizisten Rüdiger Altmann , die nach allgemeiner Auffassung Erhards Ausführung maßgeblich inspiriert haben.2 2. Problemaufriss und Ausgangsüberlegungen Das Konzept der Formierten Gesellschaft wurde Ende der 1950er / Anfang der 1960er Jahre unter dem Eindruck der beginnenden wirtschaftlichen Stagnation entwickelt, die nach den „Wirtschaftswunderjahren “ von zahlreichen Zeitgenossen als ernsthafte Bedrohung, wenn nicht sogar als existentielle Systemkrise wahrgenommen wurde.3 In mehreren Reden griff Ludwig Erhard die verbreitete Krisenwahrnehmung auf, um vor diesem Hintergrund seine Reformbemühungen auszubreiten und die deutsche Öffentlichkeit auf schmerzliche Entscheidungen vorzubereiten. So stellte er in seiner Regierungserklärung vom 10. November 1965 fest: „Unser deutsches Modell einer modernen Wirtschafts- und Sozialordnung gerät aus dem Höhenflug des einstmals als „Wunder" erschienenen Erfolges in die natürliche Phase alltäglicher Bewährung. Es stellt sich uns die Frage, ob wir eingetretene Verkrustungen dieser Ordnung lösen, bislang außerhalb der sozialen Marktwirtschaft gebliebene Schutzbereiche in den Fortschrittsprozess organisch einbeziehen und damit der immer noch anzutreffenden Neigung zu einer sterilen Verzünftelung sogenannter Besitzstände ein Ende bereiten können. […] Im Spannungsverhältnis zwischen dem kurzfristig oft leicht Durchsetzbaren und dem langfristig Richtigen und Notwendigen werden 1 Brockhaus (2019). Formierte Gesellschaft. http://brockhaus.de/ecs/enzy/article/formierte-gesellschaft [Stand 13.08.2019]; vgl. Kranz, 2002, S. 16.. 2 Zentral für die Debatte war vor allem Altmanns Essay von 1965. 3 Vgl. Kranz, 2002, S. 6, unter Bezugnahme auf Erhard, 1964, S. 89-91. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 5 schwere Entscheidungen gefordert sein“4 Schon am 28. März 1965 hatte er in einer Rede vor dem 13. Bundesparteitag der CDU in Düsseldorf, in der er seine Vorstellungen einer Formierten Gesellschaft erstmals öffentlich präsentierte, auf ein wachsendes Unbehagen hingewiesen, das weite Bevölkerungskreise nach Ende der Aufbaujahre erfasst habe und die politisch Verantwortlichen zum Handeln dränge: „Dieses Unbehagen hat auch einen realen Kern, den wir erkennen müssen: Im Positiven drückt es den Wunsch nach einer Stabilisierung der Lebensordnung und zugleich nach einer sinnvoll gegliederten Gesellschaft aus, die dem einzelnen und der Gemeinschaft, wenn nicht überschaubar, so doch ein Gefühl der Geborgenheit gibt. […] Nach der Phase des Aufbaus ist das Ziel der nächsten Jahre die Reform der deutschen Demokratie.“5 Stärker zugespitzt als Erhardt wies Rüdiger Altmann in seinem programmatischen Essay „Die Formierte Gesellschaft “ von 1965 auf die drohende Krise hin und warnte vor den mit ihr verbundenen schwerwiegenden Gefahren für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: „In der Tat, die Krisenanfälligkeit ist spürbar größer geworden. Noch ist kein Sturm gemeldet. Aber wären wir ihm gewachsen? Schon sind wir mitten in der Krise unserer Außenpolitik (noch ist kein Sturm gemeldet). Die Sozialpolitik ist in einer kritischen Situation, und nicht nur sie. Die große Sorge aber gilt der Stabilität der Wirtschaft und dem, was von unserem wirtschaftlichen Erfolg abhängt. Fast alles hängt davon ab. Noch beschwören wir mit Erfolg die Stabilität, noch lässt sich die »eigentliche« Krise glaubhaft dementieren.“ 6 Die Ausführungen der beiden Autoren heben deutlich hervor, dass die Vertreter der Formierten Gesellschaft der Aufrechterhaltung wirtschaftlicher Stabilität größte Aufmerksamkeit schenkten. Für Erhard, dessen ökonomisches Denken wesentlich von den verheerenden Auswirkungen der Hyperinflation während der Weimarer Republik geprägt wurde, genoss die Erhaltung der Preisstabilität höchste Priorität. Diese gelte es, unter allen Umständen zu wahren, ohne den „ Grundsatz und das Ziel der expansiven Wirtschaft“ preiszugeben. Die Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität, durch die eine wirtschaftliche Krise und eine hieraus möglicherweise resultierende totalitäre Diktatur verhindert werden sollte, war demzufolge die übergeordnete Zielsetzung, die den Überlegungen zu einer Formierten Gesellschaft zugrunde lag.7 Wie bedrohlich die Vertreter dieser Denkrichtung die Auswirkungen eines möglichen wirtschaftlichen Einbruchs für das Gesamtsystem einschätzten, hatte Altmann in seinem Essay von 1965 verdeutlicht: „Mehr noch als andere Industrienationen sind die deutsche Gesellschaft und ihr Staat abhängig von den Leistungen der Wirtschaft. Ohne ihre Stabilität braucht man von Stabilität nicht mehr zu reden. Diese Abhängigkeit zu sehen, heißt ihre Gefährlichkeit erkennen. Die Gefahr liegt nicht in der Herrschaft des Kapitals, oder wie sonst die Schlagworte heißen mögen. Sie liegt darin, dass niemand den wirtschaftlichen Prozess ganz beherrscht, weder die Regierung, noch die Unternehmer, noch ihre Verbände. […] Die Regierung kann nur eine relative Garantie der wirtschaftlichen Entwicklung leisten. Diese Garantie besteht darin, dem wirtschaftlichen Prozess eine optimale Entfaltung 4 Erhard, 1965b, S. 18 5 Erhard, 1965a, S. 707. 6 Altmann, 1965, S. 9f. 7 Vgl. Kranz, 2002, S. 6f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 6 zu sichern. Beherrschen kann sie ihn nicht.“8Aus dieser Feststellung Altmanns leitete Erhard in seiner Regierungserklärung von 1965 die Schlussfolgerung ab: „Erfolg werden wir nur haben, wenn wir auf die Dauer und auf allen Gebieten diesem Ziel der Stabilität zu dienen bereit sind.“9 Erhard wie Altmann sahen die rationale politische Steuerung und die Durchsetzung effektiver Maßnahmen zur Verhinderung der drohenden Krise vor allem durch den ihrer Ansicht nach übertriebenen Einfluss der organisierten Interessen mit ihrem überzogenen Streben nach paritätischer Mitwirkung bedroht. So hatte Erhard angesichts des sich abzeichnenden Endes des rasanten Wirtschaftsaufschwungs in der Bundesrepublik bereits Ende der 1950er-Jahre nicht nur vor einem wachsendem Egoismus und Materialismus gewarnt, sondern auch „das Problem der Einordnung der organisierten Gruppeninteressen in das Gesamtgefüge von Volk und Staat“ als „noch lange nicht befriedigend gelöst“ beurteilt.10 Seine große Sorge galt einer „Vermachtung“ der Gesellschaft durch mächtige Interessenorganisation sowie eine damit einhergehende Verminderung der individuellen Freiheit.11 Auch Altmann besorgte das „funktionslose Wuchern der organisierten Interessen […] mit ihrer kaum noch übersehbaren Vielzahl paritätischer Engagements“12: „Problematisch wird die Lage jedoch, wenn ein überentwickelter Pluralismus beginnt, Regierung, Parlament und Parteien zu lähmen. In dieser Lage befinden wir uns. […].“ Die organisierten Interessen „sind, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen, nicht die Hüter der Freiheit, schon gar nicht der Verfassung – weniger, weil sie sie gefährden, als deshalb, weil ihnen die Kraft fehlt, sie im Ernstfall zu verteidigen. […] Das augenfälligste Symptom der Lähmung zeigt sich in der korrespondierenden Willensschwäche von Bundestag, Parteien und Regierung.“13 Erhard knüpfte in seiner Parteitagsrede vom 28. März 1965 an Altmanns Überlegungen an und plädierte für „modernere Techniken des Regierens und der politischen Willensbildung“, um die bereits allzu fortgeschrittene Unterwerfung der parlamentarischen Demokratie durch die organisierten Interessen zu unterbinden und die „Autonomie unseres Parlamentarismus“ zu vergrößern In diesem Zusammenhang verwies der damalige Bundeskanzler beispielhaft auf die Ausschussarbeiten im Deutschen Bundestag: „ Auf ihnen beruht ein wesentlicher Teil der Wirksamkeit des Parlaments überhaupt . Zweifellos ist die Tatsache, dass in diesen Ausschüssen vor allem Fachleute sitzen, hoch einzuschätzen. Aber damit ist offensichtlich auch die Gefahr verbunden, dass sich in diesen Ausschüssen Gruppeninteressen bedenklich verdichten, weil man dort eben allzu sehr ‚unter sich‘ bleibt. Darunter leiden dann allzu leicht die gesamtpolitischen Aspekte, denen das Parlament als Ganzes verpflichtet sein muss.“14 8 Altmann, 1965, S. 12f.; vgl. Kranz, 2002, S. 20-21. 9 Erhard, 1965b, S. 18. 10 Kranz, 2002, S. 6. 11 Woll, 2018. 12 Altmann, 1965, S. 7. 13 Altmann, 1965, S. 9f.; vgl. Zencke, 1972, S. 275f; Kranz, 2002, S. 18-19. 14 Erhard, 1965a, S. 706. Vgl. hierzu Laitenberger, 1985, S. 93; Kranz, 2002, S. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 7 Erhard und seine Unterstützer waren davon überzeugt, dass die zunehmende Verfilzung von Staat und gesellschaftlichen Gruppen, für die die bisherigen Regierungen durch eine allzu opportunistische Ausrichtung ihres Entscheidungshandelns an den Interessen der Verbände und gesellschaftlichen Gruppen durchaus Mitverantwortung trügen, aufgelöst werden müsse, da sie die unabhängige Verfolgung des Gemeinwohls durch Regierung und Parlament zu beeinträchtigen drohten.15 Eine Reform der politischen Institutionen, die der Politik (wieder) eine größere Autonomie gegenüber den gesellschaftlichen Interessen einräumt und dadurch „der Dynamik des politischen und öffentlichen Lebens gerecht“ werden könne, war daher ein zentrales Anliegen der mit dem Konzept der Formierten Gesellschaft verbundenen Zielvorstellungen.16 So erhoffte man sich von einer Minderung des Einflusses organisierter Interessen auf die Parlamentsarbeit eine Stärkung bzw. Revitalisierung der parlamentarischen Debatten über Fragestellungen, die die Allgemeinheit (und nicht nur einzelne Gruppen) betreffen. Insbesondere aber sollte die Regierung durch Stärkung ihrer Handlungsfähigkeit in die Lage versetzt werden, Sonderinteressen zu filtern und in das Gesamtinteresse zu integrieren, statt diese in für die Allgemeinheit nicht immer zuträglichen Kompromissen auszubalancieren.17 Neben den Auswirkungen des stark angewachsenen, öffentlich nur schwer kontrollierbaren Einflusses der Interessengruppen besorgten Erhard und seine Mitstreiter die Folgen der nach Ende des rasanten Wirtschaftsaufschwungs sichtbaren Grenzen des Wachstums und des Verteilerstaats . Ein deutliches Indiz für die begrenzten wirtschaftlichen Möglichkeiten sahen sie in der Entwicklung der Haushaltspolitik, die sich zunehmend „am Rande des Defizits" bewegte.18 In seiner Regierungserklärung von November 1965 befasste sich Erhard eingehend mit den enger werdenden ökonomischen Spielräumen: „Unsere wirtschaftliche Situation und die Lage der Staatsfinanzen kann nicht ohne Sorge betrachtet werden. […] Wir haben uns vielleicht allzu selbstverständlich der Täuschung hingegeben, dass in einer expansiven, dynamischen Volkswirtschaft der Ausweitung des privaten Verbrauchs, der Investitionstätigkeit und der Ausgabensteigerung der öffentlichen Hand überhaupt keine Grenzen mehr gesetzt seien. Unsere Wirtschaft war in der Vergangenheit, wenn auch nicht ohne Preissteigerungen, im Ganzen doch in der Lage, das jeweilige Nachfrage-Mehr durch kurz darauffolgende Produktionsausweitungen weitgehend aufzufangen . Mit der Erschöpfung der deutschen Arbeitskraftreserven zeichnet sich aber immer deutlicher eine grundlegende Änderung ab. Diese Wende wurde, weil sie sich aus einem längeren Prozess heraus entwickelte, in ihrer ganzen Tragweite von vielen nicht rechtzeitig und nicht voll gewürdigt . […] Die Rechnung konnte eben nicht aufgehen, wenn der Zuwachs des Sozialprodukts wesentlich hinter dem privaten Verbrauch, den Ausgaben der öffentlichen Hand und den Investitionen zurückblieb. […] Dieses Problem ist auch nicht durch eine Um- oder Andersverteilung des Volkseinkommens zu lösen, denn mit solchen Prozeduren lässt sich die kaufkräftige Nachfrage 15 Laitenberger, 1985, S. 93f. 16 Erhard, 1965a, S.720. 17 Laitenberger, 1985, S. 94. 18 Vgl. Laitenberger, 1985, S. 91. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 8 nicht verringern.“19 Erhard zeigte sich zuversichtlich, dass die nunmehr erforderlichen harten finanz - und wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die bei Zugrundlegung rationaler ökonomischer Maßstäbe zwingend aus der von ihm analysierten ökonomischen Problemlage abgeleitet werden könnten, mehrheitlich akzeptiert würden, sofern die Bürger über das Ausmaß der Probleme und die daraus abzuleitenden Konsequenzen hinreichend informiert seien: „Der Bürger kann sich nur richtig verhalten, wenn er Bescheid weiß. Über Handlungen und Absichten des Staates muss er rasch, korrekt und umfassend unterrichtet werden.“20 Es entsprach Erhards streng an ökonomische Kriterien ausgerichtetem politischen Denken, dass die seiner Ansicht nach aus der drohenden Wirtschaftskrise zu ziehenden Konsequenzen sich nicht allein auf arbeitsmarkt-, finanz- und wirtschaftspolitische Maßnahmen wie Arbeitszeiterhöhungen , Umstrukturierung des Arbeitsmarkt, Sparmaßnahmen oder Subventionsabbau etc. erstrecken sollten, sondern auch eine grundlegende Neuausrichtung der Sozialpolitik einschlossen. Diese sei notwendig, wie Altmann betonte, weil der „überentwickelte Pluralismus“ „an der Rationalität des Verteilerstaates“ zehre, indem er sich zunehmend als Störfaktor des deutschen Sozialstaatsmodells , „das sich aus der komplizierten und labilen Konstruktion von staatlicher Daseinsvorsorge , Interessenpluralismus und [dynamischer; Ergz. des Vf.] Wirtschaft allmählich herausgebildet hat,“ erwiesen habe. 21 Altmann forderte angesichts dessen eine Rückbesinnung auf die grundlegenden Funktionsbedingungen des deutschen Sozialstaatsmodells: „Sein Funktionieren setzt die Erkenntnis voraus, dass wirtschaftlicher Prozess und Sozialordnung, die so eng zusammenhängen , nicht miteinander identifizierbar sind; dass diese Gesellschaft lernen muss, die Härte ihres ökonomisch-technischen Leistungskampfes zu akzeptieren; dass es kein soziales Paradies geben wird, das uns diese Härte erspart; dass alle Programme, die die Wirtschaft der Sozialordnung unterwerfen oder umgekehrt wirtschaftliche Entwicklung und Sozialordnung gleichsetzen wollen, Illusionen sind; dass soziale Ordnung Verteilungsordnung ist und Ausgleich und Gleichgewichtsverteilung dem Wirtschaftsprozess angepasst sein müssen […].“22 Erhard knüpfte an Altmanns Überlegungen an, als er die Neuausrichtung der von ihm intendierten Sozialpolitik in seiner Regierungserklärung von November 1965 darlegte: „Die Bedeutung der Sozialpolitik liegt im Grundsätzlichen aber auch darin, dass sie in starkem Maße den Stil der gesamten inneren Politik bestimmt. Deshalb darf die Sozialpolitik nicht einfach zu einer Politik der Befriedigung sozialer Interessengruppen werden. Sie muss sich an objektiven Maßstäben und gesamtgesellschaftlichen Zielen orientieren. […] Die Bundesregierung verkennt dabei nicht die Notwendigkeit , eine Politik umfassender Daseinsvorsorge für unsere gesamte Gesellschaft zu treiben. Aber dieses Ziel lässt sich nur durch eine weitsichtige Strukturpolitik der Gesellschaft erreichen, nicht durch eine strukturlose Expansion sozialer Subventionen.“23 19 Erhard, 1965b, S. 18-20. 20 Erhard, 1965b, S. 19; vgl. Erhard, 1965, S. 30; Kranz, 2002, S. 16f. 21 Altmann, 1965, S. 17; Kranz, 2002, S. 18-19. 22 Altmann, 1965, S. 17. 23 Erhard, 1965b, S. 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 9 Angesichts der wahrgenommenen Krisengefahr und im Bewusstsein eingeschränkter politischer Steuerungsmöglichkeiten plädierten die Befürworter der Formierten Gesellschaft eindringlich für eine umfassende Reform des politischen Systems und der politischen Kultur. In seiner programmatischen Parteitagsrede von 1965 stellte Erhard klar, dass es bei den anstehenden Reformen nicht um die Beseitigung eines „unerträglich gewordenen Zustands“ gehe, sondern darum, „dass wir eine sich rasch verändernde Gesellschaft anpassungsbereit und widerstandsfähig halten müssen .“24 In diesem Zusammenhang gab er auch die Zielrichtung der avisierten Änderungen vor: „Nach der Phase des Aufbaus ist das Ziel der nächsten Jahre die Reform der deutschen Demokratie . […] Die Bundesrepublik soll – darin sehe ich meinen Auftrag – ein Land werden, in dem Staat und Gesellschaft sich zu einem weitausgreifenden Fortschrittswillen vereinen und versöhnen . Der Staat soll nicht autoritär planen, und die Gesellschaft darf nicht eine chancenreiche Zukunft für eine bessere Gegenwart des bloßen Konsums preisgeben. Wir wollen […] mehr sein als ein Konsumverein.“25 Wiederholt hob Erhard hervor, dass im Interesse des gesamtgesellschaftlichen Wohlergehens an die Stelle der egoistischen Befriedigung von Partikular- und Gruppeninteressen eine stärkere Kooperation der unterschiedlichen gesellschaftlich Gruppen sowie die Unterordnung der verschiedenen Einzelinteressen unter einem Gesamtwillen treten müsse. In seiner Parteitagsrede vom 28. März 1965 stellte er fest: „Die großen Fragen, die wir im Innern und nach außen zu lösen haben, können nicht nach den Sonderinteressen der einzelnen Gruppen beantwortet werden: Es sind Fragen, die die ganze Nation angehen.26 Er zeigte sich zuversichtlich, dass „über Zufälle, Wechsellagen und Schicksale hinaus […] Wachstum, Wohlstand und soziale Sicherheit“ garantiert werden können, „wenn Menschen und Gruppen sich nicht nur in Worten dem Ganzen verpflichtet zeigen, sondern entsprechend zu handeln gewillt sind. […] Nur eine Verfassung der Gesellschaft , in der wir alle Kräfte weitschauend einsetzen können, wird den Wohlstand, die soziale Sicherheit und die kulturelle Blüte unseres Volkes gewährleisten.“27 In seiner ersten Regierungserklärung nach der gewonnenen Bundestagswahl von 1965 bekräftigte Erhard die Notwenedigkeit einer stärkeren Integration und Kooperation der gesellschaftlichen Interessen und Gruppen: „Wir stehen […] Schwierigkeiten dann nicht machtlos gegenüber, wenn der Staat – die Bundesregierung und alle öffentlichen Hände – vor allem aber auch Arbeitgeber und Gewerkschaften bereit sind, unsere stabile und sozial-verpflichtete, freiheitliche Wirtschaftsordnung zu erhalten und sie gegen jede Aufweichung zu verteidigen. Das wiederum ist angesichts der verfassungsrechtlichen und sonstigen Gegebenheiten zwar nur eine Erwartung, die sich aber erfüllt, wenn alle erkennen und anerkennen, dass nur eine enge Kooperation den Interessen aller Rechnung trägt.“28 24 Erhard, 1965a, S. 709. 25 Erhard, 1965a, S. 707f.; vgl. hierzu auch Erhard, 1965, S. 29. 26 Erhard, 1965a, S.704. 27 Erhard, 1965a, S.720. 28 Erhard, 1965b, S. 18; vgl. Kranz, 2002, S. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 10 3. Das Konzept der Formierten Gesellschaft – Grundzüge Das Konzept der Formierten Gesellschaft war in erster Linie darauf ausgerichtet, die von Erhard bereits in den 1950er-Jahren aufgeworfene Frage nach der „Einordnung der organisierten Gruppeninteressen in das Gesamtgefüge von Volk und Staat“29 zu beantworten. Dabei konzedierten die Vertreter des Konzepts, dass die Bundesrepublik bei der Lösung dieser Frage durchaus bemerkenswerte Fortschritte gemacht hätte und der Prozess der „Formierung“ bereits weiter fortgeschritten sei: „Die deutsche Gesellschaft von heute ist keine Klassengesellschaft mehr. […] Die deutsche Gesellschaft hat […] in den letzten Jahren tiefgreifende Veränderungen und Wandlungen erfahren, die keineswegs selbstverständlich oder gar voraussehbar waren. Die Neuorientierung unserer Gesellschaft wurde vielmehr ganz bewusst vollzogen. Ihr lagen Ideen zugrunde. Die „Soziale Marktwirtschaft" brachte die Befreiung unseres Volkes von wirtschaftlicher Not und sozialem Zwang. Das Programm „Wohlstand für alle" wurde Realität. Auch für die Zukunft […] kann kein dürftiger Pragmatismus eine gewollte Ordnung ersetzen. Die moderne Demokratie ist auf die Mitarbeit aller ihrer Gruppen angewiesen; sie kennt deren Macht, aber sie weiß auch um ihre Grenzen. Diese Gesellschaft von heute ist keine Gesellschaft von kämpfenden Gruppen mehr. Sie ist immer mehr im Begriff, Form zu gewinnen, das heißt, sich zu formieren. Aber auch in dieser „Formierten Gesellschaft" – ich präge diesen Begriff ganz bewusst — werden die Gruppen die Parteien nicht ersetzen können. Mehr denn je bedarf unsere Gesellschaft übergreifender politischer Willensträger und Willensentscheidungen. […] “30 Erhards Definition zufolge heißt Formierte Gesellschaft, „dass diese Gesellschaft nicht mehr aus Klassen und Gruppen besteht, die einander ausschließende Ziele durchsetzen wollen, sondern dass sie, fernab aller ständestaatlichen Vorstellungen, ihrem Wesen nach kooperativ ist, das heißt, dass sie auf dem Zusammenwirken aller Gruppen und Interessen beruht."31 Das postulierte Ende der Kämpfe zwischen konkurrierende Zielsetzungen verfolgenden Gruppen und die Auflösung der Klassengegensätze waren für Erhard und seine Mitstreiter das Produkt kollektiver historischer Erfahrungen, die im deutschen Volk „das Bewusstsein der Abhängigkeit aller von allen geweckt und bestärkt haben“.32 Nach Rüdiger Altmann war der Charakter der deutschen Gesellschaft „zusammengeschmolzen […] im Feuer innerer und äußerer Konflikte, die die Welt erschüttert haben“.33 Die einstige Klassengesellschaft habe sich, so Erhard, unter den Bedingungen der sozialen Marktwirtschaft zu einer „Leistungsgemeinschaft“ gewandelt, deren „Kräftepotential“ auf dem Willen und den Fähigkeiten der Menschen beruhe, „zu arbeiten, geistige und wirtschaftliche Leistungen zu vollbringen.“34 Ein wachsendes Verständnis für die Ein- 29 Erhard, 1964, S. 16f. (zit. nach Kranz, 2002, S. 6). 30 Erhard, 1965a, S.703f. 31 Erhard, 1965a, S.704-706. 32 Erhard, 1965b, S.19; vgl. Altmann, 1965, S. 6; Erhard, 1965, S. 39; Erhard, 1965a, S. 704 u. 708; Kranz, 2002, S. 16. 33 Altmann, 1965, S. 6. 34 Erhard, 1965b, S.19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 11 heitlichkeit der Gesellschaft, die verbreitete Einsicht in die gegenseitigen Abhängigkeiten, die Pazifizierung von Konflikten zwischen gesellschaftlichen Gruppen, die Einebnung gegensätzlicher Traditionen, die Überwindung kultureller Brüche, eine weitgehende Integration der Gruppeninteressen in eine am Allgemeinwohl orientierte Willensentscheidung sowie die zunehmende Bereitschaft der verschiedenen Gruppen zur Kooperation waren für die Erhard und seine Mitstreiter deutliche Anzeichen für die fortschreitende Formierung der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Hierzu gehörte, wie Altmann ausführte, durchaus auch der Pluralismus der organisierten Interessen , den er als eines der wichtigsten Funktionselemente der Formierten Gesellschaft ansah. Denn dieser sei ein „Motor der socialisation“, von dem trotz einer oberflächlichen Unterteilung der Gesellschaft in zahlreiche „soziale und wirtschaftliche Einzelheiten“ eine „kollektivierende Wirkung “ ausgehe. Maßgeblich hierzu beigetragen habe vor allem die weit fortgeschrittene „Entideologisierung der Gruppen“. 35 Erhard zeigte sich vor dem Hintergrund derartiger Überlegungen überzeugt davon, dass zwischenzeitlich „alle Schichten und Gruppen unseres Volkes“ die Erfahrung gemacht hatten, „dass die Vertretung der eigenen Interessen nicht notwendigerweise den Konflikt mit anderen auslösen muss, sondern dass der verständnisvolle Ausgleich ein gutes Mittel demokratischer Politik ist.“ Demzufolge bewertete er Interessengegensätze im Grundsatz nicht als Bedrohung der gesellschaftlichen Einheit, sondern als „Motor eines permanenten Interessenausgleichs unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Wohls“. 36 Dennoch sah Erhard die sich formierende Gesellschaft von innen bedroht „durch allzu viele Versuche , partiellen Interessen ein Übergewicht zu verschaffen.37 Um dieser Gefahr zu trotzen und „um auf dem Weg des bisherigen Erfolges, des Fortschritts, des politischen und sozialen Friedens zu bleiben“ hielt er weitere Schritte in Richtung Formierte Gesellschaft für unausweichlich.38 Nachdrücklich forderte er den Zusammenschluss des deutschen Volkes „zu einer großen Willenseinheit “. Denn, so lautete seine Begründung: „Die großen Fragen, die wir im Innern und nach außen zu lösen haben, können nicht nach den Sonderinteressen der einzelnen Gruppen beantwortet werden.39 In seiner Regierungserklärung von November 1965 kündigte Erhard daher an: „Um die Einsicht in die gesamtwirtschaftlichen Notwendigkeiten und ein entsprechendes Verhalten zu fördern, wird die Bundesregierung mit den Repräsentanten aller wichtigen sozialen Gruppen einen regelmäßigen, häufigeren, umfassenden und intensiven Dialog einleiten.“40 Ein herausragendes Merkmal der Formierten Gesellschaft ist den betreffenden Autoren zufolge die weitgehende Akzeptanz des Vorrangs der Wirtschaft. So heißt es etwa bei Altmann: „Es ist kennzeichnend für die Reife der Formierten Gesellschaft, dass sie dem Funktionswert der Wirtschaft einen hohen politischen Rang einräumt. Interessenkonflikte, ob zwischen Arbeitgebern 35 Vgl. Altmann, 1965, S. 6f.; vgl. Erhard, 1965b, S. 19. 36 Erhard, 1965b, S. 19. 37 Erhard, 1965b, S. 19. 38 Erhard, 1965b, S. 19. 39 Erhard, 1965a, S. 704; vgl. Kranz, 2002, S. 16. 40 Erhard 1965b, S. 23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 12 und Gewerkschaften, durch Paritätsforderungen der Landwirtschaft oder die Ansprüche einzelner Branchen oder Produktionszweige, müssen diesen Primat anerkennen. Diese Anerkennung heißt zugleich Anerkennung der Marktwirtschaft — der Freiheit des Wirtschaftens.41 Um eine angemessene Berücksichtigung des Primats der Wirtschaft durch die gesellschaftlichen Akteure zu gewährleisten, müsse Erhard zufolge sichergestellt sein, dass alle Beteiligten ausreichend informiert sind: „Die „formierte Gesellschaft setzt eine informierte Gesellschaft voraus.“ Dem Staat obliege umgekehrt die Aufgabe, sich durch „die Ausnutzung neuester technischer Möglichkeiten sowie die rasche Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse“ in ausreichendem Maße mit Informationen zu versorgen. Die öffentlichen Meinungsträger stehe in diesem Zusammenhang in der Verantwortung, die Bundesregierung in ihrem Bemühen, in „der Welt ein Bild Deutschlands zu zeichnen, das der politischen Realität von heute und der historischen Wahrheit entspricht“ zu unterstützen.42 Die größere „rationale Klarheit und Überschaubarkeit“ der Formierten Gesellschaft sollen die einzelnen Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, sich am öffentlichen Diskurs über die neuen großen politischen Aufgaben, die dieser neuen Gesellschaftsform gestellt sind, zu beteiligen und angemessene Lösungen zu finden. Dies bedeutete für Erhard auch, dass die Formierte Gesellschaft die staatliche Autorität soweit stärken werde, „dass notwendige Reformen und die Festsetzung von Prioritäten bei der Lösung der Gemeinschaftsaufgaben Anerkennung finden und dadurch politisch möglich werden.“43 Denn auch wenn die Formierte Gesellschaft „ihrem inneren Wesen nach nur demokratisch sein kann“ und „nicht autoritär zu regieren “ ist, benötige sie dennoch „modernere Techniken des Regierens und der politischen Willensbildung “.44 Ebenso bedürfe auch die Formierte Gesellschaft starker Parteien als von den gesellschaftlichen Gruppen unabhängige politische Willensträger, die – und hier meinte Erhard vor allem seine eigene Partei – den Zusammenschluss des Volkes „zu einer großen Willenseinheit“ befördern und übergreifende Willensentscheidungen treffen.45 Die Etablierung der hier in ihren Grundzügen skizzierten Formierten Gesellschaft könne nach Ansicht ihrer Befürworter nicht durch autoritative Maßnahmen von Oben angeordnet werden; vielmehr vollziehe sie sich in einem Prozess, der von der Fähigkeit und der Bereitschaft der Menschen getragen werde, „das ihrem eigenen Wohl Dienende“ 46 zu erkennen und zu tun: „Diese Gesellschaft , deren Ansätze in System der Sozialen Marktwirtschaft bereits erkennbar sind, formiert sich nicht durch autoritären Zwang, sondern aus eigener Kraft, aus eigenem Willen, aus der Erkenntnis und dem wachsenden Bewusstsein der gegenseitigen Abhängigkeit.“47 Zielperspektive des Formierungsprozesses ist eine „Gesellschaft des Gleichgewichts“, die sich durch folgende grundlegenden Eigenschaften auszeichnet: 41 Altmann, 1965, S. 13; vgl. Kranz, 2002, S. 20-21. 42 Erhard, 1965b, S. 19; vgl. Laitenberger, 1985, S. S.95; Kranz, 2002, S. 16f. 43 Erhard, 1965b, S. 19. 44 Erhard, 1965, S. 706. 45 Erhard, 1965a, S. 704. 46 Vgl. Erhard, 1965b, S. 19. 47 Erhard, 1965a, S. 706. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 13 - Zwischen „sozialer Stabilität und wirtschaftlicher Dynamik“ besteht ein „vitales Verhältnis“; - die „fortdauernde Erhöhung der [wirtschaftlichen; Ergz. d Vf.] Leistung“ steht im Zentrum aller gesellschaftlichen Anstrengungen; - die „expansive Weiterentwicklung der Wirtschaft“ ist gesichert; - der „technische und wissenschaftliche Fortschritt“ werden gefördert und nutzbar gemacht.48 Erhard und seine Mitstreiter zeigten sich davon überzeugt, dass die von ihnen derart konturierte Formierte Gesellschaft „ihrem Wesen nach eine friedliche Gesellschaft [ist], die auf der dynamischen Kraft des innen- und außenpolitischen Interessenausgleichs beruht.“ Sie stelle „das Gegenteil einer uniformierten Gesellschaft sozialistischer Prägung“ dar und sei für ihr Funktionieren nicht auf „die imperialistische Ausbeutung fremder Völker“ oder – wie die kommunistischen Systeme – „die Ausbeutung des eigenen Volkes “ angewiesen. Nur die in ihren „Funktionen gebundene , aber keineswegs in der Form erstarrte“ Formierte Gesellschaft könne „dem modernen Staat in seiner wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Entwicklung ein festes Fundament “ geben, „das zugleich das Fundament des Friedens unter den Völkern ist.“49 Mit Verweis auf die Wechselwirkung von innerer Verfassung und auswärtiger Politik, die gerade den Deutschen aufgrund ihrer historischen Erfahrungen besonders bewusst sei, stellte Erhard klar, dass die Außenpolitik der Formierten Gesellschaft „nur eine Politik des Friedens sein“ könne, da in dieser Gesellschaft innenpolitisch „eine Strategie des Ausgleichs“ vorherrsche, die eine Ablenkung von inneren Schwierigkeiten durch außenpolitische Aggressionen nicht benötige .50 Umgekehrt waren soziale Stabilität und gesellschaftliche Geschlossenheit im Innern sowie wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für Erhard unabdingbare Erfolgsgaranten deutscher Außenpolitik . So hätten neben der vom deutschen Volk in der Nachkriegszeit bewiesenen demokratischen Haltung der rasche und gelungene Wiederaufbau sowie die Etablierung einer auf friedlichem Interessenausgleich ausgerichteten gesellschaftlichen Ordnung maßgeblich dazu beigetragen, dass Deutschland in der Welt wieder Achtung und Anerkennung genieße und das „deutsche Kräftepotential “ innerhalb des westlichen Bündnisses an Gewicht gewonnen habe. Vor dem Hintergrund der von der Sowjetunion im Zeichen des Ost-West-Gegensatzes betriebenen aggressiven Expansions - und Unterdrückungspolitik seien auch in Zukunft innere Stabilität und Wirtschaftskraft unabdingbare Vorbedingung für eine erfolgreiche Durchsetzung wichtiger außenpolitischer Anliegen und die Verteidigung vitaler deutscher Interessen in der internationalen Politik: „Eine wirksame deutsche Außenpolitik bedarf deshalb heute mehr denn je der inneren Geschlossenheit des Staatswesens und einer hohen wirtschaftlichen Leistungskraft. Je deutlicher sich die Bindung des deutschen Volkes an seinen Staat, an sein Vaterland ausprägt, je gesammelter und geschlossener sich Deutschland der Welt präsentiert, umso mehr wird diese bereit sein, uns zu verstehen.51 Im Zentrum aller außenpolitischen Überlegungen Erhards stand das Problem der deutschen Teilung , deren Überwindung er höchste Priorität zuschrieb: „Unsere gesamte Außenpolitik kann un- 48 Vgl. Erhard, 1965b, S. 706. 49 Erhardt, 1965a, S. 704; vgl. Erhard, 1965b, S. 19; Zehncke, 1972, S. 279. 50 Erhard, 1965a, S. 51 Erhard, 1965a, S. 713; vgl. Erhard, 1965b, S. 18f.; Kranz, 2002, S. 7f.; Zehncke, 1972, S. 278. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 14 beschadet der Aktualität anderer Aufgaben und Probleme in ihrem Kern nur Wiedervereinigungspolitik sein. Das wird sie bleiben, bis unser Volk wieder in einem Staat, im gemeinsamen deutschen Vaterland, zusammenleben darf.52 Zur Erreichung dieses übergeordneten Ziels deutscher Außenpolitik setzte Erhard auf eine dynamische und zielstrebige Politik des Westens, insbesondere Europas, die die von der Sowjetunion unter dem Schlagwort der friedlichen Koexistenz verfolgten Bestrebungen, „den gegenwärtigen politischen Zustand Europas zu zementieren“ konterkarieren und auf eine Auflösung der durch den Ost-West-Gegensatz hervorgerufenen „Blockade“ in der deutschen Frage hinwirken sollte 53 Obwohl Erhard die Außenpolitik der Formierten Gesellschaft als eine „Politik des Friedens“ charakterisierte und eine Entspannung des Verhältnisses zwischen den beiden Machtblöcken des Kalten Kriegs – nicht zuletzt als unentbehrliche Voraussetzung einer deutschen Wiedervereinigung – anstrebte, plädierte er für eine Politik der Prinzipientreue und der Stärke gegenüber der Sowjetunion und ihren Verbündeten. So glaubte er sich mit den westlichen Verbündeten einig zu sein, dass es „nicht das Ziel der westlichen Politik sein kann, nach bloßen Gesten der Entspannung oder anderen Scheinlösungen zu suchen und das gar noch als einen Erfolg im Hinblick auf die Sicherung des Friedens anzusehen.“54 „‘Entspannung‘ allein oder gar als Selbstzweck“ sei nicht ausreichend. Vielmehr müsse den „osteuropäischen Nachbarn“ deutlich zu verstehen gegeben werden, dass ein dauerhafter und echter Friede sowie ein gerechter Ausgleich in Europa ohne deutsche Wiedervereinigung nicht möglich sei. Auch sollte den Staaten des Warschauer Paktes klar gemacht werden, dass ein „erfolgreicher wirtschaftlicher Auftrieb für alle“, insbesondere für sie selbst, „nur im Zeichen einer friedlichen, durch internationale Verträge und Bündnisse gesicherten Ordnung“ zu realisieren sei.55 Um diese außenpolitischen Positionen gegenüber den Staaten Mittel- und Osteuropas glaubwürdig vertreten zu können, sprach sich Erhard für „eine in das westliche Bündnissystem eingeordnete aktive und weitschauende europäische Politik“ aus, die darauf ausgerichtet sei, eine Friedenordnung zu realisieren, „die allen Völkern Europas ihre Freiheit und Sicherheit garantiert .“56 Diese Politik würde aber nach seiner Überzeugung nur bei „Geschlossenheit unseres westlichen Bündnisses“ erfolgreich sein können. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der damals auch innerhalb des westlichen Bündnisses sichtbar werdenden inhaltlichen und strategischen Differenzen forderte Erhard, „der europäischen Gemeinsamkeit durch eine engere politische Zusammenarbeit neue Impulse zu geben; denn die politische Gestalt Europas, so wie sie sich uns darbietet, entspricht keineswegs der wirtschaftlichen Stärke und der tatsächlichen Bedeutung unseres Kontinents in der heutigen Weltpolitik.“57 Für Erhard schloss die avisierte gemeinsame europäische Politik auch den weiteren Ausbau des gemeinsamen Marktes ein. Allerdings stand für ihn außer Frage, dass die Integration von sechs Volkswirtschaften in eine „gemeinsame großräumige Regionalwirtschaft“ nur bei einer weiteren „Angleichung der gesellschaftlichen Systeme“ 52 Erhard, 1965a, S. 714; vgl. ebd., S. 718 sowie Erhard, 1965, S. 37; Kranz, 2002, S. 8. 53 Vgl. Erhard, 1965b, S. 28; Erhard, 1965a, S. 715 54 Erhard, 1965a, S. 715; vgl. Erhard, 1965, S. 32f.; vgl. Kranz, 2002, S. 8. 55 Erhard, 1965a, S. 718f.; vgl. Erhard, 1965, S. 33f.; Kranz, 2002, S. 8. 56 Erhard, 1965, S. 714 u. 715; vgl. Kranz, 2002, S. 8. 57 Erhard, 1965a, S. 717; vgl. Erhard, 1965, S. 35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 15 möglich sei. Beide für die europäische Integration zentralen Projekte, die Intensivierung der politischen Zusammenarbeit und die engere ökonomische Verflechtung in Europa zeigten, so Ehrhard , dass dem „Modell einer Formierten Gesellschaft auch europäische Bedeutung“ zukomme:58 „Die „Formierte Gesellschaft" ist auch kein Modell, das etwa nur im Gehäuse des Nationalstaates funktioniert. In ihr kann sich vielmehr das Bild eines geeinigten Europas regen.“59 In seiner Regierungserklärung von November 1965 führte er diesen Gedanken weiter aus: „Die alte, die überlieferte europäische Ordnung genügt nicht mehr dem Geist und den Erfordernissen unseres Jahrhunderts . Mit Allianzen, Verträgen und Einzelabsprachen alten Stils ist es nicht mehr getan. Ein neues, ein vereintes und großes Europa muss neben den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion jene Geltung erlangen, die der geschichtlichen, geistigen und kulturellen Leistung seiner Völker entspricht. Europa muss sich politisch, wirtschaftlich und militärisch formieren.“60 Ob die hier skizzierten konzeptionellen Überlegungen Erhards zur deutschen Außenpolitik tatsächlich , wie Reinhard Opitz – einer der schärfsten zeitgenössischen Kritiker des Modells der Formierten Gesellschaft – unterstellte, darauf abzielten, durch Marktausdehnung, Militär- und Entwicklungshilfe, Waffenkäufe sowie „durch eine möglichst weitgehende Übertragung des eigenen wirtschaftspolitischen Modells auf andere Länder“ „die auseinanderstrebende nicht-östliche Welt auf eine [gleichgerichtete; Ergz. des Vf.] antikommunistische Globalstrategie nach eigenen Vorstellungen festzulegen“,61 soll hier nicht beurteilt werden. Auch wenn Erhard durchaus die Strahl- und Anziehungskraft des deutschen Modells nach außen und dessen Überlegenheit gegenüber anderen Gesellschaftsmodelle wiederholt hervorhob62, lassen sich entsprechende Zitate oder Belege für diese Erhard unterstellten Ambitionen zumindest im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur Formierten Gesellschaft nicht auffinden.63 4. Reformmaßnahmen Die Überlegungen zur Formierten Gesellschaft fallen bei Erhard und seinen Unterstützern über weite Strecken sehr allgemein und interpretierbar aus. Um verschiedene Aspekte des Modells der Formierten Gesellschaft etwas stärker zu konkretisieren, werden im Folgenden einige der von Erhard und seiner Regierung projektierten Reformmaßnahmen, mit denen die Entwicklung der Formierten Gesellschaft vorangetrieben werden sollten, unter Bezugnahme auf das Wahl- und das Regierungsprogramm Erhards von März und November 1965 kurz vorgestellt. - Im Rahmen einer „Bundesreform“ sollte darauf hingewirkt werden, dass die Bundeskompetenzen in den Bereichen Justiz, Wirtschaft, Soziales, Gesundheit, Raumordnung und Verkehr, Bildung und Forschung sowie der inneren Sicherheit „voll ausgenutzt werden“. Zugleich 58 Erhard, 1965a, S. 717; vgl. Erhard, 1965, S. 33. 59 Erhard, 1965a, S. 708. 60 Erhard, 1965b, S. 31. 61 Opitz, 1965b, S.752. 62 Erhard, 1965a, S. 706f. 63 Vgl. dagegen die in die entgegengesetzte Richtung weisenden Ausführungen bei Kranz, 2002, S. 7-9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 16 sollte „die vertrauensvolle und verständnisvolle“ Zusammenarbeit mit den Bundesländern gestärkt werden. Erhard strebte an, mit den in diesem Zusammenhang vorgesehenen Maßnahmen die Zuständigkeit und Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern stärker zu konturieren sowie die Bereitschaft und Fähigkeit für notwendige Reformen zu erhöhen.64 - Moderne Sozialpolitik sei, so Erhards Credo, auf eine dynamisch fortschreitende Wirtschaft angewiesen. Deshalb bedürfe jede soziapolitische Maßnahme einer engen Synchronisierung mit der Wirtschaftspolitik.65 Generell sei die Sozialpolitik, wie sie sich seit Gründung der Bundesrepublik entwickelt habe, infolge allgemeiner historischer Entwicklung66 sowie nicht zuletzt aufgrund der Notwendigkeit, die kriegsbedingte Not rasch zu lindern, zu wenig straff und zu wenig zielgerichtet und weise deshalb eine Tendenz zur Strukturlosigkeit auf.67 Deshalb kündigte Erhard eine „echte Integration“ der unterschiedlichen Sozialleistungen an. Die bislang in zu starkem Maße geübte Praxis, „Sozialpolitik als die Befriedigung organisierter Interessen gelten zu lassen“,68 sollte unterbunden werden. Da „noch so gut gemeinte soziale Wohltaten“, die nicht zu einer wirklichen Problemlösung beitragen, zu kostspielig seien, die gesellschaftliche Leistungsfähigkeit schwächten und zudem das Gefühl sozialer Unsicherheit verstärkten, sah er es als eine seiner vordringlichsten Aufgabe an, „die Sozialpolitik von überflüssigem Gestrüpp zu befreien“ und „das Gefüge unserer Sozialleistungen rationeller, überschaubarer und zugleich für den Bürger effizienter zu gestalten.“69 Für Erhard war das eigentliche Ziel der Sozialpolitik in einer Formierten Gesellschaft nicht der „kollektivistischen Versorgungsstaat “ sozialistischer Prägung, sondern die „Sicherung der Freiheit durch materielle Mittel“. Dabei dürfe staatliche Sozialpolitik nicht die Verantwortlichkeit des Einzelnen ersetzen , sondern müsse diese im Gegenteil stärken.“70 Nach seinem Verständnis von gesellschaftlich gebotener Solidarität war die Gemeinschaft angesichts der Abhängigkeit aller von allen dazu verpflichtet, eine soziale Bürgschaft für jedes einzelne Individuum zu übernehmen. Daher müssten die sozialen Sicherungssysteme so ausgebaut werden, dass jeder frei von Not leben könne. Erhard sah Sozialpolitik als „integrierenden Bestandteil einer großangelegten Infrastrukturpolitik “ an, da sie „zur materiellen Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft im umfassendsten Sinne“ beitrage. Deshalb könnten auf Dauer nur wesentlich erhöhte Investitionen im sozialpolitischen Bereich die „gesunden Lebensgrundlagen“ des Gemeinwesens gewährleisten .71 Andererseits wies er mit Nachdruck darauf hin, dass der insbesondere von „egoistischen Gruppeninteressen“ geforderten Erhöhung rein konsumtiver Sozialleistungen Grenzen“ gesetzt seien. Regierungen und Parlamente in Bund, Ländern und Gemeinden seien daher 64 Erhard, 1965a, S. 708f.; Kranz, 2002, S. 24f. 65 Erhard, 1965a, S. 710; vgl. Altmann, 1965, S. 18. 66 Siehe hierzu die umfangreichen Ausführungen von Altmann, 1965, S. 14-17. 67 Erhard, 1965, S. 709; vgl. hierzu Altmann, 1965, S. 16f. 68 Erhard, 1965a, S. 710. 69 Erhard, 1965a, S. 710. 70 Erhard, 1965b, S. 709f. 71 Erhard, 1965, S. 710f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 17 aufgerufen, „enger zusammenstehen und gemeinsam den Mut aufbringen, überwuchernden partiellen Wünschen die Zustimmung zu versagen, wenn es um das Gemeinwohl geht“.72 - Im Bereich der Haushalts- und Finanzpolitik warnte Erhard vor einer Finanzierung von Sozial - und Gemeinschaftsaufgaben auf Kosten der Währungsstabilität. Bei aller Dringlichkeit der öffentlichen Aufgaben müsse „das Wachstum der öffentlichen Haushalte […] grundsätzlich nach Maßgabe der realen Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts“ begrenzt werden.73 Wegen der erwarteten Verengung der finanziellen Spielräume seien Regierung und Parlament daher aufgefordert, zukünftig mit Mehrausgaben oder Einnahmeverlusten verbundene Gesetze nur dann einzubringen, wenn „die erforderlichen Deckungsmittel bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens neuer Gesetze auch tatsächlich zur Verfügung stehen.“74 Bei den Planungen des Bundeshauhalts sei zudem strikt darauf zu achten, dass die konsumtiven Ausgaben die für die Zukunft entscheidende Investitionstätigkeit nicht beeinträchtigten.75 Zugleich sprach sich Erhard für eine einer Schärfung der haushalts- und finanzpolitischen Instrumentarien aus. Dabei betonte er im Anschluss an Rüdiger Altmann vor allem die Notwendigkeit einer stärkeren Ausrichtung der jährlichen Haushaltspläne an „gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen sowie an den „längerfristigen Zielsetzungen der Stabilität- und Wachstumspolitik“: „Dabei dürfen wir uns in der Haushaltsgestaltung nicht darauf beschränken, uns nur innerhalb der von der Währungsstabilität gezogenen Grenzen zu bewegen. Wir müssen vielmehr bewusster und wirksamer als bisher im Bundeshaushalt ein Instrument dafür erkennen, die Aufgaben der Zukunft zu meistern. Das erfordert sowohl die Fixierung politischer Prioritäten als auch eine langfristige Haushaltsplanung.“76 Wie Altmann ergänzend ausführte, sollte eine langfristige Haushaltsplanung auch die Abstimmung der Etats von Bund, Ländern und Kommunen sowie die Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung der Wirtschaft einschließen .77 Eine langfristige und rationale, am Gemeinwohl orientierte Haushaltspolitik müsste, so Altmanns Monitum, zudem von der eingeschliffenen Praxis der „opportunistischen Aufblähung des Ausgabenetats“ Abstand nehmen, zu der Regierung und Parlament angesichts zunehmender Forderungen seitens des „überentwickelten Pluralismus“ in der Nachkriegszeit übergegangen seien.78 - Neben einer grundlegenden Finanzreform, die die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Haushaltpolitik stärker in den Blick nehmen, Maßnahmen zur Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben umsetzen sowie die Zuordnung und Verteilung von Aufgaben, Ausgaben und Steuereinnahmen in Bund, Ländern und Kommunen neu ausrichten sollte, kündigte Erhard die Errichtung eines „Deutschen Gemeinschaftswerks“ an. In dessen Rahmen sollte ein „Sondervermögen “ mit eigener Wirtschafts- und Rechnungsführung in einer Größenordnung von 72 Erhard, 1965a, S. 711; vgl. hierzu die Ausführungen bei Zencke, 1972, S. 275f.; Kranz, 2002, S 16. 73 Erhard, 1965a, S. 711; vgl. Erhard, 1965b, S. 21. 74 Erhard, 1965b, S. 21; vgl. Zehncke, 1972, S. 278. 75 Erhard, 1965b, S. 21. 76 Erhard, 1965b, S. 18; vgl. Erhard, 1965b, S. 21f; , S. Altmann, 1965, S. 18-20; Laitenberger, 1985, S. 91. 77 Altmann, 1965, S. 19f.; vgl. Erhard, 1965b, S. 22. 78 Altmann, 1965, S. 18; vgl. Zehncke, 1972, S. 276; Kranz, 2002, S. 18f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 18 ca. einem Prozent des Bruttosozialprodukts aus denjenigen Steuereinnahmen des Bundes und der Länder gebildet und fortlaufend finanziert werden, „die als Folge der Steuerprogression über den jeweiligen realen Zuwachs des Bruttosozialprodukts hinausgehen.“79 Als weitere Finanzierungsquellen zog Erhard auch die Privatisierung von öffentlichem Wirtschaftsvermögen sowie die Aufnahme von Krediten in Betracht.80 Das Gemeinschaftswerk sollte dazu dienen , die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der „gemeinsamen Programmierung und Finanzierung“ von vordringlichen überregionalen Gemeinschaftsaufgaben zu fördern. Dabei hatte Erhards vor allem die Finanzierung von öffentlichen Aufgaben im Blick, die – wie z.B. Investitionen in den Bereichen Städtebau, Verkehrs- und Strukturpolitik, Gesundheit Wissenschaft und Forschung, Bildung und Ausbildung etc. – für „die Gesamtheit des Volkes bedeutsam“, aber wegen ihrer langfristigen Ausrichtung im Rahmen der bislang praktizierten, jeweils auf ein Jahr ausgerichteten Haushaltsplanung keinen Ansatz finden konnten.81 Vor allem erwartete Erhard von einem nach seinen Vorstellungen konzipierten Gemeinschaftswerk die Verabschiedung mehrjähriger Investitionsprogramme, „die auch eine Grundlage für eine antizyklische Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand bilden können.“82 Erhard sah den besonderen (haushaltspolitischen) Vorteil des Gemeinschaftswerks darin, „dass sich die Einnahmen und Ausgaben dieses Fonds konjunkturpolitisch sinnvoller steuern lassen als das institutionell vielgestaltige öffentliche Finanzvolumen“, und vor allem „dem missbräuchlichen Zugriff für rein konsumtive Zwecke entzogen“ seien. Alles in allem zeigte sich Erhard überzeugt , dass mit der geplanten Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben durch das Deutsche Gemeinschaftswerk ein „überragender Beitrag“ geleistet werden könne, um alle Gebiete unserer Gesellschaft gleichgewichtig zu entfalten und durchgreifend zu modernisieren.“ Perspektivisch sollte das allgemeinpolitische Gewicht des zunächst „für eine Zeitdauer von 30 bis 35 Jahren bemessene“ Gemeinschaftswerk sogar noch weiter aufgewertet werden, da nach Erhards Vorstellungen „ab dem Tage der deutschen Wiedervereinigung“ sämtliche Mittel des Fonds „für die Herstellung der deutschen Einheit in allen Lebensbereichen“ verwendet werden sollten.83 - Entsprechend seiner Überzeugung vom Primat der Wirtschaft war Erhards wirtschaftspolitisches Reformprogramm dezidiert auf die Mehrung und Sicherung der „materiellen Leistungsfähigkeit “ der deutschen Gesellschaft ausgerichtet. Trotz veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen und neuer Herausforderungen kündigte er an, „zur Sicherung der ökonomischen Grundlagen für eine sich in Freiheit und Frieden festigende Gesellschaft“ die Politik der sozialen Marktwirtschaft inklusive einer auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftspolitik 79 Erhard, 1965a, S. 711; Erhard, 1965b, S. 22; vgl. Zencke, 1972, S. 276. 80 Erhard, 1965a, S. 712. 81 Erhard, 1965a, S. 712 u. 720; vgl. Kranz, 2002, S 22. Nach Laitenberger, 1985, S. 92, griff Erhard mit seinem Plan zur Gründung eines Gemeinschaftswerks eine Idee auf, die zuvor bereits von sozialdemokratischer Seite vorgetragen worden war. 82 Erhard, 1965b, S. 22; vgl. Kranz, S. 23. 83 Erhard, 1965a, S. 712; vgl. Kranz, 2002, S. 22-23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 19 fortsetzen zu wollen.84 Um die Folgen ökonomischer Fehlentscheidungen, die bei abgeschwächtem Wachstum gravierender ausfielen als in Zeiten rasanten Aufschwungs, zu vermeiden , kündigte er an, die seiner Ansicht nach allzu großzügige staatlichen Subventionspolitik zu reduzieren und gegenüber protektionistischer Forderungen der Wirtschaft weniger Nachsicht zu üben.85 Die Verlagerung von Arbeitsplätzen aus ökonomisch schrumpfenden Bereichen in Wachstumsbranchen sollte im Interesse einer optimalen Allokation von Arbeitskraft staatlich gefördert und sozial abgefedert werden.86 Die von Arbeitnehmerseite erhobenen Forderungen nach einer Arbeitszeitreduzierung lehnte Erhard ab. Die durch die demographische Entwicklung bewirkte hohe Zahl an Austritten aus dem Erwerbsleben, die die Zahl der Berufsanfänger weit übertreffe, sowie der auch wegen hoher ökonomischer Folgelasten nur eingeschränkt mögliche Einsatz ausländischer Arbeitskräfte hätten nach Erhards Analysen zu einer Erschöpfung des deutschen Arbeitskräftereservoirs geführt. Diese hätten auch nicht durch arbeitsplatzsparende Investitionen kompensiert werden können und eine weitere positive Wirtschaftsentwicklung ernsthaft gefährdet. Angesichts begrenzter wirtschaftlicher Wachstumsaussichten ließen sich nach seiner Überzeugung die ökonomischen Herausforderungen nur meistern bzw. die bestehenden Ansprüche an die Wirtschaft nur erfüllen, wenn die tariflich vereinbarte Arbeitszeit um eine Stunde erhöht würde. In seiner Regierungserklärung von November 1965 brachte er seine Überlegungen hierzu wie folgt auf den Punkt: „Wir müssen unsere Ansprüche zurückstecken oder mehr arbeiten.“87 Erhards Reformvorhaben zielten, so das Fazit Volkhard Laitenbergers auf ein verändertes „Meinungsklima “, „das die Krise nicht passiv oder hämisch hinnahm, sondern den konstruktiven, optimistischen Elan zu ihrer Bewältigung entwickelte.“88 Ziel dieser Maßnahmen sei es gewesen, das „Abgleiten in die Gefälligkeitsdemokratie“ zu verhindern, um „mittels einer Reform der Demokratie und einer großangelegten Infrastrukturpolitik die Lösung auch solcher Aufgaben [zu] ermöglichen, deren Inangriffnahme vor allem deshalb unterblieben war, weil sie keinen unmittelbar politischen Profit abwarf oder weil sich die erforderliche mächtige Lobby dafür nicht fand.“89 Die gesellschaftspolitischen Überlegungen Erhards seien darauf gerichtet gewesen, „die nach besten Wissen definierten Gesamtinteressen mehrheitsfähig zu machen.“90 Für Laitenberger war Erhards Konzept der Formierten Gesellschaft nicht auf die Realisierung eines „alternativen Demokratiemodells “ ausgerichtet, sondern „der Versuch, mit Hilfe einer Großkampagne die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung des grundgesetzlichen Parlamentarismus, dessen Aushöhlung 84 Erhard, 1965b, S. 20. 85 Erhard, 1965b, S. 21. 86 Erhard, 1965b, S. 21. 87 Erhard, 1965b, S. 21. 88 Laitenberger, 1985, S. 93; vgl. hierzu auch die skeptischen Anmerkungen Altmanns zur Reformfähigkeit der Bundesrepublik: Altmann, 1965, S. 9. 89 Laitenberger, 1985, S. 91. 90 Laitenberger, 1985, S. 94. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 20 man diagnostiziert hatte, zu schaffen. Die Verfilzungen zwischen organisierten Interessen, Parlament und Regierung wollte man durch neue Solidaritäten, die sich um die gefährdeten Gesamtinteressen bilden sollten, auflösen.91 Dass Erhard mit seinen Reformbestrebungen letztendlich scheiterte, ist nach Ansicht seiner Anhänger u.a. darauf zurückzuführen, dass die für sein Reformkonzept gewählte Formel „Formierte Gesellschaft“ unglücklich gewesen sei. Diese habe nicht nur zu zahlreichen falschen Unterstellungen und Fehlinterpretationen Anlass gegeben, sondern auch dazu beigetragen, dass viele von Erhards durchaus reformwilligen Anhängern dessen Reformanliegen nicht in dem ausreichenden Maße verstanden hätten, wie es zu dessen erfolgreicher Durchsetzung erforderlich gewesen wäre. Des Weiteren sei Erhard bei der Vorbereitung seines Vorhabens taktisch unklug vorgegangen. So habe er es verabsäumt, die für eine derart weit reichende programmatische Neuausrichtung eigentlich zuständige CDU-Parteiführung im Vorfeld ausreichend zu informieren. Überdies wäre es ihm nicht gelungen, das abgrundtiefe Misstrauen, das in maßgeblichen CDU-Parteikreisen um Konrad Adenauer gegen Erhard persönlich bestand, rechtzeitig abzubauen. Und nicht zuletzt hätten seine überragenden analytischen Fähigkeiten Erhard daran gehindert, die nötige Tatkraft zu entfalten, die für die Überwindung der massiven Widerstände gegen sein Konzept vonnöten gewesen wäre.92 5. Kritik des Konzepts der Formierten Gesellschaft Erhards unter dem Etikett „Formierte Gesellschaft“ an prominenter Stelle wiederholt vorgetragenen gesellschaftspolitischen Vorstellungen lösten in der bundesdeutschen Öffentlichkeit der 1960er- und frühen 1970er Jahre eine intensive Debatte aus. Besonders Vertreter des linksliberalen und sozialdemokratisch-sozialistischen Spektrums äußerten teils scharfe Kritik an dem Konzept der Formierten Gesellschaft. Sie verwiesen u.a. auf den aus ihrer Sicht antidemokratischen und gewerkschaftsfeindlichen Charakter des Konzepts und unterstellten Erhard, dass er sei mit seinen „antipluralistischen, autoritären, gemeinschaftsideologischen Manipulationsabsichten“ 93 die Deutschen zu disziplinieren suchte und damit ebenfalls der „autoritären Versuchung“ erlegen sei. 94 Der sozialdemokratische bayerische Landtagsabgeordnete und Mitherausgeber der „Neuen Gesellschaft “ Waldemar von Knoeringen bewertete es angesichts des dynamischen gesellschaftlichen Strukturwandels grundsätzlich als positiv, dass sich auch die Union mit der Debatte über die Formierte Gesellschaft verstärkt gesellschaftspolitischen Fragen zuwandte. Ebenfalls begrüßte er Erhards Sozialstaatsverständnis, das sowohl auf die Verhinderung von Not ziele als auch denjenigen , die unverschuldet in Not geraten, eine materielle Mindestsicherung garantiere.95 Wenn die von Erhard angestoßene gesellschaftspolitische Diskussion „ernst und ehrlich auch zwischen 91 Laitenberger, 1985, S. 94. 92 Vgl. Laitenberger, 1985, S. 95; Zencke, 1972, S. 273. 93 Vgl. Laitenberger, 1985, S. 90. 94 Vgl. Dettling, 1998. 95 Knoeringen, 1965, S. 778 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 21 den Parteien geführt“ würde, könnte sie nach Ansicht von Knoeringens tatsächlich zu Verbesserungen der gesellschaftlichen Verhältnisse beitragen.96 Vehement widersprach von Knoeringen jedoch Erhards Behauptung, dass sich die ehemaligen Klassen aufgelöst hätten und an deren Stelle eine „einförmige Mittelstandsgesellschaft“ getreten wäre. Er hob demgegenüber hervor, dass Einkommenssteigerungen für die Angehörigen der Unterschichten für die gesellschaftlichen Machtverhältnisse ohne Belang wären. Der Zugang zur gesellschaftlichen Macht sei nach wie vor vom Besitz abhängig und vor dem Hintergrund der weiterhin bestehenden ungleichen Besitzverteilung sei ebenso der größte Teil der Bevölkerung von der unmittelbaren Entscheidungsgewalt ausgeschlossen. Zudem bestünden trotz der auch von von Knoeringen anerkannten Abschwächung der Klassengegensätze eine Vielzahl gesellschaftlicher Spannungen und Konflikte weiter fort. Eine Antwort, auf die Frage, wie angesichts unterschiedlicher gesellschaftlicher Positionen und Interessenslagen die „soziale Harmonie“ zwischen den verschiedenen sozialen Gruppen hergestellt werden könne, bleibe Erhards Konzept der klassenlosen Formierten Gesellschaft mit seinem Postulat der Unterordnung der Einzelinteressen unter das Gemeinwohl schuldig. Da die Beseitigung von Disharmonie und Interessenskonflikte in der Gesellschaft nur „durch die Änderung der gesellschaftlichen Natur“ möglich wäre, charakterisiert von Knoeringen Erhards Formierungskonzept als eine „Sozialutopie ohne Wirklichkeitschance “. 97 Von Knoeringen sah bei Erhards Formierungskonzept durchaus gedankliche Nähen zur Marx’schen Utopie der klassenlosen Gesellschaft. Denn ähnlich wie Marx davon ausging, dass der Staat in einer klassenlosen Gruppengesellschaft seine Funktion verliere, legten auch die Ausführungen zur Formierten Gesellschaft die Vermutung nahe, dass Erhard den Ausgleich gesellschaftlicher Gruppeninteressen nicht als Aufgabe staatlicher Ordnungspolitik, sondern als „Funktion der sich selbst überlassenen Gruppengesellschaft“ ansähe.98 Dass Erhard in seinem Konzept der Bewältigung von Gemeinschaftsaufgaben höchste Priorität einräumte und für die Bereitstellung des zur Bewältigung dieser Aufgaben benötigten hohen Kapitalbedarfs die Zusammenarbeit aller Kräfte einforderte, wurde von von Knoeringen ausdrücklich begrüßt, habe der Kanzler sich damit doch eine seit langem erhobene Forderung der deutschen Sozialdemokratie zu eigen gemacht. Allerdings kritisierte er die Tatsache, dass Erhard das von ihm selbst zum „Kernstück“ seiner Finanzreform erklärte Deutsche Gemeinschaftswerk losgelöst von der avisierten Finanzreform in ihrer Gesamtheit öffentlich vorstellte, da es ihm mehr um die Verkündigung eines „Propagandaschlagers“ im Wahlkampf als um die sachliche fundierte Erklärung eines wichtigen programmatischen Vorhabens gegangen sei.99 Kritisch bewertete von Knoeringen auch die von Erhard mit Hilfe einer Grundgesetzänderung herbeizuführende Ausschaltung der parlamentarischen Kontrolle über das Finanzgebaren des Gemeinschaftswerks. Die von Erhard geforderte Autonomie für die Leitung des Gemeinschaftswerks gegenüber parlamentarischer Kontrolle leiste, so von Knoeringen, keineswegs „einen Beitrag zur Reform der 96 Knoeringen, 1965, S. 781. 97 Knoeringen, 1965, S. 779. 98 Vgl. Knoeringen, 1965, S. 780, der an dieser Stelle eine Passage aus der Rede des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Heinrich August Zinn vom 8. Mai 1965 zitiert; vgl. hierzu auch Dettling, 1998. 99 Knoeringen, 1965, S. 780. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 22 deutschen Demokratie und zur ‚größeren‘ Autonomie des Parlamentarismus“. Gegenüber Erhards vermeintlichen Reformüberlegungen insistierte von Knoeringen darauf, dass auch eine reformierte Finanzverfassung demokratischen Grundprinzipien genügen müsse und deshalb eine parlamentarische Kontrolle öffentlichen Ein- und Ausgaben unabdingbar sei.100 Radikaler fiel die Kritik des linkssozialistischen Publizisten Reinhard Opitz aus, der die von Erhard entwickelte Konzeption als „eine autoritäre Verschwörung des ‚CDU-Staates‘ mit der Wirtschaft “ brandmarkte. Seine Thesen zur Formierten Gesellschaft fanden in der damaligen Debatte weithin Beachtung, auch wenn dessen – heute verschwörungstheoretisch anmutenden – Mutmaßung , dass das Formierungskonzept allein entworfen wurde, um dem Macht- und Expansionsstreben von Großindustrie und Großbanken durch eine verdeckte Aushöhlung des demokratischen Systems zur freien Entfaltung zu verhelfen, sicherlich nicht von allen Kritikern der Formierten Gesellschaft geteilt wurde.101 Da Opitz Auseinandersetzung mit der Formierten Gesellschaft jenseits dieser Grundthese eine Vielzahl von Zusammenhängen thematisiert, die auch von anderen, gemäßigteren Kritikern vorgetragen wurden, soll hier auf seine wesentlichen Kritikpunkte , die Ende 1965 unter dem Titel „Elf Feststellungen zur Formierten Gesellschaft“ veröffentlicht wurden, überblicksartig eingegangen werden. - Zunächst wies Opitz darauf hin, dass die Theoretiker der Formierten Gesellschaft in ihren Beiträgen nicht angeben, nach welchen Kriterien sich die ihrem Konzept zugrunde liegende zentrale Orientierungsmarke des Gemeinwohls inhaltlich bestimmen lässt und wer befugt ist, „diese Kriterien verbindlich für die gesamte Gesellschaft zu setzen“. Ebenso wenig werde in den betreffenden Darstellungen der Unterschied zwischen legitimen und unzulässigen egoistischen und verantwortungslosen Interessen herausgearbeitet.102 Opitz kam aufgrund seiner Untersuchungen der verschiedenen Beiträge zur Formierten Gesellschaft zu dem Ergebnis, dass nach diesem Konzept das Gemeinwohl in Wahrheit „mit den wirtschaftlichen und politischen Interessen der großen Industriekonzerne und der ihnen interessenmäßig verbundenen Großbanken“ gleichgesetzt werde. Dies zeigten die im Zusammenhang mit dem Formierungskonzept vorgetragenen Reformprogramme, die sich einseitig an die Forderungen dieser Akteure orientierten, während Interessen, die im Widerspruch zu diesen Interessen stünden, keine Berücksichtigung gefunden hätten.103 - Die führenden deutschen Wirtschaftskreise sei es nicht allein um den Erhalt und die Steigerung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit gegangen, sondern letztlich um die Veränderung des mitteleuropäischen Status quo sowie die Durchsetzung der eigenen Ordnungsvorstellungen auch im östlichen Teil Europas. Die Grundlagen für eine auf diese Zielsetzung fixierte Globalstrategie sollte durch die Ausrichtung der inneren Verhältnisse insbesondere in den westeuropäischen Ländern (aber auch in der übrigen westlichen und nicht kommunistischen Welt) an die eigenen politischen Ziele gelegt werden. Um die nötige außenpolitische 100 Knoeringen, 1965, S. 781; vgl. die in die gleiche Richtung weisende Kritik von Zencke, 1972, S. 276f. 101 Vgl. hierzu die Ausführungen von Kranz, 2002, S. 10-14, in denen er herausarbeitet, welche große gesellschaftliche Bedeutung verschiedene Theoretiker der formierten Gesellschaft dem Unternehmertum als entscheidender für die allgemeine wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung zuschreiben. 102 Opitz, 1965, S. 192. 103 Opitz, 1965, S. 193. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 23 Durchsetzungskraft zur „politischen, wirtschaftlichen und militärischen Formierung“ der westlichen und neutralen Staaten zu erlangen, hätten die Industriekonzerne im Innern die maximale Steigerung der wirtschaftlichen und militärischen Leistungsfähigkeit angestrebt. Diese Kraftsteigerung sei aber nach den Vorstellung der Wirtschaft nur zu erreichen gewesen, wenn 1) die bisherige, von widersprüchlichen Interessenlagen bestimmte Etatplanung durch eine langfristig ausgerichtete Haushaltspolitik ersetzt würde, die in der Lage ist, dass für die ambitionierten außenpolitischen Zeile benötigte Investitionskapital in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen, sowie 2) die pluralistische Gesellschaft in eine Leistungsgemeinschaft umgewandelt werde, in der alle Gruppen unter Zurückstellung anders gerichteter eigener Interessen solidarisch kooperieren und auf „das gemeinsame Ziel der Kraftpotenzierung“ hinarbeiteten.“104 - Essentielle Vorbedingung für die Etablierung und Funktionsfähigkeit der geforderten solidarisch kooperierende Leistungsgemeinschaft sei ein starker Staat, der sich in Haushaltsfragen über parlamentarische Mehrheitsbeschlüsse hinwegsetzen, Länderbefugnisse eingrenzen und die Parlamente wirksam von ‚unangemessenen‘ gesellschaftlichen Einflüssen und Forderungen abschirmen könne. Vorhaben wie die Notstandsverfassung, die Finanzverfassungsreform und verschiedene Änderungen des Haushaltsrechts zielten, so Opitz‘ Befürchtung, auf eine grundlegende „Reform der deutschen Demokratie“ ab, die den Staat „wieder zu einer der Gesellschaft und ihren Grundrechten prinzipiell übergeordneten Instanz“ aufwerte, die Länder selbst in ihren ureigensten Zuständigkeitsbereichen an die konjunktur- und haushaltspolitischen Vorgaben der Bundesregierung fessele und die „haushaltspolitische Entscheidungsfreiheit “ der Parlamente und deren Möglichkeiten zur Berücksichtigung von gesellschaftlichen Forderungen in erheblichem Maße einschränke. Für Opitz wollten die Vertreter der Formierten Gesellschaft durch ihre Reform der deutschen Demokratie die Nachkriegszeit mit ihrer engen Anbindung an alliierte Vorgaben beenden und das Grundgesetz „den Erfordernissen einer wieder expansiv gewordenen […] Politik“ anpassen.105 - Das von Erhard zur Überwindung des gesellschaftlichen Pluralismus und zur Anbindung der Interessenorganisation an das Gemeinwohl propagierte „Programm der informierten Gesellschaft “ sei darauf ausgerichtet gewesen, mit einer gezielten Informationspolitik die Bevölkerungsmehrheit gegen unbequeme Minderheiten zu positionieren sowie Verbandsführungen von ihrer Mitgliederbasis und regierungskritische Medienvertreter von ihrem Publikum zu isolieren. Ziel sei es gewesen, die gesellschaftlichen Interessengruppen zu „Hilfsorganen bei der Vertretung der staatlich-großindustriellen Gemeinwohlvorstellungen“ umzufunktionieren .106 - Die Wirtschaftswissenschaften, deren ideologische Prämissen in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen würden, hätten wesentlich zur Bildung eines „formierten, gesamtgesellschaftlichen Bewusstseins‘“ beigetragen. Indem sie gesellschaftliche Demokratisierungsbestrebungen und den Interessen der Großindustrie zuwiderlaufende Forderungen für „wissenschaftlich unhaltbar“ erklärten, hätten die Wirtschaftswissenschaften die Funktion eines 104 Opitz, 1965, S. 193. 105 Opitz, 1965, S. 193f. 106 Opitz, 1965, 194; vgl. Kranz, 2002, S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 24 „Hilfsinstruments zur Verbrämung der großindustriellen Expansions- und Hegemoniebestrebungen “ übernommen.107 - Da nach Opitz‘ Wahrnehmung der seit 1945 in der deutschen Öffentlichkeit verankerte Demokratiebegriff von den Vertretern des Formierungskonzepts als das stärkste Hindernis auf dem Weg in die Formierte Gesellschaft gewertet worden sei, hätten Erhard und seine Mitstreitern eine informationspolitische Kampagne in Gang gesetzt, die mit der „Unterscheidung von Demokratie und Demokratismus“ „alle auf rationalistische Traditionen zurückgehenden Momente aus dem Demokratie-Begriff eliminiert, seine humanistischen, liberalen und sozialen Inhalte als illegitime säkularisierte Heilserwartungen deklassiert und damit in den Bereich des politisch nicht Realisationswürdigen“ verwiesen hätte.108 - Anders als in der Weimarer Republik sei es den Industriekonzernen Opitz zufolge nicht um einen Putsch gegen die Demokratie gegangen, sondern darum, diese heimlich und legal „weg zu manipulieren“. Um mögliche Widerstände der tragenden Kräfte der pluralistischen Gesellschaft gegen „eine lautlose Überführung der Demokratie in eine faktisch nicht mehr demokratische Ordnung“ effektiv begegnen zu können, hätten sie auf die Verabschiedung einer Notstandsverfassung gedrängt, in der der Staat wieder „Herr über den Ausnahmezustand“ ist.109 - Die Überlegungen zur Formierten Gesellschaft offenbarten, so Opitz, dass die in der Notstandsverfassung enthaltenen Grundgesetzeingriffe nicht auf den Schutz der Demokratie zielten , sondern allein „der Durchsetzung eines nackten Machtanspruchs, nämlich allein zur Förderung der imperialen Hegemoniebestrebungen der deutschen Konzerne“ dienen sollten. Die von diesen vorgenommene Bewertung der vorhandenen Demokratievorstellungen als illusorisch und deren Bestrebungen zur Überwindung des gesellschaftlichen Meinungspluralismus zeigten eindeutig, dass es nicht um die Verteidigung der Demokratie, sondern um die Absicherung der Interessen der Großindustrie gegenüber der Demokratie gegangen sei. 110 - Nach Opitz greife die Theorie der Formierten Gesellschaft mit ihrer Kritik am gewachsenen Demokratieverständnis, am Parlamentarismus, am Föderalismus, am Parteienstaat sowie an den Gewerkschaft auf Argumentationsmuster zurück, die schon in der Weimarer Republik von führenden Wirtschaftskreisen gegen die auf dem Mehrheitsprinzip basierende parlamentarische Demokratie vorgetragen wurden. Da die Weimarer Demokratie als mit den Interessen der Industrie nicht vereinbar angesehen worden sei, habe die Wirtschaft die Etablierung einer „Neuen Ordnung“ forciert, in der die staatliche Politik ohne Rücksichtnahme auf unbequeme Willensentscheidungen der Gesellschaft hätte agieren können. Nachdem 1945 mit dem „Faschismus “ auch die für die Wirtschaftsinteressen günstigen Ordnungsprinzipien beseitigt, andererseits die Diskrepanzen zwischen den Anliegen der Gesellschaft und den eigenen Interessen vor dem Hintergrund zunehmender wirtschaftlicher und außenpolitischer Probleme als nicht mehr länger hinnehmbar angesehen worden wären, hätten die führende Wirtschaftskreise mit dem Formierungsplan ein Lösungskonzept entwickelt, das der Rückkehr zur wirtschaftsfreundlichen Ordnungsstrukturen den Weg ebnen sollte. Infolgedessen bewertete 107 Opitz, 1965, S. 194f, 108 Opitz, 1985, S. 195. 109 Opitz, 1965, S. 195f, 110 Opitz, 1965, S. 196. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 25 Opitz den Weg in die Formierte Gesellschaft als einen „Schleichweg zu einem modernen, den Bedingungen der Zeit angepassten Faschismus“.111 - Opitz hielt die großindustriellen Ziele auf außenpolitischem Gebiet, die seiner Ansicht nach dem Formierungskonzept zugrunde lägen, für unrealistisch, da sich die westliche Blockbildung als Machtgrundlage für Veränderungen am europäischen Status quo bereits in der Auflösung befunden und das Streben nach außenpolitischer Stärke die Position der Bundesrepublik innerhalb des westlichen Bündnisses zunehmend isoliert hätte. Die weitere Formierung der Bundesrepublik hätte seiner Ansicht nach zu einer weiteren Isolierung der Bundesrepublik sowie „zu einer gefährlichen Steigerung der Spannungen in Mitteleuropa“ beigetragen .112 - Abschließend wies Opitz darauf hin, dass säkulare Entwicklungen wie die wirtschaftliche Konzentration, die Automatisierung oder die internationale Wirtschaftsverflechtung Gesellschaft und Politik zu Strukturveränderungen veranlasse, die sowohl demokratisch als auch antidemokratisch ausfallen können. Sollte unter diesen Umständen „das Prinzip der uneingeschränkten privaten Unternehmerentscheidung nach wie vor als der höchste aller gesellschaftlichen Werte angesehen“ werden, bestünde die Gefahr, dass sich die Konzerne infolge ihrer durch Konzentrations- und Verflechtungsprozesse stark angewachsenen Machtfülle die Gesellschaft unterordneten. Deshalb ließe sich nach Opitz‘ Auffassung die Demokratie nur dauerhaft sichern, wenn die Konzerne selbst demokratisiert und durch die gesamte Gesellschaft kontrolliert würden. Der Zwang zu größeren wirtschaftlichen Produktionseinheiten und größeren Markträumen erfordere nicht, wie aus seiner Sicht die Befürworter der Formierten Gesellschaft behaupteten, zwingend den Abbau von demokratischen Rechten, sondern könne zur vollen Entfaltung der Demokratie führen, sofern in den industriellen Machtzentren eine wirkliche politische Mitbestimmung durchgesetzt würde.113 Der bekannte Soziologe Ralf Dahrendorf wies, ohne auf Erhards Formierungskonzept konkret einzugehen , in einem 1975 gehaltenen Vortrag vor dem Institut der Deutschen Wirtschaft ganz allgemein auf Gefahren gesellschaftlicher Formierungsprozesse hin. Diesen wären die entwickelten Gesellschaften auch ohne einen gezielten Formierungsplan zunehmend ausgesetzt. Wie er dabei ausführte, wären es insbesondere die tiefgreifenden Veränderung der „sozialökonomischen Großwetterlage “ und die damit verbundene Erkenntnis, dass angesichts der sichtbaren Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums nicht mehr sämtliche Probleme durch materiellen „Überfluss“ zu lösen seien, die für freie Gesellschaften die Gefahr einer zunehmenden Formierung erhöht hätten . Denn diese Faktoren würden, indem sie eine verstärkten Vergangenheitssehnsucht, Organisationshypertrophie und Ratlosigkeit auslösten, die Freiheit der westlichen Gesellschaften grundlegend bedrohen.114 Würde dieser Entwicklungen nicht wirksam Einhalt geboten, drohe der Übergang in eine Formierte Gesellschaft, die Dahrendorf als eine Mischung aus Nostalgie, Feudalismus und Phantasielosigkeit charakterisierte. Er befürchtete, dass die Rückbesinnung auf ver- 111 Opitz, 1965, S. 196. 112 Opitz, 1965, S. 196f. 113 Opitz, 1965, S. 197. 114 Dahrendorf, 1975, S. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 26 meintliche bessere Zeiten in der Vergangenheit zu einer Revision der Errungenschaft des Wohlfahrtsstaats , zum Abbau erweiterter Bildungschancen sowie zur Zurücknahme der gesellschaftlichen Liberalisierung beitrüge und damit „den Weg in die Zwänge und Unfreiheiten einer Welt, der wir entronnen waren,“ ebnete.115 Auch diejenigen, denen es in erster Linie um die Herstellung sozialer Gerechtigkeit gehe, beförderten mit ihren unerschütterlichen Glauben an die Kraft der Organisation auf ihre Weise den Formierungsprozess, obwohl sie sich ihrem Selbstverständnis nach auf der Seite des gesellschaftlichen Fortschritts wähnten. Dabei übersähen sie, dass Organisation mit Bürokratie einhergehe und deshalb immer auch eine Einschränkung von Freiheit bedeute. Angesichts der Vielzahl von oft unvermeidlichen Zugehörigkeiten zu Organisationen, die mehr als zwei Drittel des Lebens bestimmten und die Wahlchancen der Individuen ständig weiter begrenzten, sah Dahrendorf eine neue „Feudalgesellschaft“ im Entstehen begriffen. Sie sei das „Resultat der … anscheinend unausweichlichen Dialektik staatsbürgerlicher Gleichheitsrechte“, der zufolge die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit nur um den Preis einer Einschränkung der Freiheit zu bekommen sei. Die Befreiung aus den Ketten der organisierten Zugehörigkeiten war deshalb für Dahrendorf die wirkliche „neue soziale Frage“.116 Allerdings beurteilte er die aktuellen Chancen auf Befreiung skeptisch. Vielmehr konstatiert er in den meisten Industriestaaten neben der „Vermauerung und Versteinerung der Gesellschaft“ eine „Verhärtung und Abschließung des politischen Systems. So gerate die Pressefreiheit angesichts der verbreiteten Forderung nach ausgewogener Berichterstattung immer stärker in Bedrängnis. Während der Rückgriff auf bereits überholte autoritäre Lösungsmuster zunähmen, sei allenthalben ein Abbau von Offenheit und Liberalität zu beobachte. Dahrendorf wertet diese freiheitsfeindlichen Entwicklungen als Anzeichen eines neuen Autoritarismus, der jedoch ein „Autoritarismus der Ohnmacht“ sei, da er in Ermangelung angemessener Antworten auf den tiefgreifenden sozioökonomischen Wandel letztlich lediglich ein Ausfluss allgemeiner Ratlosigkeit darstelle. Zur Vermeidung eines Abgleitens in die Formierte Gesellschaft empfahl Dahrendorf, „die ungeheuren Möglichkeiten der Industriegesellschaft“ zu nutzen, um mit „Phantasie und Freiheitswillen “ Wirtschaft, Politik und Gesellschaft so zu gestalten, dass „mehr Menschen mehr Lebenschancen “ erhalten. Er zeigte sich überzeugt, dass mit einer Politik, die auf die Schaffung umfassender , lebenslanger Bildungschancen, auf humanisierte Arbeitsbedingungen sowie die Bewahrung und Erweiterung individueller Freiheiten setze, eine Befreiung der „menschlichen Lebenstätigkeit aus den Fesseln einer mechanischen sozialen Arbeitsteilung“ erreicht und damit die offene Gesellschaft erhalten werden könnte.117 6. Quellen und Literatur - Altmann, Rüdiger (1965). Die Formierte Gesellschaft. Stuttgart. - Dahrendorf, Ralf (1975). Formierte oder offene Gesellschaft. In: Vortragsreihe des Instituts der Deutschen Wirtschaft 25, Nr. 40, S. 1-5. 115 Dahrendorf, 1975, S. 2. 116 Dahrendorf, 1975, S. 3. 117 Dahrendorf, 1975, S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 1 - 3000 - 016/19 Seite 27 - Dettling, Warnfried (1998). Die Kraft des Konservativen. In: Die Zeit 47 (12. November 1998). https://www.zeit.de/1998/47/Die_Kraft_des_Konservativen [Stand 12.09.2019]. - „Formierte Gesellschaft“ (2019). 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