© 2018 Deutscher Bundestag WD 1 - 3000 - 005/18 Auswahl aktueller Berichte zur Christenverfolgung weltweit Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 2 Auswahl aktueller Berichte zur Christenverfolgung weltweit Aktenzeichen: WD 1 - 3000 - 005/18 Abschluss der Arbeit: 1. Februar 2018 Fachbereich: WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte, Politik Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 3 1. Einleitung Die vorliegende Dokumentation bietet einen Überblick über aktuelle Berichte zur weltweiten Verfolgung von Christen und zum Zustand der Religionsfreiheit.1 Unbestritten hat sich deren Lage in vielen Ländern in den letzten Jahren verschlechtert. Im Rahmen des „Jahresberichts über die Menschenrechte und die Demokratie in der Welt und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich“ zeigte sich das Europäische Parlament im Dezember 2016 „zutiefst beunruhigt darüber , dass in einigen Teilen der Welt religiöse oder weltanschauliche Gemeinschaften bedroht sind und ganze religiöse Gemeinschaften verschwinden oder fliehen.“2 Zugleich hob das Parlament hervor, „dass Christen gegenwärtig die religiöse Gruppe sind, die in der Welt am meisten schikaniert und eingeschüchtert wird, und zwar auch in Europa, wo christliche Flüchtlinge regelmäßig religiös motivierter Verfolgung ausgesetzt sind, und dass die ältesten christlichen Gemeinschaften insbesondere in Nordafrika und dem Nahen Osten zu verschwinden drohen“.3 Vor diesem politischen Hintergrund setzte die Europäische Union 2016 einen Sonderbeauftragten für die Förderung von Religions- und Weltanschauungsfreiheit außerhalb der Europäischen Union ein.4 Neben den periodischen Berichten christlicher Verbände und Nichtregierungsorganisationen sind in dieser Hinsicht insbesondere auch Veröffentlichungen einschlägig, deren Fokus auf der allgemeinen Umsetzung der Religionsfreiheit liegt, da sich staatliche Repressionen und gesellschaftliche Diskriminierung häufig gerade gegen religiöse Minderheiten richten. Mit Ausnahme des jährlichen Weltverfolgungsindex des christlichen Hilfswerks Open Doors Deutschland e.V. verzichten die vorgestellten Berichte darauf, absolute Zahlen zu nennen. Nach Einschätzung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) ist es aufgrund fehlender zuverlässiger Daten und unterschiedlicher Definitionen „praktisch unmöglich“ die Frage zu beantworten, „wie viele Menschen wegen ihres Glaubens diskriminiert, verfolgt oder sogar getötet werden“.5 Der 1 Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags hat zu diesem Thema bereits 2013 einen Sachstand (WD 1 – 056/13) vorgelegt, der die damals vorliegenden Berichte und deren Methodik vorstellt. Der Sachstand ist im Anhang beigefügt. 2 Europäisches Parlament: Entschließung vom 14. Dezember 2016 zu dem Jahresbericht 2015 über die Menschenrechte und die Demokratie in der Welt und die Politik der Europäischen Union in diesem Bereich, Punkt 145, online verfügbar unter: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2016- 0502+0+DOC+XML+V0//DE (abgerufen am 30.1.2018). 3 Ebd., Punkt 146. 4 Seit Mai 2016 übt diese Aufgabe der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident der Slowakei, Ján Figeľ, aus, vgl. http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-1670_de.htm. Bereits seit Januar 2015 existiert im Europäischen Parlament eine Interfraktionelle Arbeitsgruppe über Religions- und Glaubensfreiheit und religiöse Toleranz, vgl. http://www.religiousfreedom.eu/ (beides abgerufen am 30.1.2018). 5 Max Klingberg: Verfolgung und Diskriminierung von Christen: Ein Überblick. In: Jahrbuch Verfolgung und Diskriminierung von Christen 2017, S. 277-315, hier: 310; zu den umstrittenen aktuellen Zahlen christlicher ‚Märtyrer ‘ mit weiteren Hinweisen vgl. Thomas Schirrmacher: 90.000 oder 2.000–3.000 christliche Märtyrer im Jahr 2016? In: ebd., S. 277-279, online verfügbar unter: https://www.igfm.de/fileadmin/igfm.de/pdf/Publikationen /Buecher/Jahrbuch-Verfolgung-und-Diskriminierung-von-Christen-2017.pdf (abgerufen am 30.1.2018). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 4 UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit bemängelt in diesem Zusammenhang , dass momentan keine internationale Datenbank zu Hassverbrechen mit religiösem Bezug existiert.6 Ebenso hält der Präsident des Internationalen Rates der IGFM, Thomas Schirrmacher , konkrete Zahlenangaben für schwierig. Auch wenn seiner Ansicht nach zudem nicht jede Diskriminierung von Christen als Verfolgung bezeichnet werden könne und die individuelle Situation sich häufig gravierend unterscheide, stellt er fest: „Mehr als 220 Millionen Christen leben in Ländern, in denen ihnen grundlegende Rechte vorenthalten werden und schlimme Formen der Diskriminierung zum Alltag gehören.“7 Bei den vorgestellten periodisch erscheinenden Berichten handelt es sich um eine Auswahl, die das Spektrum der verfügbaren Informationen und Ansätze abbilden soll. Sie stammen deshalb von internationalen Organisationen, staatlichen Institutionen und kirchlichen Stellen sowie von christlichen Nichtregierungsorganisationen. Da der erwähnte „Weltverfolgungsindex“ als einziger absolute Zahlen nennt, werden dessen Entstehungskontext und Methodik ausführlicher dargestellt . Die Anordnung erfolgt chronologisch nach dem Zeitpunkt des Erscheinens. 2. Aktuelle Berichte - Open Doors e.V., Weltverfolgungsindex Das überkonfessionelle christliche Hilfswerk Open Doors beobachtet seit den späten 1970er Jahren die weltweite Verfolgung von Christen und veröffentlicht seit 25 Jahren jährlich den „Weltverfolgungsindex “. Als einzige Organisation nimmt es dabei auch quantitative Schätzungen vor. Von 2008 bis 2015 ging das Hilfswerk von rund 100 Millionen Christen aus, die „in alltäglicher Bedrängnis“8 lebten. Seit 2017 spricht es von 200 Millionen, die „einem hohen Maß an Verfolgung “ ausgesetzt seien. Der aktuelle Index erschien im Januar 2018.9 Die Methodik des Weltverfolgungsindex folgt nach Angaben von Open Doors „eher einer theologischen als einer soziologischen oder juristischen Definition“. Nach diesem Ansatz sei Verfolgung definiert als „jegliche Art von erlebter Anfeindung aufgrund der Identifikation einer Person mit Christus. Dies kann feindselige Haltungen, Worte und Handlungen gegenüber Christen umfassen“. Damit lehnt sich Open 6 Siehe unten. 7 Zit. nach: Stefan Rochow: Christenverfolgung weltweit im Blick, Die Tagespost, 11. Januar 2018, S. 6. 8 Vgl. Open Doors (Hg.): Weltverfolgungsindex 2015, online verfügbar unter: https://www.opendoors.de/nachrichten /aktuelle-meldungen/weltverfolgungsindex-2015 (abgerufen am 30.1.2018). 9 Open Doors (Hg.): Weltverfolgungsindex 2018, online verfügbar unter: https://www.opendoors.de/christenverfolgung /weltverfolgungsindex/ (abgerufen am 30.1.2018); ein Auszug liegt im Anhang bei. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 5 Doors an die weite Begriffsbestimmung des UNHCR an, wonach sich Verfolgung und Diskriminierung nicht in allen Fällen eindeutig unterscheiden lassen.10 Der Weltverfolgungsindex diente zunächst als vorbereitendes, internes Mittel zur Planung der Arbeit der Organisation, die sich weniger als Menschenrechtsorganisation, sondern eher als christliches Hilfswerk bedrängter Glaubensgeschwister sieht. Als der Index erstmals veröffentlicht wurde, stieß er wegen der mangelnden wissenschaftlichen Nachvollziehbarkeit der Zahlen auf Kritik. Nach 2012 wurde die Methodik des Indexes überarbeitet. „Ziel dieses Prozesses war eine Steigerung der Glaubwürdigkeit, Transparenz, Objektivität und wissenschaftlichen Qualität. Seither sind weitere Verfeinerungen vorgenommen worden.“11 Nunmehr unterscheide man zwischen zwei Haupterscheinungsformen von Verfolgung: „squeeze“ (der konstante Druck, unter dem Christen in allen Lebensbereichen stehen) und „smash“ (gewaltsame Übergriffe).12 Während „smash“ durch das Registrieren gewaltsamer Übergriffe relativ gut erfassbar sei, werde das Ausmaß von „squeeze“ auf andere Art ermittelt: Hierfür werde der Druck untersucht, der auf das alltägliche und das religiöse Leben von Christen in fünf ausgewählten Lebensbereichen ausgeübt wird. Hierzu wird ein 84 Punkte umfassender Fragebogen an Feldmitarbeiter von Open Doors und an lokale Netzwerke von Christen, die Verfolgung erleben, verschickt. Der unmittelbare Kontakt zu den Betroffenen sei eine Besonderheit des Weltverfolgungsindex , so Open Doors. Damit einher gehe jedoch der Vorrang des Schutzes verfolgter Christen. „Dort, wo eine Offenlegung der Quellen im Sinne der Transparenz zu negativen Konsequenzen (häufig drohen Mord, Folter oder Gefängnis) für die betroffenen Christen führen würde, gibt Open Doors grundsätzlich dem Schutz der Christen Vorrang.“13 Einzelne Menschenrechtsorganisationen, wie Amnesty International oder Human Rights Watch, kritisieren am Weltverfolgungsindex regelmäßig den alleinigen Fokus auf eine Religionsgruppe 10 Vgl. https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/weltverfolgungsindex-haeufig-gestellte -fragen; das einschlägige UNHCR-Handbuch nennt beispielhaft mehrere Situationen, in denen eine Diskriminierungsmaßnahme „mit Verfolgung gleichzusetzen ist“, unter anderem ernstliche Einschränkungen des Zugangs zu normalerweise verfügbaren Bildungseinrichtungen, UN High Commissioner for Refugees (UNHCR): Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 1. September 1979, Abs. 51-55, online verfügbar unter: http://www.refworld.org/docid/4023d8df4.html (beides abgerufen am 30.1.2018). 11 Open Doors (Hg.): Weltverfolgungsindex 2018, S. 450. 12 Vgl. Open Doors (Hg.): Weltverfolgungsindex 2017, S. 306f., online verfügbar unter: https://www.opendoors .de/sites/default/files/Open_Doors_Weltverfolgungsindex_2017_Bericht_0.pdf (abgerufen am 30.1.2018). 13 https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/weltverfolgungsindex-haeufig-gestelltefragen (abgerufen am 30.1.2018). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 6 und die hohen Zahlenangaben als „nicht überprüfbar“.14 Dabei spielt auch der weite Verfolgungsbegriff eine wesentliche Rolle, der dem Index zugrunde liegt.15 - Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit16 2013 veröffentlichten Bischofskonferenz und EKD erstmals einen gemeinsamen Bericht zur weltweiten Religionsfreiheit von Christen, der „vor allem die Zusammenhänge und Konflikte beleuchten [will], die den Nährboden für Feindseligkeit oder gar Gewalt gegen Christen bilden“.17 Im Dezember 2017 erschien die zweite Ausgabe, deren inhaltlicher Fokus auf dem Schwerpunktthema Apostasie liegt. Daneben widmet sich der Bericht den Verletzungen der Religionsfreiheit, wobei er sowohl die Motive dafür darstellt als auch einen Überblick über die konkrete Situation in verschiedenen Weltgegenden gibt. Dazu betont das Geleitwort: Seit 2013 haben „Verletzungen der Religionsfreiheit von Christen weltweit wieder zugenommen. In einigen Ländern, beispielsweise im Mittleren und Nahen Osten, hat sich die Situation dramatisch verschärft: So führten die Terrorherrschaft und die Verbrechen des sogenannten „Islamischen Staats“ (IS/Da’esh) besonders im Nordirak und in den nordöstlichen Landesteilen Syriens zu einem Exodus der dort beheimateten religiösen Minderheiten, vor allem der Christen und Jesiden.“18 Bewusst vermieden es die Autoren bereits 2013, „vermeintlich konkrete Zahlen“ zu nennen und verwenden darüber hinaus eine engere, umgangssprachliche Definition von „Verfolgung“, die sie von Bedrängung und Diskriminierung unterscheiden. Die aktuelle Ausgabe verzichtet zudem auf Kartenmaterial, das Verfolgungssituationen kartographisch abbildet.19 Für den Bericht wurden eine Reihe vorliegender Studien ausgewertet, ohne eigene Daten zu erheben.20 14 Matthias Kamann: Wenn Christenverfolgung zur „Säuberung“ wird, Die Welt, 11. Januar 2018, S. 8. 15 Vgl. Rochow: Christenverfolgung. 16 Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (Hg.): Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2017, 15. Dezember 2017, online verfügbar unter: https://www.dbkshop .de/media/files_public/tgimvmwjoi/DBK_625.pdf (abgerufen am 30.1.2018). 17 Deutsche Bischofskonferenz / Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) (Hg.): Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2013, S. 6. online verfügbar unter: https://www.dbk-shop.de/media/files _public/ijpeljli/DBK_621.pdf (abgerufen am 30.1.2018). 18 DBK/EKD: Bericht zur Religionsfreiheit 2017, S. 6f. 19 Ebd. S. 6f. 20 Ebd., S. 59f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 7 - Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Religions- und Weltanschauungsfreiheit (Report of the Special Rapporteur on Freedom of Religion or Belief)21 Seit 1986 veröffentlicht der UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit jährlich sowie zu speziellen Anlässen einen Bericht. Im aktuellen Interim-Bericht vom 28. August 2017 thematisiert der Sonderberichterstatter, Ahmed Shaheed22, den weltweiten Anstieg religiöser Intoleranz und fordert staatliche und nichtstaatliche Akteure auf, sich intensiver für den Erhalt und die Verbreitung der Religionsfreiheit einzusetzen. Auf Grundlage aktueller Zahlen des amerikanischen Pew Research Centers verweist er darauf, dass staatliche Einschränkungen gegenüber religiöser Gruppen 2015 in vier von fünf Weltregionen zugenommen haben.23 Besonders Staaten im Mittleren Osten und Nordafrika waren von einer Zunahme staatlicher Einschränkungen ebenso betroffen wie von einem Anstieg gesellschaftlicher Feindseligkeiten („social hostility“): „Mass atrocity crimes have threatened the very existence of the Yazidis and ancient Christian communities in that region, as is the case with the Rohingya in the wider Asia- Pacific region. Ahmadis, Baha’i, Christians, Shia and other religious minorities also faced discriminatory acts and social hostilities in the Middle East and North Africa and in the wider Asia- Pacific region.”24 Auch in Europa haben im Untersuchungszeitraum die Zahl und Verbreitung gesellschaftlicher Feindseligkeiten sowohl gegenüber Muslimen als auch gegenüber Juden und Christen zugenommen. Daneben hält der Bericht fest, dass gegenwärtig drei Viertel der Weltbevölkerung in Staaten lebt, in denen entweder die Religionsfreiheit einschränkt ist oder gesellschaftliche Feindseligkeiten ein hohes Niveau erreichen.25 Abschließend fordert der Sonderberichterstatter dazu auf, die bestehenden internationalen Mechanismen intensiver zu nutzen, um Religionsfreiheit zu erhalten und zu fördern. Unter anderem empfiehlt der Bericht auf internationaler Ebene eine umfassende Datenbank einzurichten, die nationale Daten über Hassverbrechen mit religiösen Bezug vereint.26 21 Ahmed Shaheed: Interim Report of the Special Rapporteur on Freedom of Religion or Belief, 28. August 2017, online verfügbar unter: http://ap.ohchr.org/documents/dpage_e.aspx?si=A/72/365 (abgerufen am 30.1.2018). 22 Der ehemalige Außenminister der Malediven folgte 2016 auf den deutschen Menschenrechtsexperten Heiner Bielefeldt, der das Amt von Juni 2010 bis Oktober 2016 innehatte. 23 Ebd, S. 5f.; Bericht des Pew Research Center: Global restrictions on religion rise modestly in 2015, reversing downward trend, 11. April 2017, online verfügbar unter: http://www.pewforum.org/2017/04/11/global-restrictions -on-religion-rise-modestly-in-2015-reversing-downward-trend/ (abgerufen am 30.1.2018). 24 Ebd. 25 Ebd., S. 7. 26 Ebd, S. 23f. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 8 - US Department of State, Report on International Religious Freedom27 Jährlich legt das US-Außenministerium dem Kongress einen Bericht über den internationalen Umfang und die Qualität der Religionsfreiheit vor. Auf Grundlage von Meldungen der US-Auslandsvertretungen werden detaillierte Länderstudien präsentiert, die gesetzliche Regelungen, staatliche Restriktionen und aktuelle Verletzungen der Religionsfreiheit umfassen. Im Vorwort der Ausgabe des Jahres 2016 betont US-Außenminister Rex Tillerson insbesondere die Bedrohung der Religionsfreiheit durch den IS.28 Auf Grundlage dieser Daten und eigener Nachforschungen legt zudem seit 1998 die Expertenkommission Commission on International Religious Freedom (USCIRF) einen jährlichen Bericht vor, der diejenigen Länder identifiziert, in denen die Religionsfreiheit eingeschränkt ist.29 Damit verbunden richten sich konkrete Vorschläge an die Regierung und den Kongress. Der Jahresbericht 2017 führt sechzehn Länder an, in denen – ausgehend oder geduldet von der jeweiligen Regierung – systematisch besonders schwere Verletzungen der Religionsfreiheit verübt werden („countries of particular concern“): Burma, China, Eritrea , Iran, Nigeria, Nordkorea, Pakistan, Russland, Saudi Arabien, Sudan, Syrien, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan, Vietnam, Zentralafrikanische Republik. Darüber hinaus führt ie Kommission mit dem IS im Irak und Syrien, den Taliban in Afghanistan und Al-Shabaab in Somalia erstmals auch nichtstaatliche Akteure als besondere Bedrohung der Religionsfreiheit an („entities of particular concern“).30 Der Bericht hält fest, dass etwa in Syrien die Lage für Christen nicht nur in den vom IS kontrollierten Gebieten kritisch ist: „[T]here are no laws that ban Christians from living in areas under armed opposition groups’ control, but the reality is that very few Christians have remained living in opposition-held areas.”31 - Kirche in Not, Religionsfreiheit weltweit32 Alle zwei Jahre veröffentlicht das internationale, römisch-katholische Hilfswerk Kirche in Not den Bericht „Religionsfreiheit weltweit“. Der aktuelle Bericht untersucht die weltweite Umsetzung der Religionsfreiheit im Beobachtungszeitraum von Juni 2014 bis Juni 2016. 196 Länderberichte geben einen Überblick über den jeweiligen gesetzlichen Rahmen der Religionsfreiheit und dessen praktischer Umsetzung. Darauf folgt eine Auflistung von Vorkommnissen, die in einem Zusammenhang mit religiöser Diskriminierung oder Verfolgung stehen. Verfasst werden diese 27 US-Außenministerium (Hg.): Annual Report on International Religious Freedom, 15. August 2017, online verfügbar unter: https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm (abgerufen am 30.1.2018). 28 Ebd. 29 Commission on International Religious Freedom (Hg.): Annual Report of the U.S. Commission on International Religious Freedom, April 2017, online verfügbar unter: http://www.uscirf.gov/reports-briefs/annual-report /2017-annual-report (abgerufen am 30.1.2018). 30 Ebd, S. 4. 31 Ebd., S. 94. 32 Kirche in Not (Hg.): Religionsfreiheit weltweit 2016, online verfügbar unter: http://religious-freedom-report .org/de/ (abgerufen am 30.1.2018). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 9 Länderberichte „von 24 unabhängigen Journalisten, Wissenschaftlern und Autoren […], die größtenteils in den jeweiligen Regionen ansässig sind.“ Daneben präsentiert der Bericht Fallstudien zu einzelnen Ländern, Themen oder Ereignissen. Darüber hinaus ordnet Kirche in Not die Länder je nach Umfang der identifizierten Missstände den Kategorien „nicht klassifiziert“, „Diskriminierung “ und „Verfolgung“ zu.33 Als „Verfolgung“ wird hier bezeichnet, wenn ein Staat oder nichtstaatliche Gruppen „aktiv Maßnahmen ergriffen, die darauf abzielen, eine bestimmte Religionsgemeinschaft zu vernichten, zu vertreiben oder zu unterjochen.“34 Der aktuelle Bericht identifiziert in 38 Ländern schwerwiegende Verletzungen der Religionsfreiheit; von dieser Gruppe werden 23 in die in die höchste Kategorie „Verfolgung“ eingeordnet. Nach Ansicht der Autoren habe sich im Untersuchungszeitraum eine neue Form des „islamistischen Hyper-Extremismus“ etabliert, „der die Religionsfreiheit in Teilen des Nahen Osten bereits vernichtet hat und droht, in anderen Regionen der Welt dasselbe zu tun.“35 Diesen Befund teilt auch ein Bericht der englischen Aid to the Church in Need, der unter dem Titel „Persecuted & Forgotten?“ die Lage der Christen in den Fokus rückt. Darin beschrieben wird unter anderem eine gravierende Verschlechterung der Situation in Syrien: „Horrific accounts of genocidal atrocities by Daesh during this period have emerged. A disproportionately high number of Christians fled Syria – up to half the Christian population.”36 - Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit 37 In Umsetzung eines Bundestagsbeschlusses legte die Bundesregierung am 9. Juni 2016 einen ersten Bericht zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit vor. Dieser basiert maßgeblich auf einer Datenerhebung von 93 deutschen Auslandsvertretungen und „folgt einem weiten Verständnis von Religion und Weltanschauung. […] Er illustriert den Sachstand weltweit anhand von typischerweise vorkommenden Verletzungen des Menschenrechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit durch staatliche und nichtstaatliche Akteure.“38 Im Unterschied zu vergleichbaren Berichten ist er nicht in einzelne Länderberichte eingeteilt. Er strebt zudem weder eine umfassende Darstellung an noch formuliert er einen wissenschaftlichen Anspruch, „sondern zeigt anhand konkreter Beispiele eine Typologie der Verletzungen des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit.“ In Hinblick auf die Verfolgung religiöser Minderheiten wird unter anderem auf „zum Teil drakonische Strafen für die öffentliche Abkehr vom Islam (Apostasie)“ in 33 Eine Erklärung der Kategorien findet sich online unter: http://religious-freedom-report.org/de/methodischesvorgehen -und-definitionen/ (abgerufen am 30.1.2018). 34 Ebd. 35 http://religious-freedom-report.org/de/die-wichtigsten-ergebnisse/ (abgerufen am 30.1.2018). 36 Aid to the Church in Need UK: Persecuted & Forgotten? A report on Christians oppressed for their Faith 2015- 17, https://acnuk.org/persecuted/; eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist verfügbar unter: https://acnuk.org/wp-content/uploads/2017/08/PF2017-Exec-Summ-WEB-VERSION.pdf (beides abgerufen am 30.1.2018). 37 Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit, 9. Juni 2016, online verfügbar unter: dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/087/1808740.pdf (abgerufen am 30.1.2018). 38 Ebd., S. 4. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 1 - 3000 - 005/18 Seite 10 einigen muslimischen Mehrheitsgesellschaften hingewiesen.39 Hier könne insbesondere zum Christentum konvertierten Muslimen sogar die Todesstrafe drohen. Zum aktuellen Stand der Religionsfreiheit im Allgemeinen hält der Bericht fest: „Während die monotheistischen Buchreligionen , insbesondere das Christentum und der Islam, mit wenigen Ausnahmen in fast allen Ländern der Welt formelle Anerkennung genießen, sehen sich insbesondere Gläubige von Minderheitsströmungen dieser Religionen erheblichen Einschränkungen, Diskriminierungen und auch Gewalt ausgesetzt. Darüber hinaus impliziert die formelle Anerkennung einer Religion für ihre Anhänger nicht notwendigerweise ein größeres Maß an Freiheit bei der Ausübung ihrer Religion.“40 3. Anhang Auszug Weltverfolgungsindex 2018, Open Doors Auszug Ökumenischer Bericht 2017, Deutsche Bischofskonferenz und Evangelische Kirche Deutschlands Auszug Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Religions- und Weltanschauungsfreiheit (Report of the Special Rapporteur on Freedom of Religion or Belief) 2017 Auszug USCIRF Annual Report 2017 Auszug Religionsfreiheit weltweit 2014-2016, Kirche in Not Auszug Persecuted and Forgotten? Church in Need 2015-2017 Auszug Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit 2016 Sachstand WD 1 056/13 vom 1. August 2013 „Bestandsaufnahme zur Christenverfolgung weltweit“ *** 39 Ebd., S. 46. 40 Ebd., S. 71.