© 2019 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 015/19 Zur Frage der NSDAP-Vergangenheit von Mitgliedern der Landesparlamente nach 1945 Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 015/19 Seite 2 Zur Frage der NSDAP-Vergangenheit von Mitgliedern der Landesparlamente nach 1945 Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 015/19 Abschluss der Arbeit: 31. Juli 2019 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 015/19 Seite 3 1. Vorbemerkung Die nachfolgende Dokumentation enthält Auszüge aus vier wissenschaftlichen Studien zur Frage der NSDAP-Vergangenheit von Mitgliedern der Landesparlamente nach 1945. Die Untersuchungen wurden von den Landtagen der Bundesländer Bremen, Hessen, Niedersachsen und Schleswig -Holstein in Auftrag gegeben.1 Die vier Studien ähneln sich vom methodischen Ansatz insofern , als sie alle die formale Belastung von Landtagsabgeordneten durch Mitgliedschaft in der NSDAP, SA und SS und weiteren nationalsozialistischen Organisationen in den Jahren vor 1945 untersuchen. Sie unterscheiden sich indes in ihrer Analysetiefe, da das von den Landtagen für die Untersuchungen zur Verfügung gestellte Finanz- und Zeitbudget sehr unterschiedlich war. So hat beispielsweise der hessische Landtag lediglich eine knappe Vorstudie in Auftrag gegeben, aber keine Hauptstudie beauftragt. Mitglieder der Landesregierungen werden in den Studien des hessischen und des niedersächsischen Landtages sowie der Bremischen Bürgerschaft nur dann berücksichtigt, wenn sie auch dem Landesparlament angehört hatten, also nur in ihrer Eigenschaft als Parlamentarier. Die vom schleswig-holsteinischen Landtag in Auftrag gegebene Studie untersucht hingegen auch die formale Belastung der Mitglieder der schleswig-holsteinischen Landesregierungen zwischen 1946 und 1982.2 Sie verfolgt zudem einen deutlich weitergehenden Ansatz, da die Autoren im zweiten Teil der Studie vorliegende biografische Informationen der untersuchten Personen, z. B. über Berufswege und öffentliche Rollen in der Zeit des Nationalsozialismus, mit den formalen Daten verknüpfen und anschließend vier definierten Grundorientierungen (oppositionell/„gemeinschaftsfremd “, angepasst/ambivalent, systemtragend/karrieristisch, exponiert/nationalsozialistisch) zuordnen . Abschließend untersuchen die Autoren auch, ob und inwieweit sich die biografischen Vorerfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus auf die vergangenheitspolitischen Debatten im schleswig-holsteinischen Landtag nach 1945 ausgewirkt haben. Die als Anlagen beigefügten Auszüge aus den vier wissenschaftlichen Studien enthalten neben den Inhaltsverzeichnissen und den Einleitungen, die Auskunft über Fragestellung und Reich- 1 Diese Dokumentation beschränkt sich auf vorliegende Untersuchungen zu Landtagsabgeordneten, da quellengestützte systematische wissenschaftliche Untersuchungen zur Frage der NS-Mitgliedschaft von Abgeordneten des Bundestages und des Europaparlaments bisher nicht vorliegen. Dies gilt auch für die Frage einer vorherigen SED-Mitgliedschaft und oder einer Mitgliedschaft in einer DDR-„Blockparteien“ von Abgeordneten der Landtage , des Bundestages und des Europaparlaments nach 1990. 2 Vergleichbare quellengestützte systematische wissenschaftliche Untersuchungen zur Frage der vormaligen NSDAP-Mitgliedschaft von Mitgliedern der Bundes- und Landesregierungen liegen ansonsten nicht vor. Derzeit führt das Institut für Zeitgeschichte in München auf Beschluss des Bayerischen Landtages ein auf mehrere Jahre angelegtes Forschungsprojekt mit dem Titel „Demokratische Kultur und NS-Vergangenheit. Politik, Personal, Prägungen in Bayern 1945-1975“ durch. Erforscht wird, wie Bayerns Ministerien und Behörden nach 1945 mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit umgegangen sind und welche Brüche und Kontinuitäten den demokratischen Neuanfang geprägt haben. Ergebnisse liegen noch nicht vor. (vgl. https://www.ifz-muenchen .de/aktuelles/themen/demokratische-kultur-und-ns/) Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 015/19 Seite 4 weite der Untersuchungen geben, auch die Zusammenfassungen der Ergebnisse. Ebenfalls beigefügt sind – sofern vorhanden – Übersichtslisten und biographische Anhänge3, die Hinweise zur NSDAP-Mitgliedschaft und zur Fraktionszugehörigkeit nach 1945 geben, sowie die Kapitel zur Einordnung der Befunde zur formalen Belastung von Landtagsabgeordneten durch die NSDAP- Mitgliedschaft, da die bloße Auflistung der Mitgliedschaft für sich genommen nur wenig Aussagekraft besitzt. Aus der schleswig-holsteinischen Studie ist zusätzlich zu den Kapiteln zur Frage der NSDAP-Mitgliedschaft von Landtagsabgeordneten auch das Kapitel über die entsprechende formale Belastung der Landesregierungen beigefügt.4 2. Anlagen 1. Stephan Alexander Glienke: Die NS-Vergangenheit späterer niedersächsischer Landtagsabgeordneter . Abschlussbericht zu einem Projekt der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen im Auftrag des Niedersächsischen Landtages, Hannover 2012, S. 1-11, S. 15-19, S. 37-47, S. 111-121, S. 145-207 Signatur: M 595317 2. Albrecht Kirschner: Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zur Vorstudie „NS-Vergangenheit ehemaliger hessischer Landtagsabgeordneter“ der Kommission des Hessischen Landtags für das Forschungsvorhaben „Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen“, Wiesbaden 2013, S. 1-8, S. 137-149, S. 159-166, S. 186-191 Signatur: P 794987 Online abrufbar unter: https://hessischer-landtag.de/sites/default/files/scald/files/NS-Vergangenheit %20ehem.%20hess.%20Abg.pdf 3. Karl-Ludwig Sommer: Die NS-Vergangenheit früherer Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft . Projektstudie und wissenschaftliches Colloquium, Bremen 2014, S. 1-29, S. 56-105 Signatur: P 5146537 Online abrufbar unter: https://www.bremische-buergerschaft.de/fileadmin/user_upload /Informationsmaterial/NS-VergangenheitfruehererMitgliederderBuergerschaft.pdf 3 Während die schleswig-holsteinische Studie auf Mitgliedslisten und biographische Anhänge gänzlich verzichtet , enthält die hessische Studie eine Liste mit NSDAP-Beitrittsdaten und Fraktionszugehörigkeit nach 1945. Bei den im Anhang der niedersächsischen Studie enthaltenen Kurzbiografien der Abgeordneten handelt es sich um eine Auswahl. Es sind darin nicht alle Abgeordneten des niedersächsischen Landtages enthalten, zu denen Hinweise auf eine Mitgliedschaft in der NSDAP oder in der SA vorliegen. Ausgewählt wurden jene Personen, „zu denen Hinweise auf ein über die reine Mitgliedschaft hinausreichendes Engagement im Nationalsozialismus vorliegen“ (Zitate bei Stephan Alexander Glienke, a. a. O., S. 113). In den 96 Kurzbiografien im Anhang der von der Bremischen Bürgerschaft in Auftrag gegebenen Studie sind – neben jenen 86 Abgeordneten mit vormaliger NSDAP-Mitgliedschaft – auch „Betroffene“ im Sinne der Fragestellung der Studie enthalten. Dazu werden u. a. Personen gezählt, die hauptamtlich für eine gleichgeschaltete wirtschaftliche oder berufsständische Organisation tätig gewesen sind oder die eine Führungsposition im nationalsozialistischen Herrschaftsapparat auf regionaler oder überregionaler Ebene bekleidet haben (vgl. Karl-Ludwig Sommer, a. a. O., S. 18). 4 Alle vier Studien sind in der Bundestagsbibliothek verfügbar. Mit Ausnahme der niedersächsischen Studie sind sie von den jeweiligen Landtagen auch auf ihren Internetseiten veröffentlicht worden. Die bibliographischen Angaben sind in der Anlagenübersicht ausgewiesen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 015/19 Seite 5 4. Uwe Danker, Sebastian Lehmann-Himmel: Landespolitik mit Vergangenheit. Geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung der personellen und strukturellen Kontinuität nach 1945 in der schleswig-holsteinischen Legislative und Exekutive. Durchgeführt im Auftrag des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Husum 2017, S. 1-18, S. 82-124, S. 146-163, S. 371- 384 Signatur: M 5105208 Online als Landtagsdrucksache abrufbar unter: https://www.landtag.ltsh.de/infothek /wahl18/drucks/4400/drucksache-18-4464.pdf ***